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Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 20.2.2009 wird unter teilweiser Aufhebung der dazugehörigen Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers der Verlust des Genussrechtskapitals in Höhe von 2.491,04 € als weitere Werbungskosten berücksichtigt (Verlust eines Anteils am Genussrechtskapital) werden.
Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
2Streitig ist, ob der Kläger Werbungskosten oder negative Einnahmen geltend machen kann, weil er durch die Insolvenz seines Arbeitgebers Genussrechtskapital verloren hat.
3Die Kläger sind Eheleute und wurden vom Beklagten für das Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
4Der Kläger war Arbeitnehmer (Tarifangestellter) der Firma H GmbH (H). Das Stammkapital der H betrug 15.000.000,- DM.
5Am 24. März 1999 schloss die Geschäftsführung der H mit dem Betriebsrat der H zur Regelung der Arbeitszeit für den verlängerten Ausgleichszeitraum vom 01.01.99 bis zum 31.12.2002 eine „Ergänzende Betriebsvereinbarung zur Rahmenvereinbarung gemäß § 4. Nr. 2 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 30. 11.1998“. Darin heißt es u.a.:
6" 1. Ergänzungen im Rahmen der Betriebsvereinbarung über die Einführung einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeitregelung
71.1 Dauer der Arbeitszeit
8Für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2000 gilt für alle Angestellten eine tägliche Regelarbeitszeit von 7,5 Stunden. Für Mitarbeiter nach§ 3 Ziff. 3 MTV und außertarifliche Angestellte umfasst die tägliche Regelarbeitszeit 8,5 Stunden. Als Sollarbeitszeit gelten weiterhin je nach Arbeitsvertrag 7 bzw. 8 Stunden täglich.
91.2 Aufbau von Investitionsstunden
10Durch die Erhöhung der täglichen Regelarbeitszeit erfolgt ein Stundenaufbau von 0,5 Stunden je Anwesenheitstag. Dieser Stundenaufbau von 0,5 Stunden je Anwesenheitstag wird automatisch im Arbeitszeitsystem auf einem separaten Konto (Investitionskonto) gutgeschrieben. Alle übrigen Stundendifferenzen werden wie bisher im Gleitzeitkonto erfasst.
111.3 Normale Arbeitszeit
12Als normale Arbeitszeit für die Berechnung bezahlter Ausfallzeiten gelten weiterhin die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung über die Einführung einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeitregelung.
131.4 Sonstige Regelungen
14Alle übrigen Regularien der bestehenden Betriebsvereinbarung über die Einführung
15einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeit bleiben weiter bestehen….
16...
173.4 Arbeitszeitausgleich in der Abbauphase
18Als Abbauphase der Investitionsstunden ist die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12. 2002 vorgesehen.
19Über die Regularien und die Möglichkeiten des Abbaues der aufgebauten Investitionsstunden
20werden im 2. Halbjahr 2000 Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien aufgenommen. Es besteht Einigkeit darüber, dass beim Abbau der Investitionsstunden zwischen den Betriebsparteien eine einvernehmliche Lösung gefunden wird, bei der die betrieblichen Belange Berücksichtigung finden müssen.
213.5 Sonstige Regelungen
22Die Mitarbeiter erhalten auf Wunsch monatlich eine Auflistung über die Höhe der aufgebauten Stunden im lnvestitionskonto.
23…Diese ergänzende Betriebsvereinbarung tritt rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft und endet zum gleichen Zeitpunkt wie die entsprechende Rahmenvereinbarung am 31.12.2002...."
24Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Betriebsvereinbarung und des Inhalts der "Rahmenvereinbarung gemäß § 4, Nr. 2 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 30. 11 1998" wird auf die entsprechenden Unterlagen verwiesen (Bl. 157 f der FG-Akten).
25Am 13.12.2001 schloss die Geschäftsführung der H mit dem Betriebsrat der H eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Inhalt:
26"1. Die Geschäftsleitung wird den Mitarbeitern ein Genussrecht an der H GmbH einräumen, das den Arbeitnehmern die Möglichkeit biete, sich an den Chancen und Risiken des Unternehmens zu beteiligen.
272. Alle Mitarbeiter können entsprechend den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sowie den Regelungen der Genussrechtsbedingungen der H GmbH Einzahlungen aus dem Nettoeinkommen vornehmen.
283. Die Genussrechtsbedingungen und ihre Anlagen sind Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung."
29Die am 10.12.2001 schriftlich fixierten Genussrechtsbedingungen hatten im Wesentlichen folgenden Inhalt:
30§ 1 regelte die Entstehung des Genussrechts. Nach § 2 Abs. 1 begründete das Genussrecht einen schuldrechtlichen Anspruch des Mitarbeiters auf Beteiligung am Gewinn des Unternehmens, jedoch keinerlei gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte. § 3 regelte Einzelheiten zur Zusammensetzung des Genussrechtskapitals, das zum einen aus einer freiwilligen unentgeltlichen Einräumung von Genussrechten durch das Unternehmen und zum anderen durch Zuzahlungen des Mitarbeiters entstand. Nach § 3 Abs. 5 war das Genussrechtskapital nicht insolvenzgesichert, sondern haftete unmittelbar vor dem Stammkapital der H. § 4 Abs. 1 sicherte vorbehaltlich einer Verminderung des Stammkapitals der H eine Mindestverzinsung von 2 Prozent zu. Darüber hinaus war nach § 4 Abs. 2 eine gewinnabhängige Vergütung entsprechend der Eigenkapitalrendite der H und nach einer besonderen Staffelung laut Anlage 1 der Genussrechtsbedingungen vorgesehen. Hiernach bewirkte eine Eigenkapitalrendite zwischen 2 Prozent und 8 Prozent eine Vergütung des Genussrechts mit demselben Prozentsatz. Bei einer Eigenkapitalrendite über 8 Prozent verminderte sich die zusätzliche Vergütung auf 3/4, ab 14 Prozent auf 1/2, ab 20 Prozent auf 1/4 des Prozentsatzes der Eigenkapitalrendite. Zur Frage der Berechnung des Eigenkapitals und der Eigenkapitalrendite bestimmte § 4 Abs. 4 Buchstabe c), dass als Eigenkapital das gesamte handelsrechtliche Eigenkapital inklusive des Genussrechtskapitals im Verlauf des Geschäftsjahres anzusehen sei. Das Genussrecht hatte nach § 6 eine Laufzeit von fünf Jahren und verlängerte sich auf unbestimmte Zeit, sofern es nicht mit einer Zwei-Jahres-Frist gekündigt wurde. Nach Ablauf der fünf Jahre konnte es mit derselben Kündigungsfrist zum Monatsende gekündigt werden. Außerdem führte das Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen zu einer Beendigung des Genussrechts ohne gesonderte Kündigung. Darüber hinaus waren in § 6 bestimmte Gründe für eine Kündigung aus wichtigem Grund geregelt; dies galt unter anderem bei Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses war das Genussrechtskapital nach § 7 zu seinem Nennwert zurückzuzahlen.
31In einer "Regelungsabsprache" vom 19.06.2002 vereinbarten die Geschäftsleitung und der Betriebsrat der H, ein vorhandenes Investitionsstundenguthaben eines Mitarbeiters könne im Jahre 2002 in Genussrechtskapital umgewandelt werden, und zwar in Höhe des Netto-Auszahlungsbetrages nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. Im Einzelnen heißt es in der Absprache u.a.:
32„...Es besteht die Möglichkeit, zum 30.06.2002 Investstunden-Guthaben in Genussrechtskapital umzuwandeln. Nach Absprache mit dem Betriebsrat besteht für jeden Einzelnen nur die Möglichkeit, jeweils 1/3 seines Investstunden-Guthabens umzuwandeln. Ein weiteres Drittel kann zum 30.09.2002 und das letzte Drittel zum 31.12.2002 umgewandelt werden. Durch die Umwandlung entstehen Sozialversiche-rungsbeiträge sowie Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Der nach Abzug des Arbeitnehmeranteils am Sozialversicherungsbeitrag und der steuerlichen Abzüge vom umzuwandelnden Investstunden-Guthaben verbleibende Netto-Betrag wird dem Genussrechtskonto mit Wertstellung zum 30.06.2002 gutgeschrieben. Auch für diese Umwandlung gelten die oben aufgeführten Abgabefristen....“
33Darüber hinaus hat die H am 30.08.2002 ein weiteres Informationsschreiben für die Arbeitnehmer herausgegeben. Hierin heißt es unter anderem:
34"...Die Abzüge (für Steuern und Sozialversicherung) sind genauso hoch, als wenn dem Mitarbeiter das umzuwandelnde lnveststunden-Guthaben ausgezahlt würde. Eine Auszahlung der lnveststunden-Guthaben kommt jedoch nicht in Betracht. Neben der Umwandlung in Genussrechtskapital gibt es nur die Möglichkeit des Arbeitszeitausgleichs. Für das Jahr 2002 gibt es wieder ein steuerfreies Geschenk von der Firma in Höhe der eigenen Einzahlung des Mitarbeiters, maximal jedoch 154,- €. Dieses Geschenk wird zum 31.12.2002 dem Genussrechtskonto gutgeschrieben und bezieht sich auf alle Einzahlungen aus umgewandelten lnveststunden-Guthaben. Gemäß der bisherigen Entwicklung im Jahr 2002 und der Plandaten für das zweite Halbjahr 2002 ist mit einer Vergütung von über 12 % für das gesamte Jahr 2002 zu rechnen. Genussrechtskapital, das jetzt mit Wertstellung 30.09.2002 eingezahlt wird, wird mit einem Viertel der Jahresverzinsung vergütet, also voraussichtlich über 3 %. Ab dem Jahr 2003 erhält dieses Genussrechtskapital die volle Jahresvergütung...."
35Eine weitere Ergänzung zur Betriebsvereinbarung „Genussrechtskapital "zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat der H vom 11.03.2004 passte die steuer- und sozialversicherungsfreien Arbeitgeberanteile zum Genussrechtskapital mit Wirkung ab 01.01.2004 auf max. 135 € an. In einem Informationsschreiben vom 11.09.2006 ging die Personalleitung der H auf Details zur Einzahlung auf das Genussrechtskapital ein.
36Auf dieser Grundlage hat der Kläger wie folgt lnveststunden-Guthaben in Genussrechtskapital umgewandelt:
37Vereinbarung vom |
Umwandlungs-stichtag |
Invest- stunden |
Entspricht Arbeitslohn (brutto) |
Entspricht Arbeitslohn (netto) |
12.12.2002 |
31.12.2002 |
45 |
1.220,40 € |
743.16 € |
24.03.2003 |
31.03.2003 |
45 |
1.276,65 € |
869,74 € |
11.03.2004 |
31.03.2004 |
44 |
1.418,12 € |
878,14 € |
3915,17 € |
2.491,04 € |
Außerdem haben der Kläger und sein Arbeitgeber folgende weitere Zuzahlungen in das Genussrechtskapital geleistet:
39Arbeitgeber |
Kläger |
|
31.12.2001 |
153,39 € |
160,00 € |
31.12.2002 |
154,00 € |
|
31.12.2003 |
154,00 € |
|
31.12.2004 |
135,00 € |
|
31.12.2005 |
135,00 € |
135,00 € |
731,39 € |
295,00 € |
Gesamteinzahlung Genussrechtskapital:
41Arbeitgeber |
731,39 € |
Zuzahlungen Kläger |
295,00 € |
Umwandlung lnveststunden-Guthaben |
2.491,04 € |
Gesamt |
3.517,43 € |
Der Kläger erhielt vor dem Streitjahr Vergütungen auf sein Genussrechtskapital, die bei der Steuerfestsetzung nicht erfasst wurden, weil die Einnahmen der Kläger aus Kapitalvermögen jeweils unter 1.602 € lagen.
43Über das Vermögen der H eröffnete das Amtsgericht A im Jahre 2007 das Insolvenzverfahren (Az.: ...). Die Gesellschaft wurde gemäß Handelsregistereintrag vom ....04.2007 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst.
44Mit Schreiben vom 26.04.2007 informierte die H den Kläger darüber, dass sein Genussrechtskapitalkonto mit Ablauf des 31.03.2007 einen Saldo von 3.517,43 € aufweise. Die Forderung sei aber im Insolvenzverfahren "bestenfalls" nachrangig und könne daher im Forderungsanmeldebogen nicht berücksichtigt werden.
45Mit Schreiben vom 23.01.2008 wies auch der Insolvenzverwalter der H den Kläger darauf hin, dass es sich bei den Forderungen aus den Genussrechten um sogenannte nachrangige Insolvenzforderungen handele. Darüber hinaus teilte der Insolvenzverwalter mit, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht davon auszugehen sei, dass nachrangige Insolvenzforderungen berücksichtigt werden könnten. Zwischen den Beteiligten besteht insoweit in tatsächlicher Hinsicht Einigkeit darüber, dass die Forderung des Klägers auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals bereits im Jahr 2007 mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der H wertlos war. Es stand bereits im Jahr 2007 für den Kläger erkennbar fest, dass auf diese Forderung keinerlei Zahlung erfolgen wird.
46Im Rahmen der am 14.10.2008 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung 2007 erklärten die Kläger den Verlust der vom Kläger der H zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 3.517,43 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
47Der Beklagte veranlagte die Kläger auf der Grundlage der eingereichten Steuererklärung zur Einkommensteuer und setzte mit Bescheid vom 02.12.2008, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, die Einkommensteuer 2007 auf 11.168,- € fest. Der Beklagte berücksichtigte hierbei den erklärten Verlust aus der Kapitalüberlassung des Ehemannes an die H nicht als Werbungskosten.
48Mit Einkommensteuerbescheid vom 17.12.2008 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Gegen diesen Steuerbescheid legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein und wandten sich gegen die Nichtberücksichtigung des Verlustes des Genussrechtskapitals in Höhe von 3.517,43 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger sei aus beruflichen Gründen veranlasst gewesen, die aufgelaufenen Überstunden in Genussrechtskapital umzuwandeln. Die Umwandlung in Genussrechtskapital sei die einzige Möglichkeit gewesen, die geleisteten Überstunden geltend zu machen. Einen Freizeitausgleich oder eine Auszahlung der geleisteten Überstunden habe der Arbeitgeber abgelehnt.
49Am 20.02.2009 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2007 nach § 165 Abs. 2 S. 1 der Abgabenordnung (AO). Hierbei berücksichtigte es den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.12.2008 zur Pendlerpauschale und setzte die Einkommensteuer 2007 auf 11.062,- € herab. Ansonsten blieb der angefochtene Bescheid unverändert. Der Änderungsbescheid wurde gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens. In der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung des Verlusts des Genussrechtskapitals als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weiterhin ab.
50Die Abgrenzung von Verlusten aus sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 EStG und Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG richte sich danach, ob der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen habe (BFH-Urteil vom 07.02.2008, BFH/NV 2008, 863).
51Im Streitfall seien berufliche Gründe für die Übernahme des Risikos des Darlehensverlustes nicht erkennbar. Es könne dahin gestellt bleiben, ob ein fremder Dritter - insbesondere eine Bank - mit Rücksicht auf die Gefährdung der Forderungen aus der Kapitalüberlassung dieses Kapital möglicherweise nicht gewährt hätte. Zwar seien für die Kapitalüberlassung keinerlei Sicherheiten bestellt worden. Anderseits habe das vom Kläger der H zur Verfügung gestellte Kapital lediglich 3.517,43 € betragen. Außerdem habe die H Ihren Arbeitnehmern noch am 30.08.2002 mitgeteilt, dass gemäß der wirtschaftlichen Entwicklung mit einer Vergütung für die Genussrechte von 12 Prozent für das gesamte Jahr 2002 zu rechnen sei.
52Laut Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 11.09.2009 (Az. 14 V 2267/09), der ebenfalls einen Arbeitnehmer der H betroffen habe, lägen keine Anhaltspunkte für die Annahme beruflicher Gründe für die Kapitalüberlassung vor. Das Finanzgericht Münster habe in seinem Beschluss ausdrücklich verneint, dass die Kapitalüberlassung im Wege der Genussrechte dem Erhalt der Arbeitsplätze gedient habe. Auch im vorliegenden Streitfall hätten die Kläger nicht dargelegt, in welcher Weise und aufgrund welcher Umstände eine zusätzliche Kapitalzuführung erforderlich gewesen sei und in welcher Weise von dem Risiko des Darlehensverlustes auf die berufliche Veranlassung der Kapitalüberlassung geschlossen werden soll.
53Dem Vortrag der Kläger, dass die Überstunden weder durch Freizeitausgleich noch durch Auszahlung hätten abgegolten werden können, stehe das Schreiben der H vom 30.08.2002 entgegen. Hierin heiße es ausdrücklich, dass eine Auszahlung des lnveststunden-Guthabens zwar nicht möglich sei. Neben der Umwandlung in Genussrechtskapital sei aber ausdrücklich die Möglichkeit des Arbeitszeitausgleichs zugelassen worden.
54Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster spreche über die beschriebene Glaubhaftmachung hinaus auch die vereinbarte Zinshöhe gegen die Annahme beruflicher Gründe. Die H habe selbst in dem Informationsschreiben vom 30.08.2002 eine prognostizierte Verzinsung von über 12 Prozent für das Jahr 2002 angegeben. Darüber hinaus habe die H den Mitarbeitern, die von der Möglichkeit des Erwerbs von Genussrechten Gebrauch gemacht hätten, ein steuerfreies "Geschenk" in Form einer Zuzahlung auf dem Genussrechtskonto in Höhe von 154,- € zugesagt. Es könne deshalb davon ausgegangen werden, dass ein eventuelles Ausfallrisiko der Forderung durch die überdurchschnittliche Verzinsung und den steuerfreien Zuschuss der H vergütet werden sollte. Berufliche Gründe seien dagegen nicht zu erkennen. Hinsichtlich der weiteren Gründe werde vollumfänglich auf den o.a. Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 11.09.2009 (Az. 14 V 2267/09) verwiesen.
55Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger (nur noch), den Verlust des Genussrechtskapitals als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, soweit er in Höhe von 2.491,04 € auf das umgewandelte Investstunden-Guthaben entfällt.
56Der Kläger sei aus beruflichen Gründen veranlasst gewesen, die aufgelaufenen Überstunden in Genussrechtskapital umzuwandeln. Diese Investstunden seien nach der Vereinbarung des Betriebsrates mit der Geschäftsleitung vom 24.03.1999 zwingend zu erbringen gewesen und nicht ausgezahlt worden. ln der Umwandlung in Genussrechtskapital habe für den Kläger die einzige Möglichkeit zur Geltendmachung bzw. zur Realisierung der geleisteten Investstunden bestanden. Ansonsten wären diese verfallen.
57ln diesem Punkt liege der wesentliche Unterschied zu dem Beschluss des Finanzgerichtes Münster vom 11.9.2009 (14 V 2267/09). Dieses stelle auf die vom dortigen An-tragsteller vorgetragene Intention ab, dem Arbeitsgeber zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes ein Darlehen zur Verfügung zu stellen. Im hier zu entscheidenden Fall habe der Kläger die von ihm nach der Betriebsvereinbarung zu erbringenden Mehrarbeitsstunden nur durch Umwandlung in Genussrechtskapital abrechnen können. Ein Arbeitszeitausgleich habe trotz der vom Arbeitgeber grundsätzlich eingeräumten Möglichkeit vom Kläger tatsächlich nicht in Anspruch genommen werden können. Der Kläger habe vielmehr regelmäßig Überstunden geleistet, da seine Abteilung unterbesetzt gewesen sei. Mit Schreiben vom 21.6.2003 habe der Kläger die bis 31.12.2003 erworbenen Genussrechte mit Wirkung zum 31.12.2008 gekündigt. Die Mindesthaltedauer der Genussrechte habe 5 Jahre betragen; der Kläger habe den frühestmöglichen Zeitpunkt zur Kündigung eines Teilbetrages genutzt, um die Auszahlung zu erreichen. Er habe nicht die Absicht einer Kapitalanlage gehabt. Letztendlich sei es durch den Insolvenzantrag vom ....4.2007 und den entsprechenden Mitteilungen des Insolvenzverwalters nicht mehr zu einer Auszahlung gekommen.
58Aus den umfassend für die Jahre 2002 bis 2006 vorgelegten monatlichen Gehaltsabrechnungen gehe hervor, dass der Kläger im Grunde nicht in der Lage gewesen sei, geleistete Überstunden abzubauen. Dies sei ihm durch die weitere Leistung von Überstunden oder durch den Abbau seines Urlaubsanspruches stets verwehrt gewesen. Es habe nur die Möglichkeit der Umwandlung geleisteter Überstunden in Genussrechtskapital bestanden. Für den Kläger habe es drei Kategorien von Überstunden gegeben:
59Bei den sog. Investstunden handele es sich um Überstunden, die auf einem separaten Zeitkonto angesammelt worden seien. Diese beliefen sich beim Kläger in Summe auf 134 Stunden (45, 45, 44). Diese lnveststunden seien in den Jahren 2002 bis 2004 in Genussrechtskapital umgewandelt worden. Daneben habe es unentgeltliche Überstunden gegeben, die der Beschäftigungs- und Standortsicherung gedient hätten. Hierzu werde auf die Vereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat vom 22.04.2002 verwiesen, die am 01.05.2002 in Kraft getreten sei und am 31.12.2003 geendet habe. Darin sei geregelt gewesen, dass die Arbeitnehmer zwei Stunden wöchentlich unentgeltlich zu arbeiten hätten, wobei die maximale Stundenzahl von 140 Stunden nicht habe überschritten werden dürfen. Letztlich habe es aber auch vergütete Überstunden gegeben. Hierbei habe es sich um Überstunden gehandelt, die in den Verdienstabrechnungen unter dem Punkt "Mehrarbeit 25%" etc. aufgeführt worden seien. Diese Überstunden seien auch zwischen dem 01.05.2002 und 31.12.2003 geleistet worden. In dieser Zeit seien neben den zwei unentgeltlich geleisteten Wochenstunden hinaus Überstunden geleistet worden, die dann entsprechend vergütet worden seien.
60Dass der Kläger keine Gelegenheit gehabt habe lnveststunden abzubauen, werde letztlich auch durch die Erklärung des damaligen Vorgesetzten, Herrn B, vom 02.12.2010 bestätigt. Danach habe die Fa. H dem Kläger aufgrund seiner vielfältigen Aufgaben und Zusatzaufgaben nicht die Möglichkeit eröffnen können, die lnveststunden durch Freizeitausgleich abzubauen. Er habe im Gegenteil sogar weitere, bezahlte Überstunden leisten müssen. Dem Kläger sei somit nur die Möglichkeit verblieben, die lnveststunden in Genussrechte umzuwandeln.
61Die Kläger beantragen,
62den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 20.2.2009 unter teilweiser Aufhebung der dazugehörigen Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers weitere Werbungskosten in Höhe von 2.491 ,04 € (Verlust eines Anteils am Genussrechtskapital) berücksichtigt werden.
63Der Beklagte beantragt,
64die Klage abzuweisen,
65Im Unterliegenfall die Revision zuzulassen.
66Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2009.
67Im Erörterungstermin vom 06.03.2013 wurde Beweis erhoben zu der Frage, welche Möglichkeiten für den Kläger bestanden haben, die von ihm im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses bei der H geleisteten Investstunden geltend zu machen, durch Vernehmung des Herrn C, einem ehemaligen Vorgesetzten des Klägers bei der H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Erörterungstermins nebst Anlage verwiesen.
68Entscheidungsgründe
69Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
70Die Kläger werden durch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht den Verlust am Genussrechtskapital, soweit er i.H.v. 2.491,04 € auf die Vergütung der Investstunden entfällt, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt.
71Durch die Umwandlung des Investstunden-Guthabens in Genussrechtskapital ist dem Kläger Arbeitslohn im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen (1), den er nach Abzug der Lohnsteuer und Sozialabgaben unmittelbar seinem Arbeitgeber als Genussrechtskapital (2) zur Verfügung gestellt hat. Durch den Verlust dieses auf der Umwandlung des Investstunden-Guthabens beruhenden Genussrechtskapitals aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers sind dem Kläger Werbungskosten entstanden (3).
721. Der Werbungskostenabzug im Streitjahr scheitert zunächst nicht am fehlenden Zufluss von Arbeitslohn (§ 11 Abs. 1 EStG) im jeweiligen Zeitpunkt der Umwandlung des Investstunden-Guthabens in Genussrechtskapital. Die Bruttolöhne für die in Frage stehenden 134 Investstunden sind dem Kläger unter Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen an den Umwandlungsstichtagen am 31.12.2002, am 31.3.2003 und am 31.3.2004 im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen.
73Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten zwar regelmäßig noch nicht zu einem Zufluss von Einnahmen. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben. Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. So ist mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, der Zufluss eines geldwerten Vorteils erst in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem versprochenen Vorteil verschafft (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094). Der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls (BFH-Urteil vom 12. 4. 2007 VI R 89/04, BStBl II 2007, 719). Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094, m.w.N.).
74Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist bei dem Kläger ein Zufluss der Investstunden-Vergütung i.S. des § 11 Abs. 1 EStG im jeweiligen Zeitpunkt der Umwandlung zu bejahen.
75Der Kläger hat in drei „Erklärungen zur Umwandlung von Investstunden-Guthaben in Genussrechtskapital“ (12.12.2002, 24.3.2003 und 11.3.2004) der Umwandlung der Überstunden zugestimmt. In der Überlassung der fälligen und verdienten Beträge liegt wirtschaftlich eine Vorausverfügung, die nicht anders behandelt werden kann als die Auszahlung und die Wiedereinzahlung auf das Genussrechtskapitalkonto des Klägers (vgl. BFH-Urteil vom 11.2.2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094, zur Gutschrift von Beteiligungskapital). Entscheidend ist, dass die Gutschrift zu der bestimmungsgemäßen Verwendung, nämlich der Einzahlung des Genussrechtskapitals und Erhöhung des Genussrechtskontos, zur Verfügung stand. Die Gutschrift ersetzte insoweit die tatsächliche Einzahlung.
76Der Kläger war im Streitfall zwar langfristig in der Verwendung der gutgeschriebenen Beträge beschränkt, da die Genussrechtsbedingungen eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorsahen. Dies steht jedoch dem Zufluss nicht entgegen. Denn auch im vergleichbaren Fall des Erwerbs von Aktien zum verbilligten Kurs steht dem Zufluss nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann (vgl. BFH-Urteile vom 11.2.2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094; vom 30.9.2008 VI R 67/05, BStBl II 2009, 282; vom 24.1.1990 I R 55/85, BStBl II 1991, 147).
77Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass die angesammelten Beträge im Streitfall verzinst wurden, dafür, dass der Steuerpflichtige ihm zuzurechnendes Kapital seinem Arbeitgeber entgeltlich zur Nutzung überlassen hat (vgl. BFH-Urteile vom 11.2.2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094, m.w.N.). Es kommt hinzu, dass die Gewinnanteile nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung in den Vorjahren entsprechend § 4 Abs. 6 der Genussrechtsbedingungen jeweils bei Fälligkeit ausbezahlt wurden.
782. Mit der Umwandlung des Überstunden-Guthabens in Genussrechtskapital hat der Kläger in Höhe der jeweiligen Netto-Beträge eine Kapitalforderung vergleichbar einem Darlehensrückforderungsanspruchs erworben. Der Arbeitgeber war nämlich gem. § 7 der Genussrechtsbedingungen grundsätzlich verpflichtet, das Genussrechtskapital innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses auszubezahlen.
79Genussrechte sind schuldrechtliche Kapitalüberlassungsrechte. Sie gewähren keine Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft, sondern schuldrechtliche Ansprüche vermögensrechtlicher Art gegenüber der Gesellschaft, die den Rechten eines Gesellschafters angenähert bzw. diesen insoweit gleichgestellt sind. Einkommensteuerrechtlich wird je nach der Intensität der Ausstattung mit Vermögensrechten zwischen qualifizierten Genussrechten, d.h. Genussrechten mit Beteiligungscharakter, und einfachen Genussrechten, d.h. Genussrechten mit Obligationscharakter, unterschieden. Die einfachen Genussrechte begründen einen schuldrechtlichen Anspruch des Inhabers in Höhe des Genussrechtskapitals, die qualifizierten Genussrechte werden wie Nennkapital behandelt (vgl. im Einzelnen BFH- Urteil vom 14. 6. 2005 VIII R 73/03, BStBl II 2005, 861; FG München, Urteil vom 29.3.2011 12 K 3991/09, EFG 2011, 1522).
80Qualifizierte Genussrechte führen beim Genussrechtsinhaber hinsichtlich der laufenden Erträge zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Veräußerung solcher Genussrechte führt in der im Streitjahr geltenden Fassung des EStG im Rahmen der §§ 17 bzw. 23 EStG zur Steuerpflicht. Voraussetzung für die Einordnung als qualifizierte Genussrechte, die Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen sind, ist, dass diese sowohl mit einem Recht am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden sind (vgl. BFH- Urteil vom 14. 6. 2005 VIII R 73/03, BStBl II 2005, 861; FG München, Urteil vom 29.3.2011 12 K 3991/09, EFG 2011, 1522).
81Im Streitfall wurde zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber unstreitig kein qualifiziertes Genussrecht vereinbart. Die dem Kläger aufgrund der Genussrechtsbedingungen vom 10.12.2001 zugebilligten Vermögensrechte räumten diesem keine einem Gesellschafter vergleichbare Position ein. § 2 der Genussrechtsbedingungen sieht ausdrücklich vor, dass das Genussrecht zwar einen schuldrechtlichen Anspruch des Mitarbeiters auf Beteiligung am Gewinn des Unternehmens, jedoch keinerlei gesellschaftsrechtlich geprägten Mitgliedschaftsrechte begründet. Ein Recht am Liquidationserlös, wie es der BFH neben einer Gewinnbeteiligung für die Annahme eines qualifizierten Genussrechtes vorsieht, wird dem Kläger ebenfalls nicht eingeräumt. Eine Beteiligung am Liquidationserlös liegt stets dann vor, wenn das Genussrechtskapital zuzüglich der anteiligen stillen Reserven zurückzuzahlen ist. Daran fehlt es hier. Auch die fehlende Insolvenzsicherung (§ 3 Abs. 5 der Genussrechtsbedingungen) stellte den Kläger nicht den Gesellschaftern des Arbeitgebers gleich, da seine Rechte nur hinter andere Gläubigerrechte zurücktraten.
823. Das im Streitfall vereinbarte Genussrecht wäre daher einkommenssteuerlich zwar grundsätzlich wie ein Darlehen als sonstige Kapitalforderung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einzuordnen. Gleichwohl stellt der Verlust des Genussrechtskapitals, soweit dieses auf die Umwandlung des Investstunden-Guthabens entfällt, im Streitfall keinen steuerlich unbeachtlichen Kapitalverlust im Rahmen der Einkunftsart des § 20 EStG dar (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; vom 16. 4. 1991 VIII R 100/87, BStBl II 1992, 234), weil er in einem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis steht und nicht auf der Nutzung des Genussrechtskapitals als Kapitalertragsquelle oder etwaigen Gewinnerwartungen beruht. Damit ist das den möglichen Verlust auslösende Moment nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Streitfalls der Tätigkeit im Bereich der Einkünfte aus § 19 EStG zuzuordnen und nicht der privaten Vermögenssphäre. Der Verlust der Kapitalforderung ist, soweit diese auf der Umwandlung des Investstunden-Guthabens beruht, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) zu berücksichtigen. Der Kläger hat dieser Umwandlung nach der Überzeugung des Senats nämlich nahezu ausschließlich aus beruflichen Gründen zur Sicherung seines bestehenden Arbeitsplatzes zugestimmt.
83Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dazu rechnen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (BFH-Urteil vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; BFH-Urteil vom 7. 2. 2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48; Beschluss des Großen BFH-Senats vom 28.11.1977 GrS 2-3/77, BStBl. II 1978, 105). Veranlasst in diesem Sinne sind die Aufwendungen, wenn sie in einem Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten beruflichen Tätigkeit stehen und zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit getragen werden. Werbungskosten bei den Lohneinkünften liegen danach vor, wenn die Aufwendungen den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern. Zu diesen Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zählen alle Vermögensabflüsse in Geld und Geldeswert (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; Beschluss des Großen BFH-Senats vom 4. 7. 1990 - GrS 1/89, BStBl. II 1990, 830) einschließlich den Arbeitnehmer unfreiwillig treffende Substanzverluste (vgl. BFH-Urteil vom 7. 2. 2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48,m.w.N.).
84Sind Aufwendungen eines Arbeitnehmers durch den wirtschaftlichen Verlust einer Darlehens- bzw. Kapitalforderung entstanden, so ist dem EStG keine ausdrückliche Regelung zu entnehmen, wann ein Werbungskostenabzug im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) vorliegt oder Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) gegeben sind. § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt lediglich, dass Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen sind, bei der sie erwachsen sind. § 20 Abs. 3 EStG (jetzt § 20 Abs. 8) enthält eine nur begrenzte Kollisionsregelung, wonach Einkünfte aus Kapitalvermögen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, wenn sie zu diesen Einkünften gehören. Eine Zurechnung zu einer dieser Einkunftsarten erfolgt, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesen anderen Einkünften erzielt werden. Für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fehlt eine entsprechende Kollisionsregelung.
85Nach ständiger Rechtsprechung des BFH entscheidet der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach sind die Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt (BFH-Urteile vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, und vom 5. 4. 2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 654; BFH-Beschluss vom 28. 6. 2007 VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870, jeweils m.w.N.). Insoweit gelten die Rechtsgrundsätze, die auch für die Frage heranzuziehen sind, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers auf dem Arbeitsverhältnis oder auf anderen Rechtsbeziehungen gründet (BFH-Urteile vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; vom 22. 3. 1985 VI R 170/82, 544, BStBl II 1985, 529; vom 17. 6. 2009 VI R 69/06, BStBl II 2010, 69; vom 1. 2. 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; vom 20. 5. 2010 VI R 12/08, BStBl II 2010, 1069; jeweils m.w.N.). Die Frage, welchem Bereich dieser Leistungsaustausch zuzurechnen ist, entscheidet sich aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles (BFH-Urteil vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24).
86Private Vermögensverluste können nach ständiger Rechtsprechung des BFH unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips als Erwerbsaufwand berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für die unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verluste in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen. So wurde Erwerbsaufwand anerkannt, wenn der Verlust bei der beruflichen Verwendung eintritt oder die Einwirkung auf das betreffende Wirtschaftsgut aus in der Berufssphäre liegenden Gründen erfolgt (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.2.2011 9 K 45/08, EFG 2011, 1148; BFH-Urteil vom 17.9.2009 VI R 24/08, BStBl. II 2010, 198; BFH-Beschluss vom 10.11. 2005 VI B 47/05, BFH/NV 2006, 296, m.w.N; Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 9 Rz 24 ff. und 56 ff.; Schneider, Der Betrieb, Beilage 6/2006, S. 51 ff., insbesondere S. 56 f.; umfassend: HHR/Kreft, § 9 EStG Rz 184 ff., und Anm. Kühnen, EFG 2007, 831, 832 mit einschlägigen Beispielsfällen). Gemeinsam ist solchen berücksichtigungsfähigen Verlusten, dass das Wirtschaftgut - auch wenn es selbst als Einkunftsquelle genutzt wird - dem spezifischen Risiko einer beruflichen Erwerbshandlung ausgesetzt und aus diesem Grunde der Verlust eingetreten ist (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.2.2011 9 K 45/08, EFG 2011, 1148; BFH-Beschluss vom 20. 8. 2008 VI B 17/08, BFH/NV 2009, 13, m.w.N.; BFH-Urteil vom 17. 9. 2009 VI R 24/08, BStBl. II 2010, 198).
87Gewährt ein Arbeitnehmer ein Darlehen, um Zinsen zu erwirtschaften, stehen zwar regelmäßig die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Vordergrund. Geht in einem solchen Fall die Darlehensvaluta verloren, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH zu § 20 EStG i.d.F. vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008, dass Aufwendungen, die das Kapital selbst betreffen, wie Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder der Verlust des Kapitals selbst, im Rahmen der Einkunftsart des § 20 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; vom 16. 4. 1991 VIII R 100/87, BStBl II 1992, 234).
88Der Verlust der Darlehensforderung kann allerdings zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat (vgl. BFH-Urteile vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; vom 7. 5. 1993 VI R 38/91, BStBl II 1993, 663, und vom 7. 2. 1997 VI R 33/96, BFH/NV 1997, 400; BFH-Beschluss vom 24. 7. 2002 VI B 155/99, BFH/NV 2002, 1572; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.2.2011 9 K 45/08, EFG 2011, 1148). Als Indiz für solche beruflichen Gründe gilt etwa der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, kein Darlehen mehr gewährt hätte und daher jedenfalls nicht die Nutzung des Geldkapitals zur Erzielung von Zinseinkünften im Vordergrund steht.
89Kann dies bejaht werden, müssen indes nicht stets berufliche Gründe angenommen werden. Ob im konkreten Einzelfall berufliche Gründe vorliegen, ist vielmehr durch Abwägung aller Umstände zu entscheiden (BFH-Urteil vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, m.w.N.). Dabei kann ein beruflicher Grund für die Übernahme des Risikos des Darlehensverlustes dann bejaht werden, wenn der Arbeitnehmer nahezu ausschließlich die Sicherung seines bestehenden oder die Erlangung eines höherwertigen Arbeitsplatzes erstrebt (vgl. BFH-Urteile vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, und vom 5.4.2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 654). Bei der Beantwortung dieser Frage ist vor allem auch zu berücksichtigen, welche Konsequenzen sich für den Arbeitnehmer hätten ergeben können, wenn er seinem Arbeitgeber die entsprechende Finanzierungsmaßnahme nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24).
90Nach ständiger Rechtsprechung des BFH steht der Annahme einer beruflichen Veranlassung dabei nicht entgegen, dass im Rahmen der Darlehensgewährung eine normale Zinshöhe vereinbart war. Denn auch der wirtschaftliche Verlust einer Darlehensforderung, die normalverzinslich ist, ist ausnahmsweise dann nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu würdigen, sondern bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn mit der Darlehensgewährung der Verlust des Kapitals bewusst aus solchen Gründen riskiert wird, die in der beruflichen Sphäre des Arbeitnehmers liegen (BFH-Urteil vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, m.w.N.).
91Zweifel an der beruflichen Veranlassung gehen zu Lasten des den Werbungskostenabzug begehrenden Arbeitnehmers (z.B. BFH-Urteil vom 2.3.2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33). Deshalb trägt der Arbeitnehmer auch hinsichtlich der beruflichen Veranlassung der Darlehenshingabe die Feststellungslast (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 400).
92Ist ein Darlehen aus beruflichem Anlass hingegeben worden, so fällt bei wirtschaftlichem Verlust der Darlehensforderung ein Aufwand in Höhe dieser Forderung an, wenn das Darlehen endgültig nicht zurückgezahlt wird (vgl. BFH-Urteil vom 7. 5. 1993 VI R 38/91, BStBl. II 1993, 663); der Darlehensgeber kann den Abzug nur in dem Jahr geltend machen, in dem für ihn die Wertlosigkeit der Forderung erkennbar war (vgl. BFH-Urteil vom 13.1.1989 VI R 51/85, BStBl. II 1989, 382).
93Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze und Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalles ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Verlust des Genussrechtskapitals, soweit er i.H.v. 2.491,04 € auf die Vergütung der Investstunden entfällt, als Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig ist. Die Umwandlung der Überstunden in Genussrechtskapital steht in einem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis und beruht nicht auf der Nutzung des Genussrechtskapitals als Kapitalertragsquelle oder auf etwaigen Gewinnerwartungen. Damit ist das den möglichen Verlust auslösende Moment nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Streitfalls der Tätigkeit im Bereich der Einkünfte aus § 19 EStG zuzuordnen und nicht der privaten Vermögenssphäre.
94Dem Kläger kam es bei der Umwandlung der Überstunden in Genussrechtskapital nicht auf die Verzinsung dieser Kapitalforderung an. Seine Motivation lag nach der Überzeugung des Senats (nahezu) ausschließlich darin, überhaupt eine Vergütung für die (noch offenen) Investstunden zu erlangen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten seines Arbeitsverhältnisses faktisch nahezu keine Möglichkeit hatte, sich die noch verbliebenen Investstunden durch Arbeitszeitausgleich „vergüten“ zu lassen. Er hat zwar wie bereits im Rahmen des Erörterungstermins eingeräumt, dass er u.U. die eine oder andere Investstunde ggf. noch hätte abfeiern können. Das Gericht ist allerdings gerade auch im Hinblick auf den Inhalt der Aussage des Zeugen C und der schriftlichen Stellungnahme des Herrn B davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund seiner großen zeitlichen beruflichen Einbindung nicht in der Lage gewesen wäre, das Investstunden-Guthaben durch Freizeitausgleich spürbar abzubauen, ohne dabei erhebliche Probleme mit seinem Arbeitgeber und letztlich sogar seinen Arbeitslatz zu riskieren. Dies ergibt sich letztlich auch aus der vom Kläger nachgewiesenen Anzahl der weiteren Überstunden. Dem Kläger war somit im Wesentlichen nur die Möglichkeit verblieben, auf eine Entlohnung für die Überstunden ganz zu verzichten oder einen Freizeitausgleich gegen erheblichen Widerstand des Arbeitgebers durchzusetzen. Letzteres war dem Kläger nach Auffassung des Gerichts allerdings im Hinblick auf die damit verbundenen nachteiligen Konsequenzen am und ggf. sogar für den Arbeitsplatz nicht zumutbar. Er hat die Umwandlung in Genussrechtskapital und damit den Verlust des Kapitals nur riskiert, um überhaupt eine Vergütung zu erhalten. Hierbei handelt es sich nach Auffassung des Senats um Gründe, die eindeutig der beruflichen Sphäre des Klägers zuzuordnen sind (BFH-Urteil vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, m.w.N.).
95Eine andere Beurteilung ergibt sich vor diesem Hintergrund nach der Überzeugung des Senats im Streitfall weder aus der Höhe der für das Genussrechtskapital in Aussicht gestellten Vergütung noch aus dem Umstand, dass der Kläger in den Jahren 2001 und 2005 kleinere Einzahlungen in Höhe von 160 € bzw. 135 € vorgenommen hat.
96Anders als das FG Münster in seinem Beschluss vom 11.9.2009 (14 V 2267/09 E) sieht der Senat in der in § 4 der Genussrechtsbedingungen eingeräumten Vergütung keine ungewöhnlich hohe Verzinsung, die die vom BFH akzeptierte „normale Zinshöhe“ (vgl. BFH-Urteil vom 7.2.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, m.w.N.) übersteigt. Dem Kläger war bei einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren lediglich eine Mindestverzinsung in Höhe von 2% p.a. garantiert. Auf dem Kapitalmarkt lagen die Festgeldzinsen bei einer Laufzeit von fünf Jahren trotz der Auswirkungen der Terroranschläge vom 11.9.2001 Ende 2002 immerhin noch bei ca. 3,6 % p.a. Auch wenn die Festgeldzinsen bei fünfjähriger Laufzeit bis 2005 auf ein Rekordtief von 2,5 % p.a. sanken, so lag auch diese Verzinsung noch über der Mindestverzinsung des Genussrechtskapitals (vgl. im Einzelnen http://www.vergleich-geldanlage.de/festgeldzinsen-entwicklung%20.html). Der Kläger hätte somit in den fraglichen Umwandlungsjahren jederzeit wesentlich sicherere Kapitalanlagen finden können, die ihm eine bessere (garantierte) Verzinsung eingebracht hätten.
97Bei dieser Einschätzung übersieht das Gericht nicht, dass die Umwandlungen auch zu jährlichen Zuzahlungen des Arbeitgebers in Höhe von 154,00 € (2002 und 2003) bzw. in Höhe von 135 € (2004) geführt hatten. Allerdings ergibt sich auch unter Berücksichtigung dieser beschränkten Einmalzahlungen nach Auffassung des Senats keine außergewöhnlich hohe Vergütung, die die Annahme beruflicher Gründe für die Umwandlung des Investstunden-Guthabens unter Beachtung der Gesamtumstände ausschließt oder zumindest in Frage stellt. Von Bedeutung ist insoweit auch, dass bereits eine Umwandlung eines (Netto-)Lohnes in Höhe der Arbeitgeberzahlungen ausgereicht hätte, um diese zu erlangen, der Kläger aber gleichwohl sein gesamtes Guthaben umgewandelt hat. Wäre es ihm auf die ausgesprochen gute Verzinsung durch Erlangung des Arbeitgeberzuschusses angekommen, so hätte er bei einer Beschränkung der Umwandlung auf die Mindestbeträge ein weitaus besseres Resultat erreicht.
98Diese Einschätzung sieht der Senat vor allem auch durch das Verhalten des Klägers in den Jahren 2001 und 2005 bestätigt, in denen er mangels umzuwandelnder Überstunden lediglich den Mindestbetrag aus seinem übrigen Vermögen eingezahlt hat, um an den Arbeitgeberzuschuss zu gelangen. Den Verlust dieser Beträge macht der Kläger aber ebenso wenig als Werbungskosten geltend, wie die Einzahlungen des Arbeitgebers. Es kann daher offen bleiben, ob auch insoweit die Voraussetzungen für einen Werbungskostenabzug vorgelegen hätten. Der Senat sieht insoweit keinen Grund dafür, dass alle Einzahlungen bzw. Umwandlungen einheitlich beurteilt werden müssten.
99Auch die über die Mindestverzinsung in Aussicht gestellte Beteiligung am Unternehmensgewinn in Form einer gewinnabhängigen Vergütung führt bei einer Gesamtbetrachtung nicht zu einer derart hohen Verzinsung, die unter den Umständen des Streitfalles daran zweifeln lassen, dass der Kläger der Umwandlung des Überstunden-Guthabens nur aus beruflichen Gründen zugestimmt hat. Zwar ist in einem äußerst erfolgreichen Jahr tatsächlich eine Vergütung zu erreichen, die die Zinsen für eine wenig riskante Festgeldanlage erheblich übersteigen. So verkennt der Senat nicht, dass im Jahr 2002 nach Angaben des Arbeitgebers ggf. sogar eine Vergütung von 12 % zu erreichen gewesen sein soll. Stellt man diese Ertragsmöglichkeiten allerdings ins Verhältnis zu dem Risiko eines vollständigen Kapitalverlustes, das bei der erkennbaren Finanzlage des Arbeitgebers offensichtlich beträchtlich war, so stellt sich die Verzinsung auch insoweit nicht als so außergewöhnlich dar, dass sie eine beruflich motivierte Geldanlage des Klägers ausschließt. Dass die Finanzsituation des Arbeitgebers immer wieder prekär war, ergibt sich zum Einen aus den Angaben des Zeugen C und erschließt sich dem Senat auch aus den zahlreichen „Überstunden-Programmen“, die zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart wurden. Die Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Ableistung unbezahlter Überstunden ist genau so wenig vertrauenserweckend wie das Investstunden-Programm, das ebenfalls nur zu einer eingeschränkten Entlohnung der Überstunden führte.
100Dass der Kläger, auf dessen individuelle Motivation es entscheidend ankommt, die Anlage im Rahmen des Genussrechtsprogramms tatsächlich nicht als zukunftsträchtiges aussichtsreiches Investment einschätzte, zeigt sich letztlich auch darin, dass er sein Kapital zum Ende der Mindestvertragslaufzeit fristgerecht gekündigt hat.
101Der Senat sieht bei Abwägung aller Umstände die maßgebliche berufliche Veranlassung der Umwandlung des Überstunden-Guthabens in Genussrechtskapital in dem Umstand, dass er ansonsten keine Entlohnung für diese Überstunden erhalten hätte, ohne seinen Arbeitsplatz erheblich zu gefährden. Deshalb kann im Streitfall auch offen bleiben, ob der Kläger diese Umwandlungen zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, in dem keine Bank oder ein Dritter dem Arbeitgeber Kredit gewährt hätte. Zumindest aber befand sich der Arbeitgeber nach den Aussagen des Zeugen C insbesondere ab 2002 in immer größer werdenden finanziellen Schwierigkeiten.
102Entscheidend ist vielmehr, dass im Streitfall nicht die Kapitalnutzung und die Gewinnerwartung im Vordergrund standen und auslösende Momente für das „finanzielle Engagement“ waren, sondern vielmehr der Einsatz der "Erwerbsquelle" zur Sicherung des konkreten Arbeitslohnes bei Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf den Arbeitsplatz.
103Der Verlust des Genussrechtskapitals stand auch bereits im Streitjahr 2007 für den Kläger erkennbar endgültig fest. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Dass der Kläger sein Genussrechtskapital bereits in 2007 endgültig abschreiben musste, ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben des Arbeitgebers vom 26.4.2007, wonach der Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals bestenfalls eine nachrangige Insolvenzforderung darstelle. Dass auf diese Forderungen keine Zahlungen erfolgen werden, hat der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 23.1.2008 noch einmal ausdrücklich bestätigt. Auch dies spricht nach Überzeugung des Gerichts eindeutig dafür, dass bereits in 2007 für den Kläger erkennbar endgültig feststand, dass eine Rückzahlung nicht erfolgen wird.
104Die Neuberechnung der für 2007 festzusetzenden Einkommensteuer wird wegen des nicht unerheblichen Aufwands des Gerichts bei deren Ermittlung dem Beklagten übertragen, § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
105Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
106Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
107Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 S.1 ZPO.