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Der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2008 wird auf 321.356 € festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kosten-erstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren im Kern über die Frage, ob der Beklagte eine negative Hinzurechnung bezogen auf den Verlustanteil der stillen Gesellschafter im Streitjahr 2008 unter Bezugnahme auf die Gewerbesteuerrichtlinien- GewStR - 2009 zu Recht abgelehnt hat.
3Mit Gründungsverträgen vom 11. Januar 2008 wurde zunächst die vormalige Muttergesellschaft der ursprünglichen Klägerin (jetzt: A GmbH) mit einem Stammkapital von 25.000 ? gegründet (HRB 1 des Amtsgerichtes B). Das Geschäftsjahr der Muttergesellschaft lief vom 1. November bis zum 31. Oktober des jeweiligen Kalenderjahres (UR-Nr. 2 des Notars C in B). Unmittelbar im Anschluss wurde die ursprüngliche Klägerin (im Folgenden als Klägerin bezeichnet) mit einem Stammkapital von 50.000 ? gegründet (UR-Nr. 3 des Notars C; HRB 4 des Amtsgerichtes B). Auch das Geschäftsjahr der Klägerin lief vom 1. November bis zum 31. Oktober des jeweiligen Kalenderjahres. Das erste Geschäftsjahr war ein Rumpfgeschäftsjahr.
4Die Klägerin wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 30. Mai 2012 auf die jetzige Klägerin (im Folgenden als Klägerin II bezeichnet), die zu diesem Zeitpunkt ihren Namen von D GmbH in E GmbH änderte, verschmolzen. Wegen der Einzelheiten der Rechtsnachfolge wird auf die Eintragungen im Handelsregister B der Amtsgerichte B (HRB 4) und F (HRB 5) verwiesen.
5Bereits am 3. April 2008 hatten die Herren G und H die Anteile an der Muttergesellschaft der Klägerin erworben (Beteiligungen: 12.550 ? und 12.450 ?; UR-Nr. 6 des Notars C). Die Anteile wurden mit sofortiger dinglicher Wirkung an die Erwerber abgetreten.
6Geschäftsführer beider Gesellschaften war zunächst Herr K. Er legte das Amt als Geschäftsführer der Muttergesellschaft unmittelbar nach Veräußerung der Anteile am 3. April 2008 nieder. Zu neuen Geschäftsführern wurden die Gesellschafter ernannt. Ausweislich des Handelsregisters wurde mit Gesellschafterversammlungen vom 3. und 24. April 2008 der Geschäftsgegenstand der Klägerin neu gefasst (seither die Veranstaltung und der Vertrieb von ...) und der bisherige Geschäftsführer abberufen sowie die Gesellschafter der Muttergesellschaft zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern berufen, nachdem der Gesellschaftsvertrag zuvor die Regelung enthalten hatte, dass die Klägerin durch zwei Geschäftsführer gemeinsam vertreten werde. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte unter dem 13. Mai 2008. In der Folgezeit veräußerte die Muttergesellschaft diverse Minderheitsbeteiligungen an der Klägerin, die teilweise zurück erworben worden sind. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Übersichten und Verträge in der Vertragsakte Bezug genommen.
7Bereits im Februar 2008 schloss die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt noch unter ihrem Gründungsnamen, K 2 GmbH, firmierte, vertreten durch den späteren Gesellschafter und Geschäftsführer G, einen Mietvertrag über die Betriebsräumlichkeiten. Obwohl Herr K bis zum 3. April 2008 alleiniger Geschäftsführer der Klägerin war (vgl. Anlage 4 des Jahresabschlusses 2008), schlossen die späteren Gesellschafter der Muttergesellschaft und Geschäftsführer der Klägerin bereits unter dem 1. April 2008 als Geschäftsführer der Klägerin, unter ihrem erst in der Gesellschafterversammlung vom 3. April 2008 geänderten Namen, M GmbH, mit sich als stillen Gesellschaftern einen Vertrag über die Begründung stiller Beteiligungen.
8Nach dem Vertrag beteiligten sich beide Geschäftsführer mit einer stillen Gesellschaftereinlage in Höhe von jeweils 195.000 ? an der Klägerin. Die Einlagen waren spätestens bis zum 1. Mai 2008 auf ein Konto der Klägerin zu erbringen. Die stille Gesellschaft sollte mit dem 1. Mai 2008 beginnen und am letzten Tag des Wirtschaftsjahres, welches im Jahr 2010 endet, enden. Ausweislich § 5 des Gesellschaftsvertrages waren die stillen Gesellschafter am Gewinn und Verlust der Klägerin beteiligt. Die Beteiligung am Verlust war auf die Höhe der Einlage begrenzt. Verteilungsmaßstab für Gewinn und Verlust sollte das Verhältnis der stillen Einlagen zum Stammkapital der Klägerin sein, welche zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit 50.000 ? Stammkapital und jeweils 195.000 ? stille Einlagen beziffert wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Kopie in der Körperschaftsteuerakte befindlichen Vertrag verwiesen.
9Nach den mit Schriftsatz vom 2. Juni 2010 vorgelegten Ausdrucken einzelner Buchhaltungskonten der Klägerin erfolgten die Einzahlungen auf die stillen Beteiligungen am 4. und 28. April 2008. Verlustanteile in Höhe der stillen Beteiligungen wurden bereits unter dem 31. August 2008 gebucht.
10Im Januar 2010 reichte die Klägerin die Jahressteuererklärungen für das Streitjahr 2008 unter Beifügung des Jahresabschlusses zum 31. Oktober 2008 beim Beklagten ein. Der Jahresabschluss weist einen Jahresfehlbetrag von 253.377,33 ? aus. Dabei ist das wesentlich höhere negative Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit unter anderem durch Erträge aus Verlustübernahmen der stillen Gesellschafter in Höhe von 390.000 ? gemindert. Der um unstreitige nicht abziehbare Aufwendungen und Spenden korrigierte Jahresüberschuss führte zu einer erklärungsgemäßen Veranlagung zur Körperschaftsteuer, die unter Ansatz eines negativen zu versteuernden Einkommens von 252.375 ? mit 0 ? festgesetzt wurde.
11Die hier streitbefangene gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2008 erfolgte mit Bescheid vom 17. Mai 2010 ebenfalls mit 252.375 ?. Dabei berücksichtigte der Beklagte die von der Klägerin deklarierten Hinzurechnungsbeträge für Schulden, Gewinnanteile der stillen Gesellschafter sowie der Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter zunächst erklärungsgemäß im Rahmen einer Zwischenrechnung. Der Saldo der Beträge lautet auf minus 375.923 ?. Den davon auch nach der Nebenrechnung zu berücksichtigenden Anteil von 25% weist der Bescheid aber mit 0 ? aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
12Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht eingelegtem Einspruch. Mit ihm begehrte sie, 25% der unstreitig mit 375.923 ? berechneten Hinzurechnungsbeträge gemäß § 8 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -, also 93.981 ? als negativen Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen und den vortragsfähigen Gewerbeverlust entsprechend höher festzustellen.
13Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2011 als unbegründet zurück. Er vertrat die Auffassung, eine negative Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG sei nicht zulässig. Zur Begründung bezog er sich auf die Regelung in R 8.1 der GewStR 2009. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
14Dagegen wendet sich die Klägerin mit der fristgerecht erhobenen Klage. Unter Bezugnahme auf den unstreitigen Lebenssachverhalt verweist sie darauf, dass sich nach der Entscheidung des Beklagten der Verlustanteil der stillen Gesellschafter im Jahr 2008 nur in Höhe der gegenzurechnenden positiven Hinzurechnungsbeträge gewerbeertragsmindernd auswirke. Demgegenüber werde ein in den Folgejahren erzielter Gewinnanteil der stillen Gesellschafter dem Gewerbeertrag der Klägerin zunächst in vollem Umfang hinzugerechnet (jeweils unter Anwendung der 25%-Regelung des § 8 Satz 1 GewStG). Dies sei weder sachgerecht noch mit dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer vereinbar. Weder der Gesetzestext noch die Gesetzesbegründung zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, mit dem § 8 Nr. 1 GewStG in der hier einschlägigen Weise geändert worden sei, böten Anhaltspunkte für die Berechtigung der Versagung der negativen Hinzurechnung. Vielmehr widerspreche die Handhabung des Beklagten der Intention des Gesetzgebers, die Finanzierungsausstattung des Gewerbesteuerpflichtigen bei der Ermittlung ihres der Gewerbesteuer unterliegenden Ertrages außer Betracht zu lassen. Auch habe der Bundesfinanzhof - BFH - bereits 1971 entschieden, dass eine Hinzurechnung auch durch eine negative Rechnungsgröße erfolgen könne. Auch die Finanzverwaltung habe in R 50 Abs. 2 GewStR 1998 noch ausgeführt, ein Verlust aus Gewerbebetrieb sei auch um den Verlustanteil des stillen Gesellschafters zu erhöhen, soweit der Verlustanteil den Verlust aus Gewerbebetrieb gemindert habe.
15Die Klägerin beantragt,
16den Bescheid auf den 31. Dezember 2008 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes dahingehend abzuändern, dass ein verbleibender Verlust auf den 31. Dezember 2008 mit 321.356 ? festgestellt wird,
17hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20hilfsweise, die Revision zuzulassen.
21Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und auf R 8.1 Abs. 3 GewStR 2009.
22Entscheidungsgründe
23Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der angefochtene Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes gem. § 10a GewStG zum 31. Dezember 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der vortragsfähige Gewerbeverlust nach § 10a Satz 7 GewStG ist ausgehend von der fehlerhaften Berechnung des maßgebenden Gewerbeertrages nach § 7 GewStG zu niedrig festgestellt worden.
24Der Beklagte hat zwar den Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 7 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - i.V.m. den einschlägigen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes - EStG - und des Handelsgesetzbuches - HGB - zutreffend berechnet (1.), er hat es aber zu Unrecht abgelehnt, bei der Berechnung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 25% des negativen Saldos der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG im Wege einer negativen Hinzurechnung zu berücksichtigen.
251. Die Klägerin und der Beklagte haben zu Recht übereinstimmend den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit - 252.375 ? berechnet.
26Nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. §§ 5, 4 Abs. 1 EStG war die Klägerin verpflichtet, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelte Betriebsvermögen zum Bilanzstichtag 31. Oktober 2008 anzusetzen. Dabei waren grundsätzlich nach § 275 Abs. 2 HGB die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter bei der Berechnung des Gewinns zu berücksichtigen. Dies entspricht der Auffassung der Verfahrensbeteiligten und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Behandlung von Gewinnanteilen stiller Gesellschafter (vgl. z. B. Urteile vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 470; vom 19. Februar 2009 IV R 83/06, BFHE 224, 340, BStBl II 2009, 798) sowie der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. z. B. Oberfinanzdirektion Rostock vom 19. Dezember 1999, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2000, 591).
27Obwohl der Vertrag über die stille Gesellschaft auf den 1. April 2008 datiert ist und an diesem Tag die späteren Geschäftsführer noch nicht berufen waren und die Klägerin ihren - in dem Vertrag verwendeten - späteren Namen noch nicht angenommen hatte, ist im Streitfall von der wirksamen Begründung einer stillen Gesellschaft auszugehen.
28Aus den weiteren vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die späteren Geschäftsführer schon vor ihrer Bestellung zu Geschäftsführern für die Klägerin nach außen hin aufgetreten sind. Insoweit wird insbesondere auf den Abschluss des Mietvertrages verwiesen. In allen weiteren Beteiligungsverträgen ist ausdrücklich auf das Bestehen der stillen Gesellschaft hingewiesen. Bereits vor Ablauf des Wirtschaftsjahres hat einer der Beteiligten seinem Einkommensteuerfinanzamt den Vertrag über die stille Gesellschaft vorgelegt. Die Einzahlung beider stillen Beteiligungen ist vertragsgerecht vor dem 1. Mai 2008 erfolgt.
29Auch unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen für die Anerkennung von stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihren beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (vgl. dazu Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2009 10 K 282/06, Entscheidungen der Finanzgerichte - EStG - 2011, 243) liegen danach die Voraussetzungen für die Annahme einer wirksamen Begründung der stillen Gesellschaft vor. Dabei kann offen bleiben, ob von einer fehlerhaften Datierung oder einer nachträglichen Genehmigung (§§ 184, 185 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) auszugehen ist.
302. Der Beklagte ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, der unstreitig rechnerisch zutreffend berechnete Saldo der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG in Höhe von minus 375.923 ? sei nicht (zu 25%) bei der Berechnung des Gewerbeertrages zu berücksichtigen.
31Nach § 7 Satz 1 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.
32Nach § 8 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7) die nachfolgend bezeichneten Beträge - hier die unter § 8 Nr. 1 Buchstabe c aufgeführten Gewinnanteile des stillen Gesellschafters - wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.
33Dies führt im Streitfall dazu, dass - im Rahmen der Entscheidungsbefugnis des erkennenden Senats nach § 96 FGO - 25% des Saldos der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG in Höhe von minus 375.923 ? bei der Berechnung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zu berücksichtigen sind. Die dagegen gerichteten Einwendungen des Beklagten vermögen nicht zu überzeugen.
34Der Beklagte hat die Berücksichtigung des Saldos von minus 375.923 ? der Beträge gem. § 8 Nr. 1 GewStG (zu 25%) ausschließlich unter Hinweis auf die ihn bindende Regelung in R 8.1 Satz 3 der GewStR 2009 abgelehnt, wonach eine negative Hinzurechnung nicht in Betracht komme.
35Dies vermag die ablehnende Entscheidung nicht zu tragen. Abgesehen davon, dass eine gesetzeswidrige Besteuerung regelmäßig nicht durch die Berufung auf allein die Verwaltung bindende nach Art. 108 Abs. 7 des Grundgesetzes von der Bundesregierung erlassene Verwaltungsvorschriften - hier die GewStR - gestützt werden kann, ist der Hinweis auf R 8.1 GewStR 2009 bereits deshalb - auch für den an Verwaltungsanweisungen grundsätzlich gebundenen Beklagten - nicht tragfähig, da die Regelung auf den Veranlagungszeitraum 2008 keine Anwendung findet.
36Ausweislich der Einführung, Abs. 2 Satz 2 der GewStR 2009 gelten diese, soweit sich aus ihnen nichts anderes ergibt, vom Erhebungszeitraum 2009 an. Da eine abweichende Anwendungsregelung für den hier betroffenen Bereich nicht ersehen werden kann, ist der Beklagte gehalten, auf den Streitfall die Anweisungen in den GewStR 1998 anzuwenden, in denen in Abschnitt 50 Abs. 2 Folgendes ausgeführt ist:
37Da der objektive Ertrag des Gewerbebetriebs besteuert wird, der sich unabhängig davon ergibt, ob der Betrieb mit eigenem oder fremdem Kapital arbeitet, ist ein Verlust aus Gewerbebetrieb auch um den Verlustanteil des stillen Gesellschafters zu erhöhen; soweit der Verlustanteil den Verlust aus Gewerbebetrieb gemindert hat.
38Die Regelung in den GewStR 1998 steht im Übrigen auch in Übereinstimmung mit der ebenfalls - infolge der Veröffentlichung der Entscheidungen im BStBl - den Beklagten bindenden Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 21. April 1971 I R 200/67, BFHE 102, 524, BStBl II 1991, 743; vom 10. Juli 1974 I R 248/71, BFHE 113, 242, BStBl II 1974, 752). Der Beklagte war daher bereits nach den ihn bindenden Verwaltungsanweisungen gehalten, der Klage stattzugeben.
39Unabhängig von der für die nachfolgenden Zeiträume gegenläufigen Verwaltungsanweisung in R 8.1 GewStR 2009 entspricht auch nur diese Handhabung dem mit Wirkung ab dem streitigen Veranlagungszeitraum 2008 geänderten GewStG.
40Hinzurechnung im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG kann entgegen gegenteiliger Auffassung (Schnitter in Frotscher/Maas, GewStG, Stand Januar 2013, § 8 Rdnr. 94 ohne eigene Begründung unter Verweis auf die GewStR 2009) auch dazu führen, dass Verlustanteile des stillen Gesellschafters tatsächlich von dem zunächst nach § 7 Satz 1,1. Halbsatz GewStG ermittelten Gewerbeertrag abgezogen bzw. dem bereits ermittelten Gewerbeverlust Verlust erhöhend hinzugerechnet werden. Dem steht der Begriff der ?Hinzurechnung? nicht entgegen.
41Die in den Steuergesetzen verwendeten Begriffe sind im Rahmen der Wortlautinterpretation grundsätzlich nach dem Zweck der einschlägigen Vorschriften auszulegen. Dies führt dazu, dass die Begriffe häufig ihr gedankliches Gegenteil umfassen. So umfasst der Begriff des Gewinns z.B. im Sinne des § 4 EStG oder des § 8 GewStG nach wohl unstreitiger, auch von der Finanzverwaltung geteilter Auffassung auch das Gegenteil von Gewinn, den Verlust (vgl. z. B. Heinicke in Schmidt, EStG, 32. Aufl., 2013, § 4 Rdnr. 2). Auch haben die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens keine Probleme, die gewinnerhöhend berücksichtigten Beträge aus der Verlustübernahme durch die beiden stillen Gesellschafter (zusammen 390.000 ?) als vom Gewinn abgesetzt im Sinne des § 8 Satz 1 GewStG anzusehen, obwohl der Begriff des ?Absetzens? im rechnerisch mathematischen Bereich die Bedeutung ?für die Berechnung als Minderung einer Summe geltend machen? hat (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch). Sähe man ?Minderung? im Sinne einer zwingend die Bemessungsgrundlage verringernden Rechenoperation, so hätte im konkreten Fall die Verlust mindernde Übernahme durch die stillen Gesellschafter nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Verlustübernahme durch den stillen Gesellschafter kann in Fällen wie dem Streitfall allerdings sowohl als Minderung des Verlustes wie auch als Gewinnerhöhung verstanden werden.
42Schon die von den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits einvernehmlich vorgenommenen Auslegungen der beiden angesprochenen uneindeutigen Begriffe (Gewinn, absetzen) zeigen deutlich, dass auch der Begriff der Hinzurechnung keineswegs nur im Sinne einer die Bemessungsgrundlage erhöhenden Rechenoperation verstanden werden kann. Zwar spricht der Begriff der ?Hinzurechnung? zunächst genauso für eine Addition, wie der Begriff ?absetzen? für eine Subtraktion spricht. Beide Begriffe enthalten aber wie der Begriff der ?Kürzung? in § 9 GewStG, für den bereits eine einschlägige Interpretation des Bundesfinanzhofs vorliegt, keine Aussage über das Vorzeichen der von der jeweiligen Rechenoperation betroffenen Berechnungsgröße.
43Der Bundesfinanzhof hat bereits im Jahr 1971 (BStBl II 1971, 743) den Begriff der ?Kürzung? in § 9 GewStG im Sinne des objektivierten Willens des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut des Gesetzes und dem Sinnzusammenhang ergibt, interpretiert und dabei klargestellt, dass dem Verständnis der Regelung als einer Subtraktionsvorschrift nicht entnommen werden könne, dass die abzuziehende Position nur eine positive Rechnungsgröße sein könne. Vielmehr könnten auch negative Zahlen abgezogen werden. Die Subtraktion einer negativen Zahl wirke sich dann als Addition aus. Diese Auslegung ist durch den BFH sowohl im Jahr 1974 (BStBl II 1974, 752) als auch im Jahr 2008 (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 2008 IV R 31/06, BFHE 221, 196, BStBl II 2009, 142) bestätigt und von der Finanzverwaltung jeweils amtlich veröffentlicht worden.
44Dieser Auslegung der ?Kürzung? als Subtraktion einer ggf. auch negativen Rechnungsgröße mit dem Ergebnis der faktischen Addition eines Betrages schließt sich der erkennende Senat uneingeschränkt an. Der gleiche Regelungskontext und die korrespondierende Begründung beider Vorschriften (§§ 8 und 9 GewStG) im Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer führen zur Übertragung der Überlegungen auf den Begriff der ?Hinzurechnung? in § 8 GewStG. Dies bedeutet, dass Hinzurechnung im Sinne von Addition eines ggf. auch mit Minuszeichen versehenen Betrages und dann im Ergebnis als Subtraktion verstanden werden muss.
45Dieses Verständnis entspricht auch der wohl herrschenden Meinung in der Literatur (Schuster in Lenski/Steinberg, Stand Juni 2011, GewStG, § 8 Nr. 3 Rdnr. 35; Güroff, GewStG, 7. Aufl., 2009, § 8 Nr. 1c Rdnr. 13 am Ende und 8. Aufl., 2014, § 8 Nr. 1c Rdnr. 19; Hofmeister in Blümich, GewStG, § 8 Rdnr. 192). Auch diese Autoren vertreten die Auffassung, Verlustanteile eines stillen Gesellschafters, die diesem unter Minderung des Verlustes aus Gewerbebetrieb zugerechnet worden seien, wären nach § 8 Nr. 1c GewStG wieder zuzurechnen.
46Wie bereits oben dargelegt, entspricht dieses Verständnis auch der in den GewStR 1998 niedergelegten bis zum Streitjahr gültigen Verwaltungsauffassung.
47Die Gesetzesbegründung zum Unternehmersteuerreformgesetz, mit dem das GewStG hinsichtlich der hier streitbefangenen Vorschriften umgestaltet worden ist, enthält weder in der allgemeinen noch in der speziellen Begründung Hinweise, der Gesetzgeber habe die vorher bestehende Rechtslage in dieser Frage grundlegend umgestalten wollen (vgl. Bundestagsdrucksache - BT-Drs. - 16/4841, S. 29 - 33 und 78 - 80).
48Der Senat sieht insoweit keine Veranlassung, von der in der Vergangenheit weitgehend einhellig vertretenen Auslegung des § 8 Nr. 1 GewStG abzuweichen.
49Die Berechnung des unter Berücksichtigung des Saldos der einzelnen Hinzurechnungsbeträge nach § 8 Nr. 1 GewStG zu ermittelnden vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 30. Dezember 2008 ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig.
50Die im Jahr 2012 vorgenommene Verschmelzung der Klägerin auf die Klägerin II hat keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren. Lediglich ab dem Jahr 2012 tritt der in den §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes geregelte Verlust hinsichtlich der verbleibenden Verlustvorträge ein. Bis dahin können die im vorliegenden Verfahren festgestellten verbleibenden Verlustvorträge im Rahmen der Veranlagung der Klägerin II als Rechtsnachfolgerin der Klägerin verrechnet werden.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
52Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
53Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die im Streitfall kontroverse Auslegung des Begriffs der Hinzurechnung in § 8 Nr. 1 GewStG zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).