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Der Aufhebungsbescheid vom 17.03.2011 wegen Eigenheimzulage 2009 und 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.12.2012 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob ein Aufhebungsbescheid betreffend Eigenheimzulage rechtmäßig ist.
3Die Klägerin lebte in den Streitjahren 2009 und 2010 von ihrem Ehemann getrennt, wobei die Klägerin aus dem gemeinsam bewohnten Objekt auszog. Zuvor hatten beide für das ihnen gemeinsam gehörende Objekt jeweils Eigenheimzulage erhalten. Im Rahmen der Trennung erhielt die Klägerin keinen Unterhalt von ihrem Ehemann, sondern lebte von Sozialleistungen. Die ausstehenden Darlehensforderungen der das Objekt finanzierenden Banken tilgte der Ehemann alleine, obwohl beide Eheleute aus den Darlehensverträgen verpflichtet waren. Ende 2010 wurde das Objekt veräußert.
4Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie ihrem Ehemann nach ihrem Auszug das zuvor gemeinsam bewohnte Objekt unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen habe. Daher stehe ihr nach § 4 S. 2 Eigenheimzulagegesetz ein Anspruch auf Eigenheimzulage zu, da sie eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen zu Wohnzwecken überlassen habe. Der Ehemann habe die Darlehensverpflichtungen gegenüber der Bank übernommen, um seiner Unterhaltspflicht ihr gegenüber nachzukommen. Mehrfach habe er im Rahmen des Scheidungsverfahrens angekündigt, die Darlehenszahlungen einzustellen. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen reagierte diese stets mit dem Hinweis, dass sie in diesem Falle Unterhaltsansprüche geltend machen wolle.
5Die Klägerin beantragt,
6den Aufhebungsbescheid vom 17.03.2011 wegen Eigenheimzulage 2009 und 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.12.2012 aufzuheben.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Er vertritt die Auffassung, dass der Ehemann die Darlehenszahlungen gegenüber der Bank alleine übernommen habe, um damit eine Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung zu erbringen. Damit handele es sich nicht um eine unentgeltliche Überlassung, so dass ein Anspruch auf Eigenheimzulage nicht bestehe. Zu keinem Zeitpunkt sei ein Unterhaltsanspruch berechnet worden. Überdies sei nicht klar, ob der Ehemann überhaupt leistungsfähig in Bezug auf Unterhalt gewesen sei.
10Der Beklagte weist im Übrigen auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 12.6.2012, 1 K 2876/09 (EFG 1903/12) hin.
11Entscheidungsgründe
12Die Klage ist begründet.
13Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, vergleiche § 100 Abs. 1 FGO.
14Die Klägerin hat ihrem getrennt lebenden Ehemann unentgeltlich ihren Anteil an dem zuvor gemeinsam bewohnten Objekt überlassen.
15Gemäß § 4 Eigenheimzulagegesetz besteht ein Anspruch auf Eigenheimzulage für Kalenderjahre, in denen der Anspruchsberechtigte die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen im Sinne des §§ 15 der Abgabenordnung zu Wohnzwecken überlassen wird.
16Eine Wohnungsüberlassung ist allerdings nur unentgeltlich, soweit keine Gegenleistung erbracht wird. Ob eine Gegenleistung vorliegt, ist dabei nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu bestimmen. Der als Gegenleistung in Betracht kommende Vorteil muss im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Wohnungsüberlassung stehen (Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 23. September 2009 12 K 12220/08, EFG 2010, 24), wobei eine synallagmatische Vertragsbeziehung nicht notwendig ist (BFH vom 31. Juli 2001 IX R 9/99, BStBl II 2002, 77, FG Münster vom 12.6.2012 1 K 2876/09, EFG 1903/12).
17Nach den Feststellungen des Senats ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihrem getrennt lebenden Ehemann die Wohnung unentgeltlich überlassen hat.
18Bereits aus dem Schriftsatz vom 3.2.2009, verfasst durch die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Scheidungsverfahren, ergibt sich, dass die im Zusammenhang mit dem Haus anfallenden Kosten einschließlich der Darlehnszinsen Gegenstand der Auseinandersetzungsverhandlungen waren. Seinerzeit wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Ehemann das Haus alleine bewohnen und ihm deswegen ein Wohnwert zuzurechnen sei. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin lediglich von Arbeitslosengeld lebe und aus diesem Grunde Trennungsunterhalt verlangen könne.
19Daraus ergibt sich für den Senat, dass die Frage der Kostentragung bezüglich der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Haus Gegenstand der Verhandlungen über den Unterhalt im Rahmen der Trennung war. Nicht ersichtlich ist, dass es sich bei der Übernahme von Darlehenszinsen um eine Gegenleistung für die Überlassung des Hauses handeln sollte. Der Senat kann ebenfalls nicht erkennen, dass die Beteiligten im Rahmen ihrer Verhandlungen das Interesse verfolgt hätten, etwaige Vermietungseinkünfte der Klägerin zu verschleiern. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass die Frage einer Gegenleistung für die Überlassung des Hauses im Hinblick auf eine Vermietung zwischen den Beteiligten gar nicht erwogen wurde.
20Der Umstand, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Übernahme der Darlehnszinsen auf den Wohnwert verweist, den der Ehemann sich zurechnen lassen müsse, belegt, dass die Frage der Übernahme der Darlehnszinsen ausschließlich im Zusammenhang mit der Klärung von Unterhaltspflichten diskutiert wurde.
21Soweit der Beklagte auf die Entscheidung des Finanzgerichts Münster (FG Münster vom 12.6.2012 1 K 2876/09, EFG 1903/12) verweist, so ist darauf hinzuweisen, dass auch der dortige Senat ausdrücklich seine Entscheidung mit einer Wertung der Umstände des Einzelfalles begründet. Im dortigen Fall ist laut Tatbestand der Ehemann schlicht aus der Wohnung ausgezogen, weitere Verhandlungen über Unterhalt haben offensichtlich nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund kam der Senat zu dem Schluss, dass die Freistellung des Klägers von den Kosten eine Gegenleistung für die Überlassung des Wohnraums darstellte. Unterhaltsrechtliche Erwägungen wurden nicht angestellt. Dies stellt aber einen entscheidenden Unterschied im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles im Vergleich zum vorliegenden Rechtsstreit dar.
22Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
23Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.