Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer im Insolvenzverfahren eine Masseverbindlichkeit begründet.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beigeladenen. Über das Vermögen des Beigeladenen wurde am .... Mai 2005 durch Beschluss des Amtsgerichts A unter dem Aktenzeichen 1 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren ist mit Beschluss vom 18. September 2013 mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben worden. Gleichzeitig ist in dem Beschluss die Nachtragsverteilung hinsichtlich eines zukünftig frei werdenden Restmassebestandes durch Wegfall der Rückstellung für Masseverbindlichkeiten aus Einkommensteuerforderungen sowie Prozesskosten aus dem hier anhängigen Rechtsstreit angeordnet worden.
4Da der Insolvenzschuldner und seine Ehefrau zunächst keine Steuererklärungen für das Jahr 2005 einreichten, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer mit 248 EUR fest. Der Bescheid war mit der Nebenbestimmung des Vorbehalts der Nachprüfung versehen.
5Am 17. Februar 2010 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
6Nachdem am 24. Januar 2011 die Einkommensteuererklärung beim Beklagten einging, änderte dieser mit Bescheid vom 23. März 2005 die bisherige Steuerfestsetzung gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und setzte die Einkommensteuer mit 1.408 EUR fest. Ausweislich der Einkommensteuerakte ist die Einkommensteuererklärung lediglich von der Ehefrau des Beigeladenen unterschrieben. Eine Unterschrift des Klägers bzw. des Beigeladenen trägt die Einkommensteuererklärung nicht. Weder ist die Zustimmung des Klägers zur Zusammenveranlagung vom Beklagten eingeholt worden, noch hat der Kläger zunächst die Zustimmung erklärt.
7Gegen die geänderte Einkommensteuerfestsetzung legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zu dessen Begründung führte er aus, dass das Insolvenzverfahren am .... Mai 2006 eröffnet worden sei und eine Festsetzung von Insolvenzforderungen durch Bescheid unzulässig sei.
8Der Beklagte übermittelte am 3. Mai 2011 dem Kläger für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis .... Mai 2005 eine Berechnung sowie für die Zeit ab dem .... Mai 2005 bis 31. Dezember 2005 eine Festsetzung über Einkommensteuer. Dabei ermittelte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 2005 einheitlich und teilte dann auf vor- und nachinsolvenzliche Forderungen und Verbindlichkeiten auf. Der Beklagte ermittelte dabei folgende Beträge:
9Zeitraum |
Einkommensteuer |
Zinsen zur Einkommensteuer |
Ev. Kirchensteuer |
Rk. Kirchensteuer |
EUR |
EUR |
EUR |
EUR |
|
1.1.-....5.2005 Insolvenzforderung Anmeldung zur Tabelle |
71 |
106 |
3,16 |
3,16 |
....5.-31.12.2005 Masseverbindlichkeit nach Insolvenzeröffnung |
1.089 |
164 |
49,04 |
49,04 |
Gegen den Bescheid, der dem Kläger erst am 9. Mai 2011 zugegangen ist, legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung verwies er auf seinen Einspruch vom 28. April 2011 und wies darauf hin, dass die Zahlung der angeforderten Beträge nicht erfolgen könne. Bei der Einkommensteuer des Jahres 2005 handele es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. Februar 2011 VI R 21/10, BFHE 232, 318, BStBl II 2011, 520).
11Mit Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 38 der Insolvenzordnung (InsO) seien alle vor der Insolvenzeröffnung begründeten Forderungen Insolvenzforderungen, die auf Grundlage einer Berechnung zur Insolvenztabelle anzumelden seien. Für Zeiträume nach Insolvenzeröffnung sei die Einkommensteuer durch Bescheid festzusetzen. Der Einkommensteuerbescheid bei zusammenveranlagten Ehegatten sei stets ein zusammengefasster Bescheid, der für jeden Ehegatten wirke. Gemäß § 155 Abs. 3 AO könnten zusammengefasste Steuerbescheide ergehen, soweit mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner schuldeten. Da der Insolvenzschuldner im Rahmen der Insolvenz nicht mehr über sein Vermögen bestimmen könne, sei jedem Ehegatten ein Steuerbescheid gleichen Inhalts zu erteilen, der bei dem insolventen Ehegatten in Berechnung (Insolvenzforderung) und Bescheid (Masseverbindlichkeit) aufzuteilen seien. Die Jahressteuer 2005 sei zu Recht in eine durch Berechnung festgesetzte Insolvenzforderung und eine durch Bescheid festgesetzte Masseverbindlichkeit aufgeteilt worden. Aufgrund der Zusammenveranlagung hafteten die Eheleute nach § 44 AO als Gesamtschuldner. Das insolvenzfreie Vermögen könne gegebenenfalls durch Aufteilung der Gesamtschuld nach § 268 AO abweichend zugeordnet werden. Ein entsprechender Antrag sei nicht gestellt worden. Gemäß § 34 Abs. 3 AO hätten – soweit eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens zusteht – die Vermögensverwalter die in § 34 Abs. 1 AO bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reiche. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliere der Steuerpflichtige die Befugnis, sein Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen. Gemäß § 80 InsO würden die Verwaltung- und Verfügungsrechte durch den Insolvenzverwalter ausgeübt, der im Rahmen seiner Tätigkeit auch die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen habe (§ 34 Abs. 3 AO). Bekanntgabeadressat aller die Insolvenzmasse betreffender Verwaltungsakte sei der Insolvenzverwalter. Dies gelte insbesondere für die Bekanntgabe von Steuerbescheiden wegen Steueransprüchen, die nach der Verfahrenseröffnung entstanden und damit sonstige Masseverbindlichkeiten seien (vgl. Tz. 2.9 AEAO zu § 122 AO). Der Insolvenzverwalter sei als Vertreter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO damit Adressat für Verwaltungsakte und sonstige Schriftstücke des Finanzamtes, die den Insolvenzschuldner beträfen. Die Bekanntgabe der Bescheide sei zu Recht an den Insolvenzverwalter erfolgt.
12Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der Insolvenzschuldner habe im Veranlagungszeitraum 2005 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt. Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO seien die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet würden. Der Bundesfinanzhof habe mit Urteil in BFHE 232, 318, BStBl II 2011, 520 entschieden, dass die Entstehung einer Masseverbindlichkeit auf eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein müsse. Die Arbeitstätigkeit des Insolvenzschuldners sei jedoch keine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters, da die Arbeitskraft des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehöre.
13Bei der Veranlagungswahl handele es sich nicht um ein Veranlagungswahlrecht, da die Zustimmung zur beantragten Zusammenveranlagung durch den Insolvenzverwalter ohnehin nicht verweigert werden könne. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. Mai 2011 XII ZR 67/09 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2011, 1248). Darin habe dieser die Zustimmungspflicht des Insolvenzverwalters zur Zusammenveranlagung in der Insolvenz eines Ehegattens auch ohne Ausgleich für die Nutzung des Verlustvortrages beim anderen Ehegatten bestätigt.
14Insoweit der Beklagte ein Rückerstattungsanspruch über 182,16 EUR aus seiner vorgenommenen Erstattung vom 6. Mai 2008 geltend mache, sei dies nicht Gegenstand der Auseinandersetzung. Vielmehr handele es sich um einen Rückforderungsanspruch, den der Beklagte mittels eines Rückforderungsbescheides hätte geltend machen können. Sodann wäre die Rückerstattung des angewiesenen Betrages zu prüfen gewesen, eine durch den Insolvenzverwalter begründete Masseverbindlichkeit lasse sich auch hier nicht erkennen.
15Nach dem Hinweis, dass das Veranlagungswahlrecht bisher von ihm nicht wirksam ausgeübt worden sei, die steuerliche Belastung der Insolvenzmasse am ehesten bei Zusammenveranlagung und Aufteilung der Steuerschuld entfalle, hat der Kläger erklärt, dass er die Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268 ff. AO beantrage.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid über Einkommensteuer 2005 vom 3. Mai 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2012 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Im Streitfall liege hinsichtlich der im Einkommensteuerbescheid vom 3. Mai 2011 als Masseverbindlichkeiten geltend gemachten Steuerforderungen eine Verwaltungshandlung des Insolvenzverwalters i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. InsO vor.
21Für einen Teilbetrag der mit dem streitigen Einkommensteuerbescheid 2005 geltend gemachten Steuerschulden in Höhe von insgesamt 182,16 EUR (= 166,00 EUR Einkommensteuer zzgl. 8,08 EUR rk bzw. ev Kirchensteuer) ergebe sich die Beurteilung als Masseverbindlichkeit zusätzlich auch aus § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Denn insoweit sei die Insolvenzmasse ungerechtfertigt bereichert. Es bestehe – entgegen der Auffassung des Klägers – weder das Recht noch die Pflicht, den aufgrund der zunächst materiell fehlerhaften Steuerfestsetzung erstatteten Betrag durch einen gesonderten Rückforderungsbescheid geltend zu machen.
22Mit Beschluss vom 8. Juni 2015 hat das Gericht Herrn B zum Verfahren gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO beigeladen. Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.
23Entscheidungsgründe
24I. Da der Beigeladene ordnungsgemäß geladen war, durfte eine mündliche Verhandlung durchgeführt und in der Sache entschieden werden. Hierauf ist in der Ladung hingewiesen worden (§ 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
25II. Die Klage ist zulässig.
26Die Anfechtungsklage des Klägers hat sich durch den Antrag auf Aufteilung nach § 268 ff. AO nicht erledigt. Das Aufteilungsverfahren nach den §§ 268 ff. AO ist ein selbständiges Verfahren, welches gem. § 278 Abs. 1 AO zur Folge hat, dass nach der Aufteilung die Vollstreckung nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden kann. Der Antrag auf Aufteilung nach §§ 268 ff. AO betrifft damit nicht das hier streitgegenständliche dem Vollstreckungsverfahren vorgelagerte Festsetzungsverfahren. Die Insolvenzordnung enthält keine Regelungen, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte.
27III. Die Klage ist unbegründet.
28Der Bescheid des Beklagten vom 3. Mai 2011 mit dem der Beklagte die Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit für nach Insolvenzeröffnung vom .... Mai bis 31. Dezember 2005 mit 1.351,08 EUR festsetzte und die Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO im Umkehrschluss.
291. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO Masseverbindlichkeiten auch die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören (Nr. 1), Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (Nr. 2), Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse (Nr. 3).
30Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen/-verbindlichkeiten und Masseforderungen/-verbindlichkeiten richtet sich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung und deren Fälligkeit kommt es nicht an (BFH-Beschluss vom 7. Juni 2006 VII B 329/05, BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641; BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429).
31Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Zu den kraft Gesetzes entstehenden Masseverbindlichkeiten zählen vor allem auch Steuerforderungen und -verbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung entstehen (BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429).
322. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche, die als Massekosten oder Masseschulden zu qualifizieren sind, sind gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Alle sonstigen Steueransprüche sind insolvenzfrei. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist demnach durch den Beklagten in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und ggf. in eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen. Steuern, die auf Einkünfte der Insolvenzmasse beruhen und zu Massekosten führen, sind durch Steuerbescheid festzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787; in BFHE 229, 62, BSBl II 2011, 429). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird; er ist Teil des Festsetzungsverfahrens.
333. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die sich aus der Ausübung des Veranlagungswahlrechts durch den Kläger resultierende Einkommensteuerschuld zutreffend als Masseverbindlichkeit behandelt worden.
34a) Hierfür ist erforderlich, dass die Entstehung der Einkommensteuerschuld auf eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 21/10, BFHE 2321, 318, BStBl II 2011, 520; BFH-Urteil vom 27. Juli 2011 VI R 9/11, BFH/NV 2011, 2111).
35Das Wahlrecht der Zusammenveranlagung wurde vom Kläger gem. § 26 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, Abs. 2 Satz 2, § 26b EStG nach § 80 Abs. 1 InsO und § 34 Abs. 3 AO ausgeübt.
36Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist das Wahlrecht des § 26 Abs. 2 EStG kein höchstpersönliches Recht, sondern ein Verwaltungsrecht, welches beim Tode eines Ehegatten auf dessen Erben übergeht (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1963 VI 266/61 U, BFHE 77, 754, BStBl III 1963, 597; vom 15. Oktober 1964 VI 175/63 U, BFHE 81, 236, BStBl III 1965, 86). Maßgeblich hierfür sind die erheblichen vermögensrechtlichen Auswirkungen des Antragsrechts für den Erben, der im Falle der Zusammenveranlagung als Gesamtrechtsnachfolger in die abgabenrechtliche Stellung seines Rechtsvorgängers eintritt (BFH-Beschluss des Großen Senats --GrS-- vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608). Dies gilt auch für den Fall der Insolvenz eines Ehegatten (vgl. BGH-Urteil vom 24. Mai 2007 IX ZR 8/06, BFH/NV 2007, Beilage 4, 459).
37Der Insolvenzverwalter hat nach § 34 Abs. 1 und 3 AO die steuerlichten Pflichten des Schuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. Die Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters umfasst nach § 80 Abs. 1 InsO das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen. Hierzu gehört auch die Ausübung des Veranlagungswahlrechts nach § 26 Abs. 2 EStG (BFH-Beschluss vom 22. März 2011 III B 114/09, BFH/NV 2011, 1142; Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 26. März 2009 2 K 409/07, nv; FG Münster Urteil vom 22. November 2006 2 K 5809/04 E, ZInsO 2007, 383). Dem steht die vom Bundesfinanzhof angenommene Unübertragbarkeit des Wahlrechts auf Pfand- und Pfändungspfandgläubiger nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Februar 2000 VII R 109/98, BFHE 191, 311, BStBl II 2000, 573; BFH-Beschluss vom 18. Januar 1996 VII B 259/95, BFH/NV 1996, 453). Zwar gehören unpfändbare Gegenstände des Schuldnervermögens nicht zur Insolvenzmasse und fallen deshalb nicht unter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Das Veranlagungswahlrecht selbst ist jedoch kein Vermögensgenstand, sondern ein Verwaltungsrecht, welches lediglich vermögensrechtlichen Bezug aufweist (BGH-Urteil in BFH/NV 2007, Beilage 4, 459).
38In der Insolvenz eines Ehegatten wird deshalb das Wahlrecht für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2007, Beilage 4, 459, und BGH-Urteil vom 18. November 2010 IX ZR 240/07, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht -- ZinsO -- 2011, 47, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 2011, 277, HFR 2011, 480).
39b) Dem Kläger hat ein Veranlagungswahlrecht zugestanden. Er war nicht gezwungen der Zusammenveranlagung zuzustimmen.
40Ein einseitiger Antrag auf getrennte Veranlagung eines Ehegatten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dann unwirksam, wenn dieser selbst keine eigenen positiven oder negativen Einkünfte hat oder wenn diese so gering sind, dass sie weder einem Steuerabzug unterlegen haben noch zur Einkommensteuerveranlagung führen würden (Urteile vom 28. August 1981 VI R 139/78, BFHE 134, 412, BStBl II 1982, 156, m.w.N.; vom 3. Februar 1987 IX R 252/84, BFH/NV 1987, 774 und IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751; vom 30. November 1990 III R 195/86, BFHE 163, 341, BStBl II 1991, 451; vom 10. Januar 1992 III R 103/87, BFHE 166, 295, BStBl II 1992, 297). In einem solchen Fall führt die Wahl der getrennten Veranlagung zu einer höheren Steuer für beide Ehegatten (BFH in BFHE 166, 295, BStBl II 1992, 297). Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn der Beigeladene hat positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, die dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben.
41Dem Kläger stand daher das steuerrechtliche Veranlagungswahlrecht zu.
42c) Dem Veranlagungswahlrecht des Insolvenzverwalters steht auch keine zivilrechtliche Verpflichtung zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung entgegen.
43Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Ehegatte dem anderen gegenüber aus § 1353 Abs. 1 BGB verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt wird; denn aus dem Wesen der Ehe folgt eine Verpflichtung beider Ehegatten, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigenen Interessen möglich ist (Urteil vom 18. November 2010 IX ZR 240/07, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis -- ZIP -- 2010, 2515; Der Betrieb -- DB -- 2011, 50). Dieser Anspruch, der weitergehend ist, als die vom Bundesfinanzhof angenommene Zustimmungsverpflichtung zur Zusammenveranlagung in den dargestellten Fällen, richtet sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gegen den Insolvenzverwalter (vgl. BFH in ZIP 2010, 2515; DB 2011, 50).
44Zum einen erlaubt § 26 EStG eine grundsätzliche freie Ausübung des Veranlagungswalrechts. Die Zustimmung auf Zusammenveranlagung ist im Besteuerungsverfahren auch nicht erzwingbar (BFH-Urteil in BFHE 123, 172, BStBl II 1977, 870; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1083; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1142). Der zivilrechtliche Anspruch aus § 1353 Abs. 1 BGB ist im Besteuerungsverfahren nicht inzident zu prüfen, vielmehr bleibt der die Zusammenveranlagung anstrebende Ehegatte auf den Zivilrechtsweg angewiesen (FG Köln-Beschluss vom 19. Januar 2005 15 V 6203/04, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 2005, 703).
45Zum anderen besteht ein solcher zivilrechtlicher Anspruch im Streitfall nicht, denn er ist nur gegeben, wenn der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird (vgl. BGH-Urteile vom 13. Oktober 1976 IV ZR 104/74, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW --1977, 378; vom 4. November 1987 IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032; vom 12. Juni 2002 XII ZR 288/00, NJW 2002, 2319, und vom 25. Juni 2003 XII ZR 161/01, BGHZ 155, 249). Dies wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann angenommen, wenn der die Zusammenveranlagung begehrende Ehegatte sich verpflichtet, den anderen von ihm hierdurch etwa entstehenden Nachteilen freizustellen (vgl. Urteil vom 3. November 2004 XII ZR 128/02, HFR 2005, 267). Eine solche Verpflichtung ist den Akten nicht zu entnehmen.
46d) Die Einkommensteuerveranlagung ist für 2005 im Wege einer Zusammenveranlagung nach § 26b EStG durchgeführt worden. Zwar hat der Kläger zunächst sein Wahlrecht nicht ausgeübt. Der Kläger ging vielmehr rechtsirrig davon aus, die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht verweigern zu können und unterließ es in der Folge eine Zustimmung tatsächlich zu erklären. Allerdings hat der Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Aufteilung nach §§ 268 ff. AO gestellt und damit konkludent die Zusammenveranlagung nach §§ 26 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, Abs. 2 Satz 2, 26b EStG gewählt, mit der Folge, dass der Insolvenzschuldner hinsichtlich der Einkommensteuerforderung Gesamtschuldner gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 AO geworden ist. Da dieses Wahlrecht -- wie dargestellt -- ein Verwaltungswahlrecht ist, sind die Einkommensteuerschulden des Jahres 2005 -- soweit diese auf den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen -- in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO begründet.
474. Anders als in den BFH-Urteilen (in BFHE 232, 318, BStBl II 2011, 520, und in BFH/NV 2011, 2111) resultiert die als Masseverbindlichkeit geltend gemachte Steuerschuld des Insolvenzschuldners allein aus der sich infolge der Zusammenveranlagung ergebenden Gesamtschuldnerschaft und ist auf die Ausübung des Veranlagungswahlrechts durch den Kläger als Insolvenzverwalter zurückzuführen.
485. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Beklagte darüber hinaus den Anspruch in Höhe von 188,16 EUR auf § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO als Masseverbindlichkeit stützen kann.
49IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO.
50V. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.