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1. Der Feststellungsbescheid vom 12.8.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.2.2021 wird dahingehend geändert, dass die dem Kläger zugerechneten Einkünfte nunmehr der P.-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1) als Treugeberin zugerechnet werden.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Den Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt. Ihre außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
4. Das Urteil wird hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig
erklärt.
T a t b e s t a n d :
2Mit seiner am 25.2.2021 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2012 für die J.-GmbH Co KG (nachfolgend: J.), Beigeladene zu 2.
3Streitig ist, ob der Kläger treuhänderisch an der J. beteiligt war und die Einkünfte deshalb der Beigeladenen zu 1., der P.-GmbH & Co KG, ehemals F. GmbH & Co. Q.-KG (nachfolgend: F.), als Treugeberin zuzurechnen sind.
4Der in der Schweiz lebende Kläger ist Rechtsanwalt und im Wesentlichen tätig durch die V. AG, sowie durch die G. AG und durch die A. AG, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er jeweils war. Kontakte zur F. Gruppe bestanden seit Anfang der 90er Jahre.
5Der Kläger war von 2004 bis 2012 Kommanditist der J. mit einem Kapitalanteil von ... Euro, was einer Beteiligung von 40 % entspricht. An der Komplementär- GmbH der J. war er ebenfalls zu 40 % beteiligt. Die J. gehörte zur F. Gruppe. Die dazu gehörende F. GmbH & Co. Q.-KG war neben dem Kläger in Höhe der übrigen 60 % der Geschäftsanteile beteiligt.
6Der Kommanditanteil wie auch der GmbH-Anteil des Klägers wurden zum 31.12.2012 an die S.-GmbH verkauft (Vertrag vom 14.12.2012). Der Kaufpreis betrug ... Euro. Er wurde später wegen einer Korrektur des Firmenwertes um ... Euro gemindert.
7Die einheitliche und gesonderte Feststellung für die J. für 2012 wurde zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß durchgeführt (Bescheid vom 29.3.2016). Der nach einer Prüfung durch die Groß- und Konzernbetriebsprüfung (Prüfungsbericht vom 13.12.2018) unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts geänderte Feststellungsbescheid wurde dem Kläger unter dem 12.8.2020 bekanntgegeben, nachdem er bestritten hatte, den zunächst auf den 27.3.2019 datierten Feststellungs-bescheid erhalten zu haben. Darin wurde dem Kläger für 2012 ein Gewinn i. H. v. ... Euro zugerechnet. Hierin enthalten ist ein Veräußerungsgewinn i. H. v. ... Euro. Der verrechenbare Verlust wurde in dem Gewinnfeststellungsbescheid mit Null Euro berechnet; der ausgleichsfähige Verlust am Ende des Vorjahres betrug ebenfalls Null Euro. Im Hinblick auf die Höhe der festgestellten Beträge erhebt der Kläger keine Einwände. Allerdings hatte der Kläger zwischenzeitlich, am 26.2.2019, erstmals beantragt, ihm keine Einkünfte als Kommanditist der J. mehr zuzurechnen, da insoweit eine verdeckte Treuhand bestanden habe und die Einkünfte der F. als Treugeberin zuzurechnen seien. In den vorangegangenen Veranlagungs- bzw. Feststellungszeiträumen seit 2004 hatte er die Feststellungen, soweit es die Zurechnungsfrage angeht, akzeptiert. Die einkommensteuerlichen Angelegenheiten des Klägers wurden in dieser Zeit von der Steuerabteilung der F. (mit-) betreut.
8Dem wiederholten Antrag des Klägers, im Hinblick auf das von ihm behauptete Treuhandverhältnis einen Grundlagenbescheid zu erlassen, kam der Beklagte nicht nach. Stattdessen wurde der Feststellungsbescheid vom 12.8.2020/ 27.3.2019 übersandt. Der dagegen am 9.9.2020 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 1.2.2021).
9Parallel zu dem Feststellungsverfahren in Deutschland hatte das schweizerische Steueramt bereits mit Bescheid vom 10.7.2017 ebenfalls eine Besteuerung des Veräußerungsgewinnes des Klägers geltend gemacht. Der Kläger hat erklärt, ein internationales Verständigungsverfahren wegen einer drohenden doppelten Besteuerung werde aus Praktikabilitätserwägungen nicht angestrebt. Gleiches gelte für ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die Beigeladenen. Das Steuerstreitverfahren in der Schweiz ruhe derzeit im Hinblick auf dieses Klageverfahren.
10Der F. ist es seinerzeit aus kartellrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, zu 100 % an der J. beteiligt zu bleiben. Die Beteiligung war unter Verstoß gegen kartellrechtliche Anzeigepflichten 1995 von der F. Gruppe erworben worden. Das Kartellamt hatte, nachdem der Erwerb bekannt geworden war, Ende 2003 eine Entflechtung angeordnet. Deshalb hat man den Kläger als Kommanditisten in die Gesellschaft aufgenommen. Der Kläger war wegen des Interesses der F. kartellrechtliche Bestimmungen zu umgehen, bereits zuvor mehrfach in anderen Zusammenhängen für die F. tätig geworden, entweder persönlich oder über die von ihm als Alleingesellschafter beherrschten schweizerischen Gesellschaften.
11Am 7.8.2003 fand am Flughafen B. im Restaurant I. eine Besprechung zwischen dem Kläger und den beiden Prokuristen der Komplementärin der F., den als Zeugen vernommenen O. Y. und R. H. statt. Der Kläger behauptet hierzu, er sei gefragt worden, ob er bereit wäre, sich mit einer Quote von 40 % an der J. und deren Komplementär-GmbH zu beteiligen und die Beteiligungen künftig in verdeckter Treuhandschaft für die F. zu halten. Er habe sich hierzu bereit erklärt.
12Der Kläger wurde kurz darauf im Zuge einer Kapitalerhöhung in Höhe von ... Euro (bisheriges Kapital ... Euro) als Kommanditist an der J. beteiligt (Vertrag vom 10.10.2003) und wurde zugleich Gesellschafter der Komplementär GmbH. Als Geschäftsführergehalt ausgewiesen, erhielt der Kläger fortan eine monatliche Vergütung von ... Euro.
13Der zwischenzeitlich ergangene Auflösungsbeschluss des Bundeskartellamtes wurde daraufhin aufgehoben (Beschluss des OLG T. vom 23.6.2004). Die Einlage des Klägers bei der J. wurde in Höhe von 500.000 Euro über eine Gewinnausschüttung der A. AG, D., finanziert, an welcher der Kläger mittelbar über „seine“ Z. AG in Höhe von 30 % treuhänderisch für die F. beteiligt war. Die verbleibenden ... Euro wurden über ein Darlehen des Klägers bei der Bank ... finanziert. Für dieses Darlehen stellte die F. ein eigenes Festgeldkonto in entsprechender Höhe als Kreditsicherheit zur Verfügung.
14Die Verkaufsverhandlungen in 2012 wurden ohne Beteiligung des Klägers geführt. Nach Abschluss der Verhandlungen wurde der Kläger über den Inhalt unterrichtet und aufgefordert, am 14.12.2012 zur Beurkundung zu erscheinen. Der Kaufpreis wurde ihm am 26.2.2013 gutgeschrieben.
15Aus dem Kaufpreis bezahlte er in Absprache mit Vertretern der F. bis 2015 folgende Positionen:
16Eine Garantiegebühr, Steuerverpflichtungen der V. AG aus deren Tätigwerden für die F. laut einem Treuhandvertrag vom 3.4.2001, die o.g. Kaufpreisminderung um ... Euro, die Rückzahlung treuhänderisch aufgenommener Darlehen durch die A. AG im Interesse der F., die Einkommensteuer 2012 des Klägers (ca. ... Euro), eine Abschlagszahlung auf eine Verbindlichkeit der V. AG, ein Treuhänderhonorar der F. für die V. AG, ein Honorar der Kanzlei N. (Betreuer sämtlicher Rechtsangelegenheiten i. Z. m. den diversen Treuhandverhältnissen des Klägers), den Ausgleich eines Kontokorrentkredits der im Interesse der F. tätigen V. AG und die Auflösung eines Treuhandkontos bei der ... Bank (... Euro) zu Gunsten der X. GmbH.
17Das Gericht hat durch Urteil vom 9.3.2023 in der Sache entschieden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieses Urteil mit Beschluss vom 29.11.2023 Az. N01 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der BFH hat dem Gericht aufgegeben, die Zeugen Y. und H. zu hören. Es sei entscheidungserheblich, ob die Zeugen bestätigen könnten, dass der Kläger die J.-Beteiligungen in verdeckter Treuhandschaft für Rechnung der F. erworben, gehalten und veräußert habe. Entscheidungserheblich sei auch, ob der Zeuge Y. im Zusammenhang mit der Abtretungsvereinbarung für Rechnung der F. tätig gewesen sei. Die tatsächlichen Umstände der Begründung, Durchführung und Beendigung des Treuhandverhältnisses seien zu berücksichtigen. Alle aus dem Akteninhalt folgenden Indizien für die Annahme eines mündlichen Treuhandvertrags seien in die rechtliche und tatsächliche Würdigung einzubeziehen.
18„Ergänzend“ hat der BFH darauf hingewiesen, dass die rechtliche Unverbindlichkeit der Abreden nicht zwingend daraus folge, dass der Kläger und die F. die kartellrechtlichen Vorgaben haben umgehen wollen und daher weitestgehend auf eine schriftliche Niederlegung ihrer Abreden verzichtet haben. Zur Beantwortung der Frage, ob, beziehungsweise welche rechtsverbindlichen Vereinbarungen in Bezug auf die J.-Beteiligungen zwischen dem Kläger und der F. bestanden haben, sei -gegebenenfalls auch von Amts wegen- eine weitergehende Sachaufklärung und Beweiserhebung erforderlich. Die Tatsache, dass die Beteiligten zur Verdeckung rechtswidrigen Handelns bewusst auf schriftliche Absprachen verzichtet haben, entbinde nicht von der Verpflichtung zur Sachaufklärung. Diese sei vielmehr Voraussetzung für die der Tatsacheninstanz obliegende Vertragsauslegung, die unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens und der Interessenlage der Parteien einschließlich der Begleitumstände zu erfolgen habe. Auf eine weitere Sachaufklärung hierzu könne auch nicht mit dem Hinweis verzichtet werden, die Frage, ob eine Treuhandabsprache bestanden habe, sei als rechtliche Beurteilung einer Beweisaufnahme nicht zugänglich, wenn hinreichende tatsächliche Gegebenheiten zum Abschluss, zur Durchführung und zur Beendigung des behaupteten Treuhandverhältnisses dargetan worden seien.
19Der Kläger behauptet weiterhin,
20seine Beteiligung sei der F. als Treugeberin zuzurechnen. Denn er habe die Anteile im Rahmen einer verdeckten Treuhand lediglich verwaltet. Einen schriftlichen Vertrag habe es hierzu nicht gegeben, vielmehr sei eine entsprechende Vereinbarung mündlich geschlossen worden, und zwar mit dem inzwischen verstorbenen L. W. (seinerzeit persönlich haftender Gesellschafter der F. Gruppe). Der „gesamte Komplex“ sei nicht gut dokumentiert, weil er von dem F.-Justiziar H. verwaltet worden sei. Letzterer habe zusammen mit O. Y., seinerzeit leitender Mitarbeiter der F. Gruppe, das Geschäft durchgeführt. Außerdem habe er, der Kläger, „aus Sicherheitsgründen“ diesbezüglich so wenig Papier wie möglich aufbewahrt. Seinerzeit sei allerdings zugesagt worden, das Treuhandverhältnis gegenüber der Finanzverwaltung offenzulegen, was nicht passiert sei. Seit dem Ausscheiden des H. zum 31.12.2018 aus der F. würden seitens der F. jegliche Treuhandabrede und hieraus resultierende Verpflichtungen bestritten und die Ansprüche des Klägers zurückgewiesen.
21Weder als Gesellschafter noch als Geschäftsführer sei er aktiv gewesen. Seine Vergütung dafür sich als Treuhänder zur Verfügung zu stellen, sei als Geschäftsführergehalt tituliert worden. Der Sinn der Konstruktion sei gewesen, unter Umgehung der kartellrechtlichen Vorgaben ein einer Treuhandschaft gleichkommendes wirtschaftliches Ergebnis zu finden.
22Das Bestehen eines Treuhandverhältnisses sei durch folgende Indizien belegt:
23a) Zur Absicherung des Anspruches der F. auf jederzeitige Herausgabe der J. Beteiligungen habe er, der Kläger, am 5.10.2004 mit dem damaligen Prokuristen der Komplementärin der F., O. Y., einen notariellen Abtretungsvertrag geschlossen. Dadurch habe er sich verpflichtet, seinen Kommanditanteil an der J. und den Anteil an der Komplementärin aufschiebend bedingt, auf Anforderung, unentgeltlich auf O. Y. zu übertragen. Die Bedingung habe in einer schlichten Erklärung von Y. bestanden, dass die Voraussetzungen für den dinglichen Vollzug vorlägen. Damit habe die Beteiligung an der J. dem Kläger von der Treugeberseite jederzeit entzogen werden können. Diese Abtretung lasse auf das Treuhandverhältnis zwischen dem Kläger und der F. bzw. der Beigeladenen zu 1. schließen.
24Hierzu wurde der Ausdruck einer E-Mail des Zeugen Y. an den Kläger vom 17.12.2020 mit folgendem Wortlaut vorgelegt:
25„die von Ihnen gehaltene 40%-Beteiligung an der J. hätte seinerzeit natürlich mein ehemaliger Arbeitgeber, die F.-Gruppe (heute P.), gerne selber direkt gehalten. Aus kartellrechtlichen Gründen war dies aber nicht möglich - es gab einen Entflechtungsbeschluss der Behörde und es wurde sogar die zwangsweise Verwaltung der Beteiligung angedroht.
26In dieser prekären Situation ist die F. auf Sie zugegangen, da es ja schon Beziehungen im Bereich Südosteuropa gab, die zur gegenseitigen Zufriedenheit abliefen. Sie haben dann die Beteiligung übernommen und nach einer (unsäglichen) Verhandlung vor dem OLG T. auch das offizielle ok erhalten. Gerne hätte die F. Ihre Mitwirkung im Rahmen eines Treuhandvertrages geregelt, was wegen der kartellrechtlichen Probleme aber nicht möglich war. Daher wurde überlegt, wie ein im Ergebnis vergleichbares Konstrukt aussehen könnte. Da durch die direkte Beteiligung von 60% und die Einbindung in die ... Konzernstrukturen die Führung des Alltagsgeschäfts ohnehin unproblematisch war, musste aus F.-Sicht nur für den Fall eine Regelung gefunden werden, dass Sie völlig "aus dem Ruder" liefen oder in dem es zu einem Erbgang kommt.
27Vor diesem Hintergrund wurde die Idee entwickelt, die zu der notariellen Urkunde vom 5.10.2004 geführt hat, mit der ich die Abtretung der Beteiligung an mich jederzeit hätte verlangen können. Damit war nach unserer Überzeugung wirtschaftlich alles so geregelt, wie es auch bei einem Treuhandvertrag der Fall gewesen wäre, aber ohne dass dies das Etikett "Treuhandvertrag" trug.“
28b) Auch die Art der Abrechnung des Verkaufspreises durch die J. in Gestalt einer Aufstellung des Zahlungsverkehrs lasse nur diesen Schluss zu. Der Zahlungsverkehr sei über die Bank in U. abgewickelt worden. Dazu liege ein Kontoauszug vor, der die Abwicklung des Verkaufs der Geschäftsanteile dokumentiere.
29c) Ein weiteres Indiz sei, dass der Anteilskauf in 2004 mit Darlehensmitteln erfolgt sei, die ihm, dem Kläger, von der F. gewährt worden seien. Das Geld sei nach und nach auf Konten der F. zurückgezahlt worden. Die J. habe am 26.3.2008 ... Euro und am 17.3.2009 ... Euro überwiesen.
30d) Die Kapitalerhöhung um ... Euro und die damit verbundene Übertragung der Beteiligung zum Buchwert auf den Kläger, ohne dass ein Wertgutachten eingeholt worden sei, zeige, dass der Kläger nur als Treuhänder tätig geworden sei. Zwischen fremden Dritten wäre eine derartige Vorgehensweise undenkbar. Die spätere Veräußerung belege, dass die Beteiligung einen weit höheren Wert gehabt habe.
31e) Gesellschafterbeschlüsse seien im schriftlichen Verfahren verfasst worden, wobei dem Kläger vorformulierte Beschlussvorlagen zur Unterzeichnung übermittelt worden seien. An Geschäftsführerbesprechungen habe der Kläger nicht aktiv teilgenommen.
32Der Kläger beantragt,
331. den Feststellungsbescheid vom 12.8.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.2.2021 aufzuheben und die dem Kläger im Feststellungsbescheid vom 12.8.2020 zugerechneten Einkünfte der P.-GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 1.) als Treugeberin zuzurechnen,
34hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, die dem Kläger zugerechneten Einkünfte gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO der P.- GmbH & Co. KG als Treugeberin zuzurechnen,
35hilfsweise, den Anträgen auf Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung aus den Schriftsätzen vom 19.3.2024 und 14.5.2024 nachzukommen.
362. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
373. Das Urteil wird hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.
384. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
395. Im Unterliegensfall wird die Revision zugelassen.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Der Beklagte hat auf seine bisherigen Ausführungen im Einspruchsverfahren im Klageverfahren Bezug genommen. Für den Beklagten sei entscheidend, dass der Kläger keinen schriftlichen Treuhandvertrag vorgelegt habe und der Nachweis einer Treuhand auch nach der Vernehmung der Zeugen nicht erbracht worden sei. Selbst der Inhalt der behaupteten mündlichen Vereinbarungen sei nicht eindeutig und belege nicht eine Treuhandschaft. Darüber hinaus sei die tatsächliche Durchführung der behaupteten Treuhand nicht nachgewiesen. Der Kläger habe nicht zuletzt auch durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gegeben, dass die Einkünfte ihm zuzurechnen seien, denn er habe jahrelang die Zurechnung der Einkünfte -- und zunächst auch des Veräußerungsgewinnes – unwidersprochen akzeptiert.
43Die Beigeladenen beantragen,
44die Klage abzuweisen.
45Sie tragen vor, die Motivation des Klägers zur Durchführung dieses Verfahrens dürfte allein in seiner schweizerischen Steuersituation begründet sein; anders sei nicht zu erklären, warum der rechtserfahrene Kläger nahezu ein gesamtes Jahrzehnt lang im Widerspruch zu seinem aktuellen Vortrag gehandelt und die Erklärung eines Treuhandverhältnisses gegenüber den inländischen Steuerbehörden unterlassen habe.
46Weder die Beigeladene zu 1. noch die Beigeladene zu 2. hätten in der Vergangenheit in ihren Steuererklärungen und/ oder Bilanzen ein Treuhandverhältnis in Bezug auf die Beteiligung an der J. berücksichtigt bzw. erklärt. Der Kläger habe auch weder eine Vergütung für seine vermeintliche Treuhänderstellung erhalten noch könne der Kommunikation zwischen dem Kläger und Vertretern der Beigeladenen auch nur ein einziger Hinweis auf ein bestehendes Treuhandverhältnis entnommen werden. Anderes ergebe sich auch nicht aus der E-Mail des Y., der nur auf den notariellen Vertrag vom 5.10.2004 zwischen ihm und dem Kläger verwiesen habe. Dieser Vertrag begründe lediglich das Recht, vom Kläger die Übertragung von dessen Anteilen an der J. auf ihn selbst – und nicht etwa auf die Beigeladenen oder jemand Drittes – zu verlangen. Ausweislich der notariellen Urkunde habe Y. im eigenen Namen und nicht als Vertreter der Beigeladenen gehandelt. Die Urkunde begründe keine zivilrechtlich geschützte Rechtsposition der Beigeladenen zu 1. gegenüber dem Kläger, die Übertragung der Anteile an der J. auf sich zu verlangen.
47Im Übrigen verweisen die Beigeladenen auf die Nachweispflichten des Klägers, wie sie sich insbesondere aus § 159 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) ergeben.
48Für die weiteren Ausführungen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Schriftsätze verwiesen und Bezug genommen.
49Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch Vernehmung des ehemaligen Finanzchefs, Leiters der Steuerabteilung und Prokuristen der F., O. Y., und des ehemaligen Leiters der Rechtsabteilung der F., R. H., als Zeugen, und wegen des Inhalts der Befragung des Klägers wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.10.2024 verwiesen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Feststellungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Die Gewinne aus der Beteiligung des Klägers als Kommanditist an der Beigeladenen zu 2. sind nicht ihm, sondern der Beigeladenen zu 1. als Rechtsnachfolgerin der F. GmbH & Co. Q.-KG zuzurechnen.
521. Der von dem Kläger formulierte Klageantrag enthält ein Anfechtungsbegehren im Hinblick auf die gesonderte und einheitliche Feststellung 2012 sowie als Hilfsantrag einen Verpflichtungsantrag gerichtet auf eine Feststellung gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO (sog. Feststellung 2. Stufe). Die Klage ist bereits mit dem Anfechtungsbegehren begründet. Zwar kann gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden, wenn eine von mehreren Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt ist („mittelbare Beteiligung"). Daher sind auch bei offenen oder verdeckten Treuhandverhältnissen, in denen der Treugeber über den Treuhänder Hauptgesellschafter der Personengesellschaft ist, die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO erfüllt (vgl. Ratschow in Klein, Kommentar zur AO § 179 Rz. 28 ff., 33). Allerdings setzt Absatz 2 Satz 3 der Vorschrift voraus, dass der mittelbar Beteiligte, also hier die Treugeberin, kein Gesellschafter der fraglichen Personengesellschaft ist, sondern ein außenstehender Dritter (vgl. Ratschow aaO. § 179 Rz. 28; Finanzgericht –FG- Düsseldorf Urteil vom 18.4.2013 16 K 3477/10 F, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2013, 1289: zweistufige Feststellung nicht geboten). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da die Treugeberin selbst unmittelbar an der J. beteiligt war.
532. Die Beigeladenen waren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO-). Die Beigeladene zu 1. war als vermeintliche Treugeberin notwendig beizuladen (vgl. jeweils m.w.N. Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur FGO § 60 Rz. 76 ff., und Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur FGO § 60 Rz. 45).
543. Die Kommanditanteile des Klägers waren in dem Streitjahr nicht dem Kläger, sondern der F. als Treugeberin zuzurechnen. Der Kläger war deren Treuhänder. Folglich sind die Gewinnanteile als Gewinne der Treugeberin festzustellen und infolgedessen von ihr zu versteuern.
55a) Der Kläger war zwar zivilrechtlich Inhaber der Kommanditanteile. Damit waren ihm grundsätzlich die Anteile auch steuerlich zuzurechnen.
56Denn Wirtschaftsgüter werden regelmäßig dem zivilrechtlichen Eigentümer zugerechnet (§ 39 Abs. 1 AO), soweit nicht davon abweichend wirtschaftliches Eigentum einer anderen Person besteht (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Der Kläger war zivilrechtlich wirksam als Kommanditist in die J. eingetreten und erwarb formwirksam Anteile an der Komplementär-GmbH, was auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt wird.
57aa) Insbesondere ist kein sog. Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB-) gegeben. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, aber die mit diesem verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen. Entscheidend ist, ob die Beteiligten zur Erreichung des angestrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder, wie hier, ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft, also eine zivilrechtliche Fassade, für erforderlich erachten. Anders als beim Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) ist beim Umgehungsgeschäft der Eintritt des rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerade gewollt. Ein Umgehungsgeschäft, mit dem die Parteien versuchen, rechtliche Hindernisse oder Verbote dadurch zu vermeiden, dass sie den gleichen rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg mithilfe einer anderen rechtlichen Gestaltungsform verwirklichen möchten, ist kein Scheingeschäft (zum Verhältnis Treuhand und Scheingeschäft Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO § 41 Rz. 76). Letzteres ist hinsichtlich der Beteiligung des Klägers der Fall, denn die Wirksamkeit der Einbindung des Klägers als Kommanditist war gewollt und zur Erfüllung der kartellrechtlichen Auflage zwingend notwendig.
58bb) Zugleich bedeutet das „Umgehungsgeschäft“ der verdeckten Treuhand keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 Abs. 2 Satz 1 AO. Ein Missbrauch im Sinne des Steuerrechts liegt nicht schon deshalb vor, weil anderweitig gesetzeswidrige Verabredungen getroffen werden, solange nicht eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt (vgl. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO § 42 Rz. 116). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Steuerliche Vorteile standen offensichtlich nicht im Fokus der Beteiligten und sind auch nicht erkennbar. Die Besteuerung insbesondere des Veräußerungsgewinnes im Streitjahr wird zutreffend, entsprechend einer verdeckten Treuhand, auf die Treugeberin, die F., verschoben. Eine strafrechtliche Relevanz des Verschweigens des Treuhandverhältnisses durch die daran Beteiligten ist nicht Gegenstand der steuerlichen Beurteilung (vgl. § 40 AO).
59b) Abweichend von der zivilrechtlichen Rechtslage sind die Kommanditanteile des Klägers steuerlich nicht ihm, sondern der Treugeberin zuzurechnen.
60Eine abweichende Zurechnung kommt in Betracht, wenn jemand anderer als der zivilrechtliche Rechtsinhaber die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO, sog. wirtschaftliches Eigentum). Die Rechtsprechung hält wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne auch an Gesellschaftsanteilen für möglich (z.B. BFH Urteil vom 1.3.2018 IV R 15/15, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2018, 539 m.w.N.). Das setzt voraus, dass der andere die Voraussetzungen eines Mitunternehmers erfüllt, weil er an Stelle des Gesellschafters vollständig dessen gesellschaftsrechtliche Position einnehmen kann, die es ihm ermöglicht, Mitunternehmerrisiko zu tragen und Mitunternehmerinitiative zu entfalten (siehe BFH Urteil vom 12.10.2016 I R 92/12, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2017, 685).
61Ein Fall des vom Zivilrechtlichen abweichenden wirtschaftlichen Eigentums ist die Treuhandschaft (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO; Baum in AO-eKommentar § 39 Rz. 14). Die Gesetze enthalten keine Definition eines Typus „Treuhandverhältnis“. Es gilt daher ein umfassender Treuhandbegriff, der gekennzeichnet ist durch eine überschießende Außenzuständigkeit des Treuhänders, welcher jedoch im Innenverhältnis gebunden ist (vgl. ausführlich Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO zu § 39 Rz. 30 ff.). Anders als bei einer offenen Treuhand agiert ein Treuhänder, wie der Kläger, bei der verdeckten Treuhand unerkannt als „Strohmann“ (vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 8.1.1987 3 K 340/86,EFG 1987, 332).
62Das von der zivilrechtlichen Gestaltung abweichende wirtschaftliche Eigentum, hier in Gestalt einer Treuhandschaft, wird steuerlich anerkannt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis eindeutig ergibt, dass die Verfügungsmacht des zivilrechtlich Berechtigten so eingeschränkt ist, dass sich die zivilrechtliche Fassade als leere Hülse darstellt (vgl. BFH Urteil vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152; BFH Urteil vom 20.1.1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514; BFH Urteil vom 1.12.2010 IV R 17/09, BStBl II 2011, 419; BFH Urteil vom 14.3.2017 VIII R 32/14, BFH/NV 2017, 1174; FG München Urteil vom 27.10.1992 13 K 594/92, EFG 1993, 314). Der Treugeber muss alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögensrechte und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen können (BFH Urteil vom 22.7.2008 IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004). Zu den weiteren Kriterien zählen die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und die Pflicht, die zivilrechtliche Rechteinhaberschaft jederzeit auf den Treugeber zu übertragen (Dispositionsbefugnis des Treugebers). Letztlich kommt es hingegen nicht darauf an, ob die Treuhandvereinbarung selbst zivilrechtlich wirksam geschlossen wurde, wenn die Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wurde (siehe BFH Urteil vom 4.12.2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; BFH Urteil vom 6.10.2009 IX R 14/08, BStBl II 2010, 460; BFH Urteil vom 14.3.2012 XI R 37/11, BStBl II 2012, 487). In der tatsächlichen Durchführung beherrscht der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis. Die tatsächliche Durchführung ist zu messen an dem Inhalt und dem Zweck der Treuhandvereinbarung.
63Treuhandverträge bedürfen dabei grundsätzliche keiner Form (vgl. BFH Urteil vom 11.5.2010 IX R 19/09, BStBl II 2010, 823; Drüen in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/ FGO § 39 AO Rz. 34 zu § 15 Abs. 4 GmbHG). Für die zivilrechtliche Wirksamkeit genügen mündliche oder auch stillschweigende Vereinbarungen. Für die steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses ist allerdings entscheidend, dass es tatsächlich durchgeführt wird (z.B. BFH Urteil vom 4.12.2007 Vlll R 14/05, BFH/NV 2008, 745). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des BFH (grundlegend BFH Urteil vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152) ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (BFH Urteil vom 25.4.2006 X R 57/04, BFH/NV 2006, 1819; BFH aaO. BFH/NV 2004, 620; BFH Urteil vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152.
64Die Vorschrift des § 159 AO fordert im Hinblick auf die Nachweislast eine erweiterte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Der Grund für diese Regelung liegt in der besonderen Beweisnähe des Steuerpflichtigen. Denn sofern die Berufung auf Treuhandverhältnisse nach materiellem Steuerrecht dazu führt, dass das „wirtschaftliche Eigentum" nicht dem bürgerlich-rechtlich Berechtigten als potentiellen Steuerschuldner, sondern einer anderen Person zugerechnet wird, liegt es allein in der Sphäre des die abweichende Zuordnung Behauptenden, die erforderlichen verfahrensrechtlichen Nachweise zu erbringen (Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO § 159 AO Rz. 2).
65c) Im Falle des Klägers sind die Voraussetzungen erfüllt, ein Treuhandverhältnis mit der Beigeladenen zu 1. anzunehmen. Zwar haben die Aussagen der Zeugen nicht unmittelbar für die gewünschte Klarheit gesorgt. Sie haben jedoch im Zusammenwirken mit den weiteren Begleitumständen und der glaubhaften ausführlichen und detaillierten Schilderung des Verlaufs des Verhältnisses zwischen dem Kläger und der F. in Bezug auf die J. Beteiligung durch den Kläger persönlich in der mündlichen Verhandlung, den Senat in der Überzeugung bestärkt, dass Vereinbarungen getroffen wurden, die einen Verbleib des wirtschaftlichen Eigentums bei der F. begründeten.
66aa) Der Zeuge Y. hat die durch den Kläger geschilderten Vorgänge einschließlich des Treffens in B. bestätigt. Er hat auch seine Erläuterungen in der E-mail vom 17.12.2020 bestätigt, dass ein Treuhandvertrag mit dem Kläger weder abgeschlossen werden konnte noch sollte, aber eine Vereinbarung getroffen wurde, die zumindest wirtschaftlich einem Treuhandverhältnis nahekommt. Er hat überdies wiederholt, dass Motiv für die Abtretung war, eine Vorsorge für den Fall zu treffen, dass der Kläger aus dem Ruder laufen würde oder aber ein Erbfall eintreten würde. Diese Aussage stützt die Überzeugung des Senats, dass Vereinbarungen getroffen und gelebt wurden, die als Treuhandschaft zu qualifizieren sind. Die weitergehende Aussage des Zeugen im Hinblick auf die aufschiebend bedingte Abtretung an ihn hält das Gericht für unglaubhaft (dazu siehe unten). Der Zeuge war ersichtlich bemüht, und zeigte dabei Unsicherheit, einen anderen zusätzlichen Zusammenhang der Abtretungsoption herzustellen.
67Die Aussage des Zeugen H. hat dies jedenfalls nicht in Frage gestellt. Er hat durch seine demonstrativ vorgetragenen Erinnerungslücken zu erkennen gegeben, dass jedenfalls Vereinbarungen einer Art getroffen wurden, zu denen der Zeuge vermeiden wollte, im Einzelnen Angaben zu machen. Der Senat hält es für unglaubhaft, dass der Zeuge als ehemaliger Leiter der Rechtsabteilung der F. von den Umständen unter denen der Kläger Gesellschafter der J. war, nichts gewusst hat und sich, wie er vorgegeben hat, auch trotz der Zeit seit der Ladung sich auf den Termin vorzubereiten, an nahezu nichts in diesem Zusammenhang erinnern kann.
68bb) Bei seiner Beurteilung hat der Senat gemäß dem Beschluss des BFH vom 29.11.2023 (Az. N01) vorausgesetzt, dass auch faktisch gelebte Unrechtsvereinbarungen mittels derer sich die Beteiligten bewusst und gewollt außerhalb des Rechts begeben, zu steuerlich beachtlichen Konstruktionen führen können (anders die eidgenössische Steuerverwaltung (https://www.trex.ch/de/treuhandvertrag-treugut-und-verpflichtungen-genau-festlegen/) nach einem Urteil des Bundesgerichts vom 9.6.2006 Az. 2A.72/2006, in Merkblatt Treuhandverhältnisse Okt. 1967 und Merkblatt Treuhandkonto 31.5.1965). Des Weiteren sind verdeckt gehaltene mündliche Absprachen einer Auslegung der Übereinkünfte zugänglich und ist das Gesamtverhalten wie auch die Interessenlage der Beteiligten einschließlich der Begleitumstände von maßgeblicher Bedeutung, ohne dass dem § 159 Abs. 1 AO entgegenstünde.
69cc) Die Umstände unter denen der Kläger Kommanditist geworden ist, der Umgang mit seiner Gesellschafterstellung und nicht zuletzt der Veräußerungsvorgang bezüglich seiner Anteile, belegen hinreichend deutlich, dass dem formlose Vereinbarungen zugrunde lagen, die auch tatsächlich gelebt wurden und die wirtschaftliche Zurechnung der Anteile des Klägers zu der Beigeladenen zu 1. rechtfertigen.
70Der Erwerb der Beteiligung durch den Kläger war nicht von gegenseitigen unabhängigen wirtschaftlichen Interessen bestimmt, wie sie gewöhnlich im Geschäftsleben prägend sind, sondern ausschließlich durch die Umgehung der kartellrechtlichen Vorgaben unter Einschaltung des Klägers als Strohmann bestimmt. Dem entspricht, dass bei dem Erwerb der Anteile eine Kapitalerhöhung zu Buchwerten stattfand, ohne dass der Wert der Anteile festgestellt wurde, wie es bei gegenläufigen wirtschaftlichen Interessen von Erwerber und Veräußerer zu erwarten gewesen wäre. Die Art der Finanzierung des Anteilserwerbs bzw. der Kapitalerhöhung unterstreicht diesen Befund. Der Kläger hatte nämlich im Endeffekt keine eigenen finanziellen Mittel aufzuwenden. Dabei hatte er zwar unter eigenem Namen ein Darlehen aufgenommen, zu dessen Tilgung aber später keine eigenen Mittel eingesetzt. Dadurch wurde, schon wegen des berechtigten Misstrauens der Kartellbehörde, die Involvierung der F. verschleiert. Dass dies von Anfang an geplant war, erschließt sich daraus, dass das Darlehen durch Sicherheiten der Treugeberin ermöglicht wurde. Die weitere Finanzierung über die K. AG beruhte auf einer (nur) treuhänderischen Beteiligung des Klägers für die F..
71Die Tatsache, dass der Kläger bereits seit Längerem in ähnlicher Weise für die Treugeberin tätig war, legt vor diesem Hintergrund nahe, davon auszugehen, dass auch hier in der geübten Weise, nämlich durch Begründung eines Treuhandverhältnisses, verfahren wurde.
72Weiterer Beleg dafür, dass hier stillschweigend bzw. mündlich eine Treuhandschaft begründet und gelebt wurde, ist das Verhalten des Klägers während der Dauer des Anteilsbesitzes. Hierzu hat der Kläger glaubhaft dargelegt, dass er in Entscheidungsfindungsprozesse der Gesellschaft nicht eingebunden wurde und auch als nomineller Geschäftsführer nicht aktiv in die Geschäftsführung involviert war. Er wurde nur dort wo erforderlich förmlich herangezogen, nämlich wenn es um förmliche Zustimmungen ging. Dieser Umstand dokumentiert, dass die alleinige Entscheidungskompetenz und damit auch die Mitunternehmerinitiative, bei der Beigeladenen zu 1. lag und auch liegen sollte, weswegen der Kläger diese Vorgehensweise auch unwidersprochen hinnahm, was bei einem fremden Beteiligten in der Weise kaum vorstellbar wäre. Er hat auch an dem laufenden Gewinn nicht durch Ausschüttungen partizipiert.
73Während der Dauer der Beteiligung war nach Überzeugung des Senates auch die jederzeitige Herausgabe des Treugutes an die Treugeberin gesichert. Denn wenige Zeit nach der Installierung des Klägers als Kommanditist wurde die notariell beurkundete bedingte Abtretung seines Anteils an den Zeugen Y. vereinbart. Damit sicherte sich die Treugeberin ihren Herausgabeanspruch.
74Der ausdrücklich unbedingte („auf Anforderung“) und unentgeltlich vereinbarte Herausgabeanspruch ist der Treugeberin zuzurechnen. Es ist angesichts der Gesamtumstände kein anderer Grund für dieses Abtretungsversprechen erkennbar als, wie es auch in der E-Mail des Zeugen Y. hieß, die Treugeberin für den Fall, dass der Kläger „aus dem Ruder lief“ abzusichern. Einen anderen Anlass, dem Abtretungsverlangen zuzustimmen hatte der Kläger nicht. Auch auf Seiten des Zeugen Y. ist ein anderer Anlass nicht festzustellen. Dass er als Finanzchef, Leiter der Steuerabteilung und Prokurist der F., auch insoweit nicht als Privatperson, sondern für seine Arbeitgeberin, die Treugeberin, handelte, liegt auf der Hand. Demgegenüber ist die Darstellung des Zeugen, er habe sich eine Perspektive als Verleger ermöglichen wollen und der Wert der Anteile habe erst bei Abtretung an ihn bestimmt werden sollen, unglaubhaft. Denn es ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde sich der Kläger darauf hätte einlassen sollen, ihm eine solche Perspektive zu eröffnen. Zudem hat der Zeuge selbst betont, dass der 40 %ige Anteil keinen Einfluss auf das betriebswirtschaftliche Geschehen eröffnete, so dass nicht nachvollziehbar ist, welche Perspektive ihm diese Beteiligung als „Verleger“ hätte bieten können. Die Aussage des Zeugen, ein Wert hätte im Falle der Abtretung verhandelt werden sollen, steht zudem im Widerspruch zu der Vereinbarung, wonach die Anteile unentgeltlich herauszugeben waren. Der Zeuge hat auch nicht erklären können, wie seine von ihm behauptete private „Call-Option“ damit zu vereinbaren ist, dass er in den Veräußerungsvorgang nicht einbezogen wurde. Letztlich hat er mit dem Teil seiner Aussage, der auch der Darstellung in der E-Mail entspricht, Motiv für die Abtretung sei gewesen, eine Vorsorge für den Fall zu treffen, dass der Kläger aus dem Ruder laufen würde oder aber ein Erbfall eintreten würde, bestätigt, im Interesse der F. gehandelt zu haben.
75Schließlich entspricht dem Verhältnis zwischen einem Treuhänder und einer Treuhänderin, dass der Kläger, wie er glaubhaft im Einzelnen erläutert hat, bei der Veräußerung der Anteile in die Verhandlungen nicht einbezogen wurde und damit keinerlei Einfluss auf die Bestimmung des Kaufpreises, die Beibehaltung oder Beendigung seiner Geschäftsführerposition und sonstige Nebenbestimmungen nehmen konnte. Die damit vollzogene Beendigung der Treuhandschaft erfolgte konsequent in der Weise, dass der Kläger als (nur) Treuhänder an dem Kaufpreis nicht wie ein Rechteinhaber partizipierte, sondern der Kaufpreis für diverse Zwecke der Unternehmensgruppe der Treugeberin verwendet wurde. Die Verwendung eines Teils des Kaufpreises zur Begleichung der durch den Anteilsverkauf ausgelösten inländischen Einkommensteuer des Klägers entspricht der bei Treuhandverhältnissen üblichen Freistellung des Treuhänders von Kosten. Dem Kläger verblieb damit lediglich sein Geschäftsführergehalt, das sich nach alledem nur als Vergütung für sein Mitwirken bei der Täuschung der Kartellbehörden qualifizieren lässt.
764. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
77Den Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt, weil sie sich lediglich dem Klageantrag des Beklagten formal angeschlossen haben, ohne das Verfahren entscheidend durch eigene Anträge oder in anderer selbständiger Weise zu fördern (§ 135 Abs. 3 FGO), umgekehrt sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemäß § 139 Abs. 4 FGO nicht erstattungsfähig, da sie kein Prozesskostenrisiko eingegangen sind (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur FGO § 139 Rz. 171 ff.).