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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 121.046,-- EUR festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin, Vorsteuervergütung zu erhalten, insbesondere darum, ob eine Zusammenfassung mehrerer Rechnungen in einer Antragsposition und die ergänzende Übersendung einer separaten Aufstellung der einzelnen Rechnungen per E-Mail zulässig sind.
3Die Klägerin ist ein in Frankreich ansässiges Unternehmen, deren Geschäftsgegenstand der ... ist. Am 30. September 2017 (Eingang beim Beklagten am 2. Oktober 2017) stellte die Klägerin im elektronischen Verfahren über das von der französischen Finanzverwaltung bereitgestellte Antragsportal für den Zeitraum Januar bis Dezember 2016 einen Antrag auf Vorsteuervergütung im besonderen Verfahren gemäß § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in Höhe von 121.046,66 EUR. Gegenstand des Antrags sind insgesamt 5016 Rechnungen. In der zum elektronischen Antrag gehörenden tabellarischen Einzelaufstellung (Anlage) der Rechnungen, aus denen der Anspruch auf Vorsteuervergütung abgeleitet wird, sind zwei Datensätze, d.h. zwei Antragspositionen, eingetragen. In diesen Antragspositionen sind 400 Rechnungen (Antragsposition eins) bzw. 4616 Rechnungen (Antragsposition zwei) zusammengefasst. Ausweislich des in der Verwaltungsakte (VA) des Beklagten enthaltenen Vermerks wies die am 2. Oktober 2017 über das Portal von der französischen Finanzverwaltung an den Beklagten übermittelte Datei mit dem Antrag eine Größe von 3,29 Megabyte auf (vgl. Bl. 28 der VA). Im Einzelnen finden sich in den beiden Antragspositionen folgende Eintragungen (vgl. Bl. 1R, 2 der VA):
4Spalte |
Antragsposition 1 |
Antragsposition 2 |
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Art des erworbenen Gegenstandes bzw. der empfangenen sonstigen Leistung |
Ziffer 10 („Sonstiges“) |
Ziffer 10 („Sonstiges“) |
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Name und Anschrift des Leistenden |
Too many invoice L 01 Germany 00000 Germany |
Too many invoice M 01 Germany 00000 Germany |
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St.Nr/USt-Id |
DE000000000 |
DE000000000 |
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Datum/Typ |
31.12.2016 Rechnung |
31.12.2016 Rechnung |
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Nummer |
400 |
4616 |
|
Summe (EUR) |
40.115,00 |
596.972,68 |
|
Beantragt (EUR) |
7.621,85 |
113.424,81 |
|
Berücks. (EUR) |
0,00 |
0,00 |
Für die Klägerin traten bei der Antragstellung und im nachfolgenden Verwaltungsverfahren als steuerliche Bevollmächtigte Gesellschaften der in Irland, Südafrika und Luxemburg ansässigen Beratungsgruppe E auf. Mit E-Mail vom 30. September 2017 an den Beklagten übersandte die Bevollmächtigte ergänzend zu dem Vergütungsantrag vom gleichen Tag ein Schreiben vom 29. September 2017 (Bl. 30 der Gerichtsakte ‑GA-), in dem mitgeteilt wurde, dass für das Jahr 2016 ein Antrag lediglich bestehend aus zwei Rechnungen
6„über das Portal eingereicht mit einer zusätzlichen Rechnungsliste welche die restlichen 5016 Rechnungen zusammenfassen tut“
7eingereicht wurde und daher im Anhang zu diesem Schreiben die insgesamt
8„5016 Rechnungen auf eine Liste [die] fristgerecht eingereicht“
9werden. Die Bevollmächtigte teilte hierbei weiter mit, dass das Onlineportal in Frankreich die Übermittlung von 5016 Rechnungen nicht zulasse und, soweit eine elektronische Übermittlung aller Rechnungen auf diesem Wege nicht möglich sei, die Rechnungen dem Beklagten per E-Mail übermittelt würden. Zudem nahm die Bevollmächtigte auf ein im Mai 2017 mit Mitarbeitern des Beklagten (Frau X und Herrn Y) geführtes Telefonat Bezug, bei dem mitgeteilt worden sei, dass ein Massenantrag von mehr als 1000 Rechnungen mehrfach eingereicht werden dürfe, wenn das Onlineportal die Antragstellung limitieren sollte. Diesem Schreiben per E‑Mail beigefügt waren zwei Dateien im PDF-Format mit der Gesamtauflistung der Rechnungen, die Gegenstand des Vergütungsantrags sind (vgl. Bl. 14 der VA). Zu dem Schreiben vom 29. September 2017 gehören insgesamt „463 Seiten, davon 444 Seiten Auflistung in einer Tabelle“, die „nicht gedruckt“ worden sind (vgl. die handschriftlichen Vermerke auf S. 3 und 14 der VA). Gleichzeitig beantragte die Bevollmächtigte
10„Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (…) für alle Rechnungen im Anhang und die in der Liste im totalen von 5016 Rechnungen für € 121,046.66“.
11Im Zusammenhang mit dem Antrag, die übersandten Unterlagen als fristgerecht eingereicht anzusehen, verwies die Bevollmächtigte schließlich auf eine Mitteilung des Beklagten per E-Mail mit dem Inhalt (vgl. Bl. 14 der VA; Bl. 28 der GA):
12„Sofern Sie über das Portal Ihres Ansässigkeitsstaates dem Antrag nicht alle gemäß Artikel 10 der Richtlinie 2000/9/EG vorzulegenden eingescannten Originalbelege beifügen konnten, reichen Sie die fehlenden Belege bitte unverzüglich per E-Mail nach.“
13Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 den Vorsteuervergütungsantrag ab mit der Begründung, ein Zusammenfassen von Rechnungen in einer Position sei nicht möglich, da jede Rechnung und jedes Einfuhrdokument einzeln aufgelistet werden müsse.
14Dagegen wandte sich die steuerliche Bevollmächtigte der Klägerin mit dem mit Schreiben per E-Mail vom 19. Januar 2018 eingelegten Einspruch und teilte dem Beklagten mit, dass der Antrag mit E-Mail vom 30. September 2017 eingereicht worden sei, da die Anzahl der einzureichenden Rechnungen für die Einreichung über das Portal zu groß gewesen sei. Dieser E-Mail beigefügt waren erneut die beiden Dateien im PDF-Format mit der Einzelaufstellung der antragsgegenständlichen Rechnungen.
15Mit Hinweisschreiben vom 20. Februar 2018 teilte der Beklagte der steuerlichen Bevollmächtigten der Klägerin unter Hinweis auf die Richtlinie 2008/9/EWG sowie § 61 UStDV mit, dass mit dem Vergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz innerhalb der Antragsfrist zu jeder einzelnen Rechnung Angaben im elektronischen Formular zu übermitteln seien. Rechnungen, die nicht einzeln in der Anlage beantragt würden, könnten bei der Vergütung nicht berücksichtigt werden. Daher sei vorliegend eine Vergütung nicht möglich, da in den beiden Antragspositionen des streitgegenständlichen Antrags jeweils mehrere Rechnungen zusammengefasst seien. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide ebenfalls aus. Zum einen habe die Klägerin die versäumte Handlung, d.h. eine Antragstellung in der vorgeschriebenen Form mit allen erforderlichen Positionen, nicht nachgeholt. Zum anderen habe die Bevollmächtigte schuldhaft gehandelt, da ihr die Problematik mit der großen Anzahl von Antragspositionen bewusst gewesen sei, sie dennoch nicht quartalsweise Vergütungsanträge gestellt habe. Insoweit sei es möglich gewesen, alle Positionen ordnungsgemäß einzeln zu beantragen. Jedenfalls sei lediglich die Antragstellung mit zwei Positionen unmittelbar vor Ende der Ausschlussfrist unzulässig.
16Daraufhin stellte die Klägerin am 5. März 2018 (Eingang beim Beklagten am 6. März 2018) erneut zwei Vorsteuervergütungsanträge in elektronischer Form für den Vergütungszeitraum, in denen jede einzelne Rechnung in einer separaten Antragsposition aufgeführt ist. In einem Antrag über insgesamt 7.621,85 EUR sind 400 Antragspositionen (vgl. Bl. 45 ff. der VA), in einem weiteren Antrag über insgesamt 113.424,81 EUR sind alle weitere 4616 Antragspositionen enthalten. Die Dateien zu beiden Anträgen wiesen eine Größe von jeweils 1,1 Megabyte auf (vgl. Bl. 67 f., 78 der VA).
17Ergänzend hierzu teilte die Bevollmächtigte der Klägerin mit E-Mail vom 22. März 2018 (Bl. 79 der VA) mit, der Vergütungsantrag für das Jahr 2016 sei fristgerecht und mit der erforderlichen Einzelaufstellung der Rechnungen eingereicht worden. Zwar sei es zutreffend, dass aufgrund der Anzahl der Rechnungen nicht alle Angaben über das Portal übermittelt worden seien. Jedoch sei bereits am 30. September 2017 und damit noch vor Ablauf der Antragsfrist per E-Mail eine detaillierte Aufstellung der Rechnungen mit allen notwendigen Angaben, die dazugehörigen Rechnungskopien sowie ein Schreiben mit Erläuterung des Vorgehens beigefügt worden. Insoweit hätten alle für den geltend gemachten Vergütungsanspruch erheblichen Informationen fristgerecht vorgelegen. Selbst wenn von einer Verfristung ausgegangen werden würde, lägen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vor. Einen solchen Antrag habe die Klägerin bereits mit E-Mail vom 30. September 2017 gestellt und die dazugehörigen Unterlagen unmittelbar mit eingereicht. Die Tatsache, dass die nicht erfolgte Übermittlung über das Portal als Grund für die nicht wirksame Antragstellung angesehen werden würde, sei der Klägerin nicht mitgeteilt worden. Im Übrigen habe die Klägerin bereits im Vorfeld die Problematik eines Antrags mit großer Rechnungsanzahl erörtert und nach einem Weg der rechtzeitigen Übermittlung gesucht. In diesem Zusammenhang sei seitens des Beklagten mitgeteilt worden, dass ein Nachreichen von Rechnungen per E-Mail zulässig sei, worauf sich die Klägerin bei der Übersendung der Vertragsunterlagen per E-Mail am 30. September 2017 auch berufen habe.
18Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2018 als unbegründet zurück, da die Klägerin mit der Zusammenfassung aller Rechnungen in lediglich zwei Antragspositionen keinen wirksamen Vergütungsantrag gestellt habe. Einen Nachweis, dass über das französische Onlineportal die 5016 Positionen nicht in einem Antrag hätten übermittelt werden können, habe die Klägerin ebenso wenig erbracht wie einen Übermittlungsversuch. Seitens des Beklagten sei der Klägerin nicht, auch nicht in einem Telefonat mit der steuerlichen Bevollmächtigten, mitgeteilt worden, dass die Klägerin einen Antrag in der besagten Weise einreichen könne. Das betreffende Telefonat zwischen der steuerlichen Bevollmächtigten der Klägerin und dem Beklagten habe allein die Frage der Einreichung von Anträgen aus Drittstaaten betroffen.
19Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 16. Juli 2018 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der Vorsteuervergütungsantrag sei fristgerecht und formgültig gestellt worden. Da es aufgrund der Vielzahl der einzureichenden Rechnungen zu technischen Problemen gekommen sei, habe die Klägerin den Beklagten bereits mit Schreiben vom 29. September 2017 informiert, dass lediglich zwei Rechnungen über das Antragsportal übermittelt werden würden. Die vollständige Liste aller 5016 Rechnungen sowie die Rechnungen selbst seien als PDF‑Dateien per E-Mail an den Beklagten versandt worden. Die Rechnungsliste habe im Aufbau und vom Inhalt her der Anlage zum Antrag entsprochen. Gleichzeitig habe die Klägerin um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und um Mitteilung gebeten, falls der Beklagte mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sein sollte. Dieses Vorgehen sei vor dem Hintergrund des Telefonats zwischen der (steuerlichen) Bevollmächtigten der Klägerin und Mitarbeitern des Beklagten im Mai 2017 erfolgt. Aufgrund dessen sei die Klägerin davon ausgegangen, dass bei Problemen beim Einreichen von Massenanträgen über das französische Portal die Einreichung der Rechnungen per E-Mail fristwahrend möglich sei.
20Ergänzend hierzu verweist die Klägerin auf die Erklärung der Sachbearbeiterin der steuerlichen Bevollmächtigten vom 18. Mai 2020, Frau M, im englischen Original und in der Übersetzung ins Deutsche (vgl. Bl. 124 f. der GA). Danach habe Frau M aufgrund der seinerzeit aufgetretenen Probleme bei Vergütungsanträgen mit mehr als 1000 Rechnungen im Mai 2017 den Beklagten kontaktiert. Dieser habe sodann mitgeteilt, dass Erstattungsanträge für ein Vierteljahr und mehrere Einzelanträge für ein Kalenderjahr akzeptiert würden, wenn die Portale einen Upload von mehr als 1000 Rechnungen pro Antrag nicht unterstützten. In den letzten zwei Septemberwochen 2017, als die deutschen Erstattungsanträge für den Portal-Upload bereitgestanden hätten, sei das französische Portal überlastet erschienen. Bei dem Versuch, zahlreiche Anträge für die Klägerin hochzuladen, sei es abgestürzt. Laut Mitteilung des Portalteams der steuerlichen Bevollmächtigten seien die Uploads fehlgeschlagen. Sodann sei die Entscheidung getroffen worden, beim Antrag auf Vorsteuererstattung den Lock-in-Prozess anzuwenden, indem die Werte durch Eingabe von zwei einzelnen Positionen zusammengefasst worden seien und über das französische Portal der kombinierte Wert des Antrags am 30. September 2017 um ca. 16.00 Uhr nach Deutschland übermittelt worden sei. Schließlich sei auch eine E-Mail an den Beklagten mit dem Hinweis auf die technischen Probleme und die Eingabe lediglich von zwei Positionen in dem über das Portal eingereichten Antrag.
21Der in dieser Weise gestellte Vergütungsantrag sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht unvollständig, sondern genüge den Anforderungen von § 61 UStDV bzw. Art. 8 und 9 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG. Hierbei sei zu beachten, dass Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG regele, dass der Erstattungsantrag bestimmte Angaben enthalten „muss“, während in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG abweichend hiervon formuliert sei, dass „neben den in Abs. 1 genannten Angaben (..) in dem Erstattungsantrag (…) folgende Angaben zu machen (sind)“. Der Richtlinientext unterscheide daher zwischen „Muss-Angaben“ und weiteren Angaben im Antrag. Da § 61 UStDV lediglich auf die Richtlinie 2008/9/EG verweise, werde die Wertung innerhalb der Richtlinie auch übernommen. Vorliegend enthalte der Antrag die „Muss-Angaben“ unstreitig. Die gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG geforderten Angaben zu Rechnung, Rechnungsaussteller, Mehrwertsteuerbetrag usw. sei dem Beklagten mit dem Antrag gemeinsam übermittelt worden, zwar nicht über das Portal, sondern direkt per E-Mail. Dies entspreche aber insoweit den europarechtlichen Vorgaben, als Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG lediglich besage, dass ein elektronischer Erstattungsantrag über das Portal des Mitgliedstaates, in dem der Antragsteller ansässig ist, einzureichen sei. Der Antrag der Klägerin genüge auch den Anforderungen von Art. 15 der Richtlinie 2008/9/EG, da darin geregelt sei, dass der Erstattungsantrag nur dann als vorgelegt gelte, wenn der Antragsteller alle in den Artikeln 8, 9 und 11 der Richtlinie 2008/9/EG geforderten Angaben gemacht habe. Diese Anforderung habe die Klägerin mit den per E-Mail innerhalb der Antragsfrist übersandten Angaben zu allen Rechnungen erfüllt. Die Auffassung des Beklagten, nicht über das Portal eingereichte Unterlagen seien als nicht vorhanden zu werten, lasse sich aus dem Wortlaut der Richtlinie 2008/9/EG nicht ableiten. Das erneute Einreichen der bereits vorliegenden Daten nochmals über das Portal sei im vorliegenden Fall zur Erreichung des Zwecks der zeitnahen und effizienten Bearbeitung des Antrags nicht erforderlich gewesen.
22Hinzu komme, dass nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch nationaler Gerichte bestimmte Unvollständigkeiten bzw. Fehler bei der Antragstellung, etwa bei Eintragungen in der Anlage zum Antrag, nicht dazu führen dürften, dass ein Vorsteuervergütungsantrag unwirksam wäre. So genügten Ausführungen zu konkret geforderten Angaben, auch wenn diese noch klärungsbedürftig, unvollständig oder unrichtig, aber ergänzungsfähig seien (vgl. FG Köln, Urteil vom 14. September 2016, 2 K 195/14). Selbst wenn innerhalb der Antragsausschlussfrist Mindestangaben erfolgen müssten, zu denen auch die Anlage zum Antrag gehöre, sei es im Einzelfall ausreichend, wenn sich die Angaben aus „anderen Unterlagen“ ergäben. Auch der EuGH weise darauf hin, dass formale Fehler eines Antragstellers grundsätzlich nicht zur Versagung eines materiell-rechtlich bestehenden umsatzsteuerrechtlichen Erstattungsanspruch führen dürften. Zwar beträfen die vom EuGH entschiedenen Fälle im Wesentlichen fehlende Rechnungsangaben, nicht jedoch fehlende Antragsbestandteile im Vorsteuervergütungsverfahren. Jedoch beruhten Letztgenannte auf dem gleichen unionsrechtlichen Grundsatz, dass der Unternehmer bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einen Anspruch auf Entlastung von der Mehrwertsteuer habe und dass die Behörden dabei eventuell vorliegende formelle Mängel nur dann als Grund für die Versagung der Freistellung heranziehen dürften, wenn die Angaben sich nicht aus dem insgesamt vorgelegten Datenmaterial ergäben. Diese Grundsätze würden auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, so dass der (elektronisch über das Portal gestellte) Antrag zusammen mit den weiteren (ebenfalls elektronisch per E-Mail übersandten) Dokumenten betrachtet werden müsse.
23Falls doch von einer unwirksamen Antragstellung auszugehen sei, wäre jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Antragsfrist zu gewähren. Die Klägerin habe bereits im Vorfeld der Antragstellung die technischen Probleme beim Hochladen von 5016 Rechnungen erkannt und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. In dem speziellen Fall habe man die Aufstellung der Rechnungen und die Rechnungen selbst außerhalb des Portals eingereicht, dies dem Beklagten vor Fristablauf mitgeteilt und um Rückmeldung gebeten, falls das Vorgehen doch nicht zulässig sein sollte. Dennoch enthielt der ablehnende Bescheid keinen Hinweis auf eine mögliche Wiedereinsetzung und die Notwendigkeit, den Antrag noch über das Portal einzureichen. Im Bescheid finde sich lediglich der Hinweistext zu Kennziffer 475, wonach ein Zusammenfassen von Rechnungen in einer Position nicht möglich sei und jede Rechnung und jedes Einfuhrdokument einzeln aufgelistet werden müsse. Aufgrund dieses Hinweises habe die Klägerin mit Einspruch vom 19. Januar 2018 (erneut) die Einzelaufstellung der Rechnungen übersandt in der Annahme, den Beklagten habe diese an sich bereits am 30. September 2017 übersandte Auflistung nicht vorgelegen. Dementsprechend seien dem Einspruch auch die E-Mail vom 30. September 2017 sowie der dazugehörige Sendenachweis beigefügt worden. Auf das Erfordernis, dass die Einzelangaben zu den Rechnungen im elektronischen Antragsformular selbst zu machen seien, sei die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 20. Februar 2018 hingewiesen worden. Im Nachgang hierzu habe sie sodann unverzüglich gehandelt und innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist die Anträge vollständig über das Portal übermittelt.
24Im Hinblick auf die Rechnungen zu den Antragspositionen 3048, 3053, 3056, 4615 und 4616, die der Beklagte als nicht vergütungsfähig ansieht, hat die Klägerin im Laufe des Klageverfahrens ihr Klagebegehren entsprechend eingeschränkt (vgl. Bl. 67, 90 der GA).
25Die Klägerin beantragt,
26unter Aufhebung des Vergütungsbescheides vom 20. Dezember 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2018 die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2016 auf 116.247,67 EUR festzusetzen.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Zur Begründung trägt der Beklagte vor, die Klägerin habe keinen zulässigen elektronischen Antrag, sondern innerhalb der Antragsfrist lediglich einen unvollständigen Vergütungsantrag gestellt, da in der Anlage zum Antrag keine Einzelaufstellung der Rechnungen enthalten gewesen sei, sondern lediglich eine unzulässige Zusammenfassung einer Vielzahl von Rechnungen in zwei Antragspositionen. Der elektronische Antrag selbst und die Anlage hierzu mit der Rechnungsaufstellung seien als Einheit anzusehen und würden den eigentlichen Vergütungsantrag darstellen. Mangels Einzelangaben zu allen Rechnungen sei der Antrag der Klägerin in seiner Gesamtheit als Form unwirksam anzusehen.
30Der im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer habe gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 1 und 2 UStDV binnen einer (nicht verlängerbaren Ausschluss‑) Frist von neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, den Vergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung elektronisch zu übermitteln. Bei richtlinienkonformer Auslegung dieser Vorschriften könne ein Vorsteuervergütungsantrag nur dann als wirksam gestellt angesehen werden, wenn er alle in den Art. 8, 9 und 11 der Richtlinie 2008/9/EG geforderten Angaben enthalte. Aus den Art. 8 und 9 der Richtlinie 2008/9/EG ergebe sich, dass die Einzelaufstellung der Rechnungen zum Antrag als Anlage hierzu Bestandteil des Vergütungsantrags sei. Diese Rechnungsaufstellung bilde zusammen mit dem Antragsformular den eigentlichen Vergütungsantrag (so auch FG Köln, Urteil vom 29. Januar 2014, 2 K 317/11). Dies werde auch durch Art. 15 der Richtlinie 2008/9/EG bestätigt, wonach der Erstattungsantrag nur dann als vorgelegt gelte, wenn der Antragsteller alle geforderten Angaben gemacht habe.
31Hiernach müsse der Antrag gemäß Art. 8 Abs. 2 und Art. 9 der Richtlinie für jede Rechnung Angaben unter anderem zu Name und Anschrift des leistenden Unternehmers, dessen Steuernummer, Datum und Nummer der Rechnung, Steuerbemessungsgrundlage und Umsatzsteuerbetrag sowie zur Art der erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen enthalten. Diese geforderten Angaben seien als amtlich vorgeschriebener Datensatz über das Portal des jeweiligen Ansässigkeitsstaats des Antragstellers zu übermitteln. Eine Übermittlung dieser Daten in einer separaten E-Mail ergänzend zu dem über das elektronische Portal eingereichten Vergütungsantrag sehe das elektronische Antragsverfahren nicht vor. Mangels Vorlage einer ordnungsgemäß ausgefüllten Anlage als fester Bestandteil des Vergütungsantrags habe der Beklagte nicht über „sämtliche Daten“ im Sinne von Art. 8, 9 und 11 der Richtlinie 2008/9/EG verfügt, die bei der Bearbeitung des Antrags zur Überprüfung der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs erforderlich seien.
32Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der vorliegende Streitfall nicht mit dem Urteil des FG Köln vom 14. September 2016 (2 K 195/14) vergleichbar. In jenem Fall seien in der Anlage zum Vergütungsantrag lediglich zu einzelnen Rechnungen nicht die in den Rechnungen angegebenen Rechnungsnummern, sondern weitere dort ausgewiesene Referenznummern eingetragen worden. Im Gegensatz dazu habe die Klägerin hier gar keine Auflistung der einzelnen Rechnung in der Antragsanlage zum Vergütungsantrag vorgenommen. Im Übrigen habe das FG Köln in der besagten Entscheidung bestätigt, dass die Antragsanlage Gegenstand des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes im Sinne von § 61 Abs. 1 UStDV sei und in dieser Anlage die Rechnungen im Einzelnen aufzulisten seien.
33Diese formalen Antragserfordernisse seien auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Vorliegend sei der Zweck von § 61 Abs. 1 UStDV zu berücksichtigen. Die vorgeschriebene Übermittlung des Vergütungsantrags nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübermittlung über das elektronische Portal des Ansässigkeitsstaats ziele auf eine damit einhergehende Standardisierung ab und diene der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens und einer zeitnahen und effizienten Bearbeitung der Vergütungsanträge. Demgegenüber seien die an die Klägerin gestellten Anforderungen vergleichsweise niedrig, da die erforderlichen technischen Voraussetzungen zur elektronischen Übermittlung aktuell angesichts des zunehmenden elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs allgemein verfügbar seien. Nicht zu beanstanden sei insbesondere die fehlende Möglichkeit, erforderliche Angaben und Anlagen per E-Mail zu übermitteln. Derart übermittelte Anträge würden zu Darstellungsproblemen innerhalb des Verarbeitungsprogramms „VAT-Refund“ beim Beklagten führen und dadurch dem Zweck eines vereinfachten Verwaltungsverfahrens sowie einer zeitnahen, effizienten Bearbeitung entgegenstehen. Die Übermittlung einer ordnungsgemäß ausgefüllten Anlage sei unabdingbar für die Bearbeitung und Prüfung der Anträge. Hinzu käme im Streitfall, dass auch die von der Klägerin in Form von PDF-Dokumenten übersandte Rechnungsaufstellung nicht ohne Weiteres bearbeitungsfähig gewesen sei, da diese Aufstellung aus mehreren Teilen bestanden und teilweise auch nicht inhaltlich den Vorgaben einer ordnungsgemäß ausgefüllten Anlage entsprochen habe.
34Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Antragsfrist scheide ebenfalls aus. Dies folge bereits daraus, dass die Klägerin die versäumte Handlung (ordnungsgemäße Antragstellung) nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 110 Abs. 2 AO nachgeholt habe. Die Klägerin sei mit dem ablehnenden Bescheid vom 20. Dezember 2017 auf die fehlerhafte und unwirksame Antragstellung hingewiesen worden. Der Bearbeitungsvermerk 475 in diesen Bescheid enthalte explizit die Formulierung, dass „alle gemäß Art. 8 Abs. 2 und Art. 9 (...) erforderlichen Angaben jeweils ordnungsgemäß einzutragen sind“. Die Klägerin hätte spätestens einen Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides, d.h. bis zum 22. Februar 2018, die versäumte Handlung nachholen müssen. Allerdings habe die Klägerin dies erst am 6. März 2018 mit zwei Anträgen einschließlich ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllter Anlagen mit Einzelaufstellung zu den Rechnungen nachgeholt.
35Im Übrigen läge auch ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin im Hinblick auf die Wahrung der Antragsfrist vor. Vorsorglich weist der Beklagte darauf hin, dass die von der Klägerin behaupteten technischen Probleme bei der Übersendung der Vielzahl von Rechnungen im Zeitpunkt der Antragstellung am 30. September 2017 nicht belegt seien. Zudem wäre es der Klägerin möglich gewesen, innerhalb der gesetzlichen Antragsfrist mehrere Vergütungsanträge einzureichen, falls das elektronische Portal die Anzahl der Antragspositionen begrenzt hätte. Im Übrigen stehe der von der Klägerin geschilderte Sachverhalt mit den technischen Problemen aufgrund der Vielzahl der Rechnungen im Widerspruch sowohl zur relativ geringen Anzahl von zehn zum Zeitpunkt der Antragstellung vorlagepflichtigen Rechnungen im Sinne von § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV, zu dem tatsächlich übermittelten Datenvolumen von 3,29 MB als auch zur Tatsache, dass einer der beiden am 6. März 2018 nachträglich eingereichten Anträge mit einer ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllten Anlage mit insgesamt 5016 Rechnungen ein Datenvolumen von lediglich 1,1 MB aufgewiesen habe.
36Hinzu komme, dass die Klägerin bereits während des Antragsverfahrens durch eine Steuerberatungsgesellschaft betreut worden sei. Insoweit habe es im Verantwortungsbereich des Bevollmächtigten gelegen, alle notwendigen Informationen rechtzeitig einzuholen und insbesondere alle organisatorisch erforderlichen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass fristgerecht ein Vergütungsantrag eingereicht werden könne, der vollumfänglich der gesetzlich vorgeschriebenen Form entspreche. Es liege nahe, dass die Bevollmächtigte im Antragsverfahren nicht die im vorliegenden Fall angemessene, gebotene und mögliche Sorgfalt habe walten lassen. Deren Verschulden habe sich die Klägerin wie eigenes Verschulden zurechnen zu lassen.
37Nach vorsorglicher Belegprüfung sei nach Ansicht des Beklagten lediglich ein geltend gemachter Betrag in Höhe von 116.247,67 EUR vergütungsfähig.
38Bezüglich eines Telefonats zwischen der Bevollmächtigten der Klägerin und Mitarbeitern des Beklagten im Mai 2017 ist in der Verwaltungsakte des Beklagten ein Telefonvermerk über ein entsprechendes Telefonat am 29. Mai 2017 (Bl. 13 VA) abgeheftet. Ausweislich dieses Vermerks wurde eine Frage der Bevollmächtigten, wie mit Anträgen mit mehr als 1000 Rechnungen verfahren werden könne, dahingehend beantwortet, dass zum damaligen Zeitpunkt für Antragsteller aus Drittstaaten keine Möglichkeit für eine derartige Antragstellung bestanden habe, in diesen Fällen jedoch mehrere Anträge für einen Vergütungszeitraum eingereicht werden könnten.
39Entscheidungsgründe
40I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
41Der angefochtene Vorsteuervergütungsbescheid vom 20. Dezember 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die für den Streitzeitraum begehrte Vorsteuervergütung.
421. Die Vergütung von Vorsteuerbeträgen an im Ausland ansässige Unternehmer erfolgt im Vorsteuervergütungsverfahren gemäß § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) i.V.m. §§ 59 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).
43a) Gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann das Bundesministerium der Finanzen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht und das Vergütungsverfahren für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer – wie die Klägerin – in § 61 UStDV geregelt.
44Für Antragsteller, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, ist gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m. § 61 Abs. 1 UStDV der Vergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über das in dem Mitgliedstaat, in dem der den Antrag stellende Unternehmer ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV ist die Vergütung binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist, zu beantragen.
45b) Diese nationalen Vorschriften für das Vorsteuervergütungsverfahren beruhen für Antragsteller aus dem Gemeinschaftsgebiet für ab 2010 gestellte Vergütungsanträge nach der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 171 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystem-Richtlinie, ABl. EU L 347, 1) aufgrund der hierfür maßgeblichen Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (Mehrwertsteuererstattungs-Richtlinie, -Richtlinie 2008/9/EG-, ABl. EU 44, 23).
46Gemäß Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG muss der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige, um eine Erstattung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat der Erstattung zu erhalten, einen elektronischen Erstattungsantrag an diesen Mitgliedstaat richten und diesen in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, über das von letzterem Mitgliedstaat eingerichtete elektronische Portal einreichen.
47Gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG sind neben den in Art. 8 Abs. 1 genannten Angaben in dem Erstattungsantrag für jeden Mitgliedstaat der Erstattung und für jede Rechnung oder jedes Einfuhrdokument bestimmte Angaben zu machen, unter anderem der Name und die vollständige Anschrift des Lieferers oder Dienstleistungserbringer sowie Datum und Nummer der Rechnung oder des Einfuhrdokuments. Gemäß Art. 15 der Richtlinie 2008/9/EG muss der Antrag dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ansässig ist, spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen. Der Antrag gilt nur dann als vorgelegt, wenn der Antragsteller alle in den Artikeln 8, 9 und 11 geforderten Angaben gemacht hat.
482. Diesen gesetzlichen Anforderungen genügt der hier streitgegenständliche Vorsteuervergütungsantrag der Klägerin nicht. Die Klägerin hat im elektronischen Antragsverfahren zur Vorsteuervergütung innerhalb der Antragsfrist nicht alle erforderlichen Angaben in der vorgeschriebenen Weise beigebracht, da die von der Klägerin selbsterstellte Liste mit den Einzelangaben zu allen Rechnungen nicht den Anforderungen gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m. § 61 Abs. 1 UStDV genügt.
49a) Die Frist für die Beantragung der Vorsteuervergütung für den im Streitverfahren maßgeblichen Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2016 beträgt gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV neun Monate nach Ablauf des Kalenderjahres 2016 und lief am 30. September 2017 ab.
50b) Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin keinen wirksamen Vergütungsantrag gestellt, da der innerhalb dieser Antragsfrist von der Klägerin eingereichte Antrag nicht alle für die Vorsteuervergütung erforderlichen Angaben enthält und daher nicht ordnungsgemäß ist.
51aa) Zwar hat die Klägerin mit der von ihr selbst erstellten und im PDF-Dateiformat per E-Mail an den Beklagten übersandten Einzelaufstellung der Rechnungen soweit ersichtlich die gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG geforderten Angaben zu den einzelnen Rechnungen an den Beklagten übermittelt. Die Auflistung ist maschinengeschrieben (wenn auch mit sehr kleinem Schriftgrad) und orientiert sich bei der Spalteneinteilung an den Vorgaben der EU-Richtlinie und den Vorgaben für den Datensatz im Sinne von § 61 Abs. 1 UStDV. Gleichwohl genügt die Klägerin damit nicht der Anforderung, für jede Rechnung die Angaben gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG in dem elektronischen Antrag über das eingerichtete elektronische Portal einzureichen, wie dies in Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG und § 61 Abs. 1 UStDV vorgeschrieben ist. Denn damit sind die Angaben aus der Einzelaufstellung der Rechnungen zwar elektronisch (per E-Mail) übermittelt, jedoch nicht in dem Antrag selbst (vgl. Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG) und auch nicht als einzelner amtlich vorgeschriebener Datensatz je Rechnung (vgl. § 61 Abs. 1 UStDV).
52bb) Der Senat hat für das elektronische Vorsteuervergütungsverfahren für Antragsteller aus den EU-Mitgliedsstaaten bereits entschieden, dass in Form entsprechender Datensätze Angaben zu jeder einzelnen Rechnung, aus denen die Vorsteuervergütung geltend gemacht wird, erforderlich sind. Die Zusammenfassung einzelner Rechnungen zu einem Datensatz mit einem Gesamtbetrag ist hierbei unzulässig (vgl. FG Köln, Urteil vom 16. September 2015, 2 K 2040/12, EFG 2016, 159).
53Damit knüpft der Senat an die Rechtsprechung zum Antragsverfahren nach amtlichem Papiervordruck an, wie es bis 2009 für Antragsteller aus EU-Mitgliedsstaaten und bis Anfang 2016 für Antragsteller aus Drittstaaten galt. Danach war die Anlage zum Vergütungsantrag nicht vollständig ausgefüllt ist, wenn die Rechnungen nicht einzeln mit den jeweils geforderten Angaben aufgelistet wurden (vgl. FG Köln, Urteil vom 19. Februar 2014, 2 K 2170/11).
54cc) Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der entschieden hat, dass Anträge und Erklärungen, die nach einem amtlichen Muster abzugeben sind, in allen Einzelheiten dem amtlichen Muster entsprechen müssen, wenn amtliche Vordrucke nicht verwendet werden. Fehlen in dem nichtamtlichen Vordruck Angaben, die der amtliche Vordruck vorsieht, und erklärt sich der Antragsteller daher innerhalb der Antragsfrist nicht zu solchen Angaben, ist der Antrag abzulehnen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1999 – V R 76/98, BStBl. II 2000, 214; vom 24. September 2015 – V R 9/14, BStBl. II 2015, 1067 sowie Beschlüsse vom 14. Dezember 2012 – V B 19/12, BFH/NV 2013, 602; vom 14. Dezember 2012 – V B 20/12, BFH/NV 2013, 996; vom 19. Dezember 2012 – XI B 111/11, BFH/NV 2013, 785 und vom 9. Januar 2014 – XI B 11/13, BFH/NV 2014, 915). Zudem muss der Unternehmer – bezogen auf das frühere papiergebundene Antragsverfahren – zur Wahrung der Antragsausschlussfrist im Vorsteuervergütungsverfahren einen Antrag stellen, in dem er Angaben zu den entsprechend Art. 3 Buchst. a Satz 2 i.V.m. Anhang C Buchst. F der Richtlinie 79/1072/EWG geforderten Mindestinformationen (Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs für die er die Leistungen bezogen hat) macht (vgl. BFH-Urteil vom 19. November 2014 – V R 39/13, BStBl. II 2015, 352).
55dd) Die Klägerin hat innerhalb der Antragsfrist für die Rechnungen, aus denen sie den Vorsteuerabzug geltend macht, nicht zu jeder Rechnung einen separaten Datensatz mit den geforderten Rechnungsangaben an den Beklagten übermittelt. Im Antrag fehlen die einzelnen Datensätze zu den Rechnungen, aus denen die Klägerin den Anspruch auf Vorsteuervergütung ableitet. Der Antrag enthält lediglich zwei Datensätze mit der Zusammenfassung der Vorsteuerbeträge aus 400 bzw. 4616 einzelnen Rechnungen. Eine derartige Zusammenfassung von Rechnungen in einer Antragsposition genügt nicht den Anforderungen gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m. § 61 Abs. 1 UStDV. In der Folge ist ein solcher Antrag ohne Angaben zu einzelnen Rechnungen unvollständig und unwirksam.
56ee) Anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Einzelangaben zu den Rechnungen im Antrag der Klägerin auf eine separate Anlage verwiesen wird. Eine derart eingereichte Rechnungsaufstellung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 UStDV, wonach die Angaben zu jeder Rechnung in Form eines Datensatzes als Bestandteil des elektronischen Antrags zu erfolgen haben. Die in der Rechnungsaufstellung der Klägerin enthaltenen Angaben wurden nicht mit dem elektronischen Antrag eingereicht, sondern außerhalb des elektronischen Antragsverfahrens lediglich per E‑Mail an den Beklagten übersandt.
57Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG und § 61 Abs. 1 UStDV die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG umgesetzt und darin geregelt, dass der Vorsteuervergütungsantrag nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln ist. Gegenstand des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes, auf den § 61 Abs. 1 UStDV Bezug nimmt, ist u.a. eine Antragsanlage. In dieser Anlage sind die Rechnungen, für die die Vorsteuervergütung begehrt wird, im Einzelnen aufzulisten. Dabei ist zu jeder Rechnung u.a. Name und vollständige Anschrift des Leistenden, dessen Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, Datum und Nummer des Rechnungsbelegs, Bemessungsgrundlage und Umsatzsteuerbetrag sowie die Art der erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen einzutragen.
58So wie der Gesetzgeber in der vorhergehenden, bis 2009 geltenden Fassung von § 61 UStDV für Anträge von Unternehmern aus EU-Mitgliedsstaaten auf den amtlich vorgeschriebenen Vordruck Bezug nahm und auf diese Weise die formellen Voraussetzungen der seinerzeit für Antragsteller aus dem Gemeinschaftsgebiet geltenden Achten Richtlinie (vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl. EG Nr. L 331/1979, 11) in nationales Recht umgesetzt hat, übernimmt der Gesetzgeber nunmehr mit der Bezugnahme auf den amtlich vorgeschriebenem Datensatz die formellen Voraussetzungen der Richtlinie 2008/9/EG in das nationale Recht.
59Die Übermittlung der Rechnungsangaben in einer separaten Aufstellung stellt keine Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz dar, auch wenn in der Aufstellung alle Angaben enthalten sind, wie sie dem amtlichen Datensatz im Sinne von § 61 Abs. 1 UStDV bzw. den Angaben im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG entsprechen. Zwar hat der Senat für das früher geltende papiergebundene Antragsverfahren entschieden, dass eine vom Steuerpflichtigen selbst erstellte Anlage zum Vergütungsantrag (statt der Verwendung der Anlage nach dem amtlichen Muster) für einen wirksamen Antrag ausreichen kann, wenn diese genau den gleichen Erklärungswert und sachlichen Inhalt wie eine auf amtlichem Vordruck erstellte Anlage bzw. allenfalls geringfügige Abweichungen aufweist (vgl. FG Köln, Urteil vom 24. Februar 2011, 2 K 813/10, EFG 2011, 1477 unter Verweis auf BFH-Urteil vom 5. Mai 2010, I R 105/08, BFH/NV 2010, 2043). Diese Rechtsprechung ist jedoch auf das elektronische Antragsverfahren nicht zu übertragen. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass mit der elektronischen Antragstellung und der vorgeschriebenen Übermittlung des Vergütungsantrags nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz die erforderliche Standardisierung in der Antragsbearbeitung und gleichzeitig die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens sowie durch den Einsatz moderner Technologien eine zeitnahe und effiziente Bearbeitung der Vergütungsanträge gewährleistet wird. Die Antragsbearbeitung würde erheblich erschwert werden, wenn etwa für eine wirksame und fristwahrende Antragstellung minimale Angaben, die über das elektronische Portal eingereicht werden, ausreichen würden, und statt dessen der überwiegende Teil der für die Antragsbearbeitung erforderlichen Informationen außerhalb des Portals bzw. erst nach Ablauf der Antragsfrist übermittelt werden würden.
60Insoweit ist es ohne Bedeutung, dass im vorliegenden Fall die erforderlichen Angaben in Form einer Datei im PDF-Format übermittelt worden sind. Zwar sind diese Daten damit grundsätzlich elektronisch auswertbar. Jedoch hätte es hierzu eines nicht unerheblichen Aufwands auf Seiten des Beklagten bedurft, um die Einzelangaben aus dem von der Klägerin übermittelten Dateiformat zu exportieren und in die Datensatzstruktur des Beklagten zu überführen. Sinn und Zweck des elektronischen Antragsverfahrens und der hierfür vom jeweiligen Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller seinen Sitz hat, zur Verfügung gestellten Antragsportale ist es gerade, diesen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Aus diesem Grund ist den Antragstellern, die die Vorsteuervergütung begehren, die Pflicht auferlegt worden, die für die Antragsbearbeitung erforderlichen Daten in der vorgegebenen standardisierten Form zu erfassen und über das Antragsportal zu übermitteln.
61c) Die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG und § 61 Abs. 1 UStDV entsprechen den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2008/9/EG. Auch sonst bestehen keine Bedenken hinsichtlich der formalen Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Antragstellung im Vorsteuervergütungsverfahren.
62aa) Zwar enthält die Richtlinie 2008/9/EG – anders als § 61 Abs. 1 UStDV – keine detaillierte Vorgabe, dass die einzelnen Rechnungsangaben in Form eines „Datensatzes“ zu übermitteln sind. Allerdings ist in Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG klar geregelt, dass der Antragsteller „einen elektronischen Erstattungsantrag (…) über das (…) eingerichtete elektronische Portal einreichen (muss)“. Ergänzend hierzu regelt Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG, dass in diesem Erstattungsantrag für jede Rechnung spezifische Angaben aufzuführen „sind“. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hieraus nicht zu folgern, dass zwischen Muss-Angaben im Antrag und weiteren (d.h. nicht verbindlichen Angaben) in der Antragsanlage zu unterscheiden ist. Im Gegenteil folgt aus dem Wortlaut der Richtlinie 2008/9/EG in Art. 8 Abs. 2 („sind“) zweifelsfrei, dass die spezifischen Angaben für jede Rechnung – wie auch gemäß Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG der elektronische Antrag selbst – zwingend erforderlich sind, um die Vorsteuererstattung zu erhalten.
63Dies entspricht auch den Zielen der Richtlinie 2008/9/EG, denn ausweislich des zweiten Erwägungsgrundes des Richtliniengebers wird mit dem elektronischen Antragsverfahren der Zweck verfolgt, das Verwaltungsverfahren durch den Einsatz moderner Technologien zu vereinfachen und eine effektive und zeitnahe Bearbeitung der Anträge sowohl im Interesse der Antragsteller als auch im Interesse der Finanzverwaltungen zu ermöglichen. Wie bereits ausgeführt, würde die Antragsbearbeitung erheblich erschwert werden und es zudem dem Zweck der Richtlinie und der Einführung des elektronischen Erstattungsverfahrens zuwiderlaufen, wenn nur minimale Angaben im Antrag, der über das elektronische Portal eingereicht werden muss, ausreichen würden und die Antragsteller den überwiegenden Teil der für die Antragsbearbeitung und für die Begründung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Informationen erst später und zudem außerhalb des Portals nachreichen könnten.
64Dies schließt nicht aus, dass im Einzelfall ergänzende Informationen doch noch zum einen nach Ablauf der Antragsfrist, zum anderen gegebenenfalls außerhalb des elektronischen Portals für die Antragsbearbeitung erforderlich sind. So sieht die Richtlinie 2008/9/EG in Art. 20 explizit die Möglichkeit vor, dass der Mitgliedstaat der Steuererstattung, wenn er nicht über alle relevanten Informationen für die Entscheidung über eine vollständige oder teilweise Erstattung verfügt, vom Antragsteller zusätzliche Informationen anfordern kann. Dies bezieht sich allerdings nur auf „zusätzliche Informationen“, nicht jedoch auf die essenziellen Antragsvoraussetzungen, wie sie insbesondere in den für den vorliegenden Streitfall maßgeblichen Art. 7 und 8 der Richtlinie 2008/9/EG normiert sind. Bei den spezifischen Angaben für jede Rechnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG handelt es sich um Angaben, die in ihrer Gesamtheit in der Anlage zum Vergütungsantrag aufgeführt sein müssen und als essenzielle Bestandteileinnerhalb der Antragsfrist über das elektronische Portal übermittelt werden müssen. Unabhängig von der vorliegend nicht streitrelevanten Frage, ob ausnahmsweise diesbezügliche Angaben nach Ablauf der Antragsfrist bzw. durch Übermittlung außerhalb des elektronischen Portals ergänzt werden können, ist es jedenfalls nicht zulässig, diese Angaben insgesamt – so wie im vorliegenden Fall durch die Klägerin – außerhalb der Antragsfrist bzw. außerhalb des elektronischen Antragsportals an den Mitgliedstaat der Erstattung zu übermitteln.
65Die nationale Umsetzung mit § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG und § 61 Abs. 1 UStDV entspricht diesen europarechtlichen Vorgaben.
66bb) Ebenso unbedenklich ist es, dass die essenziellen Angaben zu den einzelnen Rechnungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG innerhalb der Antragsfrist gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG übermittelt werden müssen. Dies folgt daraus, dass diese Detailangaben – wie ausgeführt – mit dem Vergütungsantrag selbst innerhalb der hierfür maßgeblichen Antragsfrist zu übermitteln sind. Den Charakter der Antragsfrist im Vorsteuervergütungsverfahren als Ausschlussfrist hat der EuGH mehrfach bestätigt (vgl. EuGH-Urteile vom 21. Juni 2012 – C‑294/11 Elsacom, HFR 2012, 916; vom 14. Februar 2019 – C-562/17 Nestrade, HFR 2019, 338).
67cc) Etwas anderes folgt schließlich auch nicht daraus, dass der EuGH wiederholt betont hat, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen nicht genügt hat (vgl. EuGH-Urteil vom 15. September 2016 – C-518/14 Senatex, HFR 2016, 1029). Diese Rechtsprechung bezieht sich zum einen auf die Rechtswirkungen einer Rechnungskorrektur und betrifft damit den materiell-rechtlichen Anspruch auf Berücksichtigung der in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge, nicht jedoch die formalrechtliche Geltendmachung eines Vorsteuerabzugsanspruchs bzw. eines Steuererstattungsanspruchs. Insoweit bestehen an dem grundsätzlichen Erfordernis, einen elektronischen Vergütungsantrag über das vorgegebene Portal einzureichen, keine Zweifel.
68d) Die für jede Rechnung erforderlichen Datensätze hat die Klägerin erst mit den im März 2018 nachgereichten beiden Vorsteuervergütungsanträgen übermittelt, damit allerdings außerhalb der Antragsfrist gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV.
693. Der Klägerin ist wegen der nicht gewahrten Antragsfrist hinsichtlich der Einreichung eines ordnungsgemäß gestellten Antrags einschließlich der Einzelangaben zu allen Rechnungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO zu gewähren.
70a) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO).
71b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
72aa) Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, inwieweit sie gehindert gewesen sein könnte, innerhalb der Antragsfrist den Antrag in der gesetzlich vorgeschriebenen Form, d.h. mit Datensätzen zu allen streitgegenständlichen Rechnungen, über das von der französischen Steuerverwaltung bereitgestellte Portal einzureichen. Der Vortrag der Klägerin im Zusammenhang mit der Antragstellung im September 2017, das französische Portal habe eine Antragstellung mit mehr als 1000 Antragspositionen nicht zugelassen bzw. sei überlastet gewesen, stützt sich allein auf die schriftliche Erklärung einer Mitarbeiterin der seinerzeit für die Klägerin tätigen steuerlichen Bevollmächtigten, ist ansonsten aber durch nichts belegt. Es fehlt jeglicher Nachweis für die behaupteten seinerzeit aufgetretenen technischen Probleme bei der Antragstellung, wie etwa Ausdrucke/Screenshots in Bezug auf die seinerzeit versuchte Antragsübermittlung, die fehlgeschlagenen Uploads bzw. die vorgetragenen Systemabstürze des französischen Antragsportals. Vor diesem Hintergrund ist für das Gericht nicht ersichtlich, ob und inwieweit tatsächlich technische oder sonstige Probleme die Klägerin bzw. ihre steuerliche Bevollmächtigte daran gehindert haben könnten, die erforderlichen Datensätze zu den einzelnen Rechnungen über das elektronische Antragsportal innerhalb der Antragsfrist an den Beklagten zu übermitteln. Hinzu kommt, dass wenige Monate später eine Antragstellung mit Detailangaben zu allen Rechnungen über das französische Portal möglich gewesen ist. Insoweit geht der Umstand, dass die Klägerin bzw. deren steuerlicher Bevollmächtigter seinerzeit die technischen Probleme nicht dokumentiert haben, zulasten der Klägerin als diejenige, die eine Vorsteuervergütung begehrt.
73bb) Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin bzw. ihre seinerzeit bei der Antragstellung eingeschaltete steuerliche Bevollmächtigte möglicherweise einem Irrtum hinsichtlich der Frage, ob die Übersendung einer selbst erstellten Rechnungsaufstellung per E Mail innerhalb der Antragsfrist zur Wahrung des Erfordernisses einer elektronischen Antragsstellung genügt, erlegen waren. Zwar hat die steuerliche Bevollmächtigte der Klägerin, soweit ersichtlich ein ausländisches Serviceunternehmen, innerhalb der Antragsfrist die Einzelaufstellung der Rechnungen per E-Mail übermittelt und dabei in der dazugehörigen E-Mail ausdrücklich auf einen Textbaustein des Beklagten, in dem auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, Belege per E-Mail nachzureichen, hingewiesen. Allerdings spricht dies nicht hinreichend deutlich für die Annahme, dies genüge für eine wirksame Antragstellung, denn der in Bezug genommene Textbaustein des Beklagten betrifft explizit nur einen Hinweis auf die Möglichkeit, Belege per E-Mail nachzureichen, wenn im elektronischen Antragsverfahren nicht alle gemäß Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG vorzulegenden Originalbelege beigefügt werden können. Dieser Textbaustein bezieht sich ausdrücklich auf Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG und damit die Vorlagepflicht hinsichtlich der Rechnungsbelege in eingescannter Form, nicht aber auf die hier maßgebliche Einzelaufstellung der Rechnungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG als Anlage zum Antrag.
74cc) Des Weiteren hat ein Antragsteller sich grundsätzlich über die Antragsvoraussetzungen zu informieren und gegebenenfalls Rechtsrat bei einem ausreichend kundigen Berater einzuholen. Dass die Klägerin Derartiges getan hat, ist weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Wenngleich anzuerkennen ist, dass es sich bei der steuerlichen Bevollmächtigten der Klägerin wie bei der Klägerin selbst um ausländische Unternehmen handelt und die steuerliche Bevollmächtigte zumindest erkennbar bemüht war, innerhalb der Antragsfrist die erforderlichen Angaben an den Beklagten zu übermitteln, vermag dies keinen entschuldbaren Irrtum zu begründen.
75In diesem Zusammenhang rechtfertigt der Umstand, dass sich die steuerliche Bevollmächtigte der Klägerin im Mai 2017 telefonisch beim Beklagten hinsichtlich der Antragstellung bei einer Vielzahl von Rechnungen informiert hat, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Antragsfrist. Unabhängig davon, ob sich dieses Telefonat auf Antragsteller aus Drittstaaten und nicht auf Antragsteller aus den EU-Mitgliedstaaten bezog, ergibt sich sowohl aus dem Vortrag der Klägerin selbst als auch aus dem diesbezüglich vom Beklagten gefertigten Aktenvermerk vom 29. Mai 2017 (vgl. Bl. 13 VA) gerade nicht, dass die Detailangaben zu den einzelnen Rechnungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG in einer separaten Aufstellung und außerhalb des Antragsportals übermittelt werden können. Vielmehr bezieht sich die seinerzeit vom Beklagten gegebene Auskunft allein auf die Möglichkeit, für einen Vergütungszeitraum mehrere Anträge zu stellen. Von dieser Möglichkeit hat die Klägern vorliegend aber keinen Gebrauch gemacht, sondern eine separat erstellte und außerhalb des Antragsportals übermittelte Rechnungsaufstellung gefertigt. Diese Option war jedoch schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin gar nicht Gegenstand des Telefonats der steuerlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit Mitarbeitern des Beklagten im Mai 2017.
76Insoweit hätte die Klägerin bzw. ihre steuerliche Bevollmächtigte angesichts der nach dem Vortrag der Klägerin bereits im Mai 2017 ersichtlich gewordenen Probleme bei der Antragstellung mit mehr als 1000 Antragspositionen zumindest Erkundigungen über die tatsächlichen Anforderungen an die mit dem Antrag zu übermittelnden Angaben im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG zu den antragsgegenständlichen Rechnungen und das diesbezüglich zu beachtende Procedere bei der Antragstellung einholen müssen. Entsprechendes ist weder von der Klägerin vorgetragenen worden noch sonst ersichtlich.
77dd) Schließlich würde eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegend auch daran scheitern, dass es an einer rechtzeitigen Nachholung der versäumten Handlung (ordnungsgemäße und vollständige Antragstellung über das Onlineportal) innerhalb der Monatsfrist gemäß § 110 Abs. 2 Satz 3 AO mangelt. Für die Klägerin ist aus den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 20. Dezember 2017 der Hinweis ersichtlich gewesen, dass eine Zusammenfassung von Rechnungen in einer Position unzulässig ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde sie – unabhängig davon, dass sich die Klägerin auch ohne einen solchen Hinweis über die Antragserfordernisse hätte rechtzeitig informieren müssen – bereits mit diesem Bescheid und nicht erst im Erörterungsschreiben des Beklagten vom 20. Februar 2018 auf die Anforderungen der Antragstellung hingewiesen, woraus ersichtlich gewesen ist, dass allein die – auch zweimalige – Übersendung einer selbst erstellten Rechnungsliste per E-Mail nicht genügt, sondern die Angaben im elektronischen Formular zu übermitteln sind.
78II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
79III. Die Revision ist nicht zuzulassen, da angesichts der angeführten Rechtsprechung weder dem Streitfall eine grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts eine weitere höchstrichterliche Entscheidung dazu erfordert, ob eine Zusammenfassung mehrerer Rechnungen in einer Antragsposition zulässig ist und in welcher Form die Rechnungsangaben für eine wirksame Antragstellung im Vorsteuervergütungsverfahren zu übermitteln sind.
80IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.