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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten gegen die Klägerin erlassenen Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß § 324 AO vom 02.12.2014 streitig.
3Die Klägerin ist die Schwägerin des Taxiunternehmers A, der als Gesellschafter der B & A GbR Taxiunternehmen (B & A GbR) im Verdacht steht, Steuern hinterzogen zu haben. Ihr Ehemann und Bruder des Herrn A ist am ....2008 verstorben. Die Firma B & A GbR schuldet dem Land Nordrhein-Westfalen Steuerbeträge i. H. v. von derzeit ca. 300.000 € allein aus Umsatzsteuerfestsetzungen sowie Lohnsteuerhaftungsinanspruchnahme, ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuerverbindlichkeiten. Die hiergegen gerichteten Klageverfahren der B & A GbR werden beim erkennenden Senat zu den Aktenzeichen 3 K 38/15 und 3 K 39/15 geführt. Vollstreckungsversuche des Beklagten gegen die B & A GbR sowie den Zeugen A verliefen erfolglos.
4Die Gesellschafter der B & A GbR, Herr A und Herr B, sind zwischenzeitlich wegen dieses Sachverhaltes am ....2017 vom Amtsgericht D (Aktz.: 1) wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in ... Fällen und selbständiger Steuerhinterziehung in jeweils ... Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils ... Jahren kostenpflichtig und rechtskräftig verurteilt worden; die Strafe wurde mit Beschluss des Amtsgerichts D vom gleichen Tage für ... Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
5Die Klägerin mietete mit Vertrag vom 05.06.2008 das Schließfach Nr. 2 bei der D-Bank, Filiale Q-Straße ..., an. Für dieses Schließfach erteilte sie zugleich Herrn A Vollmacht.
6Am ....2012 ordnete das Amtsgericht D zum Aktenzeichen 3 auf Antrag des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D nach §§ 111b Abs. 2, 111d, 111e Abs. 1 StPO i. V. m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, 73a StGB den dinglichen Arrest i. H. v. 332.000 € in das Vermögen der Antragstellerin an.
7Aufgrund dieses strafrechtlichen Arrestbeschlusses wurde am 06.06.2012 der Inhalt des Schließfachs – insgesamt 88.500 € in bar – gemäß §§ 111d Abs. 2, 111f Abs. 3 StPO, §§ 930 Abs. 1 Satz 1, 808, 815 ZPO gepfändet und beschlagnahmt. Dabei befanden sich 33.500 € in einem gelben DIN-A4-Umschlag und 55.000 € in einem weißen Briefumschlag, der u.a. mit dem Datum 22.12.2011 und dem Betrag von 50.000 € beschriftet war. Auf dem weißen Umschlag befand sich zudem der – durchgestrichene – Firmenstempel der B & A GbR sowie zusätzliches Zahlenwerk und zwar der durchgestrichene Betrag von 37.000 € sowie die Daten 16.11.2011 und 04.08.2011.
8Gegen die Arrestanordnung legte die Klägerin am 16.04.2013 Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf.
9Im Rahmen des sich anschließenden Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht D reichte die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung vom 22.01.2013 ein, in der sie u.a. ausführte, dass sie das betreffende Schließfach ca. 2 Monate nach dem Tod ihres Ehemannes eingerichtet habe. Da sie nur schlecht Deutsch spreche, habe sie ihren Schwager als ihren nächsten männlichen Verwandten gebeten, für sie die formellen Dinge mit der D-Bank zu regeln. Damit er sie auch zukünftig vertreten könne, habe sie ihm für das Schließfach auch eine Vollmacht erteilt. Für das Schließfach hätten zwei Schlüssel existiert, die ausschließlich bei ihr zu Hause verwahrt worden seien. Ihr Schwager habe keinen Schlüssel zu dem Schließfach gehabt. Die Vollmacht sei für Notfälle gedacht gewesen oder bei Erledigung von formellen Dingen, da sie nur wenig Deutsch spreche.
10In dem Schließfach hätten sich 55.000 € befunden, die nicht ihr, sondern ihrem Bruder E gehört hätten. Ihr Bruder habe ihr nach seiner Hochzeit am ....2011 einen weißen Briefumschlag mit insgesamt 55.000 € übergeben. Am 22.12.2011 habe sie dann bei einem gemeinsamen Besuch der D-Bank das Geld unter Beisein ihres Schwagers in das Schließfach hereingetan. Ihr Schwager habe dann auf den Briefumschlag das Datum 22.12.2011 geschrieben. Bei dem Geld habe es sich um Hochzeitsgeschenke für Ihren Bruder und seine Ehefrau gehandelt. Wie viel davon aus der Hochzeit stammte und wie viel aus sonstigem Ersparten könne sie nicht mehr sagen. Jedenfalls habe sie ihr Bruder nach der Hochzeit gebeten, diese 55.000 € in dem weißen Umschlag für ihn und seine Ehefrau zu verwahren.
11Die Klägerin reichte weiterhin eine eidesstattliche Versicherung ihres Bruders E vom 22.01.2013 ein, in der dieser darauf hinwies, dass er gewusst habe, dass seine Schwester über ein Schließfach verfügt habe. Er habe am ....2011 geheiratet und er und seine Ehefrau hätten anlässlich der Heirat, bei der über 1000 Gäste teilgenommen hätten, die in der Türkei üblichen Geldgeschenke bekommen. Des Weiteren habe er vor der Ehe noch Geld gespart, welches er mitgebracht habe. Nach der Hochzeit habe er dann seine Schwester gebeten, das Bargeld für ihn und seine Ehefrau in dem Schließfach zu verwahren. Er habe ihr daher nach der Hochzeit einen weißen Briefumschlag mit 55.000 € übergeben.
12Die Klägerin sei dann zusammen mit Herrn A zur D-Bank gegangen und habe dieses Geld in dem Umschlag in das Bankschließfach eingelegt und für ihn verwahrt.
13Die Beschwerde der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als das Landgericht D mit Beschluss vom ....2013 zum Aktenzeichen 4 den im Arrestbefehl festgelegten Arresthöchstbetrag und die festgelegte Lösungssumme auf jeweils 55.000 € herabsetzte. Danach könne der Klägerin nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit widerlegt werden, dass es sich bei dem in dem gelben DIN-A-4-Umschlag befindlichen Geldbetrag i. H. v. 33.500 € um Bargeld handele, das zunächst ihr und ihrem verstorbenen Ehemann und nach dessen Tod ihr und ihren beiden Töchtern gehört habe.
14Im Rahmen ihrer weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht D legte die Klägerin eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 09.07.2013 vor, in der sie angab, dass es zutreffend sei, dass die Vollmacht für ihren Schwager zunächst nur für Notfälle gedacht gewesen sei. Im nachfolgenden Verlauf habe sie jedoch ihren Schwager gebeten, da er auch dort ein eigenes Schließfach in dieser Bank gehabt habe, auch für sie vereinzelt Geldbeträge einzulegen oder zu entnehmen. Wenn im Beschluss des Landgerichts stehe, dass nicht nachzuvollziehen sei, weshalb ihr Bruder trotz der Übergabe von insgesamt 55.000 € auf dem Briefumschlag nur einen Betrag von 50.000 € vermerkt habe, so könne sie nur sagen, dass ihr Bruder auf dem Umschlag überhaupt nichts vermerkt habe. Der Vermerk der Summe stamme von ihrem Schwager. Ob es sich dabei um 50.000 € oder um 55.000 € gehandelt habe, könne sie nicht mehr sagen. Sie habe ihrem Bruder anlässlich seiner Hochzeit 5.000 € übergeben, die er dann mit in diesen Umschlag eingelegt habe. Die 5.000 € stammten also von ihr, der Klägerin. Daher hätten sich insgesamt 55.000 € in dem Umschlag befunden.
15Ebenso legte die Klägerin eine weitere eidesstattliche Versicherung ihres Bruders E vom 09.07.2013 vor, in der dieser bekräftigte, dass er seiner Schwester nach der Hochzeitsfeier einen weißen Briefumschlag mit 55.000 € übergeben habe, indem sich das Geld aus der Hochzeit und sein erspartes Geld befunden habe. Das Geld, das anlässlich der Hochzeit gesammelt worden sei, habe sich während der Hochzeit in einem Korb befunden. Aus diesem Korb sei es von seinem Bruder E1 herausgenommen und zusammen mit der Klägerin zunächst in eine schwarze Tüte gelegt worden. Davon habe er noch den Saal bezahlt. Es seien noch ca. 28.000 € dort drin gewesen. Die Klägerin habe ihm noch für die Hochzeit 5.000 € hinzugegeben. Der Restbetrag von 22.000 € sei sein Erspartes gewesen, das er zu Hause aufbewahrt habe. Insgesamt hätten sich also 55.000 € in dem weißen Umschlag befunden, den er der Klägerin übergeben habe, damit sie diesen in ihr Schließfach hineinlege.
16Er selber habe keine Summe auf den Briefumschlag geschrieben. Er habe selber kein Schließfach und habe deshalb die Klägerin gebeten, das viele Geld nach der Hochzeit für ihn zu behalten. Das Geld sei im Anschluss an die Feier von seinem Bruder E1 gezählt worden, zusammen mit der Klägerin.
17Die Klägerin reichte zudem eine eidesstattliche Versicherung des Herrn A vom 09.07.2013 ein. Danach habe er keinen Schlüssel über das Schließfach gehabt, noch habe er jemals selbst das Schließfach für sich oder für seine Firma genutzt. Er habe nie eigenes Geld in dieses Schließfach hineingelegt. Nach der Hochzeit des Bruders der Klägerin habe diese ihn gebeten, sie zu begleiten, eine größere Geldsumme in das Schließfach einzulegen.
18Am 22.12.2011 sei er dann gemeinsam mit der Klägerin zur Bank gegangen. Man habe einen weißen Umschlag dabei gehabt. Wie viel Geld sich in dem Umschlag befunden habe, könne er nicht sagen, er habe es nicht gezählt. Er könne sich nur daran erinnern, dass er das Datum 22.12.2011 auf diesen Umschlag geschrieben habe.
19Er versichere nochmals, dass es sich bei dem Geld im Schließfach nicht um sein eigenes Geld noch um das Geld seiner Firma B & A handele.
20Des Weiteren legte die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung des Herrn E1 vom 10.07.2013 vor, in der dieser ausführte, dass er am Ende der Hochzeitsfeier seines Bruders E gemeinsam mit der Klägerin die von den Hochzeitsgästen in einen vorbereiteten Korb gelegten Geldgeschenke gezählt habe. Es seien 28.000 € gewesen. Sie hätten das Geld sodann in eine schwarze Plastiktüte gelegt und dem Bruder übergeben. Dieser habe hiervon noch den Festsaal bezahlt.
21Er wisse, dass sein Bruder noch privat Geld angespart habe. Sein Bruder habe ihm dann gesagt, dass er das Geld zusammen mit dem Hochzeitsgeld an die Klägerin zur Verwahrung in ihr Schließfach übergeben habe. Bei der Übergabe des Umschlags selbst sei er nicht anwesend gewesen. Sein Bruder habe ihm dann auch mitgeteilt, dass sein Erspartes 22.000 € betragen habe.
22Die weitere Beschwerde der Klägerin – auf Freigabe der 55.000 € – wurde vom Oberlandesgericht D mit Beschluss vom ....2013 zum Aktenzeichen 5 verworfen.
23Mit Duldungsbescheid vom 07.07.2014 erklärte der Beklagte die Anfechtung der erfolgten Übertragung des Bargeldbetrages i. H. v. 55.000 € von Herrn A auf die Klägerin gemäß § 4 AnfG i. V. m. § 191 AO. Danach sei die Klägerin gemäß § 11 AnfG zum Wertersatz i.H. v. 55.000 € verpflichtet. Hinsichtlich dieses Betrages werde sie als Duldungsschuldnerin in Anspruch genommen.
24In diesem Bescheid führte der Beklagte im Einzelnen aus, dass die B & A GbR dem Land Nordrhein-Westfalen die in der Anlage 1 zum Duldungsbescheid im Einzelnen aufgeführten Steuerbeträge i. H. v. 664.087 € schulde.
25Das Land Nordrhein-Westfalen sei als Gläubiger durch die nachstehend beschriebenen unentgeltlichen Vermögensübertragungen nach Maßgabe des § 1 AnfG benachteiligt worden. So sei die Klägerin Inhaberin eines Schließfaches bei der D-Bank. Der Inhalt dieses Schließfaches sei am 06.06.2012 aufgrund des Arrestbeschlusses des Amtsgerichts D vom ....2012 (Aktenzeichen 3) beschlagnahmt worden.
26Aufgrund steuerstrafrechtlicher Ermittlungen sei festgestellt worden, dass die B & A GbR für die Veranlagungszeiträume 2005-2010 die Umsätze zu niedrig erklärt und dadurch Steuern hinterzogen habe.
27Der Gesellschafter A habe sich einer dritten Person bedient, um das aus der Steuerhinterziehung erlangte Geld zu verschieben. So habe er den Betrag von 55.000 € auf die Klägerin übertragen, die dieses Geld in ihrem Schließfach deponiert habe.
28Durch diese Vorgehensweise seien unentgeltlichen Leistungen des Herrn A i.S.d. § 4 Abs. 1 AnfG in das Vermögen der Klägerin gelangt.
29Es liege auch eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, da das Geld aus dem der Vollstreckung unterliegenden Vermögen des Herrn A ausgeschieden sei und der Finanzverwaltung so der Zugriff auf dieses Vermögen verwehrt werde.
30Das Land Nordrhein-Westfalen sei nach § 2 AnfG anfechtungsberechtigt. Die Leistungen seien innerhalb von vier Jahren vor dieser Anfechtung vorgenommen worden.
31Damit sei der Anfechtungstatbestand des § 4 AnfG hinsichtlich der Bargeldleistungen erfüllt und die Klägerin gemäß § 11 AnfG zum Wertersatz i. H. v. 55.000 € verpflichtet.
32Da Vollstreckungsmaßnahmen gegen Herrn A wegen der genannten Steuerforderungen erfolglos verlaufen und nach Aktenlage neben der Klägerin keine weiteren Personen ersichtlich seien, an die unentgeltliche Vermögensübertragung erfolgt seien, sei es ermessensgerecht, die Klägerin allein für die rückständigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis im Wege der Duldung heranzuziehen.
33Nach alledem habe die Klägerin die Vollstreckung zu dulden, und sie könne die Vollstreckung durch Zahlung des Betrages i. H. v. 55.000 € bis zum 11.08.2014 abwenden.
34Gegen diesen Duldungsbescheid legte die Klägerin am 10.07.2014 Einspruch ein und machte dabei geltend, es treffe nicht zu, dass sich Herr A ihrer Person bedient habe, um das aus einer Steuerhinterziehung erlangte Geld zu verschieben.
35Mit einem „Ergänzungsbescheid“ vom 30.07.2014 nahm der Beklagte das Leistungsgebot aus dem Duldungsbescheid vom 07.07.2014 zurück, da die zugrundeliegenden Steuerfestsetzungen gegen die B & A GbR bislang nicht bestandkräftig seien. Die Abgabenforderungen, wegen derer die Rechtshandlung angefochten worden sei, seien damit zwar fällig, stünden aber vorläufig vollstreckbaren Schuldtiteln i. S. d. § 14 AnfG gleich. Die Duldung der Vollstreckung sei damit derzeit nicht vollstreckbar. Sobald und soweit die genannten Abgabenforderungen bestandskräftig festgesetzt worden seien, werde die Klägerin durch ein gesondertes Leistungsgebot zur Leistung aufgefordert werden.
36Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den am 30.10.2014 ergänzten, angefochtenen Duldungsbescheid vom 07.07.2014 am 04.05.2015 dahingehend, dass nunmehr der Anfechtung nur noch Umsatzsteuerforderungen des Landes Nordrhein-Westfalen gegen die B & A GbR i. H. v. 180.508,82 € zugrunde gelegt wurden.
37Mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2015 wurde der Einspruch der Klägerin gegen den Duldungsbescheid vom 07.07.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 04.05.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
38Hiergegen hat die Klägerin am 17.06.2015 Klage erhoben, die beim erkennenden Senat zum Aktenzeichen 3 K 1623/15 geführt wird.
39Mit Duldungsbescheid vom 05.05.2015 hatte der Beklagte die Klägerin inzwischen erneut wegen der bereits im Duldungsbescheid vom 07.07.2014 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 04.05.2015 anfechtbaren Rechtshandlung der Vermögensverschiebung von Herrn A auf die Klägerin in Anspruch genommen.
40Diesem Duldungsbescheid wurden seitens der B & A GbR dem Land Nordrhein-Westfalen als Gläubiger geschuldete Lohnsteuerbeträge sowie dazugehörige Säumniszuschläge i. H. v. 88.347,50 € zugrunde gelegt. So sei im Rahmen der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen festgestellt worden, dass die GbR die Lohnsteuer zu niedrig einbehalten und abgeführt habe. Hierfür hafte sie gemäß § 42d EStG. Die GbR sei mit Haftungsbescheid vom 18.03.2013 in Anspruch genommen worden.
41Der Gesellschafter A habe sich einer dritten Person bedient, um das aus der Steuerhinterziehung erlangte Geld zu verschieben. So habe er den Betrag von 55.000 € auf die Klägerin übertragen, die dieses Geld in ihrem Schließfach deponiert habe.
42Im Übrigen führte der Beklagte die gleichen tatsächlichen, rechtlichen und Ermessenserwägungen wie im Duldungsbescheid vom 04.05.2015 an.
43Der hiergegen von der Klägerin am 03.06.2015 eingelegte Einspruch wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 10.07.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
44Hiergegen hat die Klägerin am 13.08.2015 Klage erhoben, die beim erkennenden Senat zum Aktenzeichen 3 K 2183/15 geführt wird.
45Im Anschluss an den „Ergänzungsbescheid“ vom 30.07.2014 hatte der Beklagte am 02.12.2014 gemäß § 324 AO zur Sicherung von Steueransprüchen gegen die B & A GbR i. H. v. 233.498,32 € den hier streitbefangenen dinglichen Arrest in das Vermögen der Klägerin angeordnet. Danach könne der Arrest bis zur Höhe des Betrages von 55.000 € vollzogen werden.
46Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Arrest sei erforderlich, weil zu befürchten sei, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Mit Bescheid vom 07.07.2014 habe er gegenüber der Klägerin die Anfechtung gem. § 4 AnfG erklärt und sie sodann als Duldungsschuldnerin gemäß § 4 AnfG i. V. m. § 191 AO in Anspruch genommen. Das Land Nordrhein-Westfalen sei als Gläubiger nach Maßgabe des § 1 AnfG benachteiligt worden. Die B & A GbR habe in den Jahren 2005 bis 2010 ein Taxiunternehmen betrieben. Aufgrund einer für diese Jahre durchgeführten Steuerfahndungsprüfung sei festgestellt worden, dass die B & A GbR ihre Umsätze zu niedrig erklärt und dadurch Steuern hinterzogen habe. Einer der Gesellschafter, Herr A, habe das aus der Steuerhinterziehung erlangte Geld i. H. v. insgesamt 55.000 € auf die Klägerin übertragen. Der Betrag sei in Form von Bargeld in einem weißen Umschlag in einem Schließfach der Klägerin bei der D-Bank deponiert worden. Dadurch sei im Rahmen einer unentgeltlichen Leistung i. S. d. § 4 Abs. 1 AnfG der Bargeldbetrag in das Vermögen der Klägerin gelangt. Durch die Zuwendung des Bargeldes liege eine objektive Gläubigerbenachteiligung zulasten der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen vor, da das Geld aus dem der Vollstreckung unterliegenden Vermögen ausgeschieden und der Finanzverwaltung so der Zugriff auf das Vermögen verwehrt gewesen sei. Das Land Nordrhein-Westfalen sei damit nach § 2 AnfG zur Anfechtung berechtigt. Nach § 11 Abs. 1 AnfG sei das weggegebene Bargeld zur Verfügung zu stellen, soweit es zur Befriedigung erforderlich sei. Die Klägerin habe damit grundsätzlich die Vollstreckung zu dulden. Dabei handele es sich um einen Anspruch, der i. S. d. § 916 Abs. 1 ZPO in eine Geldforderung übergehen könne. Da die zugrundeliegenden Steuerfestsetzungen gegen die B & A GbR bislang nicht bestandskräftig seien, seien die Abgabenforderungen, derentwegen die Rechtshandlung angefochten werde, zwar fällig, sie stünden aber vorläufig vollstreckbaren Schuldtiteln i. S. v. § 14 AnfG gleich. Die Duldung der Vollstreckung sei damit derzeit nicht vollstreckbar.
47Ein Arrestgrund bestehe, da bei ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände zu besorgen sei, dass ohne sofortige Sicherung die Vollstreckung des Anspruchs, die künftige Vollstreckung des Duldungsanspruchs, vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Es sei zu befürchten, dass die Klägerin das Vermögen dem Zugriff der Finanzverwaltung entziehe. Dies insbesondere deshalb, weil das ihr etwaig zur Verfügung stehende Vermögen hauptsächlich das beschriebene Barvermögen darstelle, welches naturgemäß verkehrsgängig sei. Zudem liege bei ihr aufgrund schlechter finanzieller Verhältnisse und fehlender Ersparnisse eine ungünstige Vermögenslage vor, von deren Verschlechterung darüber hinaus auszugehen sei. Des Weiteren sei aufgrund verschiedenster unschlüssiger Aussagen der Mitglieder der Familien A und E in den Arrest- und Ermittlungsverfahren vor dem Amtsgericht D bezüglich der Herkunft verschiedener Bargeldbeträge zu befürchten, dass die Klägerin bei uneingeschränktem Zugriff auf ihr liquides Vermögen zur Mittelsicherung dieses auf andere Familienmitglieder übertragen werde. Auch sei nicht auszuschließen, dass sie sich als türkische Staatsangehörige mit eingeschränkten Deutschkenntnissen mit ihrem Vermögen ins Ausland absetze.
48Aufgrund des gesetzlichen Auftrags, die rechtzeitige Zahlung von Abgaben sicherzustellen, sei es ermessensgerecht, die Klägerin im Wege eines dinglichen Arrests heranzuziehen. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft und die Gesellschafter wegen der in Rede stehenden Steuerforderungen erfolglos verlaufen seien. Es sei auch ermessensgerecht, die Klägerin allein für die rückständigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch einen dinglichen Arrest einstehen zu lassen. Denn neben ihr seien keine weiteren Personen ersichtlich, an die unentgeltliche Vermögensübertragungen erfolgt seien.
49Am 04.12.2014 pfändete der Beklagte den Herausgabeanspruch der Klägerin hinsichtlich der unter dem Aktenzeichen 3 arrestierten Gelder, die nach Auffassung des Beklagten vom Zeugen A auf die Klägerin verschoben worden sind.
50Am 30.12.2014 hat die Klägerin die vorliegende Sprungklage gegen die Arrestanordnung vom 02.12.2014 erhoben.
51Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, der Beklagte betreibe die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines strafprozessualen Arrests, den das Amtsgericht D am ....2012 in Höhe eines Betrages von 332.000 € in ihr Vermögen angeordnet habe. Auf ihre Beschwerde habe das Landgericht D den Beschluss des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass der im Arrestbefehl festgelegte Arresthöchstbetrag auf die festgelegte Lösungssumme von jeweils 55.000 € herabgesetzt worden sei. Der Beklagte habe nun in dem Verfahren des strafprozessualen Arrestes am ....2014 beim Amtsgericht D die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Strafprozessordnung in ihr Barvermögen im Schließfach bei der D-Bank beantragt. Dabei habe der Beklagte dieses Barvermögen längst „verwertet“, indem es von dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D auf dem Konto des Beklagten eingezahlt worden sei.
52Es bestehe kein Arrestanspruch, da sie, die Klägerin, vom Beklagten nicht gemäß § 4 AnfG i. V. m. § 191 AO als Duldungsschuldnerin in Anspruch genommen werden könne. Sie habe von den vermeintlichen Steuerschuldnern keine unentgeltliche Leistung erhalten. Dies sei eine bloße Vermutung des Beklagten. Der Beklagte sei in vollem Umfang beweispflichtig dafür, dass eine unentgeltliche Leistung der B & A GbR an sie, die Klägerin, erfolgt sei. Der in ihrem Schließfach befindliche Geldbetrag stamme zum Teil aus dem ererbten Vermögen ihres Ehemannes, was bereits durch entsprechende Kontoauszüge belegt worden sei.
53Im Übrigen handele es sich um einen Geldbetrag, der ihr von ihrem Bruder E im Anschluss an dessen türkische Hochzeit zur Verwahrung übergeben worden sei. Dies sei durch eidesstattliche Versicherungen belegt. Sie habe dem Zeugen A den Zugang zu ihrem Schließfach gestattet, weil sie sich nach dem Tode ihres Ehemannes aufgrund ihrer fehlenden Sprachkenntnisse mit den Mitarbeitern der D-Bank zwecks Zugang zum Schließfach nicht habe verständlich machen können und eine Begleitung gesucht habe. Der Zeuge A sei nach dem Tode ihres Ehemannes der nächste männliche Verwandte gewesen. Er habe sich bereit erklärt, sie zu begleiten und ihr bei finanziellen Dingen zu helfen, die sie aufgrund ihrer fehlenden deutschen Sprachkenntnisse nicht alleine habe regeln können. Die Vollmacht zum Schließfach habe ausschließlich formelle Dinge und Notfälle betroffen. Sie, die Klägerin, habe die alleinige Verfügungsmacht über das Schließfach, für das zwei Schlüssel existierten, behalten. Der Zeuge A habe nicht über einen eigenen Schlüssel verfügt. Im nachfolgenden Verlauf habe sie jedoch ihren Schwager gebeten, auch für sie vereinzelt Geldbeträge einzulegen oder zu entnehmen, da er in dieser Bank auch ein eigenes Schließfach gehabt habe. Ihr Bruder E habe ihr nach seiner Hochzeit am ....2011 einen weißen Briefumschlag mit insgesamt 55.000 € übergeben. Am 22.12.2011 habe sie bei einem gemeinsamen Besuch der D-Bank das Geld unter Beisein ihres Schwagers, des Zeugen A, in das Schließfach hineingetan. Ihr Schwager habe dann das Datum 22.12.2011 auf diesem Umschlag vermerkt.
54Es bestehe auch kein Arrestgrund. Der Beklagte sei derzeit (noch) durch den strafprozessualen Arrest gesichert. Für einen weiteren Arrest bestehe kein Bedürfnis. Sie, die Klägerin, sei auch nicht in der Lage, die geforderte Arrestsumme zu hinterlegen. Sie verfüge über kein eigenes Einkommen. Sie sei nach dem Tode ihres Ehemannes mittlerweile vermögenslos und auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen. Sie habe bislang von dem ererbten Geld gelebt, welches sich ebenfalls in dem Schließfach befunden habe und aufgrund der Entscheidung des Landgerichts D im Anschluss an die Beschwerde freigegeben worden sei. Dieser Betrag von 33.500 € sei für die Lebensführung verbraucht worden. Sie sei nun Hartz IV-Empfängerin. Auf eine Unterstützung ihrer Familie, insbesondere ihres Bruders, könne sie nicht mehr zurückgreifen. Es sei zu einem Zerwürfnis innerhalb der Familie gekommen, da ihr Bruder den aus der Hochzeit stammenden Betrag von 55.000 € selbst gerne für seine Familie verwenden würde und sie den Betrag nicht herausgeben könne.
55Da der Beklagte das „Barvermögen“, welches sich in dem Schließfach befunden habe, bereits rechtswidrig verwertet habe, sei kein Interesse an einer weiteren Sicherung erkennbar. Entgegen der in der Arrestanordnung aufgestellten Behauptung handele es sich nicht mehr um „Barvermögen“. Hinsichtlich des Betrages aus dem Erbe ihres verstorbenen Ehemannes, der im Arrestverfahren bereits freigegeben worden sei, sei auch keine „Rückgabe“ des Barvermögens erfolgt. Vielmehr habe der Beklagte diesen Betrag an sie überwiesen.
56Die Begründung des Beklagten, dass aufgrund „verschiedenster unschlüssiger Aussagen der Mitglieder der Familien A und E“ zu befürchten sei, dass sie bei uneingeschränktem Zugriff auf „ihr liquides Vermögen“ dieses auf andere Familienmitglieder übertrage, sei nicht im Ansatz belegt und rechtlich nicht haltbar. Es handele sich um das Vermögen ihres Bruders und seiner Ehefrau. Die einzige Beziehung zu einem der vermeintlichen Steuerschuldner bestehe darin, dass es sich hierbei um den Bruder ihres verstorbenen Ehemannes handele.
57Der Vermutung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung, dass dieser das Barvermögen an sie übergeben habe, stünden die Aussagen mehrerer Zeugen gegenüber. Insbesondere sei zum Zeitpunkt, in dem das „Barvermögen“ in ihr Schließfach gelangt sei, weder ein Strafverfahren anhängig gewesen noch hätte einer der Beschuldigten und schon gar nicht sie selbst vorhersehen können, dass der Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt Steuerforderungen erheben würde.
58Die Entscheidung des Beklagten lasse auch keine sachgerechten Ermessensabwägungen erkennen. Der Arrest sei unverhältnismäßig. Die Verhältnismäßigkeit sei aufgrund der Schwere des Grundrechtseingriffs und der verstrichenen Zeit schon nicht mehr gewahrt.
59Die Belastung sei für sie, die Klägerin, geradezu unerträglich. Das Geld ihres Bruders und seiner Ehefrau sei bereits 2 ½ Jahre festgehalten worden, bis überhaupt ein Duldungsbescheid erlassen worden sei. Jetzt komme noch einmal die Dauer bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren hinzu. Unterstellt, ihr und der Sacherhalt ihres Bruders seien richtig, so werde die junge Familie ihres Bruders um ein Vermögen „beraubt“, auf welches die Familie in besonderer Weise angewiesen sei und entscheidend zu ihrer Lebensqualität hätte beitragen können. Für sie, die Klägerin, sei es nahezu unerträglich, dass sie ihrem Bruder und seiner Ehefrau das zu treuen Händen übergebene Geld nicht mehr zurückgeben könne. Neben der finanziellen Belastung – insbesondere ihres Bruders – seien zusätzlich die familiären Verhältnisse schwer belastet, da es sich um Geld handele, was tatsächlich ihrem Bruder zustehe.
60Die Klägerin beantragt,
61die Arrestanordnung vom 02.12.2014 aufzuheben
62und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
63Der Beklagte beantragt,
64die Klage abzuweisen.
65Zur Begründung führt er aus, entgegen dem Vortrag der Klägerin sei eine Einziehung des streitgegenständlichen Geldbetrages nicht erfolgt.
66Es bestehe ein Arrestanspruch in Höhe der Arrestsumme gegen die Klägerin, da sie von einem der Gesellschafter der B & A GbR, nämlich Herrn A, das aus der Steuerhinterziehung erlangte Bargeld in Höhe von 55.000 € unentgeltlich erlangt habe. Davon seien sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht ausgegangen. Soweit die Klägerin vortrage, der fragliche Geldbetrag sei ihr von ihrem Bruder im Anschluss an dessen türkische Hochzeit zur Verwahrung übergeben worden, und dazu eidesstattliche Versicherungen als Beweis angeführt habe, könne dem nicht gefolgt werden. Insoweit werde auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts verwiesen. Danach hätten E und E1 einerseits angegeben, bei der Einlage des Umschlags in das Schließfach nicht zugegen gewesen zu sein. Andererseits komme es daher auf den Wahrheitsgehalt der lebensfremden Behauptung, E habe seine gesamten Ersparnisse i. H. v. 22.000 € auf seine eigene Hochzeit mitgebracht, um diese nach Abschluss des Festes zusammen mit dem Hochzeitsgeld der Klägerin in Verwahrung zu übergeben, obwohl er nach seinem eigenen Vortrag bis zu diesem Zeitpunkt seine Ersparnisse zu Hause aufbewahrt haben wolle, nicht mehr entscheidend an. Dies alles zeige, dass der Bargeldbetrag von 55.000 € im Rahmen einer unentgeltlichen Leistung i. S. d. § 4 Abs. 1 AnfG in das Vermögen der Klägerin gelangt sei und zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung der Finanzverwaltung führe. Das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch ihn, den Beklagten, sei somit nach § 2 AnfG zur Anfechtung berechtigt.
67Soweit die Klägerin vortrage, dass aufgrund des derzeit vorliegenden StPO-Arrestes kein Bedürfnis für einen Arrest nach § 324 AO bestehe, könne dies nicht überzeugen. Von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur sei anerkannt, dass ein Vorrang des AO-Arrestes nicht bestehe. Vielmehr schlössen sich dinglicher Arrest im Besteuerungsverfahren nach § 324 AO und dinglicher Arrest im Strafverfahren nach § 111b StPO nicht aus.
68Seine, des Beklagten, Ausführungen zum Vorliegen eines Arrestgrundes würden auch vom Oberlandesgericht im Beschluss vom ....2013 im Hinblick auf den StPO-Arrest geteilt. Danach sei zu besorgen, dass die Klägerin den Geldbetrag i. H. v. 55.000 € beiseiteschaffen werden, um den Zugriff der Finanzverwaltung zu verhindern oder zumindest zu erschweren.
69Der Senat hat am 22.01.2018 beschlossen, Beweis über die Frage, wem der Geldbetrag i. H. v. 55.000 € gehört, der in dem Schließfach vorgefunden worden ist, durch Vernehmung der Zeugen A, E und E1 zu erheben.
70Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 28.02.2018 hat der Senat zudem die vom Beklagten als präsente Zeugin gestellte Steuerfahnderin F, die bei der Öffnung des Bankschließfaches der Klägerin anwesend gewesen ist, zur Beweisfrage vernommen.
71Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 28.02.2018 Bezug genommen.
72Entscheidungsgründe
73Die im Wege der Sprungklage erhobene Klage ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.
74Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass der im Bankschließfach der Klägerin vorgefundene Geldbetrag i.H.v. 55.000 € aus dem Vermögen der B & A GbR stammt und von deren Gesellschafter, dem Zeugen A, der Klägerin zur Verwahrung überlassen worden ist, um ihn dem Zugriff der Gläubiger der B & A GbR zu entziehen und dass deshalb sowohl ein Arrestanspruch als auch ein Arrestgrund gegeben sind.
75Der vom Beklagten gegenüber der Klägerin angeordnete dingliche Arrest ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
76I. Im Streitfall hat die Klägerin die vorliegende Anfechtungsklage erhoben, ohne zuvor das gemäß § 44 Abs. 1 FGO vor Klageerhebung grundsätzlich erforderliche Vorverfahren durchzuführen. Dennoch ist die Klage zulässig, da nach der Sonderregelung des § 45 Abs. 4 FGO die Klageerhebung ohne Vorverfahren gestattet ist, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung eines dinglichen Arrestes gelten gemacht wird.
77II. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 AO kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach den §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
78Die Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß § 324 AO ist ein Mittel zur Sicherung der künftigen Vollstreckung wegen Geldforderungen. Die Vollziehung des Arrestes führt nicht zur Befriedigung des Gläubigers, sondern nur zu seiner Sicherung. Der Arrest verhindert, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden Zustand ändert, um die zukünftige Zwangsvollstreckung zu gefährden. Der Arrest hat daher nur vorläufigen Charakter. Er ist selbst keine Maßnahme der Vollstreckung, sondern bereitet diese nur vor (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2017, § 324 AO Rn. 1 ff.).
79Insbesondere dient der dingliche Arrest gemäß § 324 AO der Sicherung der künftigen Vollstreckung von Geldforderungen aus dem Steuerschuldverhältnis, die zurzeit noch nicht vollstreckbar sind. Die Anordnung des Arrestes erfolgt, wie die Steuerfestsetzung, für einen bestimmten Anspruch, der nicht vollstreckbar sein darf. Denn eine vorläufige Sicherung der künftigen Vollstreckung ist nicht erforderlich, wenn die Vollstreckung des Anspruchs sofort durchgeführt werden könnte. Die Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung eines vollstreckbaren Verwaltungsakts dürfen daher nicht erfüllt sein. Dabei ist der Grund für das Fehlen der Vollstreckbarkeit unerheblich (vgl. Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 1, 5 Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler; AO/FGO, Stand September 2014, § 324 AO Rn. 22).
80Wesentliche Voraussetzung für die Anordnung eines dinglichen Arrestes ist die Feststellung, dass – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – ein Geldanspruch besteht und für diesen Geldanspruch ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist, also das Vorliegen von Arrestanspruch und Arrestgrund (vgl. Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 2, 3 ff., 7 ff.; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2017, § 324 AO Rn. 7 ff., 14 ff.).
81Aus der Rechtsnatur des dinglichen Arrestes als vorläufiger Sicherungsmaßnahme folgt, dass es insoweit ausreichend ist, wenn Arrestanspruch und Arrestgrund mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit gegeben sind. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage sich der Arrestanspruch und der Arrestgrund schlüssig ergeben, wahr zu sein scheint. Diese hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt sich durch Abwägung und Feststellung der überwiegenden Gründe. Nach Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände müssen somit mehr Gründe für als gegen das Bestehen des Arrestanspruchs und des Arrestgrundes sprechen. Folglich ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gegeben, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage sich der Arrestanspruch schlüssig ergibt, glaubhaft ist. Dies entspricht einem Überzeugungsgrad, wie er auch in den ausdrücklich geregelten Fällen der Glaubhaftmachung gefordert wird (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2017, § 324 AO Rn. 23 ff.; Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 13/13a).
82Bei der Anordnung des dinglichen Arrestes handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Dabei braucht die Finanzbehörde das Entschließungsermessen nicht besonders zu begründen, denn bei diesem handelt es sich um ein stark eingeengtes, intendiertes Ermessen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2017, § 324 AO Rn. 29; vgl. Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 12).
83III. Im Streitfall sind die genannten Tatbestandsvoraussetzungen i.S.d. § 324 AO für die Anordnung des dinglichen Arrestes gegenüber der Klägerin in Höhe eines Betrages von 55.000 € gegeben.
841. Denn dem Beklagten steht gegenüber der Klägerin ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den ihr überlassenen Geldbetrag i.H.v. 55.000 € nach dem Anfechtungsgesetz zu. Die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz sind im Hinblick auf diesen im Schließfach der Klägerin vorgefunden Geldbetrag gegeben.
85Auch der Anspruch auf Duldung der Befriedigung aus einem Gegenstand wegen eines Geldanspruchs aus einem Steuerschuldverhältnis stellt einen Arrestanspruch dar, also einen Anspruch auf eine Geldforderung, deren Vollstreckung nach den §§ 249-323 AO erfolgt (Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 4; Tormöhlen in Beerrmann/Gosch, AO/FGO, Stand November 2014, § 324 AO Rn. 13; Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler; AO/FGO, Stand September 2014, § 324 AO Rn. 14). Denn Arrestanspruch kann auch ein solcher Anspruch sein, der in eine Geldforderung übergehen kann.
86a) Nach § 191 Abs. 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Dazu zählen auch die Fälle, in denen einem Gläubiger zur Befriedigung seiner Forderung dasjenige zur Verfügung gestellt werden muss, was durch anfechtbare Rechtshandlungen aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist. Gleiches gilt, wenn der Anfechtungsgegner den in anfechtbarer Weise aus dem Schuldnervermögen ausgeschiedenen Gegenstand nicht in Natur zurückgewähren kann und wenn er deshalb verpflichtet ist, Wertersatz in Form der Zahlung eines Geldbetrages zu leisten (§ 11 Abs. 1 AnfG).
87Die Entscheidung über die Inanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 AO ist zweigliedrig. Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person, die es durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung erfüllt sind. Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamts i.S.d. § 5 AO an, ob und gegebenenfalls wen es als Duldungsverpflichteten in Anspruch nehmen will (vgl. hierzu Urteile des FG Rheinland-Pfalz vom 22.11.2012 5 K 1186/12, DStRE 2013, 1205; des FG Münster vom 07.05.2014 6 K 1062/13 AO, EFG 2014, 1273; Beschluss des FG Hamburg vom 05.04.2014 3 V 63/14, EFG 2014, 1353).
88b) Der Beklagte ist als anfechtungsberechtigter Gläubiger im Sinne des § 2 AnfG anzusehen. Die gegenüber der Vollstreckungsschuldnerin, der B & A GbR, festgesetzten Steueransprüche sind fällig und zumindest – da sie noch nicht bestandskräftig sind – vorläufig vollstreckbar. Auch noch nicht bestandskräftige Steuerbescheide berechtigen gemäß § 2 AnfG zur Anfechtung (vgl. dazu FG Köln, Urteil vom 11.10.2017, 9 K 1566/14, EFG 2017, 1925). Zudem ist die Vollstreckung in das Vermögen der Vollstreckungsschuldnerin, der B & A GbR, erfolglos geblieben.
89c) Gemäß § 1 AnfG sind Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen – d.h. jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln oder Unterlassen, das entsprechende rechtliche Folgen hat – außerhalb des Insolvenzverfahrens anfechtbar (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2017 VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297).
90Eine objektive Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 1 Abs. 1 AnfG ist anzunehmen, wenn durch die anfechtbare Rechtshandlung die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers aus dem Schuldnervermögen verschlechtert wird, d.h. ganz oder teilweise wegfällt, erschwert oder bloß verzögert wird. Dabei kommt es nicht auf die Verminderung des Schuldnervermögens insgesamt an, sondern auf die Erschwerung der Vollstreckungsmöglichkeit in den konkreten Gegenstand (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 15.04.2014 3 V 63/14, EFG 2014, 1353). Dabei kann auch die Weitergabe einer formellen Rechtsposition an den Anfechtungsgegner eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge haben, da die Gläubiger aufgrund dieser Weitergabe jedenfalls nicht mehr aufgrund eines gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Vollstreckungstitels pfänden können (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2017 VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297).
91aa) Zum eigenen Vermögen des Schuldners gehört auch der unmittelbare Besitz an eigenen beweglichen Sachen. Zwar können die einzelnen Gläubiger diese nicht für sich nutzen. Jedoch hindert die Besitzübergabe an Dritte die Gläubiger des Schuldners an der eigenen Verwertung, weil zur Pfändung die Herausgabebereitschaft des unmittelbaren Besitzers nötig wäre (vgl. Kirchhof in Münchener Kommentar zum AnfG, 1. Aufl. 2012, § 1 Rn. 69).
92Zu den anfechtbaren Rechtshandlungen gehören daher auch Besitzübertragungen. Diese können die Gläubiger benachteiligen, soweit andernfalls der Besitz ihrem Vollstreckungszugriff offen gestanden hätte. In diesem Fall kann bereits die Aufgabe des unmittelbaren Besitzes an einer dem Schuldner gehörenden Sache dessen Gläubiger benachteiligen. Darüber hinaus können die Gläubiger durch die Erwerbsmöglichkeiten Dritter, die mit dem Besitz verbunden sind, an die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB anknüpfen und deren gutgläubigen Erwerb ermöglichen, beeinträchtigt werden. Zudem können die Gläubiger des Anfechtungsgegners in die Sache vollstrecken (vgl. Kirchhof in Münchener Kommentar zum AnfG, 1. Aufl. 2012, § 1 Rn. 123).
93Anfechtbar können mithin also auch Realakte im weitesten Sinne sein, d.h. gewollte reine Tathandlungen, die rechtserheblich sind, bei denen es aber nicht darauf ankommt, ob gerade der konkret eingetretene Rechtserfolg gewollt ist. Deshalb kann auch die Besitzübertragung oder -aufgabe angefochten werden (vgl. Kirchhof in Münchener Kommentar zum AnfG, 1. Aufl. 2012, § 1 Rn. 17; Huber, AnfG, 11. Aufl. 2016, § 1 Rn. 24).
94Dabei sind auch Handlungen des persönlich haftenden, geschäftsführenden und vertretungsberechtigten Gesellschafters einer Personengesellschaft dieser zuzurechnen, wenn diese Vollstreckungsschuldnerin ist. (vgl. Kirchhof in Münchener Kommentar zum AnfG, 1. Auflage 2012, § 1 Rn. 3 ff., 37)
95bb) Im Streitfall steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats fest, dass der Geldbetrag in Höhe von 55.000 € aus der Vermögenssphäre der B & A GbR stammt und der unmittelbare Besitz an diesem Geldbetrag vom Zeugen A in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der B & A GbR auf die Klägerin dadurch übertragen worden ist, dass er dieser das Geld zur Verwahrung in ihrem Schließfach überlassen bzw. dieses dort selbst deponiert hat.
96aaa) Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gesetz verlangt insoweit im Normalfall die volle, d.h. vollständige Überzeugung des Gerichts. Dies ist keine absolute Gewissheit, sondern es genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit. Dieser ist erreicht, wenn das Gericht ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem persönlichen Gewissen unterworfen persönliche Gewissheit in einem Maße erlangt, dass es an sich mögliche Zweifel überwindet und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Dabei ist ein Grad an Überzeugung nötig, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Gräber/Ratschow, FGO, 8. Aufl. 2015, § 96 Rn. 82)
97Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist der gerichtlichen Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es sind deshalb nicht nur die Beweiserhebung, sondern das Gesamtergebnis der Verhandlung, des Prozessstoffs, der Gegenstand der Verhandlung war, zu würdigen. Insbesondere sind die schriftlichen und mündlichen Behauptungen, Einlassungen und Stellungnahmen der Beteiligten sowie eventuell auch der persönliche Eindruck, den der Steuerpflichtige in der Verhandlung hinterlässt, zu berücksichtigen. Die Überzeugungsbildung muss auf einer logisch nachvollziehbaren, verstandesmäßig einsichtigen Würdigung des Verfahrensergebnisses beruhen. Sie muss unter Beachtung der anerkannten Natur- und Denkgesetze, insbesondere den anerkannten Gesetzen der Logik, zustande kommen und darf nicht in Widerspruch zu festgestellten Tatsachen stehen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2011, § 96 FGO Rn. 9 ff., 17 ff.).
98Nach dem Grad der Annäherung an den entscheidungserheblichen Sachverhalt kann grundsätzlich zwischen zwei Beweisarten unterschieden werden. Der unmittelbare Beweis ergibt unmittelbar, d.h. direkt das Vorliegen der umstritten, beweisbedürftigen Tatsachen. Lassen sich solche Tatsachen nicht unmittelbar beweisen, gibt es häufig zumindest sogenannte Hilfstatsachen – Indizien –, aus denen der Rechtsanwender mittelbar auf die entscheidungserhebliche Haupttatsache schließen kann. Der Indizienbeweis schließt also aufgrund erwiesener Hilfstatsachen mithilfe der Logik, Lebenserfahrung sowie Sach- und Fachkunde auf die unmittelbar rechtserheblichen Haupttatsachen, die wiederum das betreffende gesetzliche Tatbestandsmerkmal ausfüllen. Einzelne Indizien sind dadurch gekennzeichnet, dass sie lediglich mit mehr oder weniger schwacher Wahrscheinlichkeit auf einen bestimmten Geschehensablauf hindeuten. Sie können deshalb immer nur Teil einer umfassenden Beweiswürdigung sein. Beim Indizienbeweis erlangt das Gericht daher erst im Wege einer Gesamtwürdigung mehrerer, für sich allein genommen nicht ausreichender Beweisanzeichen seine volle Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des streitentscheidenden Sachverhalts. Denn erst das auffallende Zusammentreffen mehrerer für sich allein wenig ergiebiger Indizien kann eine Schlussfolgerung auf eine Haupttatsache rechtfertigen, die dem Gericht die Überzeugung vom Vorliegen der Haupttatsache vermittelt. Der Indizienbeweis besitzt Überzeugungskraft, wenn andere Schlüsse aus den Indizientatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen. Dabei muss allerdings der Schluss des Finanzgerichts nicht objektiv zwingend sein, er muss jedoch zumindest möglich sein (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2011, § 96 FGO Rn. 35/36; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand Juli 2013, § 96 FGO Rn. 106 ff.; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, AO/FGO, Stand Februar 2013, § 96 FGO Rn. 43/44).
99bbb) Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen, die an die Überzeugungsbildung des Gerichts im Rahmen des Indizienbeweises zu stellen sind, hat der Senat im Streitfall aus dem Vorliegen eines eine ganz erhebliche Aussagekraft entfaltenden Beweisanzeichens im Zusammenhang mit den Bekundungen der Zeugen sowie den Gesamtumständen die Überzeugung gewonnen, dass der beschlagnahmte und gepfändete Geldbetrag i.H.v. 55.000 € aus dem Vermögensbereich der B & A GbR stammt und vom Zeugen A als Gesellschafter der B & A GbR mit Zustimmung der Klägerin in deren Bankschließfach eingelegt und damit sowohl ein Verwahrungsverhältnis sowie der unmittelbare Besitz der Klägerin an dem Geldbetrag begründet worden ist.
100(1) Diese Überzeugungsbildung des Senats findet ihren Ausgangspunkt in der Tatsache, dass auf dem im Schließfach der Klägerin vorgefundenen weißen Briefumschlag, in dem sich die beschlagnahmten 55.000 € befanden, u.a. der Firmenstempel der B & A GbR aufgebracht gewesen ist. Dieses Beweisanzeichen vermittelt dem Senat in der Gesamtschau mit den weiteren festgestellten Tatsachen, dem Sachvortrag der Klägerin sowie den Bekundungen der Zeugen und ihren eidesstattlichen Versicherungen die Überzeugung, dass der Geldbetrag aus dem Vermögensbereich der B & A GbR stammt.
101(a) Der auf dem weißen Fensterbriefumschlag befindliche Firmenstempel der B & A GbR stellt zunächst einmal einen intensiven sachlichen Zusammenhang mit diesem Unternehmen her. Er vermittelt insoweit eine inhaltliche Beziehung des Umschlags zu dieser Firma, als mit ihm dokumentiert wird, dass der Briefumschlag zuvor von der B & A GbR für ihren Geschäftsverkehr genutzt worden ist.
102Dass der Umschlag zuvor im Geschäftsbetrieb der B & A GbR genutzt worden ist, haben auch die Bekundungen des Zeugen A bestätigt, der den streitgegenständlichen Geldbetrag in diesen, auf seinem Schreibtisch befindlichen und zufällig ausgewählten Briefumschlag eingelegt haben will.
103(b) Der Umstand, dass ein Geldbetrag in einen mit einem Firmenstempel der B & A GbR versehenen Briefumschlag eingelegt wird, deutet aber nach Auffassung des Senats auch in hohem Maße darauf hin, dass das betreffende Unternehmen hierdurch auch eine gegenständliche Beziehung zum Inhalt dieses Umschlags in dem Sinne herstellen wollte, dass der Inhalt des Briefumschlags der eigenen Vermögenssphäre zuzurechnen ist, die eigenen Eigentums- und Besitzverhältnisse dokumentieren soll.
104(c) Nimmt man hinzu, dass der Zeuge A mit Zustimmung der Klägerin deren Schließfach auch allein begehen konnte – und dies auch getan hat – und nach seinen eigenen Bekundungen den betreffenden Umschlag mit dem streitbefangenen Geldbetrag auch ohne Beisein der Klägerin in das Schließfach der Klägerin eingelegt haben will, so deutet auch dies darauf hin, dass er das Schließfach als „Verwahrstelle“ für eigene Vermögensgegenstände und solche der B & A GbR nutzen konnte und wollte.
105Der relativ intensive Sachzusammenhang zwischen dem im Schließfach vorgefundenen, streitbefangenen Geldbetrag und der Vermögenssphäre der B & A GbR bzw. dem Zeugen A wird damit nicht nur durch deren Firmenstempel auf dem den Geldbetrag enthaltenden Briefumschlag, sondern auch durch den Umstand dokumentiert, dass der Zeuge A – jeweils nach Abstimmung mit der Klägerin – relativ ungehinderten Zugang zum Schließfach der Klägerin gehabt hat und deren Schließfach mit eigenen Vermögensgegenständen oder solchen der B & A GbR bestücken konnte.
106(d) Neben diesem intensiven Sachzusammenhang, den der auf dem Briefumschlag angebrachte Firmenstempel zwischen dem in ihm befindlichen Geldbetrag und der Vermögenssphäre der B & A GbR herstellt, hat für den Senat des Weiteren ausschlaggebende Bedeutung, dass weder die Klägerin noch die Zeugen – insbesondere nicht im Rahmen ihrer eidesstattlichen Versicherungen im Zuge der Rechtsbehelfe gegen den strafprozessualen Arrest und gegen die darauf beruhende Beschlagnahme und Pfändung des Geldbetrages – bis zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat eine Aussage dazu getätigt haben, warum sich das Geld in einem Briefumschlag befunden hat, auf dem der Stempel der B & A GbR angebracht gewesen ist. Über einen Zeitraum von nahezu sechs Jahren hinweg sind hierzu keine auch nur ansatzweisen Erklärungen abgegeben worden.
107(e) Erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 28.02.2018 hat der Zeuge A bekundet, er habe den ihm von der Klägerin übergebenen Briefumschlag geöffnet und den darin befindlichen Geldbetrag sodann in den gebrauchten Briefumschlag mit dem Firmenstempel der B & A GbR hineingelegt.
108Abgesehen davon, dass mithin erstmals nach ca. sechs Jahren ein Erklärungsversuch unternommen wird, um darzulegen, aus welchem Grunde sich der Geldbetrag in einem Briefumschlag der B & A GbR befunden hat, hat der Zeuge auch auf wiederholtes Nachfragen des Senats nicht darlegen können, warum er einen ihm anvertrauten verschlossenen und nicht beschrifteten Briefumschlag mit für ihn fremden Geld geöffnet haben will, um sodann diesen Geldbetrag in einen gebrauchten, mit unterschiedlichen Daten und Geldbeträgen beschrifteten und mit einem Firmenstempel der B & A GbR versehenen Briefumschlag einzulegen. Auch der Senat vermag für ein solches Vorgehen keinen tragfähigen Grund zu erkennen.
109Die Bekundungen des Zeugen erwecken vielmehr den Eindruck, dass mit ihnen nachträglich der Versuch unternommen werden soll, eine – zumindest halbwegs – nachvollziehbare Erklärung dafür zu finden, warum der vermeintlich nicht der B & A GbR gehörende Geldbetrag dennoch in einem Briefumschlag vorgefunden worden ist, der den Firmenstempel dieses Unternehmens trägt.
110Darüber hinaus hat die Klägerin auch keine Begründung dafür gegeben, warum sie den Umschlag mit dem ihrem Bruder gehörenden Geld überhaupt dem Zeugen A ausgehändigt haben will. Schließlich wäre es insoweit doch nur erforderlich gewesen, sich in Begleitung des Zeugen A zur Bank zu begeben und das Geld in das Schließfach zu legen. Dafür, diesem zuvor den Umschlag mit dem Geld auszuhändigen, bestand mithin überhaupt keine Veranlassung.
111Da für das Gericht somit noch nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar ist, was mit diesen Verhaltensweisen bezweckt worden ist, spricht auch dies in erheblichem Maße dafür, dass sowohl der betreffende Briefumschlag als auch der in ihm befindliche Geldbetrag aus dem Geschäftsbereich der B & A GbR stammten.
112(f) Dieser Würdigung des Gerichts steht auch nicht entgegen, dass der betreffende Stempelaufdruck durch ein Durchstreichen nahezu unkenntlich gemacht worden ist.
113Denn der Briefumschlag weist noch weitere durchgestrichene Beschriftungen – Daten sowie den Betrag von 37.000 € - auf, ohne dass im Einzelnen geklärt werden konnte, was es hiermit auf sich hat. Diese Umstände bleiben ebenso fraglich wie die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag der Betrag von 50.000 € vermerkt war, obwohl er 55.000 € enthielt.
114Und auch der Umstand, dass sich in dem weißen Fensterumschlag ein weiterer Umschlag befunden hat, führt zu keiner anderweitigen Bewertung des Sachverhalts. Den entscheidend ist insoweit allein, dass der weiße Fensterumschlag insgesamt 55.000 € enthielt, unabhängig davon, ob dieser Betrag sich noch auf einen weiteren Umschlag verteilte.
115Unabhängig von der Frage, was letztlich mit dem Durchstreichen des Firmenstempels bezweckt worden ist, zeigen die durchgestrichenen Daten und der gestrichene Geldbetrag jedenfalls, dass der Briefumschlag sich bereits seit längerer Zeit „im Einsatz“ befand und sein Inhalt – der in ihm verwahrte Geldbetrag – zu den unterschiedlichen Daten einen unterschiedlichen Umfang – durch entsprechende Einlagen und Entnahmen – aufgewiesen hat.
116Hiervon wird die Aussagekraft des durch den Firmenstempel dokumentierten Beweisanzeichens, dass sich der Geldbetrag in einem Umschlag befunden hat, der aus dem Geschäftsbereich der B & A GbR entstammt, nicht berührt.
117(2) Soweit der Zeuge E bekundet hat, dass er der Klägerin einen weißen, nicht beschrifteten Briefumschlag mit einem Betrag über 55.000 € - die Summe aus seinen Ersparnissen sowie den Geldgeschenken zu seiner Hochzeit - übergeben habe, damit diese das Geld in ihr Bankschließfach verbringe und dort verwahre, so ist diese Aussage einerseits unergiebig und kann andererseits dem Gericht nicht die Überzeugung verschaffen, dass der im Schließfach der Klägerin vorgefundene Geldbetrag i.H.v. 55.000 € dem Zeugen E gehört.
118(a) Unergiebig ist die Aussage im Hinblick darauf, als der Zeuge nicht wissen kann, was die Klägerin letztendlich mit dem betreffenden Umschlag gemacht hat, da er die Klägerin nicht zu ihrem Bankschließfach begleitet hat und mithin nicht anwesend gewesen ist, als die Klägerin – bzw. der Zeuge A – den Umschlag in das Bankschließfach eingelegt haben will. Von daher kann er aus eigener Anschauung nicht wissen, dass es sich bei dem im Schließfach der Klägerin vorgefundenen Geldbetrag i.H.v. 55.000 € tatsächlich um denjenigen handelt, der ihm gehört.
119(b) Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Bekundungen des Zeugen E zumindest darauf hindeuten könnten, dass der im Bankschließfach der Klägerin vorgefundene Geldbetrag i.H.v. 55.000 € ihm gehört, so ist dieser Sachvortrag doch mit so vielen Unklarheiten und Fragen behaftet, dass er für den Senat keine ausschlaggebende Überzeugungskraft entfalten kann und letztlich nicht glaubhaft ist.
120Denn für den Senat ist es insoweit nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge E das von ihm angesparte und ihm zur Hochzeit geschenkte Geld in einen neutralen weißen Briefumschlag eingelegt hat, ohne die Summe des im Briefumschlag enthaltenen Geldes zu vermerken bzw. des Weiteren diesen Umschlag mit seinen Namen zu versehen und so zu dokumentieren, dass der Inhalt dieses Briefumschlages ihm und seiner Ehefrau gehört.
121Auch unter Berücksichtigung möglicher mangelnder geschäftlicher Gewandtheit bzw. fehlender Erfahrungen in finanziellen und wirtschaftlichen Dingen hätte es insoweit den üblichen und gebräuchlichen Verhaltensweisen entsprochen, einen in einen Briefumschlag eingelegten Geldbetrag mit einem entsprechenden Vermerk auf dem Briefumschlag zu versehen, der die Eigentums- und Vermögensverhältnisse hinsichtlich dieses Geldbetrages eindeutig dokumentiert, jedenfalls und insbesondere wenn dieser Umschlag in einem fremden Bankschließfach verwahrt werden soll. Denn auch wenn es sich bei dem Bankschließfach um das seiner Schwester handelte, wäre eine solche Beschriftung zur Vermeidung von Verwechslungen und einem Vertauschen erforderlich gewesen.
122Zwar haben sich auf dem braunen Briefumschlag, der sich ebenfalls im Bankschließfach der Klägerin befand, auch keine Namensangaben bezüglich des Eigentümers des betreffenden Geldbetrages befunden. Insoweit handelte es sich aber um das eigene Schließfach der Klägerin. Von daher konnte sich die Klägerin auf den Standpunkt stellen, dass in ihrem Schließfach befindliche und nicht abweichend gekennzeichnete Vermögenswerte ihr gehörten.
123(c) Auch der Anlass für Einlage des Geldes des Zeugen in das Schließfach der Klägerin erscheint nach den Gesamtumständen nicht nachvollziehbar.
124So hat der Zeuge nach seinen Bekundungen sein angespartes Geld i.H.v. 22.000 € zuvor zuhause aufbewahrt. Nach seiner Hochzeit hat er erst einmal eine sechstägige Hochzeitsreise in die Türkei unternommen und in dieser Zeit den durch die Hochzeitsgeschenke inzwischen auf 55.000 € angewachsenen Geldbetrag zuhause zurückgelassen. Damit hat der Zeuge zumindest kein übertriebenes Sicherheitsbedürfnis gezeigt.
125Jedenfalls sieht der Senat in diesen Verhaltensweisen einen Widerspruch zu der vorgetragenen Motivation des Zeugen, den Geldbetrag im Bankschließfach seiner Schwester von dieser verwahren zu lassen. Denn wenn der Zeuge zuvor 22.000 € zuhause aufbewahren konnte und während einer Urlaubsreise auch keine Bedenken hatte, 55.000 € unbewacht alleine zuhause zu lassen, erscheint es nicht glaubhaft, dass für ihn sodann die Notwendigkeit bestand, den Geldbetrag im Bankschließfach der Klägerin zu deponieren.
126(d) Für den Senat ist insoweit außerdem irritierend, dass weder die Klägerin noch der ebenfalls anwesende Zeuge A nicht bereits bei der Durchsuchung des Schließfaches und Beschlagnahme des Geldes gegenüber den Beamten der Steuerfahndung geltend gemacht haben, dass es sich jedenfalls bei dem Geldbetrag i.H.v. 55.000 € um einen Geldbetrag handelt, der aus dem ersparten Vermögen bzw. aus den Hochzeitsgeschenken des Zeugen E und seiner Ehefrau stammt.
127Zwar ist die Klägerin der deutschen Sprache nicht mächtig. Sie hätte aber diesen Einwand zumindest durch den Zeugen A vortragen lassen können.
128Dementsprechend hat auch die bei der Beschlagnahme anwesende Beamtin der Steuerfahndung, die Zeugin F, bekundet, dass es insoweit keinen Hinweis darauf gegeben habe, dass es sich bei diesem Geld um solches des Bruders der Klägerin handelt. Es sei lediglich geltend gemacht worden, dass es sich um die Ersparnisse der Klägerin handele. Dieser Einwand hat sich im Übrigen nur hinsichtlich des im braunen Umschlag befindlichen Geldbetrages nachträglich als zutreffend herausgestellt.
129(e) Diese Irritation des Senats wird des Weiteren auch dadurch verstärkt, dass der Zeuge E über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg keine Geldbeträge benötigt hat und mithin vom behaupteten Zeitpunkt der Einlage des Geldes am 22.12.2011 bis zur Beschlagnahme und Pfändung des Geldbetrages am 06.06.2012 das ersparte sowie das anlässlich der Hochzeit geschenkte Geld unangetastet im Schließfach der Klägerin belassen haben will. Der Senat hält diese Darstellung für zweifelhaft.
130Auch sie verstärkt vielmehr in erheblichem Maße die Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Darstellung des Zeugen, wonach es sich bei dem im Schließfach der Klägerin vorgefundenen Geldbetrag i.H.v. 55.000 € um ihm gehörendes Geld handelt.
131(f) Letztlich werden diese Zweifel des Senats an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen E noch durch den Umstand erheblich intensiviert, dass der Einwand, wonach es sich bei dem betreffenden Geldbetrag um von ihm selbst angespartes bzw. ihm anlässlich seiner Hochzeit geschenktes Geld handelt, erst mehr als ein halbes Jahr nach der Beschlagnahme und Pfändung des Geldbetrages geltend gemacht worden ist, nämlich im Rahmen der ersten eidesstattlichen Versicherung vom 22.01.2013. Darüber hinaus sind erstmals nach mehr als einem dreiviertel Jahr von der Klägerin Rechtsbehelfe gegen den strafprozessualen Arrest sowie die damit einhergehende Beschlagnahme des Geldes eingeleitet worden, um dessen Freigabe zu erreichen.
132Angesichts dieser gestreckten zeitlichen Abfolge hat der Senat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass es sich bei der Darstellung, wonach das Geld dem Zeugen E gehöre, vielmehr um eine konstruierte Version handelt, die erst im Nachhinein entwickelt worden ist und nicht den Tatsachen entspricht.
133(3) Die Bekundungen des Zeugen E1 sind für den Senat unergiebig. Dieser hat bestätigt, dass es bei der Hochzeit seines Bruders E Geldgeschenke in einer Größenordnung von 28.000 € gegeben habe. Zu der Einlage von Geldbeträgen in das Schließfach der Klägerin konnte der Zeuge hingegen keinen Angaben machen.
134(4) In der Gesamtwürdigung ist damit festzuhalten, dass der Umstand, dass der streitbefangene Geldbetrag i.H.v. 55.000 € in einem Umschlag vorgefunden wurde, der den Firmenstempel der B & A GbR trägt, eine ganz erhebliche indizielle Wirkung entfaltet. In Verbindung mit der Tatsache, dass der Zeuge A als Gesellschafter der B & A GbR das Bankschließfach der Klägerin auch ohne deren Begleitung betreten konnte und unter Berücksichtigung seiner nicht nachvollziehbaren Bekundung, er habe den ihm von der Klägerin überlassenen verschlossenen Umschlag mit dem Geld des E geöffnet und das Geld in den gebrauchten und bereits beschrifteten Umschlag der B & A GbR gelegt, gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass es sich bei diesem Geldbetrag um einen solchen handelt, der aus der Vermögenssphäre der B & A GbR stammt und im Schließfach der Klägerin versteckt wurde.
135d) Im Streitfall geht der erkennende Senat weiterhin davon aus, dass der Zeuge A als Gesellschafter der Vollstreckungsschuldnerin, der B & A GbR der Klägerin den Geldbetrag i.H.v. 55.000 € nicht unentgeltlich übertragen hat, sondern ihr lediglich zur Verwahrung in ihr Schließfach gegeben hat – bzw. selbst dort eingelegt hat, um durch die Übertragung des unmittelbaren Besitzes diesen vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger der B & A GbR – insbesondere der Finanzverwaltung – zu schützen.
136Demgegenüber sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass die B & A GbR gegenüber der Klägerin eine unentgeltliche Leistung erbringen wollte.
137Im Streitfall liegen daher die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG und nicht die des § 4 Abs. 1 AnfG vor.
138aa) Gemäß § 3 Abs. 1 AnfG ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Darlegung der Kenntnis des Anfechtungsgegners wird durch anerkannte Beweisanzeichen bzw. Indiztatsachen und Erfahrungssätze erleichtert (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2017 VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297).
139bb) Im Streitfall liegen Umstände vor, aus denen der Senat die Schlussfolgerung zieht, dass der Zeuge A als Gesellschafter der Vollstreckungsschuldnerin, der B & A GbR, durch seine Handlungsweise deren Gläubiger i.S.d. § 3 Abs. 1 AnfG benachteiligten wollte und die Klägerin diese Gläubigerbenachteiligungsabsicht kannte.
140Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem Geldbetrag i.H.v. 55.000 € um Vermögen der B & A GbR handelt, dessen Verwahrung im Bankschließfach der Klägerin einzig und allein dem Zweck gedient hat, es dem Vollstreckungszugriff ihrer, der B & A GbR, Gläubiger zu entziehen. Dies wird vor allem auch daran deutlich, dass der Zeuge A ebenfalls bei der D-Bank über ein eigenes Bankschließfach verfügte, sodass für eine Verwahrung dieses Geldbetrages im Schließfach der Klägerin kein nachvollziehbarer sachlicher Grund bestand. Dieses Vorgehen der B & A GbR diente somit allein dazu, den betreffenden Geldbetrag zu verbergen und damit dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen, diese mithin zu benachteiligen.
141Dem steht auch nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Einlagerung des Geldes am 22.12.2011 die Steuerfahndungsprüfung gegen die B & A GbR noch nicht begonnen hatte, diese begann erst ca. drei Monate später im Frühjahr 2012. Denn insoweit konnte die B & A GbR entsprechende Ermittlungen, die zu entsprechend hohen Steuernachforderungen geführt haben, bereits voraussehen.
142Da keine anderweitigen Absichten oder Motivlagen erkennbar sind, handelte der Zeuge A als Gesellschafter der B & A GbR auch mit der erforderlichen Benachteiligungsabsicht.
143Zudem war der Klägerin dieser Benachteiligungsvorsatz der B & A GbR sowie ihres Gesellschafters A auch bekannt. Schließfach war der Klägerin bekannt, dass Herr A über ein eigenes Bankschließfach bei D-Bank verfügte, sodass die Verwahrung von Geldbeträgen für die B & A GbR nur dem Zweck dienen konnte, diese Vermögensgegenstände zu verstecken und sie hierdurch dem Zugriff der Gläubiger der B & A GbR vorzuenthalten.
144Dass die Klägerin in diese mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz unternommenen Rechtshandlungen in vollständiger Kenntnis eingebunden gewesen ist, wird auch daran deutlich, dass sie sodann mit der nach Überzeugung des Senats unzutreffenden Darstellung, das Geld gehöre ihrem Bruder, versucht hat, die Freigabe des Geldes zu erwirken.
145cc) Soweit der Beklagte demgegenüber davon ausgegangen ist, dass der Anfechtungstatbestand des § 4 Abs. 1 AnfG vorliege, da der Geldbetrag i.H.v. 55.000 € unentgeltlich auf die Klägerin übertragen worden sei, lässt dies die Wirksamkeit des Duldungsbescheides unberührt. Denn insoweit ist entscheidend, dass die Finanzverwaltung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Die unzutreffende rechtliche Würdigung im Rahmen der Anfechtungstatbestände des Anfechtungsgesetzes ist insoweit unbeachtlich (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2017 VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 14.07.1981 VII R 49/80, BStBl. II 1981, 751).
146e) Der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den der Klägerin übergebenen Geldbetrag i.H.v. 55.000 € war auch noch nicht vollstreckbar, da die Steuerforderungen gegen die B & A GbR noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden waren. Denn gegen die in der Arrestanordnung vom 02.12.2014 aufgeführten Steuerschulden der B & A GbR ist beim erkennenden Senat unter dem Aktzeichen 3 K 39/15 ein Klageverfahren anhängig ist, über das bislang noch nicht entschieden worden ist.
147Die noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide sowie die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und die vorläufigen Steuerfestsetzungen sind als vorläufig vollstreckbare Titel i.S.d. § 14 AnfG anzusehen. Sie berechtigen die Finanzverwaltung zwar gemäß § 2 AnfG zur Anfechtung einer benachteiligenden Rechtshandlung des Steuerschuldners, jedoch darf aus diesem Duldungsbescheid erst vollstreckt werden, wenn die Steuerschulden bestands- bzw. rechtskräftig festgesetzt worden sind. Dementsprechend muss bereits in den Duldungsbescheid der Hinweis aufgenommen werden, dass die Vollstreckung aus dem Duldungsbescheid von der Bedingung des Eintritts der Bestandskraft, Vorbehaltslosigkeit bzw. Endgültigkeit abhängig ist (vgl. FG Köln, Urteil vom 11.10.2017 9 K 1566/14, EFG 2017, 1925; Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Auflage 2017, Rn. 7.19 - 7.21).
148Da der Beklagte somit aus einem gegen die Klägerin erlassenen Duldungsbescheid auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworbenen Geldbetrag angesichts der mangelnden Bestandskraft der gegen die B & A GbR erlassenen Steuerbescheide noch nicht die Vollstreckung betreiben konnte, lagen die Voraussetzungen für den Erlass einer Arrestanordnung gemäß § 324 AO insoweit vor.
1492. Im Streitfall ist auch ein Arrestgrund mit dem insoweit ausreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit gegeben.
150Ein solcher besteht, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Ob ein Sicherungsbedürfnis besteht, ist nach dem Gesamtbild aller Sachverhaltsumstände zu entscheiden (vgl. Schwarz/Kämper, AO/FGO, Stand April 2017, § 324 AO Rn. 7 ff.; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2017, § 324 AO Rn. 14 ff.).
151Im Streitfall steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin dem Zeugen A ihr Bankschließfach zur Verfügung gestellt hat, damit dieser dort Vermögensgegenstände der B & A GbR einlagern konnte, um diese dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen. Dies zeigt bereits, dass die Klägerin bereit gewesen ist, den Vollstreckungszugriff der Gläubiger der B & A GbR zu vereiteln oder zumindest wesentlich zu erschweren.
152Zudem trägt die Klägerin – auch unter Vorlage mehrerer eidesstattlicher Versicherungen – vor, dass das Geld ihrem Bruder E gehöre und sie es an diesen herausgeben wolle, ja müsse. Insoweit steht jedoch zur Überzeugung des Senats fest, dass der beschlagnahmte Geldbetrag nicht dem Zeugen E gehört, sodass die Absicht der Klägerin, das Geld nach einer Freigabe ihrem Bruder auszuhändigen, weiterhin darauf angelegt ist, die Vollstreckung aus einem Duldungsbescheid zu vereiteln.
153Angesichts dieser Sachlage ist die Besorgnis gerechtfertigt, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die spätere Vollstreckung des Anfechtungsanspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
1543. Gründe, die die Ermessensentscheidung des Beklagten bei Erlass der Arrestanordnung als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen, sind weder substantiiert dargetan noch nach Aktenlage ersichtlich.
155Insbesondere ist der vom Beklagten angeordnete dingliche Arrest nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Denn er beschränkt sich auf einen Vermögensgegenstand – den Geldbetrag i.H.v. 55.000 € –, der der Klägerin ohnehin nicht zusteht. Denn nach ihrem eigenen Sachvortrag handelt es sich um einen Geldbetrag, der ihrem Bruder gehört. Nach dem Sachvortrag des Beklagten, den der erkennende Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens für zutreffend erachtet, handelt es sich um Geld, das aus der Vermögenssphäre der B & A GbR stammt. Damit greift der streitbefangene dingliche Arrest aber nicht in unverhältnismäßiger Art und Weise in eigene Rechte der Klägerin ein.
1564. Durch die Pfändung des Anspruchs der Klägerin auf Herausgabe des von der Steuerfahndung arrestierten Geldbetrages i.H.v. 55.000 € am 04.12.2014 hat der Beklagte auch eine rechtzeitige und wirksame Vollziehung der Arrestanordnung gemäß § 324 Abs. 3 AO vorgenommen.
1575. Nach dem Erlass der streitbefangenen Arrestanordnung sind auch keine Umstände i.S.d. § 325 AO bekannt geworden, die die Arrestanordnung nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen.
1586. Die Anordnung des streitbefangenen dinglichen Arrestes nach der Abgabenordnung ist schließlich nicht deshalb rechtswidrig, weil die Steuerfahndung zuvor bereits am ....2012 einen dinglichen Arrest nach den Vorschriften der Strafprozessordnung in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen des Strafgesetzbuches auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Amtsgerichts ausgebracht hat.
159Denn grundsätzlich haben die Finanzbehörden ein Wahlrecht, ob sie bei Vorliegen eines Arrestanspruchs sowie eines Arrestgrundes nach den §§ 111b ff. StPO oder nach den §§ 324, 325 AO vorgehen; die betreffenden Regelungen stehen selbständig nebeneinander. Da der strafprozessuale Arrest und der abgabenrechtliche Arrest von unterschiedlichen Behörden beantragt bzw. angeordnet werden, unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen unterliegen und zudem verschiedene Zielsetzungen verfolgen, schließt es die zunächst erfolgte Anordnung des strafprozessualen dinglichen Arrestes nach der Rechtsauffassung des Senats aber nicht aus, dass zu einem späteren Zeitpunkt der dingliche Arrest nach § 324 AO angeordnet wird (vgl. zum Streitstand eingehend Tormöhlen in Beermann/Gosch, AO/FGO, Stand November 2014, § 324 AO Rn. 9 ff.).
160IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.