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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Jahre 1999 noch in Deutschland ansässig war und ob die Aktivitätsklausel im DBA Polen es rechtfertigt, Einkünfte aus einem polnischen Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland zu versteuern.
3Der Kläger betrieb u.a. im Streitjahr 1999 im Inland einen Gewerbebetrieb, der den Vertrieb und den Export von Textilien zum Gegenstand hatte. Außerdem betrieb er in Polen die Firma „N“ in der Form eines Einzelunternehmens (Lohnveredelung/Handel mit Konfektionsware). Der Kläger hatte diese Firma als alleiniger Inhaber im Jahre 1988 gegründet. Im Wesentlichen wurde dort die Fertigung von Textilien für deutsche Auftraggeber betrieben. Ein weiteres Unternehmen in Polen wurde vom Kläger in der Rechtsform einer beschränkt haftenden Gesellschaft betrieben. Mit der polnischen Firma „N“ erwirtschaftete der Kläger für das Streitjahr einen Gewinn von umgerechnet 385.527 DM. Ausweislich der für diese Firma eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung betrugen die Handelsumsätze 5.516.290 Sloty. Außerdem waren Finanzerträge von 15.965.027 Sloty und sonstige Erträge von 425.768 Sloty ausgewiesen.
4In der Einkommensteuererklärung für 1999, die der Kläger zusammen mit seiner damaligen Ehefrau abgab, wurde ein gewerblicher Gewinn des Klägers von 143.996 DM aus dem inländischen Unternehmen erklärt, der wie in den Vorjahren durch Einnahmeüberschussrechnung ermittelt worden war. Der Gewinn aus dem polnischen Unternehmen wurde unter Hinweis auf das DBA Polen als steuerfreie, dem Progressionsvorhalt unterliegende Einkünfte erklärt.
5Der Beklagte erfasste in dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 19. Oktober 2011 wegen der Höhe der Finanzerträge den Gewinn aus der Firma „N“ unter Hinweis auf die Aktivität- bzw. Produktivitätsklausel im DBA Polen als steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dabei veranlagte er den Kläger zusammen mit seiner damaligen Ehefrau.
6Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8. November 2002 als unbegründet zurück. Anschließend wies der erkennende Senat die hiergegen erhobene Klage 10 K 6348/02 mit Urteil vom 7. Juni 2006 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
7Der Bundesfinanzhof hob das vorstehend benannte Urteil mit Urteil vom 24. April 2007 I R 64/06 auf und verwies die Rechtssache an das Finanzgericht Köln zurück. Zur Begründung führte der Bundesfinanzhof aus, dass der Kläger im Streitjahr zwar unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei, dass aber nicht geklärt sei, ob der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau hätte zur Einkommensteuer veranlagt werden dürfen.
8Der erkennende Senat hat daraufhin mit Urteil vom 14. Februar 2008 10 K 3320/07 den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 19. Oktober 2001 sowie den Änderungsbescheid vom 20. April 2006 aufgehoben. Dabei wies er im Tatbestand ausdrücklich darauf hin, dass auch in dem seit dem Jahre 2002 anhängigen erstinstanzlichen Verfahren bis zuletzt unstreitig gewesen sei, dass der Kläger seinen Wohnsitz und auch den tatsächlichen Lebensmittelpunkt bis einschließlich 2001 im Inland hatte. Erst nach einem Hinweis des Berichterstatters auf Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Klage änderte der Bevollmächtigte mit einem kurz vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingegangenen Telefax den früheren Sachvortrag.
9Der Senat hob den Zusammenveranlagungsbescheid auf, da eine Zusammenveranlagung nicht durchgeführt werden durfte, weil die Eheleute während des gesamten Jahres 1999 dauernd getrennt gelebt hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 14. Februar 2008 10 K 3320/07 Bezug genommen.
10Im Anschluss an dieses Urteil hat der Beklagte die nunmehr streitgegenständlichen Bescheide über die Einkommensteuer 1999, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 1999 und 31. Dezember 2001 vom 14. Juli 2008 erlassen.
11Die hiergegen eingelegten Einsprüche hat er mit Einspruchsentscheidung vom 19. November 2008, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird als unbegründet zurückgewiesen.
12Mit der Klage trägt der Kläger vor:
13Er sei im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen. Sollte das Gericht eine unbeschränkte Steuerpflicht dem Grunde nach bejahen, scheitere das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland daran, dass er seit 1998 zwar noch nicht den Wohnsitz, jedoch den Lebensmittelpunkt nach Polen verlagert habe, wo er ebenfalls eine Wohnung unterhalte. Letztlich würde die Besteuerung der polnischen Einkünfte in Deutschland an dem DBA-Polen scheitern. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 22. November 2010 Bezug genommen.
14Der Kläger beantragt,
15die Sache zu vertagen und die Zeugen gemäß Schriftsatz vom 22. November 2010 zum Thema „Wohnsitz des Klägers im Inland“ zu hören sowie die Zeuginnen A und B zum Thema „Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach Polen für das Jahr 1999“
16hilfsweise, die angefochtenen Bescheide aufzuheben
17äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Entscheidungsgründe
21Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
22Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
231. Der Kläger war u.a. im Streitjahr 1999 in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, da er über einen inländischen Wohnsitz verfügte, § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –.
24Der Senat verweist insoweit zur Begründung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. April 2007 I R 64/06 und sein Urteil vom 7. Juni 2006 10 K 6348/02. Der Senat ist der Auffassung, dass er diese Frage nicht erneut überprüfen muss, nachdem bereits der Bundesfinanzhof die unbeschränkte Steuerpflicht des Klägers bejaht hat.
252. Der Kläger war auch im Sinne des DBA Polen im Inland ansässig, so dass auch die in Polen erzielten Einkünfte grundsätzlich in Deutschland zu erfassen sind. Der Senat nimmt den Lebensmittelpunkt des Klägers aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen im Inland an. Wegen der Begründung verweist er auf sein Urteil vom 7. Juni 2006 10 K 6348/02.
26Die Sache war nicht zu vertagen, um dem Beweisantrag des Klägers im Hinblick auf die Frage nachzugehen, wo er 1999 den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte. Soweit er dies durch Einvernahme von Frau A unter Beweis stellt, sieht der Senat von einer Beweisaufnahme aus nachfolgendem Grund ab:
27Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, ist ein im Ausland ansässiger Zeuge bei Auslandssachverhalten nicht von Amts wegen zu laden, sondern muss nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung 1977 – AO – in der mündlichen Verhandlung gestellt werden (vgl. z.B. Bundesfinanzhof, Urteil vom 11. August 2011, V R 50/09, BFH/NV 2011, 1989, 1993, Rn. 41). Dies ist im Streitfall nicht erfolgt. Da der Kläger insoweit seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO nicht nachgekommen ist, musste der Senat den Sachverhalt ohne Berücksichtigung dieses Beweismittels nach freier Überzeugung würdigen.
28Zwar ist eine Vernehmung eines Zeugen im Ausland prozessrechtlich zulässig (vgl. § 155 FGO i.V.m. §§ 363, 364 der Zivilprozessordnung – ZPO –). Der Senat sieht allerdings davon ab, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Der Kläger hat in den verschiedenen von ihm betriebenen Verfahren den Sachverhalt mehrmals anders dargestellt und noch kurz vor einer mündlichen Verhandlung neue Sachverhalte präsentiert. Aufgrund dessen kommt es entscheidend auf den persönlichen Eindruck und die Glaubwürdigkeit der Zeugin A an. Eine Vernehmung durch dritte Personen könnte dem Senat nicht die notwendige Überzeugung vermitteln, ob die Aussage der Zeugin glaubhaft und diese selber glaubwürdig ist. Deshalb hätte der Kläger die Zeugin in der mündlichen Verhandlung stellen müssen. Dies hätte dem Kläger, der durch einen Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vertreten wird, auch klar sein müssen. So hat er auch im Schriftsatz vom 22. November 2010 selber bekundet, dass die Zeugin A im Termin gestellt werde.
29Die frühere Ehefrau B war ebenfalls nicht zu hören. Der Senat weist diesen Beweisantrag wegen Prozessverschleppung zurück. Der Kläger hat Frau B konkret erst als Zeugin benannt, nachdem der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass Frau A als Auslandszeugin nicht gehört werde. Im Schriftsatz vom 22. November 2010 hatte der Kläger Frau B nur zu einem untergeordneten Punkt, der nicht entscheidungserheblich ist, als Zeugin benannt. Die gesamte Prozessgeschichte zeigt, dass der Kläger an einer ordnungsgemäßen Mitwirkung im Verfahren nicht interessiert ist.
30Der Antrag des Klägers ist außerdem zu unsubstantiiert. Wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist, ist eine Rechtsfrage. Der Kläger hätte konkrete Tatsachen, aus denen auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen geschlossen werden kann, benennen und hierzu das Zeugnis von Frau B anbieten müssen.
313. Bei dem danach in Deutschland ansässigen Kläger war die Einkommensteuer nach inländischem Recht festzusetzen. Nach Art. 21 Abs.1 Buchst. a DBA Polen waren lediglich die Einkünfte, die nach diesem DBA in Polen besteuert werden dürfen, ausgenommen. Eine solche Ausnahme besteht jedoch nicht für die vorliegend streitbefangenen Einkünfte aus der polnischen Betriebsstätte des Klägers.
32Gewinne aus einem Unternehmen eines Vertragsstaats können zwar nach Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 Buchst. a DBA Polen grundsätzlich nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ausnahme einer Einkunftsquelle von der inländischen Besteuerung steht jedoch gemäß Abs. 5 des Zusatzprotokolls zum DBA Polen unter dem Aktivitätsvorbehalt, dass die Betriebsstätte ihre Einnahmen ausschließlich oder zumindest fast ausschließlich aus folgenden in Polen ausgeübten Tätigkeiten bezieht: Herstellung oder Verkauf von Gütern oder Waren, technische Dienstleistung oder Bank- bzw. Versicherungsgeschäfte.
33Bei den vom Kläger erzielten Finanzerträgen handelt es sich um eigenständige passive Einkünfte. Insoweit verweist der Senat zur Begründung ebenfalls auf das Urteil vom 7. Juni 2006 10 K 6348/02.
344. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen.