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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die Kindergeldfestsetzung für das Kind S für den Zeitraum Mai 2004 bis September 2007.
3Der Kläger ist der Vater des Kindes S, geb. 14.6.1988, das seit dem 12.11.2005 in seinem Haushalt gemeldet ist und unstreitig seit dem Januar 2006 dort auch lebt. Mit Bescheid vom 3.1.2007 wurde das am 3.5.2006 beantragte Kindergeld in Höhe von 77 Euro ab Mai 2004 festgesetzt. Die Beklagte begründete die hälftige Festsetzung des Kindergeldes damit, dass die Kindesmutter, Frau E, in Polen lebt und dort als arbeitslos gemeldet war (Bl. 29 d. Kdg-Akte). Ausweislich der Bescheinigung der Stadt T vom 21.3.2006 erhielt das Kind, dort als in T gemeldet bezeichnet, in der Zeit vom 1.5.2004 bis 21.3.2006 weder Familien- noch Pflegeleistungen der dortigen Einrichtung.
4Der Kläger bezog in 2004 Sozialhilfe, ab Januar 2005 ALG II/Sozialgeld, festgesetzt und ausgezahlt vom Integrationscenter für Arbeit G. Ausweislich des Bescheides vom 30.8.2004 (Bl. 58 d. Kdg-Akte) erhielt er Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Regelsatzes von 237 Euro. Ab dem 8.11.2004 wurde er der GAFÖG zugewiesen. Dafür erhielt er in den ersten drei Monaten monatlich eine Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von 200 Euro und ab dem vierten Monat ab 250 Euro pro Monat. Die Maßnahme war auf sechs Monate befristet, mit einer Verlängerungsmöglichkeit auf neun Monate.
5Das Kind ist seit dem 21.6.2006 in Deutschland arbeitslos gemeldet (Bl. 71 d. Kdg-Akte). Sie nahm vom 11.12.2006 bis 7.2.2007 an einem Integrationskurs mit Alphabetisierung teil (Bl. 83 d. Kdg-Akte). Weitere Fördermaßnahmen erfolgten in der Zeit vom 21.2.2007 bis 4.6.2007 und 30.7.2007 bis 24.8.2007 (Bl. 111 d. Kdg-Akte).
6Am 23.10.2006 meldete der Integrationscenter für Arbeit G einen Erstattungsanspruch gem. § 104 SGB X bei der Beklagten an, da es für den Kläger Leistungen ohne Anrechnung von Kindergeld leiste. Ausweislich des Telefonvermerks vom 3.1.2007 (Bl. 84 d. Kdg-Akte Rückseite) leistete er für den Kläger vom Januar 2005 bis Januar 2007 Sozialleistungen ohne Anrechnung von Kindergeld. Im Bescheid vom 3.1.2007 hat die Beklagte deshalb für diesen Zeitraum den Kindergeldanspruch in Höhe von 1.925 Euro gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt festgestellt. Dem Kläger wurde im Bescheid vom 3.1.2007 eine Nachzahlung in Höhe von 616 Euro für die Monate Mai 2004 bis Dezember 2004 angekündigt.
7Am 15.1.2007 teilte die beklagte Behörde dem Kläger mit, dass für das Kind ab Februar 2007 Kindergeld festgesetzt werde. Der Kläger wurde in diesem Schreiben über seine Mitwirkungspflichten unterrichtet. Dieses Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Hinsichtlich der Höhe des Kindergeldes waren keine Angaben gemacht worden.
8Der Kläger hatte am 12.1.2007 gegen den Bescheid vom 3.1.2007 Einspruch eingelegt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass Kindergeld in voller Höhe festzusetzen sei, da das Kind keinerlei Leistungen im Ausland erhalte. Dies sei auch dann der Fall, wenn es einen Antrag gestellt hätte.
9Am 26.2.2007 ging bei der Beklagten das ausgefüllte Formular E 411 ein. Dort war in Tz. 6.2 angekreuzt, dass in der Zeit vom 1.5.2004 bis zum Ausstellungsdatum (23.8. 2006) die Kindesmutter keinen Antrag gestellt hat.
10Durch Entscheidung vom 30.8.2007 wies die Beklagte den Einspruch auf Festsetzung von Kindergeld in voller Höhe im Streitzeitraum als unbegründet zurück. Diese Entscheidung ist am 30.8.2007 zur Post aufgegeben worden (Bl. 104 d. Kdg-Akte). Aufgrund der Arbeitslosigkeit beider Elternteile des Kindes seien die Regelungen der Art. 76 bis 79 VO EWG 1408/71 und des Art. 10 DVO EWG 574/72 nicht anwendbar. Die Anspruchskonkurrenz zwischen dem deutschen Anspruch des Klägers und dem Anspruch der Kindesmutter in Polen sei deshalb nach der Auffangregelung des Art. 12 VO i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DVO zu lösen. Gemäß Art. 7 DVO seien Leistungen, die nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedsstaaten gegenseitig gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen werden könnten, durch die Zahl der zu kürzenden Leistungen zu teilen. Da § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG für das deutsche Kindergeld Familienleistungen aufgrund der Kindergeldberechtigung der Kindesmutter in Polen ausschließe, sei nach Art. 7 Abs. 1 DVO das deutsche Kindergeld zwar zu zahlen, aber nur zur Hälfte. Aufgrund der Leistungen des Trägers von Sozialleistungen seien gemäß § 74 Abs. 2 EStG die Vorschriften der §§ 103 Abs. 1 SGB X und § 104 SGB X anzuwenden. Die Beklagte ist den Sozialleistungsträgern für den Zeitraum Januar 2005 bis Januar 2007 erstattungspflichtig. Gemäß § 107 Abs. 1 SGB X gelte der Anspruch deshalb insoweit auch gegenüber dem Kindergeldberechtigten als erfüllt.
11Der Kläger hat am 28.9.2007 Klage eingereicht und gleichzeitig Prozesskostenhilfe beantragt. Er verweist darauf, dass er für sein leibliches Kind S rückwirkend ab Mai 2004 Kindergeld beantragt habe. Dieses wohne seit Januar 2006 bei ihm in Deutschland. Der Kläger sei deutscher Staatsangehöriger und habe Anspruch auf Kindergeld in voller Höhe. Die Tochter habe auch in der Zeit des Aufenthalts in Polen kein Kindergeld beantragt. Die Bezugnahme auf § 65 EStG sei deshalb nicht richtig. Hiergegen spreche auch der dauerhafte Aufenthalt des Kindes in Deutschland.
12Der Kläger beantragt sinngemäß,
13unter Aufhebung des Kindergeldbescheides vom 3.1.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.8.2007 dem Kläger Kindergeld in voller Höhe für das Kind S ab Mai 2004 festzusetzen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass die polnische Familienleistung für das Kind nicht gezahlt werde, da die Kindesmutter in Polen keinen Antrag gestellt habe.
17Die Beklagte hat durch Bescheid vom 15.10.2007 die Kindergeldfestsetzung für das Kind ab November 2007 aufgrund fehlender Mitwirkung aufgehoben.
18Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
22Die Klage ist unbegründet, da der Senat für den Streitzeitraum nicht zweifelsfrei feststellen kann, dass in Polen kein Kindergeldanspruch der Kindesmutter besteht. Diese Zweifel gehen aufgrund der erhöhten Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 2 AO zu Lasten des Klägers.
23Im vorliegenden Fall ist lediglich streitig, ob dem Kläger volles Kindergeld oder nur hälftiges Kindergeld zu gewähren ist. Dieser Streit hat sich nicht durch das Schreiben vom 15.1.2007 erledigt, in dem die Beklagte Kindergeld ab Februar 2007 ohne betragsmäßige Begrenzung festsetzt. Insoweit liegt zwar aus Sicht des Senats ein Kindergeldfestsetzungsbescheid vor, der aber erkennbar nur deklaratorisch festlegt, dass hier ab Februar 2007 Kindergeld festgesetzt wird. Er ändert schon vom Wortlaut her nicht den angegriffenen Kindergeldfestsetzungsbescheid vom 3.1.2007. Vielmehr dient dieser Bescheid dem Zweck, den Kläger auf die umfangreichen Mitwirkungspflichten hinzuweisen. Ein solcher Hinweis ist im Kindergeldbescheid vom 3.1.2007 gerade nicht enthalten.
25Nicht streitig ist im vorliegenden Fall die Abrechnung von Kindergeld für die Monate Januar 2005 bis Januar 2007. Zum einen wird dies im schriftlichen Verfahren nicht ausdrücklich beantragt. Zum anderen ist der Antrag des Klägervertreters, der beantragt, "Kindergeld in voller Höhe (...) zuzusprechen" dahingehend zu verstehen, dass hier allein die Festsetzung von Kindergeld streitig ist. Eine Klage gegen die erfolgte Abrechnung von Kindergeld hätte aus Sicht des Senats auch keine Aussicht auf Erfolg, da aufgrund der vorliegenden Akten dem Kläger Arbeitslosengeld II/Sozialgeld, also Leistungen der Grundsicherung für die Zeit von Januar 2005 bis Januar 2007 in Höhe von 1.925 Euro ohne Anrechnung von Kindergeld gewährt worden sind und das Kind im Haushalt des Klägers wohnte. Folglich ist die Beklagte gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X erstattungspflichtig. Der Kindergeldanspruch gegen die Beklagte gilt gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Diese Vorschriften des SGB X sind gemäß § 74 Abs. 2 EStG entsprechend anzuwenden (vgl. weiterführend: BFH-Urteil vom 17.4.2008 III R 33/05, BStBl II 2009, 919, Tz. 12 im juris-Ausdruck).
26Der Streitzeitraum umfasst im vorliegenden Fall die Monate Mai 2004, wie vom Kläger beantragt, bis zum September 2007, den Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO. Der Senat schließt sich insoweit der herrschenden Rechtsprechung an, die davon ausgeht, dass der Streitzeitraum eines Bescheides, durch den die Kindergeldfestsetzung für die Zukunft abgelehnt wird, auf die Regelung des Anspruchs für den Monat, in dem der Bescheid bekannt gegeben wird, beschränkt ist. Dieser Regelungsgehalt wird für den Fall, dass Einspruch eingelegt wird, bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung verlängert, weil die Sach- und Rechtslage im Vorverfahren gemäß § 367 Abs. 2 AO umfassend geprüft wird. Der durch die Klage gemäß § 44 Abs. 2 FGO dann angegriffene Bescheid ist der Kindergeldfestsetzungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.2001 - VI R 164/98, BStBl II 2002, 88; FG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2007, 10 K 5107/05 Kg, EFG 2007, 600; Hess. FG, Urteil vom 23.05.2007, 3 K 3143/06; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.07.2009, 10 K 10434/06 B, EFG 2010, 63 mwN.). Da im vorliegenden Fall die Einspruchsentscheidung am 30.8.2007 zur Post gegeben worden ist, gilt sie gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO als nach drei Tagen, also im September 2007, bekannt gegeben. Dieser Monat September 2007 begrenzt folglich den hier zu berücksichtigenden Streitzeitraum. Soweit der Kläger darüber hinaus Kindergeld festgesetzt verlangt, hat er einen Kindergeldantrag ab Oktober 2007 zu stellen.
28Der Anspruch auf Zahlung von Kindergeld in voller Höhe ergibt sich aus den §§ 62ff. EStG, die im vorliegenden Fall - wie vom Beklagten zu Recht angenommen - nicht von europarechtlichen Vorschriften verdrängt werden.
30Ein Anspruch des Klägers auf Festsetzung von Kindergeld aufgrund der EG-VO 1408/71 liegt nicht vor, da der Beklagte zu Recht davon ausgeht, dass weder der Kläger noch die Kindesmutter Arbeitnehmer i.S.d. Art. 76 und 79 Abs. 3 EG-VO 1408/71 oder Art. 10 EG-DVO 574/72 sind. Dahinstehen kann, ob die erfolgte Bewilligung von Kindergeld in hälftiger Höhe aufgrund der analogen Anwendung von Art. 12 Abs. 2 EG-VO 1408/71 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 EG-DVO 574/72 möglich ist, da die hälftige Kindergeldfestsetzung, wie gezeigt, nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob ein solcher Anspruch auf Gewährung von hälftigem Kindergeld überhaupt Gegenstand des Festsetzungsverfahrens oder nicht doch Gegenstand eines separaten Billigkeitsverfahrens ist.
31Ein Kindergeldanspruch des Klägers für seine Tochter S scheitert daran, dass hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG zum Tragen kommt. Hiernach ist ein ansonsten aufgrund der Vorschriften des EStG gegebener Kindergeldanspruch dann ausgeschlossen, wenn für dieses Kind Leistungen im Ausland gewährt werden, die dem Kindergeld vergleichbar sind. Dies ist auch der Fall, wenn diese Leistungen einer anderen Person, zu der das Kind in einem Kindschaftsverhältnis i.S.d. § 63 Abs. 1 EStG steht, gewährt werden oder bei Antragstellung zu gewähren waren (vgl. nur Weber-Grellet in Schmidt, § 65 EStG, Rz. 1 mwN.).
33Gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter S. Unstreitig hat der Kläger seinen Wohnsitz im Streitzeitraum im Inland. Die Tochter, Kind i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG, hat im Streitzeitraum seinen Wohnsitz in einem Land der EU, da Polen seit dem 01.05.2004 Mitglied der EU ist.
34Kindergeld ist für das Kind für den Zeitraum Mai 2004 bis Juni 2006 gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen, da die Tochter erst am 14.6.2006 das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Berücksichtigung darüber hinaus bis zum September 2007 erfolgt aufgrund der Arbeitslosmeldung gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG am 21.6.2006. Fördermaßnahmen bis einschließlich August 2007 lassen den Schluss zu, dass sich das Kind tatsächlich um Arbeit bemüht hat. Für den Monat September 2007 wird dies zugunsten des Klägers unterstellt. Hiervon geht auch die Beklagte aus, die erst ab November 2007 die Kindergeldfestsetzung durch Bescheid vom 15.10.2007 aufgehoben hat.
35Der Kläger ist auch im Streitzeitraum der einzige Kindergeldberechtigte i.S.d. § 62 EStG, da die Kindesmutter ausweislich der Akten keinen Wohnsitz im Inland unterhält und auch ansonsten nicht den Regelungen des § 62 EStG unterfällt. Eine Anspruchskonkurrenz i.S.d. § 64 EStG liegt folglich nicht vor.
36Die Kindergeldfestsetzung ist im vorliegenden Fall allerdings gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Zweifel hinsichtlich des Anspruchs auf Kindergeld der in Polen lebenden Kindesmutter, bei der ein Kindschaftsverhältnis gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegt, gehen zu Lasten des Klägers. Zugunsten des Klägers geht allerdings der Senat davon aus, dass dieser selbst keinen Anspruch auf Kindergeld in Polen hat.
37Der Senat kann mangels genauer Kenntnisse des polnischen Kindergeldrechts nicht zweifelsfrei ausschließen, dass die Kindesmutter im Streitzeitraum in Polen einen Anspruch auf Kindergeld für die Tochter S gehabt hätte, wenn sie einen Kindergeldantrag gestellt hätte. Das vorgelegte Formular E 411 ist nicht aussagekräftig, da auf diese Frage dort nicht eingegangen wird. Weitere Unterlagen sind, obwohl angefordert, nicht eingereicht worden.
38Soweit der Senat im Folgenden auf Vorschriften des polnischen Kindergeldrechts eingeht, rührt diese Kenntnis aus einem Urteil des FG Düsseldorf vom 16.4.2010 (3 K 1401/09 Kg, EFG 2010, 1140) her.
39Nach Art. 6 Abs. 1 des in Polen für die Gewährung von Kindergeld maßgeblichen Gesetzes über Familienleistungen vom 28.11.2003 (auch: polnisches Kindergeldgesetz) wird Kindergeld bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne weitere Voraussetzung gewährt, bei Fortsetzung der Schulausbildung auch darüber hinaus bis zum 21. Lebensjahr.
40Voraussetzung für den Bezug von Kindergeld in Polen ist darüber hinaus immer, dass das Einkommen der Eltern bzw. des Kindes die in Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes über Familienleistungen festgelegten Einkommenshöchstgrenzen nicht überschreitet. Dabei sind jedoch nicht Bruttobezüge anzusetzen. Vielmehr ergeben sich die Beträge aus der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 dieses polnischen Gesetzes. Der Senat kann mangels weiterer Angaben der Klägerseite nicht ausschließen, dass diese Grenzen, deren Höhe dem Senat nicht bekannt ist, unterschritten werden.
41Die Regelungen des polnischen Kindergeldrechts wie auch die Höhe der hier relevanten Einkommensgrenzen sind von der Klägerseite aufgrund der erhöhten Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 2 AO beizubringen, da schließlich ein Auslandssachverhalt vorliegt. Dies ist Folge der fehlenden Möglichkeiten des Senats, in Polen selbst zu ermitteln (vgl. in Bezug auf die Auswirkungen des § 90 Abs. 2 AO nur Seer in Tipke/Kruse, § 90 AO, Rz. 20 mwN.).
42Zugunsten des Klägers nimmt der Senat an, dass dieser die relevanten Einkommensgrenzen des polnischen Kindergeldrechts überschreitet. Dies ergibt sich daraus, dass die deutschen Sozialleistungen in der Regel höher sind übliche Einkommen in Polen im Streitzeitraum.
43Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung ist nämlich davon auszugehen, dass Arbeitslosengeld II als Sozialleistung und damit steuerfreie Einnahme als Einkommen zu verstehen ist (zuletzt FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.7.2009, 10 K 10434/06 B, EFG 2010, 63, mwN., NZB nach Rücknahme der Beschwerde eingestellt durch BFH-Beschluss vom 28.9.2009 III B 138/09; FG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.2008, 10 K 1462/07 Kg, EFG 2008, 695; vgl. auch Wüllenkemper, Anmerkung zum Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 11.06.2008, 5 K 2208/07, EFG 2009, 194). In den dort genannten Verfahren führte diese Rechtsprechung dazu, dass die Grenzen des Art. 5 Abs. 1 des polnischen Kindergeldgesetzes überschritten worden sind. Dies rechtfertigt es auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das Einkommen des Klägers diese Grenzen überschreitet.
44Daneben ist aber separat das Einkommen der Kindesmutter zu beachten. Diese ist nicht mit dem Kläger verheiratet, so dass es auf dessen Einkommen nicht ankommen kann. Unklar ist, ob Unterhaltszahlungen des Klägers, soweit sie überhaupt vorliegen, zum Einkommensbegriff des Art. 5 Abs. 1 des polnischen Kindergeldgesetzes zählen. Auch insoweit gehen die vorhanden Zweifel des Senats zu Lasten des Klägers.
45Das Einkommen der Kindesmutter ist unbekannt, weshalb hier zu Lasten der Klägerseite davon auszugehen ist, dass ihr insoweit grundsätzlich polnisches Kindergeld zustand. Ausweislich der vorgelegten Unterlage (Bl. 29 d. Kdg-Akte) war die Kindesmutter in Polen arbeitslos gemeldet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sie nur ein sehr geringes Einkommen hatte, was nicht ausreichte, die für den Kindergeldbezug relevanten Einkommensgrenzen zu überschreiten.
46Der Senat geht im vorliegenden Fall zu Lasten des Klägers davon aus, dass die Kindesmutter im gesamten Streitzeitraum Anspruch auf polnisches Kindergeld gehabt hätte. Für die Monate Mai 2004 bis Oktober 2005 ergibt sich dies schon daraus, dass das Kind in diesem Zeitraum bei der Kindesmutter gelebt hat.
47Ein Anspruch der Kindesmutter könnte daneben noch bis März 2006 vorliegen, da bis dahin eine Meldung des Kindes in Polen vorliegt. Wie die Haushaltsaufnahme im Haushalt des Klägers nach polnischem Kindergeldrecht zu werten ist, kann nicht beurteilt werden. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes im Juni 2006 kann nicht ausgeschlossen werden, dass insoweit das polnische Kindergeldrecht ähnlich dem deutschen Kindergeldrecht eine Regelung des § 65 EStG kennt bzw. nicht auf den Wohnort des Kindes abstellt. Für den Zeitraum von Juli 2006 bis September 2007 kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kindesmutter nach polnischem Kindergeldrecht einen Anspruch geltend machen kann, da sich das Kind - zumindest teilweise - in Weiterbildungsmaßnahmen befunden hat.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
49Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.