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Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2004 vom 22.07.2009 und der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2011 wird die Einkommensteuer unter der Maßgabe herabgesetzt, dass beim Kläger ein Gewinn nach § 17 EStG in Höhe von 527.714,40 € und bei der Klägerin ein Gewinn nach § 17 EStG in Höhe von 49.485,59 € angesetzt wird. Die Berechnung der Einkommensteuer 2004 wird dem Beklagten auferlegt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 90 v.H. und der Beklagte zu 10 v.H.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – ändern durfte sowie ob und inwieweit durch die Veräußerung der Geschäftsanteile durch die Klägerin an die A GmbH der Tatbestand der mittelbar verdeckten Einlage nach § 17 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG – beim Kläger erfüllt ist.
3Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie gründeten am ... August 1999 die A GmbH, HRB 1 des Amtsgerichts B (kurz: GmbH). Gesellschafter der GmbH waren zunächst der Kläger mit zwei Geschäftsanteilen im Nennwert von 6.750 € und 6.250 €, insgesamt 13.000 € (= Anteil von 52 %) und dessen Ehefrau, die Klägerin, mit einem Geschäftsanteil im Nennwert von 12.000 € (= Anteil von 48 %). Gegenstand des Unternehmens war die .... Nach § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags war die Abtretung, Belastung und Verpfändung eines Geschäftsanteils zu ihrer Wirksamkeit von der Zustimmung der Gesellschaft und der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 80 % der Stimmen abhängig. Geschäftsführer der GmbH waren der Kläger und die Klägerin. Nur der Kläger erzielte aus dieser Tätigkeit Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (2002: ~ 113.000 €; 2003:~ 145.000 €; 2004: ~ 153.000 €; 2005: ~ 154.000 €; 2006: ~ 161.000 €).
4Das körperschaftsteuerliche Einkommen der GmbH betrug ausweislich der Schenkungsteuerakte des Finanzamtes B1 in 2001 262.135 €, in 2002 467.183 € und in 2003 255.838 €.
5Mit Übertragungsvertrag vom .... März 2004 (UR.Nr. 2 des Notars D aus E) übertrug die Klägerin ihren Geschäftsanteil an der GmbH auf die GmbH selbst. Den hierfür vereinbarten Kaufpreis von 100.000 € überließ sie der GmbH darlehensweise (vgl. § 3 des Vertrags). Die nach § 10 des Gesellschaftsvertrages erforderliche Zustimmung zur Übertragung wurde im Vertrag erteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in der Schenkungsteuerakte befindlichen notariellen Übertragungsvertrag vom ... März 2004 verwiesen.
6Die GmbH wies diese Anteile in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 als Umlaufvermögen aus und bildete zu Lasten des Gewinnvortrags gemäß § 272 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine Kapitalrücklage in Höhe von 100.000 €.
7Mit der per ELSTER am 22. Februar 2006 (Posteingang beim seinerzeit zuständigen Finanzamt E) übermittelten Einkommensteuererklärung 2004 legten die Kläger den notariellen Übertragungsvertrag vor. Das Anschreiben ist vom Prozessbevollmächtigten verfasst, welcher ausweislich des Mantelbogens seinerzeit bei Erstellung der Steuererklärung mitgewirkt hatte. Die Kläger berechneten in einer Anlage zur Einkommensteuererklärung einen Veräußerungsgewinn für die Klägerin nach § 17 EStG vor Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 88.000 € (100.000 € ./. 12.000 €) und erklärten diesen, wohl versehentlich technisch fehlerhaft, als Veräußerungsgewinn des Klägers. Die Anlage führt an, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Gewerbeimmobilie G-Straße und der Vermietung an die GmbH mit Notarvertrag vom ... März 2004 Anteile im Nominalbetrag von 12.000 € an die Gesellschaft für 100.000 € veräußert hat und die GmbH nunmehr „eigene“ Anteile hält. Wegen weiterer Einzelheiten werde auf den beigefügten Notarvertrag verwiesen. Die veräußerten Anteile seien zu 100 % eingezahlt worden, sonstige Anschaffungskosten lägen nicht vor. Damit errechne sich insgesamt ein Veräußerungsgewinn von 88.000 €, welcher dem Halbeinkünfteverfahren unterliege. Angaben zur Ermittlung des Kaufpreises oder zu eineretwaigen teilentgeltlichen Übertragung enthalten die Ausführungen nicht. Wegen der genauen Formulierungen und weiterer Einzelheiten wird auf die in den Einkommensteuerakten befindliche Anlage zur Einkommensteuererklärung 2004 verwiesen. Im Datenübermittlungsbogen auf Seite 3 von 9 vermerkte ein Mitarbeiter der Finanzverwaltung zum Wert von 44.000 € (= nach Halbeinkünfteverfahren): „HEV richtig => Anteile vor Vermietung Grst zu GmbH verkauft => deshalb keine andere Auswirkung wenn [unleserliches Wort] Betriebsaufspaltung festgestellt“.
8Bei der maschinellen Veranlagung wurde der „Vorprüfhinweis (VPH) 3995“ wegen „begünstigenden Betriebsveräußerungen in den Kennzahlen ...“ angezeigt. Der Hinweis macht eine Reihe von Prüfungsvorschlägen, u.a. „verdeckte Einlage (z. B. Firmenwert)“ und führt als Zuständigkeit „Sachgebietsleiter aus“. Der Hinweis enthält einen handschriftlichen Vermerk: „Geprüft. K“.
9Mit Bescheid vom 19. Mai 2006 veranlagte der zwischenzeitlich örtlich zuständig gewordene Beklagte die Kläger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und erfasste den Veräußerungsgewinn in Höhe von 44.000 € nach Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens erklärungsgemäß beim Kläger.
10Den Erstbescheid änderte der Beklagte am 3. Juli 2006 aus nicht streitgegenständlichen Gründen (Abschreibung bei Vermietung und Verpachtung) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Wegen der weiten Einzelheiten wird auf die Einkommensteuerakte verwiesen.
11Sodann führte das damals für die Besteuerung der GmbH zuständige Finanzamt B2 bei dieser und (im Auftrag des Beklagten) beim Kläger ab dem 13. Oktober 2008 eine steuerliche Außenprüfung durch. Die Betriebsprüferin vertrat nach Überprüfung der Kapitalkonten der GmbH die Auffassung, dass es sich hinsichtlich der Übertragung der eigenen Geschäftsanteile auf die GmbH um eine teilentgeltliche Übertragung gehandelt habe, da der vereinbarte Kaufpreis von 100.000 € nicht dem tatsächlichen Wert der Anteile entspreche. Dieser habe nach einer in Auftrag gegebenen Unternehmensbewertung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B 1.296.000 € (= 48 % von 2.700.000 €) betragen. Verfahrensrechtlich vertrat man die Auffassung, eine Änderung sei nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO möglich, weil dem Finanzamt E seinerzeit nur die Übertragung des Anteils bekannt gewesen sei, die vom Steuerberater selbst angeführte Wertsteigerung des eingesetzten Kapital von 12.000 € auf 100.000 € aber nicht zwingend zu einem weiteren Ermittlungsbedarf geführt habe. Der Steuerberater habe seinerzeit den Sachverhalt entsprechend erklärt und schlüssig geschildert, es habe kein Grund bestanden, daran zu zweifeln. Die später festgestellte Werterhöhung stelle eine Tatsache dar, bei der keine Verletzung der Ermittlungspflicht einer Änderung entgegenstünde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bp-Akten und den Bericht vom 7. Januar 2009 verwiesen.
12Der Beklagte zog hieraus für den verbliebenen Gesellschafter, den Kläger, die Folgerung, dass dieser einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG im Wege einer mittelbar verdeckten Einlage erzielt habe.
13Daraufhin änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2004 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO am 22. Juli 2009 und erfasste sowohl beim Kläger einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 592.462 € und als auch bei der Klägerin in Höhe von 49.537 €. Die Veräußerungsgewinne berechneten sich wie folgt:
14Kläger:
1548 % v. 2.700.000 € = |
1.296.000,00 € |
(gemeiner Wert) |
./. Kaufpreis |
100.000,00 € |
|
./. anteilige Anschaffungskosten |
11.074,07 € |
(= 1.196/1.296) |
= Veräußerungsgewinn |
1.184.925,93 € |
|
x 50 % § 3 Nr. 40 EStG |
592.462,00 € |
Klägerin:
17Kaufpreis |
100.000,00 € |
|
./. anteilige Anschaffungskosten |
925,93 € |
(= 100/1.296) |
= Veräußerungsgewinn |
99.074,07 € |
|
x 50 % nach § 3 Nr. 40 EStG |
49.537,00 € |
Der Kläger veräußerte seine GmbH-Anteile in den Jahren 2010 und 2012. Der Veräußerungspreis für 40 % der Anteile betrug 2010 1.225.511 € (100 % = 3.063.777 €). Der Beklagte berücksichtigte in seinen geänderten Einkommensteuerbescheiden für 2010 und 2012, jeweils datierend vom 16. Juni 2015, nach Hinweis der seinerzeit zuständigen Berichterstatterin, den Veräußerungsgewinn des Klägers mindernde Anschaffungskosten i.H.v. 1.066.400 € (= 2.700.000 Unternehmenswert vorläufig, abzüglich 10 % Bewertungsabschlag, x 48%-Anteil Ehefrau, abzüglich 100.000 € von GmbH gezahlter Kaufpreis).
19Gegen den Einkommensteueränderungsbescheid für 2004 legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Die Kläger wendeten sich gegen die Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und rügten insbesondere die Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Beklagten nach § 88 AO. Zudem stelle die Bewertung des Unternehmens keine Tatsache i.S.d. § 173 AO dar, sondern sei lediglich die Schlussfolgerung aus wertbegründenden Eigenschaften. Der Veräußerungsvorgang selbst sei dem Beklagten von Beginn des Veranlagungsverfahrens bekannt gewesen. Der Beklagte trage die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 173 AO.
20Darüber hinaus lägen – so der damalige, mittlerweile überholte Vortrag der Kläger – die Voraussetzungen für eine verdeckte Einlage nicht vor. Ausgangspunkt für die Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG sei eine Entscheidung des BFH gewesen, in der ein Steuerpflichtiger Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft – an der er auch beteiligt war – übertragen habe, ohne dass der Anteilseigner hierfür neue Gesellschaftsanteile oder eine angemessene Vergütung erhalten hätte. Da die Klägerin nach der Übertragung der Anteile an die GmbH an dieser nicht mehr beteiligt gewesen sei, könne in ihrer Person schon keine Einlage erfolgen. Im Übrigen wird auf den Schriftverkehr im Einspruchsverfahren verwiesen.
21Schließlich sei die Unternehmensbewertung fehlerhaft. Zu berücksichtigen sei, dass die Geschäftsführervergütungen der Jahre 2001 bis 2003 lediglich zusammen 183.585 € betragen hätten, was weit unter dem Durchschnitt gelegen hätte. Unzutreffend sei auch die Behandlung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (Wertpapiere). Die Kläger ermittelten folgende Unternehmenswerte 1.352.000 € (Schreiben vom 7. August 2009), 807.000 € (Schreiben vom 23. August 2011), 1.319.000 € und 985.000 € (Schreiben vom 2. Dezember 2011 – Stuttgarter Verfahren), 300.000 € (Kompromissvorschlag im Schreiben vom 2. Dezember 2011).
22Der Beklagte gewährte die Aussetzung der Vollziehung mit Verfügung vom 15. September 2009 und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2011 als unbegründet zurück. Der Einkommensteuerbescheid 2004 könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden, da die tatsächlichen Wertverhältnisse der übertragenen Anteile erst im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden seien, so dass die Tatsache der verbilligten Anteilsübertragung nachträglich bekannt geworden sei. Auch habe der Beklagte nicht gegen den Untersuchungsgrundsatz des § 88 AO verstoßen, da er nicht ins Blaue hinein ermitteln dürfe. Zunächst habe kein Zweifel am Kaufpreis bestanden, da der Wert der Anteil von 1999 bis 2004 um das 8,3-fache gestiegen sei. Einen Anlass zu Zweifeln hätte der Beklagte zum Zeitpunkt der Veranlagung nicht gehabt. Zudem hätte der Beklagte auch keine Unternehmensbewertung der GmbH vornehmen können, da er lediglich für die Einkommensteuer der Kläger zuständig gewesen sei. Materiell sei eine mittelbar verdeckte Einlage beim Kläger anzunehmen, da der im Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung auf Ebene der GmbH entstehende Ertrag in Höhe der Differenz zwischen gemeinen Wert der Anteile und tatsächlichem Kaufpreis gesellschaftsrechtlich veranlasst gewesen sei. Da der Kläger durch diese Vermögensverschiebung über seine Beteiligung an der GmbH mittelbar begünstigt werde, sei die verdeckte Einlage ihm zuzurechnen. Der Gewinn könne in vollem Umfang an den Kläger ausgeschüttet werden, da nur er im Rahmen der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt sei. Im Übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
23Hiergegen haben die Kläger am 24. August 2011 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie zunächst im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren vertieften.
24Der Beklagte tritt der Klage entgegen. Er nimmt zur Begründung Bezug auf seine Einspruchsentscheidung. Zum Wert des Unternehmens erklärt er im Rahmen einer fachprüferlichen Stellungnahme vom 12. März 2012 (s. Bl. 55 ff. d. FG-Akten), dass er bei der Ermittlung des Unternehmenswertes von einem nachhaltigen Durchschnittsertrag der GmbH von 199.000 € nach Abzug einer durchschnittlichen Geschäftsführervergütung von 183.000 € ausgegangen sei. Zudem sei den Besonderheiten des Unternehmens durch die Erhöhung des Risikozuschlags um 100 % Rechnung getragen worden und nicht durch die Reduzierung des Durchschnittsertrags. Diese Erhöhung des Risikozuschlags entspreche einer Verringerung des Durchschnittsertrags um 54.000 €, so dass von einberechneten Geschäftsführervergütungen in Höhe von 237.000 € ausgegangen werden könne. Die Hinzurechnung der als nicht betriebsnotwendiges Vermögen qualifizierten Wertpapiere sei methodengerecht. Die GmbH habe einen Wertpapierbestand im Anlagevermögen zum 31. Dezember 2001 von 90.000 € ausgewiesen. Zum 31. Dezember 2003 habe dieser 440.000 € betragen. Sie habe über einzugsbedingte Liquidität in Höhe von über 600.000 € und Forderungen gegen Gesellschafter von 143.000 € verfügt. Daher sei die Annahme gerechtfertigt, dass dieses Vermögen dem Unternehmen entzogen werden könne, ohne dessen operative Tätigkeit zu beeinträchtigen.
25Der Beklagte hat zwischenzeitlich vorgeschlagen, zur Abgeltung etwaiger Unsicherheiten bei der Unternehmensbewertung einen Abschlag von 10 % vorzunehmen, so dass sich der Unternehmenswert auf 2.430.000 € (48 % = 1.166.400 €) belaufen würde (s. Bl. 132 Rückseite d. FG-Akte). Später ist er von diesem Vorschlag wieder abgerückt.
26Am 5. Oktober 2015 hat die seinerzeit zuständige Berichterstatterin einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Auf das Protokoll wird im Einzelnen Bezug genommen. Mit Beschluss vom 2. November 2015 ist mit Zustimmung der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des von den Klägern in derselben Sache geführten schenkungsteuerlichen Verfahrens beim BFH, Aktenzeichen II R 40/14, angeordnet worden. Der BFH hat mit Urteil vom 20. Januar 2016 die Revision des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen und den Fall nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage für nicht schenkungsteuerbar eingestuft. Zur einkommensteuerrechtlichen Würdigung hat der BFH ausgeführt, es liege nach der im Streitjahr 2004 maßgeblichen Rechtslage (vor Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes) eine verdeckte Einlage i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG vor (Rn. 18-20 der in Juris abgedruckten Entscheidungsgründe). Die verdeckte Einlage sei durch den Ehemann und nicht die Ehefrau in die GmbH (Klägerin des BFH-Verfahrens II R 40/14) erfolgt, weil die Ehefrau von der GmbH keine wertadäquate Gegenleistung erhalten habe. Die Ehefrau (im BFH-Urteil: A) habe dem Ehemann (im BFH-Urteil: C) nahe gestanden, der Ehemann habe zudem nach dem Gesellschaftsvertrag der Veräußerung des Geschäftsanteils von der Ehefrau an die GmbH zugestimmt. Dies rechtfertige es, dem Ehemann die verdeckte Einlage zuzurechnen (Rn. 23 der in Juris abgedruckten Entscheidungsgründe).
27Im Anschluss an die Wiederaufnahme des Verfahrens trugen die Kläger vor, es sei für sie – ebenso wie für den Beklagten – als Konsequenz der BFH-Entscheidung vom 20. Januar 2016 nunmehr unstreitig, dass es sich um eine verdeckte Einlage handele und diese auch dem Kläger zuzurechnen sei.
28Vorrangig bleibe jedoch maßgeblich, dass aus Sicht der Kläger – wie bereits dargelegt – die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Änderung nach § 173 AO nicht vorlägen. Die Bewertungsfrage sei nachrangig und habe wegen der in 2010/2012 erfolgten Veräußerung letztlich nur Zinseffekte (frühere oder spätere Versteuerung des letztlich erzielten Veräußerungsgewinns).
29Nach einem terminierten und anschließend aufgehobenen Termin zur mündlichen Verhandlung erließ der erkennende Senat unter dem 13. Juli 2016 einen Gerichtsbescheid, in welchem die Klage weitgehend abgewiesen worden war. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind bejaht worden, als Unternehmenswert ist – korrespondierend zu der Besteuerung bei der Veräußerung in 2010/2012 – ein Unternehmenswert von 2.700.000 € und ein Bewertungsabschlag von 10 % (Unternehmenswert neu: 2.430.000 €) angesetzt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid (Bl. 244 ff. der FG-Akte) verwiesen.
30Nach einem Wechsel des Berichterstatters haben die Kläger gegen den Gerichtsbescheid mündliche Verhandlung beantragt und in der Folgezeit als Reaktion auf den Gerichtsbescheid dezidiert unter Beifügung von Unterlagen vorgetragen, aus ihrer Sicht spreche eine Gesamtwürdigung des Sachverhalts für eine erhebliche Ermittlungspflichtverletzung des Beklagten. Der Jahresabschluss 2001 der in 1999 gegründeten Gesellschaft sei erst im Februar 2003 fertig gestellt worden. Ende 2003 habe der Abschluss 2002 noch nicht vorgelegen, man habe sich seinerzeit entschlossen, eine Gewerbeimmobilie zu erwerben. Es sei eine Vermietung durch die Klägerin (= Ehefrau) an die GmbH ab dem 1. April 2004 beabsichtigt gewesen und dann auch erfolgt. Zur Vermeidung einer Betriebsaufspaltung (hier: der personellen Verflechtung) sei zugleich aber auch die Veräußerung der GmbH-Anteile der Ehefrau erforderlich gewesen. Man habe seinerzeit im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung 2003 gegenüber dem zuständigen Sachbearbeiter beim seinerzeit zuständigen Finanzamt E, Herrn Q, die Abläufe geschildert und im Rahmen eines am 2. März 2004 mit Herrn Q geführten Telefonats auch angegeben, dass eine Kaufpreisfindung noch vorgenommen werden müsse und diese nicht so einfach sein werde, da eben die Ausgangsdaten und die Zukunftsprognosen dieses jungen Unternehmens nicht einfach zu ermitteln seien. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger habe seinerzeit davon ausgehen können und müssen, dass Herr Q hierüber einen entsprechenden Aktenvermerk erstellt habe. Im Rahmen eines Schreibens vom 4. März 2004 (vorgelegt; siehe Bl. 277 der FG-Akte) habe man darum gebeten, das Schreiben aus grundsätzlichen Erwägungen auch an die Einkommensteuerstelle unter einer genau benannten Steuernummer weiterzuleiten. Der gesamte Sachverhalt sei im Sommer 2004 dann nochmals ausführlich mit der Umsatzsteuerstelle und der Umsatzsteuersachgebietsleiterin besprochen worden, stets habe man um eine Weiterleitung an die Einkommensteuerstelle gebeten.
31Dies zeige, dass dem Finanzamt E und dann auch dem zuständig gewordenen Beklagten bekannt war bzw. bekannt sein musste, dass nicht nur eine Übertragung der Anteile an die Gesellschaft als eigene Anteile erfolgt sei, sondern sich auch Bewertungsfragen stellten. Vor diesem Hintergrund seien auch die Ausführungen erklärlich, dass im Januar 2005 (siehe Bp-Anordnung, Bl. 279 der FG-Akte), d.h. nach Übertragung der Anteile und noch vor Einreichung der Einkommensteuererklärung 2004, bei der GmbH eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 angeordnet worden sei. Hierzu passe auch, dass im Betriebsprüfungsbericht vom 7. Januar 2009 ausgeführt werde, dass dem Beklagten bei der Veranlagung 2004 eine Kontrollmitteilung vorgelegen habe.
32Vor Abgabe der Steuererklärung 2004 hätten dann weitere Kontakte mit Mitarbeitern des Finanzamts E bestanden. Im Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer 2003 habe man mitgeteilt (siehe vorgelegtes Schreiben vom 26. August 2005, Bl. 282 der FG-Akte), dass eine Bp der GmbH durch das Finanzamt B2 angeordnet worden sei und dass man im Rahmen einer Bp auch Diskussionen über Leistungsvergütungen jedweder Art an die Gesellschafter und bzgl. möglicher verdeckter Gewinnausschüttungen geführt habe, die unter Umständen zu einer anderen rechtlichen Einstufung von Einkünften bei dem Gesellschafter führten; man habe deshalb die Fertigstellung der Einkommensteuererklärung 2003 zurückgestellt. In diesem Zusammenhang sei auch auf ein Schreiben vom 18. August 2005 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten und genauen zeitlichen Abläufe wird auf das Schreiben des Bevollmächtigten vom 22. August 2016 nebst Anlagen (Bl. 266 ff. der FG-Akte), insbesondere auf die Tabelle (zeitliche Abfolge der Ereignisse) in Bl. 285 der FG-Akte, verwiesen.
33Die Kläger sind zusammengefasst der Ansicht, man habe die eigenen Mitwirkungspflichten erfüllt und es wäre dem Beklagten durch die zeitlichen Abläufe, Kontrollmitteilungen und vielfältigen telefonischen und schriftlichen Hinweise „ein Leichtes“ gewesen, einen Vorbehalt nach § 164 AO oder eine Vorläufigkeit nach § 165 AO aufzunehmen. Es stelle sich als eine gravierende Pflichtverletzung dar, dass der Beklagte dies nicht getan habe, möglicherweise auch vor dem Hintergrund, die ihm vom Finanzamt E weitergeleiteten Unterlagen „schnell abzuarbeiten“. Eine Finanzbehörde, die so vorgehe, könne sich später nicht auf § 173 AO berufen.
34Die Kläger beantragen,
35den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 22. Juli 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2011 aufzuheben,
36hilfsweise, die Revision zuzulassen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Er hat auf die nach Erlass des Gerichtsbescheids von den Klägern erhobenen Einwendungen erwidert, er halte eine Änderung nach § 173 AO weiterhin für zulässig. Er – der Beklagte – sei im März 2006 für den Steuerfall zuständig geworden. Anhand des Akteninhalts seien ihm seinerzeit keine Anzeichen bekannt geworden, die den Wert des erklärten Veräußerungsgewinns in Frage hätten stellen können. Die Kläger selbst hätten in der Einkommensteuererklärung auch keinen Hinweis angebracht, dass die Höhe des Veräußerungsgewinns unsicher sei. Eventuelle Kenntnisse des Finanzamts E, die im Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteuerbescheids 2004 vom 19. Mai 2006 nicht aktenkundig waren, müsse er sich nicht zurechnen lassen.
40Die Kläger sind hierzu unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumentation der Ansicht, dem Beklagte gelinge es im Rahmen der ihm obliegenden Beweislast nicht, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 AO nachzuweisen. Nach der BFH-Rechtsprechung müsse er sich auch die Kenntnisse des vormals zuständigen Finanzamtes E zurechnen lassen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist teilweise begründet.
43Zu Recht hat der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert (hierzu 1.). Dem Grunde nach liegen auch ein der Klägerin zuzurechnender Veräußerungsgewinn (in Höhe des entgeltlichen Teils) und eine dem Kläger zuzurechnende verdeckte Einlage (in Höhe des unentgeltlichen Teils) vor (hierzu 2.). Bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns und der verdeckten Einlage ist jedoch ein um 10 % verminderten Unternehmenswert anzusetzen, wodurch der angefochtene Bescheid insoweit rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (hierzu 3.).
441. Der Bescheid durfte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.
45Steuerbescheide sind nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
46a. Es liegen steuererhöhende Tatsachen vor.
47Tatsachen sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein können. Dabei kann es sich um Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art handeln (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BStBl II 2004, 911). Dazu gehören auch subjektive Tatbestandsmerkmale, wie beispielsweise der von den Vertragsparteien einverständlich bestimmte Vertragszweck (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BStBl II 1989, 585). Bloße Schlussfolgerungen, rechtliche Würdigungen und Bewertungen, Rechtsansichten und juristische Subsumtionen sind hingegen keine Tatsachen im Sinne des § 173 AO (vgl. BFH-Urteil vom 14. Januar 1998 II R 9/97, BStBl II 1998, 371 und vom 8. Juli 2015 VI R 51/14, BFH/NV 2015, 1609). Der Wert als Ergebnis von Schlussfolgerungen, Würdigungen und Bewertungen kann deshalb keine Tatsache sein, die ihm zugrundeliegenden Tatsachen hingegen schon (vgl. zu einem ähnlichen Fall im Ergebnis BFH-Beschluss vom 26. Juni 2014 VI R 94/13, BStBl II 2014, 864: „Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der verbilligte Erwerb von GmbH-Anteilen eine Tatsache i.S. des § 173 AO sein kann.“).
48Im Streitfall stellen nicht alleine die Übertragung der GmbH-Anteile und der gezahlte Kaufpreis Tatsachen dar. Vielmehr sind auch die zu der Übertragung der GmbH-Anteile führenden Vorgänge und damit im Zusammenhang stehenden Elemente einzelne Tatsachen bzw. Sachverhaltsbestandteile. Zu diesen Sachverhaltsbestandteilen gehören im Streitfall insbesondere die den Wert der GmbH beeinflussenden Umstände (z.B. Umsätze der letzten Jahre, Gewinne der letzten Jahre, sonstige wertbeeinflussenden Bilanzposten, Kundenstamm, Solvenz der Kunden). Erst aus der Summe dieser Tatsachen kann der Wert der GmbH-Anteile im Zeitpunkt der Übertragung als (rechnerische) Schlussfolgerung ermittelt werden. Das Ergebnis der Unternehmensbewertung ist letztlich nur ein nach mathematischen Grundsätzen ermitteltes Ergebnis dieser Einzeltatsachen.
49b. Die vorgenannten Tatsachen sind dem Beklagten nachträglich i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt geworden.
50Eine Tatsache ist dem Finanzamt dann im Sinne dieser Vorschrift bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat (vgl. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 173 AO Rn. 174 m.w.N.). Sie wird nachträglich bekannt, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides, d.h. bei abschließender Zeichnung des entsprechenden Eingabewertbogens (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552) noch nicht kannte. Eine Tatsache gilt allerdings dann nicht als "neu", wenn sie dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht (vgl. § 88 AO) nicht verborgen geblieben wäre, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat (vgl. BFH-Urteile vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552; vom 13. November 1985 II R 208/82, BStBl II 1986, 241). Bekannt ist der zuständigen Dienststelle der Inhalt der dort geführten Akten, ohne dass insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters abzustellen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11. Februar 1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552 und vom 5. Dezember 2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588). Hierbei kommt es auf den Wissensstand und damit den Aktenbestand der zur Bearbeitung des Steuerfalles berufenen Dienststelle an (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 2003 XI R 8/03, BStBl 2003, 803).
51Die zuständige Dienststelle des Beklagten (Veranlagungsstelle) wusste bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung im Juli 2006, welcher gem. § 164 Abs. 3 Satz 2 AO einer (endgültigen) Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht und den maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 173 AO darstellt, lediglich, dass die Klägerin ihre GmbH-Anteile zum Kaufpreis von 100.000 € an die GmbH veräußert hatte. Die von den Klägern in der Einkommensteuererklärung nebst Anlage und vorgelegten Notarvertrag gemachten Angaben wiesen nicht auf die den Wert der GmbH-Anteile beeinflussten Sachverhaltsbestandteile wie Umsätze, Gewinne, sonstige Bilanzposten, hin. Der Vertrag oder die anderen Ausführungen der Kläger und ihres Prozessbevollmächtigten zur damaligen Zeit wiesen ebenso nicht auf die vorgenannten Umstände hin.
52Soweit die Klägerseite nach Erlass des Gerichtsbescheids sehr dezidiert die genauen zeitlichen Abläufe und verschiedene telefonische oder schriftliche Andeutungen schildert wird hiermit nach Auffassung des Senats auch aus Klägersicht nicht behauptet, dass die zuständige Stelle, d.h. die Veranlagungsstelle des Beklagten, bei Freigabe der Steuererklärung bzw. hier bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eine positive Kenntnis von den wertbegründenden Umständen hatte. Auch wenn man alle auch mit der Umsatzsteuerstelle geschilderten Schriftwechsel und Telefonate als wahr unterstellt, lässt dies nicht auf eine positive Tatsachenkenntnis der Veranlagungsstelle des Beklagten schließen. Die früheren Aussagen des Prozessbevollmächtigten gegenüber Herrn Q und der Umsatzsteuersachgebietsleiterin waren letztlich nur so zu verstehen, dass eine schwierige Wertfindung im Vorfeld des Vertrags angedeutet worden war. Mit dem von den Klägern gewählten Kaufpreis von 100.000 € waren diese Schwierigkeiten jedoch anscheinend insoweit geklärt, als ein Wert gefunden werden konnte.
53Die letztlich zur Steuererhöhung führenden Tatsachen, nämlich der selbst nach Klägerangaben ganz erhebliche (ein Vielfaches des Kaufpreises betragene) Wertunterschied zwischen Kaufpreis und Unternehmenswert, sind der Veranlagungsstelle indes erst nach der Betriebsprüfung bei der GmbH durch das Finanzamt B2 durch den Betriebsprüfungsbericht vom 7. Januar 2009 und damit nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens für die Einkommensteuerveranlagung 2004 bekannt geworden.
54c. Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist der Beklagte auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, die ihm nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen zum Anlass einer Änderung zu nehmen. Eine im Streitfall durchgreifende Verletzung der finanzbehördlichen Ermittlungspflicht liegt nicht vor.
55Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben wird hergeleitet, dass die Finanzbehörde gehindert ist, nachträglich bekannt gewordene Tatsachen zum Anlass einer Änderung zu nehmen, wenn sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht gem. § 88 AO vor dem maßgeblichen Zeitpunkt die Tatsachen hätte feststellen können, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht genügt hat (vgl. zum Ganzen v. Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 173 AO Rn. 66 ff., m.w.N.). Folglich kann sich ein Steuerpflichtiger nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn er einen steuerlich bedeutsamen Sachverhalt in der Steuererklärung nicht richtig, vollständig und deutlich dargestellt hat und damit seiner Mitwirkungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 19. Februar 2013 IX R 24/12, BStBl II 2013, 484). Sofern sowohl der Steuerpflichtige Mitwirkungspflichten, als auch die Finanzbehörde Ermittlungspflichten verletzt hat, ist eine vom Finanzgericht als Tatgericht nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Pflichtverstöße vorzunehmen; eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO scheidet in solchen Fällen nur dann aus, wenn der finanzbehördliche Verstoß gegen die Ermittlungspflicht den Verstoß des Steuerpflichtigen gegen seine Mitwirkungspflicht deutlich überwiegt (vgl. nur BFH-Beschlüsse vom 8. November 2011 X B 55/11, BFH/NV 2012, 169; vom 14. Mai 2013 X B 33/13 BStBl II 2013, 997; BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502; jeweils m.w.N.; zur grundsätzlich nicht revisiblen Tatsachenwürdigung vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 49/09, BFH/NV 2012, 692).
56Während die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich die Finanzbehörde trägt, gilt dies jedoch nicht für die Feststellungslast für die Verletzung der Ermittlungspflicht. Diese trifft den Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Juni 2015 VI R 84/13, BFH/NV 2015, 1342, m.w.N.).
57Der Senat kommt im Streitfall nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu dem Ergebnis, dass eine die Mitwirkungspflichtverletzung der Kläger überwiegende Verletzung der behördlichen Ermittlungspflicht nicht vorliegt.
58Im Streitfall ist, wie zuvor bereits geschildert, zunächst eine Mitwirkungspflichtverletzung der Kläger festzustellen. Die Kläger hätten bei einem Sachverhalt, welcher durch zahlreiche Besonderheiten gekennzeichnet ist (Erwerb von GmbH-Anteilen durch die GmbH selbst; Näheverhältnis zwischen den Ehegatten; Schwierigkeiten der Wertermittlung der GmbH-Anteile; etc.), im Veranlagungsverfahren wesentlich detailliertere Angaben zum Sachverhalt und zur Wertermittlung machen müssen, um ihrer Mitwirkungspflicht voll zu genügen. Stattdessen haben sie der Finanzbehörde einen „Rumpf-Sachverhalt“ vorgetragen und hierbei keine deutlichen Anhaltspunkte dafür gesetzt, dass der – möglicherweise nach einer zuvor angedeuteten „schwierigen Wertfindung“ – gewählte Kaufpreis von 100.000 € nicht dem gemeinen Wert der Anteile entsprach. Die im Veranlagungsverfahren und auch zuvor gemachten Angaben einschließlich des vorgelegten Vertrags enthielten keine deutlichen Anhaltspunkte für eine Teilentgeltlichkeit.
59Im Gegenzug stellte sich der Sachverhalt für den Beklagten bei der Veranlagung dergestalt dar, dass der Kaufpreis (100.000 €) nach einem ca. fünfjährigen Bestehen der GmbH bereits das 8,3-fache der Anschaffungskosten der Anteile der Klägerin (12.000 €) betrug und sich damit bereits ein erheblicher Veräußerungsgewinn (vor Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens: 88.000 €) realisierte. Es erscheint dem Senat deshalb jedenfalls nicht als durchgreifende Verletzung der Ermittlungspflicht, dass der Beklagte trotz des maschinell angezeigten Vorprüfhinweises (VPH 3995) und anderer Anhaltspunkte für gesellschaftsrechtliche Veranlassungen von einer weitergehenden Prüfung absah und die Kläger im Ergebnis zunächst antragsgemäß veranlagte.
60Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass die Verfahrenssteuerung auf Seiten des Beklagten nicht optimal verlaufen ist und der Beklagte bei kritischer Würdigung aller Umstände im Veranlagungszeitpunkt (bzw. im Zeitpunkt der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung) besser beraten gewesen wäre, den Vorbehalt der Nachprüfung bestehen zu lassen und den Einkommensteuerfall gemeinsam mit der bei einer anderen Finanzbehörde befindlichen Zuständigkeit für die Besteuerung der GmbH für eine Betriebsprüfung zu melden. Derartige Überlegungen sind jedoch im Rahmen der hier gebotenen Abwägung von Pflichtverstößen nicht durchgreifend, da nach Überzeugung des Senats die finanzbehördlichen Versäumnisse gegenüber den klägerischen Mitwirkungspflichtverletzungen zurücktreten.
61Gegen eine Berufung der Kläger auf Treu und Glauben spricht hier insbesondere, dass die Kläger es unterlassen haben, dem Beklagten im Veranlagungsverfahren detailliertere Angaben zur Ermittlung des Kaufpreises zu machen. Die Kläger hätten die Möglichkeit gehabt, durch dezidierte Darlegung der steuerlichen Verhältnisse der GmbH und der Parameter für eine Unternehmensbewertung die den Kaufpreis begründenden Tatsachen darzulegen und sich dadurch vor einer späteren Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu schützen.
622. Zu Recht nimmt der Beklagte bei der Klägerin (Ehefrau) eine zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit stehende Veräußerung gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG und beim Kläger (Ehemann) eine mittelbar verdeckte Einlage i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG an.
63Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG steht die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitelgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft der Veräußerung der Anteile gleich. Voraussetzung ist, dass der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war. Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zählen nach Satz 3 der Vorschrift u.a. Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dabei tritt an die Stelle des Veräußerungspreises nach § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG der gemeine Wert der Anteile. Diese Vorschriften wurden durch Art. 1 Nr. 17 des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297) in das EStG eingefügt. Der Gesetzgeber wollte damit nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drs 12/1108, Seite 59) die bis dahin bestehende Rechtslage ändern, nach der die verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung kein entgeltlicher Vorgang und damit keine Veräußerung i.S. des § 17 EStG war (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juli 1988 I R 147/83, BStBl II 1989, 271, und vom 18. Dezember 2001 VIII R 10/01, BStBl II 2002, 463, unter II.1.a; BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, unter II.2.b).
64Eine verdeckte Einlage ist – im Gegensatz zur offenen Einlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten – die Zuwendung eines einlagefähigen Vermögensvorteils seitens eines Anteilseigners oder einer ihm nahe stehenden Person an seine Kapitalgesellschaft ohne wertadäquate Gegenleistung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 2010 IX R 24/09, BStBl II 2011, 799, m.w.N.). Die Einlage hat ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den Vermögensvorteil der Gesellschaft nicht eingeräumt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 6/09, BFH/NV 2010, 397, Rz 15, m.w.N.). Bleibt ein vereinbarter Kaufpreis hinter dem Wert eines eingelegten Anteils an einer Kapitalgesellschaft zurück, liegt eine gemischte verdeckte Einlage vor (vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789).
65Die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft auf diese konnte jedenfalls nach der im Jahr 2004 geltenden Rechtslage im Wege einer verdeckten Einlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG erfolgen (vgl. zum hiesigen Streitfall bereits: BFH-Urteil vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFH/NV 2016, 848). Die Geschäftsanteile an einer GmbH gehen nicht unter, wenn sie die GmbH nach § 33 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) erwirbt, sofern der Erwerb nicht zur Einziehung (§ 34 GmbHG) erfolgt. Der von der GmbH dinglich wirksam erworbene Anteil bleibt vielmehr als selbständiges Recht erhalten, dem ein durch Veräußerung realisierbarer Vermögenswert zukommen kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 51/95, BStBl II 1998, 781, unter II.1.a; vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFH/NV 2016, 848 unter 2.c.). Die eigenen Anteile waren nach der Rechtslage im Jahr 2004 Wirtschaftsgüter im bilanzsteuerrechtlichen Sinn (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 51/95, BStBl II 1998, 781 unter II.1.a). Sie waren gemäß § 265 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 266 Abs. 2 B III. 2. HGB a.F. in der dem Anteilserwerb folgenden Bilanz als Umlaufvermögen zu aktivieren. Auf der Passivseite war nach § 266 Abs. 3 A III. 2. HGB a.F. die in § 272 Abs. 4 Satz 1 HGB a.F. vorgeschriebene Rücklage zu bilden. Diese handelsrechtlichen Vorschriften waren nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG auch für die Steuerbilanz maßgebend. Dass die durch den Beteiligungsbesitz begründeten Rechte bei eigenen Anteilen ruhen, stand dem nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 6. Dezember 1995 I R 51/95, BStBl II 1998, 781 unter II.1.a; vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFH/NV 2016, 848 unter 2.c. m.w.N.).
66Das Ruhen der durch den Beteiligungsbesitz begründeten Rechte spielt auch im Hinblick auf die Frage, ob die Gegenleistung wertadäquat ist, keine Rolle. Ob die Gegenleistung wertadäquat ist, richtet sich vielmehr nach dem Preis, der bei einer Veräußerung der Anteile im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (§ 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes) erzielbar gewesen wäre.
67Ob die Annahme einer verdeckten Einlage zwischenzeitlich aufgrund des Bilanzierungsverbots für eigene Anteile, das der durch Art. 1 Nr. 23 Buchst. b des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl I 2009, 1102) eingefügte § 272 Abs. 1a des Handelsgesetzbuchs vorsieht (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27.11.2013, BStBl I 2013, 1615, Rn. 2 Satz 2), ausgeschlossen ist, kann im Streitfall offenbleiben (so das hier den Streitfall betreffende Urteil des II. Senats zur Schenkungsteuer vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFH/NV 2016, 848).
68Die GmbH hat den Geschäftsanteil der Klägerin durch eine mittelbar verdeckte Einlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG des Klägers erworben. Die Klägerin hatte ihren Geschäftsanteil an der GmbH im Privatvermögen gehalten und die in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vorgeschriebene Mindestbeteiligung von 1 von Hundert erreicht. Sie hat für den Geschäftsanteil von der GmbH keine wertadäquate Gegenleistung erhalten. Bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte sie von der GmbH den Kaufpreis gefordert, den sie bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr hätte erzielen können. Dass sie dennoch zu einem Kaufpreis weit unter dem tatsächlichen Wert ihrer Anteile (hierzu nachfolgend unter 3.) veräußert hat, resultiert aus ihrem Näheverhältnis zum verbleibenden Gesellschafter, dem Kläger.
69Als Ehefrau stand die Klägerin dem Kläger nahe. Denn nahestehende Personen sind alle natürlichen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Diese Voraussetzung ist bei den Klägern als Eheleuten erfüllt, da bereits das auf der Eheschließung beruhende Näheverhältnis auf eine enge Bindung schließen lässt (vgl. nur jüngst BFH-Urteil vom 28. Januar 2015 VIII R 8/14, BStBl II 2015, 379 unter II.1.b., m.w.N.). Aufgrund des in § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Zustimmungsvorbehaltes hatte der Kläger zudem der Veräußerung des Geschäftsanteils der Klägerin an die GmbH zugestimmt (siehe § 5 des Übertragungsvertrags). Dies rechtfertigt es, dem Kläger, der nunmehr als alleiniger Gesellschafter verblieben ist, die verdeckte Einlage zuzurechnen. Dies überzeugt auch insoweit, als der Gesellschafter eine als verdeckte Einlage zu beurteilende Leistung an die Gesellschaft nicht selbst erbringen muss. Es genügt, wenn diese durch eine ihm nahestehende Person erbracht wird und – unabhängig von der schenkungsteuerlichen Würdigung – in der Zuwendung eines Vermögensvorteils an die Gesellschaft eine Zuwendung an den oder die Gesellschafter zu sehen ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 62/93, BStBl II 2001, 234, m.w.N.).
703. Abweichend vom bisher vom Beklagten im Einkommensteuerbescheid 2004 angesetzten Gewinn ist jedoch – insoweit übereinstimmend mit der vom Beklagten bereits in den Jahren 2010 und 2012 vorgenommenen Besteuerung und übereinstimmend mit der zwischenzeitlich vom Beklagten selbst vorgeschlagenen Wertminderung zur Abgeltung von Unsicherheiten – ein um 10 % verminderter Unternehmenswert bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns (der Klägerin) und des Einlagegewinns (des Klägers) zu berücksichtigen.
71Anstelle des Veräußerungspreises tritt bei der verdeckten Einlage i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG der gemeine Wert der Anteile (§ 17 Abs. 2 Satz 2 EStG). Der gemeine Wert bestimmt sich nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG durch den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der Beklagte hat den Wert der GmbH-Anteil durch einen Fachprüfer für Unternehmensbewertung des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B ermittelt. Dieser hat in seiner fachprüferlichen Stellungnahme vom 17. November 2008 den Ertragswert der GmbH aus dem Durchschnittsertrag der Jahre 2001 bis 2003 von 199.247 € abzüglich einer typischen Ertragsteuerbelastung und einem Kapitalisierungszins von 7,15 % ermittelt (Basiszins 5 % + Risikozuschlag 3 % + Erhöhung um 100 v.Hd. 3 % ./. Ertragsteuerbelastung 3,85 %). Zu dem ermittelten Ertragswert hat er das nicht betriebsnotwendige Vermögen im Wert von 439.723 € hinzugerechnet, so dass sich ein Unternehmenswert von ~ 2.700.000 € für die GmbH ergab.
72Der erkennende Senat hält diese vom Beklagten gewählte Bewertungsmethode für zutreffend. Das Stuttgarter Verfahren nach § 11 Abs. 2 BewG a.F. fand für ertragsteuerliche Zwecke in der Regel keine Anwendung.
73Der Senat kommt nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung zu dem Ergebnis, dass der vom Beklagten ermittelte Unternehmenswert von 2,7 Mio. € der zutreffende Ausgangspunkt der Gewinnermittlung ist. Die Kläger haben gegen die Unternehmensbewertung des Beklagten, auch zuletzt in der mündlichen Verhandlung, keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Daher kann der erkennende Senat das Parteigutachten des Beklagten seiner Entscheidung zu Grunde legen, dem er folgt.
74Die früheren, aus Sicht des Senats mittlerweile überholten wechselhaften Einlassungen und Wertermittlungen der Kläger während des Verwaltungs- und Klageverfahrens – Wertermittlung nach dem Stuttgarter Verfahren oder Korrektur der Wertansätze des Beklagten – waren lediglich pauschaler Natur. Soweit die Kläger den Ansatz der Geschäftsführervergütung rügten, entbehrte die vorgeschlagene Vergütung von 180.000 € pro Geschäftsführer (insgesamt 360.000 €) einer Tatsachenbasis. Die bei der Wertermittlung berücksichtigte Geschäftsführervergütung in Höhe von durchschnittlich 183.000 € bilden die tatsächlich gezahlten Vergütungen an den Kläger der Jahre 2002 bis 2006 ab. An die Klägerin waren keine Vergütungen gezahlt worden.
75Die im Anlagevermögen der GmbH gehaltenen Wertpapiere im Wert von rund 440.000 € konnte der Beklagte als nicht betriebsnotwendiges Betriebsvermögen behandeln und daher unternehmenswerterhöhend erfassen. Die Liquidität der GmbH war mit rund 600.000 € hinreichend gesichert. Die Kläger haben nicht substantiiert dargelegt, dass die Finanzierung der GmbH nur unter Verwendung des vorhandenen Wertpapierbestandes möglich war.
76Der Senat hält allerdings einen Sicherheitsabschlag von 10 % für sachgerecht, um Bewertungsunsicherheiten zugunsten der Kläger zu berücksichtigen. Die zur Unternehmensbewertung herangezogenen Parameter unterlagen, wie der Prozessbevollmächtigte auch in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, aufgrund des recht kurzen Bestehens der GmbH und der Abhängigkeit des Unternehmenserfolgs von der zukünftigen Marktentwicklung erheblichen Unsicherheitsfaktoren, die aus Sicht des Senats durch Ansatz eines pauschalen Bewertungsabschlags sachgerecht berücksichtigt werden können. Dies entspricht auch dem Wertansatz des Beklagten in den Veranlagungszeiträumen 2010 und 2012, in denen er bei der Berechnung der Veräußerungsgewinne des Klägers Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile in Höhe von insgesamt 1.166.400 € (48 % von 2.430.000 €, d.h. des um 10 % verminderten Unternehmenswerts von 2.700.000 €) zu Grunde gelegt hat.
77Der Unternehmenswert beläuft sich daher auf 2.430.000 € und der anteilige gemeine Wert für die veräußerten GmbH-Anteile auf 1.166.400 €, den der Senat seiner Entscheidung zu Grunde legt. Aus diesen Wertverhältnissen errechnet sich ein entgeltlicher Anteil von 100/1.166 und ein unentgeltlicher Anteil von 1.066/1.166. Der Klägerin und dem Kläger sind demnach entsprechende anteilige Anschaffungskosten des Anteils (von 12.000 €) zuzurechnen.
78Danach ergibt sich folgende Berechnung beim Kläger:
7948 % v. 2.430.000 € = |
1.166.400,00 € |
(gemeiner Wert) |
./. Kaufpreis |
100.000,00 € |
|
./. anteilige Anschaffungskosten |
10.971,19 € |
(= 1.066/1.166 von 12.000 €) |
= Veräußerungsgewinn |
1.055.428,81 € |
|
x 50 % § 3 Nr. 40 EStG |
527.714,40 € |
Die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens folgt aus § 3 Nr. 40 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
81Zu Recht hat der Beklagte bei der Klägerin einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Veräußerung der GmbH-Anteile erfasst, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
82Wegen des veränderten gemeinen Wertes der GmbH-Anteile ergibt sich folgende Berechnung bei der Klägerin:
83Kaufpreis |
100.000,00 € |
|
./. anteilige Anschaffungskosten |
1.028,81 € |
(= 100/1.166 von 12.000 €) |
= Veräußerungsgewinn |
98.971,19 € |
|
x 50 % nach § 3 Nr. 40 EStG |
49.485,59 € |
Die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens folgt aus § 3 Nr. 40 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
854. Nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO wird die Berechnung der Einkommensteuer 2004 dem Beklagten auferlegt, da die Ermittlung des festsetzenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand bedeutet.
865. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
876. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO ersichtlich sind. Die Rechtsfragen der verdeckten Einlage sind durch die den Streitfall betreffende Entscheidung des BFH im Verfahren II R 40/14 hinreichend geklärt, im Übrigen betrifft der Fall ausgelaufenes Recht. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Frage der Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, hier insbesondere einer Abwägung von Mitwirkungspflichten und Amtsermittlungspflichten, stellt sich die Entscheidung als Übertragung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf einen Einzelfall dar, welche eine Revisionszulassung nicht rechtfertigt.