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Die Einkommensteuerfestsetzung 2005 der Kläger vom 25.4.2007 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 7.8.2014 werden mit der Maßgabe geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit um den Gewinn aus der Veräußerung der Aktienoptionen i.H.v. 85.055 € verringert werden.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung eines Gewinns aus einem Optionsgeschäft in die Einkünfte aus der nichtselbstständigen Arbeit des Klägers.
3Der Kläger war als Geschäftsführer bei der A GmbH, einer Tochtergesellschaft der B GmbH & Co. KG (im Folgenden: B KG), nichtselbständig beschäftigt. Die B KG war wiederum eine Tochtergesellschaft der in der Schweiz ansässigen B AG.
4Zwischen dem Kläger und der „B AG und deren Beteiligungen“ wurde 2004 eine „Vereinbarung Programm „B“ betreffend Vorschuss und Gratifikation“ getroffen, die die Arbeitgeberin unter dem 16.8.2004 und der Kläger unter dem 31.8.2004 unterschrieben. Diese regelt auszugsweise Folgendes:
5„Präambel
6Die Arbeitgeberin beabsichtigt, den Arbeitnehmer für seinen langfristigen Einsatz ans Unternehmen zu binden und ihn am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Sie gewährt ihm daher nachfolgende Gratifikation im Sinne von Art. 322d OR und Vorschuss zwecks Kauf/Finanzierung von 16.000 Optionen der F-Bank (Schweiz) auf B Aktien per 15. Sept. 2004 […].
7I. Vorschuss
81. Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer einen Vorschuss i.H.v. CHF 232.000 […] zu gewähren.
92. Die Vorschusssumme wird am 15. September 2004 zur Zahlung fällig.
103. Der Vorschussnehmer verpflichtet sich, mit dem Vorschuss 16.000 Optionen der F‑Bank auf B Aktien per 16. August 2004 zum Preise von je CHF 23,50 und damit insgesamt CHF 376.000 zu erwerben. Die Differenz zwischen Kaufpreis und Vorschuss von insgesamt CHF 144.000 ist vom Arbeitnehmer vor dem 15. September 2004 an B zu überweisen.
114. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, den Vorschuss vollumfänglich bis spätestens 1. August 2007 an die Arbeitgeberin zurückzuzahlen.
12II. Gratifikationsanspruch
13Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, an den Arbeitnehmer zur teilweisen Finanzierung der vorgenannten 16.000 Optionen per 31. Juli 2007 eine Gratifikation von CHF 232.000 zu bezahlen. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich, die Gratifikation mittels Verrechnung zur Tilgung oder Resttilgung des vorgenannten Vorschusses für den Kauf der 16.000 Optionen auf Aktien der Arbeitgeberinnen zu verwenden. […]
14II. [sic] Anspruch auf Mitarbeiteroptionen
15Der Arbeitnehmer kann von der Arbeitgeberin 16.000 Optionen der F-Bank auf B Aktien gemäß „Programm B“ (Anhang 1), das integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildet, für total CHF 376.000 erwerben. Allfällige Kursschwankungen des betreffenden Aktien-/Optionskurses haben keine Rechtsfolgen auf den Anspruch des Arbeitnehmers aus dem „Programm B“.
16III. Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien
17Sollte, aus welchen Gründen auch immer, in der Zeit vom 15. September 2004 bis zum 31. Juli 2007 das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin beendet werden, verliert der Arbeitnehmer sämtliche Ansprüche auf die obige Gratifikation, und der Arbeitnehmer verpflichtet sich grundsätzlich, den Vorschuss vollumfänglich zurückzuzahlen. In diesem Fall geht das Eigentum an den Optionen unwiderruflich auf den Arbeitnehmer über.
18Im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber […] und fällt die ordentliche Kündigungsfrist (Ausscheidungszeitpunkt) in die Periode vor dem 31. Juli 2007 wird der Mitarbeiter auf sein Verlangen in Bezug auf diese Optionen und diese Gratifikationen so behandelt, dass für ihn aus diesen Optionen und Gratifikationen per Saldo weder ein Gewinn noch ein Verlust (außer den Zinsen auf dem eingesetzten eigenen Kapital) entsteht.[…]“
19Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Einkommensteuerakte des Beklagten für 2004 und 2005 befindliche Vertragskopie Bezug genommen.
20Aus einem Datenblatt der F-Bank vom 28.7.2004 zu den Calloptionen auf B AG Namensaktien ergibt sich, dass die F-Bank Emittentin der insgesamt 700.000 Optionen war. Eine Option sollte zum Erwerb einer B AG Namensaktie berechtigen. Die Emission der Optionen war am 28.7.2004 in Form einer Sekundärplatzierung erfolgt. Als Verfallsdatum war der 27.7.2007 angegeben. Der Ausgabepreis der Optionen war mit 27,50 CHF, der Referenzkurs des Basiswertes, also der B AG Namensaktie, mit 63,00 CHF und der Ausübungspreis mit 40,00 CHF angegeben. Unter Bemerkungen war ausgeführt, dass die Optionsscheine unter anderem durch die Organe und Mitarbeiter der B AG für die Teilnahme an dem Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm derselben Gesellschaft erworben würden.
21Die F-Bank ermittelte - ausweislich eines Schreibens an die B Management AG vom 4.1.2006 - auf den 16.8.2004 einen theoretischen Wert für eine Call-Option zwischen 23,20 CHF und 24,10 CHF, ausgehend von einem Referenzpreis der B AG Namensaktie zwischen 58 und 59 CHF.
22Der Kläger erwarb vereinbarungsgemäß 16.000 Optionen unter marktüblichen Bedingungen zu dem Preis von 23,50 CHF pro Stück.
23Die Optionsscheine wurden durch die F-Bank am 16.9.2004 gemäß Auftrag der B Group ... Ltd. vom Vortag in das Depot des Klägers eingebucht.
24Der Kurs der B AG Namensaktie entwickelte sich in der Zeit von August bis September 2004 wie folgt:
25
Datum |
Kurs in CHF |
Datum |
Kurs in CHF |
Datum |
Kurs in CHF |
2.8.2004 |
63,75 |
19.8.2004 |
59,00 |
30.8.2004 |
65,00 |
3.8.2004 |
63,00 |
20.8.2004 |
60,85 |
31.8.2004 |
64,05 |
6.8.2004 |
59,75 |
23.8.2004 |
63,25 |
1.9.2004 |
65,00 |
9.8.2004 |
60,30 |
24.8.2004 |
64,00 |
2.9.2004 |
65,35 |
13.8.2004 |
59,20 |
25.8.2004 |
63,95 |
8.9.2004 |
66.50 |
16.8.2004 |
59,20 |
26.8.2004 |
64,90 |
15.9.2004 |
64,00 |
17.8.2004 |
59,70 |
27.8.2004 |
64,50 |
16.9.2004 |
64,00 |
Am 22.9.2005 verkaufte der Kläger 5.000 Optionsscheine zu einem Kurs von 50 CHF pro Stück.
27Das von dem Arbeitgeber gewährte Darlehen i.H.v. 232.000 CHF zahlte er am 19.10.2005 zurück.
28Mit Bescheid vom 25.4.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 der Kläger auf 203.594 € fest. Dabei erhöhte er die erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit neben dem Zinsvorteil aus dem Arbeitgeberdarlehen - was zwischen den Beteiligten nicht streitbefangen ist - um einen Überschuss aus dem Verkauf der Optionsrechte i.H.v. 85.055 €, den er wie folgt berechnete:
29
Verkauf 22.9.2005: 5.000 Stück x 50 CHF |
250.000 CHF |
abzüglich Veräußerungskosten |
375 CHF |
= 249.625 CHF |
|
abzüglich Anschaffungskosten: 5.000 Stück x 23,50 CHF |
117.500 CHF |
= Überschuss |
= 132.125 CHF |
= umgerechnet |
= 85.055 € |
Hiergegen wandten sich die Kläger mit Einspruch vom 8.5.2007. Sie vertraten die Auffassung, dass es sich bei den Optionsgeschäften um private Veräußerungsgeschäfte im Sinne von § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG handele und somit die Veräußerung der Papiere außerhalb der Spekulationsfrist nicht steuerpflichtig sei.
31Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 7.8.2014 zurück.
32Zur Begründung führte er aus, dass dem Kläger die Aktienoptionsrechte durch die ausländische Muttergesellschaft seines Arbeitgebers eingeräumt worden seien. Es bestehe insoweit ein konkreter Zusammenhang der Papiere mit dem Dienstverhältnis des Klägers, als sich die Zuwendung der B AG für den Kläger als Frucht seiner Arbeit darstelle. Die Einordnung des Veräußerungsvorgangs als privates Veräußerungsgeschäft, das wegen Ablaufs der Veräußerungsfrist von einem Jahr nicht zu einer Besteuerung führen würde, scheitere an dem in § 23 Abs. 2 EStG niedergelegten Subsidiaritätsprinzip. Der Zusammenhang mit den Einkünften im Sinne des § 19 EStG stehe im Vordergrund. Dafür sprächen auch die finanzielle Ausstattung des Klägers durch Gewährung des unverzinslichen Vorschusses und die Zusage einer Gratifikation sowie die Absicht des Arbeitgebers, den Kläger langfristig an das Unternehmen zu binden.
33Der geldwerte Vorteil aus der Einräumung der Optionsrechte fließe zu, wenn der Steuerpflichtige die Option ausübe und der Kurswert der Aktien den Übernahmepreis übersteige. Durch diesen Zeitpunkt werde nicht nur die Höhe des geldwerten Vorteils beeinflusst, sondern auch der Umstand, ob bei dem Arbeitnehmer überhaupt ein geldwerter Vorteil anfalle. Ein Verkauf von Optionsrechten sei so zu behandeln wie die Ausübung von Optionsrechten.
34Mit ihrer Klage vom 10.9.2014 verfolgen die Kläger ihr Begehren, den Gewinn aus dem Optionsgeschäft nicht der Besteuerung des Streitjahres zu unterwerfen, weiter.
35Die Optionsrechte seien der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre des Klägers zuzuordnen. Ab dem 16.8.2004 habe ihm eine unmittelbare und unentziehbare Rechtsposition gegenüber der emittierenden Bank und damit das wirtschaftliche Eigentum an den Optionen zugestanden. Die Möglichkeit der Rückgabe der Optionen sei bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch ihn selbst nicht gegeben gewesen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im August 2004 sei nicht erkennbar gewesen, ob der Aktienkurs der B AG noch weiteres Kurssteigerungspotenzial gehabt habe. Dies sei unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Aktie von Anfang 2003 bis Mitte 2004 bereits von 25 CHF bis auf 60-65 CHF gestiegen sei, durchaus ungewiss gewesen. Er – der Kläger – habe somit in Kauf genommen, dass Kursverluste und damit korrespondierende Wertminderungen der Optionen von ihm selbst zu tragen seien.
36Die Abwicklung der Veräußerung der Optionsscheine sei dergestalt erfolgt, dass der Kläger der F-Bank seine Veräußerungsabsicht und die Vorstellung seines Preises mitgeteilt habe. Die F-Bank habe diese Vorstellungen weitergegeben und dem Kläger später mitgeteilt, ob ein Käufer für die Optionen vorhanden sei. Sie habe dabei als „market-maker“ für den außerbörslichen Handel die Geld- und Briefkurse festgestellt.
37Ein durch das Arbeitsverhältnis eventuell entstandener geldwerter Vorteil zu Gunsten des Klägers wäre mit Wirkung zum 16.8.2004 zugeflossen. Da die F-Bank den Wert der Optionen auf der Grundlage des Referenzpreises der B AG Namensaktie ermittelt habe, könne von einer verbilligten Überlassung der Option keine Rede sein. Eine Betrachtung der Wertverhältnisse am Verkaufstag der Optionen komme nicht in Betracht.
38Außerdem seien die Optionsrechte nicht unmittelbar durch den Arbeitgeber bzw. die Muttergesellschaft gewährt worden, sondern von der F-Bank; Verpflichtungen bzw. Forderungen und Rechte des Klägers aus den Optionsrechten hätten demnach auch nur zwischen ihm und der F-Bank bestanden.
39Die Kläger beantragen,
40die Einkommensteuerfestsetzung 2005 vom 25.4.2007 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 7.8.2014 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit um den Gewinn aus der Veräußerung der Aktienoptionen i.H.v. 85.055 € verringert werden.
41Der Beklagte beantragt,
42die Klage abzuweisen.
43Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung sowie das BFH-Urteil VI R 25/06 vom 20.11.2008, BStBl II 2009, 382.
44Die F-Bank habe lediglich als Emittentin der Optionen und Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers fungiert; erworben habe der Kläger die Optionsrechte von seiner Arbeitgeberin.
45Entscheidungsgründe
46Die Klage ist zulässig und begründet.
47Die angegriffene Einkommensteuerfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
48I.
49Zu Unrecht hat der Beklagte den Überschuss i.H.v. 85.055 €, den der Kläger aus dem Verkauf der Calloptionen auf B AG Namensaktien erzielt hat, nach §§ 19, 23 Abs. 2 EStG den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet.
50Es handelt sich bei dem Optionsgeschäft vielmehr um ein Veräußerungsgeschäft auf der privaten Vermögensebene, das jedoch nicht nach § 22 Nr. 2 i.V.m § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerbar ist, da der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der 5.000 Optionen die einjährige Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG überschreitet.
511.
52Unter die sonstigen Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 2 i.V.m § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG fallen u.a. die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Wirtschaftsgütern, die nicht Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte sind und bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in diesem Sinne sind jedoch den Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören (§ 23 Abs. 2 EStG).
53Der vorliegend in Rede stehende Veräußerungserlös gehört nicht zu den Einkünften aus einer anderen Einkunftsart, insbesondere nicht zu den – hier allein in Betracht kommenden – Einkünften i.S.v. § 19 EStG.
54Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner Arbeitskraft zufließen. Vorteile werden für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.
55Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer, neben dem Arbeitsverhältnis bestehender Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. statt vieler BFH-Urteil vom 4.10.2016 IX R 43/15, BFHE 255, 442, m.w.N.). Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind durch solche eigenständigen, vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Sonderrechtsbeziehungen veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass diese auch selbständig und losgelöst von dem Arbeitsverhältnis bestehen könnten (BFH-Urteil vom 17.6.2009 VI R 69/06, BStBl II 2010, 69, m.w.N.).
56Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer tatsächlichen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (BFH-Urteile vom 20.11.2008 VI R 25/05, BStBl II 2009, 382, und vom 1.2.2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898).
57Als derartige Zuwendungen aufgrund von Sonderrechtsbeziehungen kommen unter anderem die Veräußerung von Sachen oder Rechten - z.B. auch einer kapitalmäßigen Beteiligung an dem Arbeitgeber oder einem anderen Unternehmen - in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 21.05.2014 I R 42/12, BStBl II 2015, 4). Beteiligt sich ein Arbeitnehmer kapitalmäßig an seinem Arbeitgeber, kann die Beteiligung eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Der Arbeitnehmer nutzt in diesem Fall sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung. Im Falle der Veräußerung der Kapitalbeteiligung kommt dementsprechend eine Steuerbarkeit nur nach den einschlägigen Veräußerungstatbeständen des Einkommensteuergesetzes (§§ 17, 23 EStG) in Betracht.
58Der Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen führt insbesondere nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern im Allgemeinen oder sogar nur bestimmten Arbeitnehmern angeboten worden war (vgl. BFH-Urteil vom 4.10.2016 IX R 43/15, BFHE 255, 442, m.w.N.).
59Dennoch kann der Erwerb einer Beteiligung von dem Arbeitgeber (oder auch einem Dritten) zu Arbeitslohn führen, wenn der Vorteil für die Arbeitsleistung gewährt wird. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber das Wirtschaftsgut tatsächlich verbilligt oder unentgeltlich an den Arbeitnehmer veräußert, mithin dessen wirklicher Wert den vereinbarten Kaufpreis übersteigt; der Erwerb eines Wirtschaftsgutes zu marktüblichen Konditionen kann bei dem Arbeitnehmer hingegen keinen steuerbaren Vorteil bewirken (BFH, Urteil vom 7.5.2014 VI R 73/12, BStBl II 2014, 904; Geserich in: Blümich, EStG, 35. Auflage 2017, § 19 Rn. 280). Ob der Arbeitnehmer das Wirtschaftsgut verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, ist grundsätzlich anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen. Der Zeitpunkt des Zuflusses (regelmäßig der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht) des Wirtschaftsgutes, etwa der Einbuchung von Aktien in ein Depot des Arbeitnehmers, ist für die Frage, ob und in welcher Höhe ein verbilligter Erwerb vorliegt unbeachtlich und allenfalls für die Bewertung des Vorteils entscheidend (vgl. BFH-Urteile vom 30.6.2011 VI R 37/09, BStBl II 2011, 923, und vom 7.5.2014 VI R 73/12, BStBl II 2014, 904).
602.
61Nach diesen Grundsätzen, die der erkennende Senat für zutreffend hält und denen er folgt, ist der von dem Kläger erzielte Überschuss i.H.v. 85.055 € nicht durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst und stellt daher keinen Arbeitslohn dar.
62Dem Kläger ist seitens seines Arbeitgebers, der A GmbH, bzw. deren Muttergesellschaft, der B AG, im Zusammenhang mit der Einräumung der Calloptionen kein geldwerter Vorteil zugewandt worden.
63Denn der Kläger hat die Optionen, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, zu einem marktüblichen Preis von 23,50 CHF erworben. Die F-Bank hatte auf den Zeitpunkt der verbindlichen Vertragserklärung der B AG zugunsten des Klägers, den 16.8.2004, einen theoretischen Wert für eine Call-Option zwischen 23,20 CHF und 24,10 CHF ermittelt, ausgehend von einem Kurswert der B Aktie von 58-59 CHF. Diesen Zeitpunkt hält das Gericht für maßgebend für die Frage nach der Zuwendung eines Vorteils an den Kläger, da die B AG mit der Unterzeichnung des Vertrages dem Kläger die Möglichkeit zum Erwerb der Optionen zu dem bestimmten Preis eingeräumt hatte, die der Kläger nur noch annehmen musste. Jedoch ergab sich zu diesem Zeitpunkt keinerlei Preisvorteil zugunsten des Klägers, da sich der laut Vertrag von dem Kläger zu zahlende Stückpreis von 23,50 CHF im Rahmen der von der F-Bank ermittelten Wertspanne bewegte.
64Danach kann der Senat schon nicht feststellen, worin der Arbeitslohn im Streitfall bestehen soll, da dem Kläger von seinem Arbeitgeber bei der Verschaffung der Optionen kein Vorteil etwa in Form eines Preisnachlasses zugewandt wurde.
65Ein Zufluss von Arbeitslohn bei dem Kläger liegt erst recht nicht in der späteren Gewinnerzielung bei Verwertung der Optionen durch Verkauf. Denn es fehlt bereits an einer Veranlassung des Erwerbsgeschäftes zwischen dem Kläger und der B AG durch das Arbeitsverhältnis. Zudem – selbst wenn eine solche dienstliche Veranlassung bestünde – wäre das Leistungsaustauschverhältnis des Klägers mit seinem Arbeitgeber spätestens mit der Übertragung der Optionen in die Verfügungsmacht des Klägers beendet gewesen, so dass spätere Wertsteigerungen der Optionen nicht mehr in diesem Verhältnis begründet wären.
66Zunächst besteht kein Raum, für die Annahme einer Veranlassung des Optionserwerbsgeschäftes durch das Arbeitsverhältnis. Anders als der Beklagte ist für das Gericht nicht erkennbar, inwieweit sich die Überlassung der Papiere zu einem marktüblichen Preis für den Kläger als Frucht seiner Arbeit darstellt: Ein geldwerter Vorteil liegt zweifelsfrei in der Gewährung der Gratifikation von 232.000 CHF zum 31.7.2007 und der zinslosen Nutzungsüberlassung eines als „Vorschuss“ bezeichneten Betrages in gleicher Höhe bis zu dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Gratifikation. Diese Begleitumstände des Optionskaufvertrages hält der Senat für die Annahme einer dienstlichen Veranlassung des Optionsgeschäftes selbst ebenso wenig für ausreichend wie die Tatsache, dass die Optionen „unter anderem durch die Organe und Mitarbeiter der B AG für die Teilnahme an dem Mitarbeiter-Beteiligungsprogramm derselben Gesellschaft erworben“ wurden und möglicherweise eigens dafür von der F-Bank aufgelegt wurden. Das Ziel, den Kläger für seinen Einsatz in dem Konzern zu belohnen und ihn weiter an das Unternehmen zu binden, das mit der „Vereinbarung Programm „B“ betreffend Vorschuss und Gratifikation“ zweifelsohne verfolgt wurde, konnte mit der in Aussicht gestellten Gratifikation und dem damit zu tilgenden „Vorschuss“ erreicht werden. Zur Erreichung dieses Ziels war hingegen die Überlassung der Optionen nicht zwingend, da der Kläger zum einen für die Finanzierung der Beteiligung einen wesentlichen Anteil (144.000 CHF, rund 38 %) eigenes Kapital aufbringen musste. Zum anderen löste er den Finanzierungszusammenhang mit der für 2007 in Aussicht gestellten Gratifikation selbst bereits im Oktober 2005, indem er das Arbeitgeberdarlehen über 232.000 CHF aus eigenen Mitteln zurückzahlte, so dass die Gratifikation hierfür nicht mehr eingesetzt werden musste. Zudem trug der Kläger in Bezug auf die Optionsscheine ein erhebliches eigenes Verlustrisiko, von dem er nur für den Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber freigestellt war; im Übrigen sollte die Inhaberschaft an den Optionen unwiderruflich auf ihn übergehen, ohne dass die Möglichkeit einer Rückübertragung auf die B AG bestanden hätte.
67Die von dem Beklagten zur Begründung herangezogene ständige Rechtsprechung des BFH zu der Bewertung und dem Zufluss geldwerter Vorteile aus der Überlassung von Aktienoptionsrechten an Arbeitnehmer führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung des Streitfalles. Nach dieser Rechtsprechung soll ein Arbeitnehmer mit der Einräumung einer Option zunächst lediglich eine steuerlich unerhebliche Chance erlangen; der für den Zufluss des Arbeitslohnes maßgebliche Vorteil soll jedoch in dem auf die Aktien gewährten Preisnachlass bestehen und erst aufgrund der Ausübung oder anderweitigen Verwertung des gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Optionsrechts zufließen (sog. Endbesteuerung; vgl. BFH-Urteile vom 10.3.1972 VI R 278/68, BStBl II 1972, 596; vom 24.1.2001 I R 119/98, BStBl II 2001, 512; vom 24.1.2001 I R 100/98, BStBl II 2001, 509, vom 20.6.2001 VI R 105/99, BStBl II 2001, 689; vom 23.6.2005 VI R 124/99, BStBl II 2005, 766; Urteil vom 18.9.2012 VI R 90/10, BStBl II 2013, 289; sowie Urteil des BFH VI R 25/05 vom 20.11.2008, BStBl II 2009, 382, nach dem gleiches für handelbare Optionsrechte gilt).
68Diese Rechtsprechung betrifft durchweg Fälle, in denen ein Arbeitgeber derartige Optionsrechte unentgeltlich oder zumindest verbilligt auf seine Arbeitnehmer übertragen hat und der eingeräumte Vorteil sich schon deshalb als Frucht der Arbeitskraft darstellt, weil fremde Dritte einen solchen Vorteil nicht erhalten hätten. Darin liegt jedoch ein maßgeblicher Unterschied zu dem vorliegenden Fall, in dem der Kläger für das Recht auf Erwerb von B Aktien zu einem festgelegten Ausübungspreis (40 CHF pro Stück) einen fremdüblichen Preis von 23,50 CHF zahlen musste und andere Anhaltspunkte, die zu einer Rückführung der Zuwendung des Arbeitgebers auf das Arbeitsverhältnis führen, nicht bestehen. Dass solche Umstände entbehrlich wären und schon der bloße Erwerb von Aktienoptionen durch einen Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer - ohne inhaltliche und zeitliche Einschränkung - zu einer steuerlichen Verhaftung jedweder positiven oder negativen Einkünfte aus den Optionen im Rahmen des § 19 EStG führt, ergibt sich aus der vorgenannten BFH-Rechtsprechung jedoch nicht. Die Urteile beschäftigen sich mit der Frage, wann ein geldwerter Vorteil, so er denn existiert, zufließt und auf welchen Zeitpunkt seine Bewertung zu erfolgen hat. Sie sind jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass jeder Erlös aus der Verwertung von Sachen und Rechten, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber erworben hat, stets Arbeitslohn darstellt. Von einem solchen Verständnis der Rechtsprechung distanziert sich auch der BFH selbst, wenn er in seiner Entscheidung VI R 69/06 vom 17.6.2009, BStBl II 2010, 69, ausführt: „Es gibt auch keinen Grundsatz, dass sämtliche Kursgewinne, die durch an Arbeitnehmer verbilligt ausgegebene Aktien oder durch sonstige Formen der Mitarbeiterbeteiligung erwirtschaftet wurden, in vollem Umfang, nämlich über die Verbilligung hinaus, als Vorteile aus dem Dienstverhältnis i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren wären.“ Im Streitfall gab es keine Verbilligung bei der Einräumung der Mitarbeiterbeteiligung; der aus der Verwertung der Beteiligung im Streitfall erzielte Gewinn ist nicht mehr als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu bewerten.
69Dafür, im Streitfall nicht auch noch den Zeitraum und die Wertsteigerungen nach dem Erwerb der Calloptionen dem Arbeitsverhältnis des Klägers zuzuordnen, spricht auch, dass nicht der Arbeitgeber aus den Optionen verpflichtet war, sondern ein Dritter, nämlich die F-Bank.
70Der Leistungsaustausch des Klägers mit der B AG umfasste die Übertragung der Calloptionen gegen Geld und nicht gegen Arbeitskraft. Gegenstand der Leistung der Arbeitgeberin war die Verschaffung von Ansprüchen gegen die F-Bank auf Überlassung einer B Aktie je Option zu einem festgelegten Ausübungspreis innerhalb einer bestimmten Ausübungsfrist. Mit der Übertragung der Papiere auf den Kläger war diese Leistung der Arbeitgeberin erbracht und die Rechtsbeziehung mit dem Kläger in Bezug auf die Optionsrechte beendet. Danach war nur noch die F-Bank als Stillhalter verpflichtet, die Optionen im Falle ihrer Ausübung durch Verschaffung von Aktien zu bedienen.
71In seiner Entscheidung BFH VI R 25/05 vom 20.11.2008, BStBl II 2009, 382, hat der BFH zwar offen gelassen, ob seine Rechtsprechung zu dem Zuflusszeitpunkt von Arbeitslohn bei Optionsrechten auch gilt, wenn der Arbeitgeber nicht die Funktion eines Stillhalters innehat, er demzufolge nicht als Optionsgeber eigene Aktien bei Umwandlung überträgt, sondern sich am Markt Optionsrechte gegenüber einem Dritten verschafft hat. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist dieser Umstand jedoch auch heranzuziehen für die Bestimmung des Bezugszeitpunktes eines geldwerten Vorteils bzw. für die Frage, auf welchen Zeitpunkt ein Vorteil überhaupt noch durch das Arbeitsverhältnis vermittelt werden und zu Arbeitslohn führen kann. Denn hier erhält der Kläger nicht lediglich eine steuerlich unerhebliche Chance, nämlich ein Versprechen seiner Arbeitgebers, ihm zu einem späteren Zeitpunkt, bei Verbleib des Arbeitnehmers in dem jeweiligen Unternehmen, eigene Aktien verbilligt zu überlassen, sondern einen unentziehbaren Anspruch gegenüber einem Dritten, der F-Bank. Diese Rechtsbeziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten und die aus ihr hervorgehenden Ergebnisse werden nicht mehr durch das Arbeitsverhältnis vermittelt und stellen sich mithin nicht als Frucht der individuellen Arbeitsleistung dar (so auch Schmidt, DStR 2009, 1986, 1989; Portner, DStR 2010, 1316 ff.)
72Der Erlös aus dem Verkauf der Papiere ist nach alldem der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre des Klägers zuzuordnen. Der von dem Kläger verwirklichte Veräußerungsvorgang ist unter den Tatbestand der privaten Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) zu subsumieren, jedoch wegen Ablaufs der dort normierten einjährigen Veräußerungsfrist nicht steuerbar.
733.
74Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer 2005 wird dem Beklagten aufgegeben (§ 100 Abs. 2 S. 2 FGO), da die Ermittlung der festzusetzenden Steuer einen nicht unerheblichen Aufwand für das Gericht bedeuten würde.
75II.
76Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
77Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.