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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahren.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darum, ob Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung über zwei Veranlagungszeiträume als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzuerkennen sind.
3Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die eine psychotherapeutische Praxis betreibt. Alleinige Gesellschafter der Klägerin sind zu gleichen Teilen die Eheleute A und A1. Die Gesellschafter besitzen jeweils eine eigene Kassenzulassung zur Abrechnung ihrer Einnahmen. Diese werden durch Leistungen der beiden Gesellschafter in einer gemeinsamen psychotherapeutischen Praxis erzielt und im Rahmen der Feststellungserklärung der GbR veranlagt. Ihre Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ermittelt die Klägerin durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG.
4Aufgrund eines Beschlusses des Bewertungsausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung B vom ....2004 wurden der Klägerin nach vorangegangener Klage eines Psychotherapeuten zusätzliche Honorare für die Jahre 2000 bis 2004 zugesprochen. Die Auszahlungen dieser Vergütungen erfolgten in den Streitjahren 2005 und 2006 in insgesamt vier Teilbeträgen in jeweils etwa gleicher Höhe. Dabei entfiel auf das Jahr 2005 ein Betrag in Höhe von 60.600 € und auf 2006 ein Betrag in Höhe von 61.931 €.
5In ihren Feststellungserklärungen gab die Klägerin neben laufenden Gewinnen in Höhe von 119.115 € in 2005 und 111.282 € in 2006 die genannten Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung als tarifbegünstigte Einkünfte aus Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG an.
6Am 18.06.2007 gab der Beklagte einen unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid für das Jahr 2005 zur Post, in dem er die Einkünfte der Klägerin zunächst erklärungsgemäß feststellte, sie aber zugleich aufforderte, Nachweise über die tarifbegünstigten Einkünfte einzureichen.
7Die Klägerin legte daraufhin die für jeden Gesellschafter erstellten Abrechnungsergänzungsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung vor, worin zusätzliche Vergütungen für den Zeitraum 1. Quartal 2000 bis 3. Quartal 2004 in Höhe von insgesamt 122.531 € festgestellt wurden. Die Zahlungen sind danach in vier Teilbeträgen im April und August 2005 sowie im Januar 2006 in Höhe von jeweils 30.300 € und zudem im Juli 2006 in Höhe von 31.631 € erfolgt. Auf die zu den Akten gereichten Abrechnungsergänzungsbescheide vom 11.07.2005, Bl. 19f. d.A., wird verwiesen.
8Mit Schreiben vom 18.07.2007 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass laut einer Anweisung der OFD C bei einer Nachzahlung in mehreren Veranlagungszeiträumen eine Tarifbegünstigung nicht gewährt werden könne, da die Nachzahlungen keine von der übrigen Tätigkeit abgrenzbare Sondertätigkeit beträfen und nicht geballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 18.07.2007 Bezug genommen.
9Am 30.07.2007 änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid 2005 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung, stellte nunmehr laufende Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 179.715 € fest und verwies zur Begründung auf sein Schreiben vom 18.07.2007.
10Der Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2006 erging am 12.03.2008. Darin stellte der Beklagte laufende Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 173.213 € fest. Dabei wurden die als tarifbegünstigte Einkünfte erklärten Einnahmen ebenfalls dem laufenden Gewinn zugerechnet. Zur Begründung führte der Beklagte unter Verweis auf das Vorjahr aus, dass abweichend von den Angaben in der Feststellungserklärung der gesamte Gewinn in Höhe von 173.213 € als "laufende Einkünfte" behandelt worden sei. Da die Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung in mehreren Kalenderjahren erfolgt sei, habe keine Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG gewährt werden können.
11Die Klägerin legte gegen beide Feststellungsbescheide am 02.08.2007 bzw. am 14.03.2008 Einspruch ein.
12Zur Begründung führte sie aus, nach der Verfügung der Landesfinanzdirektion Thüringen vom 19.02.2007 sei für die Nachzahlungen für Psychotherapeuten aufgrund geänderter Punktzahlbewertung eine begünstigte Besteuerung vorzunehmen. Sie beantragte hilfsweise, die Einspruchsverfahren bis zur höchstrichterlichen Entscheidung über das Verfahren beim BFH, VIII R 65/06, ruhen zu lassen.
13Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin das Ruhen des Einspruchsverfahrens 2005 aufgrund des genannten Musterprozesses mit. Nachdem dieser am 21.04.2009 entschieden worden war, nahm der Beklagte die Bearbeitung des Einspruchs wieder auf.
14Die Klägerin hielt an ihrem Einspruchsbegehren fest, da die Nachzahlungen der kassenärztlichen Vereinigung in zwei Kalenderjahren und nicht wie im Musterverfahren in drei Kalenderjahren geleistet worden seien. Der Zufluss von mehrjährigen Vergütungen als nachträgliche Einnahme sei begünstigt, wenn die Zahlung aufgrund ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Kalenderjahre verteilt werde. Dies sei bei ihr der Fall. Sie habe keinen Einfluss auf die Zahlungsmodalitäten und die Zahlungszeitpunkte gehabt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. die Krankenkassen seien aufgrund eines Gerichtsurteils und der zu hunderten vorliegenden Widersprüche der Betroffenen in der finanziell schwierigen Situation gewesen, extrem hohe Honorarforderungen an die Psychotherapeuten auszahlen zu müssen. Eine sofortige Auszahlung in einem Betrag hätte zum finanziellen Kollaps des Systems geführt. Diese einseitige und rechtlich bedenkliche Handlungsweise begründe den Ausnahmefall der Begünstigung der Auszahlung über zwei Veranlagungszeiträume.
15Mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.2010 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück.
16Zur Begründung führte er aus, die Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung seien mangels Zusammenballung der Einkünfte zu Recht nicht als tarifbegünstigte Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG berücksichtigt worden. Danach seien Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten ermäßigt zu besteuern. Dadurch sollten die Härten ausgeglichen werden, die sich aus der progressiven Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte ergäben. Dementsprechend lägen außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 EStG grundsätzlich nur dann vor, wenn diese Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten, zusammengeballt in einem Betrag gezahlt würden. Verteile sich die Zahlung der außerordentlichen Einkünfte auf zwei Veranlagungszeiträume, lasse die Rechtsprechung die Tarifermäßigung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu. Zwar könnten sich auch bei einer Zahlung in zwei Veranlagungszeiträumen Progressionsbelastungen ergeben. Diese Belastung müsse aber in Kauf genommen werden, da andernfalls eine Grenze zwischen außerordentlichen Einkünften nach § 34 EStG und den nach dem Normaltarif zu versteuernden Einkünften nicht mehr gezogen werden könne.
17In dem vor dem BFH geführten Musterprozess habe dieser entschieden, dass die über drei Kalenderjahre verteilte Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung an einen Psychotherapeuten keine außerordentlichen Einkünfte nach § 34 EStG begründe. Der BFH habe das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Tarifbegünstigung in Fällen einer über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgten Auszahlung von Vergütungen nicht generell bejaht, sondern darauf hingewiesen, dass lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen eine auf zwei Jahre verteilte Auszahlung als unschädlich für die Anwendbarkeit des § 34 EStG angesehen werden könne.
18Die Klägerin habe aufgrund eines Rechtsstreits Nachzahlungen für die Kalenderjahre 2000 bis 2004 erhalten, so dass in den Streitjahren außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vorlägen. Die Tarifermäßigung sei jedoch mangels Zusammenballung zu versagen. Eine Ausnahme habe die Rechtsprechung in einem Fall gemacht, in dem die Zahlung einer Entschädigung von vorneherein in einer Summe vorgesehen gewesen und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Kalenderjahre verteilt worden sei. Die Klägerin habe keinen Nachweis darüber erbracht, dass mit der Kassenärztlichen Vereinigung die Zahlung der nachträglichen Vergütung in einer Summe vereinbart worden und erst später eine Aufteilung auf mehrere Veranlagungszeiträume erfolgt sei. Vielmehr sei von Anfang an die Auszahlung der Vergütung in vier Raten verteilt auf zwei Kalenderjahre vorgesehen gewesen.
19Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 02.09.1992. Dort habe der BFH die Tarifbegünstigung nach § 34 EStG verneint, weil die Abfindung entsprechend dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich in monatlichen Teilbeträgen über einen Zeitraum von 20 Monaten geleistet worden sei. Lediglich in dem BFH-Urteil vom 25.08.2009, IX R 11/09, habe der BFH eine Zusammenballung nach § 34 EStG bei einer in zwei Veranlagungszeiträumen ausgezahlten Entschädigungsleistung bejaht, da der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhalten habe und die ganz überwiegende Hauptleistung in einem Betrag ausgezahlt worden sei. So eine Konstellation liege bei der Klägerin nicht vor. Sie habe in den beiden Streitjahren Nachzahlungen in etwa gleicher Höhe erhalten. Die Klägerin habe bereits aufgrund der Verteilung der Nachzahlung der Vergütungen auf zwei Kalenderjahre eine Minderung der Einkommensteuerprogression erreicht.
20Die Klägerin hat am 30.08.2010 Klage erhoben.
21Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens führt sie zur Begründung aus, die Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung seien gem. § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG der sog. „Fünftel“-Regelung zu unterwerfen und als solche festzustellen. Die Einkünfte seien als außerordentliche zu qualifizieren, da es sich um eine Zusammenballung von Einnahmen in beiden Veranlagungszeiträumen handele. Der Zufluss in mehreren Teilbeträgen sei grundsätzlich nicht schädlich. Es reiche aus, dass der zusammengeballte Zufluss dazu geeignet sei, eine infolge der Progressionswirkung des Tarifs prozentual höhere steuerliche Belastung der Einnahmen auszulösen.
22Zweck des § 34 EStG sei, eine erhöhte Steuerbelastung durch die kumulierte Auszahlung in einem späteren Veranlagungszeitraum abzumildern. Eine Einschränkung der Vergünstigung auf Auszahlungen in einem Veranlagungszeitraum sei dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Grundsätzlich werde zwar von der Rechtsprechung eine Zusammenballung bei Auszahlungen von Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in einem Veranlagungszeitraum gefordert. Der Zufluss von mehrjährigen Vergütungen als nachträgliche Einnahme über zwei Veranlagungszeiträume sei jedoch in bestimmten Fällen begünstigt. Als Beispiele seien genannt die Zahlung über einen Zeitraum von 1,5 Jahren aus Rücksicht auf die finanziellen Belange des Auszahlenden, die Zahlung einer als einmalig beabsichtigten Entschädigung über zwei Jahre auf Drängen des Zahlungsempfängers, die Abgeltung entgangener Einnahmen mehrerer Jahre durch eine Entschädigung, Zahlungen, die wirtschaftlich eine Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit darstellten, aber aus wirtschaftlichen Gründen in zwei Kalenderjahren ausgezahlt würden, Entschädigung aus Dienstvertrag über zwei Veranlagungszeiträume aus wirtschaftlicher Notwendigkeit des Empfangenden, bei einer über die normalen Verhältnisse hinausgehenden Zusammenballung, Honorarzahlungen an Psychotherapeuten aufgrund vorausgegangener rechtlicher Auseinandersetzung sowie bei Honorarzahlungen an Psychotherapeuten zwar nicht bei Auszahlung über drei Jahre, aber ausnahmsweise bei Auszahlung in zwei Veranlagungszeiträumen.
23Weiterhin gehöre dazu, dass die Zahlung aufgrund ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt werde. Davon sei im Falle der Klägerin auszugehen. Die Kassenärztliche Vereinigung sei aufgrund eines Gerichtsurteils in der finanziell schwierigen Situation gewesen, extrem hohe Honorarforderungen an die Psychotherapeuten nachzahlen zu müssen. Aus diesem Grund sei die Auszahlung in vier Teilbeträgen über zwei Veranlagungszeiträume gestreckt worden. Der Gesamtbetrag der nachzuzahlenden Vergütungen habe nach Abschluss der Sozialgerichtsverfahren bereits vor Festlegung des Auszahlungsmodus festgestanden. Die Auszahlung sei dem Grunde nach fällig gewesen, habe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zügig erfolgen sollen und sei zunächst Ende 2004 erwartet worden. Allein aufgrund der außerordentlichen Gesamthöhe der Nachzahlungsbeträge sei eine Auszahlung erst ab Anfang 2005 in vier Raten über einen Zeitraum von insgesamt 15 Monaten erfolgt. Die einschlägigen Urteile des Bundessozialgerichts bestätigten vorinstanzliche Urteile der Sozialgerichte. Die darin festgesetzten Vergütungen seien grundsätzlich als Einmalbetrag auszuzahlen gewesen.
24Die Höhe der Vergütungen sei auch hinsichtlich der Vielzahl der betroffenen Fälle für den Auszahlenden außerordentlich gewesen. Der Zeitraum, aus dem die Vergütungen resultierten, sei mit fünf Kalenderjahren besonders lang. Die Auszahlung sei über 15 Monate erfolgt, also lediglich um einen unwesentlich längeren Zeitraum als ein Jahr.
25Es handele sich nicht um eine über mehrere Jahre vereinbarte Auszahlung. Letztlich seien die nachträglichen Einkünfte zusätzlich zu laufenden Einkünften der Jahre 2005 und 2006 ausgezahlt worden. Dies führe bei der vom Beklagten durchgeführten laufenden Besteuerung zu einer solchen mit dem Höchststeuersatz. Dies stelle eine übermäßige tarifliche Belastung der Einkünfte dar. Gerade der Abmilderung dieser erhöhten Belastung diene jedoch die Vorschrift des § 34 EStG.
26Sie beantragt,
27den Feststellungsbescheid 2005 vom 30.07.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 27.07.2010 aufzuheben und den Feststellungsbescheid 2006 vom 12.03.2008 dahingehend zu ändern, dass von den laufenden Einkünften 61.931 € als tarifbegünstigte Einkünfte festgestellt werden.
28Der Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG komme nach ständiger Rechtsprechung nur in Betracht, wenn eine Zusammenballung von Einkünften vorliege. Dies rechtfertige sich aus dem Gesetzeszweck, Progressionsnachteile auszugleichen. Im Fall der Klägerin sei eine Zusammenballung nicht gegeben, da die ausgezahlten Honorare der Kassenärztlichen Vereinigung nicht in einem Kalenderjahr, sondern in mehreren Kalenderjahren zu erfassen gewesen seien und es somit nicht zu einer nach § 34 EStG auszugleichenden erhöhten steuerlichen Belastung gekommen sei.
31Zwar habe der BFH in seinem Urteil vom 21.04.2009, VIII R 65/06, ausgeführt, dass in eng begrenzten Ausnahmefällen auch eine auf zwei Veranlagungszeiträume verteilte Auszahlung als unschädlich für die Anwendbarkeit des § 34 EStG angesehen werden könne. Eine solche Fallgestaltung liege jedoch nicht vor. Der BFH halte in seinem Urteil vom 02.09.1992, BStBl. II 1993, 831, zwar eine Tarifbegünstigung unter den Voraussetzungen für denkbar, dass die Zahlung der betreffenden Entschädigung von vorneherein in einer Summe vorgesehen gewesen und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt worden sei. Im Streitfall sei mit der Kassenärztlichen Vereinigung die Zahlung der nachträglichen Summe in einer Leistung jedoch nicht vereinbart worden.
32Auch in dem BFH-Urteil vom 16.09.1966, VI 381/65, sei man davon ausgegangen, dass es sich um eine Entschädigung handele, deren Zahlung in einer Summe vorgesehen gewesen sei.
33Nicht vergleichbar sei außerdem das Urteil des BFH vom 01.02.1957, VI 87/88, da der dortige Sachverhalt einen Entschädigungsempfänger betroffen habe, der nach russischer Kriegsgefangenschaft dringend auf eine Vorauszahlung angewiesen gewesen sei.
34Auch die sonstige von der Klägerin aufgeführte Rechtsprechung beträfe ausschließlich Fälle, in denen die Entschädigungen von vorneherein in einer Summe festgesetzt worden, die Auszahlungen dann aber aufgrund bestimmter Sachverhalte auf zwei Jahre zu verteilen gewesen seien.
35Entscheidungsgründe
361. Die Klage ist unbegründet und hat keinen Erfolg.
37Die Feststellungsbescheide 2005 und 2006 vom 30.07.2007 und vom 12.03.2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
38Der Beklagte hat die ermäßigte Besteuerung der der Klägerin in zwei Veranlagungszeiträumen zugeflossenen Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG zu Recht abgelehnt.
39Gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer abweichend vom Normaltarif nach den Sätzen 2 bis 4 des § 34 Abs. 1 EStG zu berechnen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte auch Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht.
40a) Zwar steht der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht entgegen, dass die Klägerin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt, die nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur ausnahmsweise in bestimmten Fallgruppen als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten anerkannt werden (vgl. dazu BFH v. 14.12.2006, IV R 57/05, BStBl. II 2007, 180). Denn ein Fall, in dem bei Einkünften aus selbständiger Arbeit eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzunehmen sein kann, ist auch gegeben, wenn es aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zu einer Nachzahlung kommt, die insgesamt mehrere Kalenderjahre betrifft und zusammengeballt zufließt (vgl. BFH v. 30.01.2013, III R 84/11, NJW 2013, 2990; BFH v. 21.04.2009, VIII R 65/06, BFH/NV 2009, 1973; BFH v. 14.12.2006, IV R 57/05, BStBl. II 2007, 180). Eine Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung für die Jahre 2000 bis 2004 in einem späteren Veranlagungszeitraum ist bereits deshalb mehrjährig, weil dieser spätere Zufluss insgesamt mehrere Jahre betrifft. Der Umstand, dass sich die zugeflossene Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können, steht der Annahme einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht entgegen (vgl. BFH v. 14.12.2006, IV R 57/05, BStBl. II 2007, 180). Auch hat die Klägerin wegen eines Rechtsstreits und eines anschließenden Urteils des Bundessozialgerichts für die Jahre 2000 bis 2004 für ihre in diesem Zeitraum erbrachten Tätigkeiten in den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006 Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung in Höhe von insgesamt 122.531 € erhalten.
41b) Die Vorschrift des § 34 EStG ist jedoch nur anzuwenden, wenn es zu einer Zusammenballung von Einkünften kommt. Dies rechtfertigt sich aus dem Zweck der Regelung, Progressionsnachteile auszugleichen. Deshalb sind außerordentliche Einkünfte grundsätzlich nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen (BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659; BFH v. 25.08.2009, IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27; BFH v. 21.04.2009, VIII R 65/06, BFH/NV 2009, 1973; BFH v. 28.07.1993, XI R 74/92, BFH/NV 1994, 368; BFH v. 02.09.1992, XI R 63/89, BStBl. II 1993, 831). Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt typischerweise vor, wenn außerordentliche Einkünfte in zwei oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt werden, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt (vgl. BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659; BFH v. 25.08.2009, IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27; BFH v. 28.06.2006, XI R 58/05, BStBl. II 2006, 835).
42An einer derartigen Zusammenballung fehlt es hier, da der Klägerin die Nachzahlungen nicht in einem, sondern in zwei Veranlagungszeiträumen ausgezahlt worden sind. Bei einer Zahlung, die sich auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume verteilt, ist eine Zusammenballung nicht gegeben. Eine Anwendung des § 34 EStG kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BFH v. 23.12.2004, XI B 117/03, BFH/NV 2005, 1252).
43c) Auch eine ausnahmsweise Anwendung des § 34 EStG ist nach Auffassung des Senats nicht geboten. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei § 34 EStG um eine Ausnahmevorschrift im Einkommensteuerrecht handelt, die ohnehin nur einer engen Auslegung zugänglich ist. Das Einkommensteuerrecht sieht grundsätzlich eine einheitliche progressive Besteuerung auch sich zusammenballender Einkünfte vor (BFH v. 23.12.2004, XI B 117/03, BFH/NV 2005, 1252).
44Es erscheint ohnehin als fraglich, ob nach aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung überhaupt noch die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Anwendung des § 34 EStG bei einem Zufluss in zwei Veranlagungszeiträumen befürwortet wird. So führt z.B. der XI. Senat des BFH aus, dass eine Anwendung des § 34 EStG bei einer Zahlungsverteilung auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume mangels Zusammenballung nicht gegeben sei. Ausnahmen könnten allenfalls im Wege der Billigkeit erfasst werden. Die von ihm in vorherigen Entscheidungen noch gebrauchte Formulierung, dass bei einer Verteilung der Zahlung auf zwei Veranlagungszeiträume die Rechtsprechung die Steuerermäßigung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulasse, verwendet der XI. Senat ausdrücklich nicht mehr (vgl. BFH v. 06.09.2000, XI R 19/00, BFH/NV 2001, 445; Lindberg, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34 EStG, Rz. 34, Stand August 2012). Zudem ist zu beachten, dass auch in den Urteilen des BFH, in denen noch die bisherige vorwiegend ältere Ausnahmerechtsprechung erwähnt ist, diese auch nur lediglich genannt, eine Ausnahme in dem jeweils zu entscheidenden Fall jedoch nicht zugelassen worden ist (vgl. z.B. BFH v. 28.07.1993, XI R 74/92, BFH/NV 1994, 368; BFH v. 02.09.1992, XI R 63/89, BStBl. II 1993, 831).
45Dem schließt sich der erkennende Senat an. Es besteht grundsätzlich kein Bedürfnis, in Ausnahmefällen von dem Erfordernis des Zuflusses in einem Veranlagungszeitraum abzurücken. Zwar ergibt sich, wie die Klägerin zutreffend ausführt, das Erfordernis der Zusammenballung in einem Veranlagungszeitraum nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut (vgl. BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659; BFH v. 25.08.2009, IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27; BFH v. 16.09.1966, VI 381/65, BStBl. III 1967, 2). Es lässt sich jedoch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei § 34 EStG um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, dem Sinn und Zweck des Gesetzes entnehmen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der außerordentlichen Einkünfte ist im Wege der Auslegung nach Maßgabe der ratio legis zu konkretisieren. Danach sind außerordentliche Einkünfte solche, deren Zufluss in einem Veranlagungszeitraum zu einer für den jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führt (BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659). Die Vorschrift bezweckt, die sich durch Zusammenballung von Einkünften aus der tariflichen Einkommensteuer ergebende Spitzenbelastung zu mildern, wenn in einem Veranlagungszeitraum allein oder neben anderen Einkünften, Einkünfte zu versteuern sind, die wirtschaftlich anderen Veranlagungszeiträumen zuzurechnen sind, wobei der zusammengeballte Zufluss zu einer Ausnahmesituation in der Progressionsbelastung führt. Die Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum ist folglich ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aller in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte (vgl. Lindberg, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34 EStG, Rz. 28, Stand August 2012; Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 34, Rz. 26, Stand November 2007). Ohne eine Zusammenballung der außerordentlichen Einkünfte in einem einzigen Veranlagungszeitraum bedarf es der Progressionsabschwächung nicht (Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 34, Rz. 27, Stand November 2007).
46Vor diesem Hintergrund kommt es nach Auffassung des Senats auch nicht darauf an, ob die z.B. im Urteil des BFH vom 02.09.1992, XI R 63/89, BStBl. II 1993, 831, noch aufgeführte Ausnahme, dass die Zahlung von vorneherein in einer Summe vorgesehen war und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt worden ist, im Falle der Klägerin als einschlägig betrachtet werden kann, da auch ein derartiger Sachverhalt nach Auffassung des Senats nicht dazu geeignet ist, eine Ausnahme des Erfordernisses der Zusammenballung der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu begründen. Die Rechtsprechung resultiert zum einen aus einer bloßen Erwähnung in der auch von den Beteiligten ins Feld geführten Entscheidung des RFH vom 20.02.1941, IV 278/40, RStBl. 1941, 442, der der erkennende Senat jedoch nicht zu entnehmen vermag, welcher besondere Sachverhalt der auch vom RFH lediglich als "ganz ausnahmsweise" bezeichneten Fallkonstellation zugrunde lag, so dass eine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt der Klägerin schon aus diesem Grunde nicht festzustellen ist. Zum anderen kann es bereits nach dem Gesetzeszweck, den Zahlungsempfänger zusammengeballt zufließender Einkünfte vor der plötzlichen Progressionssteigerung in Ausnahmefällen schützen zu wollen, nach Auffassung des Senats nicht darauf ankommen, aus welchem Grund eine Auszahlung in zwei Veranlagungszeiträumen erfolgt ist. Denn auch im übrigen Einkommensteuerrecht ist es grundsätzlich unerheblich, warum steuerpflichtige Einnahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt zufließen und daher in einem bestimmten Veranlagungszeitraum der Besteuerung zu unterwerfen sind.
47Ebenfalls sind die noch in einer älteren BFH-Entscheidung als Ausnahme des grundsätzlich notwendigen Zuflusses in einem Veranlagungszeitraum aufgeführten verständlichen wirtschaftlichen Erwägungen bzw. wirtschaftlich vernünftigen Gründe (vgl. BFH v. 16.09.1966, VI 381/65, BStBl. III 1967, 2) nicht dazu geeignet, eine Ausnahme von dem Merkmal der Zusammenballung zu rechtfertigen (vgl. BFH v. 06.09.2000, XI R 19/00, BFH/NV 2001, 445; Schiffers, in: Korn, EStG, § 34, Rz. 58, Stand Juli 2010).
48d) Soweit die Rechtsprechung des BFH noch entgegen den obigen Ausführungen darauf verweist, dass eine Abweichung von dem Grundsatz, dass eine tatbestandsrelevante Zusammenballung von Einkünften nur bei Zufluss in einem einzigen Veranlagungszeitraum gegeben ist, nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich sei (vgl. BFH v. 21.04.2009, VIII R 65/06, BFH/NV 2009, 1973; BFH v. 02.09.1992, XI R 63/89, BStBl. II 1993, 831), hält der Senat eine solche allenfalls dann für denkbar, wenn dem Steuerpflichtigen lediglich ein Minimalbetrag in einem weiteren Veranlagungszeitraum zufließt, weil hierdurch der Gesetzeszweck nicht verfehlt wird (vgl. BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659; BFH v. 25.08.2009, IX R 11/09, BStBl. II 2011, 27). Wann von einer solchen unschädlichen geringfügigen Teilleistung auszugehen ist, bestimmt sich nach dem Vorliegen einer Ausnahmesituation in der individuellen Steuerbelastung des einzelnen Steuerpflichtigen. Eine starre Prozentgrenze sieht das Gesetz weder vor noch kann eine solche die gesetzlich geforderte Prüfung der Außerordentlichkeit im Einzelfall ersetzen (BFH v. 26.01.2011, IX R 20/10, BStBl. II 2012, 659). Eine derartige Ausnahme ist im Fall der Klägerin jedoch ebenfalls nicht gegeben. Die in den beiden Veranlagungszeiträumen an die Klägerin gezahlten Beträge sind nahezu gleich hoch, so dass die Progression bereits durch diese Verteilung weitestmöglich und ausreichend abgemildert worden ist. Zwar können sich auch bei einer Zahlung in zwei Veranlagungszeiträumen noch Progressionsbelastungen ergeben. Diese Belastung muss aber in Kauf genommen werden, da andernfalls (bei Überschreitung des Grundsatzes, dass nur einmalige Zuflüsse als außerordentliche anerkannt werden können) eine Grenze zwischen außerordentlichen Einkünften im Sinne des § 34 EStG und den nach dem ordentlichen Tarif zu versteuernden Einkünften nicht mehr gezogen werden könnte (BFH v. 02.09.1992, XI R 63/89, BStBl. II 1993, 831).
492. Ob dem Klagebegehren der Klägerin möglicherweise durch Billigkeitsmaßnahmen nach den §§ 163, 227 AO abgeholfen werden könnte, hat der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
503. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.