Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit, einen Steuerbescheid wegen Vorliegens neuer Tatsachen ändern zu können.
3Die Kläger sind zu gleichen Teilen Erben der am ....01.2003 verstorbenen Frau T. Zum Erbe gehören verschiedene Miet- und Geschäftsgrundstücke. Mit Anfrage vom 27.04.2004 bat die Erbschaftssteuerstelle des Finanzamtes D den Beklagten um Feststellung des Grundbesitzwertes für das Grundstück in G, L-Straße .... Mit Schreiben vom 08.07.2004 bat der Beklagte wiederum die Erben zwecks Feststellung von Grundbesitzwerten für Zwecke der Erbschaftsteuer um Angaben zu den ererbten Grundstücken und verzichtete ausdrücklich auf die Einreichung von Steuererklärungen. Er bat um Mitteilung der Nettokaltmieten verschiedener Grundstücke. Für das den Streitfall betreffende Grundstück in G erbat der Beklagte von den Klägern die Angabe des Steuerbilanzwertes zum Stichtag 18.01.2003. Diesen bezifferten die Kläger im Schreiben vom 06.10.2004 auf 119.330,71 €.
4Unter dem 27.12.2004 erließ der Beklagte einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den ....1.2003 für Zwecke der Erbschaftsteuer. Dabei berücksichtigte er den von den Klägern mitgeteilten Steuerbilanzwert gemäß § 147 BewG (Sachwertverfahren) und stellte einen Wert i.H.v. 650.500 € (Bodenwert 531.506 € zuzüglich Steuerbilanzwert 119.130 €) fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten, den Steuerbilanzwert des Gebäudes lediglich mit 2 € anzusetzen. Außerdem machten Sie darauf aufmerksam, dass die Zurechnung des Grundbesitzes an die Erblasserin zu ½ nicht zutreffend sei, da das Grundstück tatsächlich zu 100% der ... T GmbH & Co. KG (nachfolgend KG) gehören würde und sich nach Angabe der Kläger im Gesamthandsvermögen der KG befinden würde, an der die Erblasserin beteiligt war. Dem Einspruch wurde durch berichtigten Bescheid vom 04.05.2005 stattgegeben, der Grundbesitzwert auf (nach Rundung) 531.500 € korrigiert und als bisheriger Eigentümer die vorgenannte KG festgestellt. Nach erneutem Einspruch wurde die unrichtige Zurechnung auf die drei Erben als neue Eigentümer korrigiert und das Grundstück der Firma ... T GmbH & Co. KG als bisherigem und neuem Eigentümer zugerechnet. Der weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Änderungsbescheid erging am 02.11.2005.
5Im Rahmen einer durchgeführten Betriebsprüfung, die sich gemäß Prüfungsanordnungen vom 23.12.2008 auf die Erbschaftssteuer/Schenkungssteuer zu den Stichtagen 01.07.2001, 01.07.2002 und ....01.2003 bezog, stellte der Bausachverständige des Beklagten im Gutachten vom 16.03.2009 fest, dass das Grundstück in G mit verschiedenen Produktions-, Lager- und Bürogebäuden bebaut war. Die KG hatte ihre Produktion in 1999 eingestellt, die Hallen standen seit dem leer. Der Bausachverständige des Beklagten ermittelte, dass die T1 GmbH das gesamte Objekt vom 01.01.1996 bis zum 31.12.2005 zu einem auch nach Einstellung der Produktion unveränderten Mietpreis von 16.898 € gepachtet hatte. Ebenso wurde hierbei festgestellt, dass zu den genannten Stichtagen die gesamten Betriebsgebäude noch nutzbar waren und somit eine erzielbare Miete ermittelt werden konnte. Aufgrund dieser Feststellungen änderte der Beklagte seine Bewertungsmethode und legte für die Feststellung des Grundbesitzwertes nicht mehr den Steuerbilanzwert zu Grunde, sondern stellte nunmehr gemäß § 146 BewG nach dem Ertragswertverfahren, ausgehend von einer erzielbaren Miete i.H.v. 14.000 €, einen neuen Grundbesitzwert auf den 18.01.2003 i.H.v. 1.647.500 € fest. Der nach § 164 Abs. 2 AO geänderte und nach § 164 Abs. 3 AO endgültige Feststellungsbescheid erging am 09.09.2009.
6Dagegen wandten sich die Kläger mit fristgerecht erhobenem Einspruch, zu deren Begründung sie vortrugen: Der Vorbehalt der Nachprüfung sei wegen eingetretener Festsetzungsverjährung bereits zum 31.12.2007 entfallen und der Bescheid daher nicht mehr änderbar. Die vierjährige Feststellungsfrist beginne mit Ablauf des Jahres 2003 und habe am 31.12.2007 geendet.
7Daraufhin erging am 15.12.2009 ein mit der Berichtigungsvorschrift des § 172 Abs. 1 S. 1 AO versehener geänderter Feststellungsbescheid, in dem im Erläuterungstext auf die Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO hingewiesen worden ist. Danach gelte der Bescheid nur noch für die Steuerfestsetzungen, für die die Festsetzungsverjährung noch nicht abgelaufen sei.
8Die Kläger hielten an ihrem Einspruch fest und trugen erneut vor, eine Berichtigung sei grundsätzlich nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr zulässig. Der Beklagte stützte daraufhin die Berichtigung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, weil erstmals durch den Bausachverständigen im Gutachten vom 16.03.2009 festgestellt worden sei, dass eine Miete für das Grundstück in G erzielbar sei, was zu einer von § 147 BewG abweichenden Grundbesitzbewertung geführt habe. Der Vermietungssachverhalt sei eine neue Tatsache im Sinne der Rechtsprechung.
9Die Kläger wandten demgegenüber ein, dass die Tatsache der Vermietung dem Beklagten seit Jahren bekannt gewesen sei. Außerdem sei das Finanzamt an einer Berichtigung gehindert, wenn es eine Ermittlungs- und Sachaufklärungspflicht verletzt hat. Der Beklagte habe explizit mit Schreiben vom 08.07.2004 auf die Einreichung von Feststellungserklärungen für Zwecke der Erbschaftsteuer verzichtet. Außerdem könne auch eine Berichtigung nach § 164 AO wegen der am 31.12.2007 eingetretenen Verjährung nicht mehr durchgeführt werden. Im Übrigen verstoße eine Berichtigung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Bewertungsstelle habe gegen die ihr obliegenden Ermittlungspflichten gemäß § 88 AO verstoßen. Die Tatsache der Vermietung hätte vom Beklagten durch Erfüllung der Ermittlungspflichten bekannt werden müssen. Der Beklagte habe durch das Nichtanfordern der Steuererklärungen den Untersuchungsgrundsatz des § 88 AO verletzt. Der Beklagte könne auf die Anforderung von Steuererklärungen nur dann verzichten, wenn ihm die entscheidungserheblichen Tatsachen vollumfänglich bekannt seien.
10Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 24.11.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Nach § 146 BewG seien bebaute Grundstücke nach dem Ertragswertverfahren, ausgehend von der durchschnittlich erzielbaren Jahresmiete, zu bewerten. Für Sonderfälle, in denen sich die übliche Miete nicht ermitteln lasse, gelte § 147 BewG. Hierunter würden z.B. Gewerbegrundstücke mit Produktionsgebäuden fallen. Der Beklagte habe, ausgehend von der Annahme, das Betriebsgrundstück werde eigengenutzt und eine Miete sei nicht ermittelbar, die Bewertung auf § 147 BewG gestützt und den Wert der Gebäude mit dem Steuerbilanzwert angesetzt.
11Der Erbfall sei am ....01.2003 eingetreten. Gemäß § 170 Abs. 1 AO habe die Feststellungsfrist mit Ablauf des 31.12.2003 begonnen und mit Ablauf des 31.12.2007 geendet. Der Vorbehalt der Nachprüfung sei mit Ablauf des 31.12.2007 entfallen. Nach § 181 Abs. 5 AO könne eine gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auch noch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung sei, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Auf diese eingeschränkte Wirkung sei im Feststellungsbescheid hinzuweisen (BFH, BStBl. II 1998, 555). Die Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO gelte auch für Berichtigungen (Tipke/Kruse, § 181 AO, Rn. 19).
12Der erforderliche Hinweis auf § 181 Abs. 5 AO sei im berichtigten Feststellungsbescheid vom 15.12.2009 enthalten.
13Eine Änderung gemäß § 181 Abs. 5 AO sei jedoch nur dann zulässig, soweit eine Berichtigungsvorschrift der Abgabenordnung zur Anwendung kommt. Die Berichtigung sei daher gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgt. Als Tatsache sei hier der Lebenssachverhalt anzusehen, dass das Betriebsgrundstück vermietet war. Diese Tatsache sei im Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung vorhanden, aber noch nicht bekannt gewesen. Hierbei sei auf die Kenntnis der Personen abzustellen, die innerhalb des Finanzamtes dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten (Tipke/Kruse, § 173 AO, Rn. 30-32 m.w.N.). Entgegen der Annahme der Kläger müssten sich Einkommensteuerbezirk und Bewertungsstelle ihre jeweiligen Kenntnisse nicht gegenseitig zurechnen lassen (FG Rheinland-Pfalz, 21.6.2004, 5 K 1539/03).
14Auch der Grundsatz von Treu und Glauben stünde der Berichtigung nicht entgegen. Eine Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht sei dann gegeben, wenn die Finanzbehörde Zweifeln, die sich nach Sachlage aufdrängen mussten, nicht nachgeht (BFH/NV 2006, 1445; BFH/NV 2003, 1029). Eine Verletzung der Ermittlungspflicht könne nur vorliegen, wenn im konkreten Fall eine Ermittlungspflicht nach § 88 AO bestand. Dabei müsse die Finanzbehörde nicht jede Angabe in der Steuererklärung überprüfen. Sie hätte nur bei Vorliegen objektiver Unklarheiten und Zweifelsfragen von sich aus zu ermitteln. Es sei darauf abzustellen, ob die Finanzbehörde im konkreten Einzelfall einen begründeten Anlass zu weiteren Ermittlungen hatte und ob sich weitere Ermittlungen aufgedrängt hätten (vgl. FG München, 2.10.2009, 6 K 486/08). Im vorliegenden Fall sei der Beklagte erkennbar davon ausgegangen, dass es sich um ein von der Personengesellschaft selbstgenutztes Betriebsgrundstück mit auf den Betrieb zugeschnittenen Aufbauten gehandelt habe, so dass es keine vergleichbare Miete gebe. Dies zeige sich schon an dem Verzicht auf die Abgabe einer Feststellungserklärung und der zielgerichteten Frage im Schreiben vom 08.07.2004 nach dem Steuerbilanzwert für das Betriebsgrundstück. Wäre dem Bearbeiter der Bewertungsstelle die Tatsache der Verpachtung an die GmbH bekannt gewesen, so wäre er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diesem Sachverhalt nachgegangen, da die Bewertung nach § 146 BewG der Regelfall sei und im Übrigen im Zusammenhang mit dem Erbfall T durch denselben Bearbeiter auch Bedarfswerte für zahlreiche andere Grundstücke festzustellen gewesen seien, in denen jeweils das Ertragswertverfahren zum Zuge gekommen sei. Weder nach Aktenlage noch nach den Angaben der Kläger hätten sich Hinweise für die Verpachtung ergeben. Für den Bearbeiter habe es damit keinen Anhaltspunkt gegeben, keine Unklarheit und keine Veranlassung, sich nach einem solchen Sachverhalt zu erkundigen. Aus Sicht des Sachbearbeiters sei der Ansatz des vom Steuerberater mitgeteilt Steuerbilanzwertes konsequent gewesen. Die Berichtigungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei daher im vorliegenden Fall anwendbar gewesen.
15Dagegen wenden sich die Kläger mit der Klage, zu deren Begründung sie vortragen: Der Beklagte könne den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den ....01.2003 nach Ablauf der Feststellungsfrist am 31.12.2007 auch unter Berücksichtigung des § 181 Abs. 5 AO nicht mehr ändern, weil wegen der Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht keine neuen Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorliegen und es deshalb an einer Berichtigungsvorschrift mangeln würde. Die Tatsache der Verpachtung sei dem Beklagten seit Jahren bekannt. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei nicht zwingend auf die Kenntnis der Personen abzustellen, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Da § 173 AO eine Verfahrensvorschrift sei, müssten Kenntnisse und Unkenntnisse den Beteiligten und dem Träger des Verwaltungsverfahrens zugerechnet werden können. Es ginge nur darum, Kenntnisse und Unkenntnisse der Tatsachen und Beweismittel der Sphäre der Finanzbehörde oder der Sphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen (Loose in Tipke/Kruse, § 173 AO, Rn. 31). Eine solche Zuordnung der Sphäre würde dem Zweck der Vorschrift, den Prinzipienwiderspruch zwischen Vertrauensschutz und Rechtssicherheit einerseits und materieller Rechtsrichtigkeit andererseits aufzulösen, gerecht. Dieser Widerspruch lasse sich durch eine Zuordnung der Kenntnis ebenso gut auflösen wie durch eine amtsträgerbezogene Feststellung dieser Kenntnis. Da einerseits die Finanzbehörde dazu befugt sei, den Sachverhalt zu ermitteln und die Steuer festzusetzen, sei es andererseits gerechtfertigt, auf die Kenntnis der Finanzbehörde abzustellen.
16Darüber hinaus verstoße der Beklagte gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn er den Steuerbescheid aufhebt oder ändert, weil ihm nachträglich Tatsachen bekannt geworden seien, die er bei gehöriger Erfüllung der ihm nach § 88 AO obliegenden Ermittlungspflicht schon vor der Steuerfestsetzung hätte feststellen können (Loose in Tipke/Kruse, § 173 AO, Rn. 62). Im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht hätten die Finanzbehörden alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklären (AEAO zu § 88 AO). Bei Erfüllung der dem Beklagten obliegenden Ermittlungspflicht wäre ihm die Tatsache der Verpachtung nicht verborgen geblieben. Zwar sei zutreffend, dass es gemäß § 138 Abs. 6 BewG im Ermessen des Finanzamtes liege, eine Steuererklärung anzufordern und dass die Finanzbehörde nicht jede Angabe in der Steuererklärung zu überprüfen brauche. Sorgfältige Ermittlungen seitens des Finanzamtes seien aber erforderlich, wenn gar keine Steuererklärung abgegeben wurde (Loose in Tipke/Kruse, § 173 AO, Rn. 66), weil das Finanzamt, wie hier, ausdrücklich auf die Abgabe der Steuererklärung verzichtet hat.
17Der Einwand des Beklagten, er sei davon ausgegangen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück um ein von der Personengesellschaft selbstgenutztes Grundstück handeln würde, sei im Übrigen nicht schlüssig. Entweder habe der Beklagte den Sachverhalt (selbstgenutztes Grundstück) einfach unterstellt und es aus Vereinfachungsgründen unterlassen zu prüfen, ob nicht das Ertragswertverfahren als Regelverfahren Anwendung finden müsse. Dann hätte der Beklagte seine Ermittlungspflicht verletzt. Oder der Beklagte müsse eine Prüfung für das streitgegenständliche Grundstück im Zusammenhang mit dem Erbfall vorgenommen haben, sei aber trotz richtiger Erkenntnisse zu Fehlern gekommen (z.B. Verwechslung von Grundstücken). In diesem Fall würden gar keine neuen Tatsachen vorliegen.
18Die zwingende Notwendigkeit, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, ergebe sich vorliegend daraus, dass die vom Beklagten vorgenommene Bewertung nach § 147 BewG nur in Sonderfällen Anwendung finden würde. Da der Beklagte ausdrücklich von der Anforderung einer Erklärung abgesehen hat, hätte er auf andere Weise feststellen müssen, ob und weshalb nicht das Ertragswertverfahren nach § 146 BewG (Regelfall) zur Anwendung kommt. D.h. er hätte sich zumindest Kenntnis darüber verschaffen müssen, ob die Grundstücke vermietet waren oder sich eine übliche Miete ermitteln lässt. Unschwer hätte durch einen einzigen Telefonanruf bei dem für die Ertragsteuern zuständigen Veranlagungsbezirk in Erfahrung gebracht werden können, dass die Grundstücke seit Jahren vermietet waren und deshalb kein Sonderfall des § 147 BewG gegeben war.
19Die Kläger beantragen,
20den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18.01.2003 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 09.09.2009 bzw. 15.12.2009 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24.11.2010 aufzuheben bzw. dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert auf 531.500 € festgestellt wird,
21hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen,
24hilfsweise, die Revision zuzulassen.
25Zur Begründung nimmt er vollinhaltlich Bezug auf seine Ausführungen im außergerichtlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor, dass auch die übrigen Voraussetzungen von § 181 Abs. 5 AO vorliegen würden. Insbesondere liege keine Verletzung der Amtsermittlungspflichten vor. Der Bewertungsstelle sei die Tatsache, dass das ursprünglich bis 1999 zur Produktion genutzte Betriebsgrundstück der KG trotz Stilllegung der Produktion weiter verpachtet worden ist bzw. noch nutzbar war, nicht bekannt gewesen. Die Annahme, es sei leer stehend und nicht vermietbar, sei schlüssig. Die Bearbeiterin der Bewertungsstelle habe ausweislich mehrerer Vermerke mit dem Veranlagungsbezirk und dem Betriebsprüfer über das Grundstück gesprochen (19.11.2004: „Grundstück nicht in Bilanz erkennbar… unter Berücksichtigung des VdN (BP-Fall) erscheint es angebracht, den erklärten Steuerbilanzwert… zu übernehmen“, 12.04.2005: Rücksprache mit BP wegen Buchwert, 11.10.2005: Rücksprache mit Veranlagungsbezirk wegen Zurechnung auf KG). In keinem dieser Gespräche habe es Hinweise gegeben, die eine weitere Sachverhaltsermittlung erforderlich gemacht hätten. Der Steuerberater der Kläger habe in mehreren Schreiben Ausführungen zum Steuerbilanzwert, zur Zurechnung und zum Wert des Gebäudes gemacht. Er habe sich jedoch nicht zu der Vermietbarkeit oder der - wirtschaftlich im Hinblick auf die im Jahr 1999 eingestellte Produktion und den anschließenden Leerstand nicht nachvollziehbaren - Verpachtung an die GmbH geäußert oder den Beklagten darauf hingewiesen. Der Zustand der Produktionshallen und deren Nutzungspotenzial seien erst anlässlich der Ortsbesichtigung durch den Bausachverständigen des Beklagten am 23.01.2009 offenkundig geworden. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben liege nicht vor. Eine Berufung auf Treu und Glauben setze voraus, dass das Finanzamt aufgrund seines Verhaltens einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Einziehung der Steuer gegen das allgemeine Rechtsempfinden verstoßen würde. Ein solcher Vertrauenstatbestand sei nicht ersichtlich.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist unbegründet.
28Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte konnte den Bescheid auf der Grundlage der §§ 181 Abs. 5 i.V.m. 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in der vorgenommenen Form ändern.
291. a) Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nur eine Vorstufe der Steuerfestsetzung ist, d.h. nur eine dienende Funktion hat. Aus der Technik der getrennten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sollen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile, aber auch keine Vorteile entstehen (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II 1994, 381; vom 13. Juli 1999 VIII R 76/97, BFHE 189, 309, BStBl II 1999, 747; vom 12. Juni 2002 XI R 26/01, BFHE 198, 395, BStBl II 2002, 681; BTDrucks VI/1982, S. 157). Die Vorschrift gilt nicht nur für den erstmaligen Erlass, sondern ihrem Sinn und Zweck entsprechend auch für die Änderung oder Berichtigung von Feststellungsbescheiden (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1992 – IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II 1994, 381; vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156; vom 6. Juli 2005 XI R 27/04, BFH/NV 2006, 16). Die Ermessensausübung ist nicht zu prüfen, da § 181 Abs. 5 AO ist keine Ermessensvorschrift ist (Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lieferung 07.2015, § 181 AO, Rn. 19).
30Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO hat das Finanzamt bei Erlass eines Feststellungsbescheides nach Ablauf der Feststellungsfrist in dem Bescheid darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen nur noch für solche Steuerfestsetzungen Bedeutung haben sollen, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist.
31Schließlich ist zu beachten, dass § 181 Abs. 5 AO keine eigenständige Änderungsnorm ist, die Voraussetzungen einer einschlägigen Änderungsvorschrift – hier § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO – müssen daher erfüllt sein (vgl. BFH, Urteil vom 31. Oktober 2000 – VIII R 14/00, BStBl II 2001, 156; Urteil vom 11. November 2014 – I R 46/13, BFH/NV 2015, 353; FG München, Urteil vom 30. Januar 2012 – 7 K 843/10, EFG 2012, 1181; Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lieferung 07.2015, § 181 AO, Rn. 19).
32Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Die Änderung eines Bescheids gemäß § 173 AO ist allerdings nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre (s. dazu BFH, Urteil vom 13. Juni 2012 – VI R 85/10 BStBl II 2013, 5).
33Nachträglich werden Tatsachen oder Beweismittel bekannt, wenn deren Kenntnis nach dem Zeitpunkt erlangt wird, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es dabei nicht auf die Kenntnis der "Finanzbehörde" als solche, sondern auf die Kenntnis der zur Bearbeitung des Steuerfalls organisatorisch berufenen Dienststelle an (ständige Rechtsprechung, a.A. Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lieferung 07.2015, § 173 AO, Rn. 31 m.w.N.).
34Dabei ist dieser Stelle grundsätzlich das bekannt, was sich aus den bei ihr geführten Akten ergibt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des Bearbeiters ankommt (BFH-Urteil vom 28. April 1998 IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458; kritisch zur Rechtsprechung von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 173 AO Rn. 183 ff.). Zu den Akten gehören alle Schriftstücke, die bei der Dienststelle vorliegen oder sie im Dienstgang erreichen. Bekannt sind der zuständigen Dienststelle in diesem Sinn auch sämtliche Informationen, die dem Bearbeiter von vorgesetzten Dienststellen zur Verfügung gestellt werden (BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 VI R 61/09, BFHE 232, 5, BStBl II 2011, 479). Ist dem Bearbeiter der zuständigen Dienststelle im Zeitpunkt der Veranlagung der Inhalt der Akten nach diesen Grundsätzen bekannt, so können die hier aufgeführten Tatsachen nicht mehr nachträglich bekannt werden und damit auch nicht mehr Grundlage für die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sein (BFH-Urteile vom 20. Juni 1985 IV R 114/82, BFHE 143, 520, BStBl II 1985, 492; vom 5. November 1970 V R 71/67, BFHE 101, 156, BStBl II 1971, 220).
35Ergibt sich die Tatsache oder das Beweismittel nicht aus den Akten, kommt es auf die Kenntnis derjenigen Person oder Stelle innerhalb der Finanzbehörde an, die für die Bearbeitung des Streitfalls organisationsmäßig berufen war (BFH-Urteil vom 28. April 1998 – IX R 49/96 BStBl II 1998, 458). Zu diesen Personen zählen regelmäßig der Sachbearbeiter, der Sachgebietsleiter und der Vorsteher (BFH-Urteil vom 14. November 2007 XI R 48/06, BFH/NV 2008, 367). Bekannt sind diejenigen Tatsachen und Beweismittel, die der zuständige Finanzbeamte in Ausübung seines Amtes erlangt. Rein privates Wissen des Beamten ist demgegenüber der Finanzbehörde nicht zuzurechnen (BFH-Urteil vom 28. April 1998 – IX R 49/96 BStBl II 1998, 458).
36b) Bezogen auf den vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die für die gesonderte Feststellung geltende Feststellungsfrist unstreitig abgelaufen ist: Nach dem Erbfall vom ....01.2003 begann die Festsetzungsfrist am 31.12.2003 und endete vier Jahre später am 31.12.2007 (vgl. §§ 181 Abs. 1, 170 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1, 169 II 1 Nr. 2 AO). Hingegen ist für den Folgebescheid noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuer beginnt nach Eingang der Erbschaftsteuererklärung am 29.3.2004 mit Ablauf des 31.12.2004 (§ 170 II 1 Nr. 1 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre (§ 169 II 1 Nr. 2 AO). Sie endet folglich an sich am 31.12.2008. Allerdings wurde der Ablauf gehemmt durch die am 23.12.2008 angeordnete und am 23.12.2008 begonnene Prüfung der Erbschaftssteuer (§ 171 Abs. 4 AO). Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Bescheide wurden am 13.1.2015 Einsprüche eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (§ 171 Abs. 3a AO).
37Der Beklagte konnte die Änderung der gesondert und einheitlichen Feststellung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stützen. Die Erkenntnis der Vermietbarkeit des Betriebsgrundstücks stellt eine neue Tatsache dar, die wegen § 146 BewG steuererhöhende Wirkung hat. Diese Tatsache ist im Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung vorhanden, aber noch nicht bekannt gewesen. Nach der dargestellten ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist auf die Kenntnis der Personen abzustellen, die innerhalb des Finanzamtes dazu berufen ist, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten. Insoweit ist unstreitig, dass der zuständige Sachbearbeiter keine Kenntnis von der Vermietbarkeit hatte. Im Übrigen haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass überhaupt irgendeiner anderen Stelle im Finanzamt die Vermietbarkeit bekannt war. Die Beweislast dafür, dass dem für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Sachbearbeiter ausnahmsweise auch nicht aktenkundige Tatsachen dienstlich bekannt waren oder nach dem Inhalt der präsenten Akten als bekannt zuzurechnen sind, trägt indes der Steuerpflichtige. Dies gilt insbesondere dann, wenn wegen des Unterlassens der Beiziehung "anderer" Akten, etwa der des Veranlagungsbezirks, die Verletzung der Ermittlungspflicht in Rede steht. Lassen sich entsprechende Umstände oder ein dahingehendes Fehlverhalten wie im Streitfall nicht nachweisen, gelten nicht aktenkundige Tatsachen folglich nicht als bekannt und erlauben dem Finanzamt eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (zum Ganzen BFH, Beschluss vom 18. Juni 2015 – VI R 84/13, juris).
38Die Änderung des Bescheids war nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Eine derartige, das gesetzliche Recht zur Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 AO wegen Treu und Glauben ausschließende Verletzung der Amtsermittlungspflicht kann das Gericht nicht feststellen. Die Kläger erheben insoweit im Wesentlichen den Vorwurf, der zuständige Sachbearbeiter hätte weitere Ermittlungen zum Objekt durchführen und so die Vermietbarkeit in Erfahrung bringen müssen. Erhöhte Anforderungen seien zu stellen, da § 147 BewG nur im Sonderfall greife und der Beklagte ausdrücklich auf eine Steuererklärung verzichtet habe. Konkret hätte der Sachbearbeiter z.B. bei der Veranlagungsstelle anrufen können. Wie sich aus den Steuerakten und den darin enthaltenen Vermerken ergibt, hat die zuständige Sachbearbeiterin aber eben dies getan. Sie hat mit der Veranlagungsstelle und anderen Stellen im Finanzamt mit Bezugnahme auf den vorliegenden Fall gesprochen. Trotzdem ist die Vermietbarkeit nicht zu Tage getreten. Eine tiefergehende Ermittlung in Richtung einer möglichen Vermietbarkeit hat sich im vorliegenden Fall nicht aufgedrängt. Ein solches Aufdrängen von Zweifelsfragen, denen die Behörde nicht nachgeht, ist nach ständiger Rechtsprechung aber Voraussetzung dafür, um eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 88 AO annehmen zu können (s. im Zusammenhang mit § 173 AO z.B. FG München, Urteil vom 2.10.2009, 6 K 486/08, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 20.1.2010 X R 52/09; im Übrigen Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lieferung 07.2015, § 88 AO, Rn. 13 m.w.N.). Selbst wenn die tatsächliche oder rechtliche Beurteilung schwierig sein kann, verstärkt sich die Ermittlungspflicht im Allgemeinen nur bei hinzutretenden Unklarheiten und Zweifeln, die sich etwa aus der Erklärung oder anderen Umständen ergeben können (vgl. auch BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 – VIII R 41/89, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569; BFH, Urteil vom 07. Juli 2004 – XI R 10/03, BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911). Erscheinen die Angaben des Steuerpflichtigen dagegen plausibel und vollständig, braucht das Finanzamt dem nicht mit Misstrauen begegnen und von sich aus weitere Ermittlungen anstellen; dies gilt auch in vom normalen Veranlagungsgeschäft abweichenden Sonderfällen (so zu von der Finanzbehörde nicht angeforderten weiteren Unterlagen BFH, Urteil vom 03. Juli 2002 – XI R 27/01, BFH/NV 2003, 19). Aufgrund der Vorgeschichte des Objekts (Selbstnutzung durch die KG) konnte der Beklagte davon ausgehen, dass § 147 BewG zur Anwendung kommt. Zu Recht weisen die Kläger zwar darauf hin, dass § 147 BewG einen Ausnahmefall regelt und ein Verzicht auf die Steuererklärung gerade in einem solchen Fall besonderer Erwägungen seitens der Finanzbehörde bedarf. Zu beachten ist dabei aber zum einen, dass die Entscheidung, die Abgabe einer Steuererklärung zu verlangen, im Ermessen der Behörde liegt (vgl. § 138 Abs. 6 BewG a.F.). Zum anderen lagen der Entscheidung, auf eine Steuerklärung zu verzichten, hier besondere Umstände zugrunde. So war dem Beklagten bekannt, dass das Objekt bisher vom Steuerpflichtigen selbst genutzt worden war. Anhaltspunkte dafür, dass er es zwischenzeitlich vermietet hat, waren hingegen nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Entscheidung zum Verzicht auf die Steuerklärung für dieses konkrete Objekt – für andere vom Erbfall betroffene Objekte sind Erklärungen oder jedenfalls nähere Angaben zur Miete verlangt worden – jedenfalls nicht als ermessensfehlerhaft dar.
39Vor diesem Hintergrund kann die weitergehende Frage, ob der Steuerbescheid auch deshalb weiterhin änderbar war, weil die Kläger ihrerseits nicht ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen sind oder sich treuwidrig verhalten haben, dahinstehen. Zu beachten ist, dass in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung dafür trifft, dass ein Sachverhalt zeitweise unklar bleibt, bedingt durch eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch das Finanzamt einerseits aber zugleich auch der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen andererseits. Ein Berufen auf den Grundsatz von Treu und Glauben setzt insoweit voraus, dass auch der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist (ständige Rechtsprechung des BFH, s. etwa Urteil vom 28. Juni 2006 XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835; Urteil vom 13. Juni 2012 – VI R 85/10, BStBl II 2013, 5). Den Steuerpflichtigen trifft im vorliegenden Fall zwar keine gesetzliche Erklärungspflicht, diese besteht gemäß § 149 Abs. 1 S. 2 AO erst nach Aufforderung durch die Behörde (Gürsching/Stenger, § 28 BewG, Rn. 18). Eine allgemeine Pflicht zur Abgabe von Erklärungen oder zur Mitteilung veränderter tatsächlicher Umstände besteht nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt nicht. In Betracht kommt allerdings eine Verletzung der allgemeinen Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 1 AO. Die Beteiligten erfüllen ihre Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 S. 2 und 3 AO, wenn sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen nicht nur wahrheitsgemäß, sondern auch vollständig offen legen, wobei sich der Umfang dieser Pflichten nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Für eine Verletzung dieser Mitwirkungspflicht durch die Kläger spricht, dass die – steuerlich beratenen – Kläger auf die Anfrage nach dem Steuerbilanzwert – der zur Anwendung des steuergünstigen § 147 BewG führte – nicht mitgeteilt haben, dass das Objekt vermietet wird – was zur Anwendung des steuererhöhenden § 146 BewG geführt hätte. Selbst wenn in dem Verhalten, die Vermietung des Objektes nicht mitzuteilen, keine Mitwirkungspflichtverletzung anzunehmen sein sollte – denn die Anfrage des Beklagten wurde letztendlich korrekt beantwortet –, mutet es klägerseits doch zumindest treuwidrig an, wenn die Kläger nun einwenden, der Beklagte hätte ermitteln müssen, was die Kläger verschwiegen haben.
40Auf die Feststellung einer Mitwirkungspflichtverletzung oder treuwidrigen Verhaltens durch die Kläger kommt es vorliegend indes nicht an. Denn eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht im oben dargestellten Sinne kann in einem Fall wie dem hier gegebenen noch nicht angenommen werden, so dass es dem Beklagten im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben nicht verwehrt war, den Bescheid gemäß § 173 AO zu ändern.
41Schließlich ist auch der nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erforderliche Hinweis auf die begrenzte Wirkung der Feststellungen ergangen. Dieser Hinweis hat nicht bloße Begründungsfunktion, sondern Regelungscharakter, weil mit ihm der zeitliche Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen abweichend von § 182 Abs. 1 AO bestimmt und damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis eingewirkt wird (BFH-Urteile vom 11. Januar 1995 II R 125/91, BFHE 176, 444, 448, BStBl II 1995, 302; vom 18. März 1998 II R 45/96, BFHE 185, 348, BStBl II 1998, 426; vom 17. Juni 1998 IX R 65/95, BFHE 186, 485, BStBl II 1999, 4; vom 4. September 2008 IV R 1/07, BFHE 222, 220, BStBl II 2009, 335; vom 25. November 2008 II R 11/07, BFHE 223, 326, BStBl II 2009, 287). Für den Steuerpflichtigen und das für den Folgebescheid zuständige Finanzamt muss deshalb erkennbar sein, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der lediglich für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (BFH, Urteil vom 17. Februar 2010 – II R 38/08).
42Im berichtigten Feststellungsbescheid vom 15.12.2009 ist der Hinweis enthalten: „Dieser Feststellungsbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen; er ist nur für solche Steuerfestsetzungen (Folgebescheide) bedeutsam, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, § 181 Abs. 5 AO“. Eine solche (abstrakte) Formulierung reicht nach ständiger Rechtsprechung aus (FG Düsseldorf, Urteil vom 03. Juni 2008 – 11 K 588/07 BG, juris; BFH, Urteil vom 17. Februar 2010 – II R 38/08; s. auch Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 141. Lieferung 07.2015, § 181 AO, Rn. 22). Außerdem genügt es, wenn der Hinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO in der Einspruchsentscheidung oder in einem Änderungsbescheid, der im Rahmen eines Einspruchsverfahrens ergeht, ausgesprochen wird (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 2005 II R 10/04, BFH/NV 2006, 228; BFH, Urteil vom 17. Februar 2010 – II R 38/08 –, Rn. 21, juris). In einem solchen Fall bedarf es auch keines vorherigen Verböserungshinweis des Finanzamtes gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO vor der Ergänzung des Feststellungsbescheides um den Hinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO (BFH, Urteil vom 17. Februar 2010 – II R 38/08, BFH/NV 2010, 1236).
432. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, weil die für den Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Reichweite der Ermittlungspflicht im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine Steuererklärung nach Einschätzung des Gerichts noch nicht hinreichend durch den BFH geklärt ist.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.