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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Begutachtung von zum Nachlass gehörigem Grundbesitz als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).
3Ausweislich des notariellen Testaments vom 07.01.1993 beerbte die Klägerin ihren am 21.01.2008 verstorbenen Ehemann als Alleinerbin. Zum Nachlass gehörten mehrere in C belegene Grundstücke, für die das Finanzamt C mit Bescheiden vom 23.09.2009 Bedarfswerte feststellte. Dem entsprechend erließ der Beklagte am 20.10.2009 einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid, mit dem er die Erbschaftsteuer auf 70.875 Euro festsetzte. Zu den Einzelheiten wird auf den Steuerbescheid in der Steuerakte Bezug genommen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 21.10.2009 unter Hinweis auf gegen die Bedarfswertfeststellungen geführte Einspruchsverfahren beim Finanzamt C. Darüber hinaus beantragte sie Aufwendungen für die Begutachtung der Grundstücke in Höhe von 7.632,64 Euro als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen (vgl. dazu die Gutachterrechnung, Blatt 45 der Gerichtsakte). Die Begutachtung der Grundstücke erfolgte zum Nachweis eines den festgestellten Bedarfswert unterschreitenden Verkehrswertes im Sinne des § 138 Abs. 4 Bewertungsgesetz (BewG).
4Nach einer weiteren Änderung der Bedarfswertbescheide erließ der Beklagte am 02.05.2011 einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid und setzte die Erbschaftsteuer auf 12.749 Euro fest. Die geltend gemachten Gutachterkosten berücksichtigte der Beklagte nicht als Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Einzelheiten wird auf den Steuerbescheid in der Erbschaftsteuerakte Bezug genommen.
5Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 04.05.2011, in dem sie die Auffassung vertrat, dass die Gutachterkosten als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen seien. Sie bezog sich dazu auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 09.12.2009 (II R 37/08, BStBl II 2010, 489).
6Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 20.07.2011 als unbegründet zurück. Er verwies darauf, die Grundsätze des BFH-Urteils vom 09.12.2009 (a. a. O.) seien nur anwendbar, wenn die Gutachterkosten zu den Aufwendungen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung zählten. Da die Klägerin nicht Miterbin einer Erbengemeinschaft sondern Alleinerbin sei, sei die Sachlage im vorliegenden Fall eine andere. Vielmehr seien die Grundsätze des BFH-Urteils vom 01.07.2008 (II R 71/06, BStBl II 2008, 874) anzuwenden, wonach das Abzugsverbot des § 10 Abs. 8 ErbStG sich auch auf die Rechtsverfolgungskosten erstrecke, die mit der gesonderten Feststellung der Grundbesitzwerte zum Nachlass gehörenden Grundvermögens zusammen hingen.
7Mit ihrer Klage vom 16.08.2011 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung der Gutachterkosten als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG weiter. Sie verweist darauf, dass seit der Erbschaftsteuerreform aufgrund des Bundesverfassungsgerichts(BVerfG)-Urteils vom 07.11.2006 (1 BvL 10/02, BStBl II 2007, 192) ererbter Grundbesitz in mittleren Lagen regelmäßig zu hoch bewertet werde. Die gesetzlichen Regelungen in §§ 138 ff. BewG hätten nach der Intention des BVerfG sicherstellen müssen, dass mit der Bewertung annähernd der gemeine Wert erreicht werde. Da die gesetzlich vorgesehenen Bewertungsmethoden dieser Intention aber im Wesentlichen nicht gerecht würden, müsse die für die Zwecke der Bedarfsbewertung vorzulegende Steuererklärung bereits das gemäß § 138 Abs. 4 BewG vorgesehene Verkehrswertgutachten umfassen, um die verfassungsmäßigen Rechte des Steuerpflichtigen auf die verfassungsrechtlich gebotene Bewertung des Grundbesitzes sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund seien Gutachterkosten im Zusammenhang mit für Zwecke der Bedarfsbewertung erstellten Grundbesitzgutachten genauso zu behandeln wie die Aufwendungen für die Erbschaftsteuererklärung und unter Anwendung der Regelung in H29 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
8Die Klägerin beantragt,
9den Erbschaftsteuerbescheid vom 02.05.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2011 zu ändern, und die Gutachterkosten in Höhe von 7.632,64 Euro als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen,
10hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen,
13hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
14Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.
15Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 31.05.2012 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins (Blatt 80 der Gerichtsakte) hingewiesen.
16Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die zulässige Klage ist nicht begründet.
19Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
20Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Gemäß § 10 Abs. 8 ErbStG ist die vom Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer dagegen nicht abzugsfähig. Nach der Richtlinienregelung der Finanzverwaltung (H 29 ErbStR) sind Steuerberatungsgebühren für die Erstellung der aufgrund öffentlich rechtlicher Verpflichtung abzugebenden Erbschaftsteuererklärung als Nachlassregelungskosten zum Abzug zugelassen. Keine Nachlassregelungskosten sind dagegen Aufwendungen, die in einem sich an die Steuerfestsetzung anschließenden Rechtsbehelfsverfahren oder einem finanzgerichtlichen Verfahren anfallen und vom Erwerber zu tragen sind. Diese Richtlinienregelung hat auch der BFH in seiner Rechtsprechung bestätigt. So hält er mittlerweile die Kosten der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung entsprechend der Richtlinienregelung des Beklagten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG für abzugsfähig (vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2009 a. a. O. unter II. 2.). Die Rechtsverfolgungskosten, die mit gesonderten Feststellungen der Grundbesitzwerte des zum Nachlass gehörenden Grundvermögens zusammen hängen, hält der BFH dagegen in analoger Anwendung des § 10 Abs. 8 ErbStG nicht für abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten (BFH-Urteil vom 01.07.2008 a. a. O.; vom 09.12.2009 a. a. O. und vom 20.06.2007 II R 29/06, BStBl II 2007, 722).
21Unter Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze sind die von der Klägerin geltend gemachten Gutachterkosten nicht als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig. Es handelt sich insoweit um Aufwendungen, die die Festsetzung der Erbschaftsteuer der Klägerin betreffen, und deshalb unter den Regelungsbereich des § 10 Abs. 8 ErbStG fallen. Dabei können die Aufwendungen nicht als gem. H 29 ErbStR abzugsfähige Kosten der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung angesehen werden. Denn zur Beibringung eines Verkehrswertgutachtens für den ererbten Grundbesitzes ist die Klägerin nach den Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes nicht verpflichtet. Die Regelung des § 138 Abs. 4 BewG räumt der Klägerin vielmehr nur die Möglichkeit ein, durch den Nachweis eines unter dem festgestellten Bedarfswert liegenden Verkehrswertes eine niedrigere Erbschaftsteuerfestsetzung zu erreichen. Es handelt sich insofern in der Sache um Rechtsverfolgungskosten, die die vom Erben zu tragende eigene Erbschaftsteuer betreffen.
22Dies gilt im vorliegenden Fall vor allem auch deshalb, weil die Klägerin die Verkehrswertgutachten erst im Rahmen der Einspruchsverfahren gegen die Bedarfswerte mit dem Ziel der Herabsetzung der Bedarfswerte eingeholt hat. Schon deshalb stellen sich die Gutachterkosten als Kosten der Rechtsverfolgung und nicht als Aufwendungen für die abzugebende Erbschaftsteuererklärung dar.
23Soweit die Klägerin meint, ein Verkehrswertgutachten müsse Bestandteil der für die Erbschaftbesteuerung abzugebenden Erbschaftsteuer- und Feststellungserklärungen sein, weil die Bewertungsmethoden des Bewertungsgesetzes in der für den Streitfall gültigen Fassung regelmäßig zu Überbewertungen des Grundbesitzes führten, folgt dem der Senat nicht. Die Klägerin hat insofern lediglich eine nicht weiter begründete Behauptung aufgestellt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der BFH bei der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des seit dem 01.01.2009 anzuwendenden Erbschaftsteuerrechts, dem gegenüber der im Streitfall gültigen Fassung für die Grundbesitzbewertung aus Sicht des Senats verschärfte Regelungen des Bewertungsrechts zugrunde liegen, Fehlbewertungen des Grundbesitzes nicht zur Grundlage seiner Überprüfung macht (vgl. BFH-Beschluss vom 05.10.2011 II R 9/11, BStBl. II 2012, 29).
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
25Die Revisionszulassung erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts.
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