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Der Feststellungsbescheid vom 11.11.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung infolge einer Kapitalaufstockung von Kommanditanteilen.
3Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft – KG, deren Gesellschafter die Beigeladene zu 1.) als alleinige Komplementärin und die Beigeladenen zu 2. und 3. als alleinige Kommanditistinnen waren. Die Gesellschaft basiert auf dem notariellen Vertrag vom 20.09.1990. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit .... Kommanditistinnen waren bis zum 31.12.2002 die Beigeladenen zu 2. und 3. Mit einer Kommanditeinlage von jeweils 50.000 DM (§ 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages – GV –, Kopie Bl. 40 ff. d. FG-Akte). Komplementärin und Geschäftsführerin ist die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) mit einer Kapitaleinlage von 100.000 DM (§ 3 Abs. 1 GV). Die Söhne der Beigeladenen zu 2., R1, und der Beigeladenen zu 3., U1, sind die Geschäftsführer und zu je 50 % auch die Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH).
4§ 3 Abs. 3 GV bestimmt, dass die Kommanditeinlagen die Kapitalanteile und Haftsummen der Kommanditisten darstellen und auf Festkonten (Kapitalkonten) verbucht werden. In § 3 Abs. 5 GV ist festgehalten, dass die beiden Geschwisterstämme R und U stets eine gleichhohe Beteiligung von je 50 % an der Klägerin haben müssen, die sich aus der direkten Beteiligung als Kommanditisten und aus der indirekten Beteiligung durch die Verwaltungs-GmbH ergibt. Für jeden Gesellschafter werden neben einem Kapitalkonto, das als Festkonto geführt wird und auf welchem die Einlagen (Kapitalanteile, Haftsummen) verbucht werden, ein bewegliches Privatkonto (Darlehenskonto), ein Steuerkonto, ein Verlustvortragskonto und ein gesamthänderisch gebundenes, unverzinsliches Rücklagenkonto, auf dem Gewinnanteile gutgeschrieben werden, soweit die Gesellschafter dies beschließen, geführt (§ 4 GV). Über nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Angelegenheiten beschließen die Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung, wobei über die Erhöhung der Kapitalanteile der Gesellschafter oder die Zuführung von weiteren Kapitalmitteln der Gesellschafter an die Gesellschaft gemäß § 8 Abs. 10 Buchst. b GV ein einstimmiger Beschluss erforderlich ist. Am Gewinn und Verlust sind gemäß § 10 Abs. 3 GV alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalanteile beteiligt.
5Sodann enthält der Gesellschaftsvertrag u.a. folgende Regelungen:
6„§ 11 Verfügung über Beteiligung
71) Eine Verfügung der persönlich haftenden Gesellschafterin über ihre Kapitalbeteiligung und sonstige Gesellschafterrechte ist unzulässig.
82) Jeder Kommanditist bedarf zur Verfügung über seinen Kapitalanteil und über seine persönlichen Gesellschafterrechte der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafterin.
93) Die persönlich haftende Gesellschafterin soll eine Verfügung eines Kommanditisten über seine Beteiligungen zu Gunsten seiner Abkömmlinge, seines Ehegatten .... dann zulassen, wenn keine zwingenden Gründe, insbesondere keine Grundsatzregelung über die paritätische Beteiligung der Familienstämme R und U (vgl. die Präambel zu diesem Vertrag) dem entgegenstehen ....
104) Verfügungen im Sinne dieser Vorschriften sind Veräußerung, Verpfändung oder Nießbrauchsbelastung eines Kommanditanteils sowie die Einräumung einer Unterbeteiligung daran.
11§ 12 Dauer der Gesellschaft, Kündigung
121) .....
132) Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen.
14.....
155) Kündigt ein Kommanditist, so scheidet er zum Kündigungstermin (Ende des Geschäftsjahres) aus der Gesellschaft aus. Die Gesellschaft wird mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. .... Eine Abfindung des kündigenden Kommanditisten (gemäß § 14) ist mit Erwerber zu vereinbaren.
166) Kündigt die persönlich haftende Gesellschafterin, so wird die Gesellschaft mit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelöst und tritt diese in Liquidation, es sei denn, dass die übrigen Gesellschafter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mit einer Mehrheit von 75 v.H. ihrer Stimmen unter gleichzeitiger Bestellung eines neuen persönlich haftenden Gesellschafters die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Die persönlich haftende Gesellschafterin scheidet in diesem Fall mit Ablauf der Kündigungsfrist aus der Gesellschaft aus.
17.....
18§ 14 Abfindung
191) Als Abfindung in allen Fällen des Ausscheidens erhält der ausscheidende Gesellschafter oder erhalten seine ausscheidenden Erben außer seinem Guthaben auf dem Privatkonto (incl. Steuerkonto) den Verkehrswert seiner Beteiligung. .... ..... Ein Firmenwert bleibt unberücksichtigt. An den im Zeitpunkt des Ausscheidens noch schwebenden Geschäften nimmt der Ausscheidende nicht teil.
20.....
213) Maßgebend für die Ermittlung des Abfindungsguthabens ist im Falle des Ausscheidens zum Schluss eines Geschäftsjahrs die Bilanz zum Schluss dieses Geschäftsjahres und in allen anderen Fällen die Bilanz zum Schluss des dem Ausscheiden vorangegangenen Geschäftsjahres.
22.....
23§ 15 Güterstand der Gesellschafter
241) Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, mit seinem jetzigen Ehegatten oder im Fall seiner Eheschließung durch notariellen Ehevertrag mit seinem Ehegatten entweder den Güterstand der vollständigen Güterstand Trennung zu vereinbaren oder für den Fall einer Scheidung den Ausschluss des Anspruches seines Ehegatten auf Zugewinnausgleich bezüglich seiner Beteiligung an der Gesellschaft und an solchen privaten Grundbesitz, welche von der Gesellschaft genutzt wird, zu vereinbaren.
252) Sollte ein Gesellschafter innerhalb von sechs Monaten ab heute oder ab seiner späteren Eheschließung eine solche güterrechtliche Vereinbarung mit seinem Ehegatten nicht gegenüber der Gesellschaft nachweisen können, so sind die übrigen Gesellschafter berechtigt, das Gesellschaftsverhältnis mit dem betroffenen Gesellschafter zum nachfolgenden Jahresende zu kündigen. Der gekündigte Gesellschafter scheidet mit Ablauf dieser Kündigungsfrist aus der Gesellschaft aus und ist abzufinden. In diesem Falle bestimmt sich jedoch ein Abfindungsanspruch – entgegen der Regelung unter § 14 – nicht aufgrund einer besonderen Auseinandersetzungsbilanz, sondern nur aufgrund der zum Zeitpunkt seines Ausscheidens zu erstellenden üblichen Steuerbilanz, also ohne Berücksichtigung von stillen Reserven und eines Goodwill der Gesellschaft. Im Übrigen gelten für die Ermittlung und Zahlung der Abfindung die Regelungen unter § 14 sowie unter § 12 Abs. 5 entsprechend.
26§ 17 Salvatorische Klausel
27Sollten Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages oder künftig aufgenommene Bestimmungen ganz oder teilweise nicht rechtswirksam sein oder ihre Unwirksamkeit später verlieren, so soll dadurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt werden. Das Gleiche gilt, soweit sich im Gesellschaftsvertrag eine Lücke herausstellen sollte. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen soll eine angemessene Regelung gelten, die soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Gesellschafter gewollt haben würden, sofern sie beim Abschluss des Vertrages den Punkt bedacht hätten. Im Zweifel entscheidet das Schiedsgericht.
28§ 18 Schiedsgericht
29.....“
30Am 20.12.2002 schlossen die Gesellschafter der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) einen notariellen Vertrag (UR.Nr. ... der Notarin K in W, Kopie Bl. 66 ff. d. FG-Akte). In der Präambel (Buchst. A) hielten sie fest, dass die Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) mit Kapitalanteilen von je 50.000,- DM die alleinigen Kommanditistinnen der Klägerin sind und die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) mit einem festen Kapitalanteil von 100.000,- DM, also zu ½ beteiligt, die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin ist. Der Vertrag enthält unter Buchst. B den einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung, die Kapitalanteile der Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) durch Einbringung der Miteigentumsanteile an dem Grundbesitz H-Straße ... um je 142.880,- EUR auf je 168.444,59 EUR aufzustocken. Die Haftsummen wurden ausdrücklich nicht erhöht. Zudem übertrugen die Kommanditistinnen unter Buchst. D des Vertrags ihre Kommanditanteile jeweils vollständig an ihre Söhne U1 und R1 mit wirtschaftlicher Wirkung zum Jahresende 2002. Die Übertragung erfolgte auf Rentenbasis. In den Schlussbestimmungen unter Buchst. D des Vertrags ist in § 1 festgehalten, dass mit dem Vertrag alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) und der Klägerin und den neu eintretenden Kommanditisten ausgeglichen seien. Unter Buchst. D § 2 Nr. 3 ist für den Fall, dass der Kapitalwert der Rente nicht in voller Höhe dem Wert der Kommanditanteile entsprechen sollte, festgelegt, dass die Übertragung insoweit unentgeltlich erfolge. Unter Buchst. D § 4 ist in einer salvatorischen Klausel u.a. ausgeführt, dass ggf. zur Schließung einer ergänzungsbedürftigen Lücke des Vertrags eine angemessene Vereinbarung abzuschließen sei, die dem am nächsten komme, was die Beteiligten gewollt haben würden, sofern sie diesen Punkt bedacht hätten.
31Mit einem weiteren notariellen Vertrag vom 20.12.2002 (UR.Nr. 1 der Notarin K, in W, Kopie Bl. 79 ff. d. FG-Akte) veräußerten die neuen Kommanditisten jeweils ihren Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz E-Straße ... an die Klägerin, die zuvor Mieterin war, zu einem Kaufpreis in Höhe von 362.250 EUR (Kaufvertrag Buchst. A des notariellen Vertrags). Ferner beschlossen sie durch den in derselben notariellen Urkunde protokollierten einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung (Buchst. B des Vertrags, Kopie Bl. 89 f. d. FG-Akte), die Kapitalanteile der Kommanditisten um je 181.125 EUR auf je 349.569,59 EUR aufzustocken und die Hafteinlage auf je 200.000 EUR zu erhöhen. Unter Buchst. C des Vertrags findet sich eine salvatorische Klausel, die mit derjenigen im notariellen Vertrag gleichen Datums (UR.Nr. ... der Notarin K) identisch ist.
32Hintergrund war die Ausstattung der Klägerin mit zusätzlichem Kapital nach Forderung der Banken. In der Bilanz zum 31.12.2002 wies die Klägerin laut Festkapitalkonto als Gesellschafter die Verwaltungs-GmbH mit einer Beteiligung in Höhe von 6,81 % und die Kommanditisten in Höhe von je 46,59 % aus.
33In der Erläuterung zur Bilanz der Klägerin zum 31.12.2002 (unter Anlage 8/4) ist bezüglich des eingebrachten Grundstücks E-Straße ... ausgeführt, das Grundstück werde als Ausstellungsfläche für gebrauchte PKW dienen. Für das Grundstück P-Straße ist angegeben, es werde als PKW-Stellplatz dienen. Zur Nutzung des Grundstücks H-Straße ... werden in der Bilanzerläuterung keine Angaben gemacht.
34Die Betriebsprüfung sah in den beiden Kapitalerhöhungen jeweils eine verdeckte Gewinnausschüttung der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) an die Kommanditisten, die zugleich Gesellschafter der GmbH sind. Sie bewertete die Nichtteilnahme der GmbH an der Kapitalerhöhung sowie die Zustimmung dazu als unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen und bezifferte die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe der übergegangenen stillen Reserven von 712.468,47 EUR. Nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung ergab sich statt des mit Bescheid vom 13.11.2003 festgestellten Gewinns in Höhe von 86.645,04 EUR ein Gewinn der Klägerin in Höhe von 675.558,97 EUR für das Jahr 2002.
35Der Beklagte übernahm am 05.08.2008 bei der Auswertung des Betriebsprüfungsberichts einen Gewinn in Höhe von 99.418,51 EUR und stellte diesen für das Jahr 2002 mit Bescheid vom 19.08.2008 fest. Dabei handelte es sich um den Gewinn für das Jahr 2001, der im Betriebsprüfungsbericht in derselben Zeile in der Spalte links neben dem Gewinn in Höhe von 675.558,97 EUR für das Jahr 2002 aufgeführt ist. In den Erläuterungen des Bescheides führte der Beklagte aus, dass der Feststellung die Ergebnisse der durchgeführten Außenprüfung zu Grunde lägen und verwies auf den Prüfungsbericht vom 29.01.2008. Im Gewerbesteuermessbescheid 2002 setzte er einen Gewinn in Höhe von 675.558 EUR an. Als der Beklagte den Fehler entdeckte, änderte er den mittlerweile bestandskräftigen Feststellungsbescheid vom 19.08.2008 nach § 129 AO und stellte mit Bescheid vom 11.11.2008 einen Gewinn in Höhe von 675.558,97 EUR fest.
36Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Mit der am 28.02.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
37Sie ist der Auffassung, eine Änderung des Bescheides vom 19.08.2008 sei mangels Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit unzulässig. Der Fehler beruhe auf einer unrichtigen Rechtsauffassung des Beklagten. Dieser sei davon ausgegangen, die verdeckte Gewinnausschüttung sei im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheides anzusetzen, weshalb er die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 712.468,47 EUR im Körperschaftsteuerbescheid vom 19.08.2008 ausgewiesen habe. Er habe verkannt, dass die verdeckte Gewinnausschüttung im Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid festgestellt werden müsse und Bindungswirkung entfalte. Dies werde an der Auffassung des Beklagten im finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid deutlich. Der Beklagte habe eine von der Betriebsprüfung abweichende Rechtsauffassung umgesetzt. Nach dem Willen des Beklagten entfalte der Feststellungsbescheid keine Grundlagenwirkung. Es liege nur zusätzlich eine Falschübertragung des Gewinns aus 2001 vor. Auch die Entscheidung über die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen des Einspruchsverfahrens auf Ebene der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) am 20.10.2002 zeige, dass der Beklagte diese Rechtsauffassung bereits bei Erlass des Feststellungsbescheides vertreten habe. Die Rechtsfrage, ob die verdeckte Gewinnausschüttung auf Ebene der Klägerin oder der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) anzusetzen sei, habe der Beklagte bereits bei Erlass des Feststellungsbescheides am 19.08.2002 entscheiden müssen. Ferner sei die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerbescheid neben den Beteiligungserträgen zusätzlich erfasst, was eine unzutreffende Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene der GmbH darstelle und nicht der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides vom 11.11.2008 entspreche, der die Einkünfte insgesamt feststelle. Jedenfalls dürfe der Beklagte dann die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen der Korrektur nicht noch einmal erfassen.
38Ferner liege keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die ursprünglichen Beteiligungsquoten hätten sich nicht geändert. Die Regelungen über die Erhöhung der Kapitalanteile in den Verträgen vom 20.12.2002 wirkten sich weder auf die Gewinnverteilung noch auf die Verteilung eines Auseinandersetzungsguthabens aus, sondern seien entgegen dem Wortlaut des Vertrages als Einlagen in die gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonten zu verstehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass gemäß § 3 GV die festgelegten Kommanditeinlagen auf den festen Kapitalkonten verbucht werden und die Kapitalanteile und die Haftsummen darstellen. Eine Erhöhung des Kapitalanteils sei ohne Erhöhung der Haftsumme nicht möglich, da beides der Kommanditeinlage entspreche und der Gesellschaftsvertrag vom Wortlaut eine Erhöhung der Kommanditeilage fordere. Auch die Erwähnung des festen Kapitalanteils in Höhe von 100.000 DM und einer Beteiligungsquote der GmbH von 50 % in der Präambel des Vertrages vom 20.12.2002 und fehlende Nennung etwaiger geänderter Quoten nach der Kapitalerhöhung spreche gegen eine gewollte Änderung der Beteiligungsquoten. Zudem habe die GmbH nicht förmlich auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung verzichtet. Ferner stelle eine Erhöhung der Kapitalanteile faktisch eine nach § 11 Abs. 1 GV unzulässige Verfügung über den Kapitalanteil und die Gesellschafterrechte dar. Der die geänderten Beteiligungsquoten ausweisende Jahresabschluss sei fehlerhaft.
39Jedenfalls, bei unterstellter Veränderung der Beteiligungsquoten, liege keine verhinderte Vermögensmehrung vor, da der alleinige Übergang stiller Reserven nicht zu einer Verminderung des in der Steuerbilanz zu erfassenden Betriebsvermögens der GmbH führe, insbesondere wenn die Verfügungsbefugnis über den Kapitalanteil eingeschränkt sei. Mangels Bestehens eines Bezugsrechts bei der Kommanditgesellschaft und aufgrund des Veräußerungsverbots sei der GmbH eine Verwertung der stillen Reserven nicht möglich gewesen. Daher könne ein fiktiver Verkaufserlös nicht Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung sein. Andere Ausgleichsansprüche lägen nicht vor. Aufgrund der Änderung des Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung seien frühere Urteile des BFH zu vergleichbaren Konstellationen nicht übertragbar. Es ergebe sich keine Änderung im Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, also des Gewinns.
40Des Weiteren sei ein Firmenwert nicht in die Höhe einer etwaigen verdeckten Gewinnausschüttung einzubeziehen, da dieser nach § 14 Abs. 5 GV unberücksichtigt bleiben solle. Auch sei die Ermittlung der stillen Reserven unzutreffend.
41Die Kläger beantragen,
42den Feststellungsbescheid 2002 vom 11.11.2008 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 24.02.2014 dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn in Höhe von 99.418,51 EUR angesetzt wird.
43Der Beklagte beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Er ist der Ansicht, der Ansatz des Gewinns aus dem Jahr 2001 im Jahr 2002 im Bescheid vom 19.08.2008 stelle eine offenbare Unrichtigkeit dar. Bei der Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes sei der Bearbeiter in der Spalte verrutscht, was ein rein mechanisches Versehen darstelle. Eine rechtliche Prüfung nehme der Bearbeiter bei der Auswertung nicht vor, denn diese erfolge vor Berichterstellung zwischen der Betriebsprüfung und dem Bearbeiter. Aufgrund des Einspruchs vom 25.09.2008 gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag sei der Fehler aufgefallen und der Feststellungsbescheid geändert worden. Die rechtlichen Überlegungen, auf welcher Ebene über die verdeckte Gewinnausschüttung zu entscheiden ist, seien erst später, als die Einspruchsverfahren an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben worden sind, aufgekommen. Zudem seien die Beteiligungserträge im Körperschaftsteuerbescheid entsprechend dem Grundlagenbescheid, unabhängig davon, ob die Darstellung richtig sei, rechnerisch zutreffend erfasst und die Steuer der Höhe nach richtig.
46In der Sache liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Durch die Nichtteilnahme an der Kapitalerhöhung ohne eine Ausgleichzahlung entgehe der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) ein Vermögensvorteil. Dies stelle eine verhinderte Vermögensmehrung dar. Durch die Zustimmung zur Kapitalerhöhung wende die Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) den Kommanditisten einen Vermögensvorteil zu, der in einem Bruchteil der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft bestehe. Daher entstehe bei der GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des fiktiven Verkaufserlöses.
47Weiter beruft der Beklagte sich unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15.12.2004 I R 6/04 (BFHE 209, 57, BStBl II 2009, 197) darauf, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) auf ihr gesetzliches Bezugsrecht auf Teilnahme an der Kapitalerhöhung bzw. Verwertung der Bezugsrechte verzichtet habe. Dabei könne nicht entscheidungserheblich sein, dass der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) die Mittel zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung fehlten und die Gesellschafter nicht zum entgeltlichen Erwerb der Bezugsrechte bereit seien. Denn dies seien gesellschaftsrechtliche Umstände, die bei der Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung auszublenden seien. Dies gelte zumindest dann, wenn – wie im Streitfall – die betreffenden Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten bzw. die Kommanditisten nahestehende Personen seien. Nicht außer Acht gelassen werden könne, dass letztendlich eine Regelung der vorweggenommenen Erbfolge getroffen worden sei.
48Entscheidungsgründe
49Die Klage ist begründet.
50I. Allerdings wendet die Klägerin zu Unrecht ein, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb aufzuheben, weil es schon an einer offenbaren Unrichtigkeit als Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 129 AO fehle. Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne der Vorschrift sind mechanische, besonders unbewusste, gedankenlos-gewohnheitsmäßige Fehler, wie das Übersehen, Vergreifen, Ablesen, fehlerhafte Übertragen, Verwechseln oder Vertauschen. Nicht hierunter fallen Denkfehler, fehlerhafte Würdigungen und Wertungen sowie Schlussfolgerungen, letztlich jede rechtliche Überlegung.
51Fehler bei der Auswertung von Betriebsprüfungsberichten sieht die Rechtsprechung als mechanisches Versehen an, wenn der streitige Sachverhalt und die hieraus nach Auffassung des Prüfers sich ergebenden steuerlichen Folgerungen im Prüfungsbericht klar dargestellt sind und wenn für den Steuerpflichtigen, insbesondere durch Verweisung oder Bezugnahme im Änderungsbescheid auf den Prüfungsbericht, klar erkennbar ist, das Finanzamt wolle sich den Vorschlag des Prüfers zu eigen wenn der streitige Sachverhalt und die hieraus nach Auffassung des Prüfers sich ergebenden steuerlichen Folgerungen im Prüfungsbericht klar dargestellt sind und wenn für den Steuerpflichtigen, insbesondere durch Verweisung oder Bezugnahme im Änderungsbescheid auf den Prüfungsbericht, klar erkennbar ist, das Finanzamt wolle sich den Vorschlag des Prüfers zu eigen machen und einen entsprechenden Änderungsbescheid erlassen (BFH, Urteil vom 10.02.67 VI R 5/66, BFHE 88, 155; BFH, Urteil vom 28.11.85 IV R 178/83, BFHE 145, 226). Anders hingegen behandelt sie Fälle, in denen im Prüfungsbericht die Rechtsauffassung des Prüfers nicht hinreichend zum Ausdruck kommt. Dann schließt die Möglichkeit eines Fehlers bei der Rechtsanwendung die Anwendung des § 129 AO aus (BFH Urteil vom 04.08.88 IV R 78/86, BFH/NV 1989, 281).
52Im Streitfall beruhte der Ansatz des Gewinns aus 2001 im Bescheid 2002 auf einem offenbaren rein mechanischen Versehen. Der Beklagte ist bei der Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes lediglich in der Spalte verrutscht. In dem Bericht kommt unmissverständlich die Rechtsauffassung des Betriebsprüfers zum Ausdruck, der gesondert und einheitlich festzustellende Gewinn 2002 betrage aufgrund einer festgestellten verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 712.468,-- EUR nun 675.558,97 €. In derselben Zeile ist in der Spalte links daneben der Gewinn für 2001 in Höhe von 99.418,51 EUR aufgeführt, der unverändert geblieben ist. Dieser Auffassung wollte sich der Beklagte anschließen und bei Eingabe der Daten am 5.08.2008 die Feststellung unverändert übernehmen. In den Erläuterungen des Bescheides vom 19.08.2008 stellte er klar, dass der Festsetzung die Ergebnisse der Außenprüfung zugrunde liegen und verwies auf den Prüfungsbericht vom 29.01.2008. Auch durch den Ansatz des Gewinns in Höhe von 675.558 EUR im Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2002 verdeutlichte er, dass er sich die Auffassung der Betriebsprüfung zu eigen machen wollte. Es ist ausgeschlossen, dass er eine eigene abweichende Rechtsauffassung vertreten wollte, nach welcher der Gewinn für 2002 99.418,51 € beträgt.
53Unerheblich ist, dass er später im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens zuerst die Auffassung vertrat, die verdeckte Gewinnausschüttung sei auf Ebene der GmbH anzusetzen. Für das mechanische Versehen kommt es auf den Zeitpunkt der Eingabe am 05.08.2008 an. Spätere Auffassungen im Rahmen der Selbstkontrolle, die durch einen anderen Bearbeiter erfolgt und die gerade dazu dient, die vorherige Auffassung zu überdenken, lassen keine Rückschlüsse auf eine vorherige Auffassung zu. Für eine abweichende rechtliche Würdigung bestehen keine Anhaltspunkte. Der Beklagte wollte den Gewinn aus dem Bericht unverändert übertragen und die Auffassung der Betriebsprüfung umsetzen. Ob er dem eine Bindungswirkung zukommen lassen wollte, kann dahingestellt bleiben, denn diese ergibt sich aus dem Gesetz. Ob die vGA im Körperschaftsteuerbescheid zutreffend erfasst ist, spielt für die hier zu entscheidende Frage, ob bei Erlass des Feststellungsbescheides eine offenbare Unrichtigkeit vorlag, keine Rolle.
54II. Zu Unrecht hat der Beklagte im angefochtenen Feststellungsbescheid eine verdeckte Gewinnausschüttung der Beigeladenen zu 1. (GmbH) an die Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) in Höhe von 712.468,47 EUR gewinnerhöhend berücksichtigt.
551. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt eine verdeckte Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung voraus, die sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – (i.V.m. § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (BFH-Urteile vom 25.05.2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 15.12.2004 I R 6/04, BFHE 209, 57, BStBl II 2009, 197; vom 02.12.2014 VIII R 45/11, BFH/NV 2015, 435; vom 11.11.2015 I R 5/14, BFH/NV 2016, 856 m.w.N.). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung seit Urteil vom 16.03.1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (ebenfalls ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 07.08.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 08.09.2010 I R 6/09, BFHE 231, 75, BStBl II 2013, 186; Urteil in BFH/NV 2016, 856). Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen der Kaitalgesellschaft nicht. Dies gilt auch, soweit, wie im Streitfall, der Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft die Gewinnfeststellung einer Personengesellschaft zugrunde liegt.
562. Im Streitfall ist, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, bei der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) eine Vermögensminderung in diesem Sinne nicht eingetreten.
57Eine für eine verdeckte Gewinnausschüttung ausreichende Vermögensminderung setzt einen Vorgang voraus, der zu einer Verminderung des in der Steuerbilanz zu erfassenden Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft führt. Denn nur unter dieser Voraussetzung wird der Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 EStG berührt. Daraus folgt, dass eine Vermögensminderung im Sinne der Definition der verdeckten Gewinnausschüttung nicht vorliegen kann, wenn der zu beurteilende Vorgang sich nach den für die Kapitalgesellschaft geltenden Bilanzierungsgrundsätzen in der Steuerbilanz der Gesellschaft nicht auswirkt (BFH-Urteil in BFHE 209, 57 m.w.N.).
58Eine solche Situation ist im Streitfall insoweit gegeben, als in der Bilanz der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) deren Beteiligung an der Klägerin im Anschluss an die Kapitalaufstockung nicht mit einem niedrigeren Wert als zuvor angesetzt werden musste. Insbesondere ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufstockung der Kapitalanteile der Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) eine Abschreibung der Beteiligung der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) auf einen niedrigeren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) gerechtfertigt hätte. Dies machen die Beteiligten auch nicht geltend. Der Nominalwert der Beteiligung wurde hierdurch nicht berührt. Die Verminderung der Beteiligungsquote wurde dadurch ausgeglichen, dass sich die Beteiligung nunmehr auf ein entsprechend höheres Stammkapital der GmbH bezog. Soweit der Beklagte angenommen hat, dass die Kapitalaufstockung dazu geführt habe, dass sich die Beteiligung der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) an den stillen Reserven der Klägerin verringerte, wirkte sich dieser Umstand allein jedoch in der Bilanz der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) und auch der Klägerin nicht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 57). Angesichts dessen wurde der dort anzusetzende Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 EStG durch die Kapitalaufstockung nicht vermindert, so dass eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vermögensminderung nicht vorliegt.
593. Auch eine verhinderte Vermögensmehrung ist nicht eingetreten.
60a) Eine verhinderte Vermögensmehrung i.S. der Rechtsprechung zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG setzt voraus, dass die Kapitalgesellschaft es unterlässt, einen sich gemäß § 4 Abs. 1 EStG in ihrer Steuerbilanz auswirkenden Vermögensvorteil zu erlangen (BFH-Urteil in BFHE 209, 57). Dies erfordert eine zweistufige Prüfung: Zunächst muss die Kapitalgesellschaft einen bilanzierungsfähigen Vorteil, also insbesondere eine Forderung erlangen bzw. erlangen können. Sodann muss sie (endgültig) unterlassen, diesen Vorteil zu erlangen bzw. auf eine Forderung verzichten.
61b) Im Streitfall hat die Beigeladene schon keinen bilanzierungsfähigen Vorteil erlangen können oder sogar erlangt.
62aa) Die Rechtsprechung hat angenommen, dass ein solcher Sachverhalt u.a. dann vorliegen könne, wenn eine Kapitalgesellschaft zum Bezug neuer Anteile an einer anderen Gesellschaft berechtigt ist und sowohl auf die Ausübung als auch auf die anderweitige Verwertung dieses Bezugsrechts verzichtet. Wäre die Gesellschaft nämlich in einer derartigen Situation rechtlich und wirtschaftlich in der Lage gewesen, für das Bezugsrecht ein Entgelt zu erzielen, dann hätte sie bei einer Verwertung des Bezugsrechts einen bilanzierungsfähigen Vermögensvorteil erlangt; in dem Ausbleiben dieses Vorteils liegt dann eine verhinderte Vermögensmehrung. Unter dieser Voraussetzung könne deshalb der Verzicht auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG führen (BFH-Urteil vom 16.03.1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; Urteil in BFHE 209, 57).
63bb) Zu Unrecht beruft der Beklagte sich unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 209, 57, darauf, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) im Zuge der Kapitalaufstockung ein gesetzliches Bezugsrecht erlangt habe. Der dem BFH-Urteil zugrunde liegende Sachverhalt betrifft die Kapitalerhöhung bei einer GmbH. In diesem Fall ergibt sich ein gesetzliches Bezugsrecht der Altgesellschafter auf Teilnahme an der Kapitalerhöhung aus dem mit Wirkung zum 01.01.1995 eingeführten § 55j GmbHG (im BFH-Fall, in dem die Kapitalerhöhung 1993 stattfand, wurde das Bezugsrecht aus § 55 GmbHG hergeleitet).
64Der Streitfall betrifft jedoch nicht den Fall der Kapitalerhöhung einer GmbH, sondern die Kapitalaufstockung bei einer Kommanditgesellschaft. Die Vorschriften über die Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff. i.V.m. §§ 105 ff. HGB) sehen für diesen Fall jedoch – wie die Klägerin zu Recht einwendet – kein Bezugsrecht und auch keinen sonstigen Anspruch auf Teilhabe an der Kapitalaufstockung zu. Die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) hätte dementsprechend einen gesetzlichen Anspruch auch nicht erlangen können.
65cc) Auch aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin ergibt sich kein Anspruch der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) auf Teilhabe an der Kapitalaufstockung. Die Erhöhung der Kapitalanteile ist Gegenstand des Gesellschaftsvertrags lediglich insoweit, als in § 8 Abs. 10 Buchst. b bestimmt wird, dass „die Erhöhung der Kapitalanteile der Gesellschafter oder die Zuführung von weiteren Kapital- oder Kreditmitteln der Gesellschafter an die Gesellschaft“ nur einstimmig von der Gesellschafterversammlung beschlossen werden kann. Ein Bezugsrecht lässt sich daraus nicht herleiten.
66Auch die notariell beurkundeten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 12.12.2002 über die Kapitalaufstockungen (Bl. 66, 68 und Bl. 79, 89 d. FG-Akte) gewähren der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) nicht das Recht auf Teilhabe an der Kapitalaufstockung.
67dd) Eine verhinderte Vermögensmehrung kann auch nicht aus einer Minderung der Beteiligungsquote der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) von 50 % auf 6,81 % (bzw. 6,82 %) ab dem Jahr 2003 hergeleitet werden. Dabei kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob, wie die Klägerin entgegen der zum 31.12.2003 aufgestellten und von der Gesellschafterversammlung beschlossenen Bilanz geltend macht, überhaupt eine solche Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels zustande gekommen ist.
68Der Beklagte meint, insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung aus dem BFH-Urteil vom 03.02.1977 IV 153/74 (BFHE 121, 333, BStBl II 1977, 504) herleiten zu können. In dem Urteil hat der BFH angenommen, dass bei einer GmbH & Co.KG, bei der wie im Streitfall sowohl die Komplementär-GmbH als auch die Kommanditisten – letztere zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH – entsprechend der Höhe ihrer Kapitalanteile am Gewinn beteiligt waren, die mit der Erhöhung der Kommanditeinlagen verbundene Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels zu einer verdeckten Gewinnausschüttung der Komplementär-GmbH an ihre Gesellschafter führen könne, „soweit sich durch die Vertragsänderung die vermögensrechtlichen Rechte, die der GmbH als Gesellschafterin der KG aufgrund des bisherigen Gesellschaftsvertrags zustehen, verringern und zugleich die entsprechenden Vermögensrechte der Kommanditisten in gleicher Weise erhöhen.“ Eine solche Verringerung hat der BFH darin gesehen, dass sich durch die Änderung der Beteiligungsquote der Anteil der GmbH am Jahresgewinn erheblich verringere.
69Diese Rechtsprechung ist jedoch überholt. Schon die nach dieser Entscheidung erfolgte Änderung des Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne der unter II.1 wiedergegebenen Begriffsbestimmung lässt es als zweifelhaft erscheinen, ob allein in der Quotenverschiebung begrifflich eine verhinderte Vermögensmehrung liegen könnte, die die nunmehr geltenden Begriffsmerkmale einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen könnte. Jedenfalls ist dieser Ansatz durch das Urteil in BFHE 2009, 57, überholt. In diesem Urteil hat der BFH nämlich ausgeführt, die Verminderung der Beteiligungsquote werde dadurch ausgeglichen, dass sich die Beteiligung nunmehr auf ein entsprechend höheres Kapital (im Fall in BFHE 2009, 57: Stammkapital der GmbH) bezog.
70Wenn der BFH in dem Urteil in BFHE 2009, 57, insoweit das ältere Urteil in BFHE 121, 333, nicht erwähnt, sondern lediglich das – denkgesetzlich zwingende – Ergebnis seiner Überlegungen wiedergibt, mag dies seine Ursache darin haben, dass die Ausführungen in dem älteren Urteil denkfehlerhaft sind. Allein die Minderung des relativen Maßstabs der Beteiligungsaussage lässt nicht die Schlussfolgerung zu, dass damit eine Minderung vermögensrechtlicher Rechte verbunden ist. Eine solche Schlussfolgerung wäre nur möglich, wenn auch die Bemessungsgrundlage für den relativen Maßstab, der Gesamtgewinn, in die Betrachtung einbezogen würde. Die Erhöhung des Kapitals ist typischerweise mit der Erhöhung des Gewinns (bzw. Verminderung eines Verlusts) und dementsprechender Erwartung verbunden. Üblicherweise wird eine Kapitalinvestition in ein Unternehmen mit der zu erwartenden Kapitalverzinsung kalkuliert. Die Minderung der Gewinnquote führt also nicht zu einem in absoluter Höhe vermindertem Gewinn und damit einer Verschlechterung einer vermögensrechtlichen Position, wenn sich der Gewinn entsprechend erhöht. 50% von 100.000 ist – trotz Minderung der (relativen) Quote – im (absoluten) Ergebnis identisch mit 25% von 200.000. Die Erwägungen im Urteil in BFHE 121, 333 waren auch deshalb denkfehlerhaft, weil sie unberücksichtigt lassen, die Minderung der Gewinnbeteiligungsquote mit einer Minderung der Verlustbeteiligungsquote einhergeht, die folgerichtig als Verbesserung hätte angesehen werden müssen.
71ee) Eine verdeckte Gewinnausschüttung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) Anteile an ihrem Gesellschaftsanteil veräußert habe. Die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) hat keinen Anteil an ihrem Gesellschaftsanteil übertragen. Ihr Gesellschaftsanteil ist vielmehr unverändert geblieben. Selbst, wenn man die Auffassung des Beklagten als zutreffend unterstellt, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) anteilige stille Reserven übertragen habe, handelt es sich lediglich um eine künftige Gewinnerwartung, nicht aber um einen Gesellschaftsanteil. Sie hat auch keine Anteile an Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, in denen stille Reserven ruhen, übertragen.
72c) Die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) hat auch nicht auf ein Recht oder auf einen Vorteil verzichtet. Der Beklagte hat insoweit zu Unrecht angenommen, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) mit der Absenkung der Gewinnverteilungsquote, die mit den Kapitalaufstockungen verbunden gewesen sei, die Teilhabe an den stillen Reserven am Betriebsvermögen der Klägerin anteilig verloren habe und in dieser Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen an die Beigeladenen zu 2. und 3. (Kommanditistinnen) erfolgt seien.
73aa) Zutreffend ist insoweit indessen der Ausgangspunkt der Ansicht des Beklagten, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) zum Zeitpunkt der Kapitalaufstockungen zum Jahresende 2002 an den stillen Reserven des Betriebsvermögens der Klägerin beteiligt war. Da für die stillen Reserven im Gesellschaftsvertrag keine Sonderregelung getroffen war, richtete sich die Beteiligung nach dem durch den Gesellschaftsvertrag vorgegebenen Gewinnverteilungsschlüssel. Danach war die Beigeladene zu 1. grundsätzlich mit 50 % beteiligt.
74Entgegen der Ansicht der Klägerin bezog sich diese Beteiligung auch auf einen Firmenwert. Aus § 14 Abs. 1 Satz 4 GV lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Der Regelung ist nicht zu entnehmen, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) generell nicht am Firmenwert beteiligt wäre. Vielmehr beschränkt sich die Regelung auf die Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters, was für die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) nur im Falle des § 12 Abs. 6 GV möglich wäre, also im Falle der Kündigung der Gesellschaft durch die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) und Fortsetzung der Gesellschaft mit einer neuen Komplementärin. In allen anderen Fällen, insbesondere im Fall der Betriebsveräußerung, wäre die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) jedoch auch am Firmenwert beteiligt.
75bb) Der Beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass mit den Kapitalaufstockungen der Gewinnverteilungsschlüssel der Klägerin dahingehend geändert wurde, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) statt, wie vor der Kapitalaufstockung, mit 50 % nur noch mit 6,82 % am Gewinn der KG beteiligt war. Hiervon ist auch die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31.12.2003 selbst ausgegangen. Diese Änderung folgt aus § 10 Abs. 3 GV, wonach alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalanteile an dem – nach Abzug der Haftungsvergütung der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) etc. – verbleibenden Gewinn beteiligt sind. Die notariellen Verträge vom 20.12.2002 enthalten insoweit keine abweichende Regelung. Diese ergibt sich auch nicht aus der Präambel des Vertrags UR.Nr. ... der Notarin K, in der die Beteiligungsquote der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) mit 50 % angegeben ist. Insofern beschreibt die Präambel nur den Zustand vor Abschluss des Vertrages. Damit ist aber nicht besagt, dass dieser Zustand unverändert beibehalten werden sollte. Vielmehr indiziert die differenzierte Behandlung der Kapitalanteile einerseits und der Haftsumme andererseits, dass die Beteiligten sich der grundsätzlichen Bedeutung der Erhöhung der Kapitalanteile einschließlich der Bedeutung für die Gewinnverteilung bewusst waren und auch den Gewinnverteilungsschlüssel ändern wollten. Dafür spricht auch die anschließend tatsächlich vollzogene bilanzielle Behandlung.
76cc) Die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) hat indessen nicht auf ihre Beteiligung an den stillen Reserven verzichtet. Ein Verzicht kann sowohl vertraglich als auch durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erklärt werden.
77(1) Im Streitfall enthalten die beiden notariellen Verträge vom 20.12.2002 keine ausdrückliche Verzichtserklärung. Auch der Gesellschaftsvertrag enthält keine Regelung über einen Verzicht auf stille Reserven im Fall der Kapitalaufstockung. Vielmehr wird die Kapitalaufstockung ausschließlich im Hinblick auf das Erfordernis der Einstimmigkeit der Gesellschafterbeschlüsse im Gesellschaftsvertrag geregelt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) außerhalb der vorliegenden schriftlichen Verträge einen Verzicht erklärt hätte. Dies behauptet der Beklagte auch nicht.
78(2) Ein Verzicht auf stille Reserven ist auch nicht konkludent gewissermaßen als automatische Nebenfolge der mit der Kapitalaufstockung verbundenen Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels erklärt, wovon der Beklagte offenbar ausgeht. Zwar erstreckt sich ein Gewinnverteilungsschlüssel meist im Falle deren gewinnwirksamer Aufdeckung auch auf die stillen Reserven. Dies ist jedoch nicht zwingend. § 168 Abs. 2 HGB bestimmt, dass in Ansehung des Gewinns, welcher den Betrag nach Absatz 1 der Vorschrift (4 % der Kapitalanteile) übersteigt, sowie in Ansehung des Verlusts, soweit nichts anderes bestimmt ist, ein den Umständen nach angemessenes Verhältnis der Anteile als bedungen gilt. Damit ist nicht nur klargestellt, dass die Gewinnverteilung bei einer Kommanditgesellschaft der Vertragsfreiheit unterliegt. Vielmehr stellt der Gesetzgeber weitergehend klar, dass im Falle des Fehlens einer vertraglichen Regelung nicht „automatisch“ ein dem Verhältnis der Kapitalanteile entsprechender Gewinnverteilungsschlüssel zugrunde zu legen ist, sondern dass ein den Umständen entsprechendes Verhältnis als angemessen gilt.
79Daraus folgt, dass eine „automatische“ Erstreckung eines geänderten Gewinnverteilungsschlüssels auf die stillen Reserven nicht gesetzlich vorgesehen ist. Vielmehr ist es den Beteiligten im Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen, für die stillen Reserven besonderer Regelungen zu treffen. Bei deren Fehlen sind Angemessenheitsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Eine „automatische“ Erstreckung eines geänderten Gewinnverteilungsschlüssels auf die stillen Reserven kann demnach nur dann angenommen werden, wenn festgestellt werden kann, dass dies auch dem Erklärungswillen der Beteiligten, hier der Parteien der Verträge vom 20.12.2002, entspricht.
80Im Streitfall sprechen die Gesamtumstände gegen einen solchen Erklärungswillen und damit gegen einen Verzicht auf stille Reserven. Vielmehr deuten die Gesamtumstände darauf hin, dass die Vertragsparteien sich nicht dessen bewusst waren, dass die mit der Kapitalaufstockung grundsätzlich verbundene Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels eine Übertragung stiller Reserven des Betriebsvermögens der Klägerin von der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) auf die Kommanditisten und gegebenenfalls Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge haben könnte. Dementsprechend hatten sie auch nicht den Willen, stille Reserven zu übertragen. Dies folgt aus folgenden Umständen:
81Schon der Gesellschaftsvertrag lässt erkennen, dass den Gesellschaftern die Existenz stiller Reserven einschließlich der Möglichkeit, hierzu Sonderregelungen zu treffen, bewusst war. Der Gesellschaftsvertrag enthält in § 14 Abs. 1 Satz 4 die Regelung, dass der Firmenwert beim Auseinandersetzungsguthaben unberücksichtigt bleibt. Da der betreffende Firmenwert als selbst geschaffener Wert nicht zu bilanzieren war, handelte es sich ausschließlich um eine stille Reserve. Noch deutlicher wird das in § 15 Abs. 2 GV, der für den dort genannten Fall das Ausscheiden eines Gesellschafters ausdrücklich „ohne Berücksichtigung von stillen Reserven und eines Goodwill der Gesellschaft“ bestimmt.
82Auch im Zusammenhang mit dem Vertrag vom 20.12.2002 (UR.Nr. ... der Notarin K) wurde die Möglichkeit der Aufdeckung und Übertragung stiller Reserven von den Vertragsparteien in Betracht gezogen, wie aus der Regelung in Buchst. C § 4 folgt, dass die Übertragung der Kommanditanteile, sollte deren Wert den Wert der als Gegenleistung zu gewährenden Rente übersteigen, insoweit unentgeltlich erfolgen sollte.
83Im Umkehrschluss folgt aus diesen Regelungen, dass die Beteiligten die Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven von der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) auf die Kommanditisten nicht gesehen haben.
84Dafür spricht auch die Höhe der stillen Reserven, die die Höhe der Kapitalaufstockungen überstieg. Es kann ausgeschlossen werden, dass in einem notariellen Vertrag eine Vermögensverschiebung dieses Ausmaßes verdeckt ohne ausdrückliche Regelung erfolgt wäre. Dagegen spricht schon, dass die Notarin sich dann ggf. haftbar gemacht haben könnte, weil sie nicht auf die Folgen einer solchen Übertragung hingewiesen hat.
85Auch die Regelung in § 11 Abs. 1 GV, wonach eine Verfügung der persönlich haftenden Gesellschafterin über ihre Kapitalbeteiligung und sonstigen Gesellschafterrechte unzulässig ist, spricht dagegen, dass eine Übertragung erheblicher stiller Reserven und damit vermögensrechtlicher Rechte und als solche „sonstige Gesellschafterrechte“ i.S. der Regelung von der Beigeladenen zu 1. (Komplementär-GmbH) auf die Kommanditisten erfolgen sollte. Auch insoweit spricht ebenfalls schon die notarielle Beurkundung dagegen, dass die Vertragsparteien dieses Verfügungsverbot umgehen wollten.
86Soweit der Beklagte einwendet, Verfügungen im Sinne des § 11 GV seien ausweislich der Begriffsbestimmung in § 11 Abs. 4 GV nur die Veräußerung, Verpfändung oder Nießbrauchbestellung eines Kommanditanteils sowie die Einräumung einer Unterbeteiligung hieran, lässt sich aus dieser Begriffsbestimmung keine Beschränkung des Verfügungsverbots des Absatz 1 ableiten. Denn durch die Bezugnahme auf einen Kommanditanteil wird ersichtlich, dass die Begriffsbestimmung in Absatz 4 entgegen ihrem Wortlaut „im Sinne dieser Vorschrift“ nur die für die Kommanditisten geltenden Absätze 2 und 3 betrifft. Andernfalls liefe das Verfügungsverbot des Absatzes 1 jedenfalls für die dort genannten sonstigen Gesellschafterrechte ins Leere. Dem Vertrag kann aber nicht der Erklärungswille beigelegt werden, dass die in Absatz 1 getroffene Regelung durch Absatz 4 wieder außer Kraft gesetzt werden sollte.
87(3) Die mithin bestehende Regelungslücke des Gesellschaftsvertrags und der Verträge vom 20.12.2002 bezüglich der stillen Reserven war nach der für Regelungslücken insoweit in den Verträgen vorgesehenen salvatorischen Klauseln in der Weise zu schließen, dass eine angemessene Regelung bzw. Vereinbarung gelten bzw. abzuschließen sein solle, die dem am nächsten komme, was die Gesellschafter bzw. Vertragsparteien gewollt haben würden, sofern sie diesen Punkt bedacht hätten. Eine solche Regelung bzw. Vereinbarung hätte etwa darin bestehen können festzulegen, dass die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) im Falle der Veräußerung der Gesellschaft, der Übertragung ihrer Kapitalbeteiligung, ihres Ausscheidens oder einem anderen Fall, der zur Aufdeckung der stillen Reserven führt, an den stillen Reserven, soweit sie bis zum 31.12.2002 entstanden waren, entsprechend ihrer bis dahin bestehenden Beteiligungsquote beteiligt bleibt. Denkbar wäre auch die Festlegung eines angemessenen Ablösungsbetrags gewesen. Eine solche Regelung war jedenfalls bis zum Ende des Streitjahrs weder ausdrücklich noch konkludent nicht geschlossen, noch gab es eine schiedsgerichtliche Entscheidung nach § 18 GV.
88Auch nach § 168 Abs. 2 HGB wäre ein den Umständen nach angemessenes Verhältnis der Anteile maßgeblich gewesen. Angemessen war im Streitfall aber nur eine Berücksichtigung bis zum 31.12.2002 entstandener stiller Reserven abweichend vom ab 2003 geltenden Gewinnverteilungsschlüssel.
89(4) Die Voraussetzung, dass eine verhinderte Vermögensmehrung an die Erreichbarkeit eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils anknüpft, gilt schließlich auch in zeitlicher Hinsicht. Deshalb kann eine verdeckte Gewinnausschüttung unter diesem Gesichtspunkt erst in dem Wirtschaftsjahr eintreten, in dem für die Kapitalgesellschaft bei Wahrnehmung ihrer Möglichkeiten zur Realisierung stiller Reserven ein aktivierungspflichtiger Vermögenswert entstanden wäre. Die unbestimmte Aussicht der Gesellschaft, erst in Zukunft einen solchen Vermögenswert zu erlangen, reicht deshalb für die Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht aus. Welcher konkrete Zeitpunkt sich hieraus für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung ergibt, kann ebenfalls nur nach den Umständen des konkreten Einzelfalls bestimmt werden (BFH-Urteil in BFHE 2009, 57). Im Streitfall hatte die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) mangels Regelung zur Schließung der Vertragslücke bzw. schiedsgerichtlicher Entscheidung jedenfalls bis zum Ende des Streitjahrs stille Reserven nicht auf die Kommanditisten übertragen.
90dd) Die Beigeladene zu 1.) (Komplementär-GmbH) hat es auch nicht in einer eine verdeckte Gewinnausschüttung im Streitjahr auslösenden Weise unterlassen, Möglichkeiten zur Verwertung stiller Reserven zu nutzen.
91Die Rechtsprechung hat im Zusammenhang eines Bezugsrechts bei der Kapitalerhöhung einer GmbH ausgesprochen, dass als geeignete Maßnahmen zur Verwertung stiller Reserven auch die geäußerte Absicht einer Verhinderung oder Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung in Betracht kämen (BFH-Urteil in BFHE 209, 57). Im Streitfall hätte die Beigeladene zu 1.) (Komplementär-GmbH) angesichts der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Einstimmigkeit bei der Entscheidung der Gesellschafterversammlung über die Kapitalaufstockung allein schon durch die Weigerung ihrer Zustimmung die Kapitalerhöhung verhindern können. Gleichwohl war diese Verweigerung im Streitfall zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht geboten. Die Rechtsprechung knüpft nämlich daran an, dass tatsächlich aufgrund der Kapitalerhöhung stille Reserven übertragen worden sind. Dies ist aber aus den dargelegten Gründen im Streitfall nicht geschehen.
924. Darauf, ob die Beigeladene zu 1. (Komplementär-GmbH) in der Lage gewesen wäre, an der Kapitalaufstockung teilzunehmen, kommt es, da eine verdeckte Gewinnausschüttung schon aus den dargelegten Gründen zu verneinen war, nicht mehr an. Insoweit wäre allerdings entgegen der Ansicht des Beklagten nicht darauf abzustellen gewesen, ob die Gesellschafter als nahe Angehörige in der Lage gewesen wären, statt nur die Kommanditisten auch die GmbH zu beteiligen. Maßgeblich wäre vielmehr der Fremdvergleich gewesen und damit, ob diese Möglichkeit auch bestanden hätte, wenn die Gesellschafter fremde Dritte gewesen wären. Dies ist aber weder vom Beklagten dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
935. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 3, § 139 Abs. 4 FGO.