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1. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 - jeweils vom 28.4.2015 - sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung vom 26.8.2015 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2009 bis 2013.
3Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger ist in zweiter Ehe verheiratet und von seiner ersten Ehefrau – der Beigeladenen, Frau A – geschieden. Der Kläger war von Beruf ... und bezog in den Streitjahren eine Pension nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die monatlichen Pensionszahlungen wurden um einen Versorgungsausgleich gekürzt. Der Kürzungsbetrag wurde unmittelbar vom Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen an die Beigeladene abgeführt und verminderte die zu versteuernden Bruttoversorgungsbezüge des Klägers. Der um den Versorgungsausgleich verminderte Betrag der Versorgungsbezüge bildete die Bemessungsgrundlage für die Lohnsteuer.
4Der Kläger erzielte im Jahr 2009 neben seiner beamtenrechtlichen Pension bis zum 20.10.2009 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Mitglied einer Ratsfraktion. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab dem Jahr 2010 erzielten die Kläger jeweils ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Sie wurden für die Jahre 2009 bis 2011 und 2013 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Jahr 2012 fand eine getrennte Veranlagung statt. Die Steuerbescheide standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
5Die Einkommensteuererklärung für 2009 ging am 8.3.2010 und diejenige für das Jahr 2010 am 18.2.2011 beim Beklagten ein.
6Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 hatte der Kläger unter anderem eine von ihm und der Beigeladenen gemeinsam unterschriebene Anlage U eingereicht, mit der er für den an die Beigeladene vom Landesamt für Besoldung und Versorgung abgeführten Betrag den Abzug als Sonderausgaben beantragte. In der Anlage U ist unter der Rubrik „Barleistungen“ in Form von „im Kalenderjahr tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen“ handschriftlich ein Betrag von 6.629,64 Euro eingetragen. Die Beigeladene hatte dem Antrag zugestimmt. Die Zustimmung wurde in der Folgezeit nicht widerrufen. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Akte des Beklagten befindliche Anlage U Bezug genommen.
7Der Kläger und seine jetzige Ehefrau reichten mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2005 unter anderem eine allgemeine „Belegliste“ (Belegübersicht) und für die Rubrik „Sonderausgaben“ eine detaillierte Einzelaufstellung ein. In der Einzelaufstellung für die „Parteispenden“ waren die Bezeichnung des Spendenempfängers, eine „Belegnummer“ (hier: 19 und 20) sowie der Spendenbetrag ersichtlich. In einer zweiten Einzelaufstellung zu den weiteren Sonderausgaben waren unter der Rubrik „Unterhaltszahlungen an geschiedene Ehefrau“ die Belegnummer 14 sowie ein Betrag von 6.605,64 Euro angeführt. Dieser – von den Angaben in der Anlage U abweichende – Betrag war von den Klägern auch in der Steuererklärung als Abzugsbetrag beantragt und bei der Durchführung der Steuerveranlagung sowohl vom zuständigen Sachbearbeiter als auch vom Sachgebietsleiter als zutreffend (d.h. mit einem schwarzen und einem grünen Haken versehen) übernommen worden. Darüber hinaus waren unter der Rubrik „Spenden kulturelle Zwecke“ unter den Belegnummern 15, 16, 17 und 18 diverse Spendenempfänger und die jeweiligen Spendenbeträge angegeben. Der Beleg mit der Nummer 14 („Unterhaltszahlungen an geschiedene Ehefrau“) befindet sich nicht in den Akten. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Akte des Beklagten befindlichen Aufstellungen nebst der von den Klägern handschriftlich mit den jeweiligen Belegnummern versehenen Belege sowie die Steuererklärung für 2005 Bezug genommen.
8Der Beklagte berücksichtigte die im Rahmen der Steuererklärungen geltend gemachten Beträge beim Kläger ab dem Jahr 2005 als Sonderausgaben. Gleichzeitig unterwarf er die erhaltenen Unterhaltsleistungen bei der Beigeladenen der Besteuerung.
9Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2014 fiel dem Beklagten erstmals auf, dass es sich bei den an die Beigeladene geleisteten Zahlungen nicht um steuerlich abzugsfähige Unterhaltszahlungen, sondern vielmehr um Versorgungsleistungen im Rahmen eines Versorgungsausgleichs handele. Aus einer vom Kläger im Rahmen eines gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2014 geführten Einspruchsverfahrens vorgelegten Bezügemitteilung für 2014 geht hervor, dass das zu versteuernde Bruttoeinkommen des Klägers um den Versorgungsausgleich vermindert wurde und nur der verbleibende Restbetrag beim Kläger der Besteuerung (Lohnsteuer) unterworfen wurde. Für nähere Einzelheiten wird auf die in der Steuerakten des Beklagten befindliche Bezügemitteilung für Dezember 2014 Bezug genommen.
10Der Beklagte vertrat vor diesem Hintergrund die Auffassung, dass die Zahlungen an die Beigeladene in den Vorjahren nicht steuermindernd hätten berücksichtigt werden dürfen und änderte daraufhin die Einkommensteuerveranlagungen der Kläger bzw. des Klägers für die Jahre 2009 bis 2013 mit Steuerbescheiden vom 28.4.2015 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Für das Jahr 2012 erfolgte die Änderung im Rahmen der getrennten Veranlagung. Die Anweisung zur Änderung erfolgte durch den Beklagten jeweils am 17.4.2015. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Akten des Beklagten befindlichen Änderungsbescheide vom 28.4.2015 Bezug genommen.
11Die Kläger legten gegen die geänderten Steuerbescheide jeweils gemeinschaftlich Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gegeben seien. Dem Beklagten seien insbesondere keine neuen Tatsachen nachträglich bekannt geworden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits mit seiner Einkommensteuererklärung für 2005 seine Bezügemitteilung für Oktober 2005 als Anlage Nr. 14 vorgelegt habe. Dieser Bezügemitteilung sei ausdrücklich zu entnehmen, dass der dort ausgewiesene Betrag für den Versorgungsausgleich mit den Angaben auf der Anlage U korrespondiere. Somit sei für den Beklagten ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass sich die Angaben in der Anlage U auf den Kürzungsbetrag aufgrund des Versorgungsausgleichs bezogen hätten. Im Übrigen scheide eine Änderung für die Jahre 2009 und 2010 bereits wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung aus. Für nähere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den Schreiben vom 28.5.2015 und 16.6.2015 nebst Anlage (Bezügemitteilung für Oktober 2005) Bezug genommen.
12Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 26.8.2015 zurück und nahm zur Begründung auf sein Schreiben vom 7.7.2015 Bezug. Hierin hat er unter anderem ausgeführt, dass für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei, da der Kläger durch die Abgabe der fehlerhaften Anlage U eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen habe und die Festsetzungsfrist für die Jahre 2009 und 2010 vor diesem Hintergrund erst mit Ablauf des 31.12.2015 geendet habe. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gegeben. Ihm – dem Beklagten – sei erst im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 bekannt geworden, dass der Kläger in den Streitjahren Zahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs als Abzugsbetrag bei den Sonderausgaben erklärt habe und er tatsächlich keine Zahlungen an die Beigeladene geleistet habe. Zu diesem Zeitpunkt seien die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre bereits abschließend durchgeführt gewesen. Im Übrigen treffe den Kläger ein erheblicher Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten, da er den unversteuerten Kürzungsbetrag seiner Pension in den Steuererklärungen nochmals als tatsächlich an die Beigeladene geleistete Unterhaltszahlungen deklariert habe. Der Kläger habe gewusst, dass die Kürzung seiner Pensionsansprüche auf einem Versorgungsausgleich beruhe und er keine zusätzlichen monatlichen Unterhaltszahlungen an die Beigeladene geleistet habe. Vor diesem Hintergrund habe er gewusst, dass sich die Eintragungen in der Anlage U alleine auf die Kürzungsbeträge seiner Pension und nicht auf weitere, tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen bezogen hätten. Er – der Beklagte – sei nicht zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet, wenn der Zahlende und der Empfänger der Unterhaltsleistungen auf der Anlage U die Zahlung bzw. den Empfang der Leistungen bestätigten; insbesondere müsse er – der Beklagte – den Grund für die Zahlung der Unterhaltsleistungen nicht näher aufklären. Der betragsmäßige Abgleich der Pensionskürzung einerseits und der vom Kläger geltend gemachten Unterhaltszahlungen andererseits hätte vom Sachbearbeiter nur durch die Multiplikation einer dreistelligen Zahl für 12 Monate vorgenommen werden können. Dies sei aber nicht jedem Bearbeiter auf den ersten Blick möglich. Eine ordnungsgemäß ausgefüllte Anlage U sei für den Abzug der Zahlungen als Sonderausgaben ausreichend und biete keinen Anlass für weitere Ermittlungen. Für nähere Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 7.7.2015 Bezug genommen.
13Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Begehren weiter und machen geltend, dass die Änderungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gegeben seien. Er – der Kläger – habe mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 die Anlage U mit allen erforderlichen Belegen eingereicht. Diesen Belegen, insbesondere der Bezügemitteilung, habe der Beklagte entnehmen können, dass Gegenstand der Anlage U die Zahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs gewesen seien. Bereits mit der Einkommensteuererklärung für 2005 habe die Bezügemitteilung 10/05 als Anlage Nr. 14 vorgelegen. In dieser Bezügemitteilung sei wörtlich ausgeführt: „Kürzung Versorgungsausgleich 552,47 Euro“. Darüber hinaus sei auf der Bezügemitteilung handschriftlich die folgende Rechenoperation vermerkt: „12*552,47 Euro = 6.605,64 Euro“; zudem sei die Mitteilung handschriftlich mit der Ziffer 14 versehen, was der Belegnummer in der der Steuererklärung beigefügten Einzelaufstellung entspreche. Vor diesem Hintergrund sei für den Beklagten ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass sich die Angaben in der Anlage U auf die Kürzung des Versorgungsausgleichs bezogen hätten. Daher habe der Beklagte ohne weiteres bereits im Jahr 2005 erkennen können, dass es sich bei den geltend gemachten Unterhaltsleistungen um Zahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs gehandelt habe. Dies hätte dem Beklagten bei ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung schon bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2005 auffallen müssen. Der zuständige Sachbearbeiter hätte daher schon seinerzeit beim Kläger nachfragen müssen. Er – der Kläger – habe den Beklagten daher nicht getäuscht. Er habe vielmehr seinerseits irrtümlich Versorgungsausgleichszahlungen mit abzugsfähigen Unterhaltszahlungen gleichgesetzt und diese dementsprechend als Sonderausgaben bewertet. Er habe lediglich die falschen rechtlichen Schlussfolgerungen gezogen. Dies werde auch daran deutlich, dass die Beigeladene die erhaltenen Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte versteuert habe. Vor diesem Hintergrund liege bereits keine neue Tatsache vor, die dem Beklagten nachträglich bekannt geworden sei. Denn alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel seien dem Beklagten von Anfang an – jedenfalls seit Durchführung der Veranlagung für 2005 – bekannt gewesen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass sie – die Kläger – die Steuererklärung jedes Jahr gemeinsam anfertigten. Daher könne auch die Klägerin bestätigen, dass die jeweiligen Bezügemitteilungen mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Zahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs jedes Jahr Bestandteil der Steuererklärungen gewesen seien. Insbesondere würden die Anlagen jeweils von ihr – der Klägerin – zusammengestellt, beschriftet und der Steuererklärung beigegeben. Dies könne auch im Wege der Parteivernehmung bestätigt werden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sie – die Kläger – steuerrechtliche Laien seien. Die Steuererklärungen seien von ihnen persönlich, ohne Hilfe eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe gefertigt und abgegeben worden. Ferner hätten sie sowohl die Bezügemitteilung mit dem handschriftlichen Zusatz als auch die Jahreslohnsteuerbescheinigung mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2005 vorgelegt. Auch vor diesem Hintergrund hätte sich für den zuständigen Bearbeiter eine Nachfrage aufdrängen müssen. Wenn der Beklagte Anlagen zur Steuererklärung nicht aufbewahre, könne dies letztlich nicht zulasten des Steuerpflichtigen gehen.
14Die Klägerin hat die Klage hinsichtlich Einkommensteuer 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 18.5.2017 zurückgenommen.
15Die Kläger beantragen nunmehr,
16die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 und für 2013, jeweils vom 28.4.2015, sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.8.2015 aufzuheben,
17der Kläger beantragt zusätzlich,
18den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 28.4.2015 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.8.2015 aufzuheben.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf seine Einspruchsentscheidung und die im Rechtsbehelfsverfahren geführte Korrespondenz. Ergänzend trägt er vor, dass die Kläger auch im Jahr 2005 ausdrücklich und mehrfach erklärt hätten, dass Unterhaltszahlungen an die Beigeladene geleistet worden seien. Die Steuererklärung für 2005 enthalte – ebenso wie die Steuererklärungen für die Folgejahre – keine Hinweise darauf, dass es sich bei dem geltend gemachten Unterhaltsbetrag tatsächlich lediglich um die Kürzung der Pension aufgrund eines früher durchgeführten Versorgungsausgleichs handele. Die Beigeladene habe die erklärten Unterhaltszahlungen in allen Streitjahren zunächst versteuert. Er – der Beklagte – habe keine Gründe oder Anhaltspunkte gehabt, an den Angaben der Kläger über die geleisteten Unterhaltszahlungen zu zweifeln. Insbesondere habe allein der Kläger Kenntnisse darüber gehabt, dass tatsächlich kein Unterhalt geleistet worden sei. Vielmehr habe er eine bereits steuerbefreite Kürzung der Pension nochmals als Unterhaltszahlung deklariert und als Sonderausgaben geltend gemacht. Er – der Beklagte – habe jedenfalls keine Kenntnisse davon gehabt. Dies gelte auch, falls die Lohnabrechnungen den jeweiligen Steuererklärungen, insbesondere für das Jahr 2005, beigefügt gewesen sein sollten, was sich heute jedoch nicht mehr feststellen und nachweisen lasse. Denn eine positive Kenntnis des zuständigen Bearbeiters über eine in den Lohnabrechnungen/Bezügemitteilungen ausgewiesene Kürzung der Pension aufgrund eines Versorgungsausgleichs habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Unterhaltszahlungen gemäß der Anlage U. Der Sachbearbeiter habe keinen Anlass gehabt, die Anlage U aufgrund gegebenenfalls beigefügter Lohnabrechnungen zu überprüfen. Ihm habe sich auch nicht aufdrängen müssen, dass es sich um die gleichen Beträge gehandelt habe. Der Kläger habe in keiner Steuererklärung erläutert, dass er tatsächlich keinen Unterhalt zahle, sondern die Beträge stets ausdrücklich als Unterhaltszahlung deklariert und in die entsprechend vorgesehenen Spalten des Steuererklärungsformulars eingetragen.
22Das Gericht hat Frau A mit Beschluss vom 10.4.2017 zum Verfahren auf Antrag des Beklagten (§ 174 Abs. 5 Satz 2 AO) beigeladen.
23Entscheidungsgründe
24I.
25Die Klage ist begründet. Die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2009 bis 2013 – jeweils vom 28.4.2015 – sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 26.8.2015 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren (2009 bis 2011 und 2013) bzw. den Kläger (2012) in seinen Rechten.
26II.
27Die Voraussetzungen für eine im vorliegenden Verfahren einzig in Betracht kommende Änderung der ursprünglichen Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind nicht gegeben.
281. Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO können Steuerbescheide geändert werden, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein können. Dabei kann es sich um Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art handeln (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BStBl. II 2016, 774 und vom 19.2.2013 IX R 24/12, BStBl. II 2013, 484, jeweils m.w.N.). Bloße Schlussfolgerungen und juristische Subsumtionen sind hingegen keine Tatsachen im Sinne des § 173 AO (vgl. BFH-Urteil vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BStBl. II 2016, 774). Eine Tatsache ist dem Finanzamt dann im Sinne dieser Vorschrift bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat; nachträglich bekannt geworden – und damit „neu“ – ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des zu ändernden Steuerbescheids, d.h. bei abschließender Zeichnung des entsprechenden Eingabewertbogens (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.1998 I R 82/97, BStBl. II 1998, 552), noch nicht kannte (siehe zum Ganzen z.B. BFH-Urteile vom 22.3.2016 VIII R 58/13, BStBl. II 2016, 774 und vom 13.1.2011 VI R 61/09, BStBl. II 2011, 479; Peters, in: BeckOK AO, § 173 Rn. 49 ff.).
29Eine Tatsache gilt allerdings dann nicht als "neu", wenn sie dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht (vgl. § 88 AO) nicht verborgen geblieben wäre, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.4.2015 IV R 2/12, BFH/NV 2015, 1331 m.w.N.). Der Steuerpflichtige muss also die Steuererklärung vollständig, richtig und eindeutig abgeben. Das Finanzamt darf dabei regelmäßig von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuererklärungen sowie der eingereichten Unterlagen ausgehen und braucht diesen nicht mit Misstrauen zu begegnen (vgl. zum Ganzen Peters, in: BeckOK AO, § 173 Rn. 157 ff.).
30Ändert das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, so trägt es grundsätzlich die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, dass die für die Änderung des Bescheides erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere dafür, dass die entsprechende Tatsache "neu" ist (vgl. nur BFH-Urteile vom 18.6.2015 VI R 84/13, BFH/NV 2015, 1342 und vom 16.4.2015 IV R 2/12, BFH/NV 2015, 1331, jeweils m.w.N.). Die Beweislast trifft jedoch den Steuerpflichtigen, wenn dieser eine Verletzung der Ermittlungspflichten durch das Amt rügt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.6.2015 VI R 84/13, BFH/NV 2015, 1342 und vom 19.05.1998 I R 140/97, BStBl. II 1998, 599; Peters, in: BeckOK AO, § 173 Rn. 192). Dabei kann denjenigen, der sich auf das Nichtvorliegen von Tatsachen beruft (wie z.B. das Nichteinreichen von Unterlagen im Rahmen des ursprünglichen Besteuerungsverfahrens), die Feststellungslast nur dann treffen, wenn der andere Beteiligte, der sich auf die seinerzeitige Vorlage der Unterlagen beruft, substantiiert Tatsachen und Umstände vorträgt, die für das Vorliegen des Positivums sprechen (vgl. nur BFH-Urteil vom 16.4.2015 IV R 2/12, BFH/NV 2015, 1331).
312. Im Streitfall handelt es sich bei dem Umstand, dass die Zahlungen an die geschiedene Ehefrau im Rahmen des Versorgungsausgleichs und nicht als (zusätzliche) Unterhaltsleistungen des Klägers erfolgten, um eine Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
32a) Der Senat kann allerdings bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass diese Tatsache für den Beklagten bei Veranlassung der Änderungsbescheide tatsächlich „neu“ im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO war. Die Kläger tragen substantiiert vor, dass sie bereits der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005, in der erstmalig Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend gemacht wurden, neben der Anlage U auch eine entsprechende Bezügemitteilung für Oktober 2005 beigefügt hatten, aus der die Kürzung des lohnsteuerpflichtigen Bezugs um einen „Versorgungsausgleich“ in Höhe von 552,47 Euro monatlich zu entnehmen war. Auf dieser Bezügemitteilung sei handschriftlich die (im Ergebnis fehlerhafte) Multiplikation „12*552,47 = 6.605,64 €“ vermerkt worden. Derselbe Betrag (6.605,64 Euro) wird in der unstreitig in den Steuerakten für 2005 befindlichen Einzelaufstellung unter Hinweis auf einen Beleg mit der Nummer 14 aufgeführt und findet sich schließlich in der Einkommensteuererklärung für 2005 – offensichtlich gerundet – mit 6.606 Euro wieder. Der Betrag weicht von dem in der Anlage U ausgewiesenen Betrag von 6.629,64 Euro (d.h. dem zutreffenden Ergebnis der Multiplikation 12*552,47 Euro) ab. Vor diesem Hintergrund sowie dem substantiierten Sachvortrag der Kläger nebst ihren weiteren Erläuterungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.5.2017 betreffend die Vorlage von Belegen bei der Erstellung und Abgabe der Einkommensteuererklärungen hält es der Senat ohne weiteres für nachvollziehbar und möglich, dass die Bezügemitteilung für Oktober 2005 dem Beklagten bereits im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2005 vorgelegen hatte. Hierfür spricht nicht zuletzt die dokumentierte Aktenlage mit dem fehlerhaften Multiplikationsergebnis in der Einzelaufstellung und der Steuererklärung auf der einen und dem abweichenden (zutreffenden) Multiplikationsergebnis auf der Anlage U auf der anderen Seite sowie darüber hinaus der Umstand, dass die in den Einzelaufstellungen unter Hinweis auf eine „Belegnummer“ aufgeführten übrigen Belege (Spenden und Mitgliedsbeiträge, Nummern 15-20) sich – jeweils mit der entsprechenden handschriftlichen Nummer versehen – in den Steuerakten des Beklagten befinden. Dabei ist dem Senat bekannt, dass die Belege über Spenden und Mitgliedsbeiträge – anders als etwa sonstige Belege, wie z.B. Bezügemitteilungen u.ä. – von den Finanzbehörden üblicherweise zu den Akten genommen werden. Aus dieser Bezügemitteilung hätte der Beklagte dann aber ohne weiteres im Zusammenspiel mit der unstreitig in der Steuerakte befindlichen Einzelaufstellung zu Belegnummer 14 sowie dem auf der Bezügemitteilung und der Einzelaufstellung ausgewiesenen, sodann letztlich in das Steuererklärungsformular übernommenen Betrag von 6.605,64 Euro bzw. (gerundet) 6.606 Euro erkennen können, dass es sich bei dem geltend gemachten Betrag um eine Kürzung des Versorgungsausgleichs und nicht um im Rahmen des § 10 EStG berücksichtigungsfähige Sonderausgaben handelte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte diese Schlussfolgerung in der Folgezeit für das Jahr 2014 ohne weiteres gezogen hatte, nachdem die Kläger im Rahmen des für 2014 geführten Einspruchsverfahrens lediglich eine inhaltlich entsprechende Bezügemitteilung ohne weitere diesbezügliche Unterlagen und Erläuterungen eingereicht hatten.
33Die objektive Feststellungslast hinsichtlich des Nachweises der zuungunsten des Steuerpflichtigen wirkenden Änderungsvoraussetzungen (hier. das Vorliegen einer „neuen“ Tatsache) trifft den Beklagten. Diesen Nachweis hat der Beklagte nicht zur Überzeugung des Senats führen können. Er hat vielmehr ausdrücklich selbst darauf hingewiesen, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr festgestellt werden könne, ob die Bezügemitteilung für Oktober 2005, aus der sich der vorliegend relevante Umstand des Versorgungsausgleichs ergab, bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung vorgelegen habe oder nicht. Verbleibende Unsicherheiten in diesem Punkt gehen daher zulasten des Beklagten. Insbesondere haben die Kläger substantiiert Tatsachen und Umstände vorgetragen, die für das seinerzeitige Vorliegen der Bezügemitteilung bei der Einkommensteuerveranlagung für 2005 sprechen.
34b) Eine Verschiebung der objektiven Feststellungslast zu Lasten der Kläger kommt vorliegend nicht in Betracht. Das Finanzamt muss die zuungunsten des Steuerpflichtigen wirkenden Änderungsvoraussetzungen zwar nur dann nachweisen, wenn der Steuerpflichtige – schuldhaft und vorwerfbar – den zu ändernden Steuerbescheid nicht durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt oder – ohne Rücksicht auf ein Verschulden – Tatsachen verschwiegen hat, die anzugeben im Wesentlichen nur er in der Lage war (vgl. BFH-Urteile vom 19.5.1998 I R 140/97, BStBl. II 1998, 599 und vom 13.12.1985 III R 183/81, BStBl. II 1986, 441). Denn in einem solchen Fall geht es nicht um die Beweislast für die "neue Tatsache", sondern für die Verletzung der Ermittlungspflicht. Die Beweislast hierfür trifft den Steuerpflichtigen (vgl. nur BFH-Urteil vom 19.5.1998 I R 140/97, BStBl. II 1998, 599).
35aa) Die Voraussetzungen für eine solche Verschiebung der Beweislast sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn die Kläger haben in ihren Steuererklärungen weder schuldhaft oder vorwerfbar unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und hierdurch die (fehlerhaften) Steuerfestsetzungen erwirkt noch haben sie – ohne Berücksichtigung eines Verschuldens – nachweislich Tatsachen verschwiegen, die anzugeben im Wesentlichen nur sie selbst in der Lage waren.
36bb) Die Kläger haben eine vollständig ausgefüllte und von beiden Beteiligten (Geber und Empfänger) unterschriebene Anlage U vorgelegt, in der sie einen Betrag von 6.629,64 Euro als gezahlte Unterhaltsleistungen angeführt hatten. Dieser Betrag entsprach für das Jahr 2005 dem in der Bezügemitteilung aufgeführten Betrag von 12*552,47 Euro. Weder die Anlage U noch die amtlichen Erläuterungen zur Anlage U (2005) enthalten einen Hinweis darauf, dass Leistungen, die im Rahmen eines (schuldrechtlichen) Versorgungsausgleichs erfolgen, nicht als Unterhaltszahlungen auf der Anlage U ausgewiesen bzw. bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen. Vielmehr ist in den amtlichen Erläuterungen zur Anlage U lediglich ausgeführt, dass der Abzug von Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben alleine an die Zustimmung des Empfängers, den Antrag des Gebers sowie die unbeschränkte Steuerpflicht von Geber und Empfänger geknüpft sei. Darüber hinaus wird der Begriff der Unterhaltsleistungen ausführlich dahingehend erläutert, dass hierunter „im steuerlichen Sinne“ alle „Zuwendungen zu verstehen“ seien, „die ohne Gegenleistung gewährt würden, gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige Leistungen handele und ob sie in Geld oder Geldeswert (Sachleistungen) bestünden. Die Zuwendungen stellten auch dann Unterhaltsleistungen dar, wenn sie auf vertraglicher Vereinbarung beruhten. Ohne Bedeutung sei, ob sie über den Rahmen dessen hinausgingen, was der Empfänger nach bürgerlichem Recht beanspruchen könne und für welchen Zweck der Empfänger die Geldleistungen verwende. Es komme nicht darauf an, ob der Empfänger wegen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse und seiner Erwerbsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht Unterhaltsleistungen fordern könne und ob der Geber aufgrund seiner Leistungsfähigkeit zu entsprechenden Unterhaltsleistungen verpflichtet sei“. Für nähere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Anlage U für 2005 sowie den amtlichen Erläuterungen hierzu Bezug genommen.
37Vor diesem Hintergrund durften die steuerlich nicht beratenen Kläger davon ausgehen, dass es sich bei den Zahlungen aufgrund des Versorgungsausgleichs um im Rahmen des § 10 EStG bzw. der Anlage U berücksichtigungsfähige Unterhaltsleistungen handelte. Die Kläger waren insbesondere nicht zu weiteren Nachprüfungen verpflichtet. Sie durften vielmehr annehmen, dass auch die unmittelbar vom Landesamt für Besoldung und Versorgung vorgenommene Überweisung des Kürzungsbetrags an die Beigeladene eine Zahlung von Unterhalt im Sinne der Anlage U darstellt. Denn durch die vorgenommene Kürzung trat beim Kläger insoweit eine Vermögensminderung bzw. ein Vermögensabfluss ein, den er unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ohne weiteres als Zahlungsvorgang in Form eines von ihm geleisteten Zahlbetrags/Unterhaltsbetrags verstehen durfte (abgekürzter Zahlungsweg). Die Kläger waren in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Ausführungen in der Anlage U und in den amtlichen Erläuterungen nicht zu einer weiteren Überprüfung angehalten, ob und in welchem Umfang der Kürzungsbetrag bei dem Kläger einer Lohnversteuerung unterworfen wurde und ob lediglich bei dem Kläger lohnversteuerte Einnahmen eine Grundlage für die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen im Rahmen des § 10 EStG sein dürfen. Die Kläger haben auch keine Tatsachen nachweislich verschwiegen, die sie hätten angeben müssen. Es steht bereits nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Bezügemitteilung für Oktober 2005 – aus der sich die Kürzung des lohnsteuerpflichtigen Bezugs aufgrund des Versorgungsausgleichs ergab – nicht im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2005 vorgelegt wurde (siehe oben) und die Kläger daher eine relevante Tatsache verschwiegen hätten. Vielmehr findet sich in den Steuerakten sogar die Einzelaufstellung mit dem (fehlerhaft) ermittelten Betrag von 6.605,64 Euro unter Hinweis auf den Beleg mit der Nummer 14. Darüber hinaus wurde dieser (fehlerhaft ermittelte) Betrag in die Steuererklärung übernommen und dort berücksichtigt. Zudem wurde die vollständig ausgefüllte Anlage U eingereicht. Gerade vor diesem Hintergrund – d.h. der erstmaligen Geltendmachung von Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben mit der entsprechenden Anlage U und einem dort ausgewiesenen Betrag von 6.629,64 Euro auf der einen und der weiteren Anlage zur Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis auf einen Beleg Nr. 14, der dortigen Angabe des abweichenden Betrags von 6.605,64 Euro und der Übernahme dieses Betrags in die Steuererklärung auf der anderen Seite – wäre es vielmehr Aufgabe des Beklagten gewesen, diese Unstimmigkeiten sowie den der Unterhaltszahlung zugrunde liegenden Sachverhalt durch entsprechende Nachfragen bei den Klägern aufzuklären. Die Kläger waren gerade mit Blick auf die Ausführungen auf der Anlage U sowie die Ausfüllhinweise in den dazugehörigen amtlichen Erläuterungen nicht gehalten, den Sachverhalt im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung von sich aus weiter aufzuklären und/oder weitere Nachweise – insbesondere etwa zum Grund für die Kürzung/Durchführung des Versorgungsausgleichs – vorzulegen. Das gilt insbesondere auch für die Folgejahre ab 2009, zumal die Kläger davon ausgehen durften, dass der dem Abzug der Leistungen zugrunde liegende (Dauer)Sachverhalt vom Beklagten geprüft worden war und in der Folgezeit insoweit keine Änderungen – insbesondere kein Widerruf der Zustimmung der Leistungsempfängerin – eingetreten waren. Der Beklagte muss sich die aus dieser Sachlage ergebenden Konsequenzen anlasten lassen. Vor diesem Hintergrund bleibt es dabei, dass der Beklagte nicht hat nachweisen können, dass es sich bei dem Umstand, wonach die Zahlungen im Rahmen eines Versorgungsausgleichs erfolgten, um eine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelte.
383. Unabhängig davon, dass die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO für den Erlass der Änderungsbescheide für die Jahre 2009 bis 2013 nicht gegeben waren, scheidet eine Änderung für die Jahre 2009 und 2010 auch schon wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung aus. Da die Steuererklärung für 2009 am 8.3.2010 eingereicht worden war und es sich bei der für 2010 am 18.2.2011 eingereichten Steuererklärung um eine reine Antragsveranlagung (vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) handelte, war die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO für beide Veranlagungszeiträume bereits am 31.12.2014 24 Uhr – und damit vor Anweisung der Änderung am 17.4.2015 – abgelaufen, vgl. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2; 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO. Anhaltspunkte für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist – insbesondere für eine leichtfertige Steuerverkürzung – liegen mit Blick auf die oben gemachten Ausführungen nicht vor.
394. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO
405. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.