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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der Zusammenveranlagung des Klägers mit der verstorbenen Frau A (im Folgenden: Rechtsvorgängerin), deren Rechtsnachfolger ebenfalls der Kläger ist.
3Der Kläger lebte zusammen mit der Rechtsvorgängerin in einem gemeinsamen Haushalt in Belgien. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Am ... 2013 gaben sie vor dem Standesbeamten der belgischen Gemeinde B eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenleben (sogenannte Cohabitation légale) ab, die am selben Tag in das belgische Nationalregister eingetragen wurde.
4Die Rechtsvorgängerin wurde auf Antrag und zunächst erklärungsgemäß nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgrund ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Hiergegen legte sie Einspruch ein und beantragte die Zusammenveranlagung mit dem Kläger. Zur Begründung verwies sie auf die Erklärung über das gesetzliche Zusammenleben und reichte Unterlagen zu den Einkünften des Klägers sowie eine Bescheinigung EU/EWR der belgischen Steuerverwaltung und den belgischen Steuerbescheid für sich und den Kläger ein. Des Weiteren legte sie eine am ...2017 von der Gemeinde B ausgestellte Bescheinigung über die Eintragung einer Erklärung über das gesetzliche Zusammenleben vor. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 9. April 2018, mit dem sie wiederum einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden war, legte sie ebenfalls Einspruch ein.
5Am 27. November 2018 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenleben sei keine Heirat. Eine derartige Erklärung könne in Belgien von allen volljährigen zusammenlebenden Personen abgegeben werden. Dies habe zur Folge, dass die gemeinsame Wohnung geschützt sei und jeder sich an den Kosten des Zusammenlebens zu beteiligen habe. Im Fall des Todes habe der überlebende Partner das Recht, die Familienwohnung und das Mobiliar weiterhin unabhängig davon zu nutzen, wer Erbe sei. Eine Hinterbliebenenpension oder Witwen-/Witwerrente gebe es nicht. Diese Form der Lebensgemeinschaft ende durch Tod, eine schriftliche – gegebenenfalls auch einseitige –Erklärung beim zuständigen Bevölkerungsdienst oder durch Heirat. Es handele sich demnach nicht um eine Ehe, aufgrund derer nach den §§ 26, 26b EStG eine Zusammenveranlagung verlangt werden könne.
6Die Rechtsvorgängerin hatte am 30. Dezember 2018 Klage erhoben.
7Sie hatte gemeinsame Steuererklärungen mit dem Kläger für die Streitjahre eingereicht und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung seien gegeben. In dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Januar 2017 sei ihr der Status als Ehefrau des Klägers zugemessen worden. Außerdem ergäben sich aus der Erklärung des Zusammenlebens nach belgischem Recht gegenseitige Versorgungsansprüche sowie im Erbfall gegenseitige Ansprüche der Partner, so dass die wesentlichen Verpflichtungen und Rechte wie bei einer Ehe bestünden. Die Erklärung über das gesetzliche Zusammenleben sei zudem durch einen notariell beurkundeten Erbvertrag ergänzt worden. Dadurch sei hinsichtlich der Erbansprüche eine vermögensrechtliche Gleichstellung mit Ehegatten erfolgt. Wesentliches Kriterium für eine Zusammenveranlagung nach § 26 EStG sei nicht die Ehe, sondern das nicht dauernde Getrenntleben sowie das Aufrechterhalten eines gemeinsamen Wirtschaftens. Dies sei bei der Lebensgemeinschaft zwischen ihr und dem Kläger der Fall.
8Eine Pflicht zur Zusammenveranlagung ergebe sich außerdem aus einer analogen Anwendung des § 2 Abs. 8 EStG. Bei einem anderen Verständnis sei die Norm mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, da sie für verschiedengeschlechtlicheLebenspartnerschaften zu einer nicht begründbaren Benachteiligung im Vergleich zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften führe. Sie würden aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Die Verfassungswidrigkeit von § 2 Abs. 8 EStG sei insbesondere vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16 –, BVerfGE 147, 1, offensichtlich. Seit der Einführung der Ehe für alle hätten gleichgeschlechtliche Paare die Wahl, entweder eine Lebenspartnerschaft fortzuführen oder diese in eine Ehe umzuwandeln. Verschiedengeschlechtlichen Paaren in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft werde die Vergünstigung des § 26b EStG dagegen verwehrt, obwohl die vermögens- und versorgungsrechtlichen Tatbestände denen einer Ehe oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft entsprächen. Wenn der Gesetzgeber eine Konnexität zum Lebenspartnerschaftsgesetz sehe, so könne dies nur für die im Rechtsgebiet der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen und eingetragenen Lebenspartnerschaften gelten. Eine Präjudizierung für ausländische eingetragene Lebenspartnerschaften hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 8 EStG nur für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gebe die Norm nicht her. Auch der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. April 2017 – III B 100/16 –, BStBl. II 2017, 903, nach dem eine Zusammenveranlagung nicht verheirateter verschiedengeschlechtlicher Lebenspartner nicht auf § 2 Abs. 8 EStG gestützt werden könne, sei auf ihren Fall nicht übertragbar, da diese Rechtsprechung nur im Inland lebende Paare betreffe.
9Nachdem die Rechtsvorgängerin am 2019 verstorben war, hat das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten durch Beschluss vom 2019 das Ruhen des Verfahrens bis zur Klärung der Rechtsnachfolge angeordnet. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 2020 mitgeteilt hat, dass der Kläger als Rechtsnachfolger das Verfahren fortführen wolle, ist dieses fortgesetzt worden.
10Der Kläger beantragt sinngemäß,
11den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 5. Oktober 2017 und den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 9. April 2018 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. November 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn, den Kläger, mit der Rechtsvorgängerin zusammen zur Einkommensteuer 2015 und 2016 zu veranlagen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er führt ergänzend aus, die Rechtsfolgen des eingetragenen Zusammenlebens seien nicht mit denen der Ehe oder der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft vergleichbar. So könnten zum Beispiel auch Geschwister oder Eltern(-teile) und Kinder eine solche Lebensgemeinschaft gründen. Ferner ende das gesetzliche Zusammenleben (automatisch), wenn einer der Teile dieser Lebensgemeinschaft heirate. Es bestehe auch kein gegenseitiger Versorgungsanspruch, sondern nur die Verpflichtung, den Haushaltsbedarf gemeinsam nach den jeweiligen wirtschaftlichen Möglichkeiten zudecken. Im Todesfall bestehe kein Erbanspruch. Nur die gemeinsame Wohnung und das Mobiliar würden – gegebenenfalls durch Nießbrauch an der gemeinsam genutzten Immobilie, die sich ganz oder teilweise im Eigentum des verstorbenen Partners befunden habe – geschützt. Eine Zusammenveranlagung nach § 2 Abs. 8 EStG sei nicht möglich, da diese Vorschrift nur die vollständige Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern mit Ehegatten bewirken solle.
15Am späten Abend des 18. Oktober 2021 hat der nicht persönlich geladene Kläger einen Antrag auf Terminverlegung gestellt. Das Schreiben des Gerichts vom 12. Oktober 2021, mit dem es dem Prozessbevollmächtigen des Klägers den vorläufigen Tatbestand übermittelt hatte, um in der für den 19. Oktober 2021 anberaumten mündlichen Verhandlung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auf eine Verlesung des Tatbestands möglichst verzichten zu können, sei seinem Prozessbevollmächtigten erst am 14. Oktober 2021 zugegangen. Er, der Kläger, habe damit nicht die erforderliche Zeit gehabt, um sich mit den Ausführungen des vorläufigen Tatbestands eingehend vertraut zu machen und sich auf die mündliche Verhandlung ausreichend vorzubereiten. Im Übrigen enthielt das Schreiben des Klägers ergänzenden Vortrag zur Sache.
16Am 19. Oktober 2021 um 10.30 Uhr hat die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Klägers stattgefunden. Auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18I.1. Das Gericht konnte im Termin vom 19. Oktober 2021 ohne Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Klägers entscheiden. In der Ladungsverfügung wurde auf § 91 Abs. 2 FGO hingewiesen und mitgeteilt, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
192. Dem am späten Abend des 18. Oktober 2021 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Terminverlegung war nicht zu entsprechen. Nach § 155 FGO in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Erhebliche Gründe für eine Terminverlegung hat der Kläger nicht dargelegt. Soweit er vorträgt, sich nicht hinreichend auf den Termin zur mündlichen Verhandlung habe vorbereiten können, weil seinem Prozessbevollmächtigten der vorläufige Tatbestand erst am 14. Oktober 2021 zugegangen sei, stellt dies bereits deswegen keinen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar, weil der vorläufige Tatbestand den Beteiligten lediglich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie vorab zugesandt worden ist, um in der mündlichen Verhandlung auf eine ausführliche Darstellung des Sach- und Streitstands nach § 92 Abs. 2 FGO weitgehend verzichten zu können. Einen Anspruch auf vorherige Zusendung des Sachberichts haben die Beteiligten nicht (vgl. Wendl, in: Gosch, AO/FGO, § 92 FGO Rn. 58, Stand Januar 2021; Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 92 FGO Rn. 46 in Fn. 4, Stand Juli 2013). Im Übrigen umfasste der den Beteiligten vorab übersandte vorläufige Tatbestand keine Umstände, die dem Kläger unbekannt gewesen sein dürften. Hinzu kommt schließlich, dass der Kläger zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht persönlich geladen worden war. Gründe, die seine persönliche Anwesenheit neben seinem Prozessbevollmächtigten erforderlich machen würden, hat er ebenfalls nicht dargelegt (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Mai 2010 – X B 136/09 –, BFH/NV 2010, 1479).
20II. Die Klage ist unbegründet.
211. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, mit der Rechtsvorgängerin zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden, vgl. § 101 Satz 1 FGO. Die an die Rechtsvorgängerin ergangenen Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 vom 5. Oktober 2017 und vom 9. April 2018 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. November 2018 sind daher nicht aufzuheben.
22a) Eine Zusammenveranlagung der nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelten Rechtsvorgängerin mit dem Kläger nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG kommt ungeachtet der Frage, ob die übrigen Voraussetzungen der genannten Normen erfüllt sind, bereits deswegen nicht in Betracht, weil es an einer Eheschließung zwischen der Rechtsvorgängerin und dem Kläger fehlt. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG können „Ehegatten“ unter bestimmten Voraussetzungen zwischen der Einzelveranlagung nach § 26a EStG und der Zusammenveranlagung nach § 26b EStG wählen. Der dem Zivilrecht entlehnte Begriff der Ehegatten ist nach zivilrechtlichen Grundsätzen einschließlich der Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts zu beurteilen (vgl. BFH, Urteil vom 17. April 1998 – VI R 16/97 – BStBl. II 1998, 473 m.w.N.).
23aa) Nach Art. 13 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) unterliegen für jeden Verlobten die Voraussetzungen der Eheschließung dem Recht des Staates, dem er angehört. Für deutsche Staatsangehörige gelten danach gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich die §§ 1303 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB; vgl. Seiler, in: Kirschhof/Seer, EStG, 20. Auflage 2021, § 26 Rn. 6). Deutsche sind danach Ehegatten, wenn sie eine nach deutschem Zivilrecht wirksame Ehe geschlossen haben (vgl. Seeger, in: Schmidt, EStG, 40. Auflage 2021, § 26 Rn. 8). Nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Ehe nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Dies haben die Rechtsvorgängerin und der Kläger nicht getan.
24bb) Zwar gilt bei einer Heirat im Ausland unbeschadet des Personalstatuts nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB das Formstatut des Art. 11 Abs. 1 EGBGB. Danach ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Bezogen auf die Ehe bedeutet dies, dass sie formgültig ist, wenn sie die Formerfordernisse des Rechts des Staates erfüllt, in dem sie geschlossen worden ist (vgl. Ettlich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 26 EStG Rn. 41, Stand November 2019; Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 26 EStG Rn. 22, Stand April 2019). Der Kläger und die Rechtsvorgängerin waren jedoch auch nach belgischem Recht nicht miteinander verheiratet. Denn dies hätte ebenfalls erfordert, dass sie vor einem Standesbeamten nacheinander die Erklärung abgeben, einander als Eheleute annehmen zu wollen (vgl. Heitmüller, in: Rieck/Lettmaier, Ausländisches Familienrecht, Belgien, Rn. 6, Stand November 2014), woran es aber fehlt. Denn nach der vorgelegten Bescheinigung der Gemeinde B vom ...2017 haben der Kläger und die Rechtsvorgängerin lediglich eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen abgegeben.
25b) Der Kläger und die Rechtsvorgängerin können auch keinen Anspruch auf Zusammenveranlagung aus § 2 Abs. 8 EStG herleiten. Danach sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden. Durch ihre Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen haben der Kläger und die Rechtsvorgängerin jedoch auch keine Lebenspartnerschaft im Sinne des § 2 Abs. 8 EStG begründet.
26Das Gesetz spricht in § 2 Abs. 8 EStG zwar lediglich von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften und nicht von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft beziehungsweise eingetragenen Lebenspartnerschaften. Dies bedeutet aber nicht, dass Partner von Lebensgemeinschaften, die keine Lebenspartner im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) sind, in den Genuss der steuerlichen Vorteile kommen können, die bis zur Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG allein Ehegatten vorbehalten waren (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2014 – III R 14/05 –, BStBl. II 2014, 829; BFH, Beschluss vom 26. April 2017 – III B 100/16 –, BStBl. II 2017, 903). Denn die Einführung des § 2 Abs. 8 EStG war eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, in der dieses die Ungleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern in den §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplittung als nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat (vgl. BTDrucks. 17/13870). Der besondere Schutz, unter den Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe als besondere Verantwortungsbeziehung stelle, rechtfertige die Besserstellung der Ehe im Verhältnis zu ungebundenen Partnerbeziehungen, nicht aber ohne Weiteres im Verhältnis zu einer rechtlich verbindlich verfassten Lebensgemeinschaft, die sich von der Ehe lediglich durch die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheide, wegen dieses Unterschiedes mit der Ehe nicht konkurriere und dem Institut der Ehe daher auch nicht abträglich sein könne. Aufgrund der seit dem 1. August 2001 für gleichgeschlechtliche Paare bestehenden Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, hätten sich derartige Partnerschaften herkömmlichen Ehen derart angenähert, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen sei (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377).
27Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft sind demnach die gesetzlich vorgesehenen Anknüpfungspunkte für eine einkommensteuerrechtliche Privilegierung gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens. Andere denkbare Gemeinschaften sind daher auch dann nicht begünstigt, wenn die Partner ihre Rechtsbeziehungen auf eine vertragliche Grundlage gestellt haben. So kann zum Beispiel ein nicht verheiratetes verschiedengeschlechtliches Paar, das einen Partnerschaftsvertrag mit weitreichenden Unterhalts- und Beistandsverpflichtungen abgeschlossen hat, nicht die Zusammenveranlagung beanspruchen. Auf die Gründe, weshalb das Paar keine Ehe schließen will oder kann, kommt es nicht an (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2014 – III R 14/05 –, BStBl. II 2014, 829). Daraus folgt, dass verschiedengeschlechtliche Paare wie die Rechtsvorgängerin und der Kläger, die keine Ehe geschlossen haben, schon mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG in der bis zum 21. Dezember 2018 geltenden Gesetzesfassung auch keine Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes begründet und damit auch keine vergleichbaren rechtlichen Bindungen und gegenseitigen Einstandspflichten übernommen haben, nicht unter den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 8 EStG fallen (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2017 – III B 100/16 –, BStBl. II 2017, 903).
28c) Aus den zuvor aufgeführten Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 8 EStG auf den Fall des Klägers und der Rechtsvorgängerin aus, da es insoweit jedenfalls an der Planwidrigkeit der Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des § 2 Abs. 8 EStG eben nicht sämtliche Formen des Zusammenlebens durch die Möglichkeit der Zusammenveranlagung privilegieren, sondern lediglich den im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377, festgestellten Verfassungsverstoß beseitigen (vgl. BTDrucks. 17/13870). Aus diesem Grund scheidet auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 8 EStG – unabhängig von der Frage, ob eine Gleichstellung von Partnern, die gesetzlich nach belgischem Recht zusammenleben, mit Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern verfassungsrechtlich überhaupt geboten ist – aus.
292. Entgegen der Ansicht des Klägers ist auch kein Verstoß von § 2 Abs. 8 EStG gegen Art. 3 Abs. 1 oder 3 GG gegeben. Der Kläger und die Rechtsvorgängerin werden weder aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt noch verstößt es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass nicht verheirateten und nicht verpartnerten Lebensgemeinschaften die Möglichkeit der Zusammenveranlagung verwehrt ist.
30a) Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand unter anderem wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Art. 3 Abs. 3 GG verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem die Norm der dem Gesetzgeber darin eingeräumten Gestaltungsfreiheit engere Grenzen zieht. Das Geschlecht darf grundsätzlich – ebenso wie die anderen in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmale – nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u.a. –, BVerfGE 85, 191). Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne von Art. 3 Abs. 3 GG liegt bereits dann vor, wenn eine rechtliche Ungleichbehandlung an das Geschlecht anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 – 1 BvR 258/86 –, BVerfGE 89, 276).
31Soweit der Kläger rügt, er und die Rechtsvorgängerin würden wegen ihres Geschlechts diskriminiert, weil verschiedengeschlechtlichen Paaren in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft anders als gleichgeschlechtlichen Paaren die Vergünstigung des § 26b EStG verwehrt werde, obwohl die vermögens- und versorgungsrechtlichen Tatbestände denen einer Ehe oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft entsprächen, verkennt er, dass letzteres schon nicht der Fall ist. Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind rechtlich verbindliche und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten (etwa bei Krankheit oder Mittellosigkeit) ausgestattete dauerhafte Paarbeziehungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377). Eine vergleichbare verbindlich verfasste Form des auf Dauer angelegten Zusammenlebens stellt das gesetzliche Zusammenwohnen nach belgischem Recht nicht dar, auch wenn der Status der gesetzlich Zusammenwohnenden in den letzten Jahren zunehmend in Richtung des Status von Ehegatten ausgeweitet worden ist. So stehen zwar gesetzlich Zusammenwohnende Ehegatten unter anderem gleich hinsichtlich der Personensteuern, der Patientenrechte, der Wohnungszuweisung im Fall von Gewalt des Partners beziehungsweise der Partnerin oder des Rechts auf Adoption (vgl. Heitmüller, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Belgien, Rn. 24, Stand Juli 2021; Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <149 f.>). In seinen Rechtswirkungen steht das gesetzliche Zusammenwohnen aber hinter der Ehe zurück (vgl. Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <149>). Überhaupt, dass es – auch nach belgischem Recht – noch eine Differenzierung zwischen beiden Rechtsinstituten gibt, zeigt, dass das gesetzliche Zusammenwohnen nicht mit der Ehe gleichzusetzen ist. Zudem stellte die eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare lediglich eine Möglichkeit dar, ein eheähnliches Verhältnis zu begründen, da ihnen bis zum 30. September 2017 das Institut der Ehe nicht zur Verfügung stand, da dieses bis dahin nur Paaren verschiedenen Geschlechts eröffnet war. Insoweit hatten Paare aber unabhängig von ihrem Geschlecht die Möglichkeit, eine Voraussetzung für die Zusammenveranlagung zu schaffen, indem sie entweder als verschiedengeschlechtliches Paar die Ehe oder als gleichgeschlechtliches Paar die Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes miteinander eingingen. Insoweit hatten auch der Kläger und die Rechtsvorgängerin anders als gleichgeschlechtliche Paare ohne Weiteres die Möglichkeit, eine Ehe miteinander einzugehen und so diese Voraussetzung für eine Zusammenveranlagung zu schaffen. Aus welchem Grund sie dies dennoch unterlassen haben, ist für die Frage der Möglichkeit einer Zusammenveranlagung nicht erheblich. Ebenso unerheblich ist, dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin durch Abschluss weiterer zivilrechtlicher Verträge versucht haben, ihren Status als gesetzlich Zusammenwohnende in einem weiteren Umfang der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft anzunähern (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2014 – III R 14/05 –, BStBl. II 2014, 829).
32b) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht darin ersichtlich, dass nicht verheirateten und nicht verpartnerten Lebensgemeinschaften die Möglichkeit der Zusammenveranlagung von Gesetzes wegen verwehrt ist.
33aa) Der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 –, BVerfGE 138, 136; BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11 –, BVerfGE 139, 285 m.w.N.). Im Fall der Ungleichbehandlung von Personengruppen besteht regelmäßig eine strenge Bindung des Gesetzgebers an die Erfordernisse des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Dies gilt auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten (nur) mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Eine Norm verletzt danach den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn durch sie eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377 m.w.N.).
34bb) Insoweit ist schon nicht ersichtlich, dass es sich bei der Eingehung einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Sinne des § 2 Abs. 8 EStG einerseits und sonstigen – gegebenenfalls auch im Ausland – begründeten partnerschaftlichen Formen des Zusammenlebens wie das gesetzliche Zusammenleben nach belgischem Recht, das schwächere Rechtswirkungen als die Ehe entfaltet (vgl. Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <149>), um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handelt.
35Abgesehen davon, dass es sich bei nach belgischem Recht gesetzlich Zusammenwohnenden schon nicht um eine vergleichbare rechtlich verbindliche und in besonderer Weise mit gegenseitigen Einstandspflichten ausgestattete Paarbeziehung wie eine Ehe oder eine eingetragenen Lebenspartnerschaft handelt, spricht gegen eine Vergleichbarkeit des gesetzlichen Zusammenwohnens nach belgischem Recht mit der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft, dass die gesetzlich Zusammenwohnenden nicht einmal ein Paar sein müssen. So kann eine Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen nach belgischem Recht überhaupt von zwei Personen abgegeben werden, so lange sie geschäftsfähig und nicht durch eine Ehe oder ein anderes gesetzliches Zusammenwohnen gebunden sind (vgl. Heitmüller, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Belgien, Rn. 23, Stand Juli 2021). Andere Beschränkungen gibt es nicht, so dass auch Personen wie zum Beispiel Verwandte und Verschwägerte, zwischen denen ein Eheverbot besteht, und andere platonisch Zusammenlebende miteinander ein gesetzliches Zusammenwohnen eingehen können (vgl. Pintens, FamRZ 2000, 69 <71>; Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <149>; VG Aachen, Urteil vom 09. Oktober 2015 – 1 K 2135/14 –, zitiert nach juris, Rn. 45). Im Übrigen entfaltet das gesetzliche Zusammenwohnen vornehmlich vermögensrechtliche Wirkungen, die hinter denen der Ehe zurückbleiben (vgl. Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <149>). Die gesetzlich Zusammenwohnenden tragen zwar nach dem Verhältnis ihrer Möglichkeiten zu den Aufwendungen für das Zusammenleben bei. Dem dem Splittingverfahren zugrunde liegenden Gedanken der Ehe und auch der eingetragenen Lebenspartnerschaft als Gemeinschaften des Erwerbs und Verbrauchs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 u.a. –, BVerfGE 133, 377) wird das gesetzliche Zusammenwohnen nach belgischem Recht jedoch nicht in vergleichbarem Maße gerecht. Ohnehin ist den Rechtsfolgen des gesetzlichen Zusammenwohnens kein allzu großes Gewicht beizumessen, weil jeder Partner das gesetzliche Zusammenleben ohne allzu viele Formalitäten einseitig wieder auflösen kann (vgl. Pintens, FamRZ 2000, 69 <72>). Das gesetzliche Zusammenleben kann jederzeit einseitig durch bloße Erklärung gegenüber dem Standesbeamten beendet werden, wodurch alle begründeten gegenseitigen Verpflichtungen aufgehoben werden. Eine Unterhaltspflicht ist nicht vorgesehen (vgl. Heitmüller, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Belgien, Rn. 25, Stand Juli 2021; Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <150>). Dass das gesetzliche Zusammenwohnen anders als die Ehe oder die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht auf die Bildung einer von der gemeinsamen Wohnung losgelösten Versorgungsgemeinschaft gerichtet ist, zeigt sich insbesondere auch an den eingeschränkten erbrechtlichen Folgen. Zwar wurde für den überlebenden gesetzlich Zusammenwohnenden 2007 ein beschränktes gesetzliches Erbrecht geschaffen. Dieses Erbrecht, das nicht als Pflichtteilsrecht ausgestaltet ist, bezieht sich jedoch nur auf den Nießbrauch an der gemeinsamen Wohnung und dem Mobiliar (vgl. Heitmüller, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Belgien, Rn. 24, Stand Juli 2021; Brosius-Gersdorf, NZFam 2016, 145 <150>) und bleibt damit auch insoweit deutlich hinter den Rechtfolgen der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft zurück. Inwieweit es sich dennoch bei einem gesetzlichen Zusammenwohnen um einen mit der Eingehung einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft vergleichbaren Sachverhalt handeln soll, hat der Kläger nicht aufgezeigt.
36III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.