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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2003. Zwischen ihnen ist streitig, ob eine im Streitjahr vorgenommene Teilwertaufholung / Teilwertzuschreibung – nachfolgend Wertaufholung genannt – auf den Beteiligungsbuchwert einer Tochtergesellschaft auch den Gewerbeertrag erhöhen darf.
3Die Klägerin ist eine im Jahre 1989 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in A (AG A, HRB 1). Sie gehört zum Konzern „R International“, dessen Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von ... unter dem Markenzeichen „R“ ist. Alleinige Anteilseignerin der Klägerin – Muttergesellschaft – ist die G Holding B.V. mit Sitz in den Niederlanden.
4Die Klägerin ist ihrerseits alleinige Anteilseignerin mehrerer Gesellschaften, darunter auch der R International AG – Tochtergesellschaft –. Die Tochtergesellschaft ist Besitzgesellschaft für Grundstücke und verpachtet diese an die Klägerin. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der Tochtergesellschaft als Organgesellschaft besteht seit 1989 eine körperschaftsteuerliche, umsatzsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft (Blatt – Bl. – 1144 der Betriebsprüfungshandakten – BpHA –).
5In 1989 veräußerte die Tochtergesellschaft Vermögen an die Klägerin sowie Dritte und führte den Gewinn (= aufgedeckte stille Reserven) an die Klägerin ab. Seinerzeit nahm die Klägerin daraufhin im Jahresabschluss zum 31. Dezember 1989 eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft i.H.v. 67.568.516 DM vor. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten führte diese Teilwertabschreibung im Jahre 1989 zu einem niedrigeren körperschaftsteuerlichen Gewinn, minderte also die Körperschaftsteuer des Jahres 1989.
6Aufgrund der im Jahre 1989 geltenden Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – hatte diese Teilwertabschreibung jedoch unstreitig keine gewerbesteuerliche Auswirkung, sie minderte den Gewerbeertrag mithin nicht. Insoweit wird auf das Urteil des 10. Senats des Finanzgerichts Köln (10 K 4633/91) vom 24. November 1994 (Bl. 7 ff. der Gerichtsakte) verwiesen. Der 10. Senat führte dort unter Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 2. Februar 1994 (I R 10/93, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 173, 426, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1994, 768) im Wesentlichen aus, Gewinne einer Organgesellschaft würden dem Organträger gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG als dessen fiktive Betriebsstätte zugerechnet. Ob die Organgesellschaft einen Gewinn thesauriere, ausschütte oder abführe sei ohne Einfluss auf den Gewerbeertrag des Organkreises. Folglich müsse auch eine durch Ausschüttung oder Abführung bedingte Minderung des Beteiligungsbuchwertes („ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung“ bzw. „abführungsbedingte Teilwertabschreibung“) ohne Einfluss auf den Gewerbeertrag sein und dürfe diesen nicht mindern.
7Im Streitjahr 2003 wurde die Klägerin zunächst hinsichtlich der hier streitigen Wertaufholung antragsgemäß veranlagt. In den Jahren 2007 bis 2009 fand bei ihr eine steuerliche Betriebsprüfung – Bp – des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A – GKBp A – für die Jahre 2002 bis 2004 statt. Ausweislich Tz. 2.3.4.3 (Bl. 1152, 1153 BpHA) des Betriebsprüfungsberichts vom 15. Dezember 2009 (Bl. 1141 ff. BpHA), auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, vertrat die GKBp A die Ansicht, dass im Streitjahr 2003 eine den Bilanzgewinn erhöhende Wertaufholung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – i.H.v. 5.600.940,45 € auf den Beteiligungsbuchwert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft vorzunehmen sei. Diese Wertaufholung – die zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitig ist (vgl. zur Berechnung Bl. 939 ff. BpHA) – basiert auf einer substanzwertorientierten Bewertung der Tochtergesellschaft und steht nicht im Zusammenhang mit im Streitjahr erzielten Gewinnen der Tochtergesellschaft. Entsprechend Tz. 2.4.3 des Bp-Berichts (Bl. 1163-1164 BpHA) ging die GKBp A insbesondere unter Verweis auf die Urteile des BFH vom 23. September 2008 (I R 19/08, BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301) und vom 28. Oktober 1999 (I R 111/97, Sammlung der [nicht amtlich veröffentlichten] Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2000, 896) davon aus, dass die Wertaufholung auch den Gewerbeertrag erhöhe.
8Dem folgte der Beklagte mit einem gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO –geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003 vom 7. Juni 2010, in welchem er den Gewerbesteuermessbetrag auf 212.090 € festsetzte; den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf. Einen unter anderem hiergegen erhobenen Einspruch wies er durch Teileinspruchsentscheidung gem. § 367 Abs. 2a AO vom 7. Juli 2011 als unbegründet zurück.
9Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Klage, zu deren Begründung sie vorträgt:
10Der Gewerbesteuermessbescheid sei rechtswidrig, die Wertaufholung dürfe sich nicht auf den Gewerbeertrag auswirken. Dies folge bereits aus § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2003 i.V.m. § 7 GewStG 2003, wonach der Gewinn insoweit körperschaft- und gewerbesteuerfrei sei. Die Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG greife nicht, da die in 1989 eingetretene körperschaftsteuerliche Gewinnminderung seinerzeit gewerbesteuerlich durch Ansatz eines höheren Wertes ausgeglichen worden sei. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG sei hier – entgegen der Ansicht des Beklagten – in einem gewerbesteuerlichen Sinne auszulegen, wodurch relevant sei, ob sich die seinerzeitige Teilwertabschreibung gewerbesteuerlich (nicht: körperschaftsteuerlich) ausgewirkt habe. Dies sei hier unstreitig nicht der Fall, wie sich aus dem Urteil des 10. Senats des FG Köln vom 24. November 1994 ergebe.
11Unabhängig von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG dürfe jedenfalls aus gewerbesteuerlichen Gründen keine Erhöhung des Gewerbeertrags vorgenommen werden. Es bestehe keine Bindung an den körperschaftsteuerlichen Gewinn, wenn sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer etwas anderes ergebe. Da die seinerzeitige Teilwertabschreibung den Gewerbeertrag im Organkreis nicht gemindert habe, gebiete es die Systematik bzw. das objektive Nettoprinzip, dass eine nachfolgende Wertaufholung den Gewerbeertrag im Organkreis auch nicht erhöhen dürfe. In diesem Zusammenhang weist die Klägerin insbesondere auf eine vom IV. Senat des BFH im Urteil vom 5. November 2009 (IV R 57/06, BFHE 226, 548, BStBl II 2010, 646) im Wege eines „obiter dictum“ getroffene Aussage. Da die Wertaufholung – so die Klägerin – bereits aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht der Gewerbesteuer unterworfen sei, sei es – entgegen der Ansicht des Beklagten – unerheblich, ob der Wortlaut der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG erfüllt sei. Jene Kürzungsvorschrift komme nicht zum Zuge, da der Ertrag aus der Teilwertzuschreibung richtigerweise bereits nicht in den Gewerbeertrag einfließe.
12Das vom Beklagten benannte BFH-Urteil vom 23. September 2008 (I R 19/08, BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301) sei – so die Klägerin – im Streitfall unbeachtlich. Der hier zu entscheidende Fall sei mit dem vom BFH entschiedenen Fall nicht vergleichbar. Zum einen habe im dortigen Fall keine gewerbesteuerliche Organschaft bestanden, zum anderen sei dort eine Teilwertabschreibung wegen der Sonderregelung in § 8 Nr. 10a GewStG hinzugerechnet worden.
13Die Klägerin beantragt,
14den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2003 vom 7. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2011 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbeertrag um einen Betrag von 5.600.940,45 € vermindert wird,
15hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen,
18hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
19Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die gewinnerhöhende Wertaufholung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages außer Acht zu lassen sei.
20Eine Kürzung ergebe sich nicht aus den Regelungen zur Organschaft. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 2003 seien Organträger und Organgesellschaften zwar weiterhin selbständige Gewerbebetriebe, die Organschaft führe aber dazu, dass die zunächst getrennt ermittelten Gewinne/Gewerbeerträge jeder Gesellschaft in einem zweiten Schritt auf Ebene des Organträgers zusammenzurechnen seien. Die Regelung bewirke, dass das zusammengefasste Ergebnis nur einmal der Gewerbesteuer unterliege.
21Durch die Zusammenrechnung könnten sich doppelte Belastungen oder Entlastungen ergeben, die zu korrigieren seien. Entsprechend der BFH-Rechtsprechung seien etwa Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen an Organgesellschaften zu korrigieren, soweit die Teilwertabschreibung betragsmäßig den von der Organgesellschaften erlittenen Verlusten entspreche. Gleiches gelte für Darlehensforderungen im Organkreis. Eine solche Korrektur sei hier aber nicht geboten, da keine doppelte Belastung oder Entlastung im Streitjahr bestehe. Vielmehr resultiere die Wertaufholung auf einem geänderten Ansatz des Substanzwertes der Beteiligung an der Tochtergesellschaft im Sinne der Wiederbeschaffungskosten als Untergrenze des Teilwertes. Hierfür seien insbesondere der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung der Tochtergesellschaft und die in ihr befindlichen Grundstücke entscheidend gewesen, nicht hingegen die Ertragslage der Tochtergesellschaft. Die Wertaufholung stelle sich dadurch als isolierter Vorgang auf Ebene der Klägerin als Organträger dar.
22Eine Kürzung des Gewerbeertrages ergebe sich auch nicht aus anderen körperschaft- oder gewerbesteuerlichen Regelungen. Im Streitjahr sei eine betragsmäßig unstreitige Wertaufholung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG vorzunehmen, welche den bilanziellen Gewinn erhöhe (1. Stufe). Diese Gewinnerhöhung sei bei der Körperschaftsteuer grundsätzlich gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2003 steuerfrei (2. Stufe). Hier greife aber die Ausnahmeregelung gem. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 (3. Stufe), soweit ein Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Wertes ausgeglichen worden sei. Dies sei hier körperschaftsteuerlich der Fall, weshalb die Wertaufholung dort steuererhöhend wirke.
23Diese Rechtsfolge gelte auch für die Gewerbesteuer. Eine abweichende Beurteilung sei nicht deswegen vorzunehmen, weil sich die seinerzeitige Teilwertabschreibung im Jahre 1989 wegen § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1989 (Rechtsfolge später in § 8 Nr. 10 GewStG geregelt) gewerbesteuerlich nicht ausgewirkt habe. Die Regelung des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 gelte wegen § 7 GewStG 2003 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Eine gewerbesteuerliche Sonderregelung bestehe nicht. Insbesondere sei keine Kürzung gem. § 9 Nr. 2a GewStG 2003 vorzunehmen, da die Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine Wertaufholungen (Teilwertzuschreibungen) erfasse. Zur von der Klägerin gerügten Doppelbelastung entgegnet der Beklagte unter Verweis auf diverse BFH-Rechtsprechung, eine Doppelbelastung sei nicht systemwidrig und deshalb hinzunehmen.
24Zum von der Klägerin zitierten Urteil des IV. Senats des BFH vom 5. November 2009 (IV R 57/06, BFHE 226, 548, BStBl II 2010, 646) entgegnet der Beklagte, dieses sei für den Streitfall nicht bindend und überdies nicht einschlägig. Der IV. Senat habe nur über Teilwertabschreibungen auf Darlehen und nicht über Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen in Organschaftsverhältnissen entschieden. Ausdrücklich habe der IV. Senat des BFH zudem nur über eine Teilwertabschreibung und nicht über eine Wertaufholung entschieden. Lediglich in einem „obiter dictum“ benenne er das von der Klägerin angeführte objektive Nettoprinzip, ohne verbindlich über die steuerliche Behandlung etwaiger Wertaufholungen in den Folgejahren entschieden zu haben.
25Die Klägerin hat zwischenzeitlich Aussetzung der Vollziehung – AdV – beantragt, welche ihr während eines gerichtlichen AdV-Verfahren (13 V 2448/11) durch den Beklagten gewährt worden ist.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die der Höhe nach unstreitige steuerbilanzielle Wertaufholung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft sowohl das körperschaftsteuerliche Einkommen (§ 8 Abs. 1 KStG 2003) als auch den Gewerbeertrag (§ 7 GewStG 2003) erhöht.
28Unstreitig ist aufgrund der substanzorientierten Neubewertung der Beteiligung der Klägerin an ihrer Tochtergesellschaft im Streitjahr 2003 ein Wertaufholungsgewinn gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 2003 entstanden.
29Nach dieser Vorschrift sind u.a. Beteiligungen, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Anlage- oder Umlaufvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, in den folgenden Wirtschaftsjahren mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2003 angesetzt werden kann. Im Ergebnis regelt die Vorschrift ein striktes Wertaufholungsgebot (auf den Teilwert, höchstens die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten) für Wirtschaftsgüter, die in früheren Wirtschaftsjahren auf einen niedrigeren Teilwert abgeschrieben und später wieder werthaltiger geworden sind.
30Diese Vorschrift führt im Streitfall dazu, dass die im Jahre 1989 auf einen niedrigeren Teilwert abgeschriebene Beteiligung der Klägerin an der Tochtergesellschaft aufgrund der – betragsmäßig unstreitigen – substanzorientierten Bewertung im Streitjahr 2003 mit einem höheren Teilwert anzusetzen ist. Der Teilwert liegt noch unter den ursprünglichen Anschaffungskosten (vgl. Teilwertabschreibung in 1989 um ca. 67,6 Mio. DM, Wertaufholung in 2003 um ca. 5,6 Mio. €).
31Soweit in der Literatur vereinzelt der Gedanke einer nur für gewerbesteuerliche Zwecke geführten Bilanzierung („gewerbesteuerliche Schattenbilanz“; vgl. hierzu etwa Wendt, FR 2010, 279, 281) vertreten wird, kann der Senat dem nicht folgen. Eine Rechtsgrundlage zur Führung einer eigenständigen Bilanz für gewerbesteuerliche Zwecke ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich.
32Der durch die Wertaufholung entstandene Gewinn fließt in die Ermittlung des (körperschaftsteuerlichen) Einkommens ein. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 2003 richtet sich die Bestimmung und Ermittlung des Einkommens nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sowie des Körperschaftsteuergesetzes.
33Zwar sind Wertaufholungsgewinne gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2003 grundsätzlich steuerfrei, nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 gilt dies jedoch nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift liegen im Streifall vor. Die im Jahre 1989 vorgenommene Teilwertabschreibung hat sich – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – seinerzeit körperschaftsteuermindernd ausgewirkt, auch ist sie in späteren Jahren bisher nicht durch Ansatz eines höheren Wertes ausgeglichen worden.
34Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang anführt, § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 müsse „in einem gewerbesteuerlichen Sinne“ ausgelegt werden, kann der Senat dem nicht folgen. Gegen ein solches Normverständnis spricht bereits die in den Gesetzen (EStG, KStG, GewStG) angelegte gestufte Ermittlung des Gewerbeertrages. Diese sehen im Ergebnis bei der Gewerbesteuer unterliegenden Körperschaften eine dreistufige Ermittlung vor, nach welcher zunächst ein durch Bestandsvergleich zu ermittelnder Gewinn (§§ 4 ff. EStG) zu berechnen ist. In einem zweiten Schritt ist der Gewinn um körperschaftsteuerliche Sondervorschriften – beispielsweise Betriebsausgabenabzugsverbote oder Steuerbefreiungen nach § 8b KStG – zu korrigieren. In einem dritten Schritt ist das nach dem KStG ermittelte Einkommen gem. § 7 GewStG anzusetzen und um Hinzurechnungen oder Kürzungen zu korrigieren.
35Gegen das von der Klägerin vorgetragene Normverständnis spricht auch, dass in diesem Falle § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 für körperschaftsteuerliche Zwecke „körperschaftsteuerlich zu lesen“ und für gewerbesteuerliche Zwecke „gewerbesteuerlich zu lesen“ wäre. Hiergegen sprechen bereits rechtsdogmatische und verfassungsrechtliche Erwägungen im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot, da eine Vorschrift dann, ohne dass dies in ihr hinreichend klar zum Ausdruck käme, auf einen Sachverhalt gleichzeitig in verschiedener Weise angewandt werden würde. Schlussendlich spricht gegen ein solches Normverständnis auch, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, die in § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 angelegte ausdrückliche Korrespondenz von steuermindernder Teilwertabschreibung und steuererhöhender Wertaufholung durch eine entsprechende eigenständige Parallelvorschrift im Gewerbesteuergesetz zu regeln.
36Der nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Wertaufholungsgewinn unterliegt auch der Gewerbesteuer.
37Nach § 7 Satz 1 GewStG ist der nach dem EStG oder KStG ermittelte Gewinn Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Weitergehende Sonderregelungen für Wertaufholungsgewinne enthält die Vorschrift des § 7 GewStG nicht.
38Auch § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 2003 steht einer Berücksichtigung des Wertaufholungsgewinns bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nicht entgegen.
39Nach dieser Vorschrift gilt eine Kapitalgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers, wenn sie eine Organgesellschaft i.S.d. §§ 14, 17 oder 18 des Körperschaftsteuergesetzes ist. Aus dieser die „gewerbesteuerliche Organschaft“ regelnden Vorschrift wird hergeleitet, dass bestimmte Doppelerfassungen (Doppelbelastungen oder -entlastungen) bei der Besteuerung des Organträgers auszuscheiden sind, um ein zutreffendes Ergebnis im Organkreis zu ermitteln (vgl. hierzu etwa BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768).
40Eine solche Situation liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Die hier im Streit stehende Wertaufholung auf Ebene der Klägerin als Organträgerin berührt nur deren Gewerbeertrag. Der Wertaufholungsgewinn basiert aufgrund der substanzbezogenen Ermittlung weder auf laufenden – der Gewerbesteuer unterliegenden – Gewinnen der Tochtergesellschaft, noch ist der Gewinn durch Vorgänge im Organkreis, etwa durch Gewinnausschüttungen oder -abführungen, bedingt.
41Eine Kürzung des Gewinns nach § 9 Nr. 2a GewStG scheidet im Streitfall ebenfalls aus.
42Der Kürzung unterliegen danach Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 GewStG, einer Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 23 GewStG, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind. Mit Urteil vom 23. September 2008 (I R 19/08, BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301, m.w.N.) hat der BFH entschieden, dass die Vorschrift in erster Linie die aus den Anteilen fließenden Dividenden erfasst. Werterhöhungen der Anteile sind indessen keine „Gewinne aus Anteilen“ im Sinne der Vorschrift. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf das vorgenannte Urteil.
43Eine Kürzung des Gewinns durch umgekehrte Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 10 GewStG ist abzulehnen.
44Soweit Teile der Literatur dies vertreten (vgl. in früherer Auflage Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, § 9 Nr. 2a Anm. 44 (Stand 9/2007); Wendt, FR 2009, 543; a.A. im Ergebnis BFH in BStBl II 2010, 301, der eine umgekehrte Anwendung von § 8 Nr. 10 GewStG nicht erwägt), hält der Senat dies mangels einer Lücke des Gesetzes (vgl. BFH a.a.O. unter II. 3.) für rechtsmethodisch bedenklich, weil durch eine umgekehrte Anwendung von Hinzurechnungsvorschriften im Ergebnis eine Kürzungsvorschrift geschaffen würde, die der Gesetzgeber in § 9 GewStG – anders als im Körperschaftsteuerrecht (§ 8b Abs. 2 Sätze 1-2 KStG 2003) – gerade nicht geregelt hat (ähnlich Urteil des FG Münster vom 17. März 2009 9 K 1105/08 K, G, EFG 2009, 1051).
45Bedenklich erscheint dem Senat auch, dass der Wortlaut des § 8 Nr. 10 GewStG 2003 gewinnmindernde Teilwertabschreibungen erfasst, die auf Gewinnausschüttungen („ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung“) oder auf organschaftlichen Gewinnabführungen („abführungsbedingte Teilwertabschreibung“) beruhen. Die von Teilen der Literatur vertretene umgekehrte Anwendung der Vorschrift würde hingegen zur Kürzung von gewinnerhöhenden Wertaufholungen führen und damit nach Auffassung des erkennenden Senats die Wortlautgrenze des § 8 Nr. 10 GewStG 2003 überschreiten.
46Der erkennende Senat sieht insoweit auch keinen Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 5. Dezember 2013 (13 K 2110/11, EFG 2014, 468; Revision unter dem Az. BFH I R 4/14 anhängig), in welcher er eine negative Hinzurechnung des Verlustanteils eines stillen Gesellschafters vorgenommen hat. In diesem Zusammenhang war für den Senat entscheidend, dass die Verwendung des Begriffs „Gewinn“ in einer Vielzahl von Vorschriften auch das Gegenteil (Verlust; „negativer Gewinn“) umfasst. Auch war im dortigen Fall eine negative Hinzurechnung aus systematischen Erwägungen (Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer; positive oder negative „Finanzierungsbeiträge“ eines stillen Gesellschafters sollen den Gewerbeertrag nicht beeinflussen) geboten. Der Fall war dadurch anders als der hier zu entscheidende Streitfall gelagert.
47Der Senat verkennt nicht, dass im Streitfall bei periodenübergreifender Betrachtung eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung entsteht. Er hält diese Doppelbelastung jedoch für hinnehmbar und eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes – GG – i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – BVerfGG – für nicht geboten.
48Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, welches ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und unmittelbar die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH besteht diese Vorlagepflicht jedoch nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserhebliche Gesetzesvorschrift überzeugt ist; bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 20. März 1952 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 1, 184, 188 f.; BVerfG-Beschluss vom 6. April 1989 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59, 65; BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VI R 121/90, BFHE 183, 538, BStBl II 1997, 692).
49Im Streitfall ist der erkennende Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt, insbesondere sieht er in der (periodenübergreifenden) Doppelbelastung keinen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip.
50Im Urteil vom 23. September 2008 (I R 19/08, BFHE 223, 258, BStBl II 2010, 301 m.w.N.; zustimmend Urteilsbesprechung von Gosch, BFH/PR 2009, 99; ebenso Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, § 8 Nr. 10 Rz. 8; dem folgend Richtlinie 8.6 Satz 7 Gewerbesteuerrichtlinien 2009; kritisch hingegen Wendt, FR 2009, 543) hat sich der I. Senat des BFH bereits mit dem – vergleichbaren – Fall befasst, dass eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach § 8 Nr. 10a GewStG 1991/1999 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden war, eine spätere Teilwertaufholung aber der Gewerbesteuer unterlag. Der I. Senat hat eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung ausdrücklich zugelassen. Ein sich aus dem Gesetzeszweck des GewStG ergebender allgemeiner Grundsatz des Ausschlusses von Doppelbelastungen bestehe nicht (vgl. Nachweise in BStBl II 2010, 301; ebenso BFH-Urteile vom 19. Juli 1972 I R 164/68, BFHE 106, 441, BStBl II 1972, 858; vom 8. Mai 2003 IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460; in diese Richtung auch Urteil des FG Münster vom 17. März 2009 9 K 1105/08 K, G, EFG 2009, 1051).
51In einem anderen Fall zu § 50c EStG hat der I. Senat im Urteil vom 19. August 2009(I R 1/09, BFHE 226, 231, BStBl II 2010, 225) ebenso konstatiert, dass das Wertaufholungsgebot nicht darauf abstelle, dass die frühere Teilwertabschreibung einkommenswirksam erfolgte.
52Der erkennende Senat hält die vorgenannten Urteile für zutreffend und schließt sich diesen an. Bei Betrachtung des Geschehensablaufs im Streitfall seit 1989 zeigt sich, dass im Jahre 1989 bei Versagung einer gewerbesteuerwirksamen Teilwertabschreibung kein Wertaufholungsgebot bestand. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und Nr. 1 Satz 4 EStG sind durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 in das EStG eingeführt worden. Mit diesem Gesetz hat sich der Gesetzgeber – in Abweichung zum BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 (I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768; bestätigt durch BFH‑Urteil vom 28. Oktober 1999 I R 111/97, BFH/NV 2000, 896) – ferner entschlossen, abführungsbedingte Teilwertabschreibungen nunmehr über § 8 Nr. 10 GewStG n.F. anstelle von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG zu erfassen (vgl. zur Rechtsentwicklung Kohlhaas, DStR 1998, 5). Der Gesetzgeber hat jedoch seinerzeit weder bei Einführung des Wertaufholungsgebots noch bei Änderung von § 8 Nr. 10 GewStG um abführungsbedingte Teilwertabschreibungen eine korrespondierende Kürzungsvorschrift für spätere Wertaufholungen geschaffen. Eine solche Korrespondenz hat er nur im Körperschaftsteuerrecht durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2003 (heute § 8b Abs. 2 Satz 4 KStG) hergestellt.
53Die hierdurch entstehenden Doppelbelastungen mögen ungerecht erscheinen (in diese Richtung auch Gosch in BFH/PR 2009, 99: „Es dünkt „ungerecht“, aber das ändert nichts: Rechtsgefühl und Rechtslage laufen zuweilen und auch im Urteilsfall auseinander:“), sie gilt es aber nach Überzeugung des erkennenden Senats hinzunehmen. Der Gesetzgeber ist nach seinem weiteren Gestaltungsspielraum nicht verpflichtet, bei Einführung eines Wertaufholungsgebots für jegliche Altfälle, in denen aufgrund diverser Vorschriften eine gewinnwirksame Teilwertabschreibung unterlieben ist, Übergangs- oder Sonderregelungen zu schaffen. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf das BFH-Urteil vom 25. Februar 2010 (IV R 37/07, BFHE 229, 122, BStBl II 2010, 784), in welchem auch der IV. Senat des BFH das ohne Übergangsregelungen eingeführte Wertaufholungsgebot als verfassungskonform erachtet hat.
54Soweit der IV. Senat des BFH (Urteil vom 5. November 2009 IV R 57/06, BFHE 226, 548, BStBl II 2010, 646; Urteilsanmerkung von Wendt in FR 2010, 279; vgl. hierzu auch Behrens/Renner, BB 2010, 485 sowie Wit, DStR 2010, 49; anders noch Urteil des IV. Senats vom 8. Mai 2003 IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460, Rz. 32 der in Juris abgedruckten Entscheidungsgründe, in welchem er eine Doppelbelastung offenbar noch für möglich und auch verfassungskonform hielt) oder Teile der Literatur (Kulosa in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 6 Rn. 373, 286) in diesen Fällen eine Doppelbelastung mit Verweis auf das objektive Nettoprinzip für unzulässig halten, kann der Senat dem nicht folgen. Eine Vermeidung der Doppelbesteuerung durch § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG (so der Ansatz von Behrens/Renner, BB 2010, 485) oder durch umgekehrte Anwendung von § 8 Nr. 10 GewStG (so der Ansatz von Wendt, FR 2009, 99) ist – wie oben dargelegt – nicht möglich. Die vom IV. Senat in einem obiter dictum geäußerte Rechtsansicht sowie die Ausführungen der vorgenannten Autoren führen auch nicht dazu, dass der erkennende Senat hierdurch von einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen überzeugt wäre.
55Ob im Streitfall hingegen ein im Einzelfall gerecht erscheinendes Ergebnis durch Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 AO) erzielt werden kann, lässt der Senat dahinstehen, da das Billigkeitsverfahren ein gesondertes und hier nicht streitgegenständliches Verfahren ist.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
57Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage, ob eine gewerbesteuerwirksame Wertaufholung bei früherer wegen § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG nicht gewerbesteuerwirksamer Teilwertabschreibung möglich ist oder ob eine etwaige Doppelbelastung mit dem Grundgesetz vereinbar ist, ist angesichts der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH und der im Schrifttum erhobenen Einwände gegen die Rechtsprechung des I. Senats des BFH noch nicht hinreichend geklärt.