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Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird hinsichtlich der Entscheidung über den Antrag des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, das eingegangene Beitreibungsersuchen Griechenlands gem. § 14 Abs. 1 und Abs. 2 EUBeitrG abzulehnen, zugelassen.
Der Kläger war vom ….06.1997 bis zum 30.06.2001 Geschäftsführer der A (A) in Griechenland, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der B AG in C. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.09.2001 beendet. Im Jahr 2002 führten die griechischen Finanzbehörden bei der A für die Jahre 1993 bis 2000 eine steuerliche Betriebsprüfung durch, die zu Steuernachforderungen in Höhe von rund … Mio. EUR führte. Die A wurde daraufhin in die „A1“ umfirmiert und ging in Insolvenz.
2Mit Schreiben vom 28.01.2013 erhielt der Kläger eine Zahlungsaufforderung durch das Finanzamt D, wonach er der sog. „Operational Recovery Unit“ in Athen einen Betrag in Höhe von insgesamt … EUR schulde. Der Betrag setze sich zusammen aus Umsatzsteuerschulden für den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2000 i.H.v. … EUR sowie hierauf angefallene Zinsen i.H.v. … EUR. Als Rechtsgrundlage war auf die EU-Beitreibungsrichtlinie verwiesen. Dem Schreiben beigefügt war ein einheitlicher Vollstreckungstitel vom 25.01.2013. Unter dem Punkt „Identifizierung der Forderung“ war darin als Aktenzeichen ATB 1 angegeben. Als Datum der Festsetzung der Forderung der 14.05.2008 und als Datum, ab dem die Vollstreckung möglich sei, der 01.07.2008. Als Datum der Zustellung des ursprünglichen Vollstreckungstitels war der 16.05.2008 aufgeführt. Ferner war festgehalten, dass der Kläger als „Mitschuldner“ in Anspruch genommen werde. Er sei Geschäftsführer der Hauptschuldnerin gewesen.
3Auf telefonische Rückfrage des Klägers vom 04.02.2013 bei der OFD Z nach der Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Forderung wurde dem Kläger mitgeteilt, dass eine materielle Prüfung des geltend gemachten Anspruches nicht erfolge. Es wurde ihm geraten, Kontakt zu seinem ehemaligen Arbeitgeber sowie den griechischen Behörden aufzunehmen und die Beträge dort zu bestreiten.
4Der Kläger beantragte in der Folgezeit gegenüber dem Finanzamt D die Einstellung der Zwangsvollstreckung sowie die Ablehnung der Amtshilfe nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 des EU-Beitreibungsgesetzes (EUBeitrG) wegen Verjährung bzw. wegen Unbilligkeit nach § 14 Abs. 1 EUBeitrG. Er gab an, dass ihm gegenüber von einer Operational Recovery Unit keine Steuer-, Haftungs- oder Vollstreckungsbescheide erlassen worden seien. Zudem legte er Einspruch gegen die Zahlungsaufforderung vom 28.01.2013 ein. Das Finanzamt D leitete die Eingabe des Klägers daraufhin an die griechischen Finanzbehörden weiter und stellte das Verfahren mit Schreiben vom 05.03.2013 bis zur Rückantwort der griechischen Behörden ruhend.
5Unter dem 13.05.2014 teilten die griechischen Behörden dazu, dass der Kläger nie einen Haftungsbescheid erhalten habe, mit, dass nach den zum Beitreibungszeitpunkt geltenden griechischen Rechtsvorschriften abgesehen von dem Unternehmen auch dessen Geschäftsführer als mithaftende Person verantwortlich für die Zahlung der Forderungen im Rahmen der Erhebung von Abzugssteuern und Umsatzsteuern sei, soweit sich diese auf Zeiten seiner Geschäftsführertätigkeit bezögen. Obwohl die Steuern in Bezug auf die Steueridentifikationsnummer des Unternehmens festgesetzt worden seien, könne das Vollstreckungsverfahren auch gegen den Geschäftsführer als mithaftende Person eingeleitet werden, ohne dass es einer Steuerfestsetzung auf seine persönliche Steueridentifikationsnummer oder einer besonderen Bekanntgabe der Zahlungsverpflichtung neben der auf die juristische Person bezogenen bedürfe. Es sei zudem zu beachten, dass der Kläger in Griechenland keine rechtlichen Maßnahmen gegen die Forderungen ergriffen habe.
6Mit Schreiben vom 11.05.2016 kündigte das Finanzamt D sodann an, das Vollstreckungsverfahren wiederaufzunehmen. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2016 gegenüber dem Finanzamt D noch einmal ausführlich Stellung, worauf das Finanzamt D das Beitreibungsverfahren zunächst weiterhin ruhend stellte und eine weitere Anfrage an die griechischen Behörden richtete.
7Diese teilten auf die Anfrage mit, dass der Kläger für den Umsatzsteuerbescheid gegen die A betreffend den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2000 nach den griechischen Rechtsvorschriften gesamtschuldnerisch hafte und der entsprechende Umsatzsteuerbescheid am 23.04.2003 dem Angestellten der A F an deren Niederlassung unter Anschrift 1 zugestellt worden sei. Dementsprechend habe das Unternehmen den Kläger unterrichten müssen. Im Übrigen habe der Kläger Herrn F seit dem 08.04.2002 zu seinem Steuervertreter bestellt. Die Bekanntgabe der drohenden strafrechtlichen Verfolgung sei dem Kläger am 27.10.2003 an die Anschrift „2“ gesandt worden. Rechtsmittel gegen den Vollstreckungstitel oder andere Beitreibungsmaßnahmen habe er bei den griechischen Behörden nicht eingelegt.
8Mit Schreiben vom 10.02.2017 wies das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) den Kläger darauf hin, dass Einwendungen gegen den ursprünglichen Vollstreckungstitel sowie Streitigkeiten in Bezug auf die Gültigkeit einer Zustellung durch eine zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedsstaates in die Zuständigkeit der einschlägigen Instanzen dieses Mitgliedsstaates fielen und daher vorliegend in Griechenland geltend zu machen seien. Mit Schreiben vom 07.03.2017 stellte das Finanzamt D das Beitreibungsverfahren erneut ruhend und bat die griechischen Behörden um Mitteilung, ob der Kläger in Griechenland Rechtsbehelfe eingelegt habe. In ihrer Antwort wiesen die griechischen Behörden allgemein darauf hin, dass es sowohl Rechtsbehelfe mit dem Ziel der Überprüfung einer Steuerfestsetzung, als auch mit dem Ziel der Überprüfung von Vollstreckungsmaßnahmen gebe. Die Gerichte prüften dabei auch die Rechtzeitigkeit der Einlegung des Rechtsbehelfs. Die Frist betrage regelmäßig dreißig Tage und beginne an dem Tag, der auf den Tag folge, an dem der Verwaltungsakt der betroffenen Person bekanntgemacht oder mitgeteilt wurde.
9In der Folge verzog der Kläger nach G, woraufhin der Beklagte (das Finanzamt G) das Beitreibungsverfahren mit Schreiben vom 20.03.2018 wieder aufnahm. Der Beklagte begründete die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Antwort der griechischen Behörden, aus der nicht ersichtlich sei, dass ein Rechtsbehelfsverfahren in Griechenland anhängig sei. Zugleich kündigte er die unverzügliche Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen an. Den Einspruch des Klägers gegen die Zahlungsaufforderung des Finanzamts D vom 28.01.2013 verwarf der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20.03.2018 als unzulässig. Mit Schreiben vom 23.03.2018 beantragte der Kläger noch einmal ausdrücklich, das Beitreibungsersuchen gemäß § 14 Abs. 2 bzw. Abs. 1 EUBeitrG abzulehnen, hilfsweise die Vollstreckung gemäß § 258 der Abgabenordnung (AO) einstweilen einzustellen. Am selben Tag beantragte der Beklagte die Eintragung einer Sicherungshypothek bei dem Amtsgericht G hinsichtlich der Eigentumswohnung des Klägers. Der Antrag enthielt die Feststellung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Vollstreckung vorlägen (§ 322 Abs. 3 Satz 2 AO). Eine Abschrift des Antrages wurde dem Kläger unter dem 11.04.2018 übersandt. Ebenfalls am 23.03.2018 erließ der Beklagte eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung betreffend die Konten, Depots und Schließfächer des Klägers bei H AG Filiale G, von der dem Kläger am 11.04.2018 eine Abschrift übersandt wurde.
10Auf den Hinweis des Beklagten mit Schreiben vom 28.03.2018, dass Einwendungen gegen den vollstreckbaren Titel nach der Rechtslage des ersuchenden Staates zu beurteilen und dort, mithin in Griechenland, vorzubringen seien, machte der Kläger nochmals mit Schreiben vom 05.04.2018 geltend, dass der Beklagte als ersuchte Behörde eine mögliche Verjährung im Sinne des § 14 Abs. 2 EUBeitrG zu prüfen habe. Im Übrigen habe der Beklagte auf der Grundlage der kürzlich ergangenen BFH-Entscheidung vom 28.11.2017 VII R 30/15 im jetzigen Verfahrensstadium zu prüfen, ob eine Beitreibung unbillig sei oder ein Verstoß gegen den „ordre public“-Grundsatz vorliege.
11Gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung bei der H beantragte der Kläger bei dem erkennenden Gericht am 12.04.2018 den Erlass einer einstweiligen Anordnung (12 V 827/18). Mit Entscheidung vom 24.05.2018 lehnte der Senat den Antrag ab. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge wurde mit Beschluss vom 10.07.2018 zurückgewiesen (12 V 1354/18). Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Beschlüsse verwiesen.
12Daraufhin erließ der Beklagte am 13.07.2018 weitere Pfändungs- und Einziehungsverfügungen betreffend die Konten, Depots und Schließfächer des Klägers bei der C Bank, der I Bank in J, der K Bank in L sowie der M Bank in N. Außerdem erließ er eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber sich selbst hinsichtlich etwaiger Erstattungsansprüche des Klägers aus der Einkommensteuerfestsetzung 2017. Abschriften der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen wurden dem Kläger mit Schreiben vom 19.07.2018, 23.07.2018 und 25.07.2018 übersandt. Am 27.07.2018 stellte der Kläger einen erneuten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem er sich gegen diese zwischenzeitlich ergangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen wandte (12 V …/18). Das Verfahren wurde durch die Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärt.
13Gegen die Beschlüsse des erkennenden Senates vom 24.05.2018 (12 V 827/18) und 10.07.2018 (12 V 1354/18) erhob der Kläger am 10.08.2018 Verfassungsbeschwerde. In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren nahm das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung am 18.12.2018 Stellung. Der Stellungnahme war eine in griechischer Sprache verfasste Erklärung nebst Kopien des Personalausweises des Klägers beigefügt. Ausweislich der ebenfalls übersandten Übersetzung der Erklärung handelte es sich um eine Änderung der persönlichen Angaben des Klägers gegenüber den griechischen Finanzbehörden. Neben Namen und Geburtstag des Klägers war als Steuernummer … angegeben. Unter dem Feld Anschrift waren die Felder zur Angabe einer griechischen Wohnanschrift leer. Als Vertreter war „O: Anschrift 3“ und als Land des Wohnortes Deutschland angegeben. Mit Beschluss vom 23.05.2019, auf den hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1724/18).
14Der Kläger hat daraufhin am 13.06.2019 erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 13.07.2018 gestellt und sich insbesondere darauf gestützt, dass mit Ablauf des 30.06.2018 die absolute zehnjährige Verjährung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EUBeitrG eingetreten sei. Den Antrag lehnte der Senat mit Beschluss vom 08.07.2019 (12 V …/19), auf den hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, ab.
15Am 01.08.2019 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er zunächst die Aufhebung der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen sowie die Verpflichtung des Beklagten begehrt, das Betreibungsbegehren der griechischen Behörden abzulehnen und weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen. Hilfsweise begehrt er festzustellen, dass bereits ergriffene sowie zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des einheitlichen Vollstreckungstitels vom 25.01.2013 im Rahmen des Beitreibungsersuchens unzulässig sind und das Beitreibungsersuchen rechtswidrig ist.
16Nach Klageerhebung beantragte der Kläger am 09.10.2019 beim Bundesministerium der Finanzen Akteneinsicht. Den Antrag lehnte das Ministerium am 18.12.2019 mit Ausnahme der Mitteilung der verarbeiteten personenbezogenen Daten ab. Die Ablehnung begründete das Ministerium unter anderem damit, dass eine weitergehende Auskunft aus Gründen der Gefährdung innerstaatlicher Vollstreckungsverfahren nicht gewährt werden könne. Der Kläger habe sich den bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen dadurch entzogen, dass er sein Barvermögen in die P transferiert habe. Es sei davon auszugehen, dass bei Erlangen der vollumfänglichen Informationen aus den Akten weitere Vermögensverschiebungen stattfänden, was letztlich eine weitergehende Gefährdung des innerstaatlichen Vollstreckungsverfahrens zur Folge habe.
17Unter dem 17.01.2020 wurde den griechischen Finanzbehörden unter Bezugnahme auf den drohenden Ablauf der Verjährungsfrist nach griechischem Recht unter anderem mitgeteilt, dass eine beschlagnahmte Wohnung versteigert werden könne, das Verfahren jedoch über den bisher angegebenen Verjährungszeitpunkt hinaus dauern werde. Die griechischen Behörden teilten hierzu mit, dass sich die Verjährungsfrist aufgrund von gegen das Unternehmen in Griechenland getroffener Maßnahmen bis zum 22.01.2030 verlängert habe.
18Einen weiteren Antrag auf Akteneinsicht stellte der Kläger am 19.10.2020 gegenüber dem BZSt. Auch dieser Antrag wurde mit Ausnahme der Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten am 19.10.2020 abgelehnt. Eine weitergehende Auskunftspflicht bestehe nicht, da die Erteilung der Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des BZSt bzw. der betreffenden Landesfinanzbehörde liegenden Aufgaben gefährde (vgl. § 32c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO). In Kenntnis des griechischen Beitreibungsersuchens habe sich der Kläger mit der Transferierung eines erheblichen Geldbetrags in die P weitgehend der inländischen Vollstreckungsmaßnahmen entzogen. Es bestehe daher die begründete Gefahr, dass er bei einer weitergehenden Auskunft Informationen erlange, die es ihm ermöglichten, weitere Vermögenswerte der inländischen Vollstreckung zu entziehen.
19Zur Zulässigkeit der Klage führt der Kläger aus, es sei zutreffend, dass die Maßnahmen, wie die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen nicht mit dem Einspruch angefochten worden seien, dass sich das Aufhebungsbegehren jedoch auf § 257 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 257 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO stütze, hilfsweise auf §§ 130, 131 AO. Hinsichtlich des Antrages des Beklagten gegenüber dem Grundbuchamt auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, so dass eine Aufhebung im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgt werden könne. Diese Erwägungen seien auch auf die vom Beklagten gegenüber sich selbst vorgenommene Pfändung zutreffend.
20Gegenüber dem Beklagten stellte der Kläger mit Schriftsatz vom 14.01.2020 nach Klageerhebung unmittelbar einen entsprechenden Aufhebungsantrag. Mit Schreiben vom 19.03.2021, in dem der Beklagte auf einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen vom 05.03.2021 Bezug nahm, wies der Beklagte darauf hin, dass die Anträge Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens seien und daher erst nach umfassendem Abschluss des Klageverfahrens entschieden werden könnten.
21Hinsichtlich des weiteren Antrages auf Unterlassung und Ablehnung des Beitreibungsersuchens ist der Kläger der Auffassung, dass er insbesondere über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis verfüge. Dies folge bereits aus der Ablehnung des Akteneinsichtsantrages durch das BZSt, den selbiges ausdrücklich darauf stütze, dass eine weitere Akteneinsicht verweigert werde, um einen weiteren Vollstreckungserfolg nicht zu gefährden. Ein fortgesetzter Wille des Beklagten zur Vollstreckung bestehe weiterhin, so seien die griechischen Behörden informiert worden, dass eine beschlagnahmte Wohnung auch versteigert werden könne. Er würde eine nicht wiedergutzumachende Rechtsverletzung erleiden, wenn er erst die Initiierung/den Fortgang des Versteigerungsverfahrens abwarten müsse. Ein für den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag erforderliches Feststellungsinteresse sei ebenfalls gegeben. Anders als im Urteil des BFH vom 11.12.2012 (Vll R 69/11) fehle es im vorliegenden Verfahren an einem parallelen Klageverfahren gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen. Jedenfalls sei aber der Grundsatz der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes zu beachten. Dabei bestehe auch gerade deshalb im vorliegenden Fall ein Interesse am Feststellungsantrag, als ein Feststellungsurteil in der begehrten Form sowohl inhaltlich als auch in der Bindungswirkung des Tenors weit über ein bloß punktuelles Anfechtungsurteil betreffend irgendeine Vollstreckungsmaßnahme hinausgehe. Die für den effektiven Rechtsschutz erforderliche Rechtssicherheit schaffe in einer Situation, in der eine Vielzahl von Vollstreckungsmaßnahmen in existenzvernichtendem Umfang initiiert bzw. zu erwarten seien, allein die Entscheidung über die Unzulässigkeit weiterer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf Grundlage des EU-Beitreibungsrechts. Das FG München nehme in seiner Entscheidung vom 30.01.2020 (10 K 1105/17) umfassend zur Zulässigkeit der Feststellungsklage Stellung. Danach sei die Feststellungsklage zulässig, soweit es um die Rechtswidrigkeit weiterer noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen gehe. Auch aus der Entscheidung des BVerfG im Eilverfahren folge, dass es eine Entscheidung in der Hauptsache geben müsse.
22Zur Begründetheit der Klage führt der Kläger aus, dass es für die Gewährung von Amtshilfe durch die deutschen Behörden bereits an einem hinreichenden Vollstreckungstitel gegen ihn in Griechenland fehle. Die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen setze gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EUBeitrG und Art. 10 Abs. 1 BeitrRL das Bestehen eines Vollstreckungstitels im ersuchenden Mitgliedsstaat, also hier Griechenland, voraus. Diese Voraussetzung sei auch im ersuchten Staat zu überprüfen und vorliegend nicht erfüllt. In Betracht komme insoweit allein der Umsatzsteuerbescheid 2000 der A vom 24.03.2003, der jedoch allein an die „A1“ gerichtet sei. Er selbst sei darin nicht benannt. Ein gesonderter Haftungsbescheid, eine Zahlungsaufforderung oder eine sonstige Vollstreckungsankündigung seien ihm nicht bekanntgegeben worden. Insofern bestreite er auch vorsorglich, dass ein organschaftlicher Vertreter nach griechischem Recht akzessorisch und verschuldensabhängig für Umsatzsteuerschulden oder sonstige Steuerschulden der Gesellschaft, für die er als Vertretungsorgan tätig ist, hafte. Schließlich seien der Inhalt des einheitlichen Vollstreckungstitels und des Umsatzsteuerbescheides 2000 vom 23.04.2003, der ihm erst im Nachgang zur Einleitung des streitigen Beitreibungsverfahrens aufgrund eigener Nachforschungen und Erkundigungen zur Kenntnis gelangt sei, nicht miteinander in Einklang zu bringen. In dem einheitlichen Vollstreckungstitel werde ein Betrag i.H.v. … EUR Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen i.H.v. … EUR genannt. Im Umsatzsteuerbescheid werde dagegen eine Umsatzsteuerforderung i.H.v. … GRD und eine offene Gesamtforderung von … GRD genannt. Unter Zugrundelegung eines Umrechnungskurses von 1 GRD = 0,0029347 EUR entspreche dies einer Umsatzsteuerforderung i.H.v. … EUR und einer Gesamtforderung i.H.v. … EUR. Den Umsatzsteuerbescheid hat der Kläger nebst Übersetzung im Klageverfahren vorgelegt. Er ist der Auffassung, es fehle insoweit auch an der erforderlichen Deckungsgleichheit zwischen dem Vollstreckungstitel im ersuchenden Staat und dem einheitlichen Vollstreckungstitel. Dem Umsatzsteuerbescheid als Vollstreckungstitel liege eine Steuerschuld zugrunde, dem einheitlichen Vollstreckungstitel dagegen eine Haftungsschuld.
23Des Weiteren verstoße das Beitreibungsersuchen gegen Art.14 Abs. 1 und Abs. 2 der BeitrRL iVm Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie den ordre-public-Vorbehalt. So habe der EuGH in der Rechtssache C-34/17 Donnellan entschieden, dass ein Sachverhalt, bei dem die ersuchende Behörde die Beitreibung einer Forderung beantrage, die auf einer dem Betroffenen nicht zugestellten Entscheidung beruhe, nicht die in Art. 11 Abs. 1 der BeitrRL genannten Anforderungen an ein Beitreibungsersuchen erfülle. Demnach sei die Zustellung des dem Beitreibungsersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungstitels zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Beitreibungsersuchens. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Fall sei mit dem vorliegenden Streitfall vergleichbar. Er habe erstmals durch die Übermittlung des einheitlichen Vollstreckungstitels durch das Finanzamt D vom 28.01.2013 von der noch offenen Umsatzsteuerforderung gegen die A für das Jahr 2000 Kenntnis erlangt. Der Umsatzsteuerbescheid aus dem Jahr 2003 sei ihm weder im Original, noch in deutscher Sprache übermittelt worden. Weder ein Haftungsbescheid noch eine Zahlungsaufforderung oder Vollstreckungsankündigung seien ihm bekannt gegeben worden. Herr F sei von ihm auch nicht vollumfänglich als steuerlicher Vertreter bestellt worden. Lediglich für das Jahr seines Ausscheidens als Beschäftigter der A Mitte 2001 sei Herr F mit der Entgegenahme des Einkommensteuerbescheides sowie der Einlösung eines Verrechnungsschecks über die Steuererstattung bevollmächtigt gewesen. Er selbst habe Griechenland Mitte 2001 verlassen.
24Eine Haftung seinerseits unmittelbar aus dem Umsatzsteuerbescheid gegen die A ohne gesonderten Haftungsbescheid und Vollstreckungsankündigung i.S.d. § 254 AO verstoße zudem gegen den ordre-public-Vorbehalt. Nach deutschem Steuerrecht werde streng zwischen Steuer- und Haftungsschuld unterschieden. Die Haftungstatbestände des deutschen Rechts knüpften insbesondere daran an, dass Dritte - i.d.R. durch eine Pflichtverletzung - Ursachen dafür setzen, dass sich die Möglichkeit der Realisierung des Anspruchs verschlechtere, der Anspruch also gefährdet werde. Eine verschuldensunabhängige Haftung für Steuerschulden Dritter sei - jedenfalls in den Fällen der gesetzlichen Vertretung gem. § 69 AO iVm. § 34 AO - nach deutschem Steuerrecht nicht vorgesehen. Auch sei eine Inanspruchnahme für eine fremde Steuerschuld ohne vorherige Ermessensausübung der Behörde nach deutschem Recht untragbar. Ohne entsprechendes Haftungsverfahren sei zudem ein effektiver Rechtsschutz des Haftungsschuldners nicht gewährleistet. Würde, wenn eine Haftungsschuld gegenüber einem Geschäftsführer durchgesetzt werden soll, allein auf den Zugang eines Steuerbescheids bei der Gesellschaft abgestellt, sei letztlich ein Geschäftsführer über viele Jahre und möglicherweise endgültig schutzlos gestellt. Ohne Kenntnis eines wie auch immer gearteten Steuerverfahrens in dem Land, das später um Beitreibung ersucht, könne gegen die Steuerfestsetzung nicht vorgegangen werden. Dies verstoße gegen die Grundsätze der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, das Rechtsstaatsprinzip und die Grundsätze des Art. 19 Abs. 4 GG und laufe damit dem ordre-public-Vorbehalt entgegen.
25Des Weiteren sei die Vollstreckung auch i.S.v. § 14 Abs. 1 EUBeitrG unbillig. Aufgrund der stark eingeschränkten Rechtsschutzmöglichkeiten sei der Begriff der Unbilligkeit weit auszulegen. Die Haftungsforderung übersteige sein Vermögen, so dass eine Beitreibung unweigerlich die Privatinsolvenz sowie die wirtschaftliche Existenzvernichtung zur Folge habe. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass es sich um seine gesamte Altersvorsorge handele.
26Schließlich stehe der Amtshilfe auch die relative und die absolute Betagung i.S.v. § 14 Abs. 2 EUBeitrG entgegen. Es sei vorliegend bereits relative Verjährung i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EUBeitrG eingetreten. Danach werde Amtshilfe nicht geleistet, wenn sich das ursprüngliche Ersuchen um Amtshilfe auf Forderungen beziehe, die älter als fünf Jahre gewesen seien. Ausgehend von der Angabe der griechischen Behörden, dass Grundlage für die Vollstreckung gegenüber ihm der Umsatzsteuerbescheid aus 2003 sei, sei Fälligkeit bereits ebenfalls in 2003 eingetreten. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid eingelegt, ein Rechtsbehelf der A oder eines anderen Mitschuldners führe nicht zu einer aufschiebenden Wirkung ihm gegenüber. Die Fünfjahresfrist sei demnach bei Eingang des Vollstreckungsersuchens bereits abgelaufen gewesen. Daneben sei mittlerweile aber auch absolute Verjährung i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EUBeitrG eingetreten. Danach dürfe Amtshilfe nach dem EUBeitrG nicht geleistet werden, wenn die Forderung älter als zehn Jahre sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der zehnjährigen Verjährungsfrist sei die auf Grundlage des Beitreibungsersuchens konkret beabsichtigte Vollstreckungsmaßnahme und nicht der Zeitpunkt des Vollstreckungsersuchens. Ausgehend von der im Vollstreckungsersuchen angegebenen Fälligkeit am 30.06.2008 seien die Maßnahmen ab dem 01.07.2018 damit rechtswidrig. Jedenfalls hinsichtlich solcher Maßnahmen, die am 30.06.2018 bereits bestandskräftig gewesen seien, bestehe deshalb auch ein Feststellungsinteresse. Der Klage könne eine Subsidiarität der Feststellungsklage nicht entgegengehalten werden, denn gegenüber diesen Maßnahmen habe das Argument der absoluten Verjährung vor Eintritt der Bestandskraft nicht geltend gemacht werden können.
27In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Klage gerichtet auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen (ursprünglich Anträge Ziffer 1. a. bis f.) zurückgenommen.
28Der Kläger beantragt nunmehr noch,
291. die Vollstreckungsmaßnahme des Beklagten aufzuheben, namentlich
30g. die Zwangssicherungshypothek über … EUR betreffend seine Eigentumswohnung in G, Anschrift 4, eingetragen im Verwaltungszwangsverfahren aufgrund des Ersuchens des Finanzamts G (Az. 1 und Az. 2) am 11.06.2018 im Grundbuch beim Amtsgericht G, Blatt …, …,
312. das beklagte Finanzamt zu verpflichten, das eingegangene Beitreibungsersuchen Griechenlands gem. § 14 Abs. 1 und Abs. 2 EUBeitrG abzulehnen und weitere Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Beitreibungsersuchen zu unterlassen;
32hilfsweise
333. festzustellen, dass bereits ergriffene sowie zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des einheitlichen Vollstreckungstitels vom 25.01.2013 im Rahmen des Beitreibungsersuchens unzulässig und das Beitreibungsersuchen rechtswidrig sind
34sowie hilfsweise,
354. die Revision zum Bundesfinanzhof gem. § 115 Abs. 2 EGO zuzulassen
36sowie höchst hilfsweise,
375. das Verfahren auszusetzen und den Europäischen Gerichtshof gem. Art 267 Abs. 2 AEUV um Vorabentscheidung zu der Frage zu ersuchen, ob Art. 10 Abs. 1 Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16.03.2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen (Beitreibungsrichtlinie — BeitrRL) einer nationalen Vorschrift wie der des § 10 EUBeitrG entgegen steht, wenn danach ein Vollstreckungstitel in einem anderen Mitgliedstaat iSd § 10 EUBeitrG auch in einem lediglich gegen eine Gesellschaft gerichteten Steuerbescheid, für deren Steuerschulden der im Wege des Beitreibungsersuchens in Anspruch Genommene als Haftungsschuldner haften soll, zu sehen ist und daraus weder der in Anspruch Genommene als Forderungsschuldner noch die konkrete Leistungsverpflichtung hervorgehen.
38Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Hinsichtlich Ziffer 1 des Antrages des Klägers ist der Beklagte der Auffassung, dass die Klage als Anfechtungsklage unzulässig sein dürfte, weil der Kläger gegen die Maßnahmen, bei denen es sich um Verwaltungsakte handele, keinen Einspruch eingelegt habe und auch die Voraussetzungen einer Sprungklage nicht gegeben seien.
41Die Klage sei zudem auch nicht begründet. Soweit die Rechtmäßigkeit der dem Ersuchen zugrundeliegende Forderung in Frage gestellt werde, seien diese Einwendungen außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Es sei nicht Aufgabe des deutschen Finanzamtes die Rechtmäßigkeit der Bitte des ersuchenden Staates um Durchführung bzw. Fortführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu überprüfen. Vielmehr habe es dem Kläger oblegen, mit den in dem ersuchenden Staat vorhandenen Rechtsmitteln eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen. Dies sei gegenüber dem Kläger auch wiederholt zum Ausdruck gebracht worden. Die grundsätzliche Zuständigkeitsverteilung im Verfahren nach EUBeitrG erlaube es der ersuchten Behörde grundsätzlich nicht, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der Handlungen oder der Entscheidungen um deren Zustellung ersucht wird, infrage zu stellen, es sei denn, die Vollstreckung des Titels würde die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedsstaates beeinträchtigen. Das setze jedoch voraus, dass zunächst der Rechtsweg in Griechenland abschließend beschritten worden sei. Dies entspreche dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens. In Griechenland Rechtsbehelfe einzulegen habe der Kläger jedoch unterlassen.
42Die von Klägerseite herangezogene Entscheidung des EuGH C-34/17, Donnellan, könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden, da der dortige Kläger von der Forderung des ersuchenden Staates „überrascht“ worden sei, während der Kläger im vorliegenden Fall Herrn F zu seinem Vertreter bestellt habe.
43Soweit der Kläger von einer Betagung ausgehe, sei auch dies nicht zutreffend. Das ursprüngliche Ersuchen vom 04.12.2012 beinhaltete eine zum 01.07.2008 fällige Forderung. Der Fünfjahreszeitraum habe damit zum 30.06.2013 geendet. Dabei sei zu beachten, dass die in § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EUBeitrG ausgewiesenen Fristen Ausschlussfristen darstellten, die im Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens erfüllt sein müssten. Es würde der Intention des EU-BeitrG wiedersprechen, wenn ein Zwangsvollstreckungsverfahren automatisch nach Fristablauf eingestellt werden müsste. Im Übrigen werde in Art. 19 Abs. 1 EUBeitrRL und § 15 Abs. 1 EUBeitrG auf inländische Verjährungsvorschriften verwiesen. Nach den inländischen Vorschriften sei eine Zahlungsverjährung noch nicht eingetreten.
44Soweit der Kläger behaupte, die Vollstreckung habe existenzvernichtende Wirkung, sei dies nicht zutreffend. So seien die ausgebrachten Pfändungs- und Einziehungsverfügungen für die hier bekannten bzw. betroffenen Konten letztlich ins Leere gelaufen. Es obliege der alleinigen Disposition des Klägers, ob er die gepfändeten Konten überhaupt und wenn ja in welchem Umfang noch einmal „bestücke" mit der Folge, dass er allein durch die „Nichtverwendung" dieser Konten insoweit dauerhaft die Vollstreckung vereiteln könne. In das Grundbuch der vom Kläger erworbenen Eigentumswohnung (Wert ca. … EUR) sei eine Sicherungshypothek eingetragen worden. Daneben verfüge der Kläger nach eigenen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 05.04.2018 über Bankguthaben im Gesamtwert von … EUR und BargeId in Höhe von … EUR. Angesichts dieser Gesamtvermögenswerte würde nach der Überzeugung des Beklagten allein die Verwertung der Eigentumswohnung jedenfalls nicht zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen und persönlichen Existenz des Klägers führen.
45Der Beklagte nimmt darüber hinaus Bezug auf seine Ausführungen in den in dieser Sache bereits geführten Eilverfahren. Dort hatte der Beklagte unter anderem vorgebracht, dass das inländische Recht zur Vermeidung einer Existenzvernichtung diverse Schutzinstrumentarien vorsehe, zu denen insbesondere die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff der Zivilprozessordnung (ZPO) zählten. Allein diese Schutzvorschriften begrenzten den Umfang und die Wirkung des Zwangsvollstreckungsverfahrens, und zwar unabhängig von der Höhe der Forderungssumme. Würde man der Begründung des Klägers folgen, wonach aufgrund der Höhe der Forderung eine existenzbedrohende Situation gegeben sei, würde der in Art. 3 des Grundgesetzes (GG) zum Ausdruck gebrachte Gleichheitsgrundsatz verletzt werden. Auch stellten die steuerlichen Forderungen der Mitgliedstaaten keine Forderungen minderen Rechts dar. Ebenso wenig sei das Zwangsvollstreckungsverfahren unbillig im Sinne von § 258 AO. Dies sei nur der Fall, wenn eindeutig erkennbar sei, dass innerhalb von 6 bis max. 12 Monaten ab Fälligkeit eine Vollzahlung erfolge. Hiervon könne jedoch bereits nach den Ausführungen des Klägers nicht ausgegangen werden.
I. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gem. § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO einzustellen.
47II. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg, sie ist bereits unzulässig.
481. Der Klageantrag zu Ziffer 1. ist unabhängig von der Auslegung bzw. Umdeutung des Klageantrages unzulässig.
49Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei dem Klageantrag zu 1. um eine Anfechtungsklage, was der Wortlaut nahelegt, eine Leistungsklage, wie von Klägerseite im Schriftsatz vom 14.01.2020 vorgetragen, oder eine Verpflichtungsklage, wie von Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vertreten, handelt.
50a) Der Antrag ist als Anfechtungsklage unzulässig, weil es an der vorherigen Durchführung eines Rechtsbehelfsverfahrens fehlt. Nach § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Daran fehlt es hier.
51Bei der nunmehr allein noch angegriffenen Vollstreckungsmaßnahme handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO, so dass gegen diese der Einspruch als außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist (§ 347 Abs. 1 AO). In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist geklärt, dass auch der Antrag des Beklagten auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek gegenüber dem Amtsgericht einen Verwaltungsakt darstellt. Dies ist bei die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen einleitenden Anträgen der Vollstreckungsbehörde auf Eintragung – hier: einer Sicherungshypothek – dann der Fall, wenn er – wie hier – die Bestätigung der Vollstreckungsbehörde enthält, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen (vgl. BFH, Urteil vom 21.07.2009 – VII R 52/08, BStBl II 2010, 51 und Beschlüsse vom 26.06.1997 – VII B 52/97, BFH/NV 1997, 830 und 15.12.1992 – VII B 132/92, BFH/NV 1993, 711).
52Das demnach für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage erforderliche außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren hat der Kläger nicht durchgeführt. Einspruch hat der Kläger beim Beklagten nicht eingelegt. Auch ein Ausnahmefall i.S.v. § 45 oder § 46 FGO liegt nicht vor. Für eine Sprungklage nach § 45 FGO fehlt es jedenfalls an einer Einhaltung der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO), dies gilt selbst unter Zugrundelegung der Jahresfrist in § 55 Abs. 2 FGO. Die Verfügungen wurden dem Kläger mit Schriftsätzen vom 11.04.2018, 19.07.2018, 23.07.2018 und 25.07.2018 übersandt, Klageerhebung erfolgte jedoch erst am 01.08.2019. Für eine Untätigkeitsklage i.S.d. § 46 FGO fehlt es bereits an der Einspruchseinlegung durch den Kläger.
53b) Soweit der Kläger die Klage schriftsätzlich als Leistungsklage verstanden wissen wollte, ist diese bereits nicht statthaft. Wie dargelegt handelt es sich bei der Vollstreckungsmaßnahme, deren Aufhebung der Kläger nunmehr noch begehrt um einen Verwaltungsakt. Auch die Aufhebung eines Verwaltungsaktes stellt ihrerseits einen Verwaltungsakt dar (vgl. Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 181. Lieferung, 5/2024, § 130 AO, Rn. 55). Sein Begehren stützt der Kläger in der Sache zum einen auf die §§ 130, 131 AO. Diese eröffnen jedoch dem Gericht keine Möglichkeit, die streitbefangenen Maßnahmen unmittelbar aufzuheben, sondern allenfalls die Behörde zu verpflichten, über einen ihr gegenüber gestellten Aufhebungsantrag (neu) zu entscheiden oder ggf. sogar die Behörde zur Aufhebung zu verpflichten. Dieses Begehren ist dementsprechend im Wege der Verpflichtungsklage durchzusetzen. (BFH, Beschluss vom 20.12.2005 – VII B 327/04, BFH/NV 2006, 707). Auch soweit der Kläger seinen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung auf § 257 AO stützt ist die statthafte Klageart die Verpflichtungsklage (vgl. BFH, Beschluss vom 11.09.1989 – VII B 129/89, BFH/NV 1990, 212; Neumann in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 183. Ergänzungslieferung, Mai 2024, § 257 AO 1977, Rn. 14; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 181. Lieferung, 5/2024, § 257 AO, Rn. 11).
54c) Auch als Verpflichtungsklage ist die Klage jedoch (unheilbar) unzulässig. Auch hier fehlt es an einem Vorverfahren i.S.v. § 44 FGO. Der Antrag auf Aufhebung gegenüber dem Beklagten wurde erst nach Klageerhebung gestellt. Einen Einspruch gegen eine etwaige Entscheidung des Beklagten oder wegen dessen Untätigkeit hat der Klägervertreter erst in der mündlichen Verhandlung eingelegt. Dies führt dazu, dass die Klage auch nicht nach § 45 FGO oder § 46 FGO zulässig ist.
55Eine Untätigkeitssprungklage i.S.v. § 45 FGO wird durch die Sonderregelung in § 46 FGO ausgeschlossen. Eine vor Erlass eines ablehnenden Verwaltungsaktes erhobene Sprungklage in der Form der sog. Vornahmeklage ist vielmehr unheilbar unzulässig. Auch der nachträgliche Erlass des Verwaltungsaktes oder die Ablehnung des Antrages heilt die Unzulässigkeit der Klage nicht. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO ist eine Verpflichtungsklage abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Ist kein Einspruch möglich, weil das FA über den Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts nicht entscheidet, muss vor Erhebung der Klage ein sog. Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 AO eingelegt werden. Ist der Einspruch als Rechtsbehelf nicht nach § 348 AO ausgeschlossen, so ist eine Verpflichtungsklage wegen Unterlassens eines beantragten Verwaltungsaktes grundsätzlich erst nach erfolglosem Untätigkeitseinspruch zulässig (vgl. BFH, Urteil vom 19.05.2004 – III R 18/02, BStBl II 2004, 980).
56Der Beklagte hat mit Schreiben vom 05.03.2021 keine ablehnende Entscheidung in der Sache getroffen, sondern es (vorerst) abgelehnt in der Sache zu entscheiden. Hiergegen hätte der Kläger vor Klageerhebung Untätigkeitseinspruch einlegen müssen, was jedoch nicht erfolgt ist. Es handelt sich dabei nach der o.g. BFH-Entscheidung um einen unheilbaren Mangel, der selbst durch den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes nicht geheilt würde (vgl. auch BFH, Beschluss vom 04.06.2014 – VII B 180/13, BFH/NV 2014, 1723). Der Kläger wird dadurch auch nicht rechtschutzlos gestellt, weil er sein Begehren im Wege Untätigkeitseinspruch weiterverfolgen kann.
572. Der zu Ziffer 2 gestellte Antrag des Klägers ist ebenfalls unzulässig.
58a) Soweit der Kläger die Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen aus dem Beitreibungsersuchen begehrt, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Für den damit vom Kläger begehrten vorbeugenden Rechtsschutz ist angesichts des Rechtsschutzsystems der FGO ein besonders intensives Rechtsschutzinteresse Voraussetzung, an dem es hier jedoch fehlt.
59Geht es darum, eine behördliche Maßnahme abzuwehren, bietet die FGO dem Rechtssuchenden neben Einspruch und Anfechtungsklage einstweiligen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) bzw. einstweilige Anordnung (§ 114 FGO). Die Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen aus einem Beitreibungsersuchen ist daher vorrangig im Wege des einstweiligen Rechtschutzes durch Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) bzw. einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu verfolgen. Für eine Unterlassungsklage ist nur dann Raum, wenn das erstrebte Schutzziel mit diesen Rechtsbehelfen nicht erreicht werden kann, wenn also substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein, und ein Abwarten der tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist, weil die Rechtsverletzung die über die reine Geldleistung hinausgehende einschneidende Beeinträchtigungen mit sich brächte, dann nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachen ist. Dies ist der Fall, wenn dem Vollstreckungsschuldner erhebliche Nachteile drohen, die seine persönliche oder wirtschaftliche Existenz gefährden und die nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen wiedergutzumachen sind. Unzulässig ist eine Klage insbesondere dann, wenn sie auf eine rechtsgutachterliche Stellungnahme zu der Frage hinausliefe, unter welchen Voraussetzungen das FA ein Vollstreckungsersuchen ablehnen müsste, oder wenn lediglich die hypothetische Möglichkeit einer späteren Rechtsverletzung oder eines späteren Schadens geltend gemacht wird (mit ausführlichen Nachweisen: BFH, Urteile vom 11.12.2012 – VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739 und vom 28.11.2017 – VII R 30/15, BFH/NV 2018, 405).
60Soweit demnach für das zur Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage erforderliche intensive Rechtsschutzinteresse zunächst ein bestimmtes künftig zu erwartendes Handeln abzusehen sein muss, ist dem Kläger zuzugestehen, dass angesichts der Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen und des BZSt zu den von ihm gestellten Akteneinsichtsanträgen mit weiteren Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen sein dürfte und jedenfalls die von dem Beklagten gegenüber den griechischen Behörden in Aussicht gestellte Zwangsversteigerung der Wohnung des Klägers hinreichend konkret erwartbar ist. Dies allein reicht jedoch nach dem oben Gesagten nicht aus. Darüber hinaus muss der zu erwartende Eingriff derart sein, dass die Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ausreichen, um diesen effektiv abzuwehren. Daran fehlt es vorliegend. Der Kläger geht mit seinem Vortrag zwar darauf ein, dass weitere Maßnahmen zu erwarten seien, nicht jedoch darauf, dass die (einstweiligen) Rechtsschutzmöglichkeit der AO/FGO nicht ausreichend sind, um sich dagegen zu wehren. Dies gilt auch, soweit der Kläger auf die drohende Zwangsversteigerung der von ihm selbst bewohnten Immobilie abstellt, denn auch der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den der Einspruch statthaft und der zudem nach § 69 FGO aussetzungsfähig ist (vgl. BFH, Beschluss vom 21.08.2008 – VII B 243/07, BFH/NV 2008, 1990). Der Kläger trägt schon nicht substantiiert vor, warum ihm insoweit ein Vorgehen im Wege des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung unzumutbar sei.
61b) Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten begehrt, das Ersuchen gegenüber den griechischen Behörden abzulehnen, kann der Senat offenlassen, ob insoweit eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage statthaft ist, da der hierauf gerichteten Klage jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Sie wäre im Übrigen, ohne dass es vorliegend darauf ankäme, gegen das BZSt zu richten.
62Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei der vom Kläger begehrten Ablehnung um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. zur fehlenden Verwaltungsaktqualität eines Betreibungsersuchens: BFH, Urteil vom 21.07.2009 – VII R 52/08, BStBl II 2010, 51), denn die auf die Ablehnung des Ersuchens gegenüber den griechischen Behörden gerichtete Klage ist im vorliegenden Fall mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig. Unabhängig von den sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer solchen Klage kommt diese nur unter den o.g. strengen Voraussetzungen einer vorbeugenden Unterlassungsklage in Betracht, denn im Ergebnis läuft das Begehren des Klägers, da es losgelöst von etwaigen konkreten Vollstreckungsmaßnahmen der inländischen Behörden besteht, auf eine vorbeugende Unterlassungsklage gerichtet auf Unterlassung (weiterer) Vollstreckungsmaßnahmen auf Grundlage des Beitreibungsersuchens, dessen Ablehnung der Kläger begehrt, heraus, denn mit der Ablehnung des Ersuchens begehrt der Kläger im Kern eine Einstellung der Vollstreckung auf Grundlage des Ersuchens und damit eine Unterlassung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen. Wie oben dargelegt bedarf es für die Zulässigkeit einer solchen vorbeugenden (Unterlassungs-)Klage eines besonders intensiven Rechtsschutzbedürfnisses, das vom Senat aus den o.g. Gründen nicht festgestellt werden kann.
63Der Senat ist im Übrigen, ohne dass es hierauf aufgrund der Unzulässigkeit der Klage noch ankäme, der Auffassung, dass diese in der Sache bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil sie sich gegen den falschen Beklagten richtet. Materiell zuständig für die Mitteilung der Ablehnung eines Ersuchens gegenüber dem anderen Mitgliedsstaat ist das BZSt. Das folgt bereits aus § 14 Abs. 3 EUBeitrG, nachdem das Verbindungsbüro dem anderen Mitgliedsstaat die Ablehnung mitteilt. Verbindungsbüro ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EUBeitrG das BZSt. Dabei kommt dem BZSt, anders als im umgekehrten Fall eines deutschen Vollstreckungsersuchens, nicht bloß eine Übermittlungsfunktion zu (vgl. dazu BFH, Urteil vom 21.07.2009 – VII R 52/08, BStBl II 2010, 51), denn die Verbindungsbüros, hier also das BZSt, übernehmen nicht bloß die Kommunikation mit den ersuchenden Behörden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 EUBeitrG), sondern prüfen das Ersuchen auch auf Zulässigkeit nach dem EUBeitrG (§ 3 Abs. 1 Satz 4 EUBeitrG). Ihnen obliegt außerdem die Prüfung, ob die Amtshilfe gemäß § 14 Abs. 2 EUBeitrG zu unterbleiben hat (§ 3 Abs. 1 Satz 4 EUBeitrG).
643. Auch die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist bereits unzulässig.
65a) Soweit der Kläger mit diesem Antrag die Feststellung der Unzulässigkeit bereits ergangener Vollstreckungsmaßnahmen begehrt, ist die Klage bereits aufgrund der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig (§ 41 Abs. 2 Satz 1 FGO). Auf ein Feststellungsinteresse kommt es insoweit nicht an.
66Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies war hier der Fall, weil der Kläger gegen die bereits ergangenen Vollstreckungsmaßnahmen (auch den Antrag auf Eintragung der Sicherungshypothek, s.o.) im Wege des Einspruchs und ggf. anschließend der Anfechtungsklage hätte vorgehen können.
67Soweit der Kläger dazu vorbringt, hinsichtlich der Maßnahmen, die vor Ablauf der nach seiner Auffassung absoluten Verjährung ergangen seien, sei ihm dies nicht möglich gewesen, weil er sein Argument zur absoluten Verjährung zu diesem Zeitpunkt (aufgrund deren seiner Auffassung nach erst späteren Eintritts) nicht habe vorbringen können, scheitert die Feststellungsklage dennoch an der Subsidiarität. Der Kläger hätte seine Rechte insoweit jedenfalls mit einer zulässigen Verpflichtungsklage verfolgen können, denn er hätte insoweit beim Beklagten gestützt auf § 257 AO die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen beantragen und bei ablehnender Entscheidung Verpflichtungsklage erheben können (vgl. BFH, Beschluss vom 11.09.1989 – VII B 129/89, BFH/NV 1990, 212). Das ihm insoweit gerichtlicher Rechtsschutz im hiesigen Verfahren verwehrt bleibt, liegt allein daran, dass er einen Antrag auf Aufhebung erst nach Klageerhebung gegenüber der Behörde gestellt und insoweit auch vor Klageerhebung keinen (Untätigkeits-)Einspruch eingelegt hat. Rechtsschutzlos ist er insoweit schon deshalb nicht gestellt, weil es ihm möglich ist, jedenfalls im Wege des Untätigkeitseinspruchs sein gegenüber dem Beklagten geäußertes Aufhebungsbegehren weiterzuverfolgen und anschließend ggf. Verpflichtungsklage zu erheben.
68b) Auch soweit mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer künftigen Vollstreckung aus dem Beitreibungsersuchen erreicht werden soll, ist diese bereits nicht zulässig.
69Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses i.S. des § 41 Abs. 1 FGO. Das danach erforderliche Feststellungsinteresse ist eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses an dem es hier aus den oben zur vorbeugenden Unterlassungsklage genannten Gründen fehlt. Unbeachtlich ist insoweit, dass es im vorliegenden Fall an einer vom Kläger parallel erhobenen Anfechtungsklage, die der Feststellungsklage ebenfalls das Feststellungsinteresse nehmen würde, fehlt (vgl. zu dieser Konstellation BFH, Urteile vom 11.12.2012 – VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739), denn die Zulassung einer Feststellungklage bei gleichzeitiger Unzulässigkeit der Unterlassungsklage wäre im Streitfall widersprüchlich. Besteht nämlich kein Rechtsschutzinteresse für die Unterlassungsklage, weil nach den Feststellungen des Senates für den Kläger mit der Möglichkeit, im Zeitpunkt der Vornahme einer Vollstreckungsmaßnahme eine AdV zu erwirken, ausreichender Rechtsschutz besteht, so spricht dieser Gesichtspunkt auch gegen das besondere Feststellunginteresse i.S. des § 41 Abs. 1 FGO (BFH, Urteile vom 11.12.2012 – VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739, Rn. 23).
70Soweit der BFH in Erwägung gezogen hat, dass ein Feststellungsinteresse möglicherweise vorliegen könnte, wenn eine Vollstreckung aus dem umstrittenen Beitreibungsersuchen erstmalig bevorstünde (BFH, Urteile vom 11.12.2012 – VII R 69/11, BFH/NV 2013, 739), liegen diese Voraussetzungen hier ersichtlich nicht vor, da der Beklagte bereits diverse Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen hat, die der Kläger zudem bestandskräftig hat werden lassen. Das ist auch der Unterschied zu der von Klägerseite herangezogenen Entscheidung des FG München (Urteil vom 30.01.2020 – 10 K 1105/17, EFG 2020, 972), in der dieses zur Begründung des Feststellungsersuchens, im Einklang mit der vorgenannten BFH-Rechtsprechung, auf das erstmalige Bevorstehen einer Vollstreckung abstellte.
71Soweit der Kläger aus der zum vorliegenden Sachverhalt ergangenen Verfassungsgerichtsentscheidung folgert, dass es eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren geben müsse, kann er daraus die Zulässigkeit der konkret von ihm erhobenen Klage schon deshalb nicht herleiten, weil die Entscheidung des BVerfG erging, bevor die vorliegende Klage erhoben war.
72c) Schließlich ist die Klage auch unzulässig, soweit der Kläger mit ihr die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beitreibungsersuchens begehrt. Für die begehrte Feststellung fehlt es bereits an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Denn bei dem Beitreibungsersuchen handelt es sich um eine Maßnahme einer griechischen Behörde. Die Finanzgerichtsordnung gewährt Rechtsschutz jedoch ausschließlich gegen Maßnahmen deutscher Behörden. Das folgt bereits aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO, der auf eine Verwaltung durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden abstellt (vgl. Fehling/Linn/Martini, IStR 2023, 805, 806).
73III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
74IV. Die Revision ist beschränkt auf die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Verpflichtung des Beklagten, das eingegangene Beitreibungsersuchen Griechenlands gem. § 14 Abs. 1 und Abs. 2 EUBeitrG abzulehnen, zuzulassen. Nur insoweit liegt ein Revisionsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO, konkret in dessen Nr. 1, vor (zur verfahrensrechtlichen Zulässigkeit der Teil-Revisionszulassung siehe BFH, Urteil vom 25.06.2009 – IX R 56/08, BStBl II 2010, 202).