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Der Bescheid vom 22.01.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.09.2008 wird geändert und bei den gewerblichen Einkünften der Klägerin Veräußerungsverluste in Höhe von insgesamt xxxxxx,- EUR berücksichtigt. Der Beklagte hat die festzusetzende Steuer auf Grund dieser Entscheidung zu errechnen und den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 94 v.H. und der Beklagte zu
6 v.H.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Höhe des zu berücksichtigenden Verlustes aus der Veräußerung von Anteilen der T. D. GmbH, F. (im Folgenden: "GmbH") im Streitjahr 2005.
3Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
4Die Klägerin war Inhaberin des gesamten Stammkapitals der im Jahr 2002 gegründeten GmbH im Nennwert von 25.000,- EUR. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war nach § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 06.03.2002 die Unternehmens- und Informationstechnologieberatung sowie der Handel und die Herstellung mit Produkten der Informations- und Kommunikationstechnologie.
5Im Jahr 2003 erzielte die GmbH nach dem Jahresabschluss zum 31.12.2003 einen Überschuss von xx.xxx,xx EUR, in den Jahren 2004 und 2005 erwirtschaftete sie nach den entsprechenden Jahresabschlüssen Jahresfehlbeträge von xx.xxx,xx EUR und xx.xxx,xx EUR. Unter Berücksichtigung von Gewinnvorträgen wiesen die Bilanzen ein bilanzielles Eigenkapital von xx.xxx,xx EUR zum 31.12.2003, xx.xxx,xx EUR zum 31.12.2004 und x.xxx,xx EUR zum 31.12.2005 aus. Weiterhin ergaben sich aus den Bilanzen Verbindlichkeiten in Höhe von xx.xxx,xx EUR zum 31.12.2003, xx.xxx,xx EUR zum 31.12.2004 und xx.xxx,xx EUR zum 31.12.2005.
6Die Klägerin veräußerte ihren Geschäftsanteil an der GmbH mit notarieller Urkunde vom 23.12.2005 (UR-Nr. xx/2005 des Notars H. in S.) zum Preis von 3.500,- EUR an Herrn S1. L1.. Zusätzlich zum Kaufpreis übernahm der Erwerber nach § 2 des Vertrags die Kosten für Buchführung und Jahresabschlüsse der GmbH in Höhe von 1.500,- EUR. Gleichzeitig trat die Klägerin den Geschäftsanteil mit sofortiger Wirkung ab.
7In § 5 des Kaufvertrags versicherte die Klägerin dem Erwerber u.a., dass der Vertragsgegenstand nicht mit Rechten Dritter belastet sei.
8Zum 31.12.2005 hatte die Klägerin gegen die GmbH eine Forderung in Höhe von 11.650,- EUR aus einem Gesellschafterdarlehen. Mit Einverständnis der Klägerin buchte die GmbH ihre Verbindlichkeit zum 31.12.2005 ertragswirksam aus. Zudem erklärte die Klägerin mit einem an die GmbH gerichteten Schreiben vom 27.09.2006, sie verzichte unwiderruflich auf ihre Forderung gegen die GmbH in Höhe von 11.650,- EUR.
9Mit Datum vom 27.10.2006 stellten die Prozessbevollmächtigten der Kläger gegenüber der GmbH eine Rechnung, mit der sie für Ihre Leistungen im Zusammenhang mit der Erstellung der Bilanzen und der Steuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2005 gegenüber der GmbH einen Betrag von 4.500,- EUR zzgl. Umsatzsteuer geltend machten. Auf diese Rechnung zahlte die Klägerin am 20.12.2006 einen Betrag in Höhe von 3.000,- EUR zzgl. Umsatzsteuer.
10In ihrer Einkommensteuererklärung vom 13.11.2006 machten die Kläger bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsverlust der Klägerin gem. § 17 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in Höhe von 18.075,- EUR geltend. Diesen Verlust berechneten sie aus der Summe des eingezahlten Stammkapitals (25.000,- EUR), des Forderungsverzichts (11.650,- EUR) und der Rechts- und Beratungskosten (3.000,- EUR), zogen von dieser Summe den Kaufpreis (3.500,- EUR) ab und setzten den Saldo dieser Posten (36.150,- EUR) zur Hälfte unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG an.
11Mit Bescheid vom 22.01.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr auf xx.xxx,- EUR fest. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO -. Einen Verlust aus der Veräußerung der GmbH-Anteile der Klägerin berücksichtigte der Beklagte nicht, da, wie er im Bescheid erläuterte, noch eine abschließende Prüfung erfolgen müsse.
12Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 02.02.2007 Einspruch ein. Ihren Einspruch begründeten sie mit Schreiben vom 11.04.2007 damit, dem Forderungsverzicht gegenüber der GmbH liege ein "in der Krise gegebenes Darlehen" zugrunde. Die Überschuldung der GmbH sei im Jahr 2005 eingetreten. Am 05.12.2005 habe die GmbH ein in ihrem Betriebsvermögen befindliches Fahrzeug, einen "BMW X 5", an die Klägerin zum Preis von xx.xxx,- EUR veräußert. Zu diesem Zeitpunkt hätte für die Klägerin die Möglichkeit bestanden, ihre Darlehensforderung mit der Verbindlichkeit aus dem Fahrzeugkauf zu verrechnen. Sie habe jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und den vollen Kaufpreis an die GmbH gezahlt, wie sich aus einem dem Schreiben beigefügten Kontoauszug der GmbH ergebe.
13Mit Einspruchsentscheidung vom 16.09.2008 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 auf xx.xxx,- EUR herab. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
14Bei den Besteuerungsgrundlagen berücksichtigte er einen Veräußerungsverlust der Klägerin gem. § 17 EStG in Höhe von 10.750,- EUR. Den Verlust berechnete er - unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens - jeweils aus der Hälfte des Stammkapitals (25.000,- EUR) abzüglich des Veräußerungspreises (3.500,- EUR).
15Zur weiteren Begründung führte er aus, der Forderungsverzicht der Klägerin in Höhe von 11.650,- EUR könne nicht berücksichtigt werden. Nachträgliche Aufwendungen in Bezug auf Gesellschaftsanteile seien nur dann bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes gem. § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien. Bei Finanzierungshilfen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters könne dies nur dann angenommen werden, wenn die Finanzierungsmaßnahme einen eigenkapitalersetzenden Charakter besitze. Dies habe die Klägerin in Bezug auf den Forderungsverzicht jedoch trotz entsprechender Nachfrage des Beklagten weder hinreichend dargelegt noch nachgewiesen. Es sei unklar, ob überhaupt und ggf. wann eine Krise der GmbH eingetreten sei. Zweifel an einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ergäben sich auch daraus, dass die Klägerin den Forderungsverzicht erst neun Monate nach der Anteilsveräußerung erklärt habe, also zu einem Zeitpunkt, als sie nicht mehr Gesellschafterin gewesen sei. Die Feststellungs- und Beweislast gehe hierbei zu Lasten der Kläger.
16Dasselbe gelte auch hinsichtlich der geltend gemachten Beratungskosten in Höhe von 3.000,- EUR.
17Die Kläger haben daraufhin mit Schriftsatz vom 26.09.2008 Klage erhoben.
18Mit ihrer Klage haben sie zunächst begehrt, bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes zusätzlich zu dem in der Einspruchsentscheidung angesetzten Betrag auch den Forderungsverzicht in Höhe von 11.650,- EUR sowie Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 3.000,- EUR zu berücksichtigen. Sodann haben sie begehrt, als Veräußerungsverlust den entstandenen Verlust von 36.150,- EUR in voller Höhe ohne Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzen.
19Nach ihrer Auffassung sind sowohl der Forderungsverzicht in Höhe von 11.650,- EUR als auch die Beratungskosten in Höhe von 3.000,- EUR bei der Berechnung des Veräußerungsverlustes gem. § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen.
20Dem Forderungsverzicht habe ein eigenkapitalersetzendes Darlehen zugrunde gelegen. Denn spätestens im Jahr 2005 habe eine Krise der GmbH vorgelegen. Bereits im Jahr 2003 habe sie - die Klägerin - ihrer GmbH Finanzierungshilfen in Höhe von xx.xxx,xx EUR zur Verfügung gestellt. Die Geschäftslage der GmbH habe sich in der Folgezeit weiter verschlechtert. Während der Jahresabschluss zum 31.12.2003 noch einen Überschuss ausgewiesen habe, sei es in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2004 und 31.12.2005 zu Jahresfehlbeträgen gekommen. Im Jahr 2005 sei die GmbH bilanziell überschuldet gewesen. Zwar habe die Bilanz vom 31.12.2005 ein bilanzielles Eigenkapital von x.xxx,xx EUR ausgewiesen. In dieser Bilanz sei aber der Forderungsverzicht der Klägerin bereits berücksichtigt gewesen. Ohne diesen Forderungsverzicht hätte sich in der Bilanz ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von x.xxx,xx EUR ergeben. Als weiteres Indiz für eine Krise im Jahr 2005 sei zu berücksichtigen, dass die GmbH lediglich Umsatzerlöse in Höhe von x.xxx,- EUR im Jahr 2004 und x,- EUR im Jahr 2005 verzeichnet hätte.
21Bei dem fraglichen Darlehen handle es sich auch um ein Krisendarlehen, da es erst im Jahr 2005 gewährt worden sei. Die GmbH habe am 05.12.2005 den gebrauchten Pkw "BMW X 5" an sie - die Klägerin - für xx.xxx,- EUR veräußert. Mit der Zahlung dieses Betrags auf das Konto der GmbH habe sie aber den Kaufpreis nur zum Teil gezahlt. In Höhe von 11.650,- EUR habe sie vielmehr der GmbH ein neues Darlehen gewährt bei gleichzeitiger Verrechnung des Altdarlehens mit der Kaufpreisforderung. Zwar habe es zwischen ihr und der GmbH keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung gegeben, die Möglichkeit der Verrechnung sei aber zumindest gedanklich angenommen und auch mündlich abgesprochen worden.
22Auf ihre Forderung habe sie - die Klägerin - auch nicht erst mit ihrem Schreiben vom 27.09.2006, also zu einem Zeitpunkt, als sie nicht mehr Gesellschafterin war, verzichtet. Denn in § 5 des Kaufvertrags vom 23.12.2005 habe sie versichert, dass der Vertragsgegenstand nicht mit Rechten Dritter belastet sei. Bereits hierin sei ein konkludenter Forderungsverzicht zu erblicken. Das Schreiben vom 27.09.2006 sei demgegenüber nur deklaratorischer Natur gewesen.
23Der Forderungsverzicht sei daher in voller Höhe als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, da die Forderung auf Grund der wirtschaftlichen Lage der GmbH nicht mehr zu realisieren gewesen sei.
24Auch die Beratungskosten in Höhe von 3.000,- EUR seien als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, da erst auf Grund der Erstellung der Bilanzen und Steuererklärungen der GmbH-Geschäftsanteil verkaufsfähig geworden sei. Im Übrigen habe sie - die Klägerin - und nicht die GmbH diese Aufwendungen getragen.
25Die Kläger beantragen (sinngemäß),
26den Bescheid vom 22.01.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.09.2008 zu ändern und einen Veräußerungsverlust der Klägerin in Höhe von 36.150,- EUR zu berücksichtigen,
27hilfsweise,
28die Revision zuzulassen.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er vor, die Kläger hätten den eigenkapitalersetzenden Charakter des dem Forderungsverzicht zugrunde liegenden Darlehens nicht nachgewiesen. Nach seiner Auffassung habe das Betriebsvermögen der GmbH noch im Jahr 2005 nicht unerhebliche stille Reserven aufgewiesen, weswegen nicht von einer Krise der GmbH auszugehen sei. Dies zeige sich auch daran, dass die GmbH im Jahr 2004 ein Motorboot für netto xx.xxx,- EUR sowie den "BMW X 5" für netto xx.xxx,- EUR angeschafft habe. Zudem habe sich ein bereits im Jahr 2002 angeschaffter "Mercedes Benz ML 320" im Betriebsvermögen befunden. Die Anschaffung des Motorbootes im Jahr 2004 - mit anschließender Veräußerung noch im Jahr 2004 - spreche auch deshalb gegen eine Krise der GmbH, weil der Handel mit Motorbooten nicht zum Kerngeschäft der D. GmbH gehöre.
32Selbst wenn man, so der Beklagte, dem Vorbringen der Kläger folgen und von einer Krise der GmbH im Jahr 2005 ausgehen wollte, sei der Forderungsverzicht bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes nicht zu berücksichtigen. Denn das Darlehen sei nicht, wie von den Klägern im Klageverfahren vorgetragen, erst im Zusammenhang mit dem Verkauf des "BMW X 5" gewährt worden. Die Kläger hätten diesen Vortrag nicht belegt. Im Übrigen sei es auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto, welches das Darlehen ausgewiesen hätte, zu diesem Zeitpunkt auch zu keiner Buchung gekommen. Da folglich das Darlehen schon zu einem früheren Zeitpunkt gegeben worden sein müsse, könne es sich lediglich um ein sog. in der Krise stehen gelassenes Darlehen gehandelt haben. Der Verzicht auf eine solche Darlehensforderung wäre aber mit dem Teilwert zu bewerten. Wolle man dem Vortrag der Kläger insoweit folgen, müsste der Teilwert wegen der Überschuldung der GmbH 0,- EUR betragen.
33Bei den Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 3.000,- EUR handle es sich nicht um Kosten im Zusammenhang mit dem Anteilsverkauf, sondern um Betriebsausgaben der entsprechenden Wirtschaftsjahre, auf die sich die erstellten Jahresabschlüsse bezogen hätten.
34Der bereits in der Einspruchsentscheidung dem Grunde nach anerkannte Veräußerungsverlust könne auch nur hälftig gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG und somit in Höhe von 10.750,- EUR berücksichtigt werden, da wegen des Zuflusses von Einnahmen aus dem GmbH-Anteil das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden sei.
35Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
36Entscheidungsgründe:
37Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ohne mündliche Verhandlung.
38Die Klage ist zulässig. Die betragsmäßige Erweiterung des Klagebegehrens nach Klageerhebung und nach Ablauf der Klagefrist, mit der die Kläger nunmehr die Anerkennung eines Veräußerungsverlustes in Höhe von 36.150,- EUR begehren, ist nicht als Klageänderung i.S.d. § 67 FGO anzusehen, sondern als zulässige Klageerweiterung gem. § 155 FGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO - ohne Änderung des Klagegegenstandes (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 31.10.1990 I R 77/86, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 163, 387, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1991, 471).
39Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet.
40Der Beklagte hat zu Unrecht die - gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG hälftige - Berücksichtigung von 3.000,- EUR Rechts- und Beratungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsverlustes gem. § 17 EStG versagt.
42Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer - wie im Streitfall die Klägerin - innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Veräußerungsgewinn ist gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
43Dieser Veräußerungspreis gem. § 17 Abs. 2 EStG in Höhe von 3.500,- EUR ist - was der Beklagte ebenfalls beachtet hat - im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens nur hälftig anzusetzen gem. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG, mithin in Höhe von 1.750,- EUR.
45Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte zutreffenderweise als Anschaffungskosten zunächst das Stammkapital der GmbH in Höhe von 25.000,- EUR berücksichtigt.
48Darüber hinaus sind jedoch nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 3.000,- EUR zu berücksichtigen, da die Klägerin Rechts- und Beratungskosten übernommen hat. Denn bei der Übernahme dieser Kosten handelte es sich um eine Einlage in die GmbH.
49Einlagen sind gem. § 4 Abs. 1 Satz 7 EStG alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. Als Einlage ist auch die Übernahme von Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch einen Gesellschafter anzusehen, da der Übernahme einer betrieblichen Verbindlichkeit gedanklich eine Geldeinlage vorausgeht (vgl. Heinicke in Schmidt, Kommentar zum EStG, 30. Auflage, § 4 Rz. 228).
50So war es auch im Streitfall. Denn die Klägerin hat die GmbH von einer Verbindlichkeit befreit. Die Rechnung vom 27.10.2006, welche die Prozessbevollmächtigten der Kläger gestellt hatten, war an die GmbH gerichtet, mithin handelte es sich um eine Verbindlichkeit der GmbH.
51Die genannten Anschaffungskosten waren auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und waren weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten.
52Gem. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in der im Streitjahr 2005 gültigen Fassung dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden; Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind.
54Auf die genannten Anschaffungskosten der Klägerin ist § 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG anzuwenden, da sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG, hier dem Veräußerungspreis, stehen.
55Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den BFH-Urteilen vom 25.06.2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl. II 2010, 220 und vom 14.07.2009 IX R 8/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2010, 399 sowie dem BFH-Beschluss vom 18.03.2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl. II 2010, 627.
56In diesen Entscheidungen hat der BFH entsprechend dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG entschieden, dass das Halbabzugsverbot zumindest dann nicht anzuwenden sei, wenn dem Steuerpflichtigen keine nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen, z.B. offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, Einnahmen aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften, ein Veräußerungspreis oder Aufgabegewinn i.S. des § 16 Abs. 2, 3 EStG, soweit ein solcher Betrag auf die Veräußerung oder Aufgabe von Anteilen an Kapitalgesellschaften entfalle, zuflössen. Wenn keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfielen, komme eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht. Dann trete die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. In diesem Fall fehle der wirtschaftliche Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen.
57Im Streitfall liegt jedoch ein anderer Sachverhalt vor. Anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen hat die Klägerin einen Veräußerungspreis von 3.500,- EUR und damit dem § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG unterfallende Einnahmen vereinnahmt. Mit diesem Veräußerungspreis stehen die von der Klägerin geltend gemachten Anschaffungskosten in wirtschaftlichem Zusammenhang. Auf Grund des Zuflusses dieser zur Hälfte steuerfreien Einnahmen ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Anschaffungskosten anzuwenden. Denn bei strenger Beachtung des Wortlauts des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist die maßgebende Bedingung für die hälftige Berücksichtigung der Anschaffungskosten, hier der wirtschaftliche Zusammenhang zu dem Veräußerungspreis, erfüllt (vgl. auch Urteil des FG Münster vom 15.12.2010 10 K 2061/05, Betriebs-Berater - BB - 2011, 469, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IX R 4/11).
58Der Senat ist der Auffassung, dass dies auch dann gelten muss, wenn im Fall des § 17 Abs. 1 EStG der Saldo aus Veräußerungspreis und Anschaffungskosten negativ ist, mithin ein Veräußerungsverlust entsteht. Zwar hatte der BFH diese Rechtsfrage in seinem Beschluss vom 18.03.2010 (IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl. II 2010, 627) ausdrücklich offen gelassen. Nach Auffassung des Senats sind in diesem Fall jedoch hälftig steuerbare Einnahmen i.S.d. § 3c Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz EStG - hier der Veräußerungspreis - vorhanden, mit denen die Anschaffungskosten (§ 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG) in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, so dass die beschriebene wortlautgetreue Auslegung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG im Streitfall zu einer Anwendung dieser Vorschrift auf die Anschaffungskosten führen muss.
59Der Verzicht auf die Darlehensforderung in Höhe von 11.650,- EUR durch die Klägerin führte nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten ihrer Beteiligung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG, § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB.
62Nach der Rechtsprechung des BFH zählen zu den nachträglichen Anschaffungskosten auch Finanzierungshilfen, wenn sie eigenkapitalersetzenden Charakter i.S.d. § 32a des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in der vor dem 23.10.2008 geltenden Fassung haben (BFH-Urteil vom 04.03.2008 IX R 80/06, BFHE 220, 451, BStBl. II 2008, 577). Nur im Falle des eigenkapitalersetzenden Charakters einer Finanzierungshilfe ist sie nämlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Ansonsten würde es sich um ein Darlehen handeln, das wie unter fremden Dritten gewährt worden ist; dieses unterfällt dem Anwendungsbereich des § 20 EStG, so dass sein Ausfall einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl. II 1999, 348).
63Maßgebend für den eigenkapitalersetzenden Charakter eines Darlehens ist, ob ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft), stattdessen ein Darlehen gewährt oder eine dem Darlehen wirtschaftlich entsprechend andere Rechtshandlung ausführt, § 32a Abs. 1 und 3 GmbHG a.F. (BFH-Urteil vom 04.03.2008 IX R 80/06, BFHE 220, 451, BStBl. II 2008, 577). Dementsprechend liegt ein sog. "Krisendarlehen" vor, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung die Gesellschaft entweder insolvenzreif ist oder wenn die Insolvenzreife zwar noch nicht eingetreten ist, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (BFH-Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl. II 1999, 348). Eine Finanzierungshilfe im Sinne eines eigenkapitalersetzenden Darlehens liegt nach der Rechtsprechung des BFH darüber hinaus auch dann vor, wenn ein bereits vor Eintritt der Krise gegebenes Darlehen in der Krise stehen gelassen wird, obwohl es hätte abgezogen werden können (sog. "stehen gelassenes Darlehen"). In diesem Fall sind die Anschaffungskosten der Beteiligung jedoch nur um den Wert des Darlehens zu erhöhen, den es im Zeitpunkt des Eintritts der Krise hatte (BFH-Urteile vom 26.01.1999 VIII R 79/96, BFH/NV 1999, 924 und vom 04.11.1997, VIII R 43/96, BFH/NV 1998, 1076).
64Unter Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, kann der Verzicht auf die Darlehensforderung in Höhe von 11.650,- EUR nicht als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG berücksichtigt werden.
65Darüber hinaus kann dahinstehen, ob im Streitfall überhaupt eine Krise der GmbH eingetreten ist. Allerdings neigt der Senat dazu, davon auszugehen, dass sich die GmbH im Jahr 2005 in einer Krise befand, da ohne den Verzicht der Klägerin auf ihr Gesellschafterdarlehen im Jahresabschluss zum 31.12.2005 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von x.xxx,xx EUR entstanden wäre, weswegen die GmbH mangels erkennbarer stiller Reserven insolvenzreif gewesen wäre.
67Im Gegensatz zu der Darstellung der Kläger kann der Senat nicht feststellen, dass das fragliche Darlehen erst nach Eintritt einer Krise der GmbH als "Krisendarlehen" gegeben worden ist. Denn es ist nicht erst im Jahr 2005 gewährt worden im Zuge einer Verrechnung des Altdarlehens mit der Kaufpreisforderung aus der Veräußerung des "BMW X 5". Dementsprechend kann das Gesellschafterdarlehen, anders als die Kläger meinen, nicht erst am 05.12.2005 entstanden sein. Die Kläger haben weder widerspruchsfrei dargelegt noch nachgewiesen, dass es im Zuge des Kaufvertragsabschlusses zwischen der GmbH und der Klägerin tatsächlich zu einer Aufrechnung gekommen ist. Ihr Vortrag ist widersprüchlich, da die Kläger im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 11.04.2007 ausgeführt haben, die Klägerin habe von der Möglichkeit einer Verrechnung der Darlehensforderung mit dem Kaufpreis gerade keinen Gebrauch gemacht, während sie sodann im Klageverfahren eine solche Verrechnung behauptet haben. Zudem haben die Kläger die im Klageverfahren behauptete Aufrechnung weder durch Schriftstücke noch durch entsprechende Buchungen auf dem Darlehenskonto nachgewiesen.
69Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass das fragliche Gesellschafterdarlehen, auf das die Klägerin verzichtet hat, bereits im Jahr 2003 gegeben worden ist und es sich im Jahr 2005 - dem möglichen Krisenjahr - dementsprechend um ein "in der Krise stehen gelassenes Darlehen" handelte. Denn nach der eigenen Darstellung der Kläger hat die Klägerin ihrer GmbH bereits im Jahr 2003 ein Darlehen in Höhe von xx.xxx,xx EUR gegeben. Im Jahr 2003 bestand - wovon auch die Kläger ausgehen - keine Krise der GmbH. Da dieses Darlehen wie beschrieben nicht durch Aufrechnung erloschen ist, muss es vor Eintritt der Krise gegeben und in der Krise stehen gelassen worden sein, obwohl es hätte abgezogen werden können.
70Denn bevor die Klägerin auf das Darlehen verzichtete, war die GmbH bilanziell überschuldet. Wie sich aus der auf den 31.12.2005 aufgestellten Bilanz ergibt, die ein bilanzielles Eigenkapital von x.xxx,xx EUR aufwies, bei der aber das Gesellschafterdarlehen bereits erfolgswirksam ausgebucht war, verfügte die GmbH unter Berücksichtigung des Darlehens über ein bilanzielles Eigenkapital von ./. x.xxx,xx EUR. Hiervon gehen auch die Kläger aus. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die überschuldete GmbH das Darlehen der Klägerin hätte zurückzahlen können. Dementsprechend ist dem Darlehen kein Wert zuzumessen.
72Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
74Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.
75Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.