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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2Zu entscheiden ist, ob eine ohne Unterschrift eingereichte Klage wirksam erhoben wurde.
3Der in E wohnende Kläger wird mit seiner Ehefrau gemäß §§ 26, 26 b Einkommensteuergesetz (EStG) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist seit 2001 als sog. Leiharbeitnehmer bei der Firma I (im Folgenden: Arbeitgeber) in C beschäftigt, die ihn laut Arbeitsvertrag als Kranfahrer/Produktionshelfer für Einsatzorte im Nah- und Fernbereich sowie im Ausland eingestellt hat.
4Im Streitjahr 2007 war der Kläger an insgesamt 201 Tagen auf einer mit eigenem Pkw angefahrenen Baustelle in F, G Straße eingesetzt. Die verkehrsgünstigste Fahrstrecke zwischen der Wohnung und der Baustelle beträgt 70 Kilometer.
5In der Einkommensteuererklärung für 2007 erklärten der Kläger und seine Ehefrau für Fahrten zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten des Klägers Werbungskosten in Höhe von EUR 8.442,- (201 Tage x einfache Entfernung 70 km x 2 x EUR 0,30). Der Beklagte erkannte lediglich Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von EUR 3.860,- an.
6Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten, eines Lohnsteuerhilfevereins, vom 9.12.2009, das am gleichen Tag per Fax beim Beklagten und am 16.12.2009 beim Finanzgericht (FG) einging, erhob der Kläger Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 17.11.2009. Das vom Faxgerät der Prozessbevollmächtigten versandte Schreiben ist nicht unterschrieben und trägt stattdessen ohne Angabe des Verfassers lediglich den Vermerk "Dieses Schreiben ist maschinell erstellt worden und somit nicht unterschrieben".
7Auf einen mit der Eingangsbestätigung am 18.12.2009 erteilten Hinweis des Berichterstatters auf die fehlende Unterschrift und § 64 Finanzgerichtsordnung (FGO) reagierte die Prozessbevollmächtigte nicht mehr.
8Der Kläger vertritt unter Hinweis auf Urteile des FG Hamburg vom 21.11.2000 II 137/00, EFG 2001, 302 und des FG Düsseldorf vom 9.7.2009 16 K 572/09 E, EFG 2009, 1769 die Auffassung, seine mit Computer-Fax erhobene Klage sei ohne Unterschrift zulässig.
9In der Sache begehrt er, die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten wie erklärt zu berücksichtigen, da bei ihm als Leiharbeitnehmer unabhängig von der Dauer der Beschäftigung in F eine Einsatzwechseltätigkeit vorliege. Er habe unter Anwendung des erweiterten Direktionsrechts seines Arbeitgebers ständig damit rechnen müssen, an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden.
10Der Kläger beantragt,
11unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2007 vom 2.2.2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17.11.2009 Aufwendungen für die Fahrten nach F in Höhe von EUR 8.442,- als Werbungskosten zu berücksichtigen,
12hilfsweise die Revision zuzulassen.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen,
15hilfsweise die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte meint, die Klage sei unzulässig. Dem Vorbringen hinsichtlich der Einsatzwechseltätigkeit und der Berücksichtigung der Fahrtkosten ist er nicht mehr entgegengetreten.
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.
18Die Klage ist unzulässig.
19Nach § 64 Abs. 1 FGO ist die Klage bei dem Gericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Zur Schriftform gehört die eigenhändige Unterschrift des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten. Sie soll gewährleisten, dass der Unterzeichner des Schriftsatzes bestimmbar ist und dass der Schriftsatz mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist und es sich nicht nur um einen Entwurf handelt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26.3.1991 VIII B 83/90, BStBl II 1991, 463).
20Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5.11.1973 GrS 2/72, BStBl II 1974, 242 sind Verfahrensvorschriften jedoch im Zweifel so auszulegen, dass sie
21--wenn irgend vertretbar-- eine Entscheidung der materiellen Rechtsfrage ermöglichen. Der BFH hat daher in mehreren Urteilen entschieden, dass dem Sinn und Zweck des § 64 Abs. 1 FGO auch in anderer Weise entsprochen werden kann, als durch eine eigenhändige Unterzeichnung des maßgebenden Schriftsatzes durch dessen Verfasser (BFH-Urteil vom 3.10.1986 III R 207/81, BStBl II 1987, 131). Es muss allerdings feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BFH-Urteil vom 28.9.1995 IV R 76/94, BFH/NV 1996, 332; BFH-Beschluss vom 31.3.2000 VII B 87/99, BFH/NV 2000, 1224).
22Danach werden im Rahmen des Prozessrechtes Ausnahmen zugelassen, sofern die Übermittlung des Schriftsatzes durch ein Medium geschieht, bei dem das bei Gericht eingehende Schriftstück aus technischen Gründen eine Originalunterschrift des Absenders nicht tragen kann. Die Rechtsprechung aller Gerichtszweige hat dementsprechend die Übermittlung bestimmender Schriftsätze durch Telegramm, durch Fernschreiben, durch Telefax und zuletzt auch durch PC-Fax für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise im Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe -GmS OGB- vom 5.4.2000, GmS OGB 1/98, BGHZ 144, 160) für zulässig erklärt.
23Von dem Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift hat die Rechtsprechung auch abgesehen, wenn der Schriftsatz --wie z.B. beim Computer-Fax, bei dem der bestimmende Schriftsatz direkt aus dem Computer an ein Faxgerät gesendet wird-- durch moderne Medien übermittelt wird, bei denen eine eigenhändige Unterzeichnung nicht möglich ist, und sich aus dem eingehenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit den ihn begleitenden Umständen die Urheberschaft (die Person des Erklärenden) und der Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen und dem Gericht zuzuleiten, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste (so z.B. BFH-Beschluss vom 11.11.1997 VII B 108/97, BFH/NV 1998, 604 m.w.N.; Urteil des FG Hamburg in EFG 2001, 302).
24Im Streitfall sind selbst unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze die Voraussetzungen des § 64 FGO nicht erfüllt.
25Zwar ergibt sich aus dem Absender des Telefax (Prozessbevollmächtigte des Klägers) und dessen durch das System aufgedruckter Faxnummer, dass der durch Computer-Fax übermittelte Schriftsatz vom 9.12.2009 aus dem Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers stammt. Auch hat der Senat nach dem Inhalt des Schreibens und dem ausdrücklichen Zusatz, dass das Schreiben maschinell erstellt worden und nicht unterschrieben sei, keine Zweifel, dass das Schreiben zwecks Klageerhebung gefertigt wurde.
26Jedoch fehlt jegliche Angabe zum Verfasser des bestimmenden Schriftsatzes. Anders als in o.g. Entscheidungen des BFH in BFH/NV 1998, 604 und des FG Hamburg in EFG 2001, 302 sowie im vom Kläger angeführten Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2009, 1769, das eine per E-Mail übermittelte Klage betrifft, liegt im Streitfall keine mit derselben oder einer anderen Schrifttype maschinenschriftlich "geschriebene" und später ausgedruckte Unterschrift eines Vertreters der Prozessbevollmächtigten vor.
27Durch diese fehlende Angabe des Verfassernamens kann der Senat ohne weitere Nachforschungen bzw. Beweiserhebung nicht einmal feststellen, welche Person den Schriftsatz gefertigt und versandt hat. Damit steht aber auch nicht zweifelsfrei fest, dass der Schriftsatz von einem vertretungsberechtigten Organ bzw. Mitarbeiter der Prozessbevollmächtigten stammt und mit dessen Willen in den Rechtsverkehr gelangt ist.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1FGO.
29Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.