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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, ob ein Mietverhältnis zwischen Ehegatten anzuerkennen und ob die sog. 1%-Regelung anzuwenden ist.
3Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 2001 bis 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
4In den Streitjahren bezog der Kläger (geboren 1954) als pensionierter Beamter Versorgungsbezüge, die Klägerin (geboren 1957) ist Heilpraktikerin und betreibt eine Heilpraktikerpraxis, aus der sie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielte. Außerdem war sie Inhaberin einer Praxis für Diät- und Ernährungsberatung, aus der sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG erklärte.
5Darüber hinaus erzielten die Kläger aus einzelnem und gemeinsamem Eigentum sowie aus Beteiligungen an Gesellschaften/Gemeinschaften Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG.
6Seit 1988 betreibt die Klägerin ihre Heilpraktikerpraxis im Weg 1 in N. Eigentümer des Grundstücks ist der Kläger. Gleichzeitig mit der Anschaffung des Grundstücks Weg 1 in N am 01.07.1988 erwarb der Kläger das Grundstück Straße 2 in N. Mit auf den 16.03.2000 datiertem Mietvertrag vermietete der Kläger ab 01.04.2000 an die Klägerin in dem Haus Straße 2 im 1. Obergeschoss drei Praxisräume zum Betrieb für ihre Diät- und Ernährungsberatung sowie einen Einstellplatz. Die Miete betrug 900 DM, wovon 850 DM auf die Geschäftsräume und 50 DM auf den Einstellplatz entfielen. In § 5 des Vertrags ist zur Zahlung der Miete Folgendes vereinbart: "Anstelle der Miete (Mietgeldzahlung) wird bis auf Weiteres als Gegenwert die Nutzung des jeweiligen Geschäftswagens vereinbart." Wegen der Einzelheiten wird auf den mit Schriftsatz vom 23.02.2010 im Original eingereichten Mietvertrag Bezug genommen.
7Der Beklagte folgte zunächst im Wesentlichen den von den Klägern für die Kalenderjahre 2001 bis 2003 abgegebenen Einkommensteuererklärungen durch Erlass entsprechender Einkommensteuerbescheide. Danach waren von den Klägern folgende Einkünfte zu versteuern:
8§ 15 EStG ./. ./. 25.066 DM
11§ 18 EStG ./. + 258.186 DM
12§ 21 EStG ./. 28.699 DM ./. 32.694 DM
13§ 15 EStG ./. ./. 6.905 EUR
15§ 18 EStG ./. + 139.387 EUR
16§ 21 EStG ./. 22.891 EUR ./. 22.230 EUR
17§ 15 EStG ./. ./. 12.151 EUR
19§ 18 EStG ./. + 153.967 EUR
20§ 21 EStG ./. 30.186 EUR ./. 29.140 EUR
21Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf:
22Für die Kalenderjahre 2001 bis 2003 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 02.03.2006 Bezug genommen. Der Beklagte erließ aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung Änderungsbescheide, gegen die die Kläger Einspruch einlegten.
26Im Klageverfahren sind nach Betriebsprüfung und Einspruchsverfahren noch streitig geblieben die Anerkennung der Mietaufwendungen für die Räume in der Straße 2 in N als Werbungskosten sowie der Ansatz des Pkw-Eigenverbrauchs bzw. die Anwendung der sog. 1%-Regelung.
27Einkünfte aus Gewerbebetrieb, hier: Mietverhältnis Straße 2 in N
28Ein schriftlicher Mietvertrag war im Rahmen der Betriebsprüfung nicht vorgelegt worden. Im Einspruchsverfahren reichten die Kläger eine Kopie eines Mietvertrages mit Schreiben vom 20.06.2006 ein (Blatt 168 ff. der Einkommensteuerakte Band V).
29Die Klägerin trug vor, sie habe dem Kläger den Mercedes ML zur Verfügung gestellt. Die ortsübliche Miete entspreche betragsmäßig dem Aufwand des überlassenen Autos, so dass das Mietverhältnis anzuerkennen sei. Auf das Schreiben vom 26.09.2006 wird hingewiesen.
30Der Beklagte erkannte das Mietverhältnis nicht an, da die Vereinbarung weder eine wie unter fremden Dritten übliche sei, noch eine betragsmäßige Ausgewogenheit von Nutzungsüberlassung und Kostenaufwand vorliege. Nach dem Mietvertrag sei ausschließlich die Nutzungsüberlassung des "jeweiligen" Geschäftswagens vereinbart worden. Es seien keine Vereinbarungen hinsichtlich eines bestimmten Fahrzeugs oder über eine bestimmte Fahrzeugklasse getroffen worden. Es liege also im ausschließlichen Ermessen der Klägerin, welches Fahrzeug bzw. welche Art von Fahrzeug sie ihrem Ehemann zur Nutzung überlasse. Es seien auch keinerlei Regelungen hinsichtlich der Art und des Umfangs der Nutzung, der Kosten und ggf. entstehenden Schäden vereinbart, wie sie sich bei vergleichbaren Pkw-Leasing-und/oder-Mietverträgen üblicherweise wiederfinden würden. Im Übrigen betrügen bereits die reinen Leasingkosten in den Jahren 2001 15.307,20 DM, 2002 10.307,64 Euro und 2003 10.007,82 Euro, denen "Mietaufwendungen" in Höhe von jährlich 10.800 DM bzw. 5.521,95 Euro gegenüber stünden. Damit sei die betragsmäßige Unausgewogenheit zwischen Nutzungsüberlassung und Kostenaufwand bestätigt. Die Zahlungen seien nicht als Betriebsausgaben zu qualifizieren und folgerichtig auch nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen.
31Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Heilpraktikerpraxis), hier: Eigenverbrauch
32In den Streitjahren machte die Klägerin als Betriebsausgaben bei ihrer Gewinnermittlung für die Heilpraktikerpraxis Fahrzeugkosten für die im Betriebsvermögen stehenden Fahrzeuge Porsche XX - XX 001 bzw. Porsche XX - XX 002 geltend.
33Für die Fahrzeuge XX - XX 002 und XX - XX 001 wurden vom Kläger Fahrtenbücher geführt, und zwar für den Porsche XX - XX 002 vom 03.01.2001 bis 29.10.2002 und für den Porsche XX - XX 001 vom 31.10.2002 bis 15.09.2003. Die Kläger tragen vor, die Klägerin habe auf Zetteln Aufzeichnungen über die jeweiligen Tachostände erstellt, die sie dann dem Kläger übergegen habe. Diese Aufzeichnungen seien die Grundlage für Eintragungen im Fahrtenbuch gewesen, die der Kläger dann in einem Zug in das Fahrtenbuch übertragen habe.
34Die Pkws mit den Kennzeichen XX - XX 003 und XX - XX 004 bzw. XX - XX 005 sind in den Gewinnermittlungen für die Diät- und Ernährungsberatung erfasst.
35Ein Ansatz einer privaten Nutzung erfolgte im Rahmen der Gewinnermittlungen für die Heilpraktikerpraxis nicht.
36Die Betriebsprüferin erkannte die Fahrtenbücher nicht an, da sie nicht den vom Gesetzgeber geforderten Anforderungen entsprächen. Sie vertrat die Auffassung, dass im Streitfall die Privatfahrten mit 15 % der gesamten geltend gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen seien und zwar unter dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese Regelung nur für den Prüfungszeitraum 2001 bis 2003 gelte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht, insbesondere Tz 2.3.4.4 und Anlage 5 zum Prüfungsbericht vom 02.03.2006 hingewiesen. Für 1996 und 1997 war der Ansatz des privaten KfZ-Anteils ebenfalls streitig gewesen; nach Überprüfung durch die Betriebsprüfung und den Beklagten wurde im Einverständnis mit den Klägern die 1%-Regelung angewandt und die KfZ-Kosten um jährlich 1.000 DM für Benzinkosten des Klägers gekürzt. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 10.11.1999 sowie auf die Schreiben des Beklagten vom 20.01.2000 und 11.04.2000 wird Bezug genommen. In den Jahren 1998 bis 2000 ist die private PKW-Nutzung mit der 1%-Regelung berücksichtigt worden.
37Nach Berichtigung der Ausgaben durch die Betriebsprüfung ergibt sich danach Folgendes:
38Ausgaben 47.725,27 DM 55.126,73 Euro 26.787,13 Euro
40Eigenverbrauch 15 % 7.158,79 DM 8.269,01 Euro 4.018,07 Euro
41Mit Schreiben vom 20.06.2006 vertraten die Kläger die Auffassung, dass der Ansatz von 15 % zu hoch sei; ein Privatanteil von 5 % entspreche den tatsächlichen Verhältnissen. Für jede Benzinrechnung gebe es den entsprechenden Nachweis im Fahrtenbuch. Irrtümlich seien auch private Tankrechnungen betrieblich angesetzt worden, insofern sei aber die Berichtigung durch die Betriebsprüfung erfolgt. Soweit im Rahmen der Betriebsprüfung bemängelt worden sei, dass Fahrten zur Metro und zum Steuerberater als rein betrieblich veranlasste Fahrten angesetzt wurden, sei der Ansatz korrekt. Die Klägerin sei in betrieblichen Angelegenheiten beraten worden. Bei der Metro werde selbstverständlich auch für den Betriebsbedarf eingekauft. Im Jahr 2001 seien im Übrigen 8 Metrobesuche eingetragen, im Jahr 2002 keine und im Jahr 2003 4 Metrobesuche. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 20.06.2006 mit Aufstellungen des Klägers zu den Fahrten Bezug genommen (Blatt 168 bis 184 der Einkommensteuerakte Band V).
42Mit Schreiben vom 03.07.2006 teilte der Beklagte mit, dass die Fahrtenbücher aus folgenden Gründen als nicht ordnungsmäßig anzusehen seien:
43Bei Nichtvorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs sei die private Nutzung eines Kfz in Höhe von 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. aller Kosten einschließlich Umsatzsteuer nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen. Der Ansatz der 1%-Regelung würde zu einem höheren Ansatz der privaten Nutzung führen, als die für die Jahre 2001 bis 2003 bisher angesetzten Aufwendungen für den Eigenverbrauch in Höhe von 15 %. Auf die Verböserungsmöglichkeit im Rahmen des Einspruchs wurde hingewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 03.07.2006 Bezug genommen.
45Mit Schreiben vom 26.09.2006 stimmten die Kläger dem Ansatz von 15 % für den Eigenverbrauch grundsätzlich zu. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin insbesondere in den Wintermonaten auch mit Privatfahrzeugen Patientenbesuche getätigt habe. Bei einem durchschnittlichen Ansatz von 5.000 km seien pro Jahr noch 1.500 Euro als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 13.11.2006 darauf hin, dass weitere Betriebsausgaben bei einem Ansatz eines privaten Nutzungsanteils von 15 % nicht zu berücksichtigen seien. Sollte weiterhin an einer zusätzlichen Berücksichtigung von Betriebsausgaben festgehalten werden, werde darauf hingewiesen, dass mit einer verbösernden Entscheidung gemäß den Schreiben vom 03.07. und 29.08.2006 zu rechnen sei.
46Der Beklagte änderte aus hier nicht streitigen Gründen die auf Grund der Betriebsprüfung ergangenen Änderungsbescheide vom 12.05.2006 (für 2001 und 2002 geändert nach § 173 Abs. 1 Nr.1 AO) nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO; auf die Änderungsbescheide vom 05.03.2007 wird hingewiesen. Mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2007 änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide erneut. Er erkannte die Aufwendungen für die Mietzahlungen aus dem Mietverhältnis Straße 2 in N nicht an und wandte wie angekündigt die 1%-Regelung an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 18.05.2007 Bezug genommen, Blatt 228 ff. der Einkommensteuerakte Band V.
47Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und tragen vertiefend vor:
48Zum Mietverhältnis:
49Der dem Kläger von der Klägerin im Rahmen des Mietvertrages überlassene Pkw Mercedes ML sei vom Kläger nicht vollständig privat genutzt worden, sondern auch für den Einsatz in der Diät- und Ernährungsberatung. Der Kläger unterstütze seine Frau bei ihrer Arbeit unentgeltlich, so kümmere er sich beispielsweise um die Auslieferung von Diätprodukten, die in ihrer Praxis bestellt würden, er übernehme Fahrten zur Post, bringe Pakete weg und hole auch solche ab. Sie nutze den Wagen auch selbst, wenn sie Dinge zu erledigen habe, die mit der Diät- und Ernährungsberatung zusammenhingen. So habe sie z. B. eine unentgeltliche Vortragsreihe über Ernährung bei verschiedenen Institutionen gehalten; um die Vortragsorte zu erreichen, habe sie stets den Mercedes benutzt. Sie habe sich immer darum bemüht, das Fahrzeug zu nutzen, das zu dem jeweiligen Betrieb gehöre, für den sie gerade tätig werde.
50Angesprochen auf die Frage der Nebenkosten trägt die Klägerin vor, die Nebenkosten seien sehr gering gewesen, es sei wenig Strom und Wasser verbraucht worden, die Räume seien sehr warm, so dass auch für Heizung nicht viel angefallen sei.
51Weiter tragen die Kläger vor, der Wert der Pkw-Nutzung sei mit 900 DM ermittelt worden. Es liege damit letztlich ein verkürzter Zahlungsweg vor, so dass im Endeffekt das Mietverhältnis anzuerkennen sei.
52Zum Eigenverbrauch:
53Hinsichtlich des Eigenverbrauchs tragen die Kläger vor, die Fahrtenbücher seien ordnungsgemäß geführt worden, so dass entsprechend der ursprünglichen Regelung im Rahmen der Betriebsprüfung der Privatanteil mit 15 % anzusetzen sei. Die Kläger nutzten neben dem im Betriebsvermögen befindlichen Fahrzeug noch vier weitere Fahrzeuge, nämlich einen Porsche (XX - XX 006), einen Porsche (XX - XX 007), einen Mercedes (XX - XX 003) und einen Smart (XX - XX 008). Im Betriebsvermögen der Heilpraktikerpraxis habe sich zunächst ein Porsche mit dem Kennzeichen XX - XX 002 bis Oktober 2002 befunden. Im Oktober 2002 sei ein neuer Porsche angeschafft worden (XX - XX 001). Der Betriebs-Pkw erreiche eine jährliche Fahrleistung von ca. 6.000 km. Die Gesamtfahrleistung des Geschäftsfahrzeugs betrage in den letzten 5 Jahren 23.000 km, was einen jährlichen Durchschnitt von 5.000 km ausmache. Pro Woche habe die Klägerin durchschnittlich 20 Hausbesuche zu machen und lege pro Hausbesuch eine Strecke von 10 km zurück. Bei 40 Kalenderwochen pro Jahr entspreche dies einer Gesamtfahrleistung von ca. 8.000 km pro Jahr. Dies bedeute, dass die Klägerin durchschnittlich 3.000 km mit Privatfahrzeugen fahre, um ihre Hausbesuche tätigen zu können. Mit den privaten Fahrzeugen würden ca. 25.000 bis 30.000 km pro Jahr zurückgelegt. Anhand dieser Ausführungen sei plausibel gemacht, dass für eine Privatnutzung des betrieblichen Pkw gar kein Raum bestanden habe, da allein die Hausbesuche eine Kilometerfahrleistung von 8.000 km pro Jahr ausmachten, während die nachgewiesene durchschnittliche Fahrstrecke lediglich 5.000 km pro Jahr betrage. Im Privatvermögen befinde sich noch eine Vielzahlt von Fahrzeugen, die in ihrer Ausstattung dem Geschäftsfahrzeug glichen. Die Familie der Kläger bestehe aus drei Personen, nämlich den beiden Klägern und dem gemeinsamen Sohn H (geboren 1979). Es könne also jederzeit auf Privatfahrzeuge zurückgegriffen werden, um entsprechende Hausbesuche durchzuführen.
54Mit Schriftsatz vom 23.02.2010 weisen die Kläger auf ein Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 06.05.2009 (2 K 442/02) hin. Nach Auffassung des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt sei das Halten von zwei vergleichbaren privaten Pkws wirtschaftlich nämlich völlig unvernünftig, wenn stattdessen das betriebliche Fahrzeug privat genutzt wurde.
55Mit Schriftsatz vom 23.08.2010 weisen die Kläger auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14.04.2010 (12 K 1204/09, EFG 2010, 1306) hin. Danach sei ein Fahrtenbuch auch dann anzuerkennen, wenn es mittels Nachträgen jedenfalls zeitnah ausgefüllt worden sei,
56Weiter trugen in der mündlichen Verhandlung am 10.06.2010 die Kläger vor, die Fahrtenbücher hätten dem Beklagten bereits im Rahmen der Veranlagung auch für die Streitjahre vorgelegen. Diese Behauptung könne allerdings nicht belegt werden. Nachweislich sei, dass der Beklagte die Fahrtenbücher für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 im Januar 2007 angefordert habe. Nach der Erinnerung der Kläger seien die Fahrtenbücher für die Streitjahre 2001 bis 2003 auf Grund eines Telefonats persönlich von ihnen beim Beklagten abgegeben worden.
57Darüber hinaus sei eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 nicht rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorlägen.
58Die Kläger beantragen,
59die Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 vom 05.03.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 18.05.2007 dahin gehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb weitere Betriebsausgaben in Höhe von 10.800 DM jährlich und bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit 2001 bis 2003 ein Privatanteil in Höhe von 10% der Gesamtfahrzeugkosten berücksichtigt werden.
60Der Beklagte beantragt,
61die Klage abzuweisen.
62Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:
63Zum Mietverhältnis:
64Der Vortrag der Kläger, der Mercedes ML werde nicht nur vom Kläger privat genutzt, sondern auch für den betrieblichen Bereich, sei nach dem eingereichten Mietvertrag nicht ersichtlich und widerspreche Vereinbarungen, wie sie unter fremden Dritten üblich seien. Außerdem stelle sich nunmehr auch die Frage des Umfangs der angeführten betrieblichen Nutzung und der Zulässigkeit des grundsätzlichen Abzugs der Aufwendungen für den Pkw insgesamt als Betriebsausgaben.
65Zu den Fahrtenbüchern:
66Bereits in der Einspruchsentscheidung seien die Gründe dargelegt worden, weshalb die vorgelegten Fahrtenbücher nicht anerkannt werden könnten. Zur Konkretisierung einzelner Feststellungen legte der Beklagte Auszüge aus der dem Gericht bisher nicht vorliegenden Prüferhandakte vor, aus denen sich die Unstimmigkeiten im einzelnen ergeben; wegen der Einzelheiten wird auf die Auszüge aus der Prüferhandakte Bezug genommen, Blatt 69 ff. der Gerichtsakte. Auf Grund der Summe der Einzelfeststellungen handele es sich nicht um hinnehmbare kleinere Mängel, die in ihrer Gesamtheit zu inhaltlichen Unregelmäßigkeiten führten und damit die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellten.
67Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Fahrtenbücher 2001 bis 2003 vor der Durchführung der Veranlagung vorgelegen hätten; wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 03.09.2010 hingewiesen, Blatt 173 der Gerichtsakte.
68Die vom Finanzgericht Sachsen-Anhalt im Urteil vom 06.05.2009 (2 K 442/02) vertretene Auffassung sei nicht bindend. Da sich im Streitfall schon anhand der Fahrtenbücher Zweifel an der ausschließlichen beruflichen Nutzung der Fahrzeuge ergäben, sei der Sachverhalt auch auf Grund des Vorhandenseins anderer Fahrzeuge nicht anders zu beurteilen.
69Der Senat hat die neben den die Streitjahre 2001 bis 2003 betreffenden Steuerakten auch die Einkommensteuerakten für 1988 bis 2000 beigezogen. Die Fahrtenbücher für 2001 bis 2003 die Ausgangsrechnungen der Klägerin in den Streitjahren, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, liegen dem Gericht im Original vor.
70Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert; auf das Protokoll über den Erörterungstermin vom 27.08.2009 wird Bezug genommen.
71Der Senat hat am 10.06.2010 und am 25.11.2010 mündlich verhandelt, wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
72Entscheidungsgründe
73Die Klage ist unbegründet.
74Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
751. Mietvertrag
76Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der auf den 16.03.2000 datierte Mietvertrag steuerrechtlich nicht anzuerkennen, mit der Folge, dass die Klägerin keine Betriebsausgaben abziehen kann, gleichzeitig aber der Kläger auch keine Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt.
77Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die steuerrechtliche Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen u. a. davon abhängig, dass die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350 unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 07.06.2006 IX R 4/04, BStBl II 2007, 294, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
78Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen beruhen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 07.11.1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34). Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.2007, a. a. O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 16.07.1991 2 BvR 769/90, HFR 1992, 23; vom 20.11. 1984 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283).
79Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO. Er ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt (BFH, Urteil vom 31.07.2007, a. a. O. unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 28.06. 2002 IX R 68/99, BStBl II 2002, 699).
80Maßgebliche Beweisanzeichen (Indizien) bei der im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu treffenden Entscheidung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich (§ 12 EStG) zugehörig sind, bilden insbesondere die Beachtung der zivilrechtlichen Formerfordernisse bei Vertragsabschluss und die Kriterien des Fremdvergleiches (BFH, Urteil vom 07.06.2006, a. a. O., mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
81Unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines Vertrags zwischen nahen Angehörigen ist, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung seit BFH, Urteil vom 20.10.1997 IX R 38/97, BStBl II 1998, 106; BFH, Urteil vom 25.07.2000 IX R 9/97, HFR 2001, 337 unter Hinweis auf BFH, Urteil vom 20.10.1997, a. a. O.). Zu den Hauptpflichten der Mietvertragsparteien gehört die Überlassung einer konkret bestimmten Sache und die Höhe der Miete (§ 535 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Sind hinsichtlich der Nebenabgaben keine Vereinbarungen getroffen worden, muss dies allein nicht bereits zur Nichtanerkennung des Vertrages führen; dieser Umstand ist vielmehr im Zusammenhang mit sämtlichen weiteren Umständen zu würdigen, die für oder gegen die private Veranlassung des Vertragsverhältnisses sprechen (BFH-Urteil vom 17.02.1998 IX R 30/96, BStBl II 1998, 349).
82Im Streitfall ist ein sog. Fremdvergleich anzustellen. Denn die an dem Mietvertrag Beteiligten sind nahe Angehörige, es handelt sich um Ehegatten. Das Mietverhältnis war im Streitfall entscheidend von dieser Beziehung bestimmt.
83Bei Anwendung der von Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den Streitfall hält der von der Klägerin abgeschlossene Mietvertrag bei einer Würdigung aller Umstände einem Fremdvergleich nicht stand.
84Die Regelung im Mietvertrag beinhaltet allein die Überlassung des "jeweiligen" Geschäftswagens zur Nutzung, sie enthält keine Vereinbarungen hinsichtlich eines bestimmten Fahrzeugs, eines bestimmten Fahrzeugtyps bzw. einer bestimmten Fahrzeugklasse. Ein fremder Dritter hätte einer solchen Regelung, nach der die Bestimmung des Fahrzeugs und damit letztlich über dessen Nutzungswert die konkrete Miethöhe ausschließlich im Ermessen der Mieterin (hier der Ehefrau) liegt, nicht zugestimmt. Es wurden auch keinerlei Regelungen getroffen, wer das Fahrzeug nutzen darf. Üblicherweise wäre geregelt worden, dass allein der Vermieter der Wohnung, dem das Fahrzeug überlassen wird, das Fahrzeug nutzen darf, d.h. es würde auch geregelt werden, dass nur der das Fahrzeug fahren darf oder dass er mindestens Beifahrer sein muss. Auch der Umfang der Nutzung (Kilometerbegrenzung) wurde nicht bestimmt. Darüber hinaus fehlen Regelungen für den Schadensfall, wie sie unter fremden Dritten üblich sind.
85Auch die Aufwendungen für das Fahrzeug und die Miete stehen nicht in einem angemessenen Verhältnis. Denn die reinen Leasingkosten betrugen 2001 15.307,20 DM, 2002 10.307,64 Euro und 2003 10.007,82 Euro, die Mietzahlungen sollten demgegenüber 10.800 DM bzw. 5.521,95 Euro jährlich betragen. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Leistungsaustausch auf privaten, familiären Gründen beruht und nicht auf einem den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrag.
86Es fehlt schließlich an einer Betriebskostenabrechnung.
87Bei Würdigung all dieser Umstände kommt es nicht mehr darauf an, dass der Kläger den ihm überlassenen Pkw auch für betriebliche Fahrten für die Diät- und Ernährungsberatungspraxis seiner Ehefrau benutzt hat.
882. Kraftfahrzeugnutzung
892.1 Der Beklagte durfte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 entgegen der Auffassung der Kläger nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ändern. Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
90Im Streitfall sind dem Beklagten die Fahrtenbücher erstmals im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt geworden, so dass es sich insoweit um neue Tatsachen handelt. Dem Beklagten kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, ihm hätten die Bilanzen vorgelegen. Denn aus ihnen ist nicht ersichtlich, wie die angesetzten Fahrzeugkosten ermittelt worden sind.
912.2 Für die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs enthält § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine spezielle Bewertungsregel (vgl. BFH, Urteil vom 19.03.2009 IV R 59/06, BFH/NV 2009, 1617). Danach ist für jeden vollen Kalendermonat 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (sog. 1%-Regelung). Abweichend davon kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahren durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (sog. Fahrtenbuchregelung).
922.2.1 Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist zwar gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH, Beschluss vom 16.01.2009 VIII B 140/08, BFH/NV 2009, 770 mit Rechtsprechungsnachweisen).
93Deshalb muss ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten einschließlich der dann erreichten Gesamtkilometerstände müssen im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Jede einzelne Verwendung ist grundsätzlich für sich und mit dem so erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Aus mehreren Teilabschnitten bestehende berufliche Reisen können zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind (vgl. BFH, Urteil vom 15.03.2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302).
94Diesen Anforderungen genügen die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher nicht. Die Fahrtenbücher sind, wie die Kläger selbst einräumen, vom Kläger in einem Zug geschrieben worden. Grundaufzeichnungen der Klägerin, die sie dem Kläger zur Verfügung gestellt haben will, sind nicht mehr vorhanden. Allein dies reicht schon aus, dass die Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß anzusehen sind. Denn diese Fahrtenbücher sind keinesfalls mehr als zeitnah geführt anzusehen. Verprobungen mit den Aufzeichnungen, die die Klägerin gemacht haben will, sind nicht mehr möglich. Dies geht zu Lasten der Kläger.
95Allerdings finden sich in den Aufzeichnungen darüber hinaus vielerlei Ungereimtheiten, die dazu führen, dass der Senat den Eindruck gewonnen hat, die Fahrtenbücher seien vom Kläger passend zu den beruflich und privat angefallenen Fahrten "gestaltet" worden. Bereits der Beklagte hat u. a. zutreffend darauf hingewiesen, dass im Fahrtenbuch für 2001 umfangreiche Berichtigungen der km-Angaben erfolgten, bei der Angabe der Fahrleistung 31.10.2002 T - D 250 km erfasst worden seien, obwohl die Entfernung laut Routenplaner deutlich geringer sei, dass Tankrechnungen laut Fahrtenbuch nicht mit den vorliegenden Tankrechnungen übereinstimmten, dass mehrere Fahrten nur zur Tankstelle durchgeführt worden seien, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Wohnort befinde, dass Aufzeichnungen zu Fahrten zu Patienten (Terminplaner) nicht aufbewahrt worden seien, so dass eine Prüfung nicht erfolgen könne und dass Tankrechnungen an Tagen, an denen die Klägerin Hausbesuche gemacht habe, vorlägen, getankt worden sei aber nicht in dem Bereich, in dem die Hausbesuche gemacht worden seien.
96Bei den Überschreibungen in 2001 handelt es sich um die Angaben zum km-Stand bei Fahrt-Beginn und den km-Stand bei Fahrt-Ende, die vom Beginn des Fahrtenbuchs am 03.01.2001 bis 08.02.2001 im Tausender- bzw. Hunderter-Bereich korrigiert worden sind - also ist beispielsweise 25.251 am 03.01.2001 (Fahrt-Beginn) korrigiert worden in 26.151. Bei einem zeitnah geführten Fahrtenbuch kommt es zu solchen durchgehenden Korrekturen nicht, da der km-Stand vor und nach jeder Fahrt, mindestens aber morgens und abends abgelesen und notiert werden muss.
97Im Jahr 2003 bedürfen folgenden Eintragungen einer besonderen Erwähnung: Am 23.09.2003 will die Klägerin beim einem km-Stand von 9.230 km abgefahren und bei einem km-Stand von 9.212 km bei ihrem nächsten Patienten angekommen sein. Das würde bedeuten, dass der Kilometerzähler rückwärts gelaufen sein müsste. Der km-Stand von 9.212 wird in der Folge als km-Stand bei Fahrt-Beginn angegeben. Bei einer Ablesung vom Tacho am Beginn und am Ende der Fahrt kann ein derartiger Fehler nicht vorkommen. Der Fehler ist auch nicht später korrigiert worden. Der Senat schließt daraus, dass das Fahrtenbuch rein rechnerisch geführt wurde. Dies folgt für den Senat auch aus dem unten folgenden Beispiel 1, wonach zwar die Gesamtstrecke zutreffend, die Verteilung auf die Einzeltermine aber fehlerhaft frei zugeordnet erscheint.
98Stichproben hinsichtlich der Angaben zu den gefahrenen Kilometern haben ergeben, dass diese zum Teil nicht mit den in Routenplanern angegebenen Entfernungen übereinstimmen. Dem Senat ist bekannt, dass auch die Angaben in den Routenplanern der Überprüfung bedürfen und zudem sich seit den Streitjahren Veränderungen ergeben haben können, z. B. durch den Neubau von Straßen. Dennoch kommen im Streitfall zu viele solcher Differenzen zusammen. Beispielhaft seien folgende Tage und StrKn dargestellt (Straßen ohne Ortsbezeichnung solche in N):
99Beispiel 1:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
19.08.2002 | Praxis | ||||
12:00 | R | Straße 3 | 2 | 4 | |
13:00 | C | Straße 4 | 2 | 4 | |
13:30 | L | Straße 5 | 7 | 4 | |
14:00 | O | Straße 6 | 7 | 2 | |
Praxis | 4 | ||||
Summe | 18 | 18 |
Beispiel 2:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
11.06.2001 | Praxis | ||||
12:15 | K | Straße 6 | 6 | 4 | |
12:15 | P | Straße 7, W | 16 | 7 | |
12:15 | Q | Straße 8 | 7 | 4 | |
12:15 | U | Straße 9 | 6 | 3 | |
Praxis | 3 | ||||
Summe | 35 | 21 |
104
Beispiel 3:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
03.11.2003 | Praxis | ||||
12:40 | B | Straße 10 | 22 | 7 | |
13:00 | L | Straße 5 | 7 | 6 | |
13:30 | F | Weg 2 | 3 | 5 | |
13:50 | G | Straße 11 | 4 | 2 | |
14:30 | V | Weg 3 | 16 | 4 | |
Praxis | 4 | ||||
Summe | 52 | 28 |
Insbesondere aus den Beispielen 2 und 3 - und vergleichbaren Eintragungen in den Fahrtenbüchern - schließt der Senat, dass ins Fahrtenbuch als dienstlich eingetragene Fahrten private Fahrtstrecken beinhaltet haben müssen. Wären nämlich diese nicht unerheblichen Mehrkilometer - 11.06.2001: 9 km; 03.11.2003: 15 km und 12 km -betrieblich veranlasst gewesen, hätten entsprechende Eintragungen erfolgen müssen. Gerade Mehrkilometer zu Beginn und/oder zum Ende der Hausbesuche in der Mittagszeit (Beispiel 3) können nach Überzeugung des Senats Privatfahrten z. B. vom Vorabend oder frühen Morgen oder Umwegfahrten zu Einkaufszwecken (Beispiel 2) zum Anlass gehabt haben. Gleiches ergibt sich aus zwei weiteren Beispielen aus dem Jahr 2001:
107Beispiel 4:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
08.01.2001 | Praxis | ||||
Ohne Angaben | J | Straße 12, X | 13 | 7 | |
K | Straße 6 | 12 | 10 | ||
M | Straße 13, W | 22 | 8 | ||
Praxis | 10 | ||||
Summe | 47 | 35 |
110
Beispiel 5:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
09.01.2001 | Praxis | ||||
12:50 | Y | Straße 14 | 7 | 2 | |
Praxis | 2 | ||||
19:00 | N | Straße 15, W | 20 | 7 | |
Praxis | 7 | ||||
Summe | 27 | 18 |
Beispiel 6:
Datum | Zeit | Patient | Adresse | km lt. Kläger | km lt. Map24 |
24.06.2002 | Praxis | ||||
12:30 | C | Straße 4 | 4 | 1 | |
13:00 | Z | Straße 16, W | 14 | 9 | |
14:00 | V | Weg 3 | 15 | 9 | |
Praxis | 4 | ||||
19:00 | Patient 1 | Straße 17, A | 16 | 5 | |
Praxis | 5 | ||||
Summe | 49 | 33 |
Im Beispiel 5 und 6 sind zusätzliche Fehler festzustellen: Die Rückfahrten von den Hausbesuchen am Ende der Mittagszeit und am Abend sind nicht ausgewiesen - ein Fehler, der sich in allen Fahrtenbüchern fast regelmäßig findet. Die Adresse des Patienten N ist fälschlich mit "Eptl." eingetragen.
115Die Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, sie wisse nicht genau, wo sie herfahre, wenn sie ihre Patienten besuche, weil ihr der Besuch beim Patienten wichtiger sei als die Fahrtstrecke, wertet der Senat als Schutzbehauptung. Sie ist nicht geeignet, diese Differenzen auch nur annähernd zu erklären. Nach der Topografie der Region ihrer Hausbesuche sind Alternativrouten entweder nicht feststellbar oder nicht sinnvoll. Der Senat glaubt jedenfalls nicht, dass die Klägerin unnötige Fahrzeitverlängerungen für die Hausbesuche durch gedanken- und wahlloses Benutzen von Neben- und Querstraßen in Kauf genommen hätte. Sie selbst hat auf gelegentlich auf ihren Termindruck hingewiesen.
116Auch eine Verprobung über die Ausgangsrechnungen führt zu keinem für die Klägerin günstigen Ergebnis. Denn nur auf einer kleineren Anzahl von Rechnungen sind Hausbesuche unter der Kennziffer 9.1 ausgewiesen und abgerechnet worden. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Klägerin auch Hausbesuche macht, die sie nicht gesondert abrechnet. Die Klägerin hat dies damit erklärt, dass die Abrechnungen der Hausbesuche von der Vereinbarung mit dem jeweiligen Patienten abhänge, der die Rechnungen stets direkt an sie bezahle. Es ist dem Senat damit aber nicht möglich, die im Fahrtenbuch angegebenen Fahrten (Hausbesuche) anhand der Rechnungen zu überprüfen.
117Soweit sich die Kläger auf das Urteil des Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 14.04.2010 (12 K 12047/09, EFG 2010, 1306) berufen, ist darauf hinzuweisen, dass handschriftlich geführte Aufzeichnungen in geschlossener Form vorlagen, in denen neben dem jeweiligen Datum Ortsangaben und gelegentlich Namen von Kunden oder Angaben zum Zweck der Fahrt sowie der Kilometerstand des Fahrzeugs nach Beendigung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer enthalten waren. Dieses Fahrtenbuch wurde lediglich um eine nachträglich per Computer gefertigte Aufstellung aus dem zeitnah geführten Tageskalender ergänzt. Diese Kombination hielt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg "noch" für ausreichend, um es ordnungsgemäßes Fahrtenbuch anzuerkennen, insbesondere da es eine nachträgliche Manipulation für ausgeschlossen hielt. Gerade darin unterscheidet sich der hier zu entscheidende Streitfall. Es fehlen hier die Grundaufzeichnungen der Klägerin, die sie zeitnah und in geschlossener Form zu erstellen hatte, so dass bei der Erstellung der Fahrtenbücher durch den Kläger Manipulationen jederzeit möglich waren.
1182.2.2 Da kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt, ist die 1%-Regelung ist anzuwenden.
119Selbst wenn mehrere Kraftfahrzeuge zu einem Betriebsvermögen gehören, ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann fahrzeugbezogen, also mehrfach anzuwenden, wenn in tatsächlicher Hinsicht feststeht, dass ausschließlich eine Person die Fahrzeuge auch privat genutzt hat (vgl. BFH, Urteil vom 09.03.2010 VIII R 24/08, BStBl II 2010, 903). Das gilt dann erst recht, wenn lediglich ein Fahrzeug im Betriebsvermögen ist.
120Die sog. 1%-Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist grundsätzlich nur dann nicht anwendbar, wenn nachgewiesen wird, dass eine Privatnutzung des Kraftfahrzeugs ausscheidet (vgl. BFH, Urteile vom 13.02.2003 X R 23/01, BStBl II 2003, 472; vom 13.04.2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300). An den Nachweis fehlender Privatnutzung sind strenge Anforderungen zu stellen. Es bedarf zwar grundsätzlich nicht des vollen Gegenbeweises, es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. BFH, Beschluss vom 13.04.2005 VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300). Nach der Rechtsprechung des BFH wird der Anscheinsbeweis aber "nicht durch den Vortrag der Klägerin entkräftet, wonach für Privatfahrten Privatfahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten" (vgl. BFH, Beschluss vom 13.04.2005, a. a. O. unter Hinweis auf BFH, Beschluss vom 14.05.1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330). In dem Beschluss vom 27.10.2005 (VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292) hat der BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entschieden, dass es keiner weiteren Klärung bedürfe, dass das Vorhandensein eines Zweitwagens ausschließe, dass nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweis eine Privatnutzung für erwiesen gehalten werden könne. Auch im Beschluss vom 11.07.2005 hat der BFH, jetzt durch den 10. Senat (X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801), lediglich folgendes ausgeführt: "Das FG hat indes erkannt, angesichts der im Streitfall für die Privatnutzung sprechenden Gesichtspunkte wird der Anscheinsbeweis nicht durch den Vortrag des Klägers entkräftet, wonach für Privatfahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten." (BFH, Beschluss vom 11.07.2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801). Mit Urteil vom 15.03.2007 hat der 6. Senat des BFH entschieden, dass auch die formelle Vereinbarung eines Nutzungsverbots und das Vorhandenseins eines Zweitwagens nicht ausschlössen, dass nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises eine Privatnutzung für erwiesen gehalten werden könne. Weiter heißt es dort: "Im Streitfall kommt hinzu, dass die Klägerin ihrem Arbeitnehmer zwar schriftlich aufgegeben hatte, das Fahrzeug nur geschäftlich zu nutzen, ihn aber mit dem entsprechenden Schreiben zugleich zum Führen eines Fahrtenbuchs verpflichtet hatte. Auf dieser von der Klägerin selbst vorgegebenen besonderen Tatsachengrundlage konnte das FG im Rahmen seiner insoweit umfassenden Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis gelangen, dass angesichts des für den Opel nicht vorgelegten und des für den VW jedenfalls lückenhaften Fahrtenbuchs der für eine private Nutzung sprechende Anscheinsbeweis weder entkräftet noch erschüttert war." (BFH, Urteil vom 15.03.2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302).
121Dem gegenüber hat der VIII. Senat BFH mit Urteil vom 19.05.2009 (VIII R 60/06, BFH/NV 2009, 1974) entschieden, dass der allgemeine Erfahrungssatz, dass ein Dienstfahrzeug auch privat genutzt wird, grundsätzlich auch dann gilt, wenn ein Privatfahrzeug zwar zur Verfügung steht, dem Dienstfahrzeug aber weder im Status noch Gebrauch etwa vergleichbar ist; allerdings sei unter diesen Umständen der für die Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis um so leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfielen. Denn bei Gleichwertigkeit der Fahrzeuge sei keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für Privatfahrten das Dienstfahrzeug zu nutzen. Im Streitfall fehle es für die Würdigung des FG, das private Fahrzeug des Gesellschafters A sei dem betrieblichen Fahrzeug in seinem Gebrauchswert nicht evident gleichwertig, an entsprechenden tatsächlichen Feststellungen. Insbesondere hätte das FG dem Vortrag der Klägerin, der private Pkw sei dem Dienstfahrzeug in Leistung und Ausstattung sogar überlegen gewesen, in tatsächlicher Hinsicht nachgehen müssen. Der BFH hat das Urteil aufgehoben und an das FG zurückverwiesen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. Dabei hat der BFH dem FG auch aufgegeben, Feststellungen dazu nachzuholen, ob die Behauptung der Klägerin zutreffe, dass eine Benutzung des Privatfahrzeugs durch Familienangehörige des Gesellschafters A in den Streitjahren nicht in Betracht gekommen sei.
122Mit Urteil vom 06.05.2009 hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2 K 442/02, EFG 2009, 2011), auf das sich die Klägerin u. a. beruft, entschieden, dass für einen Porsche 911 einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Annahme der privaten Nutzung durch den verheirateten GbR-Gesellschafter mit minderjährigen Kindern ausscheide, wenn diese im Privatvermögen nachweislich ein gleichwertiger Porsche 928 und ein in etwa vergleichbarer Volvo zur Verfügung stehe. Die Revision ist anhängig beim BFH unter dem Az. VIII R 42/09. Der Fall unterscheidet sich vom Streitfall aber dadurch, dass es ausschließlich um die Frage des privaten Nutzungsanteils ging und die Anwendung der 1%-Regelung in dem vom Finanzgericht Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall nicht in Betracht gekommen ist. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt sah die Vermutung der Privatnutzung des betrieblichen Pkw Porsche 911 als erschüttert an, "denn nach Auffassung des Senats wäre das Halten der beiden (etwa vergleichbaren) privaten Fahrzeuge wirtschaftlich völlig unvernünftig, wenn die Kläger stattdessen das betriebliche Fahrzeug für private Zwecke genutzt hätten". Die beiden vom BFH entschiedenen Fälle (BFH, Beschluss vom 13.04.2005 VI B 59/04 und vom 11.07.2005 X B 11/05) unterschieden sich vom Finanzgericht Sachsen-Anhalt zu entscheidenden Sachverhalt deutlich.
123Möglicherweise könnte nach der Auffassung des VIII. Senats des BFH (a. a. O.) und des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt (a. a. O.) also bei der Gleichwertigkeit von privatem und betrieblichem Fahrzeug der Anscheinsbeweis der Privatnutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs grundsätzlich erschüttert sein; vgl. dazu auch die Anmerkung zum Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 06.05.2009, a. a. O.
124Der erkennende Senat sieht den Anscheinsbeweis nicht als erschüttert an, wenn sich im Privatvermögen noch ein oder gar mehrere gleichwertige Kraftfahrzeuge befinden. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, dass das Auto zwischen betrieblicher und privater Fahrt gewechselt wird. Vielmehr werden betriebliche Fahrten mit privaten Fahrten verbunden, genauso wie private Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug möglicherweise auch im Einzelfall dazu genutzt werden, um betriebliche Dinge zu erledigen. Genau deswegen werden Fahrtenbücher geführt, um so den Privatanteil korrekt zu ermitteln. Jedenfalls in Fällen, in denen - wie im Streitfall - kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt, bleibt es deswegen bei der Anwendung der 1%-Regelung, auch wenn sich noch ein oder gar mehrere gleichwertige Kraftfahrzeuge im Privatvermögen befinden. Im Übrigen geht der Senat - wie dargelegt - von einer Privatnutzung des streitbefangenen Fahrzeugs aus.
1253. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
126Die Revision war nicht zuzulassen. Dem Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (2 K 442/02, EFG 2009, 2011) liegt, wie oben ausgeführt, ein anderer Sachverhalt zugrunde. Eine Abweichung vom Urteil des VIII. Senats vom 19.05.2009 (VIII R 60/06, BFH/NV 2009, 1974) liegt nicht vor. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.