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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d:
2Streitig ist zum einen, ob und inwieweit der Beklagte die dem Kläger (erstmalig) im Dezember 2015 (Streitjahr) ausgezahlte Rente zu Recht als sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG der Einkommensbesteuerung unterworfen hat, und zum anderen, ob der vom Beklagten gemäß § 152 AO festgesetzte Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2015 der Höhe nach rechts- bzw. ermessensfehlerhaft ist.
3Der im Jahr 1955 geborene Kläger, der mit seiner Ehefrau - der Klägerin - zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, erzielte im Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Rechtsanwalt ab Dezember 2015 (Leistungsbeginn) eine Altersrente vom Versorgungswerk .... Diese betrug ausweislich der Rentenbezugsmitteilung vom 8. März 2016 insgesamt 522,20 €; ihr gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG der Besteuerung unterliegender Anteil belief sich nach der ergänzend vorgelegten Bescheinigung des Versorgungswerks vom 11. April 2016 auf 52,5686 v.H.. Der hierzu als Anlage beigefügten Berechnung, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, ist u.a. zu entnehmen, dass der Kläger im Jahr 2005 Beiträge i.H. von insgesamt 3.650,40 € an das Versorgungswerk ... gezahlt hat. Diese Beitragszahlungen (Vorsorgeaufwendungen) sind nach insoweit unwidersprochenem Vorbringen der Kläger bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für 2005 nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2a) EStG als Sonderausgaben berücksichtigt worden.
4Nachdem die Kläger ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr nicht fristgerecht nachgekommen (und ihre wiederholt gestellten Anträge auf Verlängerung der Abgabefrist erfolglos geblieben) waren, ermittelte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung und setzte mit Bescheid vom 11. Mai 2017 Einkommensteuer i.H. von 28.668 € gegen sie fest. Dabei berücksichtigte er neben den aus der Lohnsteuerbescheinigung ersichtlichen (unstreitigen) Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit und (ebenfalls unstreitigen) Vermietungseinkünften die aus der Rentenbezugsmitteilung des berufsständischen Versorgungswerks ersichtliche Altersrente mit einem (Jahres-) Betrag i.H. von 522,50 €. Nach Abzug eines mit 157 € angesetzten steuerfreien Anteils ermittelte er einen steuerpflichtigen Rentenanteil i.H. von 365 € sowie unter Berücksichtigung des Werbungskostenpauschbetrags i.H. von 102 € einen als sonstige Einkünfte zu erfassenden Betrag von 263 €. In demselben Bescheid setzte der Beklagte neben Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen (i.H. von 32 €) einen Verspätungszuschlag i.H. von 860 € gegen die Kläger fest.
5Mit Schreiben vom 31. Mai 2017, in dem als Betreff unterhalb der Steuernummer der „Einkommensteuerbescheid vom 11.05.2017 für das Jahr 2015“ angegeben war, legten die Kläger „gegen den Bescheid vom 11.05.2017“ Einspruch ein und kündigten an, diesen im Rahmen einer gesonderten Stellungnahme zu begründen.
6Nach mehreren erfolglosen Aufforderungen durch den Beklagten (vom 1. Juni 2017, 15. Dezember 2017), den Einspruch zu begründen sowie die noch ausstehende Steuererklärung einzureichen, und letztmaliger Erinnerung vom 7. März 2018 teilten die Kläger dem Beklagten unter dem 27. März 2018 mit, dass der PC, mit dem die Daten für ihre Steuererklärung aufbereitet würden und auf dem sich das Steuerprogramm befinde, „seinen Geist aufgegeben“ habe; das wegen der Diagnose und Behebung des Defekts kontaktierte Software-Unternehmen, die Fa. G in I, könne sich erst nach Ostern um die Lösung des Problems kümmern. Ob es „vor diesem Hintergrund sinnträchtig“ sei, über den Einspruch zu befinden, könnten sie - die Kläger - nicht beurteilen.
7Nachdem der Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 9. April 2018 letztmalig eine Fristverlängerung bis zum 4. Mai 2018 gewährt hatte, übersandten sie mit Schriftsatz vom 4. Mai 2018 ihre gemeinsame Einkommensteuererklärung für das Streitjahr. In der dieser beigefügten Anlage R bezifferte der Kläger den im Streitjahr vereinnahmten Rentenbetrag (für den Monat Dezember) - wie in der Rentenbezugsmitteilung ausgewiesen - mit 522 € und gab in der Rubrik „Öffnungsklausel“ den abgefragten Prozentsatz mit 52,57 % an.
8Unter Berücksichtigung dieser Angaben erteilte der Beklagte den Klägern unter dem 29. Mai 2018 einen gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten (aus Sicht des Beklagten ihrem Einspruch voll abhelfenden) Bescheid „für 2015 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Verspätungszuschlag“, in dem er die Einkommensteuer auf 33.082 € erhöhte. Darin ermittelte er die Renteneinkünfte des Klägers wie folgt:
9Leibrente
10Jahresbetrag der Rente |
522 € |
ab Betrag laut Öffnungsklausel (52,57%) |
-275 € |
verbleiben |
247 € |
ab steuerfreier Teil der Rente |
-75 € |
steuerpflichtiger Teil der Rente |
172 € |
Betrag laut Öffnungsklausel |
275 € |
davon Ertragsanteil von 22% |
60 € |
Summe der zu besteuernden Renten + Leistungen |
232 € |
ab WK-Pauschbetrag |
-102 € |
Einkünfte |
130 € |
Der Bescheid enthielt neben einer Anpassung der Zuschlagsteuern eine Heraufsetzung der Zinsen (von 32 €) auf nunmehr 305 €; hinsichtlich des Verspätungszuschlags hieß es in den Erläuterungen, dass dieser in der bisher festgesetzten Höhe unverändert bestehen bleibe.
12Daraufhin teilten die Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 28. Juni 2018, dessen Betreff mit „Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2014 und 2015, EStG-Bescheid vom 29.05. für das Jahr 2015…“ bezeichnet war, mit, dass ihr Einspruch aus ihrer Sicht noch nicht erledigt sei bzw. dass sie erneut Einspruch einlegten. Zur Begründung rügten sie zunächst die Verfassungswidrigkeit der Zinsfestsetzung und beriefen sich hierzu auf den BFH-Beschluss vom 25. April 2018 IX B 21/18. Darüber hinaus beanstandeten sie, dass die im Jahr 2005 an das Versorgungswerk ... entrichteten Rentenbeiträge des Klägers i.H. von 3.650,40 € bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für 2005 nicht steuermindernd berücksichtigt worden seien, mit der Folge, dass wegen der gleichzeitigen Erfassung der Rentenauszahlungen im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2015 im Ergebnis eine Doppelbesteuerung vorliege. Hierzu verwiesen die Kläger auf ihren am 27. August 2012 gestellten Antrag auf Änderung des (bestandskräftigen) Einkommensteuerbescheids 2005, den der Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2012 und ihn bestätigender Rechtsbehelfsentscheidung vom 9. Dezember 2013 unter Hinweis auf den mit Ablauf des Jahres 2011 erfolgten Eintritt der Festsetzungsverjährung abgelehnt hatte. Um den - im Einzelnen rechnerisch dargelegten - Effekt einer Doppelbelastung zu vermeiden, sei der steuerpflichtige Teil der Rente um den auf die Beitragszahlungen des Jahres 2005 entfallenden Anteil zu kürzen; statt des vom Beklagten der Besteuerung zugrunde gelegten Rententeilbetrags von 172 € ergebe sich danach ein steuerpflichtiger Rentenbetrag i.H. von lediglich 153,30 €.
13Mit Rechtsbehelfsentscheidung vom 25. Juli 2018, in deren Rubrum als Streitgegenstand „Einkommensteuer 2015“ genannt ist, wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Hierzu führte er im Wesentlichen aus:
14Er - der Beklagte - habe den Anteil der Rente, der aufgrund der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern ist, entgegen der Auffassung der Kläger zutreffend berechnet. Der Besteuerungsanteil sei gesetzlich festgeschrieben und zunächst unabhängig von der Frage anzusetzen, inwieweit sich Altersvorsorgeaufwendungen in der Vergangenheit tatsächlich steuermindernd ausgewirkt hätten. Diese Typisierung sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich als verfassungsgemäß anzusehen. Mit Urteil vom 21. Juni 2016 X R 44/14 habe der BFH jedoch entschieden, dass es trotz dieser Grundannahme nicht zu einer doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und -bezügen kommen dürfe und die Ermittlung des Besteuerungsanteils im Einzelfall von der gesetzlichen Typisierung abweichen könne. Diese Rechtsprechung sei jedoch im Streitfall nicht einschlägig, da hier keine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und -bezügen vorliege, die auf dem gesetzlichen System der Alterseinkünftebesteuerung oder der hierzu erlassenen Übergangsregelungen beruhe. Denn das Gesetz sehe in § 10 Abs. 1 Nr. 2a) EStG für Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken deren Abzug als Sonderausgaben ausdrücklich vor. Dass sich die vom Kläger in 2005 geleisteten Beitragszahlungen nicht steuermindernd ausgewirkt hätten, beruhe vielmehr ausschließlich darauf, dass die Kläger die ihnen kraft Gesetzes eingeräumte Möglichkeit, die Beitragszahlungen geltend zu machen, nicht bzw. nicht rechtzeitig vor Eintritt der Bestandskraft des (insoweit unrichtigen) Einkommensteuerbescheids 2005 genutzt hätten. Eine nachträgliche Korrektur dieses Fehlers durch eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Ermittlung des steuerpflichtigen Rentenanteils sei hingegen nicht zulässig.
15Mit Schreiben vom 28. August 2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, haben die Kläger wegen „Anfechtung der Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2015 vom 11.05.2017 und 29.05.2018“ Klage erhoben. In der Begründung benennen sie als Streitpunkte zum einen die zutreffende Berechnung sowie Festschreibung des steuerpflichtigen Teils der vom Kläger ab 2015 bezogenen Altersrente des Versorgungswerks ... und zum anderen die korrekte Bemessung des Verspätungszuschlags.
16Hinsichtlich des erstgenannten Streitpunkts tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Er - der Kläger - sei Jahrgang 1955. Der Versorgungsbezug habe im Jahr 2015 begonnen. Ab 2005 gelte ein zu versteuernder Anteil von 50 v.H. der Versorgungsbezüge. Der zu versteuernde Betrag erhöhe sich ab dem Jahr 2005 um jeweils 2 v.H. jährlich, so dass im Streitjahr (2015) 70 v.H. seiner Versorgungsbezüge zu versteuern seien. Demgemäß sei ein Steuerfreibetrag i.H. von 157 € für das Jahr 2015 sowie jeweils 1.881 € (= 156,75 € x 12 Monate) für die Folgejahre steuerfrei festzustellen. Danach ergebe sich bis hierhin folgende Berechnung:
17522,50 € x 30 % |
= |
156,75 € |
(steuerfreier Anteil) |
|
Verbleiben: |
365,75 € x 52,57 % |
= |
192,27 € |
(stpfl. Anteil = 70 %) |
192,27 € x 22,00 % |
= |
42,30 € |
(zu versteuern) |
|
365,75 € ./. 192,27 € |
= |
173,48 € |
Der im Streitjahr zu versteuernde Betrag belaufe sich demzufolge auf 42,30 €.
19Bezüglich des verbleibenden Betrags i.H. von 173,48 € wiederum ergebe sich folgende Besonderheit: Obwohl sie - die Kläger - seit 1985 in allen ihren Steuererklärungen die geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk ... angegeben hätten, habe sich der Beklagte ausweislich der beigefügten Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2013 geweigert, den für das Jahr 2005 gezahlten Rentenbeitrag i.H. von 3.650,40 € als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Dass der Beklagte die in ihren Erklärungen angegebenen Beitragszahlungen des Klägers bei den Einkommensteuerveranlagungen der Jahre 2005 bis einschließlich 2008 nicht als Sonderausgaben abgezogen habe, sei ihnen erst im Jahr 2012 bekannt geworden. Der Beklagte habe insoweit seine ihm gemäß §§ 88 und 89 AO obliegenden Hinweis- und Fürsorgepflichten verletzt mit der Folge, dass er nunmehr verpflichtet sei, die infolgedessen unrichtige Steuerfestsetzung für 2005 losgelöst von etwaigen Festsetzungsfristen zu korrigieren. Unter Darlegung der einzelnen Rechenschritte, auf die wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, ermitteln die Kläger für das Streitjahr einen Betrag i.H. von 19,24 € (=11,09 % von 173,48 €), der einer unzulässigen Doppelbesteuerung unterworfen werde. Dabei sei auch in den Folgejahren ab 2016 ein Anteil von 11,09 % des nicht mit dem Ertragsanteil zu versteuernden Versorgungsbetrags steuerfrei zu stellen. Insoweit gelte das Kohortenprinzip mit der Festschreibung des auch künftig steuerfrei zu belassenden Anteils von 30 % des Versorgungsbetrags im Jahr 2015 nicht.
20Nachdem der Beklagte im Rahmen seiner Klageerwiderung vom 26. September 2018 zur Berechnung der Höhe des steuerfreien Rentenanteils Stellung genommen und darauf hingewiesen hat, dass nach der gesetzlichen Regelung zunächst der Gesamtbetrag der Rente (hier: 522 €) aufzuteilen und erst danach für den einen Teil der Besteuerungs- und für den anderen Teil der Ertragsanteil zu ermitteln sei, räumen die Kläger mit Schriftsatz vom 18. März 2019 ein, dass die Berechnung des Beklagten „dem Grunde nach wohl korrekt“ sei. Sie halten jedoch an ihrer Auffassung fest, dass von den verbleibenden 47,43% der im Jahr 2015 bezogenen Rente zunächst der Anteil in Abzug zu bringen sei, der auf bereits versteuertem Einkommen beruhe. Dies seien im Streitjahr 11,09 % von 247 €, mithin ein Betrag von 27,39 €, der steuerfrei zu stellen sei. Wegen des Verbots einer Doppelbesteuerung berufen sich die Kläger ausdrücklich auf das BFH-Urteil vom 21. Juni 2016 X R 44/14, aus dem sie u.a. herleiten, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung nicht bereits in der Beitragsphase, sondern erst beim späteren Rentenbezug vorzunehmen sei.
21Hinsichtlich der mit der Klage (erstmals) angefochtenen Festsetzung eines Verspätungszuschlags rügen die Kläger (lediglich) dessen fehlerhafte Bemessung der Höhe nach. Sie halten einen Verspätungszuschlag i.H. von maximal 420 € für ermessensgerecht und begründen dies im Wesentlichen mit der Überlegung, dass Ausgangsgröße für die Bemessung des Verspätungszuschlags allenfalls der Betrag sein dürfe, der tatsächlich auch „verspätet“ gezahlt worden sei. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift vom 28. August 2018 Bezug genommen.
22Nachdem der Beklagte im Rahmen seiner Klageerwiderungsschrift vom 26. September 2018 die Ansicht geäußert hat, die Klage sei, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags richte, unzulässig, da insoweit das nach § 44 Abs. 1 FGO grundsätzlich erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei, tragen die Kläger hierzu mit Schreiben vom 18. März 2019 ergänzend vor: Aus der in den Erläuterungen zum Änderungsbescheid vom 29. Mai 2018 enthaltenen Feststellung, dass der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag unverändert bestehen bleibe, ergebe sich, dass der Verspätungszuschlag im Rahmen des gegen den Ursprungsbescheid vom 11. Mai 2017 geführten Einspruchsverfahren überprüft worden und damit bereits Gegenstand eines außergerichtlichen Vorverfahrens gewesen sei. Außerdem existiere kein Schriftstück von ihnen, aus dem hervorgehe, dass sie mit dem Verspätungszuschlag i.H. von 860 € einverstanden gewesen wären. Unabhängig davon sei der Beklagte nach § 367 Abs. 1 Satz 1 AO von Amts wegen verpflichtet, jeden Einzelaspekt eines Bescheids zu prüfen. Zu den von Amts wegen zu prüfenden Einzelaspekten gehöre auch der „belastende“ Verspätungszuschlag, der selbstverständlich durch den Einspruch vom 31. Mai 2017 mit angefochten worden sei.
23Die Kläger beantragen,
241. den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 29. Mai 2018 unter Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2018 dahingehend zu ändern, dass ein Betrag i.H. von 27,39 € (= 11,09 % des nicht nach § 22 Nr. 1 Satz 3a) bb) EStG mit dem Ertragsanteil zu versteuernden Rentenanteils) bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte des Klägers steuerfrei belassen wird,
252. und den Beklagten zu verpflichten, den Verspätungszuschlag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Soweit die Kläger die Festsetzung des Verspätungszuschlags anfechten, hält er die Klage für unzulässig, da das nach § 44 Abs. 1 FGO grundsätzlich erforderliche Vorverfahren im Streitfall nicht durchgeführt worden sei. Es fehle insoweit bereits an einem Einspruch. Ein solcher ergebe sich weder aus dem - allein die Einkommensteuer betreffenden - Einspruchsschreiben der Kläger vom 31. Mai 2017 noch aus dem nachfolgenden Schriftwechsel, namentlich den Schreiben vom 27. März, 4. Mai und 28. Juni 2018, in denen die Verspätungszuschläge mit keinem Wort thematisiert worden seien. Erstmals in der Klageschrift vom 28. August 2018 hätten die Kläger die Höhe des festgesetzten Verspätungszuschlags problematisiert und einen entsprechenden Antrag gestellt.
29Hinsichtlich der Einwände gegen die Versteuerung der dem Kläger ab Dezember 2015 ausgezahlten Altersrente weist der Beklagte zunächst klarstellend darauf hin, dass die Abweichungen bei der Ermittlung des steuerfreien Anteils zwischen dem Schätzungsbescheid vom 11. Mai 2017 einerseits und dem Teilabhilfebescheid vom 29. Mai 2018 andererseits allein auf der Anwendung der Öffnungsklausel beruhten, die in dem ursprünglichen Bescheid noch nicht habe berücksichtigt werden können, weil zum einen die erforderliche Bescheinigung seinerzeit noch nicht vorgelegen habe und die Öffnungsklausel zum anderen nur auf Antrag des Steuerpflichtigen zur Anwendung komme (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 2 EStG).
30Die von den Klägern vorgenommene Berechnung des steuerfreien Anteils der streitigen Renteneinkünfte entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften. Die Kläger ermittelten den steuerfreien Anteil der Rente ausgehend von den gesamten Renteneinkünften und rechneten erst von dem danach verbleibenden Besteuerungsanteil den Teil heraus, der aufgrund der Öffnungsklausel nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern sei. Durch die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 2 EStG würden indes auf Antrag des Steuerpflichtigen Teile der Leibrenten oder anderer Leistungen, die andernfalls der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG unterlägen, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG besteuert. Daraus folge, dass zunächst der Gesamtbetrag der Rente - hier also 522 € - aufzuteilen sei und erst danach für den einen Teil der Besteuerungsanteil und für den anderen Teil der Ertragsanteil zu ermitteln sei. Nachweislich seien 52,57 % mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Dementsprechend seien im Bescheid zutreffend 275 € mit dem Ertragsanteil (von 22 %) - also mit 60 € - und der verbleibende Betrag von 247 € mit dem Besteuerungsanteil (von 70 %) - also i.H. von 172 € - versteuert worden.
31Auch dem weitergehenden Begehren der Kläger, einen Rentenanteil von 11,09% steuerfrei zu stellen, weil insoweit die in den Vorjahren an das Versorgungswerk ...geleisteten Beitragszahlungen des Klägers nicht als Sonderausgaben berücksichtigt worden seien, könne nicht gefolgt werden. Die Kläger hätten die Rentenbeiträge in ihrer Einkommensteuererklärung für 2005 nicht als Sonderausgaben geltend gemacht. Soweit sie dieses Versäumnis mit dem Vorwurf zu rechtfertigen versuchten, der Beklagte sei seiner diesbezüglichen Beratungs- und Auskunftspflicht nicht hinreichend nachgekommen, sei ihnen entgegenzuhalten, dass in den Erklärungsvordrucken ausdrücklich entsprechende Eintragungsmöglichkeiten für Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen vorgesehen seien.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
34Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Verspätungszuschlägen zur Einkommensteuer 2015 richtet; im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung für 2015, ist sie unbegründet.
35I. Soweit die Kläger mit ihrem Antrag zu 2. begehren, den Beklagten zu einer Neufestsetzung des Verspätungszuschlags unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu verpflichten, ist ihre Klage mangels erfolgloser Durchführung des nach § 44 Abs. 1 FGO regelmäßig vorgesehenen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens unzulässig.
361. Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen, in denen - wie hier in Gestalt des Einspruchs (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) - ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Daran fehlt es hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2015 schon deshalb, weil die Kläger diesbezüglich keinen Einspruch eingelegt haben.
37a) Der Einspruch ist gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 AO schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Bei seiner Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Dabei soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird (§ 357 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO). Zwar handelt es sich bei den Regelungen des § 357 Abs. 3 AO nicht um solche, deren Einhaltung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einspruchseinlegung ist. Bezeichnet der Steuerpflichtige indes entgegen der Sollvorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 AO nicht, welche(n) Verwaltungsakt(e) er anfechten will, läuft er Gefahr, dass sein Rechtsbehelf anders als von ihm tatsächlich gewollt ausgelegt wird (Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 357 Rz. 25).
38b) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt ein Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2015 im Streitfall nicht vor.
39aa) Die Kläger haben mit Schreiben vom 31. Mai 2017, in dessen Betreffzeile unter ihrer Steuernummer der „Einkommensteuerbescheid vom 11.05.2017 für das Jahr 2015“ angegeben ist, „gegen den Bescheid vom 11.05.2017“ Einspruch eingelegt und zur Begründung eine gesonderte Stellungnahme angekündigt, die jedoch (zunächst) nicht nachgereicht worden ist. Nach Erteilung des vom Beklagten als Abhilfe angesehenen Änderungsbescheids vom 29. Mai 2018 haben die Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 28. Juni 2018, in dessen Betreff die „Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2014 und 2015“ sowie der „EStG-Bescheid vom 29.05.2018 für das Jahr 2015“ genannt sind, mitgeteilt, dass sie ihren Einspruch noch nicht als erledigt betrachteten bzw. erneut Einspruch einlegten. Ausführungen zur Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2015 enthält die nachfolgende Begründung nicht.
40bb) Der Inhalt der Rechtsbehelfsschrift und damit auch der Anfechtungsgegenstand ist - wie jede prozessuale oder außerprozessuale Erklärung - in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG) grundsätzlich auszulegen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nicht genau bezeichnet ist; das gilt insbesondere, wenn der Bescheid mehrere Verwaltungsakte i.S. des § 118 AO enthält oder wenn die Bezeichnung des Verwaltungsaktes der Einspruchsbegründung widerspricht (Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 357 Rz. 16, m.w.N.). Allerdings muss die Rechtsbehelfsschrift auslegungsfähig sein. Daran fehlt es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat (BFH-Urteile vom 29. Juli 1986 IX R 123/82,BFH/NV 1987, 359, vom 12. Oktober 2004 V R 15/02, BFH/NV 2005, 388, vom 11. Februar 2009 X R 51/06, BStBl II 2009, 892, und vom 28. November 2018 I R 61/16, BFH/NV 2019, 898, BFH-Beschlüsse vom 11. November 1998 VII B 236/98, BFH/NV 1999, 591, 596, und vom 19. Juli 2005 XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68, sowie Klein Rätke, AO, Kommentar, § 357 Rz. 17, m.w.N.). Außerdem darf die Auslegung nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen (BFH-Urteil vom 10. Mai 1989 II R 196/85, BStBl II 1989, 822, BFH in BFH/NV 1999, 591, sowie BFH-Urteil vom 28. November 2001 I R 93/00, BFH/NV 2002, 613). Von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder sonstigen fachkundigen Bevollmächtigten muss grundsätzlich eine klare Ausdrucksweise bei der Einspruchseinlegung erwartet werden. Zwar sind auch Erklärungen fachkundiger Personen einer Auslegung prinzipiell zugänglich, dies allerdings nur, wenn und soweit sie nicht eindeutig formuliert sind (BFH-Urteil vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BStBl II 2004, 964, BFH-Beschluss vom 29. Januar 2007 IX B 181/05, BFH/NV 2007, 1511, und Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 357 Rz. 17 a.E., m.w.N.).
41cc) Unter Beachtung dieser von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Beurteilungskriterien, denen der erkennende Senat folgt, kann den aktenkundigen Schreiben der Kläger auch im Wege der - grundsätzlich gebotenen - Auslegung nicht entnommen werden, dass ihr Einspruch neben der unstreitig angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung 2015 auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2015 umfassen sollte. Sowohl die Rechtsbehelfsschrift vom 31. Mai 2017 als auch der „erneute“ Einspruch vom 28. Juni 2018 bezeichnen in ihrer jeweiligen Betreffzeile ausdrücklich und unmissverständlich (nur) den „Einkommensteuerbescheid vom 11.05.2017“ bzw. den „EStG-Bescheid vom 29.05.2018“. Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass nach dem Willen der Kläger auch die gemäß § 152 Abs. 3 AO mit der Einkommensteuerfestsetzung verbundene Festsetzung des Verspätungszuschlags Gegenstand der außergerichtlichen Überprüfung sein sollte, lassen sich weder den weiteren Ausführungen in den o.g. Schriftsätzen entnehmen noch ergeben sie sich aus außerhalb dieser Erklärungen liegenden amtsbekannten oder für den Beklagten erkennbaren sonstigen Umständen (vgl. hierzu Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 357 Rz. 16, m.w.N.).
42Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung vertreten, bei dem Verspätungszuschlag handele es sich um einen von Amts wegen (mit) zu prüfenden „Einzelaspekt“ des von ihnen insgesamt angefochtenen Bescheids, verkennen sie, dass es sich bei der Festsetzung von Verspätungszuschlägen nicht um einen rechtlich unselbständigen Bestandteil des Einkommensteuerbescheids handelt, sondern um einen - regelmäßig mit diesem zu verbindenden (§ 152 Abs. 3 AO) - eigenständigen Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO (Schmieszek in Gosch, AO / FGO, § 152 AO Rz. 96 und 99, und Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 152 Rz. 43, jeweils m.w.N.). Allein der zwischen den Beteiligten unstreitige Umstand, dass die Kläger gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2015 wirksam Einspruch eingelegt haben, lässt daher keinerlei Rückschlüsse auf ihr im Klageverfahren erstmals zum Ausdruck gebrachtes Begehren zu, zusätzlich auch die von der Steuerfestsetzung rechtlich unabhängige Festsetzung des Verspätungszuschlags einer außergerichtlichen Überprüfung nach Maßgabe des § 367 Abs. 2 Satz 1 AO unterziehen zu wollen. Schließlich lässt sich auch nicht allein aus der Tatsache, dass die Kläger die gegen sie festgesetzten Verspätungszuschläge in vorhergehenden und / oder nachfolgenden Veranlagungszeiträumen angefochten haben, herleiten, dass deren Anfechtung für das Streitjahr ebenfalls gewollt war. Vielmehr kann aus der ausdrücklichen Bezeichnung der Verspätungszuschläge als Anfechtungsgegenstand in den Einspruchsschreiben der Vor- und Folgejahre ebenso überzeugend geschlussfolgert werden, dass die Kläger, hätten sie deren Anfechtung im Streitjahr ebenfalls gewollt, in gleicher Weise verfahren wären.
43Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern angeführten Tatsache, dass der Beklagte den im Bescheid vom 11. Mai 2017 i.H. von 860 € festgesetzten Verspätungszuschlag im Änderungsbescheid vom 29. Mai 2018 unverändert beibehalten und hierauf in den Erläuterungen zu diesem Bescheid ausdrücklich hingewiesen hat. Soweit die Kläger dies als Beleg dafür ansehen, dass der Verspätungszuschlag im Rahmen des gegen den Ursprungsbescheid geführten Einspruchsverfahrens geprüft worden und damit bereits Gegenstand eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gewesen sei, ist ihrem Einwand lediglich insoweit zu folgen, als bei einer Änderung - insbesondere Minderung - der Steuerfestsetzung grundsätzlich stets zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang sich diese Änderung auf die Bemessung des Verspätungszuschlags auswirkt und ob dessen dadurch bedingte prozentuale Erhöhung ggf. zu einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenzen führt (vgl. hierzu ausführlich Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 152 Rz. 40, m.w.N.). Nicht zu folgen vermag der Senat jedoch der weitergehenden Schlussfolgerung, dass der Verspätungszuschlag deswegen bereits Gegenstand eines (erfolglos geführten) Einspruchsverfahrens gewesen sei. Vielmehr stellt die Entscheidung des Finanzamts, den bisher festgesetzten Verspätungszuschlag unverändert beizubehalten, einen neuen Verwaltungsakt dar, gegen den (wiederum) der Einspruch gegeben ist, es sei denn, über den Einspruch gegen die vorangegangene Festsetzung des Verspätungszuschlags ist noch nicht entschieden (BFH-Urteil vom 20. September 1990 V R 85/85, BStBl II 1991, 2, und Klein / Rätke, AO, Kommentar, § 152 Rz. 41).
442. Da es aus den vorab dargestellten Gründen bereits an einem Einspruch der Kläger gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2015 mangelt, ist die hiergegen erhobene Klage auch nicht ausnahmsweise abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens als Untätigkeitsklage statthaft. Denn deren Zulässigkeit setzt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO voraus, dass über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.
453. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für die Annahme einer gemäß § 45 FGO ausnahmsweise zulässigen Sprungklage im Streitfall nicht vor, weil der Beklagte die hierfür gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat.
46II. Soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Einkommensteuer für 2015 richtet, ist sie zulässig, aber nicht begründet.
47Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2015 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insbesondere hat der Beklagte die dem Kläger erstmals im Dezember 2015 zugeflossene Altersrente des Versorgungswerks ... dem Grunde und der Höhe nach zutreffend der Besteuerung als sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) und bb) EStG unterworfen.
481. Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG gehören zu den sonstigen Einkünften i.S. des Satzes 1 dieser Vorschrift auch Leibrenten und andere Leistungen, die - u.a. - aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Satz 2 EStG). Ausweislich der im Anschluss an § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Satz 3 EStG abgedruckten Tabelle beträgt der der Besteuerung unterliegende Anteil im Jahr des Rentenbeginns (hier 2015) 70 v.H. des Jahresbetrags der Rente. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Satz 4 EStG). Der nach Maßgabe des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Sätze 2 und 3 EStG zu ermittelnde steuerpflichtige Anteil der in § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Satz 1 EStG genannten - grundsätzlich auf steuerlich entlasteten Beiträgen beruhenden - Renten unterliegt seit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (vom 5. Juli 2004) am 1. Januar 2005 regelmäßig in voller Höhe der nachgelagerten Besteuerung. Auf Antrag des Steuerpflichtigen erfolgt allerdings eine Besteuerung des steuerpflichtigen Anteils (nur) mit dem Ertragsanteil, soweit die betreffende Rente auf bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträgen beruht, die oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden; dabei hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass der Betrag der Höchstbeiträge mindestens zehn Jahre überschritten wurde (sog. Öffnungs- oder escape-Klausel - § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 2 EStG).
492. Ausgehend von dieser seit dem Jahr 2005 geltenden - sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch vom Bundesfinanzhof als grundsätzlich verfassungsgemäß angesehenen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 29. September 2015 2 BvR 2683/11, BStBl II 2016, 310, und 2 BvR 323/10, DStR 2016, 1731, BFH-Beschluss vom 27. Mai 2015 X B 168/14, BFH/NV 2015, 1369, BFH-Urteile vom 6. April 2016 X R 2/15, BStBl II 2016, 733, und vom 21. Juni 2016 X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791, m.w.N.) - Gesetzeslage hat der Beklagte die dem Kläger im Streitjahr zugeflossene Altersrente des Versorgungswerks ... zutreffend als sonstige Einkünfte bei der Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2015 erfasst. Dabei hat er - wie die Kläger mit Schriftsatz vom 18. März 2019 (Seite 12 unten) inzwischen eingeräumt haben - die einzelnen Rentenbestandteile, namentlich den der Besteuerung unterliegenden und den steuerfreien Anteil der Rente, entsprechend den Vorgaben des § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG rechnerisch zutreffend in der vom Gesetz bestimmten Reihenfolge ermittelt.
50Dabei hat er als Ausgangsgröße für die Bemessung des steuerpflichtigen Anteils der Rente die aus der Rentenbezugsmitteilung vom 8. März 2016 ersichtliche Auszahlung für den Monat Dezember i.H. von - abgerundet - 522 € (als Jahresbetrag) zugrunde gelegt und hiervon zunächst den Betrag abgezogen, der sich bei der (vom Kläger beantragten) Anwendung der Öffnungsklausel ergibt. Diesen der Besteuerung mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) EStG unterliegenden Anteil der dem Kläger gewährten Altersrente hat der Beklagte entsprechend der ihm vorgelegten Bescheinigung des Versorgungswerks ... vom 11. April 2016 mit dem darin ausgewiesenen Wert von 52,57 v.H. (= 275 €) in Ansatz gebracht und unter Berücksichtigung des nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a) bb) Satz 4 EStG für den Kläger maßgeblichen Ertrags des Rentenrechts (= Ertragsanteil) von 22 v.H. einen zu versteuernden Betrag von 60 € ermittelt. Unter Einbeziehung des gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG in voller Höhe der nachgelagerten Besteuerung unterliegenden steuerpflichtigen Teils der Rente (i.H. von 172 €) ergeben sich nach insoweit ebenfalls zutreffender Berechnung des Beklagten im (Änderungs-) Bescheid vom 29. Mai 2018 ein Gesamtbetrag der zu besteuernden Rente i.H. von 232 € sowie - nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags von 102 € - sonstige Einkünfte i.H. von 130 €.
513. Soweit der Kläger den Ansatz seiner Renteneinkünfte in der vorbezeichneten Höhe deshalb für rechtswidrig hält, weil hinsichtlich eines mit 11,09 v.H. (von 247 € = 27,39 €) bezifferten Teils dieser Einkünfte eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelbelastung vorliege, vermag der erkennende Senat seiner Argumentation nicht zu folgen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit der im Jahr 2005 unstreitig unterbliebene Abzug der Beitragszahlungen als Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) bei gleichzeitiger Erfassung der Rentenzahlung als Einnahmen im Streitjahr tatsächlich zu einer Doppelbelastung des Klägers geführt hat. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte eine etwaige Doppelbelastung nicht in der von den Klägern begehrten Art und Weise durch eine Änderung ihrer Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr - namentlich eine Steuerfreistellung des Rentenanteils, der auf Beitragszahlungen aus bereits versteuertem Einkommen beruht, - beseitigt werden. Denn das Gesetz sieht diese mit der Klage beantragte Rechtsfolge nicht vor.
52a) Zwar hat der BFH vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 21. Juni 2016 (X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791) entschieden, dass es - ungeachtet der grundsätzlich zu bejahenden Verfassungsmäßigkeit der mit dem Alterseinkünftegesetz geschaffenen Übergangsregelungen für die Besteuerung von Leibrenten aus der Basisversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG) - „in keinem Fall“ zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen dürfe. Er hat hierzu ergänzend und vertiefend ausgeführt, es sei „das zwingende Gebot des Bundesverfassungsgerichts zu beachten“, dass Rentenzahlungen, soweit die zugrunde liegenden Beitragszahlungen aus versteuertem Einkommen geleistet worden seien, nicht erneut der Besteuerung unterworfen werden dürften (BFH-Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BStBl II 2016, 420, und BFH in BFH/NV 2016, 1791, m.w.N.); eine doppelte Besteuerung sei „in jedem Fall“ zu vermeiden (BFH-Urteile vom 4. Februar 2010 X R 58/08, BStBl II 2011, 579, vom 18. Mai 2010 X R 29/09, BStBl II 2011, 591, und BFH in BFH/NV 2016, 1791, m.w.N.) und ihr Verbot „strikt“ zu beachten (BFH in BStBl II 2010, 414, sowie BFH in BFH/NV 2016, 1791, m.w.N.). Hinsichtlich des Zeitpunkts, in dem das Vorliegen einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung geltend zu machen ist, hat der BFH unter Berufung auf die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung vertreten, dass ein etwaiger Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung „in den Veranlagungszeiträumen der Versorgungsphase zu rügen“ sei, „in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden“ (BFH in BFH/NV 2016, 1791 unter Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 unter B.I.2.b).
53b) Auf die vorab zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung können sich die Kläger jedoch nicht mit Erfolg berufen. Denn Sachverhaltskonstellationen wie die im Streitfall werden von dieser Rechtsprechung nicht erfasst.
54aa) Das von den Klägern zur Klagebegründung herangezogene BFH-Urteil vom 21. Juni 2016 (X R 44/14, BFH/NV 2016, 1791) sowie die darin in Bezug genommenen weiteren Entscheidungen setzen als Prämisse unausgesprochen voraus, dass bei dem betreffenden Rentenberechtigten allein aufgrund der - seinen Einzelfall nicht erfassenden - typisierenden Regelungen eine steuerliche Doppelbelastung eintritt, diese also ausschließlich und unmittelbar eine Folge der mangelnden Differenzierung der (einfach-) gesetzlichen Vorschriften darstellt. Ziel dieser Rechtsprechung ist es demgemäß, die typisierenden und damit den gesetzlichen Regelfall abbildenden Vorschriften im konkreten Einzelfall zu korrigieren, wenn und soweit deren Anwendung in diesem - atypischen - Fall nicht zu der vom Gesetzgeber intendierten Rechtsfolge führt.
55bb) Im Streitfall beruht die bei den Klägern (möglicherweise) eintretende Doppelbelastung indes nicht auf einem „Webfehler“ des Gesetzes bzw. dessen mangelnder Ausdifferenzierung. Ursächlich für eine etwaige doppelte Besteuerung ist vielmehr der Umstand, dass die Kläger die im Gesetz - zur Vermeidung derartiger Doppelbelastungen - vorgesehene Möglichkeit, die Beiträge des Klägers zum Versorgungswerk ...in der Beitragsphase als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, in 2005 tatsächlich nicht in Anspruch genommen haben.
56cc) Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang auf ihren erfolglos gebliebenen Antrag, die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung für 2005 zu ändern und den Sonderausgabenabzug für die Beitragszahlungen des Klägers nachträglich zu gewähren, hinweisen, und hinsichtlich deren seinerzeit unterbliebener Geltendmachung als Vorsorgeaufwendungen eine Verletzung der dem Beklagten gemäß §§ 88 und 89 AO obliegenden Hinweis- und Fürsorgepflicht beanstanden, ist ihnen entgegenzuhalten, dass Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens die Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung für 2015 ist; nicht vom erkennenden Senat zu prüfen ist daher, ob der Beklagte den Antrag der Kläger auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 2005 zu Recht wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt hat. Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass eine gerichtliche Überprüfung der Antragsablehnung auch nicht (mehr) möglich wäre, nachdem die den diesbezüglichen Einspruch zurückweisende Rechtsbehelfsentscheidung vom 9. Dezember 2013 bestandskräftig geworden ist.
57II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.