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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags zur Einkommensteuer 2013.
3Die Kläger sind Ehegatten. Sie werden vom Vater des Klägers, der nicht zum Personenkreis des § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO zählt, steuerlich vertreten und hatten für das Streitjahr 2013 zunächst keine Steuererklärungen eingereicht. Der Kläger erzielt als Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wurden in den Vorjahren gesondert festgestellt. Darüber hinaus erzielen die Kläger gewerbliche Einkünfte aus diversen Beteiligungen an Kommanditgesellschaften und Einkünfte aus der Vermietung von Grundbesitz. Die Beteiligungseinkünfte wurden in den Vorjahren ebenfalls gesondert bzw. gesondert und einheitlich festgestellt.
4Der Beklagte hatte die Kläger mit Schriftsatz vom 19.3.2014 aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2013 bis spätestens zum 31.10.2014 einzureichen und zur Begründung angeführt, dass die Arbeitslage dies erfordere. Für nähere Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 19.3.2014 (Bl. 11 d.A.) Bezug genommen.
5Mit Schreiben vom 17.10.2014 beantragten die Kläger eine Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung bis zum 10.2.2015 und führten zur Begründung aus, dass die für die Einkommensteuererklärung erforderlichen Angaben von Grundlagenbescheiden der jeweiligen Feststellungsfinanzämter abhingen. Da die Grundlagenbescheide noch nicht vorlägen, sei eine korrekte Abgabe der Einkommensteuererklärung noch nicht möglich. Mit Blick auf die regelmäßig von Steuerberatern gefertigten Feststellungserklärungen und die den Steuerberatern bewilligten Fristverlängerungen setzte ein ermessensfehlerfreies Handeln der Verwaltung voraus, dass auch für die Einkommensteuererklärung als „Folgeerklärung“ eine Fristverlängerung gewährt werde. Für nähere Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 17.10.2014 (Bl. 12 d.A.) und vom 19.11.2013 (Bl. 7 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Der Beklagte lehnte eine über den 31.10.2014 hinausgehende Fristverlängerung mit Schreiben vom 5.11.2014 ab und führte zur Begründung aus, dass die Steuererklärung bereits zum 31.10.2014 angefordert worden sei. Zudem rechtfertige der von den Klägern vorgetragene Grund keine Fristverlängerung, zumal die Einkünfte aus Beteiligungen dem Wohnsitzfinanzamt von Amts wegen mitgeteilt würden und eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids zur Berücksichtigung der festgestellten Einkünfte ebenfalls von Amts wegen erfolge. Für nähere Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 5.11.2014 (Bl. 13 d.A.) Bezug genommen.
7Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, dass die Ablehnung der Fristverlängerung ermessenswidrig sei. Die Ablehnung der Fristverlängerung sei nicht nur missbräuchlich, sondern auch verwaltungsökonomisch unvertretbar. Für nähere Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben vom 26.11.2014 (Bl. 14 d.A.) Bezug genommen.
8Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3.12.2014 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung über den 31.10.2004 hinaus nicht gegeben seien. Der Beklagte sei nach dem gleichlautenden Ländererlass in Einzelfällen berechtigt, die Steuererklärungen vor Ablauf der für steuerlich beratene Personen allgemein verlängerten Abgabefristen anzufordern. Die gesonderte Anforderung der Steuererklärung für 2013 sei vorliegend bereits mit einer Frist bis zum 31.10.2014 erfolgt, obwohl die Kläger nicht steuerlich beraten gewesen seien und sie die Erklärung daher eigentlich bis zum 31.5.2014 hätten abgeben müssen. Besondere Gründe, die eine über den 31.10.2014 hinausgehende Fristverlängerung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Der Einwand der Kläger, dass sie wegen fehlender Grundlagenbescheide noch nicht über alle erforderlichen Angaben verfügten, stelle keinen besonderen Grund für eine Fristverlängerung dar. Denn die Einkommensteuerveranlagung werde grundsätzlich mit den von den Klägern erklärten Einnahmen durchgeführt. Sollte sich später herausstellen, dass die erklärten Einnahmen nicht den gesondert festgestellten Einnahmen entsprechen, werde dieser Umstand durch eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung nach § 175 AO berücksichtigt. Die Möglichkeit, dass Grundlagenbescheide auch noch nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung ergehen können, entbinde die Kläger nicht von ihrer Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung. Im Übrigen lasse sich aus einer für einen vorangegangenen Veranlagungszeitraum gewährten Fristverlängerung kein Rechtsanspruch für die Folgejahre herleiten. Die von den Klägern begehrte Fristverlängerung sei mit Blick auf das öffentliche Interesse an einer zeitnahen und zügigen Durchführung des Veranlagungsverfahrens nicht gerechtfertigt. Für weitere Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 3.12.2014 (Bl. 15 ff. d.A.) Bezug genommen.
9Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Begehren weiter und führen aus, dass die persönliche Einkommensteuererklärung zu über 90 % von den in Feststellungsbescheiden enthaltenen Angaben abhängig sei. Für die Abgabe der Feststellungserklärungen sei den jeweiligen Steuerberatern eine Fristverlängerung eingeräumt worden. Frühestens ab dem Zeitpunkt, in dem die Steuerberater die Feststellungserklärungen abgegeben hätten, stünden daher erst vorläufige Zahlen für die persönliche Einkommensteuererklärung zur Verfügung. Erst nach Fertigstellung der Feststellungserklärungen seien ihnen – den Klägern – die zu berücksichtigenden Angaben bekannt. Im Übrigen sei zu beachten, dass der weitaus größte Teil der steuerlich beratenen Kommanditgesellschaften die Feststellungserklärungen erst im Laufe des Dezembers abgebe und den Gesellschaftern die steuerrelevanten Daten erst zu diesem Zeitpunkt mitteile. Vor diesem Hintergrund sei es erst ab Mitte Januar des Folgejahres möglich, die jeweiligen Angaben in die persönliche Einkommensteuererklärung zu übernehmen. Dieser Sachverhalt verdeutliche, dass der Beklagte mit seiner Aufforderung, die persönliche Steuererklärung bis zum 31.10.2014 abzugeben, Unmögliches verlange. Ohne die beantragte Fristverlängerung könne nur eine Steuererklärung ohne die Anlagen G, S, KAP und V vorgelegt werden. Anstatt den Nutzen einer unvollständigen Steuererklärung näher zu begründen, behaupte der Beklagte in Ignoranz des tatsächlichen Sachverhalts in abstrakten Wendungen, dass die Arbeitslage eine Fristverlängerung verbiete. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich im Fall einer Fristverlängerung die Anzahl der vom Beklagten später noch vorzunehmenden Änderungsfestsetzungen verringere. Im Übrigen liege ein Informationsmangel in der Weitergabe der jeweiligen Feststellungsergebnisse an die Kläger vor. Dieser Mangel sei von erheblichem Gewicht und bestehe darin, dass ein gemäß § 175 AO geänderter Einkommensteuerbescheid nur eine einzige Position für die Summe der Einkünfte aus Beteiligungen vorsehe. Rechtsstaatlich erforderlich wäre aber, dass die geänderten Einkommensteuerbescheide eine Aufstellung über die jeweils berücksichtigte Beteiligung und die auf diese Beteiligung entfallenden Einkünfte ausweise. Eine solche Aufstellung zum Steuerbescheid müsste mit jeder neuen Mitteilung der Betriebsfinanzämter ergänzt oder geändert werden.
10Insgesamt könne man die durch Gesetz und Verwaltungserlass „geschaffenen Fakten“ in folgende Formel fassen: „Wenn Erklärung B von den Zahlen der Erklärung A abhängig ist, kann Erklärung B nur mit einer Nachfrist gegenüber Erklärung A verlangt werden. Eine Ermessensausübung, die dies missachtet, verstößt gegen die Denkgesetze und stellt sich aus der Sicht des Steuerpflichtigen als Schikane dar.“
11Die vom Beklagten vertretene Rechtsansicht verstoße gegen verbindliche Vorschriften und Erlasse, die bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen seien. Insbesondere werde der Vorrang des Feststellungsverfahrens nicht beachtet. Auch werde das Recht des Steuerpflichtigen, sich unter anderem bei der Erklärung der Einkünfte im Rahmen eines Feststellungsverfahrens von einem Steuerberater vertreten zu lassen, nicht beachtet. Der Steuerpflichtige könne innerhalb der allgemeinen Fristverlängerung nicht den Zeitpunkt beeinflussen, zu dem der Steuerberater die jeweils relevante Feststellungserklärung abgebe. Dies alles verdeutliche, dass der Gegenstand der Klage von grundsätzlicher und allgemeiner Bedeutung für künftige Steuererklärungen sei. Ein dem Klageantrag entsprechender Leitsatz des Gerichts könnte etwa wie folgt formuliert werden: „Ist die Einkommensteuererklärung überwiegend von Angaben/Zahlen abhängig, die in einem Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) festzustellen sind, so endet die Frist für die Abgabe der Einkommensteuererklärung nicht früher als sechs Wochen nach Ablauf der Frist, die für die Feststellungserklärungen gilt.“
12Die Kläger beantragen,
131. die Ablehnung der Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Fristverlängerung nachträglich zu bewilligen,
142. hilfsweise festzustellen, dass die Ablehnung der Fristverlängerung für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2013 rechtswidrig war.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass eine in den Vorjahren gewährte Fristverlängerung keinen Rechtsanspruch für eine in den Folgejahren zu gewährende Fristverlängerung begründen könne. Den Klägern habe eine mehr als ausreichende Zeitspanne zur Verfügung gestanden, um dafür Sorge zu tragen, die Steuererklärungen fristgerecht fertigzustellen. Der Sachvortrag, dass die Einkünfte zu einem großen Teil aus Beteiligungen erzielt würden, sei kein begründeter Ausnahmetatbestand, der eine Fristverlängerung über den 31.10.2014 hinaus rechtfertigen könne. Im Übrigen sei es insbesondere auch hinsichtlich der Einkünfte aus der Einzelpraxis des Klägers die Aufgabe der Kläger, diesen Gewinn rechtzeitig zu ermitteln, um die Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung einzuhalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Feststellungserklärung hinsichtlich der Einzelpraxis bereits am 30.10.2014 beim zuständigen Finanzamt eingereicht worden sei. Vor diesem Hintergrund seien den Klägern diese Einkünfte schon ab Ende Oktober 2014 bekannt gewesen. Bei Einkünften aus Beteiligungen bestehe kein Rechtsanspruch dahingehend, dass die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung stets zu verlängern sei, bis dem Steuerpflichtigen detaillierte Kenntnisse über die exakte Höhe der Einkünfte aus allen Beteiligungen vorlägen.
18Auf eine Nachfrage des Berichterstatters hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.2.2015 mitgeteilt, dass die Einkommensteuererklärung für 2013 dort am 28.1.2015 eingegangen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger wurde auf diesen Umstand mit Verfügung vom 23.2.2015 hingewiesen. Zudem wurde angefragt, ob die Abgabe einer Prozesserklärung beabsichtigt sei.
19Der Prozessbevollmächtigte der Kläger teilte daraufhin im Schriftsatz vom 19.3.2015 mit, dass der Eingang der Einkommensteuererklärung beim Beklagten nichts an der Notwendigkeit und Berechtigung der Klage ändere. Nur durch die beantragte Entscheidung des Gerichts, den Beklagten zur Gewährung der beantragten Fristverlängerung ist zum 10.2.2015 zu verpflichten, entfalle die Grundlage für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage ist im Hauptantrag unzulässig und im Hilfsantrag unbegründet.
221.
23Die Klage ist im Hauptantrag unzulässig.
24Das Rechtsschutzbedürfnis ist hinsichtlich des auf die Fristverlängerung gerichteten Hauptantrags entfallen. Der Regelungsgehalt der Ablehnung der Fristverlängerung hat sich durch die während des Klageverfahrens am 28.1.2015 von den Klägern beim Beklagten eingereichte Einkommensteuererklärung erledigt im Sinne des § 124 Abs. 2 AO; dadurch erübrigt sich die von den Klägern erstrebte Entscheidung über die Fristverlängerung (vgl. nur BFH-Urteile vom 21.2.2006 IX R 78/99, BStBl. II 2006, 399 und vom 28.6.2000 X R 24/95, BStBl. II 2000, 514). Da die Erledigung alleine an die zwischenzeitlich erfolgte Abgabe der Steuererklärung anknüpft, kommt es nicht darauf an, dass eine Fristverlängerung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 AO grundsätzlich auch rückwirkend gewährt werden kann. Die Kläger haben keine Erledigungserklärung abgegeben; der zunächst zulässige Hauptantrag ist mit dem Eintritt des erledigenden Ereignisses unzulässig geworden (vgl. BFH-Beschluss vom 22.9.1999 VII B 82/99, BFH/NV 2000, 335).
252.
26Die Klage ist im Hilfsantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
27Da sich der Antrag auf Fristverlängerung mit dem Eingang der Steuererklärung beim Beklagten erledigt hat, ist der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO eröffnet (vgl. nur BFH-Urteile vom 21.2.2006 IX R 78/99, BStBl. II 2006, 399; vom 11.8.1998 VII R 72/97, BFH/NV 1999, 423 und vom 23.3.1976 VII R 106/73, BStBl. II 1976, 459). Das berechtigte Interesse der Kläger an der Feststellung, die Ablehnung der begehrten Fristverlängerung sei rechtswidrig gewesen, ist jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Es besteht die begründete Annahme, dass der Beklagte in vergleichbaren künftigen Fällen an der bisher vertretenen und von den Klägern angegriffenen Rechtsansicht festhalten wird. Nicht erforderlich ist in diesem Zusammenhang, dass von der nunmehr begehrten Feststellung eine Bindungswirkung für andere Fälle ausgeht. Es genügt die begründete Annahme, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird.
283.
29Die Klage ist im Hilfsantrag jedoch unbegründet. Der Beklagte hat den Antrag auf Verlängerung der Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung 2013 ermessensfehlerfrei abgelehnt.
30Die Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht gemäß § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden darf, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Für die gerichtliche Überprüfung ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Das Gericht ist im Ermessensbereich nicht zur eigenen Ermessensausübung befugt, weil es ansonsten seine Erwägungen an die Stelle der hier allein maßgeblichen Ermessenserwägungen der Verwaltung setzen würde (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2000 X R 24/95, BStBl. II 2000, 514).
31Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO kann die in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO festgelegte Abgabefrist für jahresbezogene Steuererklärungen, die spätestens fünf Monate nach Ablauf des Kalenderjahres abzugeben sind, verlängert werden. Die Verlängerung der Abgabefrist liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde. Durch gleichlautende Ländererlasse zu Steuererklärungsfristen für 2013 (vgl. Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 2.1.2014 S 0320-1-VA2, BStBl. I 2014, 64) wird die Abgabefrist für Steuererklärungen, die durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, grundsätzlich bis zum 31.12.2014 verlängert. Nach Absatz 3 des Erlasses kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärung „aufgrund begründeter Einzelanträge“ bis zum 28.2.2015 bzw. in den Fällen des Abschnitts I Absatz 2 bis zum 31.7.2015 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Diese Verwaltungsvorschriften sollen einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Steuerpflichtigen, steuerberatenden Berufen und Finanzbehörden ermöglichen. Sie beinhalten als Ermessensrichtlinien Grundsätze für die Ausübung des Ermessens im Einzelfall (vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2000 X R 24/95, BStBl. II 2000, 514). Sind Ermessensrichtlinien erlassen, hat das Gericht zu überprüfen, ob sich die Behörde an die Richtlinie gehalten hat und ob die Ermessensrichtlinie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält und ob die Behörde von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch macht (vgl. nur BFH-Urteil vom 11.4.2006 VI R 64/02, BStBl. II 2006, 642).
32Der Beklagte hat den Antrag der Kläger auf Fristverlängerung ermessensfehlerfrei und in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Die Kläger haben ihren Antrag nicht hinreichend begründet. Der von den Klägern vorgetragene Umstand, dass eine Vielzahl der in ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung zu berücksichtigenden Angaben von den Ergebnissen der Verfahren über die jeweilige gesonderte bzw. gesonderte und einheitliche Feststellung abhänge und „zutreffende“ Angaben vor Erlass der jeweiligen Feststellungsbescheide nicht gemacht werden könnten, rechtfertigt die begehrte Fristverlängerung nicht. Denn die Entscheidung des Gesetzgebers, mit Blick auf den Grundlagen- und den Folgebescheid ein jeweils eigenständiges Verfahren vorzusehen, bringt es regelmäßig mit sich, dass das Ergebnis eines Grundlagenbescheids mitunter auch erst dann vorliegen kann, wenn die Abgabefrist für die Steuererklärung des Folgebescheids bereits abgelaufen ist oder die Steuerfestsetzung für den Folgebescheid bereits durchgeführt wurde. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch entsprechende verfahrensrechtliche Vorschriften Rechnung getragen (vgl. z.B. § 171 Abs. 10 AO, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) und in § 155 Abs. 2 AO ausdrücklich geregelt, dass ein Steuerbescheid auch schon dann erteilt werden darf, wenn ein hierfür maßgebender Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. In diesem Fall können die in dem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 5 AO geschätzt werden. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Grundentscheidung des Gesetzgebers und das öffentliche Interesse an einer zeitnahen und zügigen Durchführung des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens hat der Beklagte eine über den 31.10.2014 hinausgehende Fristverlängerung ermessensfehlerfrei abgelehnt und der fristgerechten Abgabe der Steuererklärung den Vorrang vor einer möglichen Vermeidung oder Minimierung von Folgeänderungen bei der Einkommensteuerfestsetzung eingeräumt. Es ist in diesen Fällen Aufgabe des Steuerpflichtigen, seine persönliche Einkommensteuererklärung mit den von ihm ermittelten – und soweit dies nicht möglich ist, ggfls. geschätzten Werten (§§ 155 Abs. 2; 162 Abs. 5 AO) – fristgerecht abzugeben. Ob die Kläger aus ihrer eigenen Sicht eine andere Vorgehensweise für ökonomisch sinnvoller halten, ist für die vom Beklagten zu treffende Ermessensentscheidung ohne Bedeutung. Zutreffend hat der Beklagte schließlich ausgeführt, dass die Kläger nicht alleine schon deswegen von der Pflicht zur (fristgerechten) Abgabe der persönlichen Steuererklärung entbunden sind, weil die Feststellungserklärungen der relevanten Grundlagenbescheide noch nicht fertiggestellt sind (vgl. auch BFH-Beschluss vom 12.12.2003 XI B 86/03, BFH/NV 2004, 466) und darüber hinaus darauf hingewiesen, dass sich aus einer für ein Vorjahr gewährten Fristverlängerung kein Rechtsanspruch für eine Fristverlängerung in einem Folgejahr ableiten lässt. Anhaltspunkte für Ermessensfehler oder einen Ermessensnichtgebrauch sind insgesamt nicht ersichtlich.
334.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.