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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze des Klägers im Zusammenhang mit Qualifizierungslehrgängen zum Kräuterpädagogen umsatzsteuerfrei sind.
2Der Kläger ist freiberuflich tätig. Unter anderem führte er in den Streitjahren Qualifizierungslehrgänge zum Kräuterpädagogen durch. Diese Lehrgänge boten der Kläger und W im Rahmen einer „Einrichtung“ überwiegend in ... an. Die Lehrgänge dienten dazu, Bäuerinnen die fachliche und auch methodisch-pädagogische Voraussetzung zu vermitteln, um nach erfolgreichem Abschluss des Kurses neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln und anbieten zu können. Der Kläger rechnete seine Leistungen mit der Einrichtung bzw. den … Ämtern ab.
3.
4Der Kläger unterwarf seine gesamten Umsätze der Umsatzsteuer zu einem Steuersatz von 7 %. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung (BP) für die Jahre 2006 - 2008 stellte der Beklagte fest, dass die Leistungen aus den Kräuterpädagogikseminaren dem Regelsteuersatz von 16 % bzw. 19 % zu unterwerfen seien. Bereits während der Außenprüfung vertrat der Kläger die Auffassung, es handele sich bei den angebotenen Lehrgängen um steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb Umsatzsteuergesetz (UStG), da die Ausbildung zum Kräuterpädagogen eine berufliche Nutzung des vermittelten Wissens ermöglichen solle.
5Der Beklagte folgte den Feststellungen der BP und setzte mit Änderungsbescheiden vom 28.12.2011 (2004 und 2005) bzw. 08.02.2012 (2006-2008) die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung von Umsätzen für die Kräuterpädagogikseminare in Höhe von in 2004, in 2005, in 2006, in 2007 und in 2008 mit 16 % bzw., für 2007 und 2008, mit 19 % fest.
6Gegen diese Steuerbescheide 2004 bis 2008 legte der Kläger Einsprüche ein. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte er zwei Schreiben des ... Ministeriums für ... (im Folgenden: Ministerium) vor. Mit Schreiben vom 13.04.2012 teilte das Ministerium ihm mit, dass die Absolventen der Kurse sich nicht als staatlich geprüfte Kräuterpädagogen bezeichnen dürften, da keine staatliche Prüfungsordnung vorliege. Im Schreiben vom 19.07.2012 bestätigt das Ministerium, dass der Kläger als bei den Qualifizierungen zum Kräuterpädagogen tätig war. Die „Einrichtung“ sei beauftragt worden, Qualifizierungen zum Thema Wildkräuter durchzuführen. Als Inhalte des Kurses werden aufgeführt: ethno-botanisches Fachwissen, anwendungsorientierte Nutzung dieser Kenntnisse, Pädagogik, Medienarbeit. Die Qualifizierungen seien von der „Einrichtung“ entwickelt und in Kooperation mit den Ämtern für ... durchgeführt worden. Sie umfassten zehn zweitägige Seminareinheiten.
7Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos. Die unter dem Aktenzeichen 5 K 3262/13 vor dem erkennenden Senat geführte Klage wurde durch Urteil vom 05.08.2015 zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 14.05.2016 V B 84/15 als unbegründet zurückgewiesen.
8Mit Schreiben vom 09.03.2016 beantragte der Kläger eine Änderung nach § 171 Abs. 10 Abgabenordnung (AO) und legte eine Bescheinigung des ... Ministeriums für ... vom 13.02.2016 mit folgendem Inhalt vor:
9„… das Ministerium für ... bescheinigt, dass ihre in den Jahren 2002-2008 in Kooperation mit den Ämtern für ... durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen die Voraussetzung der Umsatzsteuerfreiheit des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb erfüllen“.
10Der Kläger vertrat die Auffassung, dass es sich bei dieser Bescheinigung um einen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO handele und beantragte, die Umsatzsteuerbescheide 2004-2008 zu ändern und folgende Nettoumsätze als steuerfrei zu behandeln:
112004:
122005:
132006:
142007:
152008:
16Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass die vorgelegte Bescheinigung nicht den Anforderungen des § 4 Nr. 21 UStG entspreche und damit nicht als Grundlagenbescheid gewertet werden könne und lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 16.11.2016 ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos und wurde mit Entscheidung vom 09.04.2018 als unbegründet zurückgewiesen.
17Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus:
18§ 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG befreie „die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, ....wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten“.
19Der Träger der Bildungseinrichtung benötige danach grundsätzlich eine Anerkennung, die in Deutschland von der zuständigen Landesbehörde ausgestellt werde und die Funktion eines Grundlagenbescheides erfülle (Abschnitt. 4.21.5 Umsatzsteueranwendungserlass - UStAE -). Im Anerkennungsverfahren sei zu prüfen, ob eine Leistung erbracht werde, die objektiv geeignet sei, der Prüfungsvorbereitung bzw. Berufsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werde und ob die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besäßen. Es sei jedoch zu beachten, dass die Umsatzsteuerbefreiung das Ergebnis einer zweistufigen Prüfung sei. Wie nämlich schon der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zeige, seien die unmittelbar dem Schul- im Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen - was zu prüfen Aufgabe der Finanzverwaltung sei - nur dann befreit, wenn es sich um anerkannte Einrichtungen - deren Anerkennung Aufgabe der zuständigen Landesbehörde außerhalb der Finanzverwaltung sei - handele. Die Bindungswirkung des Anerkennungsbescheids beschränke sich somit auf die Feststellung, dass es sich um eine Einrichtung handele, deren Angebot sich zur Prüfungsvorbereitung eigne (Abschnitt 4.21.5 Abs. 2 UStAE). Dem zuständigen Finanzamt obliege dann hingegen die Entscheidung, ob die weiteren Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung vorliegen. Ob eine allgemeinbildende oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliege, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei seien, sei nicht Gegenstand der Bescheinigung; hierüber habe vielmehr die Finanzbehörde zu entscheiden.
20Entgegen der Ansicht des Klägers handele es sich bei der vorgelegten Bescheinigung vom 2016 nicht um eine hinreichende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Dem Kläger werde vielmehr lediglich bescheinigt, dass seine „in Kooperation mit den Ämtern für ... durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen die Voraussetzung der Umsatzsteuerfreiheit des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb erfüllen“. Dies genüge jedoch nicht (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 17.04.2008 V R 58/05, BFH NV 2008, 1418, unter II. 2. C der Gründe). Im Hinblick darauf, dass die Bescheinigung die Finanzbehörden und Finanzgerichte binde, die Bindungswirkung aber nur so weit greife, als Entscheidungszuständigkeit der Landesbehörde reiche, handele sich nicht um eine ordnungsgemäße Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG und somit auch nicht um einen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO, dem materielle Bindungswirkung zukomme. Von einem unerträglichen Formalismus, der dem Willkür- und Schikaneverbot widerspreche, könne deshalb nicht die Rede sein.
21Selbst wenn, was im Streitfall nicht zu prüfen sei, die Art der Bescheinigung des Ministeriums der dort geübten Verwaltungspraxis entsprechen sollte und noch nie Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte, wäre dies unerheblich, denn eine solche Bescheinigung entspreche nicht den einschlägigen Verwaltungsanweisungen, an die er, der Beklagte, gebunden sei. Im Übrigen sei die streitige Bescheinigung unzutreffend, soweit dem Kläger durch die Bezugnahme auf § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG indirekt attestiert werde, dass er selbst eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung sei und seine Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienten. Denn Anbieter der Qualifizierungsmaßnahmen seien die Ämter für ... gewesen. Diese Ämter seien weder eine private Schule noch eine andere Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG. Der Kläger selbst unterhalte auch keine berufsbildende Schule oder Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG. Berufsbildende Schulen oder Einrichtungen seien Einrichtungen, die Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsausbildung oder Berufsfortbildung dienten. Sie müssten spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien. Darunter fielen die Lehrgänge des Klägers nicht. Sie bereiteten die Kursteilnehmer auf keinen bestimmten Beruf vor, sondern vermittelten lediglich eine gewisse Qualifizierung. Es handele sich dabei gemäß den Angaben der Einrichtungnicht um eine Ausbildung oder um einen Berufsabschluss und es werde dadurch weder ein allgemeiner schulischer Abschluss noch ein Fachabschluss erworben.
22Der Kläger trägt zur Begründung seiner hiergegen gerichtete Klage wie folgt vor: Bei der streitigen Bescheinigung des Ministeriums handele es sich um eine ausreichende Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Diese Vorschrift befreie die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Eine derartige Bescheinigung sei dem Kläger unmittelbar erteilt worden. Zwar habe der BFH entschieden, dass eine Bescheinigung nicht ausreiche, wenn sie lediglich bescheinige, dass berufliche Bildungsmaßnahmen „ordnungsgemäß durchgeführt werden“. Die streitgegenständliche Bescheinigung besage hingegen, dass die Leistung des Klägers die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erfüllen. Damit sei ohne jeden Zweifel zum Ausdruck gebracht, „dass die Leistung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten“. Dies seien die einzigen Voraussetzungen, die die Behörde im Rahmen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zum Zwecke der Umsatzsteuerfreiheit zu bescheinigen habe. Deshalb sei die Bescheinigung weder ambivalent formuliert noch auslegungsbedürftig. Entsprechend verfange der Hinweis des Beklagten auf das BFH-Urteil vom 17.04.2008 V R 58/05 nicht.
23Soweit sich der Beklagte auf den Standpunkt stelle, dass die Umsatzsteuerfreiheit auch bei unterstellter Wirksamkeit der Bescheinigung deshalb zu versagen sei, weil weder die Ämter für ... noch der Kläger private Schulen oder andere Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG seien, könne dem nicht gefolgt werden. Die streitige Bescheinigung sei originär dem Kläger als deren Adressaten ausgestellt worden. Welche Rolle die Ämter für ... spielten, sei nicht entscheidungserheblich. Ausschlaggebend sei, dass dem Kläger selbst die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bescheinigt werde. Insoweit enthalte die Bescheinigung auch die Anerkennung des Klägers zumindest als andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung.
24Die Anerkennung als andere Einrichtung liege allein in der Zuständigkeit des Ministeriums und nicht des Beklagten. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Fachkenntnisse. Es handele sich nicht um eine spezifisch steuerrechtliche Frage, so dass die Beurteilung der sachnäheren und sachkundigeren Landesbehörde den Ausschlag zu geben habe.
25Auch sei bezüglich des Tatbestandsmerkmals „Einrichtung“ zu beachten, dass ein Abstellen auf die Rechtsform dem Umsatzsteuerrecht grundsätzlich wesensfremd sei. Der Kläger als Unternehmer müsse in der Lage sein, das Organisationsmodell zu wählen, dass ihm am besten zusage, ohne Gefahr zu laufen, dass seine Umsätze von der vorgesehenen Befreiung ausgeschlossen würden. Demnach könne grundsätzlich auch eine vom Kläger als Einzelunternehmen getragene Bildungseinrichtung unter die Steuerbefreiung fallen.
26Auch hätten die vom Kläger geleiteten Qualifizierungsmaßnahmen zum Kräuterpädagogen/Kräuterpädagogin allgemein den berufsbildenden Zwecken im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gedient. Entgegen der Ansicht des Beklagten hänge die Steuerfreiheit nicht davon ab, dass die vom Kläger durchgeführten und geleiteten Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiteten. Inhaltlich vermittelten die Kurse unter anderem vertiefte Kenntnisse der Botanik, Biologie und auch Chemie, die die Kursteilnehmer in die Lage versetzen sollen, ausgeübte Berufe mit zusätzlichen Tätigkeiten aufzuwerten. Diese Inhalte würden auch in Schulen und Hochschulen gelehrt.
27Im Übrigen habe der Kläger ohne weiteres darauf vertrauen dürfen, dass das Ministerium die Bescheinigung in der Weise ausstelle, wie es das Gesetz erfordere und erforderlich sei, um dem Beklagten eine Entscheidung zu ermöglichen. Der Kläger gerate hier in einer Weise zwischen die Mühlen der Verwaltung, die nicht im Sinne der Verpflichtung der Verwaltung zur Verhältnismäßigkeit und zur Befolgung des Willkürverbotes vermittelbar sei. Zudem habe auch der BFH bislang keinen Rechtssatz aufgestellt, wonach eine Bescheinigung nur dann dem Erfordernis des § 4 Nr. 21 Buchst. a, bb UStG gerecht werde, wenn sie den Gesetzestext in wörtlicher Wiedergabe enthalte. Soweit ersichtlich, hätten die einschlägigen anderslautenden Entscheidungen des BFH Bescheinigungen betroffen, in denen lediglich die Durchführung von Maßnahmen bestätigt worden sei, nicht aber, dass diese auf eine Prüfung ordnungsgemäß vorbereiteten.
28Der Kläger beantragt,
29den Ablehnungsbescheid vom 16.11.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.04.2018 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005 vom 28.12.2011 sowie für 2006 bis 2008 vom 08.02.2012 dergestalt zu ändern, dass die der Regelbesteuerung unterworfenen Nettoumsätze aus den Kräuterpädagogikseminaren in Höhe von in 2004, in Höhe von in 2005, in Höhe von in 2006, in Höhe von in 2007 und in Höhe von in 2008 als steuerfrei behandelt werden.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Er trägt ergänzend zu einer Einspruchsentscheidung wie folgt vor: Eine ausreichende Bescheinigung erfordere unbedingt, dass darin entsprechend dem Gesetzeswortlaut bescheinigt sei, das auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet werde (so auch ausdrücklich BFH-Urteil vom 17.04.2008 V R 58/05, BFH NV 2008, 1418 unter II. 2. c der Gründe; Abschnitt 114 Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuerrichtlinien - UStR -). Danach sei die Angabe der gesetzlichen Fundstelle, hier § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG keinesfalls ausreichend. Diese Entscheidung sei entgegen der Ansicht des Klägers auf den Streitfall übertragbar, denn im Urteilsfall sei der Klägerin von der zuständigen Bezirksregierung bescheinigt worden, dass von ihr „berufliche Bildungsmaßnahmen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ordnungsgemäß durchgeführt“ werden. Obwohl dort neben der gesetzlichen Grundlage auch noch bestätigt worden sei, dass „berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt“ werden, habe nach Auffassung des BFH keine ausreichende Bescheinigung vorgelegen. Wenn eine solche Bescheinigung schon nicht ausreichend sei, gelte dies erst recht für die hier streitige Bescheinigung des Klägers.
33Entscheidungsgründe:
34Die Klage ist unbegründet. Die streitigen Leistungen des Klägers sind weder nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG oder nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL, noch nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG oder Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerfrei.
351. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG von der Umsatzsteuer befreit.
36Nach dieser Norm sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
37Für die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde materiell-rechtliche Voraussetzung. Allein die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet bindend, ob die Einrichtung als solche auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Da es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen handelt, ist die Prüfung den Finanzbehörden entzogen und obliegt ausschließlich der zuständigen Landesbehörde.
38Unabhängig davon, ob sich das Schreiben des Ministeriums an den Kläger persönlich oder die Einrichtung richtet, erfüllt es nicht die Voraussetzungen, die an die Bescheinigung im Sinne dieser Vorschrift gestellt werden.
39Zwar war das Ministerium für die Erteilung der Bescheinigung - entgegen der Ansicht des Beklagten - gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ZustVUStBG zuständig. Die Regelung in der Verfügung des ... Landesamts für Steuern vom 09.03.2012 (Az. ...) vermag die von der ... Staatsregierung erlassene Zuständigkeitsverordnung nicht zu widerlegen. Denn soweit die Verfügung der Verordnung widerspricht, ist sie rechtswidrig und nicht anzuwenden. Dies folgt bereits daraus, dass das Landesamt für Steuern als Mittelbehörde nicht die Verordnung der Regierung, die in der Rangfolge über der Verfügung steht, abändern und eigene Regelungen treffen kann.
40Die Schreiben des Ministeriums enthalten jedoch nicht den vom Gesetzgeber geforderten Inhalt. Danach muss in der Bescheinigung eindeutig zum Ausdruck kommen, dass der Steuerpflichtige mit seinen Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (so auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17.04.2008 V R 58/05, BFH/NV 2008, 1418 und vom 20.03.2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175; Urteil des Finanzgerichts - FG - Köln vom 27.06.2012 15 K 1581/09, EFG 2012, 2319). Eine Auslegung des Wortlautes der erteilten Bescheinigung kommt nicht in Betracht, was der BFH mit seinem zitierten Urteil vom 20.03.2014 sogar für den Fall bestätigt hat, dass die erteilte Bescheinigung als „Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG“ bezeichnet wurde.
41Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, liegt die vom Gesetz geforderte Bescheinigung nicht vor. Bei der Beurteilung sind nicht nur die Bescheinigung des Ministeriums vom 2016 zu Grunde zu legen, sondern auch die früheren Schreiben des Ministeriums vom 2012 und 2012. Die Schreiben vom 2012 und 2012 bringen nicht zum Ausdruck, dass der Kläger mit seinen Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Mit Schreiben vom 2012 wurde nur bestätigt, dass die Absolventen des Qualifizierungslehrgangs sich nach Ablegung der Prüfung mangels einer einheitlichen staatlichen Prüfungsordnung nicht „staatlich geprüfte“ Kräuterpädagogen nennen dürfen. Aus dem Schreiben vom 2012 ergibt sich unter Auflistung der Inhalte der Lehrgänge nur, dass Qualifizierungen angeboten und diese in Kooperation mit den Ämtern für ... durchgeführt wurden. Der Bescheinigung lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass die Lehrgänge auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten. Da dem Gericht - wie zuvor ausgeführt - eine eigene Prüfung, ob der Kläger die Voraussetzungen erfüllt, verwehrt ist, ist die Bescheinigung nicht ausreichend im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.
42Die später vorgelegte Bescheinigung vom 2016 hingegen bestätigt lediglich, dass die Tätigkeit des Klägers die Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit erfüllt, ohne nähere Angaben zur Tätigkeit des Klägers zu machen.
432. Auch die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL liegen nicht vor. Nach dieser Regelung sind steuerfrei u.a. die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.
44Die Steuerfreiheit nach dieser Norm scheitert im Streitfalle bereits daran, dass der Kläger weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist, noch über die Anerkennung als andere Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung verfügt. Eine entsprechende Bescheinigung liegt, wie unter Ziffer 1. der Entscheidungsgründe bereits ausgeführt, nicht vor.
453. Eine Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Norm sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen umsatzsteuerfrei, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen.
46Der Kläger ist selbständig tätig geworden, nicht eine „Einrichtung““. Die Bezeichnung „Einrichtung“ ist nach dem Vortrag des Klägers ein Phantasiename, unter dem er seine Tätigkeit als Kräuterpädagoge ausübt. Im Übrigen fehlt es an einer Bescheinigung im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.
474. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL nicht vor. Danach ist steuerfrei der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.
48Der Kläger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf die Richtlinie berufen, weil diese nur unzureichend in nationales Recht umgesetzt wurde. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG enthält keine Regelung für den Fall, dass der selbständige Lehrer die Leistungen unmittelbar gegenüber seinen Schülern und nicht gegenüber einer Bildungseinrichtung erbingt. Gerade dieser Fall wird aber von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL erfasst (vgl. hierzu auch Reiß in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 14 Rdnr. 8).
49Privatlehrer ist, wer für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelt und die Leistungen unmittelbar gegenüber den Schülern und nicht gegenüber einer Bildungseinrichtung erbringt. Der Schul- und Hochschulunterricht umfasst auch Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine solche Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Der Lehrer muss die Organisation und Durchführung der Tätigkeit selbständig vornehmen und das Honorarrisiko tragen.
50Diesen Erfordernissen genügt die Tätigkeit des Klägers nicht. Anbieter der Leistungen waren vielmehr die Ämter für .... Ausweislich des Schreibens des Ministeriums vom 2012 wurde die Idee zu den Qualifizierungen vom Ministerium gefasst. Sodann wurde nach einer ausführlichen Markterkundung die Einrichtung mit der Durchführung beauftragt. Entsprechend heißt es auch im Schreiben vom 2012, dass die Weiterbildung Dienstaufgabe der Ämter für ... und die Einrichtung in Kooperation mit den Ämtern für ... tätig geworden sei. Der Kläger selbst ist lediglich als Referent und Trainer bezeichnet. Die Organisation erfolgte unstreitig durch die Ämter für .... Der Kläger wurde nach eigenem Vortrag als Lehrgangsleiter in Anspruch genommen, weshalb auch seine Vergütungen nicht von den Lehrgangsteilnehmern an ihn gezahlt wurden, sondern von den Ämtern für ... an die vom Kläger mit der Abrechnung beauftragte Stelle. Eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen den Lehrgangsteilnehmern und dem Kläger ist nicht zustande gekommen.
51Die streitgegenständlichen Umsätze sind damit nicht von der Umsatzsteuer befreit, unterliegen vielmehr gemäß § 12 Abs. 1 UStG der Regelbesteuerung mit 16 %, bzw. 19 % in 2007 und 2008.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.