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Der Bescheid über Körperschaftsteuer 2016 vom 28.10.2020 und der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2016 vom 27.10.2020, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021, werden dahingehend geändert, dass das zu versteuernde Einkommen bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 135.878 Euro gemindert wird. Der Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 27, 28 KStG vom 28.10.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021 wird dahingehend geändert, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2016 um 184.914 Euro erhöht wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist durch die Verschmelzung der L. GmbH (L. GmbH) (Gesellschafter I.), der E. Y. GmbH (Gesellschafter Eheleute Y.) und der Q. GmbH (Gesellschafter W.) im Jahr 2001 neugegründet worden. Die vier Gesellschafter bildeten zunächst den Vorstand der Klägerin.
3I. hatte bei der L. GmbH gemäß einer Vereinbarung vom 02.01.1994 bei Dienstunfähigkeit und Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren (zum 00.00.2022) einen Anspruch auf Pensionszahlungen. Diese Verpflichtung wurde von der Klägerin übernommen.
4Mit Wirkung zum 28.02.2010 übertrugen die Eheleute Y. ihre Anteile auf I. und W..
5Gemäß einer Vereinbarung vom 11.01.2016 verzichtete I. mit sofortiger Wirkung auf seine bis dahin bestehende Pensionszusage und erhielt dafür im Gegenzug die bei der U. abgeschlossene Rückdeckungsversicherung i.H.v. 62.059 Euro. In der Vorbemerkung zu dieser Vereinbarung heißt es: „Die Vorstandstätigkeit des I. endet zum 31. März 2016. Im Hinblick hierauf soll der Verzicht auf die Pensionszusage erklärt werden.“
6Mit Vertrag vom 13.01.2016 mit Wirkung zum 21.01.2016 veräußerte I. seine Anteile an W., der damit alleiniger Anteilseigner der Klägerin wurde. Zum 31.03.2016 schied I. auch aus dem Vorstand der Klägerin aus.
7Die Klägerin hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.04. bis 31.03. Im handelsrechtlichen Jahresabschluss auf den 31.03.2016 löste die Klägerin die Pensionsrückstellung i.H.v. 135.878 Euro und den Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung i.H.v. 62.059,82 Euro erfolgswirksam auf.
8Die Klägerin deklarierte in der Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung 2016 die Übertragung des Anspruchs auf die Rückdeckungsversicherung i.H.v. 62.059,82 Euro als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und den Verzicht auf die Pensionszusage in Höhe des von ihr so errechneten Barwerts des Pensionsanspruchs (184.914 Euro) als verdeckte Einlage. Gleichzeitig deklarierte sie eine entsprechende Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Mit Schreiben vom 30.01.2017 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass der Verzicht von I. eine Verfügung über den bis zu diesem Zeitpunkt erdienten Pensionsanspruch darstelle. Die Verfügung über den Anspruch gelte als Zufluss von Arbeitslohn im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Gleichzeitig stelle der Verzicht eine verdeckte Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin dar, was bei I. zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten seiner Anteile im Sinne von § 17 EStG führe.
9Die Klägerin wurde für das Jahr 2016 zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Im Nachgang zu einer Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2015 und 2016 versagte der Beklagte die einkommensmindernde Berücksichtigung des Barwertes des Pensionsanspruchs als verdeckte Einlage sowie den entsprechenden Zugang zum steuerlichen Einlagekonto und änderte die Bescheide entsprechend.
10Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 11.11.2020 Einspruch ein, welcher vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
11Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit der am 18.02.2021 erhobenen Klage weiter und trägt vor, dass die Pensionszusagevereinbarung von I. keine Abfindungsmöglichkeit vor Eintritt des Versorgungsfalls vorsehe. Es sei daher eine vGA anzunehmen. Für einen solchen Vorgang habe sich der Begriff „Spontanabfindung“ etabliert. Insofern herrsche zwischen den Beteiligten auch Einigkeit. Bei der Abfindung und dem Verzicht auf die Pensionszusage handele es sich um zwei eigenständige Geschäftsvorfälle, die nicht saldiert betrachtet werden könnten. Andernfalls läge in Fällen, in denen die Abfindung niedriger ist als der durch den Verzicht entfallende Pensionsanspruch, überhaupt keine Vermögensminderung und damit auch keine vGA vor.
12Der Verzicht als zweiter Vorfall führe auf Ebene des Gesellschafters auf der einen Seite zu einem Zufluss von Arbeitslohn, da der Gesellschafter über seinen Anspruch verfüge, auf der anderen Seite führe dies zu einer die steuerlichen Anschaffungskosten des Gesellschafters erhöhenden verdeckten Einlage in die Gesellschaft, da der Gesellschafter in der Form über seinen Anspruch verfüge, dass dieser gerade nicht ausgezahlt, sondern in die Gesellschaft eingelegt werde. Angesichts eines durch eine Versicherungsgesellschaft ermittelten Barwertes des Pensionsanspruchs i.H.v. 184.914 Euro hätte ein fremder Dritter eine Abfindung i.H.v. 62.059 Euro nicht akzeptiert. Der Verzicht sei daher gesellschaftlich veranlasst, er stehe in einem inneren Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung der Anteile. Die uno actu im Vorgriff auf die Anteilsveräußerung vereinbarte Abtretung des Versicherungsanspruchs und der Verzicht auf den Pensionsanspruch seien in Bezug auf die Fragestellung der gesellschaftlichen Veranlassung zwei Seiten derselben Medaille: Beide Vorgänge könnten entweder insgesamt nur betrieblich oder gesellschaftlich veranlasst sein. Diese Sichtweise bilde auch die Grundlage des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) I R 38/05 vom 14.03.2006, welches zu einem Sachverhalt ergangen sei, welcher strukturell und inhaltlich dem hier zu beurteilenden Fall exakt entspreche. Nach diesem Urteil führe die Abfindung zu einer vGA und „der Verzicht führe zu einer verdeckten Einlage“. Ebenso habe auch das FG Düsseldorf in einem gleich gelagerten Fall im Urteil 6 K 1093/10 vom 06.11.2012 entschieden. Auch in KStH 8.9 führe die Finanzverwaltung unter „Verzicht auf Pensionsanswartschaftsrechte“ aus: „Verzichtet der Gesellschafter aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses auf einen bestehenden Anspruch aus einer ihm gegenüber durch die Kapitalgesellschaft gewährten Pensionszusage, liegt hierin eine verdeckte Einlage begründet. Dies gilt auch im Falle eines Verzichts vor Eintritt des vereinbarten Versorgungsfalles hinsichtlich des bis zum Verzichtszeitpunkt bereits erdienten (Anteils des) Versorgungsanspruches. Der durch die Ausbuchung der Pensionsrückstellung bei der Kapitalgesellschaft zu erfassende Gewinn ist im Rahmen der Einkommensermittlung in Höhe des Werts der verdeckten Einlage wieder in Abzug zu bringen.“ Entsprechend sei hier zu verfahren.
13Bei der Bewertung der verdeckten Einlage seien die Bewertungsvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG analog anzuwenden. Danach habe eine Bewertung mit dem Teilwert zu erfolgen, der im Fall von Rentenverbindlichkeiten dem Barwert entspreche, welcher von der Versicherungsgesellschaft der Rückdeckungsversicherung mit 184.914 Euro ermittelt worden sei.
14Die Klägerin beantragt,
15den Körperschaftsteuerbescheid 2016 vom 28.10.2020 sowie den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2016 vom 27.10.2020, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen bzw. der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 135.878 Euro gemindert wird, und den Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 27, 28 KStG vom 28.10.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021 dahingehend zu ändern, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2016 um 184.914 Euro erhöht wird.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er trägt vor, die gesellschaftliche Veranlassung des Vorgangs ergebe sich bereits aus dem Verhältnis der Werte zueinander. So sei ein Wert der Pensionszusage i.H.v. 184.878 Euro ermittelt worden. Diesen Wert gebe I. gegen den Erhalt von 62.059,82 Euro auf. Kein fremder Dritter hätte einen derartigen Verlust hingenommen. Dass I. sich hierzu bereit erklärt habe, könne nur auf der privaten Anteilsübertragung beruhen. In der Hingabe des Kapitalbetrages und in dem entsprechenden Vermögensabgang liege eine Vermögensminderung. Dass die Klägerin uno actu die bis dahin von ihr gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst habe, ändere dies nicht. Denn die Auflösung der Rückstellung sei unmittelbare Folge des Umstandes, dass der Versorgungsanspruch mit der Zahlung des versprochenen Betrages aus zivilrechtlicher Sicht erfüllt gewesen sei. Dies sei zwar auf die getätigte Auszahlung zurückzuführen, doch bleibe es dabei, dass die Auszahlung aus den beschriebenen Gründen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei, was wiederum die außerbilanzielle Hinzurechnung des Vermögensabgangs als vGA nach sich ziehe.
19Eine „Neutralisierung“ dieser Konsequenz infolge einer wechselseitigen Saldierung der jeweiligen Geschäftsvorfälle scheide aus. Der besagten körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenz unterfalle der jeweilige Geschäftsvorfall, nicht der Saldo aus der Vermögensminderung hier der durch das Gesellschaftsverhältnis bedingten Auszahlung und der Vermögensminderung dort der bilanzrechtlich bedingten Rückstellungsauflösung. Beide Vorfälle seien vielmehr auseinanderzuhalten und steuerrechtlich eigenständig zu behandeln. Dies sei bereits im Urteil I R 38/05 vom BFH bezogen auf eine Anwartschaftsabfindung gegen einen Teilverzicht des Begünstigten entschieden worden. Der von der Klägerin vorgebrachte KStH H 8.9 behandele den Sachverhalt des BFH-Urteils I R 58/93, bei dem im Gegensatz zum Streitfall der Verzicht eindeutig ohne Gegenleistung erfolgt sei. Im vorliegenden Fall liege aber tatsächlich gar kein Verzicht vor. Es handele sich stattdessen um eine Abfindung des Anspruchs, da I. im Gegenzug die Rückdeckungsversicherung übertragen bekommen habe.
20Aus den BFH-Urteilen I R 89/12 und I R 28/13 ergebe sich, dass die Auflösung der Rückstellung lediglich unmittelbare Folge des Umstandes sei, dass der Anspruch auf Pension mit der Übertragung der Rückdeckungsversicherung aus zivilrechtlicher Sicht erfüllt gewesen sei. Der BFH habe in beiden Verfahren das Vorliegen einer vGA bejaht. Das Vorliegen einer verdeckten Einlage habe er hingegen nicht einmal ansatzweise thematisiert, weshalb davon auszugehen sei, dass eine solche nach Auffassung des BFH nicht anzusetzen sei.
21Im Fremdvergleich hätte ein Nichtgesellschafter die Abfindung des Anspruches auf die Pensionszusage auch durch die Übertragung der Rückdeckungsversicherung akzeptiert, so dass keine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vorliege. Es sei daher davon auszugehen, dass neben den Geschäftsvorfällen der Spontanabfindung und der Auflösung der Pensionsrückstellung kein dritter Geschäftsvorfall im Rahmen einer verdeckten Einlage vorliege.
22Der Leitsatz des Urteils I R 38/05, wonach der Verzicht zu einer verdeckten Einlage führe, irritiere zwar, in den Gründen könne unter III.2.c. jedoch eine Begründung dafür gefunden werden, weshalb eine verdeckte Einlage in derartigen Fällen nur mit 0 bewertet werden könne. Der BFH führe nämlich aus, dass die Nichtdurchführung der Vereinbarung sich in der Weise auswirken könne, dass die Zusagen sich als nicht ernsthaft gemeint erweisen könnten und die jährlichen Zuführungen deshalb als vGA zu behandeln wären. Dabei sei zu beachten, dass laut § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Teilwert der Betrag sei, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Der Wert einer nicht ernsthaften, weil tatsächlich nicht durchgeführten Zusage könne für den Erwerber aber nur 0 lauten.
23Der BFH scheine aber in den jüngeren Entscheidungen I R 89/12 und I R 28/13 in Fällen der vorliegenden Art von einer zivilrechtlichen Erfüllung der bisherigen Ansprüche der Beteiligten auszugehen, die das Vorliegen verdeckter Einlagen ausschließen und die durch das Urteil I R 38/05 ggf. aufgetretenen Irritationen ausräumen würden.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die angefochtenen Bescheide sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt in dem Verzicht des Gesellschafters I. auf die Pensionszusage eine verdeckte Einlage, so dass die durch die Auflösung der Pensionsrückstellung i.H.v. 135.878 Euro resultierende Einkommenserhöhung in gleicher Höhe außerbilanziell zu korrigieren und der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2016 um den Barwert des Pensionsanspruchs i.H.v. 184.914 Euro zu erhöhen ist.
26I. Sowohl in dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid als auch in dem angefochtenen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag hat der Beklagte zu Unrecht das Vorliegen einer verdeckten Einlage unberücksichtigt gelassen. Eine verdeckte Einlage i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Körperschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (vgl. Rengers in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 KStG Rn. 175 m.w.N.).
271. In dem Verzicht auf die Pensionszusage des I. vom 11.01.2016 liegt bei einer nach der Rechtsprechung des BFH anzustellenden isolierten geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise (vgl. hierzu beispielhaft BFH-Urteil vom 23.10.2013 I R 89/12, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2014, 729) die Zuwendung eines Vermögensvorteils des Gesellschafters an die Gesellschaft. Dieser spiegelt sich bei der Klägerin in der gewinnerhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellung in der Bilanz wider.
282. Diese Zuwendung ist nach Auffassung des Senats auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass die zwischen der Klägerin und dem Gesellschafter I. vereinbarte Abtretung des Versicherungsanspruchs und der Verzicht auf den Pensionsanspruch nach den Grundsätzen der geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise zwar keiner Saldierung zugänglich sind, aber dennoch nur einheitlich als betrieblich oder gesellschaftlich (mit-)veranlasst angesehen werden können, da die beiden Vorgänge jedenfalls auf ihren Veranlassungszusammenhang bezogen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern auf einem einheitlichen Entschluss der Handelnden beruhen.
29a) Zwar spricht im Streitfall auch einiges für eine betriebliche Veranlassung der beiden Geschäftsvorfälle. So hat der BFH in seinem Urteil vom 28.04.2010 I R 78/08 entschieden, dass die Abfindung einer Pensionszusage, um dadurch den Verkauf der Geschäftsanteile der GmbH zu ermöglichen, jedenfalls dann regelmäßig nicht durch das Gesellschaftsverhältnis mitveranlasst sei, wenn die Leistungen vereinbarungsgemäß im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses eines nicht beherrschenden Gesellschafters stehen. Diese Rechtsprechung hat der BFH in dem Urteil vom 08.06.2011 I R 62/10, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 2117 noch einmal ausdrücklich bestätigt. Diese vom BFH genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall grundsätzlich vor: I. war zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 11.01.2016 nicht beherrschender Gesellschafter der Klägerin und in der Verzichtsvereinbarung wird ausdrücklich Bezug auf die Beendigung der Vorstandstätigkeit des I. genommen. Als rechtliche Konsequenz einer betrieblichen Veranlassung wäre nach Auffassung des Senats in dem Verzicht keine verdeckte Einlage zu sehen, andererseits wäre die Abtretung der Rückdeckungsversicherung auch nicht als vGA zu behandeln. Vielmehr bliebe es bei der insgesamt gewinnerhöhenden Ausbuchung von Rückdeckungsversicherungsanspruch und Pensionsrückstellung.
30b) Hiervon abweichend lässt sich die gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung aus Sicht des Senats auch nicht mit der fehlenden Ernsthaftigkeit der Ursprungsvereinbarung aus dem Jahr 1994 begründen. Im Streitfall liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass bereits bei Einräumung der Pensionszusage eine Durchführung der Vereinbarung nicht beabsichtigt gewesen wäre. Insbesondere vor dem Hintergrund der Unternehmenshistorie mit der zwischenzeitlich erfolgten Verschmelzung ist nicht anzunehmen, dass die Pensionszusage von Anfang an nicht wie vereinbart gewollt war. Ebenso wenig kann mit der nicht erfolgten tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung aus dem Jahr 1994 argumentiert werden, da I. zum Zeitpunkt des Verzichts kein beherrschender Gesellschafter war, auf den die sog. Sonderbedingungen anwendbar wären.
31c) Jedoch sieht der Senat im Ergebnis in Übereinstimmung mit den Beteiligten die Abtretung der Rückdeckungsversicherung als gesellschaftlich (mit-)veranlasst an, was dann auch gleichermaßen auf den Verzicht auf die Pensionszusage zutrifft. Sofern der BFH in den oben angeführten Urteilen von der betrieblichen Veranlassung ausgeht, sieht er die Mitveranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis doch nur „regelmäßig“ als nicht gegeben an. Für einen Ausnahmefall spricht – worauf auch der Beklagte zutreffend hingewiesen hat – der Umstand, dass der Wert der Pensionszusage i.H.v. 184.878 Euro ermittelt worden sei, welche der Gesellschafter I. gegen den Erhalt von lediglich 62.059,82 Euro aufgegeben hat. Dass der Gesellschafter I. einen derartigen Verlust hingenommen hat, lässt sich nur mit der zeitnah erfolgten privaten Anteilsübertragung erklären. Insofern ist nach dem sog. doppelten Fremdvergleich von einer mangelnden Fremdüblichkeit auszugehen. Ein fremder Dritter hätte sich nicht auf die für die Klägerin vorteilhafte Vereinbarung eingelassen. Dies begründet aus Sicht des Senats die gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung im Streitfall.
32d) Es gilt auch nichts anderes aufgrund des Umstands, dass die Klägerin eine Aktiengesellschaft ist. Zwar hat der BFH geurteilt, dass die Rechtsregeln, die im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Behandlung von Vereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH entwickelt wurden, nicht uneingeschränkt auf den Bereich der Aktiengesellschaft übertragen werden können (zuletzt BFH-Urteil vom 24.10.2024 I R 36/22, BFH/NV 2025, 603). Dies beruht insbesondere auf dem Umstand, dass in einer Aktiengesellschaft ein Aufsichtsrat mit der Vergütung des Vorstands befasst und dies bei der Prüfung des Fremdvergleichs zu berücksichtigen ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich diese Besonderheiten auf den doppelten Fremdvergleich, wie er im Streitfall anzustellen ist, auswirken.
33e) Der Senat sieht die Auflösung der Rückstellung entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht nur als unmittelbare Folge des Umstands an, dass der Versorgungsanspruch mit der Zahlung des versprochenen Betrags aus zivilrechtlicher Sicht erfüllt gewesen sei. Wie bereits ausgeführt, sieht das Gericht hierin keinen bloßen „Reflex“, sondern trotz der geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise einen einheitlichen Veranlassungszusammenhang, der den beiden Geschäftsvorfällen zugrunde liegt, wonach der Gesellschafter I. gesellschaftlich (mit-)veranlasst auf Ansprüche verzichtet und sich insofern wertmäßig insgesamt schlechter stellt. Dass dies im Ergebnis nur zu einer vGA, nicht aber zu einer verdeckten Einlage führen soll, erscheint aus Sicht des Senats systemwidrig. Gestützt wird diese Auffassung durch das Urteil des BFH vom 14.03.2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, in dem der BFH ausführt, dass die Übertragung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine vertraglich unverfallbare Pensionszusage an den Gesellschafter einer GmbH bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, wenn der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte auf die Versorgung verzichtet. Der BFH führt weiter aus: „Der Verzicht führt zu einer verdeckten Einlage.“ Auch wenn dieses Urteil zum Verzicht eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergangen ist, sieht der Senat die dort getroffenen Aussagen als übertragbar an, sofern man – wie der Senat im Streitfall – von einer gesellschaftlichen (Mit-)Veranlassung der Geschäftsvorfälle ausgeht. Der BFH hat in seinem Urteil vom 23.10.2013 I R 89/12, BStBl. II 2014, 729 und in seinem Urteil vom 11.09.2013 I R 28/13, BStBl. II 2014, 726 auch explizit bekräftigt, an den Aussagen im Verfahren I R 38/05 festhalten zu wollen.
343. Die verdeckte Einlage ist grundsätzlich mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) zu bewerten. Dieser beträgt vorliegend – insoweit unstreitig – 184.878 Euro. Jedoch regelt § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG, dass die verdeckte Einlage das Einkommen nicht erhöhen darf. Insofern ist eine außerbilanzielle Korrektur maximal um den Wert vorzunehmen, um den sich das Einkommen durch die Ausbuchung der Pensionsrückstellung erhöht hat, mithin um 135.878 Euro.
35Dem Vortrag des Beklagten, dass eine etwaige verdeckte Einlage nur mit 0 Euro zu bewerten wäre, vermag der Senat nicht zu folgen. Sofern sich der Beklagte hierfür auf die – insoweit etwas unklaren – Ausführungen des BFH im Urteil vom 14.03.2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515 bezieht, lassen sich diese jedenfalls auf den Streitfall nicht anwenden. Im Streitfall kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die ursprüngliche Pensionszusage aus dem Jahr 1994 nicht ernstlich gemeint gewesen sei (vgl. unter I.2.b)). Ebenso wenig schlägt der Einwand der nicht erfolgten tatsächlichen Durchführung der Ursprungsvereinbarung durch, da die tatsächliche Durchführung von schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Gesellschaft als sog. Sonderbedingung nur bei beherrschenden Gesellschaftern vorausgesetzt wird. Um einen solchen handelt es sich beim Gesellschafter I. (insofern anders als im Verfahren I R 38/05) im Streitjahr nicht.
36II. Die Annahme einer verdeckten Einlage führt auch zu einem Zugang zum steuerlichen Einlagekonto, so dass die Klage auch im Hinblick auf den Bescheid zum 31.12.2016 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 27, 28 KStG Erfolg hat. Die Bewertung sowohl offener als auch verdeckter Einlage erfolgt im Rahmen von § 27 KStG grundsätzlich mit dem Teilwert (Oellerich in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 27 KStG Rn. 22). Insofern ist ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto i.H.v. 184.914 Euro erfolgt.
37III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
38IV. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.