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Der Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer vom 26.05.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2012 wird dahin geändert, dass die Hinzurechnungsbeträge nach § 12 Abs. 2 Satz 2 – 4 UmwStG 1995 in Höhe von 16.790.062 € und 511.292 € bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nicht erfasst werden.
Die Berechnung des festzustellenden verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004 wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e:
2A. Tatbestand:
3Streitig ist, ob nach der Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften und der nachfolgenden Veräußerung der Anteile durch die Muttergesellschaft bei dieser eine Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 Umwandlungssteuergesetz i.d.F. des SteuersenkungsG vom 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433 (UmwStG 1995) vorzunehmen ist.
41. Verschmelzung der E GmbH auf die T GmbH
5Die Klägerin, die von C GmbH auf ihren jetzigen Namen umbenannt wurde, ist die alleinige Gesellschafterin der S GmbH ...– im Folgenden S-GmbH -. Am 20.08.2004 schlossen die Klägerin und die S-GmbH einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung zum 01.01.2004. Die Klägerin ist danach körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organträgerin und die S-GmbH Organgesellschaft.
6Die S-GmbH war alleinige Anteilseignerin der E GmbH – im Folgenden E-GmbH - und zu 74,9 % Anteilseignerin der T GmbH - im Folgenden T-GmbH -.
7In den Jahren vor 2001 nahm die S-GmbH auf den bilanzierten Beteiligungswert an der E-GmbH Teilwertabschreibungen in Höhe von 16.790.062 € vor.
8Zum 31.12.2001 wurde die E-GmbH auf die T-GmbH verschmolzen.
9Mit Vertrag vom 25.08.2004 veräußerte die S-GmbH ihre Anteile an der T-GmbH mit Wirkung zum 01.01.2004 für 3,- € an die Klägerin.
10Für die Jahre 2001 bis 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F bei der S-GmbH eine Außenprüfung durch - Prüfungsbericht vom 08.12.2008 -. Da durch die Teilwertabschreibungen auf den bilanzierten Wert der E-GmbH die tatsächlichen Anschaffungskosten den Buchwert der Anteile an dieser GmbH überstiegen, vertrat der Prüfer die Auffassung, dieser Unterschiedsbetrag sei gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 dem Gewinn der übernehmenden Körperschaft (T-GmbH) hinzuzurechnen. Da es sich jedoch um eine Verschmelzung von Schwestergesellschaften gehandelt habe, habe dies bei der gemeinsamen Muttergesellschaft (S-GmbH) nach Tz. 12.08 des BMF-Schreibens vom 25.03.1998, BStBl. I 1998, 268 zunächst nicht zu einer Hinzurechnung geführt. Die Hinzurechnung bei der Muttergesellschaft sei jedoch in dem Zeitpunkt vorzunehmen, als ihre Beteiligung an der übernehmenden Schwestergesellschaft durch Veräußerung weggefallen sei (BMF-Schreiben vom 16.12.2003, BStBl. I 2003, 786 ff, Rz. 19).
11Die Hinzurechnung bei der S-GmbH im Veranlagungszeitraum 2004 ermittelte der Prüfer wie folgt:
12Anschaffungskosten 17.868.028,92 €
13Beteiligungsbuchwert 1.077.966,39 €
14Hinzurechnung 16.790.062,53 € (gerundet 16.790.062 €)
15Über das Einkommen der S-GmbH als Organschaftgesellschaft wurde der Hinzurechnungsbetrag von 16.790.062 € letztlich bei der Klägerin als Organträgerin steuerlich erfasst.
162. Verschmelzung der H mbH auf die U GmbH
17Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der H mbH - im Folgenden H GmbH - und der U GmbH - vormals V GmbH, im Folgenden U GmbH -.
18In den Jahren vor 2001 nahm die Klägerin auf ihre Beteiligung an der H GmbH eine Teilwertabschreibung in Höhe von 511.291,88 € vor.
19Im Jahr 2001 wurde die H GmbH auf die U GmbH verschmolzen.
20Ihre Anteile an der U GmbH veräußerte die Klägerin mit Vertrag vom 04.06.2004 an die W GmbH.
21Für die Jahre 2001 bis 2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F bei der Klägerin eine Außenprüfung durch - Prüfungsbericht vom 30.06.2009 -. Ebenso wie bei der bereits dargestellten Verschmelzung von Schwestergesellschaften vertrat der Prüfer auch hier die Auffassung, bei der Muttergesellschaft sei im Zeitpunkt der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der U GmbH eine Hinzurechnung in Höhe der vorgenommen Teilwertabschreibung auf die Anteile an der H GmbH von 511.292 € vorzunehmen.
22Entsprechend dieser Auffassung zu den Verschmelzungen und der Hinzurechnung im Zeitpunkt der Veräußerung erließ der Beklagte den gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer vom 27.07.2010. Der verbleibende Verlustabzug wurde mit 187.975.300 € festgestellt.
23Den Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Hinzurechnung wandte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.05.2012 als unbegründet zurück. Während des Einspruchsverfahrens erging aus den Streitfall nicht berührenden Gründen der geänderte Bescheid vom 26.05.2011 –verbleibender Verlustabzug 187.978.582 €-.
24Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, der gesetzgeberische Zweck des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 habe darauf gezielt, bei der Verschmelzung einer Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft eine dem Gesetzeszweck zuwiderlaufende Doppelnutzung übertragener und nicht verbrauchter steuerlicher Verlustabzüge zu verhindern. Eine solche Doppelnutzung wäre ohne die Korrektur durch diese Vorschrift nach einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung bei der Muttergesellschaft und dem Übergang der nicht verbrauchten Verluste der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft bei der Verschmelzung der Tochter- auf die Muttergesellschaft möglich gewesen.
25Nach diesem Zweck und dem Wortlaut der Vorschrift sei § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 jedoch nur auf die so genannte Aufwärtsverschmelzung von der Tochter- auf die Muttergesellschaft zugeschnitten. Sie gelte nicht für die Verschmelzung von Schwestergesellschaften. Dies entspreche auch der herrschenden Meinung, die eine Hinzurechnung nur für möglich halte, wenn die Übernehmerin zum Übertragungsstichtag an der Überträgerin beteiligt sei, da nur bei dieser Konstellation eine doppelte Verlustnutzung in Betracht komme (Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG (vor SEStEG) Rz. 31).
26Die Auffassung des Beklagten entsprechend BMF, BStBl I 1998, 268, Rz. 12.07 und 12.08, BStBl I 2003, 786, Rz. 19 zur späteren Verschmelzung der aufnehmenden Schwestergesellschaft auf die Muttergesellschaft bzw. zur Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft stehe auch in Widerspruch zu § 13 Abs. 1 UmwStG 1995. Diese Vorschrift fingiere für Anteile an der übertragenden Körperschaft, die zum Betriebsvermögen gehören, eine Veräußerung und Anschaffung zum Buchwert (Schmitt, Hörtnagl, Stratz UmwG, UmwStG, § 12 Rz. 49; DStR Beilage 17/1998, 27; DStR 1999, 1020). Die von der aufnehmenden Schwestergesellschaft an die Muttergesellschaft gewährten Anteile würden als zum Buchwert der Anteile an der übertragenden Tochtergesellschaft angeschafft gelten und nicht als zu historischen Anschaffungskosten angeschafft. Bei einer späteren Verschmelzung auf die Muttergesellschaft würde der Buchwert der Anteile der übertragenden Tochtergesellschaft die Anschaffungskosten der neuen Anteile an der übernehmenden Tochtergesellschaft darstellen. Bei einer Veräußerung der aufnehmenden Tochtergesellschaft sei daher entsprechend § 8b Abs. 2 KStG ein Veräußerungsgewinn bzw. ein Veräußerungsverlust zu ermitteln.
27Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 enthalte zudem eine überschießende Regelung, wenn der früheren Wertminderung nicht eine spätere Wertaufholung gegenüberstehe, wie dies im Streitfall gegeben sei (Dötsch/Pung DB 2004, 208, 212). Die vorgenommene Steuerfestsetzung führe zu einer verfassungswidrigen Besteuerung.
28Die Klägerin beantragt,
291. unter Änderung des Bescheides auf den 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer vom 26.05.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung am 23.05.2012 den verbleibenden Verlustabzug unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Verlustes für 2004 in Höhe von 17.301.354 € festzustellen,
302. hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen,
313. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
32Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
33Der Beklagte verweist auf den Prüfungsbericht und seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
34B. Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist zulässig und begründet.
36I. Die Klage ist zulässig.
37Die Klägerin ist als Organträgerin über die Hinzurechnung des Einkommens ihrer Organgesellschaft S-GmbH gem. § 14 Abs. 1 KStG durch den Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auch insoweit gem. § 40 Abs. 2 FGO in ihren Rechten verletzt, als ihr der bei der Organgesellschaft erfasste Hinzurechnungsbetrag zugerechnet wird. Als Organträgerin hat die Klägerin mit eigenen Rechtsbehelfen die fehlerhafte Höhe des Einkommens der Organgesellschaft geltend zu machen (KStR Abschn. 61 Abs. 6; Danelsing in Blümich KStG § 14 Rz. 44; BFH v. 30.11.2005 – I R 1/05, BStBl. II 2006, 471).
38II. Die Klage ist begründet.
39Der Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in ihren Rechten, als die Hinzurechnungsbeträge in Höhe von 16.790.062 € und 511.292 € den festzustellenden Verlustabzug gemindert haben.
40Die vom Beklagten vorgenommenen Hinzurechnungen, die aus der Verschmelzung von Schwestergesellschaften hergeleitet wurden, sind durch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 nicht gedeckt. Der Senat teilt nicht die vom BMF im Schreiben vom 16.12.2003, BStBI. l 2003, 786 ff. (788) unter Rz. 19 vertretene Auffassung zur Hinzurechnung wegen einer Teilwertabschreibung auf die Anteile an der verschmolzenen Schwestergesellschaft bei der gemeinsamen Muttergesellschaft im Falle der Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften und der späteren Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft.
41Die vom Beklagten vorgenommenen Hinzurechnungen sind auch im Wege extensiver Auslegung durch den Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 nicht gedeckt. Einer entsprechenden Anwendung steht das Verbot der steuerverschärfenden Analogie entgegen.
421. Die Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften gemäß §§ 2 Nr. 1, 4 ff., 46 ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) hat zivilrechtlich zur Folge, dass gemäß § 20 UmwG das Vermögen einschließlich der Verbindlichkeiten auf die übernehmende Gesellschaft übergeht und die übertragende Gesellschaft erlischt. Die Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft werden Anteilseigner der übernehmenden Gesellschaft.
432. Steuerrechtlich bestimmt sich die Verschmelzung von Schwestergesellschaften nach §§ 11 - 13 UmwStG 1995 (BMF vom 25.03.1998. BStBI. l 1998, 268 ff. Tz. 11.13). Gemäß § 2 Abs. 1 UmwStG 1995 sind das Einkommen und das Vermögen der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft so zu ermitteln, als ob zum Übertragungsstichtag das Einkommen und das Vermögen auf die übernehmende Körperschaft übergegangen wären. Dabei sind die Wirtschaftsgüter der übertragenden Körperschaft bei der übernehmenden gemäß § 12 Abs. 1, § 4 Abs. 1 UmwStG 1995 mit dem Wert der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft anzusetzen. Ein etwaiger Übertragungsgewinn der übernehmenden Körperschaft in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter anzusetzen sind, bleibt gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 außer Ansatz. Dem Gewinn der übernehmenden Körperschaft ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 jedoch die Differenz zwischen den höheren tatsächlichen Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft und dem Buchwert dieser Anteile hinzuzurechnen, es sei denn der Ansatz des niedrigeren Teilwerts ist steuerlich nach § 50c EStG oder § 8b Abs. 3 KStG in der Fassung für den Veranlagungszeitraum 2002 nicht anerkannt worden.
44Diese Regelung ist von der Gesetzesintention getragen, eine doppelte Verlustnutzung zu verhindern. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 UmwStG 1995 tritt die übernehmende Körperschaft auch hinsichtlich eines verbleibenden Verlustabzugs im Sinne des § 10d EStG in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Dies kann zu einer dem Gesetzeszweck widersprechenden Doppelnutzung übertragener und nicht verbrauchter Verlustabzüge führen. Hatte sich der Verlust der übertragenden Körperschaft bei der Muttergesellschaft durch eine Teilwertabschreibung auf die Gesellschaftsanteile bereits gewinnmindernd ausgewirkt, so eröffnet der Übergang der nicht verbrauchten Verluste ihre erneute Nutzung (BFH-Urteil vom 18.07.2001 - l R 38/99, BStBI. II 2002, 27). Dem soll durch die Hinzurechnung begegnet werden.
45Im Streitfall waren zum einen die übernehmende T-GmbH nicht an der übertragenden E-GmbH und zum anderen die übernehmende U GmbH nicht an der übertragenden H GmbH beteiligt. Für die T-GmbH und die U GmbH fielen daher keine Übertragungsgewinne an und kam eine Hinzurechnung nicht in Betracht.
463. Gesellschafter sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Körperschaften war hinsichtlich der H GmbH und der U GmbH die Klägerin als Muttergesellschaft. Muttergesellschaft der E-GmbH und der T-GmbH war die S-GmbH, die Organgesellschaft der Klägerin war.
47Infolge der Verschmelzung gelten die Anteile an den übertragenden Körperschaften gemäß § 13 Abs. 1 UmwStG 1995 als zum Buchwert veräußert und die an ihre Stelle treten Anteile an den übernehmenden Körperschaften als zum Buchwert angeschafft (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, UmwStG (vor SEStEG) § 13 Rz. 16, 19).
48Da im Streitfall keine neuen Anteile an den übernehmenden Körperschaften infolge der Verschmelzung gewährt wurden, hat sich der Buchwert der Anteile an den übernehmenden Körperschaften in Höhe des Buchwerts der untergegangenen Anteile an den übertragenden Körperschaften erhöht. Für die Muttergesellschaft als Anteilseignerin vollzieht sich diese Art der Verschmelzung auf der Gesellschafterebene erfolgsneutral (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, UmwStG (vor SEStEG) § 13 Rz. 3). Eine Wertaufholung einer Teilwertabschreibung auf die untergegangenen Gesellschaftsanteile ist in § 13 UmwStG 1995 insoweit nicht geregelt.
494. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 ist entgegen der Auffassung des Beklagten und des BMF keine Rechtsgrundlage, die von der Klägerin vor der Verschmelzung auf die Anteile an den übertragenden Körperschaften vorgenommenen und nicht durch Wertaufholung wieder ausgeglichenen Teilwertabschreibungen durch eine Hinzurechnung bei der späteren Veräußerung der Anteile an den übernehmenden Körperschaften wieder auszugleichen.
50a) Der BMF vertritt die Auffassung, § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 sei in allen Fällen der Verschmelzung anzuwenden, in denen das Übernahmeergebnis nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 außer Ansatz bleibt und Anteile untergehen, auf die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag eine Teilwertabschreibung vorgenommen wurde. Dies soll auch für die Verschmelzung von Schwestergesellschaften gelten. Die Hinzurechnung soll im Falle der Verschmelzung von Schwestergesellschaften bei der Muttergesellschaft vorgenommen werden, wenn die übernehmende Körperschaft auf die Muttergesellschaft verschmolzen wird (BMF vom 25.03.1998, BStBI. l 1998, 268 ff., 303, Rz. 12.07, 12.08) oder die Beteiligung an der übernehmenden Schwestergesellschaft durch Veräußerung entfällt (BMF vom 16.12.2003, BStBI. l 2003, 786 ff., 788, Rz. 19).
51b) In der Literatur wird zur Verschmelzung von Schwestergesellschaften und zur Verschmelzung der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft überwiegend die Ansicht vertreten, eine Gewinnhinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 könne nur bei der übernehmenden Körperschaft vorgenommen werden (Fatouros, BB 2005, 1079; Neu, GmbHR 1996, 896; Prinz, FR 1997, 886; Schmitt in Schmitt/Hörtnagel/Stratz UmwStG § 12 Rz. 47; Schießl in Widmann/Mayer Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz. 267.14; Klingberg in Blümich, EStG, Anh. UmwStG 1995 § 12 Rz. 12, 24; Frotscher in Frotscher/Maas UmwStG 2002, § 12 Rz. 33, 34).
52Nach dieser Auffassung scheidet eine Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 bei der Muttergesellschaft aus.
53Eine analoge Anwendung der Vorschrift wird wegen einer steuerverschärfenden Wirkung als unzulässig angesehen (u.a. Fatouros, BB 2005, 1079; Prinz, FR 1997, 886; Frotscher in Frotscher/Maas UmwStG 2002, § 12 Rz. 33, 34).
54c) Zum Teil wird vertreten, aus § 13 UmwStG 1995 sei abzuleiten, dass sich bei einer Verschmelzung von Schwestergesellschaften die Hinzurechnungsbelastung, die durch eine Teilwertabschreibung auf die Anteile der übertragenden Körperschaft entstanden sei, als Merkmal auf die Anteile an der übernehmenden Körperschaft verlagere, so dass bei einer späteren Verschmelzung der übernehmenden Körperschaft auf die Muttergesellschaft bei dieser eine Hinzurechnung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 vorzunehmen sei (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG (vor SEStEG) Rz. 42).
55d) Nach ihrem Wortlaut ist die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 1 sowie Satz 2 und 3UmwStG 1995 auf die Verschmelzung einer Tochter- auf die Muttergesellschaft zugeschnitten. Der Sinn und Zweck der Vorschrift ist darauf ausgerichtet, im Falle der Verschmelzung, d.h. der Vereinigung von Gesellschaftsebene und Gesellschafterebene,die nicht mehr gerechtfertigte Teilwertabschreibung auf die Anteile an der übertragenden Körperschaft rückgängig zu machen (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12 UmwStG (vor SEStEG) Rz. 25; Frotscher in Frotscher/MaasUmwStG 2002, § 12 Rz. 31; Rödder/Wochinger, FR 1999, 1ff. (11); Dreissig, DB 1997,1301 ff. (1304)).
56e) Die dem Gesetzeszweck widersprechende Möglichkeit der doppelten Verlustnutzung durch die Teilwertabschreibung auf die Anteile an der übertragenden Körperschaft ist auch bei einer Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft und der Verschmelzung von Tochtergesellschaften gegeben.
57Gleichwohl ist aber weder über eine extensive Auslegung noch über eine Analogie § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 auf diese angesprochenen Gestaltungen anzuwenden.
58Der äußerste Rahmen der Auslegung des Gesetzeswortlauts wäre bei Anwendung auf eine Gestaltung wie im Streitfall überschritten.
59Wollte man dem BMF folgend § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 dahin auslegen und verstehen, dass die Regelung auch Fälle der Verschmelzung erfasst, in denen die übernehmende Körperschaft nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt ist, wäre die mit Satz 1 zusammenhängende und darauf aufbauende Regelung der Sätze 2 und 3 auf diese Fallgestaltungen ebenfalls anzuwenden. Bei einem Verständnis wie der BMF wäre dann, ohne dass dies hier entschieden werden muss, die Vorschrift dahin zu verstehen, dass sie auch die Seitwärtsverschmelzung mit anschließender Verschmelzung der übernehmenden Körperschaft auf die Muttergesellschaft - siehe BMF vom 25.03.1998 a.a.O., Rz. 12.08 - als Verschmelzungsvorgang insgesamt erfasst. Dies würde allerdings voraussetzen, dass die beiden Verschmelzungsvorgänge als zusammengehörig angesehen und steuerlich gewertet würden. Dies erscheint allerdings zu weit gehend und vom Gesetzeswortlaut nicht mehr gedeckt. Letztlich kann diese Möglichkeit der Auslegung jedoch dahinstehen und offen bleiben.
60Im Streitfall sind die Hinzurechnungen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 vom Beklagten nicht an eine weitere Verschmelzung, sondern an die spätere Veräußerung der Anteile an den übernehmenden Körperschaften geknüpft worden. Damit wird an einen neuen Vorgang angeknüpft, der nicht Bestandteil der Verschmelzung ist und ihr zeitlich erheblich nachfolgt. Anhaltspunkte, dass die Verschmelzung und die Veräußerung Bestandteil eines von vornherein bestehenden Gesamtplans waren, sind nicht erkennbar. Diese Hinzurechnung bei Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft kann auch bei weitester Auslegung des Gesetzeswortlauts nicht mehr unter die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 gefasst werden. § 12 Abs. 2 UmwStG 1995 regelt die steuerlichen Folgen der Verschmelzung von Körperschaften für den Besteuerungszeitraum der Verschmelzung und dabei die steuerlichen Folgen nur für die verschmolzenen Gesellschaften und der Gesellschaftsanteile an diesen. Zu den von der Verschmelzung berührten Gesellschaftsanteilen an der übernehmenden Körperschaft lassen sich aus dem Wortlaut jedoch weitere steuerliche Folgen, die nicht allein durch die von der Vorschrift geregelte Verschmelzung ausgelöst sind, sondern erst durch nachfolgende neue und zusätzliche Vorgänge in späteren Besteuerungszeiträumen ausgelöst werden sollen, nicht herleiten.
61Die Annahme einer „Infizierung“ der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft durch die Teilwertabschreibung auf die Anteile an der übertragenden Gesellschaft ist vom Wortlaut und Regelungsgehalt des § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG 1995 ebenfalls nicht gedeckt. Eine „Infizierung“ der Anteile würde die steuerlichen Folgen der Verschmelzung in spätere Zeiträume verlagern und ebenfalls von weiteren späteren Vorgängen abhängen lassen. Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck regelt die Vorschrift jedoch nur die unmittelbar durch die Verschmelzung ausgelösten Rechtsfolgen.
62f) Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 erfasst die Sachverhalte des Streitfalles auch nicht im Wege des Analogieschlusses, da insoweit eine den Steuertatbestand ausdehnende steuerbelastende Analogie vorläge, die unzulässig ist.
63Die analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH vom 14.02.2007 - II R 66/05, BStBI II 2007, 621). Nach dem Verfassungsprinzip der Rechtsstaatlichkeit ist es unzulässig, einen Steuertatbestand im Wege der Rechtfortbildung und Analogie neu zu schaffen oder auszuweiten. Die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sind überschritten, wenn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen nach ihrem auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Wortlaut, ihrer Systematik und ihrem erkennbaren Sinn so ausgestaltet sind, dass die analoge Anwendung der Vorschrift hierzu in Widerspruch gerät. Im Steuerrecht hat der Gesetzgeber die primäre Entscheidung über die Steuerwürdigkeit und Steuerpflicht bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte zu treffen (BVerfG Entscheidungen vom 24.01.1962-1 BvR 232/60, BVerfGE 13,318, BStBI. l 1962, 506; vom 13.12.1966 - 1 BvR 512/65, BVerfGE 21, 1 ; vom 15.07.1969 - 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327; Seer in Tipke/Kruse AO/FGO, § 4 AO Rz. 360 m.w.N.).
64In Anwendung dieser Grundsätze würde die analoge Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG 1995 auf die vom Gesetzeswortlaut nicht erfasste Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften zu einer unzulässigen Ausdehnung des Besteuerungstatbestandes führen.
655. Die Berechnung des festzustellenden verbleibenden Verlustabzugs wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
666. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
677. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
68Das UmwStG 1995 ist als ausgelaufenes Recht zwar letztmalig auf Umwandlungen anzuwenden, bei denen die Anmeldung zum erforderlichen öffentlichen Register vor dem 13.12.2006 erfolgte (§ 27 Abs. 1 UmwStG 2006). Gleichwohl kommt der Rechtsfrage, zu der der Senat eine von der im BMF-Schreiben niedergelegten Auffassung des Bundesministers der Finanzen abweichende Entscheidung getroffen hat, noch eine grundsätzliche Bedeutung zu, da davon auszugehen ist, dass noch eine bedeutende Zahl an Fällen zu dieser Rechtsfrage anhängig ist. Allein beim Beklagten ruhen dazu noch einige Einspruchsverfahren.
698. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
709. Die Entscheidung im Beschluss beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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