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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner im Koma liegenden Ehefrau vorzunehmen ist.
3Der Kläger ist verheiratet und bezieht als Busfahrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau, mit der er zwei in den Jahren 1996 und 1998 geborene Kinder hat, liegt nach einem am 3. Oktober 2002 erlittenen Badeunfall im Wachkoma und wird seit Februar 2003 in einem Pflegeheim in A künstlich ernährt betreut. Im Oktober 2003 wurde auf das Konto des Klägers eine Invaliditätsentschädigung i.H.v. 232.352 € ausgezahlt. Der Kläger hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe mit seiner Ehefrau immer nur ein Konto gehabt, welches unter seinem Namen geführt worden sei. Auf dieses Konto sei dann auch die Versicherungsleistung geflossen. Kapitaleinkünfte wurden allerdings weder für 2004 noch für 2005 erklärt. Die Kosten der Heimunterbringung im Streitjahr 2006 wurden aus den Versicherungsleistungen bestritten.
4Nach dem Unfall wurden die Kinder des Klägers zunächst rd. 2 Jahre von der Schwester des Klägers betreut. Seit Oktober 2004 lebt Frau B (B) im Haushalt des Klägers, nach Angaben des Klägers zunächst, um den Haushalt zu führen und die Kinder zu versorgen. Der Kläger habe Frau B in seinem Heimatland über die Familie kennengelernt und mit nach Deutschland gebracht. Diese habe dann gegen Kost und Logis den Haushalt des Klägers geführt und die Kinder betreut. Zahlungen für die Dienste von Frau B sind nach Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung von Anfang an nicht vereinbart worden, da die finanziellen Verhältnisse des Klägers beengt gewesen seien.
5Bei Haushaltsdienstleistungen von Frau B ist es in der Folgezeit jedenfalls nicht geblieben. Am 6. Juli 2006 wurde das gemeinsame Kind C geboren.
6Mit der Einkommensteuererklärung 2006 beantragte der Kläger die Durchführung einer Zusammenveranlagung. Der Beklagte folgte dem im vorliegend streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid vom 6. Juli 2007 nicht und führte zur Begründung aus, es bestehe eine neue Lebens- und Haushaltsgemeinschaft mit Frau B.
7Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit seiner Ehefrau habe fortbestanden. Dies sei schon zur Erziehung der gemeinsamen Kinder notwendig gewesen und außerdem müssten – nach dem Aufbrauchen der Versicherungsleistung – die Pflegekosten übernommen werden.
8Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2007 aus: Der Kläger und seine Ehefrau hätten über das gesamte Streitjahr dauernd getrennt gelebt. Zwar könne im Falle eines durch äußere Umstände zwingenden Getrenntlebens die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fortbestehen, wenn die Ehegatten die Absicht hätten, diese Gemeinschaft im Rahmen des Möglichen aufrechtzuerhalten und nach Wegfall der Hindernisse die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen. Davon könne im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden. Denn auch wenn Frau B zunächst als Haushaltshilfe und zur Betreuung der ehelichen Kinder in den Haushalt des Klägers aufgenommen worden sei, so zeige doch die Geburt des gemeinsamen Kindes, das sich die Beziehung zu Frau B längst vertieft habe. Daher sei die Annahme vom Fortbestand der ehelichen Gemeinschaft im Streitfall nicht zu rechtfertigen. Der Kläger habe eingeräumt, dass über die Fortführung der ehelichen Gemeinschaft erst nach einer Verbesserung der gesundheitlichen Lage seiner Ehefrau entschieden werden könne. Daher könne von einer unbedingten Absicht, die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen, nicht ausgegangen werden. Die zu Frau B aufgenommene Lebensgemeinschaft überlagere auch die regelmäßigen Besuche im Pflegeheim bei seiner Ehefrau.
9Auch vom Fortbestand einer Wirtschaftsgemeinschaft mit der nicht ansprechbaren Ehefrau des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Eine Wirtschaftsgemeinschaft liege vor, wenn das Einkommen des (oder der Ehegatten) nach wie vor das gemeinsame Familieneinkommen bilde, indem es unter gemeinsamer Planung zur Deckung aller Lebensbedürfnisse der Familie verwendet werde. Jedenfalls im Streitjahr habe der Kläger jedoch nicht für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau aufkommen müssen. Dieser sei aus verfügbaren Mitteln (Versicherungsleistungen) der Ehefrau bestritten worden, während der Kläger für den Familienunterhalt aufgekommen ist.
10Der Kläger ist der Auffassung, von seiner pflegebedürftigen Ehefrau nicht getrennt gelebt zu haben. Daran ändere sich nichts dadurch, dass der Kläger ein weiteres, außereheliches Kind mit Frau B habe, mit der ebenfalls eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft begründet worden sei. In R 26 Abs. 1 S. 3 EStR heiße es, dass auch eine räumliche Trennung auf nicht absehbare Zeit z.B. wegen Krankheit keine dauernde Trennung begründe. Frau B sei lediglich zur Entlastung des Klägers in die Wohnung aufgenommen worden, denn der Kläger sei der einzige Erwerbstätige in der Familie und auch der alleinige Betreuer der beiden Kinder gewesen. Die Aufgaben von Frau B hätten sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. Sie übernehme nach wie vor die Funktionen einer Haushaltshilfe und betreue morgens und vormittags die ehelichen Kinder des Klägers, der dies aus beruflichen Gründen erst ab dem frühen Nachmittag wahrnehmen könne. Lediglich der willentliche Auszug eines Ehepartners rechtfertige es, beim Einzug eines neuen Lebenspartners die Beendigung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem ursprünglichen Ehepartner zu bejahen. An einer solchen Willentlichenent-scheidung fehle es im Streitfall; es bestehe lediglich eine Zweckgemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau B, auch wenn nicht bestritten werde, dass diese auf Dauer angelegt sei.
11Es sei unzutreffend, wenn der Beklagte die häufigen und unregelmäßigen Besuche des Klägers bei seiner Ehefrau im Pflegeheim als durch die Partnerschaft zu Frau B überlagert betrachte. Der Kläger habe seine Besuche weder eingestellt noch die Scheidung begehrt. Würde von Seiten des Pflegeheimes signalisiert, dass die Ehefrau des Klägers in dessen Haushalt wechseln könnte, würde er diese sofort wieder aufnehmen und zuhause weiter versorgen und betreuen. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass er mit der Betreuerin seiner Kinder eine gemeinsame Tochter habe.
12Weiter bezweifle der Beklagte die Existenz einer Wirtschaftsgemeinschaft mit der Ehefrau aus der Erwägung heraus, dass der Kläger den Lebensunterhalt seiner Ehefrau bzw. die Pflegeeinkommen nicht aus dem Familieneinkommen, sondern aus dem Vermögen seiner Ehefrau bestritten habe. Die Mittel für die Pflegekosten stammten aus der Auszahlung einer privaten Unfallversicherung, die über das Familieneinkommen der vergangenen Jahre finanziert worden und nun zur Entlastung des Familieneinkommens bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgezahlt worden sei. Deshalb negiere der Beklagte die Existenz einer Wirtschaftsgemeinschaft allein aufgrund des glücklichen Umstandes, dass der Kläger mit seiner Ehefrau eine private Unfallvorsorge getroffen habe.
13Der Kläger beantragt,
14den Beklagten unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheids für 2006 vom 6. Juli 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 13. November 2007 zu verpflichten, eine Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner Ehefrau durchzuführen.
15Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,
16hilfsweise die Vertagung der Sache, um dem Gericht die Fundstelle angeben zu können, an welcher sich der Kläger dahin eingelassen habe, dass über die Fortführung der ehelichen Gemeinschaft erst nach einer Verbesserung der gesundheitlichen Lage seiner Ehefrau entschieden werden könne,
17äußerst hilfsweise die Zulassung der Revision.
18Der Beklagte führt ergänzend zur Begründung in der Einspruchsentscheidung aus, nach den Gesamtumständen des Falles, insbesondere der Geburt des gemeinsamen Kindes, sei es nicht glaubhaft, dass es sich um eine reine Zweckgemeinschaft mit Frau B ohne Lebenspartnerschaft gehandelt habe. Für das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft sei maßgebend, ob das Familieneinkommen des jeweiligen Jahres unter gemeinsamer Planung der Eheleute verwendet werde. Im vorliegenden Fall könne der Unterhalt der Ehefrau für 2006 aus ihrem Vermögen, insbesondere der in 2003 ausgezahlten Invaliditätsentschädigung von über 230.000 € bestritten werden. Darüber hinaus stehe nicht fest, dass weiterhin eine Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau angestrebt werde. Dass noch keine Scheidung beantragt worden sei, besage nicht, dass die Wiederherstellung der vollen ehelichen Lebensgemeinschaft im Streitjahr 2006 beabsichtigt gewesen sei.
19Nach Hinweis des Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung auf die Passage in der Einspruchsentscheidung, nach der der Kläger eingeräumt habe, dass über die Fortführung der ehelichen Gemeinschaft erst nach einer Verbesserung der gesundheitlichen Lage seiner Ehefrau entschieden werden könne, und außerdem darauf, dass der Berichterstatter eine dahingehende schriftliche Einlassung des Klägers in den Akten nicht habe finden können, erklärt der Beklagte ergänzend, diese Einlassung sei möglicherweise in einem anderen Jahr getätigt worden.
20Entscheidungsgründe
21Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht keine Zusammenveranlagung des Klägers mit seiner Ehefrau durchgeführt, weil diese im Streitjahr 2006 dauernd getrennt gelebt haben.
221. Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, können gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zwischen getrennter und Zusammenveranlagung wählen.
232. Im Streitfall scheitert eine Zusammenveranlagung am dauernden Getrenntleben der Ehegatten.
24a) Ehegatten leben nach ständiger Rechtsprechung des BFH dauernd getrennt i.S. des § 26 Abs. 1 EStG, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht. Lebensgemeinschaft in diesem Sinne bedeutet die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, während unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen ist. Bei der Abwägung der für und gegen die Annahme eines dauernden Getrenntlebens sprechenden Merkmale kommt einer auf Dauer herbeigeführten räumlichen Trennung eine besondere Bedeutung zu (BFH-Urteile vom 18. Juli 1985 VI R 100/83, BFH/NV 1987, 431, vom 13. Dezember 1985 VI R 190/82, BFHE 145, 549, BStBl II 1986, 486 jeweils m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 18. Juli 1996 III R 90/95, BFH/NV 1997, 139 und BFH-Beschlüsse vom 26. November 1997 IX B 47/97, BFH/NV 1998, 585 und vom 7. Dezember 2001 III B 129/01, BFH/NV 2002, 483).
25Bei einem Antrag der Ehegatten auf Zusammenveranlagung besteht in der Regel eine Vermutung dafür, dass sie nicht dauernd getrennt leben. Diese Vermutung gilt allerdings nicht, wenn die Ehegatten räumlich getrennt voneinander leben, wenn sich auch in einem solchen Fall aus dem Gesamtbild ergeben kann, dass die Eheleute nicht dauernd getrennt leben. Dies kann außer in Fällen der Trennung infolge zwingender äußerer Umstände auch dann anzunehmen sein, wenn die Ehegatten eine räumliche Trennung durch freie Willensentschließung herbeigeführt haben, diese aber nur vorübergehend sein soll, weil die Ehegatten die Ehe aufrechterhalten und die volle eheliche Gemeinschaft wieder aufnehmen wollen (BFH-Urteil vom 18. Juli 1985 VI R 100/83, BFH/NV 1987, 431 m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 18. Juli 1996 III R 90/95, BFH/NV 1997, 139). Leben Ehegatten durch zwingende äußere Umstände für unabsehbare Zeit räumlich getrennt (etwa in Fällen langer Krankheit oder bei Verbüßung lebenslanger Haftstrafen), so kann die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gleichwohl noch bestehen, wenn die Ehegatten die Absicht haben, diese Gemeinschaft im Rahmen des Möglichen aufrechtzuerhalten und nach Wegfall der Hindernisse die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen. Denn im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung misst die Rechtsprechung entscheidungserhebliche Bedeutung auch der inneren Einstellung zur ehelichen Lebensgemeinschaft zu (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1966 VI 42/65, BFHE 87, 208, BStBl III 1967, 84; BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2001 III B 129/01, BFH/NV 2002, 483), die allerdings im Streitfall jedenfalls auf seiten der Ehefrau des Klägers aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht festzustellen ist.
26b) Leben Ehegatten zwar für eine nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt und halten sie die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen und gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden, so kann dies dazu führen, dass ein nicht dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist. Für die Frage, ob Ehegatten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG dauernd getrennt leben, kommt es danach allein auf das Verhältnis zwischen den Ehegatten an. Selbst wenn ein Ehegatte seine Lebensgefährtin mit einem gemeinsamen Kind in einem weiteren Haushalt dauerhaft aufgenommen hat, ist dies nur im Zusammenhang mit der Frage zu würdigen, ob die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten weiterbesteht. Ob diese Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall erfüllt sind und welche Auswirkungen ein geheimgehaltenes Verhältnis zu einer Lebensgefährtin auf die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft hat, ist eine Frage der Würdigung des jeweiligen Sachverhalts (BFH-Beschluss vom 26. November 1997 IX B 47/97, BFH/NV 1998, 585). Dieser Aussage soll jedoch ausdrücklich nicht zu entnehmen sein, dass jemand nebeneinander zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften führen kann. Der BFH betont vielmehr, dass bei der Frage, ob getrennt wohnende Ehegatten auch getrennt leben, berücksichtigt werden kann, ob ein Ehegatte mit einer anderen Person zusammenlebt (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 IX B 91, 138/01, nicht veröff., unter Bezugnahme auf Beschluss vom 26. November 1997 IX B 47/97, BFH/NV 1998, 585). Lebt er mit dieser Person zusammen und ist ein gemeinsames Kind vorhanden, so kann dies darauf schließen lassen, dass eine Lebensgemeinschaft mit dem Ehegatten nicht mehr besteht (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1966 VI 42/65, BFHE 87, 208, BStBl III 1967, 84)
27c) Ob die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht, ist für die FA und Finanzgerichte im Einzelfall oft schwer festzustellen. Eine einigermaßen sichere Aufklärung des Sachverhalts wäre nur bei tiefen Eingriffen in den persönlichen Lebensbereich des Steuerpflichtigen und in die Intimsphäre seines ehelichen Lebens möglich. Eine solche tiefe Durchleuchtung der persönlichen Verhältnisse des Bürgers durch die Behörden und Gerichte muss jedoch möglichst vermieden werden, so dass die Ermittlungspflicht von FA und Finanzgerichten in dieser Frage naturgemäß begrenzt ist. Wenn die äußeren Umstände die Existenz einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fraglich erscheinen lassen, ist die Frage, ob die Ehegatten nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgehoben haben, in erster Linie nach den äußerlich erkennbaren Lebensumständen zu beantworten. Fragen, die die eheliche Intimsphäre berühren, sind möglichst nicht in die Prüfung einzubeziehen (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1966 VI 42/65, BFHE 87, 208, BStBl III 1967, 84).
28d) Danach war im Streitfall von einem dauernden Getrenntleben des Klägers von seiner Ehefrau auszugehen. Das Gericht hält es mit dem Beklagten für ausgeschlossen, Frau B lediglich als Haushälterin des Klägers anzusehen, die außerdem für gelegentliche sexuelle Kontakte zur Verfügung steht und ansonsten der Weisungshoheit des Klägers unterliegt. Spätestens seit der Geburt des gemeinsamen Kindes kann eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Frau B nicht mehr verneint werden. Diese neue Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft schließt unter Berücksichtigung der Wertung des § 26 EStG, der im Hinblick auf das Gebot in Art. 6 GG gerade die Einehe fördern will, eine fortbestehende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der im Pflegeheim lebenden Ehefrau des Klägers aus. Die bestehende Ehe des Klägers ist nicht mehr förderungswürdig, wenn ein – wenn auch nicht freiwilliges – räumliches Getrenntleben vorliegt, das sich durch das Eingehen einer neuen Lebensgemeinschaft verfestigt hat.
29Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Versicherungsleistungen für den Unterhalt der Ehefrau des Klägers verwendet werden. Dies allein rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau nach wie vor das gemeinsame Familieneinkommen bildet, indem es unter gemeinsamer Planung zur Deckung aller Lebensbedürfnisse der Familie verwendet wird (vgl. BFH-Urteil vom 27. August 1971 VI R 206/68, BFHE 104, 51, BStBl II 1972, 173), so dass es auch an einer fortbestehenden Wirtschaftsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau fehlt.
303. Zu Recht hat der Beklagte auch Aufwendungen des Klägers für den Unterhalt von Frau B unberücksichtigt gelassen, die im Übrigen auch nicht steuerlich geltend gemacht worden sind (Schreiben des Beklagten vom 9. Oktober 2007). Der Kläger hat auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass keine Zahlungen für die Dienste von Frau B vereinbart worden und auch nicht geflossen seien. Daher können derartige Aufwendungen trotz der Unterhaltsverpflichtung aus § 1615l BGB nicht berücksichtigt werden, zumal bisher trotz Hinweises des Beklagten im Verwaltungsverfahren auch die Einkunftssituation von Frau B nicht dargelegt worden ist.
314. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
325. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob besondere Lebensumstände denkbar sind, die es rechtfertigen können, nebeneinander zwei Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaften zu bejahen.