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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 1.312.510 € festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin, für den Zeitraum Januar bis Dezember 2004 Vergütung von Vorsteuer zu erlangen, und dabei insbesondere um die Frage, ob ein wirksamer Vergütungsantrag gestellt wurde.
3Die Klägerin ist ein in Österreich ansässiges Unternehmen, dessen Geschäftsgegenstand der Großhandel mit Nahrungsmitteln ist. Mit Antrag vom 30. Juni 2005 beantragte die Klägerin nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit §§ 59 ff. der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2004 in Höhe von 1.312.510,74 €. Der Antrag ging zunächst per Telefax am 30. Juni 2005, sodann im Original am 7. Juli 2005 beim Beklagten ein. Der Vergütungsantrag wurde vom Leiter des Rechnungswesens der Klägerin, Herrn K, unterzeichnet. Im Vergütungsantrag waren im Abschnitt 9 a zur Erklärung, dass die maßgeblichen Lieferungen oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens der Klägerin verwendet wurden, sowie im Abschnitt 9 b zu der Erklärung zu etwaigen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeiten im Inland keine Eintragungen enthalten. Dem Vergütungsantrag war eine Bescheinigung der österreichischen Finanzbehörde vom 30. Juni 2005 über die Erfassung der Klägerin als umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer beigefügt.
4Mit Bescheid vom 18. April 2006 lehnte der Beklagte die beantragte Vergütung mit der Begründung ab, dass der Vergütungsantrag nicht innerhalb der Antragsfrist und damit verspätet eingereicht worden sei und zudem im Vergütungsantrag zu Ziffer 9 b keine Angaben gemacht worden seien.
5Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2006 (Eingang beim Beklagten am 15. Mai 2006) Einspruch ein. Zur Begründung verwies die Klägerin unter Vorlage einer Kopie des entsprechenden Fax-Sendeberichts auf den am 30. Juni 2005 per Telefax und am gleichen Tag zur Post gegebenen Vergütungsantrag hin. Des Weiteren übersandte die Klägerin mit dem Einspruchsschreiben eine Kopie des Antrags vom 30. Juni 2005, auf welcher im Abschnitt 9 b handschriftlich und im Original ein Kreuz eingetragen worden ist. Des Weiteren war die Antragskopie in der Unterschriftszeile über der ursprünglichen Unterschrift nochmals im Original von Herrn K unterzeichnet und mit dem Firmenstempel der Klägerin versehen worden.
6Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 als unbegründet zurück.
7Mit der gegen die Ablehnung der Vorsteuervergütung erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Der Vergütungsantrag sei bereits deshalb fristgerecht gestellt worden, weil hierfür die rechtzeitige Absendung des Antrags (Aufgabe zur Post) innerhalb der Antragsfrist genüge. Nach der europarechtlich gebotenen Auslegung von Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie genüge dies für die Einhaltung der Antragsfrist. Auch nach italienischem sowie nach österreichischem Recht und der dementsprechend erteilten allgemeinen Information des österreichischen Finanzministeriums sei die Aufgabe zur Post maßgeblich für die Fristwahrung (vgl. hierzu den seitens der Klägerin zur Akte gereichten Ausdruck der Informationen des Österreichischen Bundesministeriums für Finanzen zum Vorsteuererstattungsverfahren, Bl. 88, 89 der Gerichtsakte -GA-). Zumindest zeige sich, dass die Frage, wie die Antragsfrist gewahrt werden könne, in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich beantwortet werde. Diese unterschiedliche, an den jeweiligen nationalen Regelungen orientierte Anwendung des EU-Rechts der Vorsteuervergütung widerspreche dem Gebot der einheitlichen Auslegung von Gemeinschaftsbestimmungen. Schließlich widerspräche ein Abstellen auf den Antragseingang – und nicht auf die Absendung – dem Gebot der steuerlichen Neutralität im Umsatzsteuerrecht. Wenn damit im Ergebnis in Deutschland eine um die Postlaufzeit verkürzte Antragsfrist gelte, verstoße dies gegen die Dienstleistungsfreiheit.
8Des Weiteren sei die Faxübermittlung des Antrags vom 30. Juni 2005 ausreichend für eine fristgerechte Antragstellung, denn die Achte Richtlinie treffe keine Aussage dazu, auf welche Art ein Vergütungsantrag übermittelt werden müsse. Erforderlich seien lediglich eine Antragstellung nach dem vorgegebenen Muster, eine „Unterschrift“ und die „Schriftform“ des Antrags. Eine solche sei hier in Form des Faxantrags gegeben. Soweit nach den Regelungen im deutschen Recht der Eingang eines Antrags mit einer eigenhändigen Unterschrift verlangt werde, gehe dies über die Regelungen in der Achten Richtlinie hinaus und verstoße gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Schließlich folge aus dem Urteil des BFH vom 4. Juli 2002 (V R 31/01), dass sämtliche Steuererklärungen wirksam per Telefax übermittelt werden können. Genauso wie für die Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung gesetzlich vorgeschrieben sei, dass die Erklärung nicht „auf“, sondern „nach“ amtlich vorgeschriebenem Vordruck erfolgen müsse, sehe auch § 61 UStDV eine Übermittlung „nach“ amtlich vorgeschriebenem Vordruck vor.
9Die vom Beklagten angeführten Beweisunsicherheiten bestünden nicht, da vorliegend der per Telefax übersandte Antrag exakt mit dem wenige Tage später im Original eingegangenen Antrag übereinstimme. Soweit das Schriftformerfordernis der Beweissicherung diene, sei dem vorliegend mit dem per Telefax übersandten Vorsteuervergütungsantrag ausreichend gedient. Danach stehe zweifelsfrei fest, dass der Telefaxantrag nicht manipuliert worden sei, dem Willen der Klägerin entsprochen habe und mit dem Willen der Klägerin in den Empfangsbereich des Beklagten gelangt sei. Die Entscheidung des BFH vom 17. Dezember 1998 (III R 87/96) stehe dem nicht entgegen, da in jenem Fall – anders als hier – gerade das Faxexemplar und das Originalexemplar eines Antrags nicht identisch waren, sondern Unterschiede bei der Unterschrift sowie dem Firmenstempel aufwiesen.
10Soweit der Beklagte zudem beanstandet, dass die Originalrechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist, sondern erst am 7. Juli 2005 vorgelegt wurden, führt die Klägerin aus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11. Juni 1998, C-361/96) dem Vorsteuervergütungsantrag zwar grundsätzlich die Originalbelege beizufügen seien, jedoch in Einzelfällen die Vergütung der Vorsteuer auch dann zu gewähren sei, wenn der Antragsteller keine Originalbelege vorlegt, allerdings feststeht, dass der zu Grunde liegende Vorgang stattgefunden hat und keine Gefahr besteht, dass weitere Erstattungsanträge gestellt werden. Hiernach diene die Verpflichtung, dem Vergütungsantrag die Originalbelege beizufügen, dazu, bestimmte Formen der Steuerhinterziehung und Steuerumgehung zu bekämpfen. Vorliegend sei ein Missbrauch ausgeschlossen, da in Deutschland tatsächlich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen erbracht worden seien, auf deren Basis die Vorsteuervergütung begehrt werde. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und des Charakters der Umsatzsteuer könne die Vorsteuervergütung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Originalrechnungen seien verspätet beim Beklagten eingegangen. Insoweit verweist die Klägerin auf die Entscheidungen des EuGH vom 27. Juli 2010 (C‑188/09, UR 2010, 775) und vom 20. Mai 2000 (C-162/07, UR 2008, 534) sowie des BFH vom 20. April 2010 (V R 9/09, UR 2010, 579). Zudem könnten bei einer Antragstellung per Telefax naturgemäß keine Originalbelege übermittelt werden. Ausreichen müsse daher die zeitnahe Übermittlung der Originalbelege. Im Übrigen zweifelt die Klägerin darin, dass die Originalrechnungen tatsächlich innerhalb der Antragsfrist vorgelegt werden müssen. Die Achte Richtlinie verlange lediglich, dass der „Antrag zu stellen ist“. Diese lasse aber offen, in welcher Weise diese zu erfolgen hat.
11Jedenfalls sei der Klägerin hinsichtlich der möglicherweise versäumten Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sich der mit der Bearbeitung des Vergütungsantrags Beauftragte, Herr K, zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Auslegungsirrtum hinsichtlich der Anwendung der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG befand. Herr K war angesichts der Information des österreichischen Finanzministeriums, wonach in Vorsteuervergütungsverfahren der Antrag „bis zum 30.06. des Folgejahres zur Post gegeben“ werden müsse, unverschuldet einer Fehlvorstellung hinsichtlich der Wahrung der Antragsfrist erlegen und damit ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert. Die Klägerin habe sich an den Vorgaben der Achten Richtlinie orientiert und in ihrem Ansässigkeitsstaat hinreichend über die Modalitäten des Vorsteuervergütungsverfahrens informiert. Damit seien alle Sorgfaltspflichten erfüllt worden. Mit dem Zugang des Originalantrags und der Originalrechnungen beim Beklagten am 7. Juli 2005 sei sodann die versäumte Handlung fristgerecht nachgeholt worden, so dass Wiedereinsetzung von Amts wegen zu gewähren sei. Nachdem die Klägerin mit dem ablehnenden Bescheid vom 18. April 2006 auf die Fristversäumnis hingewiesen wurde, habe sie mit der Einspruchsbegründung fristgerecht ihr Verständnis von der rechtzeitigen Antragstellung (Aufgabe des Antrags zur Post ausreichend) und damit auch die Wiedereinsetzungsgründe dargelegt.
12Der Vorsteuervergütungsantrag sei auch trotz fehlender Angaben in Feld Abschnitt 9 a und b des Vordrucks als wirksam anzusehen. Die Klägerin habe die Verwendung der Gegenstände und sonstigen Leistungen für das Unternehmen auch ohne Angabe eines Verwendungsanlasses erklärt, da die Unterschrift die vollständige Erklärung gemäß Ziffer 9 des amtlichen Vordrucks abdecke. Wie bei der Erklärung nach Abschnitt 9 c ergebe sich der Erklärungsgehalt auch bei der Erklärung nach Abschnitt 9 a ohne ergänzende (handschriftliche) Angaben, denn es sei eindeutig ersichtlich, dass der Antragsteller erkläre, dass er die Gegenstände und sonstigen Leistungen für sein Unternehmen bezogen habe. Zwar erlaube Feld 9 a weitere Eintragungen, zwingend erforderlich seien diese jedoch nicht. Der konkrete Anlass sei aus den beigefügten Belegen ersichtlich; eine Angabe im Antragsformular sei schon aus Platzgründen bei der Vielzahl von in Anspruch genommenen Leistungen nicht möglich. Insoweit sei ergänzend auf die übrigen Angaben im Antrag, die dem Antrag beigefügte Anlagen sowie die in den Rechnungen enthaltenen Leistungsbeschreibungen abzustellen.
13Die Ablehnung der zweifelsfrei entrichteten Vorsteuerbeträge wäre wegen überzogener formaler Anforderungen unverhältnismäßig und würde der Neutralität der Mehrwertsteuer widersprechen. Es sei unverhältnismäßig und verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, wenn wegen eines fehlenden Kreuzes oder einer fehlenden Benennung des Verwendungsanlasses, die auf Nachfrage seitens der Behörde ohne Weiteres hätten nachgeholt werden können, eine materiellrechtlich zustehende Vorsteuerabzugsberechtigung aus formalen Gründen verwehrt werden würde. Insoweit verweist die Klägerin auf die Rechtsprechung zu § 6a UStG und die Möglichkeit, den Belegnachweis für das Verbringen eines Gegenstandes ins Gemeinschaftsgebiet auch später und durch andere Beweismittel erbringen zu können.
14Dass den Angaben in Abschnitt 9 a kein maßgeblicher Erklärungswert zukomme, folge auch daraus, dass ab dem Jahre 2010 derartige Angaben nicht mehr erforderlich seien.
15Ohnehin sehe die Achte Richtlinie die im Abschnitt 9 a geforderten Angaben in Art. 3 nicht explizit vor, sondern lediglich in dem in der Anlage zur Achten Richtlinie abgedruckten Muster des Vergütungsantrags. Demgegenüber finde die Erklärung im Abschnitt 9 c des amtlichen Vordrucks in Art. 3 d der Achten Richtlinie explizit Erwähnung, obwohl auch diese im Vordruck enthalten sei. Hieraus müsse gefolgert werden, dass zwischen einem Antrag innerhalb der Antragsfrist einerseits und den – unabhängig von der Antragsfrist beizubringenden – Erklärungen nach Abschnitt 9 a und b andererseits zu trennen sei.
16Im Übrigen habe der Beklagte Vergütungsanträge für die Jahre 2003 und 2006 trotz fehlender Angaben im Abschnitt 9 a antragsgemäß beschieden.
17Allenfalls bei Feld 9 b sei – wegen der sich widersprechenden Alternativen – eine Angabe erforderlich. Allerdings ergebe sich der Erklärungsgehalt zu den möglichen Inlandsumsätzen bereits konkludent aus der Antragstellung im Vorsteuervergütungsverfahren. Zudem habe die Klägerin die Angaben nach Feld 9 b mit Ankreuzen des ersten Kästchens vorgenommen. Soweit dem Beklagten ein Antrag ohne Eintragungen in Feld 9 b vorliege, könne dies – soweit für die Klägerin noch aufklärbar – nur auf einer versehentlichen Versendung einer Entwurfsfassung des Antrags zurückzuführen sein.
18Schließlich könne sich der Beklagte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf die fehlenden Eintragungen im Abschnitt 9 a und b berufen. Denn die Klägerin sei dadurch entlastet, dass der Beklagte entgegen der ihn nach § 89 AO treffenden Hinweispflicht nicht auf die fehlenden Angaben hingewiesen und auf die Ergänzung eines unvollständigen Antrags hingewirkt habe, zumal die Klägerin in den Vorjahren in Vergütungsanträgen entsprechende Eintragungen vorgenommen habe.
19Für den Fall, dass das Gericht dennoch Zweifel daran hegen sollte, welche europarechtlichen Anforderungen an eine Antragstellung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie zu stellen sind, bzw. daran, dass die erfolgte Antragstellung per Telefax innerhalb der Antragsfrist zusammen mit der Aufgabe des Antrags und der Originalrechnungen zur Post innerhalb der Frist tatsächlich fristwahrende Wirkung habe, regt die Klägerin an, diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Entsprechendes regt die Klägerin hinsichtlich der Frage an, ob ein Vorsteuervergütungsantrag bei fehlenden Eintragungen im Abschnitt 9 a und b als unwirksam anzusehen ist.
20Hinsichtlich der vom Beklagten beanstandeten Vorsteuer nach der laufende Nr. 31 der Anlage zum Vergütungsantrag in Höhe von 1.305.222,62 € führt die Klägerin an, dass es sich hierbei im Wesentlichen um Pfandrückvergütungen (Gutschriften) gegenüber der Firma D Einkauf GmbH & Co. KG (D) handele. Diese Vergütungen seien nachträglich dafür gewährt worden, dass D die Dosen in Deutschland selbst entsorgt habe. Dieser Vorgang sei seitens der deutschen Finanzverwaltung als in Deutschland steuerpflichtige Duldungsleistung behandelt worden, da D durch die Entsorgung der Pfandflaschen gegenüber der Klägerin eine in Deutschland umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung erbracht habe. Infolgedessen seien die zunächst ohne gesonderten Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellten Gutschriften über zunächst erhobenes Pfand sodann durch Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis ersetzt worden; in einem weiteren Abrechnungsdokument vom 30. Juni 2004 sei eine Verrechnung der Gutschriftenbeträge erfolgt.
21Hinsichtlich der von der Klägerin erstellten und zum hier streitgegenständlichen Vergütungsantrag gehörenden Gutschriften gegenüber D sieht die Klägerin die Leistungsbeschreibung als nicht ausreichend an, weswegen sie die Gutschriften im Jahre 2008 um eine eindeutigere Leistungsbeschreibung ergänzt hatte. Für den Fall, dass im vorliegenden Verfahren eine Vorsteuervergütung für 2004 wegen unzureichender Leistungsbeschreibung abgelehnt werden sollte, hat die Klägerin aufgrund der 2008 ergänzten Gutschriften die entsprechende Vorsteuer in einem weiteren Antragsverfahren geltend gemacht. Nachdem der Beklagte die Vorsteuervergütung für 2008 abgelehnt hatte, ist diesbezüglich ein Klageverfahren unter dem Az. 2 K 646/11 beim Senat anhängig.
22Soweit der Beklagte die Anlage zum Vergütungsantrag bezüglich der D-Gutschriften als unzureichend ausgefüllt ansieht, hält die Klägerin diesen Einwand, insbesondere wegen des Zeitablaufs im bisherigen Verfahren sowie angesichts des Umstandes, dass der Beklagte die Gutschriften im Parallelverfahren zum Vergütungsantrag 2008 detailliert geprüft habe, für unverhältnismäßig.
23Die Klägerin beantragt,
241. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 18. April 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2006 den Beklagten zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2004 in Höhe von 1.312.510,74 € festzusetzen,
252. hilfsweise die Revision zuzulassen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die begehrte Vorsteuervergütung sei nicht möglich, weil die Klägerin innerhalb der Antragsfrist als Ausschlussfrist keinen wirksamen Vergütungsantrag gestellt habe. Das Originalexemplar des Antrags sei erst nach Ablauf der Frist eingegangen. Allein die Absendung bzw. Aufgabe zur Post reiche zur Fristwahrung nicht aus. Aus Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie folge, dass der Antrag innerhalb der Antragsfrist bei der zuständigen Behörde eingegangen sein muss.
29Der per Fax am 30. Juni 2005 übermittelte Antrag genüge ebenfalls nicht für eine fristgerechte Antragstellung, da dieser Antrag keine Originalunterschrift enthalte. Wenn auch nach der Entscheidung des EuGH vom 3. Dezember 2009 (C-433/08) grundsätzlich die Unterschrift des Antragstellers, dessen gesetzlichen Vertreters oder eines Bevollmächtigten ausreiche, genüge ein per Telefax gestellter Antrag nicht dem Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift. Vielmehr sei eine Originalunterschrift des Unternehmers bzw. des Vertreters erforderlich. Hierzu verweist der Beklagte auf die Entscheidung des BFH vom 17. Dezember 1998 (III R 87/96, BStBl II 1999, 313), wonach ein eigenhändig unterzeichneter Investitionszulagenantrag nicht per Telefax gestellt werden könne. Im Hinblick auf die Übernahme der Verantwortung für die Richtigkeit der im Antrag gemachten Angaben sei für eine wirksame Antragstellung eine eigenhändige Unterschrift des Anspruchsberechtigten erforderlich. Bei einer Unterschrift lediglich in Kopie stünde nicht fest, ob dadurch die eigenhändige Unterschrift wiedergegeben werde oder diese nicht durch mechanische oder technische Hilfsmittel auf der Kopie angebracht worden sei.
30Dem stehe weiterhin nicht das Urteil des BFH vom 4. Juli 2002 (V R 31/01), wonach eine gefaxte Umsatzsteuer-Voranmeldung ausreichend sei, entgegen, denn das Vorsteuervergütungsverfahren und das Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren seien wegen des unterschiedlichen Erklärungsgehalts beider Arten von Erklärungen im jeweiligen Verfahren nicht miteinander vergleichbar. Mit einer Umsatzsteuervoranmeldung erfolge lediglich eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; die Angaben in der Voranmeldung seien aufgrund der Jahressteuererklärung noch abänderbar. Für einen Vorsteuervergütungsantrag hingegen sein wie auch bei einer Umsatzsteuerjahreserklärung – anders als bei Umsatzsteuervoranmeldungen – wegen der Tragweite und der Verbindlichkeit der darin enthaltenen Angaben eine Unterschrift im Original erforderlich; eine kopierte Unterschrift könne nicht genügen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe vom 5. April 2000 (GmS-OGB 1/98). Denn im Gegensatz zu den in diesem Beschluss genannten Schriftsätzen, die auch per Computerfax mit eingescannte Unterschrift wirksam eingereicht werden können, sei ein Vorsteuervergütungsantrag mit bestimmten Versicherungen bzw. Verpflichtungserklärungen verbunden mit der Folge, dass der Unterschrift eine Beweisfunktion zukomme.
31Der Klägerin könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO bzgl. der Antragsfrist gewährt werden. Da die Klägerin seit 1997 am Vergütungsverfahren teilnehme, sei ihr bekannt, dass der Antrag innerhalb von sechs Monaten gestellt werden müsse, so dass die Klägerin an der Versäumung der Antragsfrist ein Verschulden treffe. Insbesondere hätte die Klägerin nicht auf die Information der österreichischen Behörden vertrauen dürfen, da sich deren Auskünfte an den vorliegend nicht maßgeblichen österreichischen Rechtsvorschriften orientiert hätten.
32Im Übrigen habe die Klägerin die Wiedereinsetzungsgründe nicht rechtzeitig nach Wegfall des Hindernisses und zudem unzureichend vorgetragen. Der Wegfall des Hindernisses sei bereits mit Antragstellung per Telefax am 30. Juni 2005 eingetreten, weil bereits zu diesem Zeitpunkt für die Klägerin erkennbar gewesen sei, dass die Antragsfrist nicht gewahrt werden könne. Auch mit dem Einspruchsbegründungsschreiben vom 11. Mai 2006 seien schließlich die Umstände, welche ein Verschulden der Klägerin ausschließen könnten, nicht vorgetragen worden.
33Eine Vorsteuervergütung scheide des Weiteren aus, weil die Originalrechnungen nicht innerhalb der Antragsfrist vorgelegt worden seien, denn diese seien erst mit Eingang des Originals des Vergütungsantrags am 7. Juli 2005 beim Beklagten eingegangen. Wenn nach Art. 3 a der Achten Richtlinie dem Antrag die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente „beizufügen“ sind, könne dies nur bedeuten, dass neben dem Vergütungsantrag auch die Rechnungen innerhalb der Antragsfrist im Original beigefügt werden müssen. Bei einem lediglich gefaxten Antrag können – wie auch im vorliegenden Fall – keine Originalrechnungen innerhalb der Frist vorgelegen haben. Ohnehin könne angesichts der Zahl der Seiten (17), mit dem der streitgegenständliche Vergütungsantrag am 30. Juni 2005 per Fax übersandt wurde, nicht davon ausgegangen werden, dass innerhalb der Antragsfrist Rechnungen beim Beklagten eingingen. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung betreffend die Anerkennung von Zweitschriften bei einem – hier nicht gegebenen – Verlust von Originalbelegen, nicht jedoch eine Ausnahme von der jedenfalls zu wahrenden Antragsfrist.
34Schließlich scheide eine Vorsteuervergütung aus, weil wegen der fehlenden Eintragungen in Abschnitt 9 a und b des amtlichen Vordrucks kein wirksamer Vergütungsantrag gestellt worden sei. Ungeachtet dessen, dass vorliegend die bis Ende 2009 geltende Rechtslage maßgeblich sei, wonach in Abschnitt 9 a des amtlichen Vordrucks eine Erklärung zum Anlass der empfangenen Lieferung oder sonstigen Leistung abgegeben werden müsse, seien diese Angaben auch im neuen, ab 2010 geltenden Verfahren nicht entbehrlich. Zwar seien entsprechende Angaben nicht mehr gegenüber dem Erstattungsstaat, sehr wohl aber gegenüber dem Ansässigkeitsstaat, in dem der Vorsteuervergütungsantrag mittlerweile einzureichen sei, erforderlich. Zudem seien die Voraussetzungen für eine Berechtigung im Vorsteuervergütungsverfahren anhand der Angaben in Abschnitt 9 b ein zentraler Punkt bei der Antragsprüfung. Eine diesbezügliche Erklärung seitens des Antragstellers könne nicht konkludent erfolgen. Auch aus Gründen der Neutralität der Mehrwertsteuer könne auf diese Angaben nicht verzichtet werden.
35Die Klägerin könne auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Die Verletzung einer Hinweispflicht seitens des Beklagten sei schon deshalb nicht ersichtlich, weil ein Hinweis nicht mehr ergehen könne, wenn Anträge erst kurz vor Ablauf der Antragsfrist oder – wie hier – überhaupt erst nach Ablauf der Antragsfrist eingereicht werden.
36Unabhängig davon hält der Beklagte die Anlage zum Vergütungsantrag für nicht ordnungsgemäß ausgefüllt. Insbesondere die Angabe unter der laufenden Nr. 31 der Anlage („Pfandrückvergütung, Klischeekosten“ in Höhe von 1.305.222,62 €) sei nicht ausreichend, da die den Gutschriften zu Grunde liegenden Rechnungen nicht einzeln, sondern nur in einer Summe aufgeführt seien. Der Verweis auf weitere diverse Belege genüge nicht. Hinzu komme, dass der in Nr. 31 der Anlage genannte Gesamtbetrag von 1.305.222,62 € betragsmäßig nicht mit den vorliegenden Gutschriften über einen Gesamtbetrag von 1.303.880,66 € übereinstimme.
37Zudem habe die Klägerin die übrigen Rechnungen, aus denen sie die Vergütung von Vorsteuerbeträgen begehrt (Nr. 1 bis 30, 32 der Anlage zum Vergütungsantrag), trotz Aufforderung im Klageverfahren nicht (erneut) im Original vorgelegt.
38Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 3. Januar 2007, 16. Juli 2007, 28. November 2007, 5. Februar 2008, 22. März 2011, 17. Juni 2011, 5. August 2011 und vom 23. Oktober 2012 sowie die Schriftsätze des Beklagten vom 5. April 2007, 19. Oktober 2007, 27. März 2008, 28. Februar 2011, 27. April 2011, 11. Juli 2011 und vom 1. September 2011 verwiesen.
39Das Streitverfahren ruhte zwischenzeitlich aufgrund des Beschlusses vom 25. Juni 2008 (Bl. 157 der GA) im Hinblick auf beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren zur Frage der Antragstellung im Vorsteuervergütungsverfahren durch einen Bevollmächtigten. Infolge der Rechtsprechung des EuGH (C-433/08 – Yaesu) war zwischen den Beteiligten zuletzt nicht mehr streitig, dass der Vergütungsantrag berechtigterweise von Herrn K unterzeichnet worden ist, da Herr K ausweislich der vorgelegten Vollmacht vom 2. Mai 1997 (Bl. 87 der GA) über die ihm erteilte Prokura hinaus bevollmächtigt war, die Klägerin in allen steuerlichen Angelegenheiten zu vertreten.
40Mit Beschluss des Senats vom 29. November 2012 (Bl. 298 der GA) wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung in den Räumlichkeiten der Bevollmächtigten aufzuhalten und dort im Rahmen der Videokonferenz Verfahrenshandlungen vorzunehmen.
41Entscheidungsgründe
42I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
43Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Beklagten in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung gem. § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV in der für den Vergütungszeitraum 2004 geltenden Fassung zu Recht abgelehnt.
44Hierbei kann offen gelassen werden, ob der Vergütungsantrag deshalb unwirksam ist, weil er innerhalb der Antragsfrist lediglich per Fax beim Beklagten einging. Der Antrag ist jedenfalls wegen fehlender Angaben in Abschnitt 9 a und b unwirksam (dazu nachfolgend unter I.2.). Zudem scheitert die Vorsteuervergütung daran, dass die Klägerin innerhalb der Antragsfrist nicht die Originalrechnungen beim Beklagten eingereicht hat (dazu nachfolgend unter I.3.).
451. Nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist für die Vergütung von Vorsteuerbeträgen an im Ausland ansässige Unternehmer im besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG ein Antrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Hierbei handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214; EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 C-294/11, HFR 2012, 916). Nach § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG hat der Unternehmer die Vergütung selbst zu berechnen und die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen. Nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG ist der Vergütungsantrag vom Unternehmer eigenhändig zu unterschreiben.
46Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV Gebrauch gemacht. Nach § 61 Abs. 1 UStDV hat der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu beantragen.
472. Die Klage scheitert zum einen daran, dass die Klägerin innerhalb der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG keinen wirksamen Vergütungsantrag gestellt hat, weil Eintragungen in Abschnitt 9 a und b des amtlichen Vordrucks fehlten.
48a) Vorliegend lief die maßgebliche Antragsfrist am 30. Juni 2005 ab, da die Klägerin einen Vergütungsanspruch aus Rechnungen aus dem Jahre 2004 geltend macht. Innerhalb dieser Frist hat es die Klägerin versäumt, einen formwirksamen Vergütungsantrag zu stellen. Der Antrag vom 30. Juni 2005 enthält nicht alle für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag erforderlichen Erklärungen.
49b) Die Klägerin hat im amtlichen Vordruck keine Angaben in Abschnitt 9 a dazu gemacht, für welche Zwecke des Unternehmens sie die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen verwendet hat, sowie keine Erklärungen in Abschnitt 9 b zu etwaigen umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeiten des Unternehmers im Inland (Bundesrepublik Deutschland) aufgenommen.
50c) Ohne die Angaben in Abschnitt 9 a und b des Vordrucks ist ein Vergütungsantrag unwirksam, da er nicht alle vorgesehenen entscheidungserheblichen Angaben und Erklärungen enthält und damit nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
51aa) Durch die Angaben in Abschnitt 9 des Vergütungsantrags soll – wie auch durch die übrigen inhaltlichen Anforderungen – sichergestellt werden, dass der innerhalb der Ausschlussfrist einzureichende Antrag alle Angaben enthält, die für die Entscheidung der Finanzbehörde im Regelfall entscheidungserheblich sind. Eine Prüfung des Vergütungsantrags muss grundsätzlich anhand der Angaben im Antragsformular selbst möglich sein. Insoweit genügt ein Verweis auf die dem Antrag beigefügten Rechnungen gerade nicht.
52bb) Der BFH (Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214) hat für den Fall, dass ein Vorsteuervergütungsantrag entgegen der Vorgabe im amtlichen Vordruck nicht die nach Abschnitt 9 c erforderliche Verpflichtungserklärung des Unternehmers enthielt, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen, entschieden, dass ein solcher Antrag unwirksam ist. Der BFH (Beschluss vom 24. Juli 2012 V B 76/11, BFH/NV 2012, 1840) hat dies nunmehr explizit auch für Abschnitt 9 b bestätigt und betont, dass die Antragsfrist für einen Vorsteuervergütungsantrag „nur durch einen vollständigen, dem amtlichen Muster in allen Einzelheiten entsprechenden Antrag gewahrt“ wird.
53cc) Dem folgend ist nach Ansicht des Senats ein Vorsteuervergütungsantrag als unwirksam anzusehen, wenn die Angaben zu Abschnitt 9 a und b des amtlichen Vordrucks fehlen bzw. die im Vordruck vorgesehenen Formularfelder nicht ausgefüllt wurden, da insoweit Erklärungen fehlen, die für die Entscheidung über die beantragte Vorsteuervergütung erheblich sind.
54(1) Die Erklärung in Abschnitt 9 a des amtlichen Vordrucks dient der Darlegung, dass die fraglichen Lieferungen und sonstigen Leistungen von anderen Unternehmern für das Unternehmen des Antragstellers ausgeführt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Denn die Vergütung von Vorsteuerbeträgen erfordert als allgemeine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge überhaupt gemäß § 15 UStG abziehbar sind. Im Zweifelsfall hat der antragstellende Unternehmer diese Voraussetzungen nachweisen.
55Zunächst lässt sich bereits daran zweifeln, ob bei fehlender Eintragung in Abschnitt 9 a überhaupt eine entsprechende Erklärung zur Verwendung der erhaltenen Gegenstände bzw. sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens abgegeben wurde. Aus der Formulierung im Vordruck ergibt sich bereits grammatikalisch, dass der Satz nach dem Wort „anlässlich“ einer Ergänzung bedarf. Ohne einen Eintrag des „Anlasses“ ist der Satz und damit die Erklärung zu Abschnitt 9 a jedenfalls unvollständig.
56Soweit man ohne weitere Eintragungen in Abschnitt 9 a zumindest eine Erklärung des antragstellenden Unternehmens dahingehend, dass die Lieferungen oder sonstigen Leistungen unternehmerischen Zwecken dienten, erkennen mag, genügt diese allgemeine Angabe nicht den gesetzlichen Anforderungen. Indem im amtlichen Vordruck nach dem Wort „anlässlich“ Raum für ergänzende Eintragungen vorgesehen ist, wird gerade deutlich, dass der Gesetzgeber die allgemeine Erklärung, dass die Dienstleistungen oder Güter für unternehmerische Zwecke in Anspruch genommen bzw. bezogen wurden, nicht für ausreichend erachtet hat, sondern vielmehr die Vorsteuervergütung von weiteren Angaben abhängig machen wollte. Aufgrund der im amtlichen Formular vorgesehenen Erklärung sollte der Antragsteller die Angaben zur konkreten Tätigkeit im Inland, bei welcher die geltend gemachten Vorsteuerbeträge angefallen sind, mit seiner Unterschrift bestätigen. Die Angaben in Abschnitt 9 a sind auch erforderlich, um der Finanzverwaltung effektive Überprüfungsmöglichkeiten bzgl. der Voraussetzungen für den Vorsteuervergütungsanspruch zu eröffnen. Hierzu bedarf es konkreter Angaben zum Anlass der vom Antragsteller im Inland in Anspruch genommenen Dienstleistungen oder bezogenen Güter.
57(2) Des Weiteren sind die Erklärungen in Abschnitt 9 b des Vordrucks für die Entscheidung über eine Vorsteuervergütung entscheidungserheblich. Das besondere Vorsteuervergütungsverfahren gemäß § 59 UStDV ist überhaupt nur durchzuführen, wenn der Antragsteller im Vergütungszeitraum
581. im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 5 des Gesetzes oder nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 4 Nr. 3 des Gesetzes ausgeführt hat,
592. nur Umsätze ausgeführt hat, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b des Gesetzes) oder die der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 5 des Gesetzes) unterlegen haben, oder
603. im Inland nur innergemeinschaftliche Erwerbe und daran anschließende Lieferungen im Sinne des § 25b des Gesetzes ausgeführt hat.
61Um diese Voraussetzungen prüfen zu können, bedarf es der Erklärungen in Abschnitt 9 b. Diese Angaben sind nicht deshalb entbehrlich, weil man unterstellen könnte, der antragstellende Unternehmer habe die Voraussetzungen für das besondere Vorsteuervergütungsverfahren nach § 18 Abs. 9 UStG in Verbindung mit §§ 59 ff. UStDV geprüft und damit konkludent erklärt, keine den Vorsteuervergütungsanspruch ausschließenden Inlandsumsätze getätigt zu haben. Dies scheidet schon deshalb aus, weil in Abschnitt 9 b verschiedene, teilweise sich gegenseitig ausschließende Alternativen dazu, ob der Antragsteller überhaupt umsatzsteuerrechtlich relevante Leistungen im Inland ausführt (und wenn ja, welche), enthalten sind. Der Antragsteller muss gerade die zutreffende Alternative ankreuzen. Unterbleibt dies, fehlt es an einer Erklärung und ist eine vollständige Prüfung des Vergütungsantrags nicht möglich.
62d) Diese Auslegung entspricht auch den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nach der für Steuerpflichtige, die – wie die Klägerin – im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, maßgeblichen Achten Richtlinie des Rates vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl. EG Nr. L 331/1979, 11, -Achte Richtlinie-), deren Umsetzung die in § 18 Abs. 9 UStG getroffenen Regelungen dienen.
63Nach Art. 3 a der Achten Richtlinie muss der Steuerpflichtige bei der zuständigen Behörde nach dem in Anhang A aufgeführten Muster einen Antrag stellen, dem die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente beizufügen sind. Ergänzend verweist Art. 3 a der Achten Richtlinie auf das im Anhang C enthaltene Verzeichnis der Mindestinformationen, die in die Erläuterung aufzunehmen sind. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 4 der Achten Richtlinie ist der „Antrag“ spätestens sechs Monate nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer fällig geworden ist, an die in Art. 9 Abs. 1 bezeichnete zuständige Behörde zu stellen. Diese Regelung bezieht sich nach dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang auf den in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 der Achten Richtlinie erwähnten „in den Artikeln 3 und 4 vorgesehene[n] Erstattungsantrag“.
64Des Weiteren muss der Antragsteller schriftlich erklären, dass er während des in Art. 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Sätze 1 und 2 bezeichneten Zeitraums (Vergütungszeitraum) im Inland keine Gegenstände geliefert und keine Dienstleistungen erbracht hat (Art. 3 c der Achten Richtlinie) bzw. im Vergütungszeitraum im Inland nur die in Art. 1 a und b bezeichneten Dienstleistungen erbracht hat (Art. 4 b der Achten Richtlinie). Nach Art. 3 b der Achten Richtlinie muss der Steuerpflichtige sich „verpflichten“, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen.
65Das der Achten Richtlinie im Anhang A beigefügte Muster eines Vergütungsantrags enthält in Abschnitt 9 a und b die auch im deutschen Vordruck enthaltenen Erklärungen des Antragstellers. Im Anhang C wird unter Punkt F. ausgeführt, dass der Antragsteller unter Nr. 9 a des Formulars die Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs anzugeben hat, für die er die Güter erworben bzw. die Leistungen erbracht hat, auf die sich der Antrag auf Steuervergütung bezieht. Beispielhaft sind erwähnt „Beteiligungen an der Ausstellung ... in ... vom ... bis ..., Stand Nr.“; „grenzüberschreitende Güterbeförderung von ... nach ... am ...“. Dies spricht dafür, dass die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind, die Erstattung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge vom Vorliegen der entsprechenden Erklärungen des Antragstellers abhängig zu machen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214 zur nach Abschnitt 9 c erforderlichen Verpflichtungserklärung).
66Die zur Umsetzung dieser Bestimmungen in § 18 Abs. 9 UStG getroffenen Regelungen entsprechen den in der Richtlinie enthaltenen Vorgaben.
67Schließlich findet diese Auslegung auch durch Art. 15 der Mehrwertsteuererstattungs-RL (Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008) Bestätigung, wenn hiernach ein Erstattungsantrag nur dann als vorgelegt gilt, „wenn der Antragsteller alle … geforderten Angaben gemacht hat“.
68e) Gründe, aus denen der Klägerin Vertrauensschutz dahingehend gewährt werden kann, einen Vorsteuervergütungsantrag ohne Angaben in Abschnitt 9 a und b des Vordrucks einreichen zu können, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es dem Beklagten nicht verwehrt, sich trotz ggf. jahrelangen Nichterkennens der Problematik vor allem beim nicht ausgefüllten Abschnitt 9 a nunmehr auf die unvollständigen Angaben zu berufen. Hinzu kommt, dass die Klägerin nach eigenem Vortrag in der Vergangenheit gerade auch Vorsteuervergütungsantrag eingereicht hat, in denen sie Angaben in den Feldern 9 a und b ergänzt hatte.
69Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte den Vorsteuervergütungsantrag in dem angefochtenen Bescheid – neben dem Verweis auf die nicht gewahrte Antragsfrist – nur auf die fehlenden Angaben in Abschnitt 9 b des Vordrucks und dabei nicht auch die fehlende Eintragung im Abschnitt 9 a beanstandet hatte. Aus der Nichterwähnung des Abschnitts 9 a sowie dem Fehlen eines nochmaligen Hinweises auf die Ausschlussfrist folgt kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin dahingehend, dass die Ausfüllung des Abschnitts 9 a und b den gesetzlichen Formerfordernissen genügt bzw. bzgl. dieser Angaben die Antragsfrist nicht (mehr) gilt. Die Verantwortung, innerhalb der Frist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag zu stellen, lag nach wie vor in der Sphäre der Klägerin als Steuerpflichtige, die eine Vorsteuervergütung begehrt.
70f) Hinsichtlich der infolge des unwirksamen Vergütungsantrags versäumten Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG ist der Klägerin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 der Abgabenordnung (AO) zu gewähren.
71Gründe dafür, dass die Klägerin gehindert gewesen sei, einen Vorsteuervergütungsantrag einschließlich der Angaben im Abschnitt 9 a und b des Antragsformulars zu stellen, sind weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich.
723. Die von der Klägerin begehrte Vorsteuervergütung scheidet zum anderen deshalb aus, weil innerhalb der Antragsfrist keine Rechnungsbelege, aus denen die Klägerin die Vergütung von Vorsteuerbeträgen herleitet, vorgelegt wurden.
73Hierbei kann offen bleiben, ob die von der Klägerin vorgelegten Durchschriften (Zweitschriften) der von ihr erteilten Gutschriften grundsätzlich für eine Vorsteuervergütung ausreichen würden, denn auch diese Belege wurden erst mit Eingang des Vergütungsantrags im Original am 7. Juli 2005, mithin nach Ablauf der Antragsfrist, beim Beklagten eingereicht.
74a) Aus dem Zusammenhang von § 18 Abs. 9 Satz 3 und 4 UStG ergibt sich, dass die Originalrechnungen mit dem Antrag innerhalb der Antragsfrist einzureichen sind (so auch BFH-Urteile vom 18. Januar 2007 V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430; vom 14. Mai 2008 XI R 58/06, BFHE 221, 505, BStBl II 2008, 831; FG Köln, Urteil vom 21. Juni 2012 2 K 1218/10).
75Zwar bestimmt § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG, der die Vorlage der Rechnungen im Original vorschreibt, nicht, dass diese Vorlage mit dem Vergütungsantrag erfolgen muss. Die Vorschrift steht aber gesetzessystematisch zwischen § 18 Abs. 9 Sätz 3 und 5 UStG, in denen ausdrücklich der Vergütungsantrag genannt ist. Zudem kann die in § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG – neben der Verpflichtung, „die Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original nachzuweisen“ –, enthaltene Verpflichtung, „die Vergütung selbst zu berechnen“, nur im Vergütungsantrag selbst erfüllt werden (BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430).
76b) Dem entsprechen auch die gemeinschaftsrechtliche Vorgaben nach der Achten Richt-linie.
77Nach Art. 3 a Satz 1 der Achten Richtlinie hat der in einem anderen Mitgliedsstaat ansässige Steuerpflichtige, um die Vorsteuererstattung zu erhalten, bei der zuständigen Behörde nach dem im Anhang A zu dieser Richtlinie aufgeführten Muster einen Antrag zu stellen, dem die Originale der Rechnungen oder Einfuhrdokumente beizufügen sind. Auch im Anhang C wird unter Punkt H. wiederholend ausgeführt, dass „dem Antrag (...) die Originale der Rechnungen bzw. Einfuhrdokumente beizufügen sind (...)“.
78c) Offen bleiben kann, ob und inwieweit ein Steuerpflichtiger im Falle des Abhandenkommens einer Rechnung oder eines Einfuhrdokuments den Nachweis seines Vorsteuervergütungsanspruchs durch Vorlage einer Zweitschrift des Rechnungsbelegs oder des Einfuhrdokuments führen kann. Denn im Streitfall liegt ein derartiger Belegverlust nicht vor. Der Klägerin sind die Original-Rechnungen nicht abhandengekommen. Die Original-Rechnungen wurden lediglich nicht innerhalb der Antragsfrist eingereicht.
79II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
80III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 GKG.
81IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da der Senat angesichts der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung eine weitere Entscheidung des BFH zu den Anforderungen an die im Vorsteuervergütungsantrag zwingend aufzunehmenden Angaben und den innerhalb der Antragsfrist beizubringenden Unterlagen nicht für erforderlich hält. Die Frage, ob ein Vergütungsantrag unwirksam ist, wenn innerhalb der Antragsfrist keine Angaben zu Abschnitt 9 des amtlichen Antragsvordrucks gemacht wurden oder dem Antrag keine Originalbelege beigefügt waren, ist höchstrichterlich geklärt.