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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf ... EUR festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung von Versicherungsteuer aufgrund nicht eingelöster Prämienrückschecks zusteht. Konkret geht es darum, ob für die Steuererstattung gemäß § 9 Abs. 1 VersStG die Ausgabe bzw. Versendung der Schecks an die Versicherungsnehmer ausreichend oder ob darüber hinaus auch die Einlösung der Schecks erforderlich ist.
3Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen und bietet Schaden- und Unfallversicherungen an. Sie meldet monatlich Versicherung- und Feuerschutzsteuer im Rahmen der Sollversteuerung an. Im Rahmen einer bei der Klägerin zwischen November 2014 und Dezember 2016 durchgeführten Versicherungsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2014 wurde u.a. festgestellt, dass die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2014 Versicherungsnehmern Prämienrückzahlungsschecks ausgestellt hatte, mit denen unverdiente Versicherungsprämien (inklusive Versicherungsteuer) erstattet werden sollten. Hintergrund der Prämienrückgewähr war typischerweise die vorzeitige Beendigung eines Versicherungsverhältnisses oder ein Herabsenken der Versicherungssumme (wegen Korrektur des eingeschätzten Versicherungsrisikos).
4Bei der Klägerin wurden die zu erstattenden Versicherungsprämien mit Ausstellung der Prämienrückzahlungsschecks auf dem Vertragsbestandskonto der jeweiligen Versicherungsnehmer ausgebucht. Gleichzeitig wurden bei der Klägerin entsprechende Verbindlichkeiten (Versicherungsprämie zuzüglich Versicherungsteuer) eingebucht. Nach Einlösung der Verrechnungsschecks wurden die jeweiligen Verbindlichkeiten bei der Klägerin wieder ausgebucht. Im Falle der Nichteinlösung der Verrechnungsschecks nach drei Jahren wurden aufgrund der damit verbundenen Verjährung der Rückzahlungsansprüche die Verbindlichkeiten bei der Klägerin gewinnerhöhend ausgebucht. Eine versicherungsteuerrechtliche Nachversteuerung dieser erfolgswirksam ausgebuchten Verbindlichkeiten erfolgte nicht.
5Ebenfalls bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung der Verrechnungsschecks zog die Klägerin die auf die zu Gunsten der Versicherungsnehmer zu erstattende Versiche-rungsprämie entfallende Versicherungsteuer im Rahmen der jeweiligen Steueran-meldung von der angemeldeten Versicherungsteuer ab.
6Eine Dokumentation derjenigen Versicherungsnehmer, deren seitens der Klägerin im Prüfungszeitraum ausgestellte Prämienrückschecks nicht eingelöst worden sind, liegt nicht vor. Auch sonst konnte im Rahmen der Außenprüfung der Gesamtbetrag der Versicherungsteuer, die von der Klägerin bei den Versicherungsteueranmeldungen im Prüfungszeitraum in Abzug gebracht wurde und auf von der Klägerin ausgestellte, von den Versicherungsnehmern jedoch nicht eingelöste Prämienrückzahlungsschecks entfällt, mangels entsprechender Unterlagen nicht ermittelt werden. Seitens der Außenprüfung wurde daher der Umfang der Versicherungsteuer, die auf im Prüfungszeitraum von der Klägerin ausgestellte, aber nicht eingelöste Prämienrückzahlungsschecks entfällt, auf Grundlage der Verrechnungsschecks, die im Prüfungszeitraum durch die Klägerin nach Ablauf von drei Jahren seit Scheckausstellung erfolgswirksam ausgebucht worden sind, wie folgt geschätzt (vgl. Tz. II. 5. des Prüfungsberichtes vom 27. Dezember 2016, Bl. 5 der vom Beklagten geführten Verwaltungsakte -VA-):
7Jahr |
Versicherungsteuer EUR |
2010 |
... |
2011 |
... |
2012 |
... |
2013 |
... |
2014 |
... |
Summe |
... |
Der derart ermittelte Betrag der streitgegenständlichen Versicherungsteuer wegen der noch nicht eingelösten Verrechnungsschecks für zurückerstattete Versicherungsprämien ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
9Nach Ansicht der Außenprüfung hätten diese Versicherungsteuerbeträge nicht im Prüfungszeitraum in Abzug gebracht werden dürfen und seien daher nachzufordern, denn eine Erstattung von Versicherungsteuer gemäß § 9 Abs. 1 VersStG erfordere die tatsächliche Rückzahlung der unverdienten Versicherungsprämien. Die Rückzahlung sei erst bei Eintritt des Zahlungserfolgs, mithin erst bei Einlösung der Schecks gegeben.
10Im Anschluss an die seitens der Außenprüfung getroffenen Feststellungen forderte der Beklagte mit Versicherungsteuerbescheid vom 28. März 2017 (Bl. 14 der VA; Bl. 31 der Gerichtsakte -GA-) einen Versicherungsteuerbetrag in Höhe von insgesamt ... EUR von der Klägerin nach. Hierauf entfiel ein – vorliegend streitgegenständlicher – Betrag von ... EUR auf die im Zeitraum ausgestellten, jedoch nicht eingelösten Prämienrückschecks.
11Hiergegen legte die Klägerin am 18. April 2017 (Bl. 17 der VA) Einspruch ein mit der Begründung, die tatsächliche Scheckeinlösung sei nicht Voraussetzung, um von einer Rückzahlung von Versicherungsprämien ausgehen zu können. Das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer und die in diesem Verhältnis erfolgte Behandlung der zu erstattenden Versicherungsteuer sei für die Erstattung von Versicherungsteuer zu Gunsten des Versicherers nicht maßgeblich. Im Übrigen läge bei Ausstellung von Verrechnungsschecks eine Zahlung bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Schecks, d.h. mit Postversendung vor.
12Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2021 (Bl. 3 der GA) als unbegründet zurück. Im Anschluss an das BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2015 sowie die zivilrechtliche Rechtsprechung (Verweis auf BGHZ 44, 178) sei bei Ausstellung von Verrechnungsschecks erst mit Einlösung der Schecks ein Erlöschen der Verbindlichkeit gegenüber den Versicherungsnehmern und damit eine Rückzahlung der Versicherungsprämie im Sinne von § 9 Abs. 1 VersStG gegeben. In diesem Zusammenhang sei – wie auch bei der Frage, ob ein versicherungsteuerpflichtiges Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG vorliegt – allein das Verhältnis des Versicherers zum Versicherungsnehmer maßgeblich.
13Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die Nachforderung von Versicherungsteuer aufgrund ausgestellter, jedoch noch nicht eingelöster Prä-mienrückzahlungsschecks aufzuheben, weiter, und trägt zur Begründung in Ergänzung ihres Vorbringens im Einspruchsverfahren im Wesentlichen vor: Die Hingabe eines Schecks stelle regelmäßig eine Leistung erfüllungshalber dar. Zwar werde die Schuld erst dann getilgt, wenn der Gläubiger den Scheck einlöse. Jedoch habe vorliegend die Klägerin mit der Zusendung der Schecks an die Versicherungsnehmer alles getan, wozu sie verpflichtet sei. Auch der BFH habe entschieden, dass die Hingabe eines gedeckten Schecks wie eine Barzahlung als „zugeflossen“ anzusehen sei. Für den Zeitpunkt einer Leistung bei Zahlung mittels eines Schecks komme es nach den zivilrechtlichen Grundsätzen auf die Leistungshandlung an. Dementsprechend sei mit der Hingabe eines Schecks die Leistung grundsätzlich erbracht, wenn sich der Übermittelnde seiner uneingeschränkten Verfügungsgewalt über die Scheckurkunde begeben habe (Verweis auf BFH-Urteile vom 8. November 1968, VI R 81/67, BStBl. II 1969, 76; vom 30. Oktober 1980, IV R 97/78, BStBl. II 1981, 305). Auf die Frage, inwieweit diese Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht ergangen sei, komme es vorliegend nicht an.
14Die Ansicht, dass die Zurverfügungstellung eines Surrogats als (Rück)Zahlung anzusehen sei, teile auch der BFH (Verweis auf Urteil vom 2. Juni 2005, II R 9/03), wenn er in Bezug auf die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer im Wege der Aufrechnung darauf abstelle, dass der Anspruch auf Versicherungsentgelt gemäß § 362 BGB erlösche. Im Falle der Zahlungsverpflichtung des Versicherers sei nichts Abweichendes anzunehmen, da auch in diesem Falle der Versicherer mit der Übermittlung des Schecks alles getan habe, wozu er verpflichtet sei und sodann die Verfügungsmacht über den Scheck uneingeschränkt beim Versicherungsnehmer liege. Dem stehe auch die Regelung in Art. 39 Abs. 2 ScheckG nicht entgegen. Danach dürfe der Bezogene den Scheck nur im Wege der Verrechnung einlösen und gelte die Gutschrift als Zahlung. Allerdings sei im heutigen bargeldlosen Zahlungsverkehr nahezu selbstverständlich eine Bankgutschrift mit einer Barauszahlung gleichgestellt. Darüber hinaus komme es auch scheckrechtlich für die Frage, ob eine Grundforderung (hier der Rückerstattungsanspruch der Versicherungsnehmer) rechtzeitig erfüllt worden sei, allein auf die Leistungshandlung (hier der Hingabe des Schecks aus dem Verfügungsbereich des Versicherers) und nicht auf den Leistungserfolg an.
15Würde man der Ansicht des Beklagten folgen, würde der Erstattungsanspruch der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 VersStG erst mit Einlösung der Schecks entstehen. Zahle der Versicherer, wie vorliegend erfolgt, die Versicherungsprämie inklusive Versicherungssteuer (Komplettzahlung) durch Scheck an den Versicherungsnehmer aus, trage der Versicherer das Risiko, Versicherungsteuer an die Versicherungsnehmer zu erstatten, ggf. aber keine Rückerstattung der Versicherungsteuer seitens der Finanzverwaltung zu erhalten. Es sei jedoch weder öffentlich-rechtlich denkbar noch versicherungsteuerlich veranlasst, dass ein Versicherungsunternehmen eine seitens des Versicherungsnehmers nicht geschuldete Versicherungsteuer an diesen (zurück)zahle, ohne zeitgleich eine entsprechende korrigierte Versicherungsteueranmeldung gegenüber der Finanzverwaltung vornehmen zu dürfen. Die Ansicht des Beklagten laufe darauf hinaus, dass der Fiskus letztendlich bis zum Barrückfluss der Versicherungsprämie, u.U. auf Dauer, die Versicherungsteuer für eine nicht geschuldete Prämie behalten dürfe. Dem steht jedoch entgegen, dass der Staat mit der Abwicklung des zivilrechtlichen Verhältnisses zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer nur mittelbar etwas zu tun habe.
16Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang auch, dass bei Nichteinlösung von Schecks und Ablauf der Verjährungsfrist zu Gunsten der Klägerin eine ertragsteuerliche Vereinnahmung der an sich nicht geschuldeten Versicherungsprämie erfolge. Für die Qualifizierung als Versicherungsteuer komme es allein darauf an, dass ein versicherungsteuerlich relevanter Sachverhalt verwirklicht werde, und dies sei in den vorliegenden Fällen jedenfalls in Höhe der ursprünglich berechneten und sodann korrigierten Versicherungsprämie und der darauf entfallenden Versicherungsteuer nicht der Fall.
17Die Ansicht des Beklagten führe letztendlich dazu, dass bei endgültiger Vereinnahmung nicht eingelöster Schecks durch die Klägerin es bei der unzutreffenderweise abgeführten Versicherungsteuer verbleibe und damit die ertragsteuerliche und versicherungsteuerliche Betrachtung voneinander abweichen würden. Zutreffend sei demgegenüber allein die Parallele zwischen zivilrechtlichem Rückerstattungsvorgang, der durch die Scheckübermittlung abgeschlossen sei, und dem versicherungsteuerrechtlichen Erstattungsvorgang. Ansonsten würde der Fiskus Versicherungsteuer auf eine überhöhte Prämie zu seinen Gunsten einbehalten können. Für den Fall, dass eine ursprüngliche Versicherungsprämie – aus welchen Gründen auch immer – zu hoch berechnet und demgemäß die anfallende Versicherungsteuer ebenfalls zu hoch einbehalten und abgeführt worden sei, solle es nach Ansicht des Beklagten bei der Erhebung von Versicherungsteuer bleiben, soweit der Versicherungsnehmer einen ihm zustehenden Rückforderungsanspruch gegen den Versicherer durch Einlösung des Schecks nicht geltend mache. Die Frage der Rückgewähr betreffe jedoch ausschließlich das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Bei einer Prämienrückerstattung handele es sich in Höhe der überzahlten Prämien nicht mehr um ein Versicherungsentgelt. Die Rückzahlung eines ursprünglich überhöhten Versicherungsentgelts sei ein Erstattungsbetrag, der mit dem Thema Risikoübernahme und Versicherung nichts mehr zu tun habe. Würde ein Versicherungsteueranspruch bestehen (bleiben), obwohl es an einer Risikoübernahme und einem Anspruch auf Versicherungsentgelt mangele, sei dies materiell nicht gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund könne der Umstand, dass ein Vertragspartner einen ihm zur Verfügung gestellten Scheck nicht einlöse, nicht dazu führen, dass eine Steuer auf eine (ursprünglich zu hoch bemessene) Prämie definitiv werde und damit ohne die rechtlich und steuerrechtlich wirksame Basis ein Versicherungsteueranspruch begründet werden könne.
18Der Gesetzgeber habe die Schwäche des Wortlauts von § 9 Abs. 1 VersStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung erkannt und mit dem Versicherungsteuermodernisierungsgesetz 2020 den Wortlaut dahingehend abgeändert, dass nunmehr für eine Erstattung von Versicherungsteuer maßgeblich sein soll, dass das „Versicherungsentgelt gezahlt worden ist“. Daraus lasse sich erkennen, dass ein (Rück)Zahlungsvorgang stattgefunden haben müsse, ehe die Steuer über die Verrechnung im Rahmen der Steueranmeldung erstattet werden könne. Unabhängig davon, dass damit keine Änderung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt eine Rückerstattung als bewirkt angesehen werden könne, verbunden sei, verdeutliche dies die Zweifel an der vom Beklagten vertretenen Rechtsansicht. Der Gesetzgeber selbst zweifele nach bisherigem Recht daran, dass der Fiskus eine Steuer behalten dürfe, für deren Erhebung kein Rechtsgrund bestehe. Inwieweit dieses Dilemma durch ein deutliches Abstellen auf einen abgeschlossenen Zahlungsvorgang im Sinne eines Zahlungserfolges aufgelöst werden könne, könne dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Neuformulierung des Gesetzes nicht auf den Streitfall rückwirkend anwendbar sei.
19Die Klägerin beantragt sinngemäß,
20den Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2014 vom 28. März 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2021 dahingehend abzuändern, dass der Steuernachforderungsbetrag um die auf nicht eingelöste Prämienschecks entfallende Versicherungsteuer in Höhe von ... € vermindert wird,
21hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung führt der Beklagte im Anschluss an die Einspruchsentscheidung aus, dass auf die bloße Hingabe von Verrechnungsschecks gestützte Steuererstattungen zu Unrecht geltend gemacht worden seien und die entsprechende Versicherungsteuer mit dem angegriffenen Versicherungsteuerbescheid zu Recht wieder festgesetzt worden sei.
25Ausgehend von dem Charakter der Versicherungsteuer als Verkehrsteuer und deren Anknüpfung nicht unmittelbar an das Versicherungsverhältnis als solches, sondern an die Zahlung des Versicherungsentgelts als maßgebender Vorgang des Rechtsverkehrs sei der Eintritt des Zahlungserfolgs Voraussetzung sowohl für die Steuerentstehung als auch für die Steuererstattung. Insofern gelte für Versicherer und Versicherungsnehmer dasselbe. Demgemäß entstehe ein Erstattungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 VersStG a.F. erst mit Einlösung eines Schecks, mit dem die erstattete Versicherungsprämie zurückgezahlt werde. Als Zahlung gelte jede Leistung, die so bewirkt werde, dass durch sie der Zahlungsanspruch erlösche. Eine Leistung erfüllungshalber wie die Hingabe eines Schecks bringe die Forderung nicht zum Erlöschen, da hierdurch lediglich eine neue Verbindlichkeit des Schuldners begründet werde. Erst mit Erfüllung der neuen Verbindlichkeit werde der Zahlungsanspruch des Gläubigers befriedigt. Bei der Hingabe eines Verrechnungsschecks trete gemäß Art. 39 Abs. 2 ScheckG die Tilgung erst im Zeitpunkt der vorbehaltslosen Gutschrift auf dem Gläubigerkonto zu Lasten des Schuldnerkontos ein (Verweis auf BGH-Urteil vom 2. Februar 1970, II ZR 80/69).
26Des Weiteren habe die Klägerin mit der Scheckhingabe nicht alles getan, wozu sie verpflichtet sei. Vielmehr bestehe ein anderweitiger Anspruch der Versicherungsnehmer auf Rückzahlung in Einzelfällen durchaus fort. Die Rückzahlung des Versicherungsentgelts sei durch Hingabe des Verrechnungsschecks gerade nicht unbedingt gegeben. Die Versicherungsnehmer seien als Gläubiger einer Forderung ohne besondere Vereinbarung zur Entgegennahme eines Schecks nicht verpflichtet, sondern könnten weiterhin die Erfüllung der Rückerstattung verlangen. Der Schuldner könne lediglich die Bezahlung der Kausalforderung bis zur Rückgabe des unversehrten, insbesondere unbezahlten, erfüllungshalber hingegebenen Schecks verweigern (Verweis auf BGH-Urteil vom 12. Juli 2000, VIII ZR 99/99).
27Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf den BFH (Urteil vom 30. Oktober 1980, IV R 97/78) darauf abstelle, für den Erstattungsanspruch nach § 9 Abs. 1 VersStG a.F. und die hierfür erforderliche Rückzahlung des Versicherungsentgelts sei die Leistungs-handlung der Zahlung, mithin die Hingabe des Schecks als Zeitpunkt des Zuflusses der Leistung beim Empfänger maßgeblich, überzeuge dies nicht. Die besagte Rechtsprechung sei zur Einkommensteuer als einer Besitzsteuer und mithin nicht zur Versicherungsteuer als Verkehrsteuer ergangen. Die ertragsteuerlichen Erwägungen unter Bezugnahme auf das Zu-/Abflussprinzip gemäß § 11 EStG seien für die versicherungsteuerliche Würdigung der Rückzahlung jedoch nicht maßgeblich, da die Versicherungsteuer gemäß § 1 Abs. 1 VersStG eine Verkehrsteuer sei, die an den tatsächlichen zivilrechtlichen Zahlungserfolg und somit an den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes anknüpfe.
28Die Anknüpfung an den tatsächlichen Zahlungserfolg auch für die Frage, ob eine Versicherungsprämie zurückgezahlt wurde und damit ein Erstattungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 VersStG gegeben sei, diene letztendlich auch der materiellen Gerechtigkeit. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 VersStG erfolge die Steuererstattung für Rechnung des Steuerschuldners. Originärer Steuerschuldner der Versicherungsteuer sei der Versicherungsnehmer, der damit auch designierter Empfänger der Steuererstattung sei. Würde die bloße Hingabe eines Verrechnungsschecks durch den Versicherer zur Entstehung des Steuererstattungsanspruchs genügen, wäre die materielle Gerechtigkeit in Fällen nicht gewahrt, in denen der Versicherungsnehmer den Scheck nicht einlöst, denn dann wäre der Versicherer ohne sachlichen Grund um den erstatteten Betrag dauerhaft bereichert. Letztendlich werde dadurch bewirkt, dass auch der Versicherer ein eigenes Interesse am Zahlungseingang beim Versicherungsnehmer habe.
29Entgegen der Ansicht der Klägerin liege auch kein ungerechtfertigtes Behalten von Steuern vor. Nach § 9 Abs. 1 VersStG sei eine Erstattung der Versicherungsteuer ohne Eintritt eines Zahlungserfolges gerade ausgeschlossen. Der Erstattungsanspruch knüpfe an den Rückzahlungserfolg an und folge damit – wie auch der ursprüngliche Steueranspruch – dem Zahlungserfolg. Die erfolgte Rückzahlung des Versicherungsentgelts bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsverhältnisses oder Herabsetzung der Versicherungssumme führe nicht ex tunc zu einer ungerechtfertigten Steuererhebung.
30Ebenso wenig würden die Ausführungen der Klägerin bezüglich möglicher Risiken, einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten nicht geltend machen zu können, überzeugen. Die Klägerin habe es als Versicherer selbst in der Hand, die Zahlung von Versicherungsprämien beispielsweise im Wege einer Bankgutschrift unmittelbar vorzunehmen. Darüber hinaus trete der Versicherer bei Erstattung von Versicherungsentgelt stets in Vorleistung bezüglich der Versicherungsteuer. Im Falle der Ablehnung einer Steuererstattung bestehe ein Regressanspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer.
31Schließlich verweist der Beklagte darauf, dass die Änderung im Wortlaut von § 9 Abs. 1 VersStG ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich der Klarstellung diene. Sowohl nach alter als auch nach neuer Gesetzeslage sei für die Steuererstattung der tatsächliche Zahlungserfolg maßgeblich.
32Entscheidungsgründe
33Die zulässige Klage ist unbegründet.
34I. Die vom Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Steuernachforderung, die sich in Höhe von ... EUR auf Versicherungsteuer bezieht, die seitens der Klägerin im Rahmen der Steuervoranmeldungen für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2014 als Steuererstattung gemäß § 9 Abs. 1 VersStG steuermindernd berücksichtigt worden ist, weil sie, die Klägerin, insoweit zur Rückzahlung von Versicherungsentgelt an Versicherungsnehmer entsprechende Verrechnungsschecks ausgestellt hatte, die jedoch von den Versicherungsnehmern nicht eingelöst worden sind, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die Steuererstattungen aufgrund Rückzahlung von Versicherungsentgelt liegen bei nicht eingelösten Prämienrückschecks nicht vor, denn ohne eine tatsächliche Einlösung von Verrechnungsschecks ist kein Zahlungserfolg und damit kein Erstattungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 VersStG gegeben.
351. Der Versicherungsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 VersStG die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
36Das Merkmal der „Zahlung eines Versicherungsentgelts“ im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG erfasst den rechtlich erheblichen „Geldumsatz” im Versicherungswesen und damit nicht jegliche Zahlung von Geld an den Versicherer, sondern (nur) jede Leistung, die eine im Versicherungsverhältnis begründete Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlöschen lässt (vgl. BFH-Urteile vom 20. April 1977, II R 47/76, BStBl. II 1977, 748; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68; vom 16. Dezember 2009, II R 44/07, BStBl. II 2010, 1097). Gegenstand der Besteuerung ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 2009, II R 44/07, BStBl. II 2010, 1097; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68). Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger (den Versicherer) so bewirkt wird, dass die Schuld (des Versicherungsnehmers) durch Zahlung des Versicherungsentgelts gegenüber dem Versicherer erlischt (vgl. BFH-Urteile vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 14. Oktober 1964, II 175/61 U, BStBl. III 1964, 667; vom 20. April 1977, II R 36/76, BStBl. II 1977, 688, und vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68 sowie FG Köln, Urteil vom 27. September 2023, 2 K 2132/21, DStRE 2024, 625).
37Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung (VersStG a.F.) gilt:
38Wird das Versicherungsentgelt ganz oder zum Teil zurückgezahlt, weil die Versicherung vorzeitig aufhört oder das Versicherungsentgelt oder die Versicherungssumme herabgesetzt worden ist, so wird die Steuer auf Antrag insoweit erstattet, als sie bei Berücksichtigung dieser Umstände nicht zu erheben gewesen wäre.
39Durch das Gesetz zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I 2020, 2659) wurde der Wortlaut von § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2020 dahingehend geändert, dass für die Steuererstattung nunmehr darauf abgestellt wird, dass „das Versicherungsentgelt ganz oder zum Teil zurückgezahlt worden (ist)“.
402. Vor diesem rechtlichen Hintergrund genügt die bloße Ausstellung von Prämienrückzahlungsschecks (als Verrechnungsschecks) nicht, um die Rückzahlung von Versicherungsentgelt zu bewirken und einen Erstattungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG a.F. zu begründen. Vielmehr entsteht der Erstattungsanspruch erst mit tatsächlicher Einlösung der Verrechnungsschecks, weil erst dadurch der Rückzahlungsanspruch des Versicherungsnehmers erfüllt und damit die Versicherungsprämie zurückgezahlt wird. Für den Erstattungsanspruch nach § 9 Abs. 1 VersStG a.F. sind letztendlich die gleichen Voraussetzungen wie auch für die Entstehung des Steueranspruchs nach § 1 Abs. 1 VersStG maßgeblich. Es kommt jeweils auf die tatsächliche Zahlung durch den Zahlungsverpflichteten und damit den Leistungserfolg an.
41a) Mit § 9 VersStG wird eine Steuererstattung geregelt für den Fall, dass Versicherungsentgelt „unverdient“, d.h. der Versicherungsnehmer mehr bezahlt als nach dem übernommenen Risiko zu zahlen gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juni 2005, II R 9/03, BFH/NV 2005, 1885). Erfasst sind Fälle, in denen Versicherungsentgelt aufgrund eines vorzeitigen Endes der Versicherung, einer vollständigen oder teilweisen Herabsetzung des Versicherungsentgelts oder aufgrund der vollständigen oder teilweisen Herabsetzung der Versicherungssumme zurückgezahlt wird. Hiervon abzugrenzen ist der – hier nicht vorliegende – Fall, in dem Versicherungsteuer auf ein Entgelt entrichtet wird, das die Tatbestandsvoraussetzung für ein Versicherungsentgelt im Sinne von §§ 1, 3 VersStG (von vornherein) nicht erfüllt. Dann besteht ein Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO, da in einem solchen Fall die Versicherungsteuer ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde.
42Eine Rückzahlung der Versicherungsprämien kann durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung mit anderen Ansprüchen etc. erfolgen. Insoweit regelt § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG keine besondere Form der Rückzahlung. Nach dem Gesetzeswortlaut wird auch nicht explizit etwa eine Gutschrift des Rückzahlungsbetrages auf dem Konto des Versicherungsnehmers verlangt, damit der Steuererstattungsanspruch entsteht. Soweit sichtlich wird in der Literatur überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Erstattung gemäß § 9 Abs. 1 VersStG a.F. die tatsächliche (Rück-)Zahlung eines Versicherungsentgelts voraussetzt (vgl. Loose in Franz, VersStG/FeuerschStG, § 9 VersStG Rn. 12; Grünwald/Dallmayr, VersStG § 9 Rn. 2). Vereinzelt wird hingegen vertreten, dass es für die Entstehung des Erstattungsanspruchs bei Zahlungssurrogaten wie Scheckzahlung maßgeblich allein auf die Leistungshandlung des (Rück‑)Zahlungspflichtigen ankomme, nicht jedoch auf den Zahlungserfolg und damit die tatsächliche Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs (so Medert/Axer/Voß, VersStG, 3. Aufl. 2023, § 9 Rn. 48 ff., 54).
43b) Zur Überzeugung des erkennenden Senats kommt es für die Entstehung eines Steuererstattungsanspruchs gemäß § 9 Abs. 1 VersStG a.F. im Falle der Rückzahlung von Versicherungsentgelt auf den tatsächlichen (Rück)Zahlungserfolg an. Hierfür sprechen neben dem Wortlaut der Norm und dem Charakter der Versicherungsteuer als Verkehrsteuer auch die zivilrechtlichen Regelungen zur Erfüllung von Zahlungsansprüchen.
44aa) Die Versicherungsteuer knüpft – wie bereits ausgeführt – gemäß § 1 Abs. 1 VersStG nicht unmittelbar an das Versicherungsverhältnis als solches, sondern an den Besteuerungstatbestand der Zahlung des Versicherungsentgelts als maßgebender Vorgang des Rechtsverkehrs an. Der Versicherungsteuer als Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes unterliegt der Geldverkehr in Gestalt der Zahlung des Versicherungsentgelts. Ist die Zahlung unmittelbarer Anknüpfungspunkt der Besteuerung, wird letztendlich die tatsächliche Leistungsbewegung (zivilrechtliches Erfüllungsgeschäft) besteuert, wenn diese den Anspruch des Versicherers auf das Versicherungsentgelt erfüllt und damit die Schuld des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag (zivilrechtliches Verpflichtungsgeschäft) zum Erlöschen bringt (vgl. dazu Franz in Franz, VersStG/FeuerschStG, § 1 VersStG Rn. 604).
45Demgemäß ist nach ständiger Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, Zahlung des Versicherungsentgelts jede Leistung, die die Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erlöschen lässt (vgl. BFH-Urteile vom 20. April 1977, II R 47/76, BStBl. II 1977, 748; vom 8. Dezember 2010, II R 21/09, BStBl. II 2012, 387; vom 7. Dezember 2016, II R 1/15, BStBl. II 2017, 360). In diesem Zusammenhang beschränkt sich der Begriff der „Zahlung“ nicht auf Geldleistungen, sondern erfasst auch dem gleichgestellte Vorgänge wie Überweisung, Aufrechnung oder Ähnliches. Demgemäß hat der BFH – worauf die Klägerin abstellt – auch entschieden, dass die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht nur durch Barzahlung, sondern auch durch Zahlungssurrogate, z.B. durch Aufrechnung, geleistet werden kann, wenn dadurch der Anspruch auf das Versicherungsentgelt nach § 362 BGB erlischt (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juni 2005, II R 9/03, BFH/NV 2005, 1885).
46bb) Gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Gemäß § 364 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis (auch), wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. In § 364 Abs. 2 BGB ist jedoch für den Fall, dass der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit übernimmt, bestimmt, dass im Zweifel nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt. Vielmehr wird die Verbindlichkeit dann (nur) erfüllungshalber übernommen.
47Vorbehaltlich einer einschränkenden – hier nicht vorliegenden – Vereinbarung ist eine Zahlungsweise per Scheck oder Wechsel zulässig. Gemäß § 364 Abs. 2 BGB erfolgt die Hingabe eines Schecks – als Übernahme einer neuen Verbindlichkeit zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers – im Zweifel jedoch nicht an Erfüllungs statt, sondern nur erfüllungshalber. Die Schuldtilgung und damit die Zahlung im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG setzen dann die Einlösung des Schecks, d.h. die Auszahlung des Scheckbetrags voraus (vgl. BGH-Urteile vom 7. Oktober 1965, II ZR 120/63, BGHZ 44, 178, NJW 1966, 46; vom 11. Oktober 1995, VIII ZR 325/94, BGHZ 131, 66, NJW 1995, 3386; ebenso Franz in Franz, VersStG/FeuerschStG, § 1 VersStG Rn. 639). Für die Bezahlung per Scheck mit dem – gemäß Art. 39 Abs. 1 ScheckG zulässigen – Vermerk „nur zur Verrechnung“ regelt Art. 39 Abs. 2 ScheckG explizit, dass der Bezogene den Scheck nur durch Gutschrift einlösen darf, die sodann als Zahlung gilt.
48cc) Ebenso wie nach den vorstehenden Ausführungen für die Zahlung des Versicherungsentgelts die tatsächliche Erfüllung des Anspruchs des Versicherers maßgeblich für die Entstehung des Steueranspruchs im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG ist, kommt es auch für den – hier vorliegenden – umgekehrten Fall der Rückzahlung von Versicherungsentgelt und den sodann möglichen Erstattungsanspruch im Sinne von § 9 Abs. 1 VersStG a.F. auf die tatsächliche Zahlung durch den Zahlungsverpflichteten und damit den Leistungserfolg an. In beiden Fällen tritt eine Erfüllung der Zahlungsverpflichtung bei Zahlung durch Verrechnungsschecks erst mit Gutschrift des Scheckbetrags ein.
49dd) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht maßgeblich, dass die Klägerin mit der Ausgabe bzw. Übergabe der Schecks an die Versicherungsnehmer alles aus ihrer Sicht Erforderliche für die Rückzahlung getan hat. Damit mag zwar wirtschaftlich eine Zahlung erfolgt und sogar ertragsteuerlich ein Zufluss der Einnahmen (hier beim Versicherungsnehmer) anzunehmen sein. Diese Betrachtung ist jedoch nicht auf die Beantwortung der Frage, ob eine Zahlung von Versicherungsentgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG bzw. eine Rückzahlung von Versicherungsentgelt im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG a.F. vorliegt, übertragbar.
50(1) Zahlung im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG bedeutet Erfüllung der Schuld. Maßgeblich ist damit der Zeitpunkt, in dem die Schulderfüllung rechtlich eintritt (vgl. Franz in Franz, VersStG/FeuerschStG, § 1 VersStG Rn. 647). Dies ist zwar regelmäßig auch der Zeitpunkt des (wirtschaftlichen) Zuflusses der Einnahme (im Sinne von § 11 EStG), kann aber wie vorliegend im Falle der Scheckzahlung davon abweichen.
51(2) Soweit teilweise in der Literatur die Ansicht vertreten wird, für die Zahlung des Versicherungsentgelts im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG sei bei Zahlung per Scheck die Übergabe des (gedeckten) Schecks maßgeblich (vgl. Medert/Axer/Voß, VersStG, 3. Aufl. 2023, § 1 Rn. 278 unter Verweis auf BFH-Urteil vom 20. März 2001, IX R 97/97, BStBl. II 2001, 482), überzeugt dies nicht. Zum einen geht auch diese Ansicht – im Anschluss an die bereits angeführte BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 14. Oktober 1964, II 175/61 U, BStBl. III 1964, 667; vom 20. April 1977, II R 36/76, BStBl. II 1977, 688, und vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68) – davon aus, dass „Zahlung“ im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG das Erlöschen der Schuld (aus dem Versicherungsvertrag) verlangt. Eine Begründung, warum bei Scheckzahlung bereits vor Einlösung des Schecks die Schuld des Versicherungsnehmers erloschen sein soll, bleibt diese Ansicht schuldig. Zum anderen stellt diese Ansicht auf die zum Ertragssteuerrecht zu § 11 EStG und die insoweit maßgebliche wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Annahme von Zahlungszuflüssen ergangene Rechtsprechung ab, um auch für Zwecke der Versicherungsteuer eine Zahlung bzw. – vorliegend entscheidend – Rückzahlung von Versicherungsentgelt bereits im Zeitpunkt der Übergabe eines Verrechnungsschecks annehmen zu können. Hiernach regelt sich die Besteuerung von ertragsteuerlichen Einkünften nach dem Zuflussprinzip und damit die wirtschaftliche Zuordnung von Zahlungen zu einem Besteuerungszeitraum. Danach gilt eine Zahlung als zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige persönlich die Verfügungsmacht erlangt. Ausreichend ist insofern bereits die bloße Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (vgl. BFH-Urteil vom 21. November 1989, IX R 170/85, BStBl. II 1990, 310).
52Zwar hat der BFH – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – entschieden, dass für eine Leistung im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Zeitpunkt der Leistungshandlung – und nicht den Leistungserfolg – abzustellen ist, so dass bei Zahlung mittels eines Schecks mit der Hingabe eines Schecks die Leistung grundsätzlich erbracht ist (vgl. BFH-Urteile vom 24. September 1985, IX R 2/80, BStBl. II 1986, 284; vom 8. November 1968, VI R 81/67, BStBl. II 1969, 76). Rechtlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist jedoch § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind. Diese Norm stellt explizit auf den Zeitpunkt der Leistung ab, nicht auf den Zeitpunkt der Erfüllung.
53Konsequenterweise nimmt der BFH bei einem zahlungshalber hingegebenen Scheck an, dass die Schecksumme grundsätzlich nicht erst mit der später erfolgten Gutschrift, sondern bereits mit der Hingabe des Schecks als zugeflossen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 1980, IV R 97/78, BStBl. II 1981, 305). Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Empfänger wirtschaftlich über sie verfügen kann oder verfügt hat. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolges. Dem Eintritt des Leistungserfolges steht es aber gleich, wenn der Empfänger der Leistung in der Lage ist, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Dass diese Voraussetzung für einen Zufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG ausreicht, wird insbesondere aus der Rechtsprechung deutlich, nach der ein Zufluss schon dann anzunehmen ist, wenn eine Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung darstellt, sondern zum Ausdruck bringt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (vgl. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1980, IV R 97/78, BStBl. II 1981, 305; vom 22. November 1974, VI R 138/72, BStBl. II 1975, 350 und vom 9. April 1968, IV 267/64, BStBl. II 1968, 525).
54(3) Diese Betrachtungen zum Ertragssteuerrecht und insbesondere zu § 11 EStG lassen sich jedoch nicht auf die Versicherungsteuer übertragen. Die Versicherungsteuer ist nach § 1 Abs. 1 VersStG eine Verkehrsteuer, die an den tatsächlichen zivilrechtlichen Zahlungserfolg und somit an dem rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes anknüpft. Die für die wirtschaftliche Betrachtung im Sinne der ertragsteuerlichen Grundsätze maßgebliche Zahlungshandlung ist insofern irrelevant. Nach den Regelungen des ScheckG und des BGB tritt – wie dargelegt – der Zahlungserfolg erst mit Gutschrift auf dem Bankkonto des Scheckempfängers ein.
55ee) Nach dieser Maßgabe ist im Streitfall kein tatsächlicher Zahlungserfolg und damit keine Rückerstattung von Versicherungsentgelten – hier betreffend Versicherungsteuer in Höhe von insgesamt ... EUR für Januar 2010 bis Dezember 2014 – erfolgt, denn in den streitgegenständlichen Fällen wurden die von der Klägerin ausgestellten und an die Versicherungsnehmer übersandten Verrechnungsschecks nicht eingelöst. Insoweit scheidet eine Erstattung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG a.F. aus, war die Verrechnung dieses Betrages im Rahmen der laufenden Versicherungsteueranmeldungen der Klägerin im Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2014 nicht zulässig und ist demgemäß die entsprechende Steuernachforderung des Beklagten berechtigt.
56c) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob es sich bei der ab dem 10. Dezember 2020 geltenden Neuregelung von § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG, wonach nunmehr explizit geregelt ist, dass ein Rückerstattungsanspruch voraussetzt, dass das Versicherungsentgelt ganz oder zum Teil zurückgezahlt worden ist, um eine bloße Klarstellung der bereits bislang geltenden Rechtslage handelt (vgl. dazu Loose in Franz, VersStG/FeuerschStG, § 9 VersStG 2021 Rn. 4) und durch die „marginale(n) Änderung des Textes“ (so die Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drucks. 19/21089, S. 27) lediglich verdeutlicht wird, dass der Steuererstattungsanspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG eine tatsächliche Rückzahlung von Versicherungsentgelt an den Versicherungsnehmer und damit im Falle der Zahlung per Scheck dessen Einlösung voraussetzt. Wie dargelegt folgt bereits nach dem für den Streitzeitraum maßgeblichen Wortlaut von § 9 Abs. 1 Satz 1 VersStG a.F. und dessen Auslegung unter Berücksichtigung sowohl allgemeiner zivilrechtlicher als auch spezieller versicherungsteuerrechtlicher Aspekte, dass für eine Rückzahlung von Versicherungsentgelt ein tatsächlicher Zahlungserfolg erforderlich ist.
57II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
58III. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da soweit ersichtlich bislang keine Rechtsprechung zu § 9 VersStG und der Frage, ob es bei der Rückzahlung von Versicherungsentgelt auf die tatsächliche Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs ankommt oder nicht, vorliegt.
59IV. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf den §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.