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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob im Streitjahr 2018 ein Verlust aus § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG i.H.v. 100 % (so die Klägerin) oder nach § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 25 % (so der Beklagte) zu berücksichtigen ist.
3Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gegenstand ist die Verwaltung eigenen Vermögens und das Halten von Gesellschaftsanteilen. Beteiligt waren im Streitjahr die Herren A (20%), B (20 %), C (20 %) sowie die D GmbH (40 %). Die D GmbH hielt die Beteiligung im Betriebsvermögen; die übrigen Beteiligten hielten ihre Beteiligung im Privatvermögen.
4Die Klägerin, die E GbR, hatte diverse Forderungen gegen die F GmbH (im Folgenden: F-GmbH); sie hatte in den Jahren 2017 und 2018, letztmalig am 21. August 2018, Darlehen an die F-GmbH i.H.v. insgesamt 1.193.000 € ausgereicht.
5Die Präambel der Vereinbarung vom ... August 2018 lautet auszugsweise wie folgt:
6„...Diese Vereinbarung erfolgt im Zusammenhang mit der Umsetzung der geplanten Sanierung von F unter Bezugnahme auf die ersten sieben mit der G GmbH und E GbR geschlossenen Vereinbarungen...und ergänzt diese. Insgesamt wurden bis dato 1.113 TEUR durch E, 423 TEUR durch G als Barüberweisungen und etwa 500 TEUR...als Warenkredit durch die H GmbH zur Verfügung gestellt und von dieser an F berechnet. Das aktuelle Gesamtmanagement incl. dieser Vereinbarung beträgt folglich etwa 2,1 Mio EUR. Aus der Vereinbarung unter den Gesellschaftern...ergibt sich, dass die Gesellschafter I und J sich mit 25 %, mithin etwa 525 TEUR an der Finanzierung zu beteiligen haben. Die Präambel ist Bestandteil der Vereinbarungen. Der F GmbH, K (Ort) wurden im Zuge der Umsetzung der Übernahme von 75 % der Geschäftsanteile durch G und E und der Fortsetzung der eingeleiteten Sanierung von E/G weitere 125.000 €...als Fremdkapital zur Fortsetzung der Sanierung und zur Verwendung Personalkosten März 2018 zur Verfügung gestellt. Mit dieser Vereinbarung werden weitere Finanzmittel i.H.v. 100 TEUR von den Investoren (E 80 TEUR) und G (20 TEUR) zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit als Sanierungsdarlehen gewährt. Die Verwendung der Mittel erfolgt vereinbarungsgemäß unter der laufenden Kontrolle von Herrn L, Generalbevollmächtigter der F entsprechend der Weisung der Gesellschafterversammlung an die Geschäftsführung...“
7Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom ... August 2018 (Feststellungsakte des Beklagten) und auf die Vereinbarungen vom ... Dezember 2017 (Bl. 32 ff. der elektronischen Gerichtsakte - eGA - ) Bezug genommen.
8An der F-GmbH war die Klägerin im Streitjahr zu 60 % beteiligt. Beteiligt waren im Streitjahr ferner Herr J und Herr I (jeweils 12,5 %), sowie die G GmbH (im Folgenden G-GmbH) zu 15 %.
9Die Klägerin, vertreten durch ihre Gesellschafter, hatte die Anteile mit notariellem Vertrag vom ... Dezember 2017 (UR-Nr. .../2017 des Notares M) von der G-GmbH erworben. Die G-GmbH war vor Veräußerung zu 75 % an der F-GmbH beteiligt. Sie hatte die Geschäftsanteile mit den Nummern 3 und 4 mit einem Nennbetrag von jeweils 9.375 € (jeweils 37,5 %) gehalten. Mit notariellem Vertrag vom ... Dezember 2017 wurden die Anteile geteilt, so dass nunmehr folgende Anteile bestanden: Nummern 3 und 5 mit einem Nennbetrag von jeweils 1.875 € sowie Nummern 4 und 6 mit einem Nennbetrag von jeweils 7.500 €. Nach Teilung erwarb die Klägerin die Anteile mit den Nummern 5 und 6 zu einem Kaufpreis von jeweils 1 €. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag (Bl. 128 ff. eGA) Bezug genommen.
10Im Streitjahr verkaufte die Klägerin die Forderungen gegenüber der F GmbH mit Vertrag vom ... Oktober 2018 für einen Kaufpreis von 1 € an die G-GmbH. Der „Verkaufs- und Abtretungsvertrag“ lautet auszugsweise wie folgt:
11„...Der F GmbH, K (Ort) wurden in insgesamt 8 Finanzierungsrunden (siehe Anlage mit Zusammenfassung der Zahlungen) zum Zwecke der Sanierung insgesamt von E 1.193.000,00 EUR als Sanierungsdarlehen zur Verfügung gestellt. Gemäß Urkunden Nummern … vom ...10.2017 und … vom ...12.2017 hatte sich E verpflichtet, 60 % von insgesamt 800.000,00 EUR, mithin 480.000,00 EUR als Darlehen zu gewähren. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass trotz der etwa dreimal höheren Darlehensbeträge weitere sechsstellige Beträge zur Fortführung der Gesellschaft erforderlich werden. Dies ist vor allern auf die um etwa 2.000 % verfehlte Ertragsplanung der Geschaftsführung und unerwartet erhobene Gläubigeransprüche zurückzuführen. Außerdem wurden immer wieder Unregelmäßigkeiten im Geschaftsgang und Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung festgestellt. Das Vertrauen in die Geschäftsführung und die Sanierungsfähigkeit der Geselischaft ist deshalb nachhaltig zerstört.
12Aus den genannten Gründen wurden am heutigen ...10.2018 der Verkauf und die Übertragung aller von E gehaltenen Geschäftsanteile an G unter der Nr. … des Notars N beurkundet.
13Dies vorausgeschickt treffen die Parteien folgende Vereinbarungen:
141. E verkauft und überträgt alle an F gewährten Darlehen i.H.v. insgesamt 1.193.000,00 EUR (siehe Anlage) an die dies annehmende G.
152. Der Kaufpreis beträgt 1,00 EUR und wurde in bar bezahlt.
163. E haftet nicht für die Werthaltigkeit bzw. Einbringlichkeit der Forderungen.
174. E tritt alle im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung gewährten Sicherheiten an G ab.
18...“
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag (Bl. 30ff. eGA) Bezug genommen.
20Mit notariellem Vertrag vom 8. November 2018 (UR-Nr. …/2018 des Notares M) veräußerte die Klägerin die Anteile an der F-GmbH ebenfalls an die G. Dabei betrug der Kaufpreis 1 € je Geschäftsanteil. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag (Bl. 138 ff eGA) Bezug genommen.
21Im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften erklärte die Klägerin einen Verlust aus Kapitalvermögen i.H.v. 1.197.870,20 €. Sie reichte jeweils Anlagen FE-KAP 1 für alle Gesellschafter ein und erklärte Einkünfte wie folgt:
22A |
-239.574,04 € |
B |
-239.574,04 € |
C |
-239.574,04 € |
D GmbH |
-479.148,08 €. |
Aus der mit der Erklärung vorgelegten Bilanz (nebst Gewinn- und Verlustrechnung und Anlagenspiegel) ergeben sich folgende Ansätze:
24Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
251.1. |
423.317,07 € |
31.12. |
0,- € |
Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht:
27Zuschreibungen |
660.000,- € |
Umbuchungen |
90.251,51 € |
Abgänge |
1.173.568,60 €. |
Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die üblichen Abschreibungen überschreiten:
291.173.567,60 €.
30Im Anhang wird wie folgt ausgeführt:
31„Die Gesellschaft erzielt mit dem Halten von Beteiligungen sowie der Gewährung von Darlehen Einkünfte aus Kapitalvermögen.
32Die einzelnen Gesellschafter sind zu mehr als 10 % Gesellschafter der F GmbH. An diese Gesellschaft wurden Darlehen gewährt. Die Verluste aus Kapitalvermögen sind voll und unbeschränkt abzugsfähig...Die D GmbH ist zu 40 % Gesellschafter der E GbR und somit handelt es sich bei der E GbR um eine Zebra-Gesellschaft, weil die Einkünfte, die auf die D GmbH entfallen, gewerbliche Einkünfte sind. Diese gewerblichen Einkünfte werden in der Steuerbilanz der D GmbH durch anteilige Übernahme der Steuerbilanzwerte der E GbR erfasst.“
33Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss (Feststellungsakte des Beklagten) Bezug genommen.
34Am 7. November 2018 wurde für die F-GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt; am 12. November 2018 wurde die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht angeordnet. Am ... Februar 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der F-GmbH eröffnet. Das Insolvenzverfahren war bis zum Tag der mündlichen Verhandlung noch nicht abgeschlossen.
35Mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 stellte der Beklagte für sämtliche Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen fest. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Bl. 19 eGA) Bezug genommen.
36Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, die (negativen) Einkünfte seien in voller Höhe zu berücksichtigen. Sie unterlägen wegen § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG der tariflichen Besteuerung; weder bestehe ein Verlust- noch ein Werbungskostenabzugsverbot. Es werde insbesondere auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Oktober 2017 – VIII R 13/15 –, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831, verwiesen.
37Mit Teilabhilfebescheid vom 13. Juli 2020 entsprach der Beklagte dem Einspruchsbegehren der Klägerin insoweit, als die Einkünfte zwar der Höhe nach erklärungsgemäß angesetzt wurden, jedoch für die Gesellschafter B, A und C verbunden mit der Feststellung, dass es sich um Kapitalerträge i.S.d. § 32d Abs. 1 EStG handele. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Bl. 14 ff. eGA) Bezug genommen.
38Mit Einspruchsentscheidung vom 15. September 2020 wies der Beklagte den Einspruch anschließend als unbegründet zurück und führte hierzu aus, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehöre auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen. Die Einkommensteuer betrage gemäß § 32d Abs. 1 EStG grundsätzlich 25 %. Eine Ausnahme zu diesem Grundsatz liege nicht vor. Im Streitfall sei kein Gesellschafterdarlehen ausgefallen, sondern es sei die Veräußerung von Darlehensforderungen an einen fremden Dritten erfolgt. Unerheblich sei der Kaufpreis von nur 1,- €. Auf die Höhe des Kaufpreises komme es nicht an.
39Die Ausnahmeregel des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG sei nicht anzuwenden. Maßgeblich sei die Beziehung zwischen dem Gläubiger der Kapitalerträge und deren Schuldner. Das zu beurteilende Schuldverhältnis sei die Veräußerung der Forderungen von der Klägerin an die G GmbH. Gläubiger der Kapitalerträge sei die Klägerin; die G GmbH sei die maßgebliche Schuldnerin. Zwischen diesen Gesellschaften bestehe jedoch kein Beteiligungsverhältnis. Unmaßgeblich sei das Beteiligungsverhältnis an der F-GmbH, da diese weder Gläubiger noch Schuldner der zu beurteilenden Kapitalerträge sei. Ergänzend verwies der Beklagte auf die Entscheidung des BFH vom 12. Juni 2018, VIII R 32/16, BStBl II 2019, 221.
40Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15. September 2020 (Bl. 10 ff eGA) Bezug genommen.
41Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Sie trägt vor, Rechtsgrund für den erlittenen Verlust sei nicht die Veräußerung, sondern der Wertverlust der Forderungen. Letztendlich sei die - mehr als 10 %ige - Beteiligung der Klägerin an der F-GmbH maßgeblich für den Verlust gewesen. Die Klägerin sieht unter „Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung“ und „Heranziehung der Grundsätze der BFH-Rechtsprechung“ den Tatbestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG als erfüllt an und verweist ergänzend auf die Urteile des BFH vom 24. Oktober 2017 – VIII R 13/15 –, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831, und vom 6. August 2019 – VIII R 18/16 –, BFHE 265, 531, BStBl II 2020, 833.
42Die Klägerin beantragt,
43den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung vom 13. Juli 2020 nebst Einspruchsentscheidung vom 15. September 2020 insoweit zu ändern, als darin festgestellt wird, dass es sich bei dem streitigen Verlust um Kapitalerträge handelt, auf die für die Gesellschafter A, B und C der Tarif des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG Anwendung findet.
44Der Beklagte beantragt,
45die Klage abzuweisen.
46Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung sowie das BFH-Urteil vom 12. Juni 2018 – VIII R 32/16 –, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
48I. Die Klage hat keinen Erfolg.
491. Die Klage ist zulässig.
50Sie ist insbesondere statthaft. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Abgabenordnung (AO) sind „andere mit den Einkünften im Zusammenhang stehende Besteuerungsgrundlagen“ gesondert festzustellen. Die Feststellung, dass auf der Ebene der vermögensverwaltenden Personengesellschaft gemeinschaftlich vereinnahmte Kapitalerträge nicht dem gesonderten Steuersatz gem. § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, kann im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte gem. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO getroffen werden. Es handelt sich um eine verfahrensrechtlich eigenständige Feststellung (vgl. BFH, Urteil vom 23. November 2021 – VIII R 8/18 –, BFHE 275, 98, juris zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG - nur Leitsätze veröffentlicht - mit Anm. Füssenich HFR 2022, 441; Bodden in: Korn, Einkommensteuergesetz, 144. Ergänzungslieferung, Mai 2023, § 15 EStG, Rn. 327_7).
512. Die somit zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.
52Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
53a) Der im Streitjahr erzielte Verlust führt bei den Gesellschaftern A, B und C zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG; bei der D-GmbH ist der Verlust gemäß § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG vorrangig den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG zuzurechnen.
54Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 19.7.2016) gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
55aa) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 Halbsatz 2 EStG sind dies Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Bei den Darlehensansprüchen der Klägerin gegen die F-GmbH handelt es sich um sonstige Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG; es waren sowohl Rückzahlung als auch Entgelt für die Überlassung vereinbart.
56bb) Die Kapitalforderungen gegenüber der F-GmbH wurden im Streitjahr an die G-GmbH veräußert. Dabei gilt als Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG). Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist die entgeltliche Übertragung des - zumindest wirtschaftlichen - Eigentums auf einen Dritten (Levedag in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 20 Rz.146, m.w.N.). Eine entgeltliche Übertragung in diesem Sinne liegt auch bei Übertragungen zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung (zur Anteilsübertragung BFH, Urteil vom 3. Dezember 2019 – VIII R 34/16 –, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836) oder gegen einen lediglich symbolischen Kaufpreis (zur Anteilsübertragung BFH, Urteil vom 12. Juni 2018 – VIII R 32/16 –, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221, m.w.N.) vor.
57(1) Maßgeblicher steuerbarer Vorgang ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze im Streitfall die mit „Verkaufs- und Abtretungsvertrag“ vom ... Oktober 2018 vorgenommene Übertragung der gegenüber der F-GmbH bestehenden Forderungen an die G-GmbH. Mit dem genannten Vertrag hat die Klägerin das Eigentum an den Forderungen an die G-GmbH übertragen.
58(2) Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - dagegen nicht das (behauptete) Wertloswerden ihrer Forderungen. Soweit unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteil vom 3. Dezember 2019 – VIII R 34/16 –, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836; Urteil vom 24. Oktober 2017 – VIII R 13/15 –, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831; und Urteil vom 20. Juni 2023 – IX R 2/22 –, juris) auch über den Wortlaut der im Streitjahr geltenden Fassung des § 20 EStG (Steuerbarkeit nunmehr in § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG geregelt, vgl. zur Anwendbarkeit § 52 Abs. 28 Satz 26 EStG ) hinaus - ein (endgültiger) Ausfall von Darlehensforderungen als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG als „Veräußerung“ berücksichtigt wird, führt diese Rechtsprechung im Streitfall nicht zu einer Anwendung des § 32 d Abs. 2 Nr.1 Buchst. b EStG. Denn nach der genannten Rechtsprechung liegt ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls nur und erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes kann gelten, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist, z.B. wenn der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 1. Juli 2021 – VIII R 28/18 –, BFHE 273, 301, BStBl II 2021, 911).
59Ein solcher Ausfall ist im Streitfall nicht erkennbar. Es steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein endgültiger Ausfall der Darlehensforderung im Vermögensbereich der Klägerin stattgefunden hat. Erst nach Veräußerung der Anteile im Oktober 2018 wurde im November 2018 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt; das Insolvenzverfahren wurde im Folgejahr, am ... Februar 2019, eröffnet und bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 22. August 2023 nicht abgeschlossen. Allein aus der Tatsache, dass die Veräußerung der Anteile zum Kaufpreis von 1 € je Geschäftsanteil stattgefunden hat, lässt sich nicht mit dem nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Grad an Gewissheit auf deren Wertlosigkeit schließen, zumal die Klägerin die Anteile im Dezember 2017 zum selben Preis erworben hatte.
60cc) Der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 EStG ist für die Gesellschafter A, B und C nicht wegen § 20 Abs. 8 EStG (Subsidiarität der Einkünfte aus § 20 EStG) i.V.m. § 17 EStG ausgeschlossen (vgl. zur Abgrenzung zwischen § 20 EStG und § 17 Abs. 2a EStG n.F. bei Realisierung nach dem 31.7.2019 oder auf Antrag, Levedag in Schmidt, EStG, 42.Auflage 2023, § 20 Rz. 259). Der Hinweis in Abs. 1 S. 1 auf die Subsidiaritätsregel des § 20 Abs. 8 EStG stellt klar, dass Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung nicht der Abgeltungsteuer unterliegen (Brandis/Heuermann/Werth, 166. EL Februar 2023, EStG § 32d Rn. 60, 61).
61Im hier zu entscheidenden Fall ist - wie ausgeführt - maßgeblicher Vorgang die Veräußerung einer Darlehensforderung; diese fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 17 EStG. Ob der ebenfalls im Streitjahr erfolgte Verkauf der Anteile an der F-GmbH in den Anwendungsbereich des § 17 EStG fallen könnte, kann der Senat dahingestellt lassen, denn es handelt es sich hierbei um einen isoliert zu betrachtenden Vorgang, der nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.
62dd) Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG ist Gewinn im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten.
63ee) Die Berücksichtigung des erlittenen Verlustes ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, ebenso wie die vom Beklagten vorgenommene Zurechnung, zwischen den Beteiligten unstreitig.
64b) Die Einkünfte der Gesellschafter A, B und C unterliegen gemäß § 32d Abs. 1 EStG dem Steuersatz von 25 %, sie sind nicht nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG aus dem Anwendungsbereich des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG ausgenommen.
65aa) Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen, beträgt 25 % (§ 32d Abs. 1 Satz EStG). Dem besonderen Tarif des § 32d EStG unterliegen nach Abs. 1 S.1 der Norm grundsätzlich alle Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Besteuerung nach § 20 EStG nach der Einführung der Abgeltungsteuer von der sog. Quellentheorie gelöst hat und – wie ausgeführt – gemäß § 20 Abs. 2 EStG auch Veräußerungsgewinne in die Besteuerung einbezieht (vgl. zum Ganzen Levedag in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 20 Rz. 145 ff. m.w.N.).
66bb) Die Einkünfte sind nicht nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG aus dem Anwendungsbereich des § 32d Abs.1 EStG ausgenommen. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG gilt der besondere Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG nicht für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummern 4 und 7 sowie Absatz 2 Satz 1 Nummern 4 und 7 EStG, wenn sie von einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist.
67Diese Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG sind nicht gegeben. Die maßgeblichen (negativen) Kapitalerträge sind nicht von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt worden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist.
68(1) Ob für die Prüfung der „10 % -Grenze“ auf die Beteiligung der Klägerin an der F-GmbH oder auf die Beteiligung der Gesellschafter abzustellen ist, wird nicht einheitlich beurteilt.
69Grundsätzlich findet die Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG nach herrschender Auffassung bei einer (lediglich) mittelbaren Beteiligung keine Anwendung (vgl. BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 27/15 –, BFHE 256, 248, BStBl II 2017, 441). Notwendig ist eine unmittelbare Mindestbeteiligung (Oellerich in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 455. Lieferung, 8/2023, 2. Qualifizierter Anteilseigner oder diesem nahe stehende Person (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b), Rn. 64, m.w.N.; Levedag in Schmidt, EStG, 42. Auflage 2023, § 32d Rz. 10, Kühner in Hermann/Heuer/Raupach EStG, § 32d EStG Rz.38; jeweils m.w.N.).
70Bei rein zivilrechtlicher Betrachtung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfähigkeit einer Gesamthand in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wären wegen der Zwischenschaltung der Klägerin als einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts von einer lediglich mittelbaren Beteiligung der Gesellschafter auszugehen (grundlegend: BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) und der Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG bereits aus diesem Grund (zunächst) auszuschließen.
71Bei steuerrechtlicher Betrachtung („Bruchteilsbetrachtung“) wären dagegen wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Voraussetzungen für eine unmittelbare Beteiligung erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Die Erforderlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn der von der Gesellschaft verwirklichte Tatbestand steuerrechtlich nicht von Bedeutung und deshalb beim Gesellschafter selbst zu berücksichtigen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03. Februar 2010 - IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751). Diese Voraussetzungen sind für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer bei rein vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaften nach herrschender Auffassung erfüllt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 06. Oktober 2004 - IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324, m.w.N.), denn die Gesamthand verwirklicht in diesen Fällen den Besteuerungstatbestand, ist aber selbst nicht Schuldnerin der Einkommen- und Körperschaftsteuer.
72Die Entscheidung der Frage, ob eine unmittelbare Beteiligung zu fordern ist und unter welchen Voraussetzungen dies im Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegeben ist, kann im Streitfall indes dahinstehen.
73(2) Denn die Kapitalerträge sind nicht „von der Kapitalgesellschaft“ an die Klägerin als Anteilseignerin „gezahlt“ worden.
74Für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "gezahlt" i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG genügt es, dass die Kapitalgesellschaft die Forderung des Anteilseigners durch Aufrechnung erfüllt (BFH, Urteil vom 30. November 2022 – VIII R 27/19 –, BFHE 278, 570, BStBl II 2023, 330); es soll bereits genügen, dass die Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Gesellschafter von der Kapitalgesellschaft zivilrechtlich geschuldet werden (BFH, Urteil vom 24. Oktober 2017 – VIII R 19/16 –, BFHE 262, 1, BStBl II 2019, 34).
75Im Streitfall ist - wie ausgeführt - maßgeblicher steuerbarer Vorgang der Veräußerungsvorgang zwischen der Klägerin und der G-GmbH. Eine Zahlung „von der Kapitalgesellschaft“ (hier der F-GmbH) ist nicht gegeben. Der Senat kann dabei offenlassen, ob das Tatbestandsmerkmal „gezahlt“ durch die Rechtsprechung über den Wortlaut des Gesetzes hinaus dahingehend ausgelegt werden kann, dass es ausreicht, wenn Erträge tatsächlich gerade nicht „gezahlt“, sondern lediglich zivilrechlich geschuldet werden. Denn im Hinblick auf den im Streitfall maßgeblichen Vorgang der Übertragung von Forderungen liegt weder eine tatsächliche Zahlung noch ein zivilrechtliches Schuldverhältnis zwischen der Klägerin und der F-GmbH vor.
76Soweit die Klägerin ausführt, letztendlich sei die Wertlosigkeit der Forderungen maßgeblich, so steht diese - wie ausgeführt - nicht zur Überzeugung des Senats fest. Soweit die Klägerin weiter ausführt, maßgeblich für den Verlust sei die Wertlosigkeit der Anteile an der F-GmbH, kann dies schon deswegen nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen weil die Klägerin die Geschäftsanteile 5 und 6 im Jahr 2017 jeweils zu einem Kaufpreis von 1 € von der G-GmbH erworben und 11 Monate später, im Streitjahr, zu einem identischen Kaufpreis von jeweils 1 € veräußert hat.
77(3) Eine Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG auf die im Streitfall vorliegende Fallkonstellation kommt auch nicht im Wege der Analogie in Betracht, denn es fehlt an der, für einen Analogieschluss erforderlichen, planwidrigen Gesetzeslücke.
78Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Hiervon zu unterscheiden ist der sog. rechtspolitische Fehler, der gegeben ist, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber nicht - gemessen an der dem Gesetz immanenten Teleologie - als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist. Ob es sich um eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke oder lediglich um einen sog. rechtspolitischen Fehler handelt, ist unter Heranziehung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) zu ermitteln, wobei für den danach erforderlichen Vergleich auf die Wertungen des Gesetzes, insbesondere die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist (BFH, Urteil vom 22. September 2011 – IV R 3/10 –, BFHE 235, 346, BStBl II 2012, 14, m.w.N.).
79Ob im Streitfall eine Gesetzeslücke vorliegt, kann offenbleiben. Jedenfalls ist - unter Beachtung des Grundsatzes der Gewaltenteilung - nicht hinreichend deutlich erkennbar, dass eine ggf. vorhandene Lücke „planwidrig“ wäre.
80Mit der Schaffung des § 32d EStG wollte der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/4841 hier: S. 60 ff.) ergibt, im Wesentlichen zwei Ziele verfolgen. Durch die Schaffung des § 32d Abs. 1 EStG sollte die Versteuerung von Kapitalerträgen vereinfacht werden; durch § 32d Abs. 2 EStG sollten Gestaltungen verhindert werden, bei denen aufgrund der Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne, z.B. in Form von Darlehenszinsen, abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz reduziert wird.
81Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung die hier gegebene Fallgestaltung „planwidrig“ nicht geregelt hat, sind nicht ersichtlich. Die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele werden durch das vorhandene Regelungsgeflecht erreicht. Für die fehlende Planwidrigkeit spricht ferner die Neuregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG durch das Jahressteuergesetz 2020, nach der zusätzliche Voraussetzung der Aufwandsabzug bei der Gesellschaft ist (vgl. zur zeitlichen Anwendung § 52 Abs. 33b EStG). Der Gesetzgeber hat zu einem Zeitpunkt, in dem die Regelung des § 32d EStG (als eigenständige Regelung) des Einkommensteuergesetzes bereits mehr als ein Jahrzehnt existierte, den Anwendungsbereich des § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG modifiziert und die im Streitfall zugrundeliegende Sachverhaltskonstellation nicht dahingehend geregelt, dass § 32d Abs. 1 EStG nicht zur Anwendung gelangt. Vielmehr hat er durch die Normierung der zusätzlichen Voraussetzung des Aufwandsabzugs für Fälle, in denen eine Veräußerung von Gesellschafterdarlehensforderungen zu einem Kaufpreis unterhalb des Nennwertes erfolgt, die Anwendung der Tarifbesteuerung ausgeschlossen.
82cc) Auch die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG sind nicht erfüllt. Nach Satz 2 des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG ist die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
83dd) Schließlich sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht erfüllt. Danach gilt § 32d Abs.1 EStG nicht, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG keine Anwendung findet. Es kann dahinstehen, ob der Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG bereits durch § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG gesperrt ist (BFH, Urteil vom 16. Juni 2020 – VIII R 5/17 –, BFHE 269, 179, BStBl II 2020, 807, m.w.N.). Jedenfalls ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG weder von den Beteiligten vorgetragen worden noch anderweitig aus dem Inhalt der Akten ersichtlich.
84c) Auch aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung ergibt sich kein für sie günstigeres Ergebnis.
85In der zitierten Entscheidung des BFH vom 6. August 2019 – VIII R 18/16 –, BFHE 265, 531, BStBl II 2020, 833, hat dieser die Revision der Steuerpflichtigen zurückgewiesen. Das BFH-Urteil vom 24. Oktober 2017 – VIII R 13/15 –, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831, hat der erkennende Senat seiner Entscheidung zugrundegelegt. Die Entscheidung betrifft die Frage der grundsätzlichen Anerkennung von Einkünften aus § 20 Abs. 2 EStG bei Substanzverlusten im Privatvermögen; zu § 32d EStG enthält die Entscheidung indes keine Ausführungen.
86II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
87III. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs.2 Nr. 1 FGO zugelassen.