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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Beklagten zum Erlass eines Änderungsbescheides, mit dem ein unstreitig zu Unrecht gewährter Investitionsabzugsbetrag (IAB) rückgängig gemacht worden ist.
3Die verheirateten Kläger, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, reichten ihre Einkommensteuererklärung 2009 am 28.10.2010 beim Beklagten ein. Der Kläger ist als ... selbständig tätig und ermittelt den Gewinn für sein Einzelunternehmen nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --. Im Rahmen der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 2009 erklärte er einen Gewinn vor Berücksichtigung von IAB in Höhe von 127.562,60 € und nach deren Berücksichtigung in Höhe von 84.205,80 €. Dazu legte er Nachweise für die Art und die voraussichtlichen Kaufpreise der Wirtschaftsgüter vor. Laut Aufschlüsselung in der – insoweit in Bezug genommenen – „Bilanzakte 2004 – 2009“ machte der Kläger IAB für mehrere Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 43.356,80 € wie folgt geltend:
4WG |
vorauss. AK in € |
IAB in € |
Audi A6 |
49.680 |
19.872,00 |
Audi A4 |
36.273 |
14.509,20 |
CAD Software |
10.191 |
4.076,40 |
2 Mini Tower |
1.762 |
704,80 |
Laserdrucker |
509 |
203,60 |
Notebook |
1.217 |
486,80 |
Büromöbel |
8.760 |
3.504,00 |
SUMME |
43.356,80 |
Im bestandskräftig gewordenen, nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Einkommensteuerbescheid 2009 vom 13.07.2011 berücksichtigte der Beklagte den um diese Summe geminderten Gewinn wie erklärt. Unstreitig sind lediglich in Höhe von 1.395,20 € Wirtschaftsgüter angeschafft worden. Bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2012 wurde kein IAB aufgelöst.
6Die Einkommensteuererklärung für 2012 gaben die Kläger am 28.04.2014 ab. Anlässlich der Bearbeitung der Steuererklärung für 2012 erhöhte der Bearbeiter des Beklagten in der Anlage EÜR – in der hier in Bezug genommenen „Bilanzakte 2010 – 2014“ - den erklärten Gewinn um den Betrag von 1.395,20 €, der zwar nicht hinzugerechnet worden war, sich jedoch aus dem Kontennachweis als „Kürzung AHK § 7g Abs. 2 EStG n.F.“ ergab.
7Ausweislich eines Vermerks auf dem Erläuterungsblatt des Klägers zur Auflistung der IAB (Bilanzakte für 2004 bis 2009, hier: 2009) erfasste der Bearbeiter die ersten Positionen der Liste mittels einer Klammer und vermerkte hinter dieser: “38.457,60 € bisher keine Anschaffung! § 7g (3) EStG!“. Die 3 folgenden Positionen enthalten die angeschafften Wirtschaftsgüter und sind mit dem Vermerk „1.395,20 € in 2012 hinzugerechnet“ „verklammert“. Zur letzten Position („Büromöbel“) mit einem IAB i.H.v. 3.504 € hat der Bearbeiter nichts vermerkt.
8Der Beklagte erließ sodann am 20.04.2015 unter Bezugnahme auf § 7g Abs. 3 S. 2 EStG einen Änderungsbescheid für 2009, in dem er den Gewinn des Klägers um 38.457,60 € erhöhte. Im Erläuterungstext des Bescheides heißt es:
9„Der in 2009 gebildete Investitionsabzugsbetrag belief sich in der Summe auf 43.356,80 €. Davon wurden bis 2012 nach § 7g Abs. 2 EStG 1.395,20 € aufgelöst und dem Jahresgewinn hinzugerechnet. Bezüglich der übrigen Beträge i.H.v. 38.457,60 € wurden nicht die geplanten Investitionen durchgeführt (soweit aus den eingereichten Unterlagen ersichtlich). Nach § 7g Abs. 3 EStG sind die Investitionsabzugsbeträge insoweit wieder rückgängig zu machen. Der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit wurde daher um 38.457,60 € erhöht.“
10Damit wurde jedoch nur ein Teil des rechnerisch rückgängig zu machenden Betrages von 41.961,60 € (als rechnerisch unstreitige Differenz zwischen dem Gesamtbetrag an IAB von 43.256,80 € und tatsächlichen Investitionen von 1.395,20 €) dem Gewinn hinzugerechnet, mithin 3.504 € zu wenig.
11Der Beklagte wurde sodann im späteren Verlauf durch eine Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes auf den fehlerhaften Ansatz hingewiesen, das vermerkte „Gründe für die Abweichung sind nicht erkennbar“.
12Mit dem hier streitbefangenen weiteren Änderungsbescheid vom 11.12.2017 änderte der Beklagte sodann die Einkommensteuerfestsetzung erneut unter Berufung auf § 7g Abs.3 S. 2 EStG. Er erhöhte den Gewinn des Klägers um 3.504 €, erläuterte, dass bisher nur eine Erhöhung um 38.457 € stattgefunden habe und setzte eine um 1.470 € höhere Einkommensteuer 2009 fest.
13Die Kläger legten gegen diesen Bescheid am 20.12.2017 Einspruch ein. Sie führten zur Begründung aus, dass der Änderungsbescheid rechtswidrig sei, weil eine unzutreffende Korrekturvorschrift angewandt worden sei. § 7g Abs. 3 S. 2 EStG sei nicht einschlägig. Diese Änderungsnorm sei zwar im Bescheid vom 20.04.2015 zutreffend angewandt worden, jedoch sei dem Beklagten dabei ein Rechenfehler unterlaufen, für dessen Korrektur § 7g Abs. 3 EStG nicht in Betracht komme. Nach § 171 Abs. 2 S. 1 der Abgabenordnung (AO) sei jedoch die Festsetzungsfrist zur Änderung einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO bereits mit Ablauf des 25.05.2016 abgelaufen. Eine Kombination der Berichtigungsnorm des § 129 AO mit der Ablaufhemmung nach § 7g Abs. 3 S. 3 EStG widerspreche der Gesetzessystematik. Die Ablaufhemmung beziehe sich nur auf die Rückgängigmachung eines IAB, die mit dem Änderungsbescheid vom 11.12.2017 erfolgt sei. Weitere Änderungen zuungunsten über die Folgen des § 7g Abs. 3 EStG hinaus ermögliche Satz 3 der Norm nicht.
14Der Beklagte hielt an seiner Rechtsauffassung fest, da aufgrund des ihm unterlaufenen Rechenfehlers auch eine Änderung nach § 129 AO in Betracht komme. Wegen der Ablaufhemmung nach § 7g Abs. 3 S. 3 EStG sei eine Änderung zur Rückgängigmachung des IAB bis zum Ablauf des 31.12.2018 erlaubt, unabhängig davon, welche Änderungsnorm einschlägig sei.
15Sodann wies der Beklagte den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Änderungsbescheid habe nach § 7g Abs. 3 EStG ergehen dürfen. Soweit ein in Anspruch genommener IAB innerhalb des Investitionszeitraums nicht hinzugerechnet worden sei, sei dieser gemäß § 7g Abs. 3 S. 1 ESIG rückgängig zu machen. Für die Rückgängigmachung gewähre der Gesetzgeber nach § 7g Abs. 3 S. 2 und 3 EStG eine eigene Änderungsvorschrift sowie eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist, soweit der IAB rückgängig zu machen sei.
16Der Gesamtbetrag des in 2009 in Anspruch genommenen IAB habe 43.356,80 € betragen. Da im Investitionszeitraum lediglich 1.395,20 € hinzugerechnet worden seien, seien 41.961,60 € rückgängig zu machen gewesen. Hinsichtlich dieser Rückgängigmachung des lAB-Volumens von 41.961,60 € sei die Festsetzungsfrist des § 7g Abs.3 Satz 3 EStG nicht vor derjenigen des Veranlagungszeitraum abgelaufen, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr ende, hier also 2012. Die Festsetzungsfrist beginne nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO aufgrund des Erklärungseingangs der Einkommensteuererklärung 2012 am 28.08.2014 mit Ablauf des 31.12.2014. Sie ende demnach gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.2018. Die Änderung durch Bescheid vom 11.12.2017 sei somit innerhalb der verlängerten Frist erfolgt und sei auch nicht betragsmäßig über den Änderungsumfang hinausgegangen, für den nach § 7g Abs. 3 S. 3 EStG der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt gewesen sei. Der insgesamt rückgängig zu machende Abzugsbetrag sei nicht überschritten worden.
17Die Kläger hätten zwar zu Recht vorgetragen, dass die Festsetzungsfrist zur Korrektur einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO gem. § 171 Abs. 2 S. 1 AO insoweit am 25.05.2016 geendet habe. Jedoch schließe ein Hemmungstatbestand des § 171 AO den Ablauf der Frist aus anderen Gründen nicht aus. § 7g Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 Satz 3 EStG regelten die Ablaufhemmung für die rückwirkende Beseitigung des Investitionsabzugsbetrags. Für die vollständige Rückgängigmachung des lAB sei daher der Ablauf der Festsetzungsfrist nach der Vorschrift des § 7g Abs. 3 S. 3 EStG bis zum Ablauf des 31.12.2018. gehemmt gewesen. Die am 11.12.2017 erfolgte Änderung in Höhe der Rückgängigmachung des verbliebenen, noch nicht hinzugerechneten Betrages nach § 7g Abs.3 Satz 2 EStG sei demnach rechtmäßig.
18Daraufhin haben die Kläger am 27.04.2018 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Aufhebung des Änderungsbescheides vom 11.12.2017 weiterverfolgen. Zur Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und ergänzen es im Wesentlichen wie folgt:
19Bei Erlass des hier streitbefangenen Änderungsbescheides habe der Beklagte das rückwirkende Ereignis der unterbliebenen Investition bereits gekannt. Eine erneute Änderung unter Heranziehung der Änderungsnorm des § 7g Abs. 3 S. 2 EStG scheide nach der Rechtsdogmatik der Norm aus. Der Änderungsgrund für den Änderungsbescheid vom 11.12.2017 liege nicht in der -- unstreitig -- fehlenden Investition des Klägers, sondern in einem dem Beklagten unterlaufenen Rechenfehler. Eine Bescheidberichtigung nach dieser Norm scheide jedoch wegen Eintrittes der Festsetzungsverjährung nach § 169 Satz 2 AO aus. Aus dem Urteil des FG Köln vom 13.11.2018 15 K 1325/17 ergebe sich, dass § 7g Abs. 3 EStG nicht zur Korrektur eines Fehlers beim Erlass eines Änderungsbescheides angewendet werden dürfe. Es ergebe keinen Sinn, dass geändert werden können solle, solange der Beklagte sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen verrechnet habe, jedoch nicht mehr, wenn er sich dabei über Gebühr verrechne. Zudem folge aus dem o.g. Urteil, dass es sich um eine erstmalig objektiv durchgeführte Rückgängigmachung eines IAB handeln müsse. Diese sei hier aber bereits mit dem Änderungsbescheid aus 2015 erfolgt. Letztlich sei eine weitere Änderung in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt einer nicht mehr möglichen Berichtigung nach § 129 AO treuwidrig.
20In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger auf Nachfrage erklärt: Warum der Hinzurechnungsbetrag betreffend die nicht angeschafften Wirtschaftsgüter nicht in der EÜR 2012 erfasst wurde, sei nicht mehr aufklärbar. Eine bewusste, vorsätzliche Nichterfassung sei definitiv ausgeschlossen, da diese Erfassung normalerweise programmtechnisch erfolge. Möglicherweise habe man zur damaligen Zeit auch noch ein separates Datev-Programm anstoßen müssen. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger erklärten dahingehend, es könne sich daher nur um einen Eingabefehler ihres Büros handeln, möglicherweise auch schon um einen Fehler des Vorberaters. Bei übernommenen Mandaten – wie unstreitig hier – hätten damals zudem noch nicht stets alle vom Vorberater angelegten Daten übernommen werden können. Es entspreche nicht ihrer Berufsauffassung, in einer Situation wie hier keine Gewinnhinzurechnungen vorzunehmen. Auf Nachfrage hat die Vertreterin des Beklagten dazu erklärt, 2010 habe es bei der Finanzverwaltung noch keine elektronische Überwachungsmöglichkeit gebildeter IAB gegeben. Man habe dazu in die Altakte schauen müssen, wie es der Bearbeiter hier getan habe. Weder sie noch das Rechnungsprüfungsamt hätten feststellen können, warum der IAB in der letzten Zeile der IAB-Übersicht 2009 keinen Vermerk trage und wie es zu dessen Nichterfassung gekommen sei.
21Wegen näherer Einzelheiten wird auf beide Bilanzakten des Beklagten (Bände „2004 – 2009“ und „2010 - 2014“) Bezug genommen.
22Die Kläger beantragen,
23den Änderungsbescheid vom 11.12.2017 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 27.03.2018 aufzuheben.
24Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Zur Begründung wiederholt er zunächst die Argumentation aus seiner Einspruchsentscheidung, die er wie folgt ergänzt und vertieft:
27Der Grund für die Änderung nach § 7g Abs. 3 EStG – die unstreitig unterbliebenen Investitionen – habe auch zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Änderungsbescheides weiterhin bestanden. Die Festsetzungsfrist sei für das gesamte Änderungsvolumen gehemmt gewesen, also auch für den nachträglich hinzugerechneten Betrag von 3.405 €. Das von den Klägern zitierte Urteil bestätige seine – des Beklagten – Rechtsauffassung. Danach sei eine mehrfache Änderung eines insoweit fehlerhaften Bescheides zulässig, bis der seinerzeit in Anspruch genommenen IAB tatsächlich wieder ausgeglichen sei. Zudem habe der BFH (X B 161/17) eine Korrektur für zulässig gehalten, selbst wenn der IAB von Anfang an zu Unrecht gewährt worden sei. Mit dem o.g. Urteil des FG sei dann erst recht eine Änderung zulässig, solange ein früherer Änderungsbescheid keine vollständige Rückgängigmachung des IAB bewirkt habe.
28Die Beteiligten haben sich nicht mit einem Ruhen des Verfahrens wegen der anhängigen Revision gegen das o. g. Urteil des FG Köln einverstanden erklärt.
29Entscheidungsgründe
30A.
31Die Klage ist unbegründet.
32Der Änderungsbescheid vom 11.12.2017 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 27.03.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zum Erlass dieses Änderungsbescheides hat sich der Beklagte zu Recht auf § 7 Abs. 3 S. 2 EStG gestützt. Der Bescheid ist innerhalb der nach § 7g Abs. 3 S. 3 EStG verlängerten Festsetzungsfrist ergangen.
33I.
34Der Senat konnte in der Sache entscheiden, da sich die Beteiligten nicht übereinstimmend mit einer Verfahrensruhe (§ 155 FGO, § 251 der Zivilprozessordnung) einverstanden erklärt haben. Die Voraussetzungen einer Verfahrensaussetzung nach § 74 FGO liegen ebenfalls nicht vor, da dazu die Anhängigkeit eines Revisionsverfahren beim BFH zur Frage der Änderung nach § 7g Abs. 3 EStG (hier unter VIII R 45/18) nicht ausreicht (vgl. nur Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 74, Rz. 39 m. w. Nachw. der Rechtsprechung).
35II.
36Der hier angefochtene Änderungsbescheid kann nur noch auf die Änderungsvorschrift des § 7g Abs. 3 S. 2 EStG gestützt werden, da eine Berichtigung oder Änderung des ersten Änderungsbescheides vom 20.04.2014 nach § 129 AO oder nach den allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung vor Erlass des Änderungsbescheides am 11.12.2017 ausscheidet.
37a)
38Die reguläre Festsetzungsfrist der Einkommensteuer 2009 ist wegen der Erklärungsabgabe im Jahre 2010 mit Ablauf des 31.12.2014 abgelaufen.
39b)
40Auch die nach § 171 Abs. 2 S. 1 AO bei offenbarer Unrichtigkeit eingreifende einjährige Ablaufhemmung hat in 2015 geendet.
41c)
42Die Festsetzungsfrist ist zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens auch nicht nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung der Kläger verlängert worden. Zur Überzeugung des Senats lässt sich der hierfür erforderliche Vorsatz einer Steuerhinterziehung nicht mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung feststellen, da nicht auszuschließen ist, dass die offenbar unterlassene Hinzurechnung aller IAB ihre Ursache in der fehlerbehafteten Datenübernahme vom Vorberater sowie deren wohl grobfahrlässig unterlassenen Überprüfung hat.
43d)
44Ob insoweit eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) vorliegt, kann dahinstehen, da die nach § 169 Abs. 2 AO für diesen Fall auf 5 Jahre verlängerte Festsetzungsfrist 2017 bereits abgelaufen war.
45III.
46Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger hat der Beklagte im angefochtenen Änderungsbescheid die Änderung jedoch bezüglich des Betrags von 3.504 € zu Recht nach § 7g Abs. 3 S. 2 EStG in der durch § 7g Abs. 3 S. 3 EStG insoweit verlängerten Festsetzungsfrist durchgeführt.
471.
48Gemäß § 7g Abs. 3 S. 1 EStG ist der Abzug eines IAB nach § 7g Abs. 1 EStG rückgängig zu machen, soweit er nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechnet wurde. Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG). Das gilt auch dann, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet (§ 7g Abs. 3 S. 3 EStG).
492.
50Die Voraussetzungen des § 7g Abs. 1 und 2 EStG liegen vor.
51a)
52Der Kläger hat bis zum Ablauf des Jahres 2012 unstreitig keine „Büromöbel“ als solche Wirtschaftsgüter angeschafft, für deren voraussichtliche Anschaffungskosten er einen -- zu Recht vom Beklagten im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2009 gewinnmindernd berücksichtigten -- IAB i.H.v. 3.504 € für 2009 gebildet hatte. Unstreitig hat der Kläger zudem in dieser Höhe bis zum 31.12.2012 als maßgeblichem dritten Wirtschaftsjahr nach Bildung des IAB in 2009 keine Hinzurechnung vorgenommen.
53b)
54§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG enthält für solche Fälle der Rückgängigmachung eines IAB eine spezielle, punktuell eingreifende Korrekturvorschrift i.S.d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d AO (Urteil des FG Köln vom 13.1.2018 15 K 1325/17, EFG 2019, 367 m. w. Nachw.; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 163. Lieferung 10.2020, § 172 AO, Rn. 45), ergänzt um eine ebenfalls spezielle und partielle -- auf die Rückgängigmachung allein eines IAB bezogene -- Ablaufhemmung in § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG (vgl. Urteil des FG Köln vom 13.1.2018 15 K 1325/17, EFG 2019, 367; Wackerbeck, EFG 2019, 367; Meyer in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 301. Lieferung 12.2020, § 7g EStG, Rn. 77; Bartone in: Korn, Einkommensteuergesetz, 1. Aufl. 2000, 126. Lieferung, § 7g n.F., Rn. 97; Kulosa in Schmidt, EStG, 37. Aufl. 2018, § 7g Rn. 31).
55c)
56Hier ist die Festsetzungsfrist durch den vorliegend angefochtenen Änderungsbescheid vom 11.12.2017 gewahrt, da gemäß § 7g Abs. 3 S. 3 EStG die Festsetzungsfrist zur Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2009 noch nicht abgelaufen war. Denn die Festsetzungsfrist für 2012 -- als das hier maßgebliche dritte Wirtschaftsjahr nach Bildung des IAB für 2009 -- lief aufgrund der Abgabe der Steuererklärung 2012 im Jahr 2014 erst zum 31.12.2018 ab.
573.
58Diese Änderungsmöglichkeit des Beklagten ist auch nicht etwa bereits durch den ersten Änderungsbescheid aus dem Jahre 2014 „verbraucht“ worden. Zur Überzeugung des erkennenden Senats soll gerade die spezielle Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist in § 7g Abs. 2 S. 3 EStG dem Finanzamt die Möglichkeit einräumen, zu Unrecht gewährte IAB im Regelfall ohne Eintritt der Festsetzungsverjährung für das Gewährungsjahr des IAB rückgängig machen zu können. Denn so wie nach § 7g Abs. 1 EStG die Berechtigung zur Bildung eines IAB für jedes einzelne Wirtschaftsgut zu prüfen ist -- seien auch mehrere Wirtschaftsgüter gleicher Gattung (wie hier zu „Büromöbel“) zusammengefasst --, so gilt die Korrekturnorm in § 7g Abs. 3 EStG dann ebenso für jeden einzelnen gebildeten IAB, unabhängig vom rechtlichen Schicksal anderer gebildeter IAB.
59Danach war der hier vom Kläger für „Büromöbel“ gebildete IAB vom ersten Änderungsbescheid im Jahr 2014 nicht mitumfasst. Die Änderung konkret dieses IAB erfolgte zurecht erstmals mit dem angegriffenen Änderungsbescheid.
604.
61Entgegen der Auffassung der Kläger können sie angesichts der dem Beklagten zustehenden Änderungsbefugnis auch nicht mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs durchdringen. Bei ordnungsgemäßer Ermittlung des Gewinns des Klägers unter Beachtung der Vorschriften des § 7g EStG wären diese verpflichtet gewesen, die fehlende Anschaffung der Wirtschaftsgüter für alle in Anspruch genommenen IAB zu deklarieren. Die Fehlerhaftigkeit ihrer bisherigen Erklärungen ist den Klägern spätestens mit der Bekanntgabe des ersten Änderungsbescheids in 2014 angesichts dessen ausführlicher Begründung bekannt gewesen.
62Es mag dahinstehen, ob die Kläger nach § 153 AO spätestens dann eine Pflicht zur Berichtigung ihrer Steuererklärung gehabt hätten, weil damit ersichtlich war, dass auch der von diesem Bescheid betragsmäßig nicht erfasste IAB zu Unrecht nicht korrigiert worden war. Jedenfalls können sie sich bei dieser Sachlage nicht zu ihren Gunsten auf Treu und Glauben berufen, wenn der Beklagte innerhalb der Festsetzungsfrist die ihm noch zustehende Änderungsbefugnis nutzt.
63B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
64C. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.