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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist das Kindergeld für den Sohn K (geb. 00.00.1978) für die Monate Mai 2022 bis Juni 2024.
3Dem Sohn wurde von der Pflegekasse der Pflegegrad 1 und damit ein Entlastungsbetrag bis zu 125 EUR monatlich zweckgebunden für Pflegeleistungen zuerkannt (Bl. 397 der Kindergeldakte - KGA -); sein Schwerbehindertenausweis weist seit dem 00.00.2001 den Grad der Behinderung mit 50 v.H. auf (Bl. 421 KGA).
4Seit dem 00.00.2020 steht dem Sohn eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu. Die Rente wurde ab dem 00.00.2022 monatlich laufend gezahlt (Bl. 485 KGA). Der Auszahlungsbetrag betrug zunächst monatlich … EUR (Bl. 537 KGA), ab dem 00.00.2022 monatlich … EUR und ab dem 00.00.2023 monatlich … EUR (Bl. 600 KGA). Für die Zeit vom 00.00.2020 bis 00.00.2022 erhielt der Sohn eine Nachzahlung von … EUR (Bl. 537 KGA). Nach Einbehaltung eines vom Jobcenter geltend gemachten Erstattungsanspruchs verblieb ein Restbetrag von … EUR (Bl. 601 KGA). Die Nachzahlung des Betrags von … EUR erfolgte im April 2022 in einer Summe (Bl. 602 KGA).
5Die Familienkasse NRW-West berücksichtigte den Sohn in der Vergangenheit gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als behindertes Kind und zahlte der Klägerin Kindergeld.
6Mit Bescheid der Familienkasse NRW-West vom 13.04.2021 (Bl. 374 KGA) wurde die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat August 2020 gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 21.04.2021 (Eingang bei der Familienkasse NRW-West am 26.04.2021) Einspruch ein.
7Am 24.04.2024 erging durch die Beklagte ein Teilabhilfebescheid (Bl. 658 KGA), mit dem für die Monate August 2020 bis April 2022 Kindergeld festgesetzt wurde. Außerdem wurde der Kinderbonus für 2021 in Höhe von 150 EUR und für 2022 in Höhe von 100 EUR jeweils als Einmalbetrag festgesetzt.
8Im Übrigen war das Einspruchsverfahren erfolglos. Die Beklagte vertrat die Auffassung, der Sohn sei nicht außerstande, sich selbst zu unterhalten. Den Lebensbedarf des Sohnes ermittelte die Beklagte nach Maßgabe des jeweiligen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG und eines „Pflegegeldes“ von 125 EUR monatlich als behinderungsbedingtem Mehrbedarf. Als Einkünfte und Bezüge des Sohnes berücksichtigte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente nebst Nachzahlung abzüglich eines (anteiligen) Werbungskostenpauschbetrags und einer (anteiligen) Kostenpauschale sowie daneben das „Pflegegeld“. Wegen Einzelheiten der jeweiligen Berechnung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 14.06.2024 Bezug genommen
9Mit der vorliegenden Klage vom 00.00.2024 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, die Anrechnung eines Pflegegeldes als Einkommen sei falsch, da kein Pflegegeld gezahlt worden sei. Bei Pflegegrad 1 gebe es lediglich einen Entlastungsbetrag von 125 EUR, der auch nur an Dritte, d. h. an von der Pflegekasse anerkannte Dienstleister gezahlt werde. Da ihr Sohn aufgrund seiner psychischen Erkrankung keine fremden Personen an sich heranlasse, könne jedoch keine Entlastung durch Dritte stattfinden. Im Jahr 2022 sei zudem eine Steuernachzahlung auf die Rente in Höhe von … EUR fällig geworden, die Steuernachzahlung für das Jahr 2023 stehe noch aus. Der Sohn habe den Rentenantrag nach Aufforderung durch das Jobcenter stellen müssen. Durch die Änderung des Kostenträgers - vom Jobcenter auf die Rentenversicherung - sei eine Schlechterstellung eingetreten. Bisher habe das Jobcenter Miete und Mietnebenkosten gezahlt, von GEZ-Gebühren sei der Sohn befreit gewesen. Diese Aufwendungen müssten nun von der Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt werden. Die Erwerbsunfähigkeitsrente als einzige Einnahme des Sohnes decke die festen Ausgaben für Miete und Nebenkosten sowie den Lebensunterhalt. Der Sohn sei aufgrund der Erkrankung / Behinderung nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit aufzuwerten. Das an sie - die Klägerin - bislang gezahlte Kindergeld habe sie für die Ausgaben zur notwendigen Betreuung und Hilfe bei der Lebensführung des Sohnes dringend benötigt. Da sie in A lebe, fielen nicht unerhebliche Kosten an, unter anderem Fahrt- und Unterkunftskosten. Ihr Bruder, der in der Nähe lebe, kümmere sich regelmäßig um den Sohn, wobei auch hier unter anderem Fahrtkosten anfielen, die sie trage. Sie führe den kompletten Schriftverkehr für den Sohn, wobei dafür noch Telefon-, Porto- und sonstige Kosten (Druckerpapier und -tinte) anfielen. Sie vertrete die Auffassung, dass nicht vom Einkommen des Kindes auszugehen sei, da nicht das Kind, sondern sie als Mutter kindergeldberechtigt sei.
10Die Klägerin beantragt,
11den Aufhebungsbescheid der Familienkasse NRW-West vom 13.04.2021, geändert durch den Bescheid der Beklagten vom 24.04.2024, und die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 14.06.2024 aufzuheben und Kindergeld für das Kind K ab Mai 2022 bis Juni 2024 festzusetzen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte macht geltend, das Kind sei aus eigenen Mitteln in der Lage, sich selbst zu unterhalten. Es erhalte eine hohe Erwerbsminderungsrente. Bereits bei einer vereinfachten Berechnung könne festgestellt werden, dass der Grundbedarf vom Kind erwirtschaftet werde. Bei einer ausführlichen Berechnung sei noch das Pflegegeld als Einkommen zu berücksichtigen, wobei dieses zugleich beim behinderungsbedingten Mehrbedarf den Pauschbetrag ersetze. Selbst dann, wenn das Pflegegeld sowohl beim Bedarf als auch bei den Kindeseinkünften und Bezügen jeweils unberücksichtigt bleibe, überstiegen die kindeseigenen Mittel den Bedarf des Kindes. Auf die wirtschaftlichen Belange der Klägerin in ihrem persönlichen Bereich komme es nicht an.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
17I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klage zu Recht gegen die Beklagte, d. h. die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice, gerichtet. Die örtliche Zuständigkeit für Kindergeld nach dem EStG für die Fallgruppe Kindergeldberechtigte mit einem Kind mit Behinderung ging zum 01.02.2022 durch die Beschlüsse der Bundesagentur für Arbeit 12/2022 vom 27.01.2022 (ANBA 05/2022) und 129/2022 vom 03.11.2022 (ANBA 12/2022) auf die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice über. Passivlegitimiert ist damit gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Behörde, welche die Einspruchsentscheidung erlassen hat; im Streitfall also die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice.
18II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat die Kindergeldfestsetzung für den Streitzeitraum Mai 2022 bis Juni 2024 zu Recht aufgehoben.
191. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht für ein Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet hat, ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sofern die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
202. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass bei dem Sohn eine Behinderung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG vorliegt und dass diese Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Streitig ist allein, ob der Sohn wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Dies ist hier nicht der Fall.
21a) Ein behindertes Kind ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) imstande, sich im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG selbst zu unterhalten, wenn es mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf bestreiten kann (z. B. BFH-Urteil vom 13.04.2016 III R 28/15, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2016, 648, Rz. 10). Die Fähigkeit des Kindes zum Selbstunterhalt ist anhand eines Vergleichs zweier Bezugsgrößen zu prüfen, nämlich des gesamten existenziellen Lebensbedarfs des Kindes einerseits und seiner finanziellen Mittel andererseits (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2021 III R 19/19, BStBl II 2022, 469, Rz. 14). Diese Betrachtung ist grundsätzlich monatsbezogen vorzunehmen. Dabei sind die Einkünfte und Bezüge, soweit für Gewinneinkünfte nicht das Realisationsprinzip gilt, nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG zu erfassen (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2013 III R 35/11, BStBl II 2013, 1037, Rz. 15). Ergibt sich eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Kindes, kann davon ausgegangen werden, dass den Eltern kein zusätzlicher Aufwand erwächst, der ihre steuerliche Leistungsfähigkeit mindert, und es ist gerechtfertigt, für behinderte Kinder kein Kindergeld oder keinen Kinderfreibetrag zu gewähren (vgl. BFH-Urteil vom 13.04.2016 III R 28/15, BStBl II 2016, 648, Rz. 14).
22b) Der gesamte Lebensbedarf eines behinderten Kindes setzt sich aus dem -betragsmäßig an den Grundfreibetrag im Sinne des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG anknüpfenden - Grundbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen (vgl. BFH-Urteil vom 13.04.2016 III R 28/15, BStBl II 2016, 648, Rz. 11 und 12). Der behinderungsbedingte Mehrbedarf umfasst Aufwendungen, die gesunde Kinder nicht haben, insbesondere solche für Hilfen bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2019 III R 28/17, BStBl II 2021, 807, Rz. 19). Werden die Aufwendungen für den Mehrbedarf nicht im Einzelnen nachgewiesen, ist ein Mehrbedarf in Höhe des Behinderten-Pauschbetrages nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 13.04.2016 III R 28/15, BStBl II 2016, 648, Rz. 13). Dem existenziellen Lebensbedarf sind die finanziellen Mittel des Kindes gegenüber zu stellen. Zu den finanziellen Mitteln des behinderten volljährigen Kindes gehören seine Einkünfte und Bezüge (vgl. BFH-Urteil vom 13.04.2016 III R 28/15, BStBl II 2016, 648, Rz. 15).
233. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin für den Streitzeitraum Mai 2022 bis Juni 2024 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn, da es diesem möglich war, seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf durch eigene finanzielle Mittel zu decken.
24a) Auf der Bedarfsseite sind folgende Positionen anzusetzen:
25aa) Der anteilige Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, das waren im Jahr 2022 10.347 EUR und mithin monatlich 862,25 EUR, im Jahr 2023 10.908 EUR und im Jahr 2024 11.784 EUR (vgl. § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024, Bundesgesetzblatt I 2024 Nr. 386) und mithin monatlich 982 EUR.
26bb) Die Beklagte hat beim behinderungsbedingten Mehrbedarf anstelle des Behinderten-Pauschbetrages nach § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von 1.140 EUR (bei einem Grad der Behinderung von 50) den Entlastungsbetrag für Pflegeleistungen in Höhe von 125 EUR monatlich - mithin 1.500 EUR im Jahr - berücksichtigt. Dabei ist sie zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass ein höherer Pflegeaufwand besteht. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Schätzung der Beklagten in Zweifel zu ziehen.
27cc) Miete, Mietnebenkosten und GEZ-Gebühren sowie Steuernachzahlungen können nicht bedarfserhöhend geltend gemacht werden, da diese Aufwendungen vom Grundbedarf gedeckt werden. Mietkosten, Mietnebenkosten, GEZ-Gebühren und Steuern entstehen jedem, unabhängig von einer Behinderung. Nur ein außergewöhnlicher Mietbedarf, der gerade behindertenspezifisch ist, könnte berücksichtigt werden; hierfür wurde aber nichts vorgetragen. Ungeachtet dessen wäre eine noch ausstehende Steuernachzahlung für das Jahr 2023 auch deswegen unbeachtlich, weil Aufwendungen für einen behinderungsbedingten Mehrbedarf nach dem sog. Abflussprinzip (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG) erst im Monat der Zahlung berücksichtigt werden können.
28b) Dem standen auf der anderen Seite folgende eigene finanzielle Mittel des Sohnes gegenüber:
29aa) Die Erwerbsminderungsrente, deren Auszahlungsbetrag ab Mai 2022 monatlich … EUR betrug (Bl. 537 KGA), ab Juli 2022 monatlich … EUR und ab Juli 2023 monatlich … EUR (Bl. 600 KGA). Die Rente ist um den anteiligen Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG in Höhe von monatlich 8,50 EUR (102 EUR x 1/12) zu kürzen, da es sich im Umfang des Besteuerungsanteils um sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) EStG handelt. Im Übrigen zählt sie zu den Bezügen; Bezüge sind nach A 19.5.2 Abs. 2 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG) um eine monatliche Kostenpauschale von 15 EUR (180 EUR x 1/12) zu kürzen (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.201, III R 28/17, BStBl II 2021, 807, Rz. 22 und 25).
30bb) Die Nachzahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente im April 2022 für den Zeitraum 01.02.2020 bis 30.04.2022 in Höhe von insgesamt … EUR nach Abzug des Erstattungsanspruchs des Jobcenters (Bl. 537, 601, 602 KGA) ist in voller Höhe im Jahr des Zuflusses zu erfassen, d. h. im Jahr 2022. Die Nachzahlung ist auf den Zuflussmonat April 2022 und die Monate Mai bis Dezember 2022 gleichmäßig zu verteilen. Eine Verteilung der Nachzahlung auf den Zeitraum, für den diese gezahlt wurde, kommt nicht in Betracht.
31Wird eine für einen vergangenen Zeitraum geleistete Nachzahlung erst im Laufe des Monats ausbezahlt, wirkt sie sich erst ab dem auf den Zuflussmonat folgenden Monat schädlich aus, da zu Beginn des Monats die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt noch bestand. Die Nachzahlung ist auf den Zuflussmonat und die restlichen Monate des Zuflussjahres zu verteilen (vgl. BFH-Urteile vom 04.11.2003 VIII R 43/02, BStBl II 2010, 1046, Rz. 23 ff. zur Nachzahlung von Waisenrente; vom 08.08.2013 III R 30/12, BFH/NV 2014, 498, Rz. 19 zur Nachzahlung von Arbeitslosengeld). Eine Verteilung auf die - zurückliegenden - Monate, für die die Nachzahlung gewährt wird, kommt im Kindergeldrecht wegen des dort grundsätzlich geltenden Zuflussprinzips nicht in Betracht. Auch eine Berücksichtigung der - gesamten - Nachzahlung ausschließlich im Zuflussmonat scheidet aus (siehe auch BFH-Urteil vom 20.03.2013 XI R 51/10, BFH/NV 2013, 1088, Rz. 23).
32c) Nach diesen Grundsätzen waren die - um Werbungskostenpauschbetrag bzw. Kostenpauschale gekürzten - eigenen Einkünfte bzw. Bezüge des Sohnes im Streitzeitraum jeweils höher als dessen gesamter notweniger Lebensbedarf, so dass er imstande war, sich selbst zu unterhalten.
33aa) Die dem Sohn in den Monaten Mai bis Dezember 2022 zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (… EUR) haben dessen gesamten notwendigen Lebensbedarf (7.898,00 EUR) bei weitem überstiegen.
34Einkünfte und Bezüge des Kindes: |
|
Rente 05-06/22: … EUR x 2 Monate |
… EUR |
Rente 07-12/22: … EUR x 6 Monate |
… EUR |
Nachzahlung 04/22: … EUR x 8/9 (anteilig für 05-12/22) |
… EUR |
Werbungskostenpauschbetrag: 8,50 EUR x 8 Monate |
- 68,00 EUR |
Kostenpauschale: 15,00 EUR x 8 Monate |
- 120,00 EUR |
… EUR |
|
Notwendiger Lebensbedarf des Kindes: |
|
Grundfreibetrag: 862,25 EUR x 8 Monate |
6.898,00 EUR |
Entlastungsbetrag Pflege: 125,00 EUR x 8 Monate |
1.000,00 EUR |
Gesamtbedarf |
7.898,00 EUR |
Selbst ohne Berücksichtigung der Nachzahlung hätten die eigenen finanziellen Mittel des Sohnes mit dann monatlich … EUR bzw. … EUR - jeweils abzüglich eines (anteiligen) Werbungskostenpauschbetrages von 8,50 EUR und einer (anteiligen) Kostenpauschale von 15,00 EUR - dessen existenziellen Lebensbedarf von monatlich 987,25 EUR (862,25 EUR + 125,00 EUR) gedeckt.
36bb) Der existenzielle Lebensbedarf des Sohnes lag auch im Jahr 2023 und in den Monaten Januar bis Juni 2024 deutlich unter den diesem zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln.
37(a) Januar bis Dezember 2023
38Einkünfte und Bezüge des Kindes: |
|
Rente 01-06/23: … EUR x 6 Monate |
… EUR |
Rente 07-12/23: … EUR x 6 Monate |
… EUR |
Werbungskostenpauschbetrag |
- 102,00 EUR |
Kostenpauschale |
- 180,00 EUR |
… EUR |
|
Notwendiger Lebensbedarf des Kindes: |
|
Grundfreibetrag |
10.908,00 EUR |
Entlastungsbetrag Pflege (125,00 EUR x 12 Monate) |
1.500,00 EUR |
Gesamtbedarf |
12.408,00 EUR |
Auch bei einer monatsbezogenen Betrachtungsweise hätten die eigenen finanziellen Mittel des Sohnes mit dann … EUR bzw. … EUR - jeweils abzüglich eines (anteiligen) Werbungskostenpauschbetrages von 8,50 EUR und einer (anteiligen) Kostenpauschale von 15,00 EUR - dessen existenziellen Lebensbedarf von 1.034 EUR (10.908 EUR x 1/12 + 125,00 EUR) gedeckt.
40(b) Januar bis Juni 2024
41Einkünfte und Bezüge des Kindes: |
|
Rente 01-06/24: 1.419,64 EUR x 6 Monate |
… EUR |
Werbungskostenpauschbetrag: 8,50 EUR x 6 Monate |
- 51,00 EUR |
Kostenpauschale: 15,00 EUR x 6 Monate |
- 90,00 EUR |
… EUR |
|
Notwendiger Lebensbedarf des Kindes: |
|
Grundfreibetrag: 982,00 EUR x 6 Monate |
5.892,00 EUR |
Entlastungsbetrag Pflege (125,00 EUR x 6 Monate) |
750,00 EUR |
Gesamtbedarf |
6.642,00 EUR |
cc) Da die dem Sohn zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel auch ohne, dass der Entlastungsbetrag Pflege mit 125,00 EUR monatlich in die Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge einbezogen wurde, den existentiellen Lebensbedarf überstiegen haben, kann dahinstehen, ob der Entlastungsbetrag - wovon die Beklagte in der Einspruchsentscheidung ausgegangen ist - zu den zur Bestreitung des Unterhalts geeigneten Bezügen gehört.
434. Im Ergebnis steht der Klägerin damit für den Streitzeitraum Mai 2022 bis Juni 2024 kein Kindergeld zu. Soweit die Klägerin aus familiären Gründen eigene Aufwendungen für den Sohn erbringt, ist dies unter kindergeldrechtlichen Gründen unbeachtlich. Bei der Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die es ermöglicht, Eltern behinderter Kinder auch über das 25. Lebensjahr hinaus Kindergeld zu gewähren. Wenn das Kind nicht in der Lage ist, seinen existentiellen Lebensbedarf zu decken, erwächst den Eltern ein zusätzlicher Aufwand, der ihre Leistungsfähigkeit mindert. Dies soll - zumindest teilweise - durch die Gewährung von Kindergeld ausgeglichen werden. Verfügt das behinderte Kind - wie hier der Sohn der Klägerin - indes über ausreichende eigene finanzielle Mittel, besteht für zusätzliche Aufwendungen der Eltern grundsätzlich keine Notwendigkeit.
445. Da der Sohn ab Mai 2022 nicht mehr aufgrund seiner Behinderung außerstande war, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), wurde die Kindergeldfestsetzung zu Recht aufgehoben. Denn nach § 70 Abs. 2 EStG ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.
45III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
46IV. Die Revision wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zugelassen, weil die Einspruchsentscheidung von der Familienkasse Zentraler Kindergeldservice erlassen wurde und die Frage der Wirksamkeit der Übertragung der Zuständigkeit auf die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice von den Finanzgerichten unterschiedlich beurteilt wird (siehe z. B. Finanzgericht - FG - Münster Urteil vom 18.04.2024, 8 K 1319/21 Kg; FG Nürnberg Urteil vom 07.06.2024, 7 K 140/23, Rev. III R 24/24; FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 11.07.2024, 10 K 585/24 Kg, Rev. III R 30/24).