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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Streitig ist die Versteuerung der Umsätze aus der Vermietung von 32 Garagen, insbesondere die Unternehmereigenschaft der Grundstücksgemeinschaft.
3Frau A erwarb im Jahr 1976 in B, C Str. ..., ... und ..., D Str. ..., ... und ... sowie E str. ... und ... einen 64/100.000 Anteil an den Grundstücksflächen Flur ... Flurstücke ..., ..., ..., ..., ... und ..., später bezeichnet als Flur ... Flurstücke ..., ... und .... Weiterhin erwarb Frau A Sondereigentum an den, auf der mit der Nummer ... bezeichneten Fläche im Aufteilungsplan seinerzeit befindlichen 12 Garagen (vgl. Grundbuchauszug vom 16.02.2004; Grundbuch von J Blatt ...).
4In der Teilungserklärung vom 00.00.1972 wird unter Punkt 21. „Einstellplätze und zusätzliche Garagen" ausgeführt:
5„Die im Aufteilungsplan durch rote Umrandung gekennzeichneten Flächen stehen zur alleinigen Nutzung und Benutzung dem jeweiligen Eigentümer des auf der Grundstücksfläche befindlichen Miteigentums an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen gemäß den Nrn. des Aufteilungsplanes ..., ..., ... und ... (Garagenhöfe) zu.
6Dem jeweiligen Eigentümer der vorerwähnten Miteigentumsanteile Nrn. ..., ..., ... und ... des Aufteilungsplans wird das Recht eingeräumt, auf dem im Rahmen dieser Sondernutzungsregelung entstehenden Freiflächen Einstellplätze für Fahrzeuge aller Art zu errichten oder zu unterhalten, auch weitere Garagen zu errichten, die mit ihrer Fertigstellung dem entsprechenden Miteigentumsanteil des hier berechtigten jeweiligen Eigentümers zugeteilt werden."
7Mit Notarvertrag vom 00.00.1985 (UR.-Nr. ...; Notar F) übertrug Frau A an ihre Tochter, Frau G (später: ... bzw. ...), unter anderem das Eigentum an dem vorgenannten 64/100.000 Miteigentumsanteil sowie den 12 Garagen.
8„c) Grundbuch des Amtsgerichtes B von J, Blatt ...,
964/100.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur ... Nr. ..., ... und ..., verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichneten Garagen"
10Gemäß Absatz III. dieses Vertrages räumte Frau G ihrer Mutter Frau A an dem übertragenen Grundbesitz ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchrecht ein.
11In den Jahren 2002/2003 bis 2004 errichteten Frau A und Frau G neben den bereits bestehenden 12 Garagen weitere 20 Garagen auf dem Garagenhof mit der Aufteilungsnummer ...
12Mit Notarvertrag vom 00.00.2012 (UR.-Nr. ...; Notar F) vereinbarten Frau A und Frau G die Abänderung des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchrechts dahingehend, dass dieses nur noch in Höhe einer Quote von 80 % besteht.
13Für die Streitjahre 2013 bis 2019 reichte die Klägerin für die Vermietungseinkünfte jeweils Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung beim Beklagten ein. Als Rechtsform gab sie in den Jahren 2013 bis 2017 jeweils „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ und anschließend die Rechtsform „Gemeinschaft“ an. Empfangsbevollmächtigte war jeweils Frau A. Umsatzsteuererklärungen wurden nicht abgegeben.
14Am 16.11.2020 teilte die H ...versicherungs-AG der Klägerin, vertreten durch Frau A, im Rahmen einer „Information zur Prämienanpassung Ihrer Wohngebäude-Versicherung“ mit, dass sich ein Anpassungsbedarf auf die derzeit aktuellen Prämien ergeben habe und sich die Versicherungsprämie zur nächsten Hauptfälligkeit ändere.
15Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2013 bis 2019 stellte der Prüfer in seinem Bericht vom 08.12.2020 fest, dass Frau A und Frau G als Gemeinschafter jeweils einen ideellen Anteil in Höhe der jeweiligen prozentualen Beteiligung am Gesamten hielten und daher konkludent eine Gesamthandsgemeinschaft vorliege. Die umsatzsteuerliche Konsequenz sei die Unternehmereigenschaft der Gesamthand i.S.v. § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
16Frau A sei bis zum Jahre 1985 Eigentümerin einer Grundstücksfläche in der E str. in B sowie den sich darauf befindlichen 12 Garagen gewesen. Mit Notarvertrag vom 00.00.1985 habe sie, unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts, dieses Eigentum an Frau G, ihre Tochter, verschenkt. In 2003 bis 2004 seien 20 weitere Garagen auf dem Grundstück errichtet worden. Die Fruchtziehung dieser Garagen habe ebenfalls dem Nießbrauchrecht unterlegen. Mit Notarvertrag vom 00.00.2012 hätten beide Parteien eine Reduzierung des Nießbrauchrechts auf 80% vereinbart. Demnach stünden Frau G nun 20% der Einnahmen aus ihrem Eigentum zu. Eine explizite Zuordnung der Garagen und Stellplätze sei nicht vorgenommen worden. Vielmehr habe Frau A ihre Mieter informiert, dass sie sich entschlossen habe, ihre Tochter, Frau G, in die Vermietung der Garagen und Stellplätze einzubeziehen. Ab dem 01.01.2013 seien die Mieter aufgefordert worden, die Miete auf ein neues Konto zu entrichten Der Kontoinhaber sei mit „A/G“ (Kontonr. ... bei der ...bank I) angegeben worden. In sämtlichen Mietverträgen, die nach diesem Stichtag abgeschlossen worden seien, seien als Vermieter „A/G“ aufgeführt.
17Vor diesem Hintergrund liege mangels Miteigentum von Frau A und Frau G an dem Grundstück oder den Garagen bzw. Stellplätzen keine Bruchteilsgemeinschaft vor. Beide Gemeinschafter erfüllten unabhängig voneinander die Voraussetzungen eines leistenden Unternehmers i.S.d. § 2 UStG, die der Umsatzsteueranwendungserlass nach Abschn. 2.1 Abs. 3 in den Sätzen 1 - 3 fordere. Leistender Unternehmer sei derjenige, der dem Leistungsempfänger gegenüber als Schuldner der Leistung auftrete. Der leistende Unternehmer sei in der Regel aus den zivilrechtlich abgeschlossenen Vereinbarungen ersichtlich. Frau A und Frau G träten in den Mietverträgen gemeinsam als leistende Unternehmer auf. Das auf beide Gemeinschafter laufende Mietkonto bestätige die Annahme, dass der jeweilige andere Gemeinschafter von der Verfügungsmacht der gesamten Einnahmen nicht ausgeschlossen sei. Eine Aufteilung der Garagen auf die Gemeinschafter sei bisher ebenfalls nicht erfolgt. Stünden (mehrere) Garagen leer, würden, mangels einer Zuteilung der einzelnen Garagen, die geminderten Einnahmen nach dem Verhältnis 80 zu 20 aufgeteilt, anstatt dass ein Gemeinschafter allein den Verlust aus einem Leerstand trage. Die schwankenden Umsätze seien im Prüfungszeitraum stets im Verhältnis 80 zu 20 aufgeteilt worden.
18Die Umsätze aus einer Vermietungstätigkeit seien steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, jedoch grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerbefreit. Die Vermietung von Garagen wiederum sei nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen.
19Seit Betriebsbeginn sei die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG in Anspruch genommen worden. Dies sei möglich, sobald die Umsätze im vorangegangenen Jahr die Grenze von 17.500 € nicht überstiegen hätten und im laufenden Jahr die Grenze von 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen würden. Habe der Gesamtumsatz im Vorjahr die Grenze von 17.500 € überschritten, sei die Steuer zwingend für das darauffolgende Kalenderjahr zu erheben. Dies gelte auch dann, wenn der Gesamtumsatz in dem darauffolgenden Kalenderjahr voraussichtlich die Grenze von 17.500 € nicht überschreiten werde (vgl. 19.1 Abs. 3 UStAE und Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 18.10.2007 - V B 164/06).
20Demnach seien die Gesamtumsätze in die Prüfung der Grenzüberschreitung von 17.500 € im Vorjahr einzubeziehen. Aufgrund des Prüfungszeitraums 2013 bis 2019 sei das Steuerjahr 2012 maßgebend (vgl. § 19 Abs.1 UStG). Gemäß der eingereichten Anlage V für das Jahr 2012 habe der Gesamtumsatz bei ... € gelegen, so dass in der Folge nach § 19 Abs. 1 UStG spätestens zum 01.01.2013 zur Regelbesteuerung zu wechseln gewesen sei.
21Mieteinnahmen brutto |
Mieteinnahmen netto |
Umsatzsteuer |
|
2013 |
... € |
... € |
... € |
2014 |
... € |
... € |
... € |
2015 |
... € |
... € |
... € |
2016 |
... € |
... € |
... € |
2017 |
... € |
... € |
... € |
2018 |
... € |
... € |
... € |
2019 |
... € |
... € |
... € |
Der Beklagte machte sich die Prüfungsfeststellungen zu eigen und setzte die Umsatzsteuer -unter Berücksichtigung der von der Klägerin mit Schreiben vom 29.01.2021 mitgeteilten Vorsteuerbeträge- mit Bescheiden vom 24.02.2021 gegenüber der A/G Grundstücksgemeinschaft wie folgt fest:
23Jahr |
Umsatzsteuer |
2013 |
... € |
2014 |
... € |
2015 |
... € |
2016 |
... € |
2017 |
... € |
2018 |
... € |
2019 |
... € |
Die Bescheide enthielten die Nebenbestimmung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordung (AO) und wurden Frau A als Empfangsbevollmächtigte für die Grundstücksgemeinschaft bekannt gegeben.
25Gegen diese Umsatzsteuerbescheide erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte jeweils Einspruch und führte zur Begründung aus, dass Gründe zur Versagung des § 19 UStG nicht festzustellen seien. Die Festsetzung von Umsatzsteuer verstoße gegen geltendes Recht. Sie sei keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft. Der Betriebsprüfungsbericht sei von unzutreffenden Eigentumsverhältnissen ausgegangen. Es sei auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in den Urteilen vom 22.11.2018 - V R 65/17 sowie vom 07.05.2020 - V R 1/18 zur (fehlenden) Unternehmereigenschaft der Bruchteilsgemeinschaft hinzuweisen. Innerhalb der Eigentümergemeinschaft A/G könne nur jeder Eigentümer seinen ihm zustehenden Bruchteil als Teilhaber nutzen. Die Leistungen würden nicht durch die Innengesellschaft, sondern durch jeden einzelnen Bruchteilseigentümer erbracht.
26Mit Einspruchsentscheidung vom 28.03.2022 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Bescheide rechtmäßig seien. Nach dem Notarvertrag aus ... 2012 könne Frau G 20 v.H. des Grundstücks aus ihrem Eigentum frei nutzen. Das restliche Eigentum sei mit Nießbrauch belastet. Frau A stünden 80 v.H. zu. Dies jedoch nicht aus ihrem Eigentum, sondern aus ihrem verringerten Nießbrauchrecht. Damit folge die Fruchtziehung (Vermietung) aus unterschiedlichen Rechten. Voraussetzung für eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. § 741 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei jedoch das Vorliegen eines gemeinschaftlichen Rechts. Das Urteil des BFH vom 22.11.2018 greife daher nicht.
27Nach Abschnitt 2.1 Abs. 1 Sätze 1-3 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) sei jedes selbständig tätige Wirtschaftsgebilde Unternehmer. Das könnten neben natürlichen und juristischen Personen auch Personenzusammenschlüsse sein. Dabei komme es weder auf deren Rechtsform noch Rechtsfähigkeit an. Hierzu gehöre auch die aus Frau A und Frau G bestehende Gemeinschaft. Beide Beteiligte seien auf der Grundlage des ihnen jeweils zustehenden Eigentums- bzw. Nießbrauchrechts zur Vermietung der Garagen berechtigt und übten dieses Recht gemeinsam nach außen hin aus. Entscheidend für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft sei im Streitfall, ungeachtet der Rechtsform einer zwischen Frau A und Frau G bestehenden Gesellschaft zur Nutzungsüberlassung der von ihnen vermieteten Garagen, in welcher Weise sie nach außen hin zur Erbringung dieser Leistungen aufträten. Dieser Auftritt erfolge gemeinschaftlich und nicht in der Person jedes einzelnen Beteiligten. Aus Sicht des jeweiligen Leistungsempfängers lägen somit in der Nutzungsüberlassung der Garagen einheitliche Vermietungsleistungen vor, für die die Gegenleistungen durch Entrichtung nur eines Mietentgeltes für die jeweilige Leistung auf ein gemeinsames Konto von Mutter und Tochter erbracht würden.
28Durch eine entsprechende Information an die jeweiligen Mieter hätten beide im Übrigen selbst kundgetan, dass sie fortan gemeinsam zur Erbringung der Vermietungsleistungen aufträten. Sie hätten sich als Vermietergemeinschaft nach außen hin präsentiert. Für die Annahme von anteilig durch jeden Beteiligten erbrachten Leistungen bestehe keine Grundlage, zumal die Beteiligten für diesen Fall dann auch selbst nach außen hin jeweils im eigenen Namen zur Erbringung dieser anteiligen Leistungen gegenüber den Mietern hätten auftreten müssen.
29Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin weiter geltend, dass die Festsetzung von Umsatzsteuer gegen geltendes Recht verstoße. Gründe zur Versagung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG), vor allem im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des BFH (insbesondere im Urteil vom 22.11.2018 – V R 65/17), seien nicht festzustellen. Bei ihr -der Eigentümergemeinschaft A/G- handele es sich um eine Bruchteilsgemeinschaft, welche ausschließlich im Innenverhältnis agiere. Die Leistungen würden -mangels Rechtsfähigkeit- nicht durch diese Innengesellschaft, sondern durch jeden einzelnen Bruchteilseigentümer erbracht. Miteigentumsanteile an Bruchteilseigentum seien dem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen jedes einzelnen Miteigentümers zuzuordnen (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.05.2018 - 2 K 6/13). Alleine diese Tatsache lasse keinen anderen Schluss zu, als dass ein Unternehmer ausschließlich mit seinem Unternehmensvermögen Leistungen erbringen könne.
30Der Beklagte gehe davon aus, dass es sich im Streitfall nicht um eine Bruchteilsgemeinschaft handele, lasse jedoch die Frage offen, welche Form der Gemeinschaft vorliege. Die Gründung einer Gesamthandsgemeinschaft bedürfe konkreter vertraglicher Regelungen mit der Folge, dass Gesamthandseigentum geschaffen werde. Dies habe auch weitreichende zivil- und haftungsrechtliche Folgen und erfordere deshalb ausdrückliche Vereinbarungen. Solche seien im Streitfall nicht getroffen worden. Lediglich gemeinsames Handeln präge das Bild der Gemeinschaft. Der Betriebsprüfungsbericht führe zur Bruchteilsgemeinschaft aus, dass mehrere Personen gemeinsam Eigentümer einer unbeweglichen Sache sein könnten. Miteigentum entstehe kraft Gesetzes oder aufgrund rechtgeschäftlicher Übertragung. Dies sei durch den Verzicht auf einen Teil des Nießbrauchrechts durch Frau A der Fall. Beim unentgeltlichen Nießbrauch sei nur der Nießbrauchberechtigte Unternehmer im Sinne von § 2 UStG. Der Nießbrauchverpflichtete habe beim unentgeltlichen Nießbrauch keine Einnahmeerzielungsabsicht. Aufgrund des teilweisen Nießbrauchverzichts trete Frau G in der Rechtsposition der zivilrechtlichen Eigentümerin als Unternehmerin neben Frau A als Unternehmerin durch wirtschaftliches Eigentum. Dies sei so beabsichtigt und durch notarielle Urkunde vom 00.00.2012 vereinbart worden.
31Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Bewertung und in Bezug auf die Person des Unternehmers habe der BFH mit Urteil vom 22.11.2018 (V R 65/17) eindeutig Stellung bezogen und festgestellt, dass eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer sein könne. Es lägen vielmehr zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig erbrachte Leistungen vor. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gemeinschafter als leistende Unternehmer jeweils den Verzicht nach § 9 UStG erklären müssten. Für die Kleinunternehmergrenzen des § 19 Abs. 1 UStG komme es ebenso auf den jeweiligen Gemeinschafter an. Die Rechtsauffassung sei eindeutig und werde ausdrücklich im Urteil vom 07.05.2020 (V R 1/18) bestätigt.
32Insofern sei ein nach außen gerichtetes gemeinsames Auftreten kein Indiz für eine einheitliche und gemeinschaftliche unternehmerische Betätigung, sondern Ausfluss daraus, dass gerade in dem überschaubaren Umfang der Tätigkeit der Verwaltungsaufwand so gering wie möglich gehalten werden solle.
33Der Verzicht auf die Ausübung des Nießbrauchs durch Frau A zugunsten von Frau G erfülle zudem nicht den Missbrauchstatbestand im Sinne des § 42 AO. Ausschließlich wirtschaftliche und innerfamiliäre Gründe hätten zu dem Verzicht geführt.
34Hinsichtlich der vom Beklagten in Frage gestellten Zulässigkeit der Klage führt sie aus, dass die Benennung von Frau A in der Klageschrift vom 28.04.2022 isoliert betrachtet ggfs. unzureichend gewesen sei. Bereits mit Nachreichung der angefochtenen Einspruchsentscheidung am 04.05.2022 sei jedoch die korrekte Bezeichnung der Klägerin (Grundstücksgemeinschaft A/G) erfolgt. Dass es sich bei der Klägerbezeichnung in der Klageschrift nur um ein Versehen handeln könne, sei offensichtlich. Frau A sei auch im Einspruchsverfahren als Bevollmächtigte der Klägerin aufgetreten und habe gegen die jeweiligen Festsetzungen nicht im eigenen Namen, sondern als Bevollmächtigte für die Klägerin, Rechtsmittel eingelegt.
35Die Klägerin beantragt,
36die Bescheide über Umsatzsteuer 2013 bis 2019 vom 24.02.2021 sowie die Einspruchsentscheidung vom 28.03.2022 aufzuheben.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Zur Begründung führt er aus, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil Frau A zu deren Erhebung nicht befugt gewesen sei. Die Klage richte sich gegen die gegenüber der „A/G Grundstücksgemeinschaft“ erlassenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2019 in Gestalt der gegenüber dieser als Einspruchsführerin gerichteten Einspruchsentscheidung vom 28.03.2022. Zur Klageerhebung sei ausschließlich die Unternehmerin selbst, nicht jedoch die an ihr beteiligte Frau A befugt. Hieran ändere auch nichts, dass Frau A für diese Gemeinschaft als Bevollmächtigte aufgetreten sei. Hätte sie in dieser Eigenschaft Klage erheben wollen, hätte dies in der Weise erfolgen müssen, dass Frau A die Klage für die Grundstücksgemeinschaft erhebe. Stattdessen habe Frau A die Klage hier im eigenen Namen erhoben und damit selbst die Rolle der Klägerin eingenommen, ohne jedoch von den angefochtenen Steuerfestsetzungen unmittelbar betroffen zu sein.
40Die Klage sei auch unbegründet. Letztlich könne dahinstehen, ob zwischen der Klägerin und ihrer Tochter eine Bruchteilsgemeinschaft bestanden habe, der nach der Rechtsprechung des BFH keine Unternehmereigenschaft zukomme. Entscheidend für die umsatzsteuerliche Beurteilung, wem die hier aus der Nutzungsüberlassung der Garagen erbrachten Leistungen als Unternehmer zuzurechnen seien, sei, wer nach außen hin gegenüber den einzelnen Leistungsempfängern zur Leistungserbringung aufgetreten sei. Nach den hier getroffenen Feststellungen sei die Leistungserbringung einheitlich durch Frau A und Frau G auf der Grundlage der ihnen zustehenden Nießbrauchs- bzw. Eigentumsrechte erfolgt. Ergänzend verweist er auf die weiteren Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 28.03.2022.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
43Der Beklagte hat zu Recht die Umsätze der Grundstücksgemeinschaft A/G aus der Garagenvermietung der Besteuerung unterworfen. Diese sind mit dem Regelsteuersatz zu versteuern; die Kleinunternehmerregelung ist nicht anwendbar. Die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 2013 bis 2019 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- im Umkehrschluss).
441. Die Klage ist zulässig. Es ist unschädlich, dass aus der Klageschrift nicht ausdrücklich hervorgeht, dass Frau A die Klage nicht in eigenem Namen, sondern als Bevollmächtigte für die Klägerin -die Grundstücksgemeinschaft A/G- erhoben hat, denn diese Angaben können durch Auslegung ermittelt werden.
45Zu den Mindestanforderungen, die bereits bis zum Ablauf der Klagefrist vorliegen müssen, damit die Klageschrift als fristwahrende Erhebung einer Klage gewertet werden kann, gehört zunächst die Bezeichnung des Klägers bzw. der Kläger, § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dies schließt jedoch nicht aus, dass eine nicht eindeutige Bezeichnung des Klägers entsprechend den für Willenserklärungen geltenden Grundsätzen vom Gericht und von der Revisionsinstanz (Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 24.01.1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 335) ausgelegt werden kann. Bei dieser -nach der Verständnismöglichkeit des Empfängers- vorzunehmenden Auslegung sind zur Bestimmung des in der Rechtsbehelfsschrift genannten Klägers alle dem Gericht und dem Beklagten bekannten oder vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 14.11.1986 - III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178 und vom 25.09.1985 - IV R 180/83, BFH/NV 1986, 171, m.w.N.). Wenn die Klage, wie im Streitfall, unmittelbar bei Gericht angebracht wird, kann es dabei nicht darauf ankommen, ob ein zur Auslegung heranzuziehendes Aktenstück dem Gericht schon bekannt war. Vielmehr sind bei der Auslegung der Klageschrift auch diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu berücksichtigen, die nur für den Beklagten als einem der beiden Adressaten der Klage bereits zum Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift erkennbar waren (BFH Urteil vom 12.05.1989 - III R 132/85, BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846, unter Hinweis auf das unveröffentlichte Senatsurteil vom 12.04.1984 - IV R 209/83).
46Legt man die Klageschrift vom 28.04.2022 nach diesen Rechtsgrundsätzen aus, dann folgt für den Streitfall, dass die Klage für den Beklagten nur dahingehend verstanden werden konnte, dass sich Frau A, Beteiligte der „Grundstücksgemeinschaft A/G“, als Bevollmächtigte gegen die Einspruchsentscheidung vom 28.03.2022 wendet. Dies war für den Beklagten insbesondere auch deshalb erkennbar, weil Frau A bereits im Einspruchsverfahren als Bevollmächtigte der Grundstücksgemeinschaft aufgetreten ist und die angefochtene Einspruchsentscheidung im Rubrum ebenfalls die „A/G Grundstücksgemeinschaft vertreten durch Frau A als Bevollmächtigte“ aufführt.
47Da die innerhalb der Klagefrist eingegangene Klage aufgrund dieser Auslegung den Mindestanforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO entspricht und eine Verwechslung in der Person der Klägerin ausgeschlossen war, konnte eine Vervollständigung und Konkretisierung auch noch mit den nachfolgenden Schriftsätzen geschehen. Dass Frau A die Klage nicht in eigenem Namen, sondern als Bevollmächtigte für die Grundstücksgemeinschaft erhoben hat, hat der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 04.05.2022 auch gegenüber dem Gericht klargestellt.
48Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 FGO handeln für (nichtrechtsfähige) Personenvereinigungen, die nach dem bürgerlichen Recht dazu befugten Personen. Als Bevollmächtigte war Frau A daher klagebefugt.
492. Zu Recht hat der Beklagte die Klägerin als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuerrechts beurteilt und die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) versagt. Die Voraussetzungen für die Nichterhebung nach § 19 Abs. 1 UStG liegen nicht vor. Mangels Festsetzungsverjährung war der Beklagte auch zum Erlass der Umsatzsteuerbescheide berechtigt.
502.1. Der Umsatzsteuer unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 ABl EG Nr. L 347/1 vom 11. Dezember 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) bestimmt, dass als „Steuerpflichtiger“ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.
51Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) umfasst diese weite Definition auch Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeiten, die objektiv die Kriterien dieser Bestimmung erfüllen (Urteile vom 29.09.2015 - C-276/14, Gmina Wroclaw, Mehrwertsteuer-Recht -MwStR- 2015, 926, ECLI:EU:C:2015:635, Rn 28; und vom 12.10.2016 - C-340/15, Nigl u.a., MwStR 2016, 905, ECLI:EU:C:2016:764, Rn 27).
52Wer die wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausgeübt hat, richtet sich danach, wer die Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt und ob er das mit der Ausübung der Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt (vgl. zuletzt BFH Beschluss vom 28.08.2023 - V B 44/22, BFHE 282, 67).
53§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist nicht auf bestimmte Rechtsformen festgelegt. Neben natürlichen und juristischen Personen kommen auch Personenzusammenschlüsse als Unternehmer in Betracht. So erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig (nur) dann als selbständiger Unternehmer Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts (vgl. § 432 des Bürgerlichen Gesetzbuches) gegenübersteht (BFH Urteil vom 16.08.2001 - V R 67/00, BFH/NV 2002, 223).
54Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist (BFH Urteile vom 20.10.2016 - V R 33/14, BFH/NV 2017, 325 und vom 24.04.2013 - XI R 7/11, BStBl II 2013, 648 sowie EuGH Urteil vom 20.06.2013 - C-653/11, Paul Newey, Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst -DStRE- 2014, 32, ECLI:EU:C:2013:409, Rn 43). Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt jedoch entscheidend davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (Urteile des BFH vom 27.09.2018 - V R 9/17, BFH/NV 2019, 127 sowie vom 04.02.2015 - XI R 14/14, BStBl II 2015, 908 jeweils m.w.N.; vgl. Beschluss des BGH vom 05.05.2022 - 1 StR 475/21, UR 2022, 794).
552.2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze sind im Streitfall die Vermietungsleistungen nach Würdigung der Gesamtumstände der Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts -GbR- zuzurechnen.
56Eine GbR entsteht gemäß § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB- durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, durch den sich die Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Ein solcher Gesellschaftsvertrag kann formfrei und auch stillschweigend abgeschlossen werden. Das Bewusstsein, eine GbR zu gründen, ist nicht erforderlich (vgl. Sprau in: Grüneberg, BGB, 82. Auflage, § 705 Rz 11). Die Durchführung von Projekten nicht nur untergeordneter Bedeutung auf gemeinsame Rechnung gestattet in aller Regel den Schluss, dass die Parteien konkludent eine GbR gegründet haben (vgl. Schäfer in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch -MünchKomm-, 9. Auflage, § 705 Rz 25).
57Die langfristige gemeinsame Vermietung begründet eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen und ist deshalb als unternehmerische Betätigung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG zu qualifizieren (vgl. BFH Urteile vom 16.03.1993 - XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562 und vom 07.11.1991 - V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269 sowie Art. 9 Abs. 1 S. 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -MwStSystRL-).
58Im Streitfall verfolgten Frau A und Frau G unter Einsatz des gemeinschaftlichen Gegenstandes (hier: Garagenhof) gleichgerichtete Zwecke, die über das bloße Halten und Verwalten des Gegenstandes hinausgehen, nämlich in Gestalt der auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit, so dass ihr Zusammenschluss als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu begreifen ist, die nach außen unternehmerisch tätig geworden ist und welcher ihre Gesellschafter deren anteiliges Sondereigentum bzw. anteiligen Nießbrauch als gesellschaftsrechtlichen Beitrag zur Verfügung stellen.
59Bei Frau A und Frau G bestand deren eigenen Angaben zufolge bei Abänderung des Nießbrauchrechts (Reduzierung auf 80 %) im Notarvertrag vom 00.00.2012 die Absicht, die 32 Garagen bzw. Stellplätze gemeinsam und langfristig zu vermieten. Dies haben sie auch bereits zuvor in Informationsschreiben (vom 00.00.2012) gegenüber den bisherigen Mietern der Stellplätze und Garagen kundgetan, worin Frau A ausführte, dass sie nunmehr ihre Tochter, Frau G, in die Nutzung der Vermietung der Garagen einbezieht. Zumindest konkludent haben sie durch diese nach außen dokumentierte gemeinsame Absicht einen Vertrag über die Bildung einer GbR mit dem Gesellschaftszweck, aus der Vermietung der Garagen und Stellplätze Mieteinnahmen zu erzielen, abgeschlossen.
60Zur Erreichung dieses Zwecks stellten Frau A und Frau G ihre anteiligen Nutzungsrechte der GbR als Gesellschafterbeiträge zur Verfügung. Frau A war insoweit aus ihrem anteiligen Nießbrauch i.H.v. 80 % nutzungsberechtigt. Ihre Tochter Frau G erhielt ihre Berechtigung aus ihrem anteiligen Miteigentumsanteil bzw. Sondernutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Garagenhof. Nicht erforderlich war hierbei insbesondere, dass der Garagenhof Gesamthandseigentum der GbR geworden ist, also die GbR insoweit ins Grundbuch hätte eingetragen werden müssen (nur in diesem Fall wäre eine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages erforderlich gewesen). Die Gesellschafter haben zwar die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB). Sind jedoch Sachen beizutragen, so müssen diese nicht zwingend in das gemeinschaftliche Eigentum (Gesamthandseigentum) übergehen (arg. § 706 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die bloße Überlassung zur Nutzung ist insoweit ausreichend (Stadie in: Stadie, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG, Rz 159).
61Die Klägerin ist fortan unter der Bezeichnung „A/G“ ... als Unternehmerin im Rechtsverkehr aufgetreten.
62Sie hat sich in den vorliegenden Mietverträgen, welche nach 2013 abgeschlossen wurden, gegenüber den Mietern als Leistungserbringerin benannt und die streitigen Vermietungsleistungen auch tatsächlich erbracht. Im Rahmen der Anfang 2013 bereits bestehenden Mieterverhältnisse erklärte Frau A, dass die Vermietung der Garagen und Stellplätze ab 2013 nunmehr gemeinsam mit ihrer Tochter erfolgt. Ein Hinweis darauf, dass die Klägerin nicht im eigenen Namen und/oder für fremde Rechnung handelte, findet sich in den Vertragsdokumenten an keiner Stelle. Auch die Kündigung von Mietverhältnissen ab 2013 erfolgte dementsprechend durch die Klägerin.
63Die Klägerin trat jedoch nicht nur gegenüber den Vertragspartnern, sondern mehrfach auch gegenüber Dritten im eigenen Namen nach außen hin auf. Laut den vorliegenden Unterlagen unterhielt die Klägerin ein eigenes Konto bei der ...bank I, auf welches sämtliche Mieter ab 2013 die vereinbarte Miete zu leisten hatten. Darüber hinaus schloss die Klägerin, vertreten durch Frau A, einen Wohngebäude-Versicherungsvertrag mit der H-...versicherungs AG ab.
64Hierin fügt sich zuletzt auch widerspruchsfrei ein, dass der Bevollmächtigte der Klägerin im Rahmen der beim Beklagten eingereichten Feststellungserklärungen für 2013 bis 2017 als Rechtsform der Klägerin „GbR“ angegeben hat.
65Gründe, die eine wirtschaftlich abweichende Verortung der Leistungsbeziehungen nahelegen, sind im Streitfall nicht erkennbar. Frau A hat im vorgelegten Schriftverkehr vielmehr stets deutlich gemacht, dass sie -in eigenem Namen- lediglich als Bevollmächtigte bzw. Verwalterin der Klägerin tätig geworden ist, vgl. § 714 BGB. Es entsprach daher ersichtlich dem Willen von Frau A und Frau G die Vermietungsleistungen im Außenverhältnis tatsächlich allein zwischen der Klägerin und den jeweiligen Mietern abzuwickeln. Auch aus Sicht der jeweiligen Mieter als Leistungsempfänger lagen in der Nutzungsüberlassung der jeweiligen Garagen einheitliche Vermietungsleistungen von Frau A und Frau G vor, für die die Gegenleistungen durch Entrichtung nur eines Mietentgeltes auf ein gemeinsames Konto von Mutter und Tochter erbracht wurden. Der Klägerin sind daher die Umsätze aus den Vermietungsleistungen umsatzsteuerlich zuzurechnen.
66Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass auf das Innenverhältnis, also hinsichtlich der Nutzungsberechtigung von Frau A und Frau G an den streitgegenständlichen Garagen und Stellplätzen, die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft, §§ 741 ff. BGB, entsprechend anwendbar sein könnten.
67Ein ideeller Miteigentumsanteil (vgl. gesetzlicher Fall des § 1066 BGB) oder ein ideeller Bruchteil davon kann mit einem Nießbrauch belastet werden, ferner kann vom Alleineigentümer auch ein ideeller Bruchteil des ganzen Grundstücks (sog. Bruchteilsnießbrauch - vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., Anhang zu § 44 Rz 37 m.w.N.). Desgleichen ist allgemein anerkannt, dass ein ganzes Grundstück (nur) mit dem Bruchteil eines Nießbrauchs belastet werden kann (sog. Quotennießbrauch - vgl. Pohlmann in Münch-Komm, BGB, § 1030 Rz 96ff m.w.N.). Besitz, Verwaltung und Ertrag stehen hier Eigentümer und Nießbraucher gemeinschaftlich zu. Auf ihr Verhältnis sind die §§ 743, 744, 745 Abs. 2 BGB zumindest entsprechend anwendbar, da die Nutzungsbefugnis aus Eigentum und diejenige aus Nießbrauch eine gemeinschaftliche Berechtigung zu Sachnutzung begründet (Pohlmann a.a.O. Rz 99).
68Die Rechtsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB als sog. Bruchteilsgemeinschaft ist jedoch nichts anderes als die zufällige Berechtigung mehrerer an einem gemeinsamen Gegenstand (vgl. Sprau in: Grüneberg, BGB a.a.O., § 741 Rz 4ff). Es fehlt -anders als im Streitfall- jeder Bezug zu einem gemeinsamen Zweck und Tätigkeit. Das Gemeinschaftsverhältnis besteht und erschöpft sich in der gemeinschaftlichen Innehabung eines Rechts und den daraus folgenden Rechten und Pflichten. Die Bruchteilsgemeinschaft kann nicht Partner von Schuldverhältnissen sein und folglich weder Leistungen erbringen noch empfangen. Die Gemeinschaft als solche kann deshalb nicht Unternehmer sein, da sie mangels der Fähigkeit, Partner von entgeltlichen Verträgen zu sein, keine Umsätze erbringen kann.
69Im Streitfall hingegen sind Frau A und Frau G als GbR aufgrund eines gemeinsamen Zwecks nachhaltig im Rechtsverkehr gegenüber den Vertragspartnern, Dritten und nicht zuletzt gegenüber dem Beklagten aufgetreten (s.o.), so dass sie gerade nicht aufgrund der bloßen Tatsache der gemeinsamen Berechtigung in einem Gemeinschaftsverhältnis stehen. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist daher der Streitfall nicht mit dem Sachverhalt, welcher dem Urteil des BFH vom 22.11.2018 (V R 65/17, UR 2019, 179) zugrunde lag, vergleichbar. Gleiches gilt für den Beschluss des BFH vom 28.08.2023 (V B 44/22, BFHE 282, 67), in welchem ebenfalls jegliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fehlten.
702.3. Im Streitfall liegen auch keine steuerbefreiten Vermietungsumsätze vor. Die streitgegenständlichen Umsätze sind vielmehr dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.
71Die Umsätze aus einer Vermietungstätigkeit sind grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerbefreit. Die Vermietung von Garagen wiederum ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG von der Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen.
72Nach den Angaben des Klägerbevollmächtigten liegt im Streitfall keine gleichzeitige Vermietung von Wohnungen durch die Klägerin vor, so dass die streitgegenständliche Garagen- bzw. Stellplatzvermietung keine Nebenleistung zu einer steuerfreien Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG darstellt, die ebenfalls steuerfrei wäre.
73Die Vermietungsumsätze unterliegen dem Regelsteuersatz, § 12 Abs. 1 UStG.
742.4. Der Beklagte hat auch im Ergebnis zu Recht die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) verneint. Die Voraussetzungen für die Nichterhebung nach § 19 Abs. 1 UStG a.F. liegen nicht vor.
75Gemäß § 19 Abs. 1 UStG a.F. wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, für Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der Gesamtumsatz des Vorjahres 17.500 € nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die Vorschrift regelt nicht, wie bei Neugründungen von Unternehmen zu verfahren ist. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung findet jedoch die den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres betreffende Grenze (hier 50.000 € gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F.) in Kalenderjahren, in denen der Unternehmer sein Unternehmen beginnt, keine Anwendung. In diesen Fällen ist auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres, also des Erstjahres, abzustellen, der 17.500 € nicht überschreiten darf (st. Rspr. BFH Urteil vom 22.11.1984 - V R 170/83, BFHE 142, 316, BStBl II 1985, 142; sowie BFH Beschlüsse vom 18.10.2007 - V B 164/06, BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263 und vom 02.04.2009 - V B 15/08, BFH/NV 2009, 1284).
76Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
77Die Klägerin hat infolge des notariell beurkundeten (anteiligen) Nießbrauchverzichts von Frau A und der entsprechenden Mitteilung der (nunmehr gemeinschaftlichen) Vermietung an die Mieter ab Januar 2013 ihre unternehmerische Tätigkeit aufgenommen. Anhaltspunkte dafür, dass sie bereits im Jahr 2012 unternehmerisch tätig geworden ist, also beispielsweise Vorbereitungshandlungen getätigt hat -insbesondere Leistungsbezüge, die sie zum Vorsteuerabzug berechtigen (vgl. BFH Urteile vom 06.05.1993 - V R 45/88, BFHE 171, 138, BStBl II 1993, 564; vom 04.05.1994 - XI R 106/92, BFH/NV 1995, 76 und vom 12.05.1993 - XI R 68/90, BFH/NV 1994, 131)- sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.
78Abzustellen ist daher auf den (zu erwartenden) Umsatz für das Streitjahr 2013. Nachdem die Klägerin die zuvor von Frau A allein erbrachten Vermietungsleistungen unverändert fortgeführt hat, musste sie bereits Anfang 2013 davon ausgehen, dass der Umsatz aus den erbrachten Vermietungsleistungen die maßgebliche Umsatzgrenze überschreiten wird, da diese Grenze bereits im Vorjahr überschritten wurde. Die unzutreffende Auffassung der Klägerin hinsichtlich ihrer Berechtigung zur Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ist insoweit unerheblich.
79Auch in den folgenden Streitjahren 2014 bis 2019 haben die Umsätze der Klägerin jeweils die Umsatzgrenze von 17.500 € -wie zu erwarten war- überschritten.
80Hinsichtlich der Höhe der Umsätze wurden keine Einwendungen vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich.
812.5. Ob die Klägerin für die vom Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29.01.2021 gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Beträge tatsächlich vorsteuerabzugsberechtigt i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist, braucht das Gericht nicht zu entscheiden, da die Klägerin durch den zugelassenen Abzug jedenfalls nicht beschwert ist. Eine Verböserung durch das Gericht scheidet aufgrund des Verbots der reformatio in peius („Verböserungsverbot“) aus (vgl. dazu aus jüngster Zeit BFH Urteil vom 08.11.2023 - II R 20/21, BFH/NV 2024, 287, m.w.N.).
823. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
834. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO lagen nicht vor.