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Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 vom 20.8.2010 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2003 vom 11.8.2010 werden insoweit geändert, als ein zusätzlicher Aufwand in Höhe von 896.374 EUR steuerlich zu berücksichtigen ist. Die Ermittlung der vortragsfähigen Verluste wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist letztlich streitig, mit welchem Wert Anteile an einer niederländischen B.V. anzusetzen sind, die die Klägerin im Rahmen einer Kapitalerhöhung übernommen hat.
3Die Klägerin ist eine im Jahr 1973 gegründete Gesellschaft mbH. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit ....
4Seit 1994 war die Klägerin an der niederländischen A B.V. in H in den Niederlanden - im Folgenden: Tochtergesellschaft - mit einer Einlage von 2.288.000 niederländischen Gulden - hfl - (entspricht 2.043.519,60 DM) zunächst zu insgesamt 52% des Gesamtkapitals beteiligt. Ebenfalls im Jahr 1994 wurde der Tochtergesellschaft ein Darlehen in Höhe von 2 Millionen hfl (entspricht 1.785.773,92 DM) gewährt, welches mit 6% zu verzinsen und entsprechend den Vereinbarungen mit der M zu tilgen war. Die Beteiligung und das Darlehen wurden durch ein Darlehen der D Handelsgesellschaft mbH und Co. KG - im Folgenden: KG -, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Klägerin neben ihrer Holdingfunktion ist, refinanziert.
5Im Jahr 1995 wurde das Darlehen der Klägerin an die Tochtergesellschaft um weitere 766.940,46 DM erhöht. Im Dezember 1996 wurde das Kapital der Tochtergesellschaft um insgesamt 3.650.000 hfl erhöht. Die Klägerin übernahm - entsprechend ihrer Beteiligung von 52% - 1.898.000 hfl. Der Gesamtwert der aktivierten Beteiligung belief sich daher zum 31. Dezember 1996 auf 3.738.161,60 DM. Daneben bestand weiterhin das Darlehen über 2 Millionen hfl.
6Im März/April 1997 erfolgte eine weitere Kapitalerhöhung in Höhe von insgesamt 2.240.000 hfl. Der Anteil der Klägerin betrug 1.164.800 hfl. Dadurch erhöhte sich der Gesamtwert der aktivierten Beteiligung zum 31. Dezember 1997 auf 5.350.800 hfl (entspricht 4.778.161,60 DM). Zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung wurde der Tochtergesellschaft ein weiteres Darlehen in Höhe von 67.200 Gulden gewährt. Außerdem wurden die fälligen Darlehenszinsen in Höhe von 123.004,64 hfl in Darlehen umgewandelt. Die in den Jahren 1994 bis 1997 gegebenen Darlehen (einschließlich umgewandelter Zinsen) beliefen sich zum 31. Dezember 1997 auf 1.957.869,55 DM.
7In dem Bilanzbericht 1997 wurde auf den Prüfungsbericht der Tochtergesellschaft Bezug genommen. Der in dem Jahresabschluss der Tochtergesellschaft zum 31. Dezember 1997 ausgewiesene Verlust in Höhe von 7.460.695 hfl werde durch den Geschäftsführer als Anlaufverlust betrachtet.
8Der Bilanzbericht der Tochtergesellschaft weist unter Textziffer 3.2 aus, dass erwartet werde, dass sich die Preise im Laufe des Jahres 1998 verbessern würden. Dank der Inbetriebnahme des Metallabscheiders Anfang 1998 werde die Rendite der Einkäufe erheblich verbessert. Man erwarte dadurch einen positiven Einfluss auf den relativen Wertzuwachs. Je nach der Entwicklung der Preise entspreche es der Erwartung, dass in 1998 ein kostendeckender Betrieb realisiert werden könne.
9Im November 1998 sollte eine weitere Kapitalerhöhung der Tochtergesellschaft in Höhe von 2 Millionen DM vorgenommen werden. Davon entfielen auf die Klägerin 1.040.000 DM. Tatsächlich wurde der als Kapitalerhöhung vorgesehene Betrag als Darlehen an die Tochtergesellschaft begeben. Ebenfalls im Jahr 1998 kam es zur Umwandlung rückständiger Zinsen in Darlehen. Der Bestand der Darlehen gegenüber der Tochtergesellschaft erhöhte sich auf 3.191.788,61 DM zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1998. Im Bilanzbericht 1998 der Klägerin wurde erneut auf den Bilanzbericht der Tochtergesellschaft verwiesen. Der in dem Jahresabschluss der Tochtergesellschaft ausgewiesene Verlust von insgesamt 10.328.161 hfl werde durch den Geschäftsführer als Anlaufverlust betrachtet.
10Der Bilanzbericht der Tochtergesellschaft weist unter Textziffer 2.2 aus, dass erwartet werde, durch Einführung diverser Maßnahmen einen positiven cash flow zu erzielen, nämlich durch Reduzierung der Entsorgungskosten pro Tonne, weniger Entsorgungsmenge durch geändertes Einkaufsverhalten, weitere Optimierung des Produktionsprozesses und positive Erwartungen bzgl. des Weltpreises für ....
11Obwohl die Bilanz zum 31. Dezember 1999 höhere Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft gegenüber der Klägerin ausweist als die Bilanz 1998, entspricht der Bilanzbericht im Wesentlichen dem Bilanzbericht 1997. Auch der Bilanzbericht 1999 enthält einen Verweis auf den Bilanzbericht der Tochtergesellschaft. Der in dem Jahresabschluss der Tochtergesellschaft ausgewiesene Verlust von insgesamt 11.822.529 hfl werde durch den Geschäftsführer als Anlaufverlust betrachtet. Der Geschäftsführer erwarte für das Jahr 2000 ein positives Ergebnis.
12Der Bilanzbericht der Tochtergesellschaft weist unter Textziffer 2.1 aus, dass das Ergebnis durch einmalige Kosten in Höhe von ca. einer Million hfl belastet worden sei. Durch eine veränderte Einkaufsstrategie und Erhöhung der Produktivität sei es gelungen, den Rohertrag von 18% im Jahr 1998 auf fast 32% im Jahr 1999 zu steigern.
13Die Bilanzberichte enthalten jeweils den Hinweis, dass die Bewertung der einzelnen Vermögens- und Schuldposten den gesetzlichen Vorschriften entspreche.
14In der Bilanz 2000 wies die Klägerin die Beteiligung an der Tochtergesellschaft mit 4.748.921,66 DM aus. Die Veränderungen bei den Ausleihungen an die Tochtergesellschaft gegenüber dem Vorjahr beruhten auf einem geänderten Wechselkurs zwischen hfl und DM. Die Forderungen gegenüber der Tochtergesellschaft veränderten sich nicht. Der Bilanzbericht 2000 verweist wieder auf den Bilanzbericht der Tochtergesellschaft. Der in diesem Jahresabschluss ausgewiesene Gesamtverlust habe sich durch den Jahresüberschuss des Jahres 2000 in Höhe von 1.301.352 hfl auf insgesamt 10.621.177 hfl verringert. Der Geschäftsführer erwarte für das Jahr 2001 wieder ein positives Ergebnis.
15In dem Bilanzbericht der Tochtergesellschaft ist ausgeführt, dass das positive Ergebnis auf die positive Entwicklung der Schrott- und insbesondere Metallpreise, die Reduzierung der Abfallmenge durch die Veränderung der Zusammensetzung des Vormateriales und die Steigerung der Produktivität durch technische Maßnahmen erreicht worden sei. Im Einzelnen ist ausgeführt, dass die Umsatzerlöse um ca. 2 Millionen hfl gestiegen und die Materialpreise relativ gesunken seien. Weitere Ursachen der positiven Entwicklung seien die Übernahme der bisher geleasten Gerätschaften und der günstigere Stromeinkauf.
16Der Bilanzbericht 2001 der Klägerin, an dem erstmals die jetzigen Bevollmächtigten mitwirkten, enthält unter Tz 12 sinngemäß folgende Ausführungen:
17Die Lage der Gesellschaft wird zudem entscheidend durch die zukünftige, z.T. mit erheblichen Risiken belastete Entwicklung der Tochtergesellschaft bestimmt. Das Geschäftsjahr 2001 dieser Gesellschaft wurde erneut mit einem Verlust abgeschlossen. Auch das Geschäftsjahr 2002 wird voraussichtlich mit einem Verlust abschließen. Gleichwohl rechnet die Geschäftsleitung trotz der weiterhin nachteiligen konjunkturellen Rahmenbedingungen zukünftig mit einer deutlichen Verbesserung des Rohertrags. Für die Frage der Absicherung des Beteiligungsengagements der Klägerin sei zudem der umfangreiche Grundbesitz der Tochtergesellschaft einzubeziehen. Dessen Verkehrswert liege ausweislich der dem Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung vorgelegten - von ihm nicht geprüften - Wertgutachten der P B.V., E/Niederlande vom 8. August 2002 und vom 11. September 2002 erheblich über den in der Bilanz dieser Gesellschaft zum 31. Dezember 2001 ausgewiesenen Buchwerten. Die Klägerin hat daher zum 31. Dezember 2001 weder auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft noch auf die Ausleihungen an diese Gesellschaft eine Abschreibung durchgeführt.
18Zur Frage der außerplanmäßigen Abschreibung wird weiter ausgeführt (Textziffer 13 ff.), dass eine außerplanmäßige Abschreibung nur in Betracht komme, wenn der Wert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft für die Klägerin unter Berücksichtigung der nicht unmittelbar mit der Beteiligung in Zusammenhang stehenden künftigen Aufwendungen und Erträge (Ergebnisauswirkungen in Gestalt diverser Kombinationseffekte) negative Ergebnisauswirkungen erwarten ließe. Sowohl in Textziffer 15, 48, 52, 88 und 90 des Bilanzberichtes behielt sich der Abschlussprüfer vor, dass gegebenenfalls eine Abschreibung auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft und die Ausleihungen hätte stattfinden müssen. Auch der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers (Anlage 4.1 des Jahresabschlusses) enthält die Einschränkung, dass nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden könne, dass eine Abschreibung auf die Beteiligung und die Ausleihungen hätte vorgenommen werden müssen.
19Der Jahresabschluss 2001 wurde im Dezember 2002 aufgestellt (Anlage 3.4) und ausweislich der Anlage 5.3 des Abschlusses 2002 in der Gesellschafterversammlung vom 4. Juni 2003 festgestellt.
20Der Bilanzbericht der Tochtergesellschaft erläutert den Nettoverlust von ca. 260.000 € trotz des auf über 17 Millionen € angestiegenen Umsatzes damit, dass sich der Rohertrag von 27,6% auf 21,7% verschlechtert habe.
21Die Ausführungen im Jahresabschluss der Klägerin 2002 entsprechen in weiten Teilen denen des Jahresabschlusses 2001. Eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung wurde weiterhin nicht vorgenommen. Der Prüfungsbericht weist unter Textziffer 10 aus, dass die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft zukünftig mit einer deutlichen Verbesserung des Rohertrages rechne. Der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft sei daher unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt worden. Die bei der Klägerin im Zusammenhang mit der Tochtergesellschaft bestehenden Vermögensgegenstände seien daher - ohne abschließende Beurteilung durch den Wirtschaftsprüfer - unverändert zum Nennwert bilanziert worden. Unter Textziffer 14 ist ausgeführt, dass bei Durchführung der Abschlussprüfung nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnte, dass hinsichtlich der Werthaltigkeit der Beteiligung an der Tochtergesellschaft und der Ausleihungen an diese Gesellschaft eine von der Geschäftsleitung abweichende Auffassung zutreffend sein könnte. In den Textziffern 43, 46 und 49 ist ausgeführt, dass die Wirtschaftsprüfer die Werthaltigkeit der Beteiligung und der Ausleihungen an der/die Tochtergesellschaft nicht abschließend beurteilen konnte. Die Geschäftsleitung vertrete die Auffassung, dass Korrekturen nicht erforderlich seien. In der Anlage 4.2 zum Jahresabschluss (Bestätigungsvermerk) ist erneut ausgeführt, dass die Werthaltigkeit in der Beteiligung und der Ausleihungen bezüglich der Tochtergesellschaft nicht abschließend beurteilt werden könne. Der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft sei unter Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt worden. Diese Annahme erscheine nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt, dass die Gesellschafter der Tochtergesellschaft die Zahlungsfähigkeit dieser Gesellschaft weiterhin gewährleisteten. Der Jahresabschluss 2002 der Klägerin wurde im Juli 2003 aufgestellt und mit Gesellschafterbeschluss vom 2. August 2004 festgestellt.
22Der Bilanzbericht der Tochtergesellschaft erläutert den auf ca. 850.000 € angestiegenen Jahresverlust durch ein Absinken des Umsatzes auf ca. 15 Millionen € durch eine zu geringe Auslastung der Anlage und ein weiteres Absinken des Rohertrages von 21,7% auf 19,9%. Die Bilanz der B.V. wies zum 31.12.2002 ein Anlagevermögen von insgesamt 11.635.128 EUR aus, der Teilwert belief sich auf 10.635.128 EUR, da der Verkaufswert des Grundstücks laut einem Gutachten vom 21.3.2003 nur 4.725.000 EUR betrug (Bilanzansatz 31.12.2003 5.713.089 EUR). Auf der Passivseite war das gezeichnete Kapital mit 4.669.398 EUR, der Verlustsaldo mit 5.886.676 EUR enthalten (also negatives Kapital in Höhe von 1.217.278 EUR). Die Gesamtschulden waren mit ca. 12,8 Mio EUR angegeben (davon Gesellschafterdarlehen, hinsichtlich derer ein Rangrücktritt vereinbart war, mit 4.113.401 EUR).
23Zum 1.1.2003 wurde das Darlehen der Klägerin an die Tochtergesellschaft mit EUR 1.691.271,42 bilanziert. Daneben bestand noch eine Zinsforderung aus dem Jahr 2002 in Höhe von 101.476,29 EUR, welche ebenfalls bilanziert war. Die Gesamtforderung belief sich mithin auf 1.792.747,61 EUR.
24Die Tochtergesellschaft beschloss notariell beurkundet am 19.12.2003 eine Kapitalerhöhung zum 1.12.2003 in Höhe von 1.792.750 EUR. Die Anschaffung der Neuanteile erfolgte lt. Notarvertrag durch Volleinzahlung von 1.792.750 EUR, die durch Umwandlung der Darlehen und der Zinsforderung seitens der Klägerin erbracht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die auszugsweise Übersetzung des Vertrags Bezug genommen (Bl. 105 ff. GA). Der Auszug enthält nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten die für den Streitfall wesentlichen Bestandteile des Vertrags. Die Werthaltigkeit der Darlehen zum Zwecke der Einlage bei der Tochtergesellschaft wurde durch eine Wirtschaftsprüferbescheinigung der Wirtschaftsprüfer R vom 15.12.2003 zum 1.12.2003 mit „mindestens gleich dem Betrag der Einzahlungsverpflichtung“ bewertet bzw. angegeben.
25Die Eintragung der Kapitalerhöhung ins niederländische Handelsregister erfolgte bereits zum 19.12.2003 zum ausgewiesenen Nennwert.
26Im Jahresabschluss 2003, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, entwickelte die Klägerin den Bilanzansatz der Beteiligung wie folgt weiter:
27
EUR |
EUR |
|
Stand zum 31.12.2002 |
2.428.087,18 |
|
Stammkapitalerhöhung in 2003 - Umwandlung Ausleihung -Umwandlung (Zins-) Forderung |
1.691.271,42 101.476,29 |
1.792.747,71 |
Zwischensumme |
4.220.834,89 |
|
Außerplanmäßige Abschreibung |
2.100.000 (50%) |
|
Stand zum 31. Dezember 2003 |
2.120.834,89 |
In Textziffer 37 des Bilanzberichtes ist insoweit ausgeführt, dass die Geschäftsführung davon ausgegangen sei, dass der umfangreiche Grundbesitz der Tochtergesellschaft stille Reserven in einer Größenordnung von etwa 2,4 Millionen € enthalte. In Textziffer 54 des Bilanzberichtes sind entsprechende Vergleichsverkäufe von Nachbargrundstücken nachgewiesen. Der Bestätigungsvermerk vom 10. August 2004 in Anlage 4.1 des Jahresabschlusses enthält keinerlei Einschränkungen.
29Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Jahresabschlüsse der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft (eingereicht als Anlagen zur Klagebegründungsschrift) sowie die Darlehensverträge zwischen der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft und der Klägerin und der KG (Refinanzierung) verwiesen (Betriebsprüfungshandakte zur Außenprüfung 2003 bis 2006).
30Weiterhin findet sich in der Betriebsprüfungshandakte ein Memorandum vom 7. Oktober 2003, in dem die Geschäftsleitung der KG erläutert, warum sie sich zur Fortführung des Engagements bei der Tochtergesellschaft entschieden habe. Darin erläutert die KG, warum es in den Jahren bis 1998 (so genannte Anlaufjahre) zu den Verlusten gekommen ist (mangelnde Erfahrung, falsche Beratung, zu kleiner Marktanteil) und dass dies die hohe Fremdfinanzierung bei den Gesellschaftern mit Zinsbelastungen von ca. 250.000 € pro Jahr zur Folge gehabt habe. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die negative Entwicklung bei der Tochtergesellschaft bis 1999 durch Entlassung der für die Misere verantwortlichen Mitarbeiter, Entwicklung geeigneter Controllinginstrumente sowie das Greifen der durch die Geschäftsleitung eingeleiteten Gegenmaßnahmen umgekehrt werden konnte. Dies habe zu dem Gewinn 2000 geführt. Die negative Entwicklung 2001/2002 habe konjunkturelle, keine strukturellen Gründe. Aus dem operativen Geschäft seien von 1999 bis 2003 Gewinne erwirtschaftet worden. Weiterhin wird dargelegt, dass allein in dem Grundstück mit einer Größe von ca. 40.000 Quadratmetern erhebliche stille Reserven (Ankauf für 18,16 € pro qm, Verkäufe von Nachbargrundstücken für 79,42 bis 90 € pro qm) gegeben seien. Außerdem werden die vorteilhafte Verkehrssituation mit eigener Hafenverladung und die Steigerung der Produktivität herausgestellt. Weiterhin wird auf die problematische Marktsituation 2002/2003 mit unangemessen hohen Einstandspreisen hingewiesen. Die Produktivität sei erheblich gesteigert worden. Im Mai 2003 sei mit dem örtlichen ... eine bedeutende Senkung der ...preise rückwirkend zum 1. Januar 2003 vereinbart worden. Außerdem sei es gelungen mit der U Nederland - U - einen Vertrag über die ... zu schließen. Dies sichere eine Teilhabe am Rohmaterial und bedeute eine zusätzliche Gebühreneinnahme. Die Rohmaterialpreise befänden sich seit April 2003 im Abwind. Dies habe bereits dazu geführt, dass für die Monate Mai und Juni 2003 ein positives Ergebnis ausgewiesen werden konnte. Letztlich verweist das Memorandum darauf, dass in den Jahren 2000 bis 2001 alle Fahrzeuge (5) neu angeschafft worden seien und daher frühestens in den Jahren 2005/2006 Ersatzbeschaffungen erforderlich seien und zur Vermeidung der Belastung der Tochtergesellschaft mit Zinsen die Gesellschafterdarlehen im Kapital umgewandelt werden sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Memorandum verwiesen.
31Außerdem liegt ein Gutachten (weitgehend in niederländischer Sprache) des Büros G vom 21. März 2003 vor, wonach der Grundbesitz einschließlich aller Gebäude einen Wert von 4.900.000 € gehabt haben soll.
32Die Betriebsprüfung rechnete die Teilwertabschreibung außerbilanziell den Einkünften der Klägerin wieder zu.
33Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ u.a. einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 vom 20.08.2010, in dem der vortragsfähige Verlust ohne die Teilwertabschreibung festgestellt wurde.
34Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 4. September 2012 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
35Außerdem erließ der Beklagte entsprechend einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2003 vom 11.8.2013 und wies den hiergegen eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 1.9.2014, auf die ebenfalls Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
36Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
37Die Teilwertabschreibung auf die streitgegenständliche Forderung sei durchzuführen, weil spätestens zum 18. Dezember 2003 eine voraussichtlich dauerende Wertminderung vorlag.
38Nach niederländischem Recht sei die Werthaltigkeit einer Forderung keine Voraussetzung für die Umwandlung in Eigenkapital.
39Der Wert der Forderung habe zum Zeitpunkt der „Umwandlung“ in Eigenkapital nur noch 50% des Nennwerts betragen. Die B.V. sei überschuldet gewesen, wie das negative Eigenkapital zeige.
40Die Klägerin beantragt,
41den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2003 vom 20.8.2010 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2003 vom 11.8.2010 insoweit zu ändern, als die streitgegenständliche Teilwertabschreibung i.H.v. 896.374 € steuerlich berücksichtigt wird;
42hilfsweise, die Revision zuzulassen.
43Der Beklagte beantragt,
44die Klage abzuweisen,
45hilfsweise, die Revision zuzulassen.
46Die Sache befindet sich hinsichtlich des Gewerbeverlustvortrags im zweiten Rechtsgang. Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 24. Juni 2014 – I B 63/13 das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil des Senats vom 27. Februar 2013 – 10 K 2810/12 aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Zur Begründung führte er u.a. aus: Die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils befassten sich nicht mit den zutreffenden Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Geschäftsanteile. Diese richteten sich nach dem gemeinen Wert der Forderung, der zu ermitteln sei.
47Der Senat hat die Verfahren wegen Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
48Entscheidungsgründe
49Die zulässige Klage ist begründet
50Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.
51Der Gewerbeverlustvortrag und der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer sind um einen zusätzlichen Aufwand in Höhe von 896.374 EUR zu erhöhen.
521. Der Senat weist vorab darauf hin, dass er entgegen der im BFH-Beschluss vom 24.6.2014 aufgestellten Behauptung bereits im ersten Rechtsgang alle nach Auffassung des Bundesfinanzhofs entscheidungserheblichen Tatsachen festgestellt hat. So hat er insbesondere die bilanzielle Behandlung der Kapitalerhöhung in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2003 dargestellt und wegen der weiteren Einzelheiten auf den Jahresabschluss der Klägerin Bezug genommen (Seite 8 des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils). Des Weiteren hat er ausgeführt, dass nach seiner Auffassung der Wert der Forderung dem Nominalwert entsprach, da die Klägerin in Höhe des Nominalwerts der Forderung an der Kapitalerhöhung teilgenommen habe, mit der Einbringung der Forderung von einer entsprechenden, gleich hohen Verbindlichkeit gegenüber der B.V. befreit worden sei und der Wert einer Forderung zumindest so hoch sei, wie ihr Gläubiger bei einer Aufrechnung von einer ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeit befreit werde (Seite 11 des Urteils).
53Für den zweiten Rechtsgang ist der Senat an die (im Ergebnis rechtlich zutreffenden und im ersten Rechtsgang auch nicht angezweifelten) Ausführungen des Bundesfinanzhofs gebunden.
542.a) Nach § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes -KStG- richtet sich die Ermittlung des Gewinns von Kapitalgesellschaften insbesondere nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ‑EStG-.
55b)aa) Bei einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage handelt es sich um einen Tauschvorgang. Nach dem im Streitjahr geltenden § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG bemessen sich die Anschaffungskosten des eingetauschten Wirtschaftsguts (Geschäftsanteile) nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts (Forderung), wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege des Tausches übertragen wird.
56bb) Der gemeine Wert der Forderung war im Zeitpunkt des Tausches um 50 % unter den Nominalwert gesunken.
57aaa) Das Einkommensteuergesetz enthält keine eigenständige Definition des Begriffs „gemeiner Wert“. Deshalb ist gemäß § 1 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes -BewG- auf die Regelungen im Bewertungsgesetz zurückzugreifen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung zu erzielen wäre. Für Kapitalforderungen bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG, dass diese mit dem Nennwert anzusetzen sind, wenn nicht besondere Umstände einen geringeren Wert begründen. Derartige besondere Umstände können in wirtschaftlichen Zweifeln an der Durchsetzbarkeit einer Forderung liegen. Dabei kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, wobei in erster Linie die Vermögens– und Einkommensverhältnisse des Schuldners zu berücksichtigen sind (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 1.10.2009 – II B 52/09, BFH/NV 2010, 62). Im Gegensatz zum Teilwert berücksichtigt der gemeine Wert nicht den wertbestimmenden Einfluss der Betriebszugehörigkeit der Schuldnerin (Mutter-Tochter-Verhältnis, Kulosa in Schmidt, EStG, 34. Aufl. 2015, § 6 Rz. 235).
58bbb) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der gemeine Wert der Forderung auf die Hälfte des Nennwerts gesunken. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus folgenden Überlegungen:
59- Betrachtet man die Vermögensverhältnisse der B.V., so ergibt sich, dass diese überschuldet und nur wegen der mit ihren Gesellschaftern vereinbarten Rangrücktritte nicht insolvent war. In einer solchen Vermögenssituation kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Forderung in vollem Umfang beglichen werden kann, diese ist vielmehr in ihrem Wert gemindert. Diese Wertminderung schätzt der Senat mit 50%, was durch nachfolgende Überlegung gestützt wird.
60- Ermittelt man den gemeinen Wert danach, was der Gläubiger bei einer sofortigen Zerschlagung des Unternehmens der Schuldnerin noch hätte erlangen können, so ergibt sich Folgendes: Als Aktivvermögen wäre ein Betrag von ca. 10,6 Millionen € zu erlösen gewesen. Davon hätten zunächst die Fremdschulden von ca. 8,8 Mio. EUR bezahlt werden müssen. Zur Bezahlung der Gesellschafterdarlehen von ca. 4,1 Mio EUR hätten noch ca. 2 Mio EUR zur Verfügung gestanden. Bei vier Gesellschaftern hätten deren Forderungen also zu 50% befriedigt werden können.
61cc) Im Ergebnis folgt aus Vorstehendem, dass in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die im Rahmen der Kapitalerhöhung übernommenen Geschäftsanteile anzusetzen sind, und dem bisher angesetzten Wert der Forderung ein zusätzlicher Aufwand der Klägerin entstanden ist, der zu einer Erhöhung der Verlustvorträge führt.
62Die richtige Buchung hätte gelautet:
63Beteiligung (gemeiner Wert der Forderung) + Aufwand an Forderung (Nominalwert)
643. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung, die Übertragung der Ermittlung der Verlustvorträge auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
65Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen der Frage zu, nach welchen Grundsätzen der gemeine Wert einer Forderung zu ermitteln ist.