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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob die Aufwendungen für eine Studienreise in die USA bei einer Englischlehrerin als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können.
3Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2005 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Ehefrau ist Lehrerin und unterrichtet die Fächer Sport und Englisch an einem Gymnasium.
4In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 machte die Ehefrau Aufwendungen für eine Rundreise in die Neuenglandstaaten der USA (Boston - New York - Philadelphia - Washington, D.C.) in Höhe von (zunächst) EUR 3.331 als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Die Reise, die von der E-Gesellschaft organisiert und unter der Überschrift "Amerikanische Geschichte" verbucht wurde, fand in den Osterferien in der Zeit vom 20.03. bis 27.03.2005 statt. Die E-Gesellschaft organisiert insbesondere Fortbildungen für Englischlehrer. Der Reisepreis betrug EUR 1.750. Der Programmablauf stellte sich wie folgt dar:
Datum | Ort | Programm |
20.03.2005 | Boston | Flug, Ankunft Boston, Rundgang durch die Stadt Übernachtung in Boston |
21.03.2005 | Boston | Rundgang Freedom Trail Harvard University, Orientation walk Übernachtung Boston |
22.03.2005 | New York | JFK Library and Museum in Boston, Ausstellung zur Person und Wirken Kennedys, Dokumentensammlung und zeitgeschichtliche Dokumentation, Fahrt nach New York, Rundgang in New York: Times Square Übernachtung YMCA New York |
23.03.2005 | New York | Ellis Island, Besuch des Einwanderermuseums, Fahrt zur Freiheitsstatue, Wall Street, UNO-Tour Übernachtung YMCA New York |
24.03.2005 | Philadelphia | Fahrt nach Washington, D.C. mit Halt in Philadelphia, Independence Hall, Ort der Verabschiedung der Unabhängigkeitserklärung, Liberty Bell, Franklin Court, Museum, Wohnort von Benjamin Franklin Übernachtung Washington, D.C. |
25.03.2005 | Washington, D.C. | Besuch im Indianermuseum, Besichtigung Woodrow Wilson House, Museum Übernachtung Washington, D.C. |
26.03.2005 | Washington, D.C. | Vormittag zur freien Verfügung, Abflug nach Deutschland |
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf eine zur Gerichtsakte (Bl. 45, 46) gereichte ausführliche Darstellung des Besuchsprogramms.
7In den Informationen zum Programmablauf wies der Veranstalter darauf hin, dass Besuche historisch bedeutsamer Einrichtungen sowie verschiedener politischer Institutionen und gesellschaftlicher Organisationen im Vordergrund der Reise stünden. Gespräche mit Fachleuten in den USA und Besuche wichtiger Museen würden das Programm bereichern. Als Teilnehmerkreis wurden angesprochen Lehrerinnen und Lehrer der Fachrichtungen Englisch, Geschichte, Sozialkunde und PW/PB. Englische Sprachkenntnisse seien zwar von Vorteil, jedoch nicht dringend erforderlich. Ein Reiseleiter würde das Gesagte zusammenfassen. Nach Angaben der Kläger - eine Teilnehmerliste konnte nicht vorgelegt werden - nahmen an der Reise ca. 25 Personen teil, die alle im Schuldienst tätig waren, zum Teil auch Fachleiter für das Fach Englisch bzw. Schulkoordinatoren.
8In den Einkommensteuerbescheiden für 2005 vom 27.06.2007, 24.07.2007 und 20.02.2008 erkannte der Beklagte die Aufwendungen für die Reise in die USA nicht als Werbungskosten an. Zur Begründung führte er an, bei der Reise seien Ziele aufgesucht worden, die auch bei einer rein touristisch geprägten Reise Anlaufpunkte wären. Eine private Mitveranlassung der Studienreise sei nicht auszuschließen.
9Der Einspruch blieb erfolglos. In der Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 - die Steuerfestsetzung des Jahres 2005 war noch wegen anderer Punkte streitig - erläuterte der Beklagte, eine Studienreise sei dann nicht durch die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst, wenn hierdurch ein allgemein touristisches Interesse befriedigt werde, sofern der touristische Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Sofern ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit nicht gegeben sei, müsste die private oder betriebliche/berufliche Veranlassung der Reise gegeneinander abgewogen werden. Maßgebend seien die Art der dargebotenen Informationen, die Homogenität und fachliche Orientierung des Teilnehmerkreises, die Reiseroute und der Charakter der aufgesuchten Orte als beliebte Ziele des Tourismus, die fachliche Organisation, die Gestaltung der Wochenenden und Feiertage sowie die Art des benutzten Beförderungsmittels. Eine private Mitveranlassung sei regelmäßig gegeben, wenn touristisch attraktive Stätten besucht würden, die auch für andere, nicht den Berufskreis der "Fachreise"-Teilnehmer angehörenden Touristen reizvoll und interessant wären.
10Im Streitfall seien die Städte Boston, New York, Philadelphia und Washington, D.C. besucht worden. Die besuchten Sehenswürdigkeiten (Freedom Trail, Harvard University, JFK Library and Museum, Times Square, Ellis Island und Freiheitsstatue, Wall Street, UNO, Independence Hall, Liberty Bell, Benjamin Franklin Court, Indianermuseum, Woodrow Wilson House) gehörten zu den herausragenden touristischen Zielen der Region, die von allgemeinem Interesse seien. Eine berufsspezifische Besonderheit sei dem Reiseverlauf nicht zu entnehmen. Ähnliche Reisen würden auch durch Veranstalter für Bildungsreisen angeboten. Ein klarer Zuschnitt auf berufliche Bedürfnisse sei nicht ersichtlich. Der private Charakter der Reise überwiege. Die straffe Organisation der Reise sei vorliegend auch kein Indiz für die berufliche Veranlassung. Diese beruhe vielmehr auf der Vielzahl der Besichtigungstermine sowie den zeitlich zusätzlich zu berücksichtigenden Wegstrecken. Darüber hinaus liege auch keine homogene Reisegruppe vor. Der Veranstalter habe das Angebot an Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Fachrichtungen ausgerichtet. Eine Spezialisierung der Reise liege demnach nicht vor. Verdeutlicht werde dies auch dadurch, dass der Veranstalter mitgeteilt habe, englische Sprachkenntnisse seien zwar von Vorteil, jedoch nicht zwingend erforderlich. Die in der Bescheinigung des Veranstalters angeführten "Gespräche mit Fachleuten" hätten bestenfalls allgemeinbildenden Charakter und könnten die dargestellte Gesamtbeurteilung der Reise nicht beeinflussen.
11Mit der daraufhin erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr außergerichtliches Vorbringen weiter. Zwar reduzieren sie die für die Studienreise anzuerkennenden Aufwendungen auf nunmehr EUR 2.477, halten aber an ihrer Auffassung fest, dass die Reise in die USA ausschließlich beruflich veranlasst gewesen sei. Insofern führen sie ergänzend an:
12Die Fortbildung habe sich an Lehrer der Fachrichtungen Englisch, Geschichte, Sozialkunde sowie PW/PB gerichtet. Es habe demnach eine homogene Teilnehmergruppe "Lehrer" vorgelegen. Der Programmübersicht sei zu entnehmen, dass im Vordergrund die Besuche historisch bedeutsamer Einrichtungen sowie verschiedener politischer Institutionen gestanden hätten. Die unmittelbare berufliche Verbindung zeige sich darin, dass die besichtigten Orte im Lehrplan behandelt würden und u.a. als "lebendiges" Unterrichtsmaterial dienten. Gerade die besuchten historischen Orte würden sowohl im Englisch- als auch im Geschichtsunterricht thematisiert. Insofern nehmen die Kläger Bezug auf Verweise in den einzelnen Kapiteln der Schulbücher für den Englischunterricht (vgl. Bl. 47, 67 der Gerichtsakte).
13Eine private Veranlassung der Reise sei deshalb nicht gegeben, da ansonsten die Reise als Familienurlaub ausgeübt worden wäre. Sie, die Klägerin, habe die Reise mit einer Kollegin durchgeführt.
14Der Homogenität des Teilnehmerkreises stehe nicht entgegen, dass Lehrer zweier Fachrichtungen verreist seien. Dies zeige um so mehr die berufliche Veranlassung, da in beiden Fachrichtungen die besuchten Orte im Lehrplan thematisiert würden.
15Unschädlich sei zudem, dass die Studienreise in den Osterferien, d.h. in der schulfreien Zeit, durchgeführt worden sei. Die schulfreie Zeit sei bei Lehrern nicht per se Urlaubszeit. Der Dienstherr erwarte in der über den Urlaubsanspruch hinausgehenden Zeit eine Bereitschaft zur Fort- und Weiterbildung. Eine mehrtägige Lehrerfortbildung während der Unterrichtszeit werde grundsätzlich nicht genehmigt. Insofern nehmen die Kläger Bezug auf die allgemeine Dienstordnung für Lehrer und Lehrerinnen, Schulleiter und Schulleiterinnen an öffentlichen Schulen (ADO, Runderlass des Kultusministeriums vom 20.09.1992, dort § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 und 2).
16Die Höhe der abzugsfähigen Werbungskosten setze sich zusammen aus dem Reisepreis von EUR 1.750 zuzüglich EUR 35 Reiserücktrittsversicherung, Fahrtaufwendungen (EUR 146) sowie Verpflegungsmehraufwendungen (EUR 546).
17Die Kläger beantragen,
18den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 27.06.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 20.02.2008 und die Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Ehefrau Aufwendungen für die Studienreise in die USA in Höhe von EUR 2.477 als Werbungskosten berücksichtigt werden.
19Der Beklagte hat schriftlich beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen im außergerichtlichen Verfahren. Ergänzend führt er an, eine Aufteilung der Kosten in abzugsfähige Werbungskosten und nichtabzugsfähige Lebensführungskosten komme deshalb nicht in Betracht, da die Klägerin eine Pauschalreise unternommen habe, deren Ablauf keine objektiv feststellbaren Kriterien für eine Kostenaufteilung aufzeige.
22Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst beigefügter Unterlagen, die Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
23Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 03.03.2010 einen richterlichen Hinweis erteilt, auf den verwiesen wird.
24Der Senat hat in dieser Sache am 27.08.2010 mündlich verhandelt und die Klägerin persönlich gehört. Insofern wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tag.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage, über die der Senat trotz Ausbleibens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gemäß § 91 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) entscheiden konnte, ist unbegründet. Die Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Aufwendungen der Ehefrau für die Studienreise in die USA als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit liegen nicht vor.
27Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG -). Hierzu zählen auch beruflich veranlasste Reiseaufwendungen zur beruflichen Fortbildung. Die berufliche Veranlassung ist durch eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
28Die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) forderte für die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen, dass die Reise ausschließlich oder jedenfalls nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen war. Diese Voraussetzung war zum einen dann erfüllt, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde lag (z.B. Wahrung geschäftlicher Kontakte; Fachkongresse etc.) und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildete. Ausreichend für eine Berücksichtigung der Aufwendungen war zum anderen aber auch, dass - selbst ohne unmittelbaren beruflichen Bezug - die berufliche Veranlassung der Reise bei weitem überwog und die Befriedigung privater Interessen (z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises) nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht ins Gewicht fiel und nur von untergeordneter Bedeutung war. Bis zur Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672), in der die Rechtsprechung Abstand vom allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbot bei gemischt veranlassten Aufwendungen nahm, war geklärt, dass Aufwendungen für eine (Auslands-)Reise, bei der die private Mitveranlassung nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung war, insgesamt nicht abzugsfähig waren, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen ließ (vgl. Vorlagebeschluss des VI. Senats BFH vom 20.07.2006 an den Großen Senat VI R 94/01, BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121).
29Nach der nunmehrigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, steht die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegen. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert es das objektive Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten steuerlich zu berücksichtigen. Reisekosten, die sowohl den beruflichen als auch den privaten Reiseteil betreffen (z.B. Kosten der Hin- und Rückreise), sind - notfalls im Schätzungswege - aufzuteilen (BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1 BStBl II 2010, 672; zuletzt BFH-Urteil vom 01.06.2010 VIII R 80/05, juris).
30Zur Prüfung von Grund und/oder Höhe der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen ist zunächst das "auslösende Moment", d.h. das Motiv für die Teilnahme an der Fortbildungsreise festzustellen (BFH-Urteil vom 21.04.2010 VI R 5/07, BStBl II 2010, 687). Liegt das Motiv (fast) ausschließlich im beruflichen Bereich, sind die Aufwendungen in vollem Umfang als Werbungskosten abzugsfähig. Umgekehrt, d.h. bei einer (fast) ausschließlich privat veranlassten Reise, sind die Reisekosten - mit Ausnahme der direkt der beruflichen Sphäre zuzuordnenden Kosten - in vollem Umfang steuerlich nicht zu berücksichtigen. Wird dagegen festgestellt, dass neben beruflichen auch beachtliche - aber eben nicht (fast) ausschließliche - private Gründe den Steuerpflichtigen bewogen haben, an der Reise teilzunehmen, ist in einem zweiten Schritt festzustellen, ob die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge nach objektiven Kriterien voneinander abgrenzbar sind (BFH in BStBl II 2010, 687).
31Für die Bestimmung des "auslösenden Moments" für die Teilnahme an der (Auslands-) Fortbildungsreise sind weiterhin die bereits im Beschluss des Großen Senats des BFH aus dem Jahre 1978 (GrS 8/77 vom 27.11.1978, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213) entwickelten Abgrenzungsmerkmale heranzuziehen. Zu prüfen ist im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung insbesondere, ob das Reiseprogramm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Teilnehmer zugeschnitten war, es sich um einen im wesentlichen gleichartigen (homogenen) Teilnehmerkreis handelte, die aufgesuchten Orte beliebte Ziele des Tourismus waren, die Reiseroute weit auseinandergezogen war, häufige Ortswechsel stattfanden, die Reise fachlich organisiert war und ein straff organisiertes Reiseprogramm vorlag. Hierbei steht einer beruflichen Veranlassung nicht bereits entgegen, dass die im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnisse auch im privaten Bereich angewendet werden können. Allein der Einwand, der Beruf des Steuerpflichtigen erfordere Aufwendungen, die für andere Steuerpflichtige Privataufwendungen seien, genügt nicht, um die Kosten vom steuerlichen Abzug auszuschließen (BFH in BStBl II 2010, 687).
32Nach Maßgabe vorgenannter Rechtsgrundsätze lag das "auslösende Moment" für die Durchführung der Reise in die USA grundsätzlich in der beruflichen Stellung der Klägerin als Englischlehrerin. Die Fortbildungsreise wurde nicht durch ein privates Reiseunternehmen, sondern durch die E-Gesellschaft veranstaltet, die insbesondere im Bereich der Fortbildung für Englischlehrer und Lehrer anderer Fächer in den USA tätig ist (vgl. die eigenen Ausführungen der Gesellschaft auf ihrer Homepage xxx). Ohne ihre berufliche Stellung als (Englisch-)Lehrerin wäre die Möglichkeit der Teilnahme an der Reise nicht an die Klägerin herangetragen worden. Das Reiseprogramm hatte - was unstreitig und auch gerichtsbekannt ist - Bezug zu den Lehrinhalten des Englischunterrichts in der Sekundarstufe I. Die von der Klägerin zur Gerichtsakte gereichte Aufstellung zu Lehrplänen und Lehrbüchern des Englischunterrichts belegt dies. Einer Einvernahme der sistierten Zeugin W. bedurfte es somit nicht.
33Trotz dieser grundsätzlich beruflichen Veranlassung der Studienreise steht für den Senat im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung fest, dass die Klägerin auch aus nicht völlig untergeordneten privaten Motiven bewogen war, die Reise anzutreten. Hierbei ist es unerheblich, dass - wie vorgetragen - die Reise nicht gemeinsam von den Klägern als Eheleute durchgeführt wurde, sondern die Ehefrau mit Kollegen reiste. Auch die von einem Ehegatten ohne den anderen durchgeführte Reise kann auf privaten Motiven beruhen. Für eine zumindest private Mitveranlassung der Reise spricht zur Überzeugung des Senats insbesondere der Umstand, dass sämtliche angefahrenen Orte und Sehenswürdigkeiten touristisch geprägt sind. Im Einzelnen:
34Ein ausschließlicher Bezug der besuchten Sehenswürdigkeiten zur beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Englischlehrerin ergibt sich nach Ansicht des Senats nicht aus der zur Gerichtsakte gereichten Detailbeschreibung des Reiseprogramms (Bl. 45, 46 der Gerichtsakte). Die dort genannten Fakten sind allgemeingültig und könnten sich auch so in einem beliebigen Reiseführer für Touristen wiederfinden. Den Klägern wird nicht abgesprochen, dass gerade touristische und auch historisch einprägsame Ziele der USA (z.B. die Freiheitsstatue, der Times Square, das Capitol etc.) regelmäßig Gegenstand der Lehrpläne des Englischunterrichts in der Sekundarstufe I sind. Hieraus lässt sich allerdings - anders als die Kläger meinen - nicht zwangsläufig schließen, dass dann die Reise ausschließlich beruflich motiviert war. Denn die Inhalte, der Aufbau und die Durchführung der nur sechstägigen Kurzreise durch vier touristisch bekannte Städte in die USA belegen zur Überzeugung des Senats, dass hierdurch zumindest auch private Gesichtspunkte bei der Klägerin berührt wurden. Dem Programm kann nicht entnommen werden, dass neben den dort aufgeführten Besichtigungen und Führungen auch berufsspezifische Veranstaltungen, z.B. Seminare oder Workshops mit amerikanischen Kollegen etc. stattgefunden haben. Hierzu haben die Kläger auch nichts vorgetragen.
51Ob das Reiseprogramm - wie die Kläger vortragen - keine Freiräume für private Zwecke gelassen hat, ist insoweit unerheblich. Hierdurch kann nicht entkräftet werden, dass der Besuch der touristischen Attraktionen nicht zumindest auch privat motiviert war. Zudem war laut Reiseprogramm jedenfalls der Vormittag des Rückflugtages (26.03.2005) zur freien Verfügung gestellt. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführte (freiwillige) Besuch des Pentagon in Washington, D.C. an jenem Vormittag war nicht Bestandteil des offiziellen Reiseprogramms. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf hin, dass Grund für die "wenige private Zeit" nicht die berufliche Veranlassung der Reise gewesen sein dürfte, sondern vielmehr das zeitlich straffe - touristisch geprägte - Programm mit dem Besuch von vier Großstädten und den hiermit verbundenen längeren Reisestrecken. Die Entfernung zwischen Boston und New York City beträgt ca. 340 km, zwischen New York City und Philadelphia 145 km sowie zwischen Philadelphia und Washington, D.C. ca. 220 km (vgl. http://www.trans-amerika-reisen.de/usa_entfernungen.php).
52Soweit die Kläger im Einspruchsverfahren vorgebracht haben, Ziel der Studienreise sei es gewesen, durch den Besuch in den USA Infobroschüren und Bilder für den Englischunterricht zu erstellen sowie durch das Gespräch mit Einheimischen die Qualität des Schulunterrichts zu verbessern, rechtfertigt dies die grundsätzlich berufliche Veranlassung der Studienreise, stellt aber nicht die zumindest private Mitveranlassung in Frage. Zudem haben die Kläger diesen Vortrag nicht durch Vorlage entsprechenden Unterrichtsmaterials untermauert.
53Gegen die ausschließlich berufliche Veranlassung der Studienreise spricht zudem, dass die E-Gesellschaft mit ihrem Reiseangebot "Amerikanische Geschichte" nicht ausschließlich Englischlehrer, sondern auch Lehrer anderer Fachrichtungen (Geschichte, Sozialkunden, PW/PB) angesprochen hat. Hieraus folgert der Senat, dass die Inhalte der Reise nicht ausschließlich auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse eines Englischlehrers zugeschnitten waren. Ein homogener Teilnehmerkreis lag nicht vor. Es ist fernliegend, dass im Rahmen einer sechstägigen Kurzreise durch die USA - bei allgemeingültig gehaltenem Programm - die besonderen berufsspezifischen Gegebenheiten aller Lehrer der vom Programm angesprochenen Fachrichtungen gleichermaßen bedient wurden. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass es in der von den Klägern zur Verwaltungsakte gereichten Programmübersicht der E-Gesellschaft heißt, englische Sprachkenntnisse "seien zwar von Vorteil, jedoch nicht dringend erforderlich", da ein Reiseleiter das Gesagte zusammenfassen werde.
54Sofern - wie vorliegend - davon auszugehen ist, dass die Durchführung der Studienreise in die USA zwar eine berufliche Veranlassung hatte, aber auch nicht völlig untergeordnete private Motive Grund waren, die Reisekosten auf sich zu nehmen, kann zwar die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht mehr dafür angeführt werden, die Kosten insgesamt nicht mehr zum Abzug zuzulassen. Voraussetzung für eine Aufteilung der Aufwendungen ist allerdings, dass die Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Davon ist auszugehen, wenn Reiseabschnitte bzw. Reisebestandteile unterschiedlich beruflich oder privat veranlasst sind. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht (BFH in BStBl II 2010, 687).
55Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass die Studienreise in die USA kostenmäßig abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält. Es handelt sich um eine Reise, bei der jeder der Programmpunkte eine untrennbare Verbindung von beruflichen und privaten Gesichtspunkten beinhaltete - und zwar jeweils gleichen Gewichts. Der Senat sieht keine Anzeichen dafür, dass der eine oder andere Programmpunkt eine mehr oder weniger gewichtige berufliche Bedeutung für die Klägerin hatte. (Nahezu) Ausschließliche berufliche Veranlassung kann keinem der angefahrenen Orte bzw. keiner der Sehenswürdigkeiten entnommen werden. Der Rundgang durch Boston am 20.03.2005 wurde durch einen Reiseleiter der E-Gesellschaft organisiert, der Besuch der Freedom Trail in Boston am 21.03.2005 wurde durch einen amerikanischen Historiker begleitet, der Orientation Walk durch die Harvard University am 21.03.2005 fand in Begleitung eines Harvard-Studenten statt. Anlässlich des Besuchs des JFK Library and Museum am 22.03.2005 fand ein Vortrag eines dortigen Mitarbeiters statt. Die Besichtigung und der Rundgang am Times Square in New York City am 22.03.2005 wurde ebenfalls durch einen Reiseleiter der E-Gesellschaft begleitet, ebenso wie die Besuche des Einwanderermuseums Ellis Island, der Freiheitsstatue und der Wall Street am 23.03.2005. Während der UNO-Tour am 23.03.2005 soll ein Mitarbeiter der UNO vorgetragen haben, während des Besuchs in Philadelphia ein amerikanischer Historiker (24.03.2005). Der Besuch des Indianermuseums in Washington, D.C. am 25.03.2005 war verbunden mit einem Vortrag eines dortigen Angestellten (vgl. im Einzelnen die Aufstellung der Kläger auf Bl. 67 der Gerichtsakte). Bei keiner der vorgenannten Programm- und Besuchspunkte können berufliche und private Veranlassungsgesichtspunkte voneinander abgegrenzt werden. Beide Interessen der Klägerin wurden jeweils in gleichem Umfang bedient. Keinem der Programmpunkte kann ein ausschließlich berufliches Spezifikum zuerkannt werden (z.B. Meinungs- und Gedankenaustausch zwischen Lehrern beider Staaten, konkrete Vorbereitung von Schulprojekten hinsichtlich einer oder mehrerer historischer Stätten, Vorbereitung von Lehrer- oder Schüleraustauschen, Tagesseminar etc.). Insofern unterscheidet sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt maßgeblich von demjenigen, der der Entscheidung des BFH im Urteil vom 21.04.2010 (BStBl II 2010, 687) zugrunde lag. Dort war im Rahmen einer achttägigen Fortbildungsreise einer Englischlehrerin nach Dublin neben touristischen Programmpunkten auch die Teilnahme an diversen Halbtages-Seminaren vorgesehen, die eine objektive Trennung beruflich und privater Reiseanteile zuließen.
56Fehlt es dagegen - wie im Streitfall - an einer objektiven Trennbarkeit der privaten und beruflich motivierten Reiseanteile, sind die Kosten nach wie vor insgesamt steuerlich nicht abzugsfähig (ebenso BMF-Schreiben vom 06.07.2010 IV C 3 - S 2227/07/10003, BStBl I 2010, 614 Rdnr. 18) Eine pauschale Schätzung der abzugsfähigen Kosten im Hinblick auf die festgestellte grundsätzlich berufliche Veranlassung der Reise gemäß § 162 AO i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist nicht angezeigt. Dies wäre nur dann geboten, wenn keine Zweifel daran bestünden, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, eine dementsprechende Quantifizierung aber nicht bzw. schwer möglich ist (BFH-Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Fehlt es dagegen an einer Abgrenzbarkeit der Veranlassungsbeiträge, besteht auch keine Schätzungsmöglichkeit hinsichtlich der Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen. Geschätzt werden kann nämlich nicht der Umfang der beruflichen Veranlassung.
57Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
58Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Der Senat folgt mit seiner Entscheidung höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen.