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1. Die Bescheide für 2016 und 2017 über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag vom 22.6.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.4.2021 werden dahin geändert, dass statt der bislang angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen von 10.192 EUR für 2016 und 24.462 EUR für 2017 verdeckte Gewinnausschüttungen von 6.517 EUR für 2016 und von 15.641 EUR für 2017 angesetzt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Berechnung der Steuern wird auf den Beklagten übertragen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 64% die Klägerin und zu 36% der Beklagte.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aufgrund der Überlassung einer Immobilie an den Mehrheitsaktionär der Klägerin.
3Die Klägerin ist eine im Jahr … gegründete Aktiengesellschaft, deren Gegenstand u.a. der Erwerb des ...Sees ... ist. Beteiligt an der Klägerin waren laut Bericht der Betriebsprüfung in den Streitjahren 2016 die Q. GmbH zu 0,60%, H. Y. zu 5,97% und P. Y. zu 93,44% sowie 2017 neben P. Y. die Y. Z. GmbH (0,60%) und F. Y. (5,97%). An der Q. GmbH bzw. Y. Z. GmbH hielt P. Y. jeweils 62% der Anteile. P. Y. war auch Vorstand der Klägerin in den Streitjahren. Der Aufsichtsrat bestand aus dem Vorsitzenden, X. W., der früheren Ehefrau von P. Y., K., und dessen Tochter J. Y.. W. verstarb im Jahr 2016; auf Rückfrage des Beklagten teilte P. Y. mit: „Bisher wurde kein Nachfolger […] bestellt. Ich werde das kurzfristig nachholen.“ (Schreiben vom 2.3.2020, Bl. 149 der BP-Handakte). Bei Beschlüssen des Aufsichtsrats gilt die einfache Stimmenmehrheit. Auf den weiteren Inhalt der Satzung (Vertragsakte) wird Bezug genommen.
4Am 12.1.2016 schloss die Klägerin – vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden X. W. – mit P. Y. einen Mietvertrag über die Vermietung des von ihr 2013 für 225.000 EUR erworbenen Grundstücks B.-straße in M. nebst einem zu errichtenden Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 235 qm und drei Garagen ab dem 1.8.2016. Bei dem Grundstück handelt es sich um ein Seegrundstück mit Zugang zum ...See und einer Fläche von 1.681 qm. Das ordentliche Kündigungsrecht der Klägerin wurde auf dreißig Jahre ausgeschlossen; zudem verpflichtete diese sich, dem Mieter ein auf dreißig Jahre befristetes Vorkaufsrecht einzuräumen. Der Mieter gewährte der Klägerin für die Baukosten ein zinsloses Mieterdarlehen über 300.000 EUR mit Rückzahlung zum Ende des Mietverhältnisses. Mit Rücksicht auf das Mieterdarlehen und die Kosten der Gesamtmaßnahme von ca. 800.000 EUR wurde die ortsübliche Miete von 8 EUR/qm für das Wohngebäude und 40 EUR/Garage (2.000 EUR/Monat) um 37,5% auf monatlich 1.250 EUR gesenkt; Nebenkosten sowie Schönheitsreparaturen und kleine Instandhaltungen bis zu 200 EUR im Einzelfall und max. 500 EUR jährlich sollte der Mieter selber zahlen. Auf den weiteren Inhalt des Mietvertrags (Vertragsakte) wird verwiesen.
5Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung (BP) traf der Beklagte ausweislich des BP-Berichts vom 9.4.2020 u.a. die folgenden Feststellungen: Die Klägerin habe Rücklagen nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildet und auch aufgelöst. So seien sämtliche Herstellungskosten für das Einfamilienhaus auf dem Grundstück B.-straße i.H.v. insgesamt 999.427 EUR nach § 6b Abs. 3 EStG gemindert worden. Insoweit scheide allerdings ein Abzug für die Anschaffung einer Einbauküche und die Errichtung der Gartenanlage aus; diese seien selbstständig zu aktivieren (Küche 2016: 25.645 EUR, Gartenanlage 2016: 21.031 EUR und 2017 weitere 5.087 EUR) und über eine Nutzungsdauer von zehn Jahren abzuschreiben (2016 zu 5/12); dabei würden aus Vereinfachungsgründen die Herstellungskosten der Gartenanlage aus 2017 in die Bemessungsgrundlage der Absetzungen für Abnutzung (AfA) bereits für 2016 einbezogen (AfA Küche: 2.564,50 EUR/Jahr; AfA Gartenanlage: 2.611,87 EUR/Jahr). Hinsichtlich der Vermietung des Einfamilienhauses an P. Y. liege eine vGA vor. Dabei könne dahinstehen, ob die vereinbarte Miete von 8 EUR/qm der ortsüblichen Miete entspreche, denn das Mietverhältnis halte einem Fremdvergleich nicht stand, da die Vermietung nicht kostendeckend erfolge. Dabei sei auf die in Anl. 1 berechnete Kostenmiete nach der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung –II. BV–) abzustellen. Danach ergebe sich eine Kostenmiete von 16,61 EUR/qm. Auf den weiteren Inhalt des BP-Berichts sowie die Unterlagen zu den Kosten der Küche und der Außenanlagen (Bl. 349ff. der BP-Handakte) sowie zu den Baukosten (Bl. 469ff. der BP-Handakte) wird verwiesen.
6Nach der BP ermittelte der Beklagte in einer weiteren Berechnung (Bl. 879 der BP-Handakte) nunmehr eine Kostenmiete von 17,19 EUR/qm wie folgt:
7Fremdkapitalkosten (3% v. 300.000 EUR) |
9.000,00 EUR |
Eigenkapitalkosten (1,84% v. 699.427,60 EUR) |
12.869,47 EUR |
AfA Gebäude (2% v. 711.413,95 EUR) |
14.228,28 EUR |
AfA Küche (10% v. 25.645 EUR) |
2.564,50 EUR |
AfA Gartenanlage (10% v. 26.118,65 EUR) |
2.611,87 EUR |
Verwaltungskosten, § 26 II. BV |
285,25 EUR |
Instandhaltung (pauschal 8,81 EUR/qm, Minderung um 1,30 EUR wg. Übernahme kl. Instandhalt. durch Mieter; 84,33 EUR/Garage), § 26 II. BV |
2.017,84 EUR |
Mietauswallwagnis: 2% der Mieterträge (24.000 EUR), § 29 II. BV |
480,00 EUR |
Zwischensumme |
44.057,20 EUR |
Gewinnzuschlag 10% |
4.405,72 EUR |
Summe Kostenmiete |
48.462,92 EUR |
Dazu führte der Beklagte aus, dass ein überwiegendes Eigeninteresse der Klägerin an der Vermietung der Immobilie aufgrund des für sie auf dreißig Jahre ausgeschlossenen Kündigungsrechts nicht angenommen werden könne. Zudem nutze der Hauptaktionär das Haus nach eigenen Angaben zusammen mit seiner Familie am Wochenende. Dabei habe das Darlehen über 300.000 EUR einer großzügigeren Ausstattung des Objekts gedient und aufgrund des Darlehens sei die Miete um 750 EUR/Monat (= 37,5%) gesenkt worden, was 3% der Darlehenssumme entspreche. Die Mietminderung stelle die Gegenleistung für die Darlehensgewährung dar, so dass diese nicht zinslos, sondern zu einem Zinssatz von 3% erfolgt sei. Entsprechend seien Fremdkapitalkosten zu berücksichtigen. Die Eigenkapitalkosten seien anhand der von der Klägerin eingereichten Unterlagen (Bl. 821ff. der BP-Handakte) mit dem marktüblichen Zinssatz für erste Hypotheken bei einer Laufzeit von zwanzig Jahren (1,84%) angesetzt worden. Bei der AfA seien die steuerlichen Beträge anzusetzen, wobei aus Vereinfachungsgründen die in 2017 angefallenen Herstellungskosten beim Gebäude (27.421,23 EUR) und bei der Gartenanlage (5.087,63 EUR) bereits in 2016 berücksichtigt wurden. Unter Abzug der tatsächlich gezahlten Miete von 2.000 EUR/Monat ab August 2016 ergebe sich somit eine vGA i.H.v. 10.193 EUR für 2016 und 24.463 EUR für 2017.
9Diese so ermittelten vGA berücksichtigte der Beklagte in den geänderten Bescheiden über Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2016 und 2017.
10Ihren Einspruch vom 27.6.2020 begründete die Klägerin wie folgt: Das zinslose Mieterdarlehen könne nicht in ein verzinsliches Mieterdarlehen umgedeutet werden (Verweis auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 8.6.1977 I R 95/75; vom 8.12.1997 GrS 1-2/95 sowie des Finanzgerichts –FG– Düsseldorf vom 7.12.2011 15 K 4582/09 G). Gegenleistung für die unverzinsliche Darlehensgewährung sei die verbilligte Miete; es ergebe sich somit kein Zinsaufwand oder eine fiktive höhere Miete für die Klägerin. Im Rahmen der Kostenmiete müsse für das Fremdkapital von 300.000 EUR nach § 21 Abs. 3 II. BV der vereinbarte Zinssatz – also 0% – angesetzt werden; da Tilgungen nicht geleistet würden, komme § 22 Abs. 1 II. BV nicht zur Anwendung. Für die Eigenkapitalkosten von 699.427,60 EUR bestehe nach § 23a II. BV ein Wahlrecht des Eigentümers, ob er den Zinssatz für erste Hypotheken (§ 20 Abs. 2 II. BV, bei Bezugsfertigkeit 1,2%) oder den Zinssatz in Anlehnung an die Pfandbriefrendite (bei Bezugsfertigkeit 0,34%) ansetze. Da die Klägerin keine Bank sei, sei die Pfandbriefverzinsung maßgeblich. Die Gebäudeabschreibung betrage nach § 25 Abs. 2 II. BV 1% und diejenige für die Küche nach § 25 Abs. 3 Nr. 2 II. BV 3%; für Außenanlagen sehe die II. BV gar keine AfA vor. Die danach ermittelte Kostenmiete liege mit 12.815,92 EUR/Jahr unter der gezahlten Miete von 15.000 EUR (12 x 1.500 EUR).
11Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 24.7.2020, dass die Kostenmiete nicht allein auf Basis der II. BV, sondern nach den aus der BFH-Rechtsprechung hergeleiteten Grundsätzen (etwa Urteil vom 27.7.2016 I R 12/15) ermittelt worden sei, und bat um Mitteilung, ob der Einspruch zurückgenommen werde.
12Am 16.1.2021 hat die Klägerin Untätigkeitsklage wegen des Einspruchs zu den vGA erhoben.
13Ergänzend zum bisherigen Vorbringen trägt sie vor, seit …verwerte sie den erworbenen ...See durch Vermietung, Verpachtung und Verkäufe von …mit Erfolg. Trotz anfangs öffentlicher Anfeindungen sei es dem Vorstand gelungen, die Akzeptanz der Klägerin in der Bevölkerung deutlich zu verbessern; dies habe eine häufige Anwesenheit vor Ort erfordert, so dass die Nutzung der Immobilie nicht ausschließlich im privaten Interesse des Hauptaktionärs, sondern überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt sei. Der Mietzins von 8 EUR/qm sei marktüblich gewesen und der Mietvertrag durch die Klägerin, vertreten durch den Aufsichtsrat, abgeschlossen worden. Die Marktüblichkeit der Miete folge auch aus der BP-Handakte (S. 461, 463 und 465) und dem dort dargestellten Mietspiegel für das D. Umland, wonach die Durchschnittsmiete 7,50 EUR/qm für Neubau-Wohnungen betrage; für M. selber gebe es keinen Mietspiegel. Auf den weiteren Inhalt der Bl. 461-468 der BP-Handakte wird Bezug genommen. Der Ansatz der Kostenmiete komme zudem nur bei besonders aufwändig gestalteten oder ausgestatteten Häusern z.B. bei einer Wohnfläche von mehr als 250 qm oder einer Schwimmhalle in Betracht.
14Außerdem sei nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 27.7.2016 I R 8/15, 12/15 und 71/15) eine Ausnahme vom Ansatz der Kostenmiete gegeben, wenn bei einer Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen bezogen auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite auszugehen sei, was hier der Fall sei: Die Klägerin habe für die Baumaßnahme etwa 700.000 EUR investiert, die in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt gewesen seien. Ohne die Reinvestition wären nach Steuerabzug rund 465.000 EUR verblieben, für die sie beim damaligen Zinsniveau 1% Zinsen (4.650 EUR/Jahr) erhalten hätte. Eine andere Immobilie hätte sie aufgrund der rund 15% Erwerbsnebenkosten nur zu einem Kaufpreis von rund 605.000 EUR erwerben können, was bei einer unterstellten Rendite von 3% zu Erträgen von 18.150 EUR/Jahr geführt hätte; in diesem Fall hätte es knapp acht Jahre gebraucht, um die Anschaffungsnebenkosten (ca. 95.000 EUR) zu erwirtschaften. Die Vermietung der selbst hergestellten Immobilie auf dem eigenen Grundstück bringe dagegen eine Rendite von 15.000 EUR/Jahr (1.250 EUR x 12), wobei weder Fremdkapitalzinsen oder Erwerbsnebenkosten, noch – wegen § 6b EStG – Gebäudeabschreibungen anfielen. Steuerbar seien daher wegen der Abschreibungen auf die Küche und die Außenanlagen (5,176,37 EUR) 9.823,63 EUR. Es sei von Anfang an wirtschaftlich sinnvoll und im Interesse der Klägerin gewesen, an den Vorstand zu vermieten. Auf die Berechnungen der Klägerin wird Bezug genommen (Bl. 5f. und 136f. GA). Die Richtigkeit der Entscheidung werde durch den Verkauf des Objektes (nach vorheriger Aufhebung des Mietverhältnisses) in 2023 für 2.750.000 EUR und damit die Erzielung eines Überschusses von 1.750.000 EUR bestätigt. Diesbezüglich sei die Klägerin es leid, immer wieder die unwahre Behauptung des Beklagten lesen zu müssen, dass die Klägerin das Haus nur im Privatinteresse des Mehrheitsaktionärs erstellt und diesem zu billig vermietet habe.
15Der Beklagte habe die Kostenmiete auch der Höhe nach falsch ermittelt und die II. BV falsch angewendet. Richtig sei allein, dass die Einbauküche als selbständiges Wirtschaftsgut nicht im Rahmen der Auflösung der § 6b-Rücklage hätte verbucht werden dürfen. Im Übrigen seien die Werte wie im Einspruchsverfahren vorgetragen anzusetzen. Nach der BFH-Rechtsprechung sei – auch für die AfA – auf die II. BV abzustellen. Beim Gebäude sei daher von einer Abschreibung von 1% auszugehen, da die Klägerin wegen § 6b EStG tatsächlich keine AfA geltend gemacht habe; diese Konstellation habe der BFH bislang nicht zu entscheiden gehabt. Der von der Rechtsprechung akzeptierte Gewinnaufschlag betrage nur 5%; dieser sei auch nicht auf die Eigenkapitalverzinsung zu erheben, da diese bereits Gewinn darstelle, sondern nur auf die Kostenpositionen. Die Kostenmiete daher wie folgt zu berechnen:
16Fremdkapitalkosten (0% gem. § 21 Abs. 3 II. BV) |
0 EUR |
Instandhaltungskosten (wie BP) |
2.017,84 EUR |
Verwaltungskosten (wie BP) |
285,25 EUR |
AfA Gebäude (1% v. 711.413,95 EUR gem. § 25 Abs. 2 II. BV) |
7.114,14 EUR |
AfA Küche (3% v. 25.645 EUR gem. § 25 Abs. 3 Nr. 2 II. BV) |
769,35 EUR |
Zwischensumme |
10.186,58 EUR |
Gewinnzuschlag 5% |
509,33 EUR |
Eigenkapitalkosten (Zinssatz für Pfandbriefe, § 23a Abs. 2 BV: 0,34% v. 699.424,60 EUR) |
2.378,05 EUR |
Summe Kostenmiete |
13.073,96 EUR |
Die Kostenmiete liege somit unter der tatsächlich gezahlten Miete von 15.000 EUR.
18Mit Einspruchsentscheidung vom 15.4.2021 hat der Beklagte im laufenden Klageverfahren den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Darin verweist der Beklagte im Wesentlichen auf den BP-Bericht und sein vorheriges Vorbringen.
19In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ergänzend ausgeführt, dass die Immobilie nicht zur Vermietung am Markt angeboten worden sei. Die Vermietung habe rentierlich erfolgen sollen, deshalb sei die Vermietung an den Hauptaktionär erfolgt, da somit ein „sicherer“ Mieter zur Verfügung gestanden habe.
20Die Klägerin beantragt,
21die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2016 und 2017 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2016 und 2017 vom 22.6.2020 dahin abzuändern, dass bei der Bemessung der Besteuerungsgrundlagen der Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen von 10.192,00 EUR für 2016 sowie 24.462,00 EUR für 2017 unterbleibt.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er führt ergänzend aus, dass aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen zu zwei Mitgliedern des Aufsichtsrates eine persönliche Verflechtung anzunehmen sei. Der Marktbericht auf S. 463 der BP-Handakte weise einen Mittelwert von 7,50 EUR/qm für Wohnungen im D. Umland aus; hier handele es sich aber um ein Haus in exponierter Lage auf einem direkten Seegrundstück.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
28I. Die Klage ist zulässig.
29Die von der Klägerin ursprünglich als Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhobene Klage war nach Erlass der Einspruchsentscheidung während des Klageverfahrens fortzusetzen; in einem solchen Fall wird die Einspruchsentscheidung zum Gegenstand des Klageverfahrens (BFH-Urteile vom 19.8.2003 VIII R 44/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH/NV–, vom 20.10.2010 I R 54/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2011, 549).
30II. Die Klage ist teilweise begründet.
31Die angefochtenen Verwaltungsakte sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zutreffend hat der Beklagte dem Grunde nach vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) aufgrund der Überlassung der Immobilie B.-straße in M. an den Hauptaktionär der Klägerin angenommen; dem Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG waren allerdings nur vGA für 2016 i.H.v. 6.517 EUR und für 2017 i.H.v. 15.641 EUR hinzuzurechnen.
321. a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des KStG mindern vGA das Einkommen der Kapitalgesellschaft (und in der Folge auch den Gewerbeertrag, § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes) nicht. Unter einer vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH seit Urteil vom 16.3.1967 I 261/63, Bundessteuerblatt –BStBl– III 1967, 626; vgl. BFH-Urteil vom 9.8.2023 I R 54/19, HFR 2024, 183). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (z.B. BFH-Urteil vom 22.2.2023 I R 27/20, BStBl II 2023, 840, m.w.N.).
33b) Dabei gilt für einen Vermögensvorteil einer AG an ihren Aktionär – zumindest im Grundsatz – nichts anderes (BFH-Urteil vom 18.12.2002 I R 93/01, HFR 2003, 795). Die Regeln zur steuerrechtlichen Würdigung von Vorteilszuwendungen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH können allerdings nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragen werden. Insbesondere kann eine Vorteilszuwendung gegenüber einem Mehrheitsaktionär, der zugleich Vorstandsmitglied der AG ist, in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres mit der Vorteilszuwendung einer GmbH gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gleichgesetzt werden. Dem steht der Umstand entgegen, dass gemäß § 112 des Aktiengesetzes eine AG bei Rechtsgeschäften mit ihren Vorstandsmitgliedern von ihrem Aufsichtsrat vertreten wird, wodurch eine Wahrung der Interessen der Gesellschaft eher gewährleistet ist als bei Verträgen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter (BFH-Urteil vom 18.12.2002 I R 93/01, HFR 2003, 795 m.w.N.). Gleichwohl kann im Einzelfall eine vertragliche Gestaltung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Vorstandsmitglied, das zugleich Mehrheitsaktionär ist, einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds und nicht auf einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet sein. In einem solchen Fall liegt auch bei einer AG eine vGA vor (BFH-Urteil vom 15.12.1971 I R 5/69, BStBl II 1972, 438). Dabei kommt aufgrund der je nach Satzungsbestimmung in unterschiedlichem Maße bestehenden Einflussmöglichkeiten des Mehrheitsaktionärs auf den Aufsichtsrat dessen Zusammensetzung besondere Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 15.12.1971 I R 76/68, BStBl II 1972, 436; Finanzgericht –FG– Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.11.2011 12 K 12174/08, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2012, 873).
34c) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, verfügen Kapitalgesellschaften steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre (BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214). Aufgrund dessen gehören von einer Kapitalgesellschaft angeschaffte bzw. hergestellte Wirtschaftsgüter – im Streitfall das von der Klägerin erbaute Einfamilienhaus – zum betrieblichen Bereich und stellen die von ihr hierauf getätigten Aufwendungen und die hieraus erlittenen Verluste Betriebsausgaben dar; bei späteren Veräußerungserlösen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Aus welchen Gründen sich die Kapitalgesellschaft entschließt, die Investition vorzunehmen, ist grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Urteil vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445 m.w.N.).
35Das schließt es allerdings nicht aus, dass die Verluste aus einer derartigen Investition als vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind (vgl. BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214 m.w.N.). Davon ist zwar regelmäßig nicht auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft ein Geschäft tätigt, das die Gefahr auch erheblicher Verluste in sich birgt. Es unterliegt der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit, derartige Risiken in Kauf zu nehmen. Anders verhält es sich aber, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern letztlich nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445).
36Nach der Rechtsprechung des BFH ist im Rahmen des insoweit anzustellenden Fremdvergleichs zu berücksichtigen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nur dann bereit sein wird, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken – also im privaten Interesse – eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und die Gesellschaft zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält (BFH-Urteil vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445), da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bestrebt sein wird, die Gewinne der Kapitalgesellschaft zu maximieren (BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214). Er wird deswegen nicht die Marktmiete, sondern die sog. Kostenmiete ansetzen (BFH-Urteil vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445); Grundlage der Berechnung der Kostenmiete ist die II. BV (BFH-Urteil vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445; bestätigt durch BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214).
37Diese Erwägungen gelten uneingeschränkt und damit nicht nur für besonders aufwändig ausgestattete Einfamilienhäuser und unabhängig davon, ob die eigenbetriebliche Nutzung der Immobilie überwiegt (BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214).
382. Nach diesen Grundsätzen liegen dem Grunde nach vGA vor. Die Vermietung des Einfamilienhauses B.-straße in M. für einen Mietzins von monatlich 1.250 EUR an P. Y. war durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst.
39a) Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Klägerin um eine AG handelt. Denn nach Überzeugung des Senats beruhte der Abschluss des Mietvertrags maßgeblich auf der Stellung von P. Y. als Mehrheitsaktionär.
40aa) Dies folgt zum einen schon aus der Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Dieser bestand bei Abschluss des Mietvertrags aus drei Mitgliedern, von denen zwei (die frühere Ehefrau und seine Tochter) enge verwandtschaftliche Beziehungen zu P. Y., dem zu knapp 94% an der Klägerin beteiligtem Mehrheitsaktionär hatten. Angesichts der im Aufsichtsrat geltenden einfachen Stimmenmehrheit laut Satzung wäre es so schon für die beiden verwandtschaftlich nahestehenden zwei Mitglieder möglich gewesen, Beschlüsse im Sinne des Hauptaktionärs zu fassen. Hinzu tritt, dass auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats dem Einfluss von P. Y. zu unterstanden schien, zumal dieser – nach Versterben des Aufsichtsratsvorsitzenden im Jahr 2016 – zu der Bestellung eines nachfolgenden Aufsichtsratsvorsitzenden noch 2020 mitteilte, er „werde das kurzfristig nachholen“ (Schreiben v. 2.3.2020, Bl. 149 der BP-Handakte), und somit zum Ausdruck gebracht hat, dass Auswahl und Zeitpunkt der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern letztlich von seinem Willen abhängen und er im Aufsichtsrat seinen Willen durchsetzen konnte.
41bb) Dies ergibt sich zum anderen aber auch aus der konkreten Vertragsgestaltung. Diese war einseitig an den Interessen des Mehrheitsaktionärs und nicht auf einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet. Denn laut dem Mietvertrag war das ordentliche Kündigungsrecht der Klägerin einseitig auf dreißig Jahre ausgeschlossen, ohne dass ein Ausgleich hierfür vereinbart worden ist. Eine Bindung des Mietverhältnisses an eine Tätigkeit von P. Y. für die Klägerin, was den Kündigungsverzicht womöglich auch ohne Gegenleistung als unter fremden Dritten vorstellbar erscheinen lassen könnte, ist nicht vereinbart worden. Ein langfristig wirkender einseitiger Verzicht auf die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ohne Gegenleistung ist allein aus der gesellschaftsrechtlichen Beherrschung erklärlich. Daraus folgt, dass Vorstand und Aufsichtsrat nicht gleichberechtigt gegenüberstanden und für die Vertragsgestaltung die Machtstellung des Mehrheitsaktionärs maßgeblich war. Bestärkt wird dieses Ergebnis noch durch die weitere Regelung im Mietvertrag, wonach die Klägerin dem Mieter und/oder dessen Erben oder Vermächtnisnehmern ein auf dreißig Jahre befristetes Vorkaufsrecht einräumt, so dass auch durch diese Regelung dem Vorstand ein weiterer erheblicher Vorteil eingeräumt wird, der ohne seinen Einfluss nicht denkbar wäre. Die Klägerin selbst hat im Übrigen auch keine Tatsachen vorgetragen oder unter Beweis gestellt, wonach für die Vertragsgestaltung nicht die Machtstellung des P. Y. als Mehrheitsaktionär maßgeblich war (vgl. zur Beweislast BFH-Urteil vom 15.12.1971 I R 5/69, BStBl II 1972, 438; a. A. Gosch in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 8 Rn. 566; vgl. zum Überblick auch Kuhfus, EFG 2012, 873).
42b) Die Klägerin hat die Immobilie aufgrund gesellschaftsrechtlicher (Mit-)veranlassung nicht kostendeckend mit Gewinnaufschlag vermietet.
43aa) Die Immobilie wurde unstreitig privat durch den Mehrheitsaktionär genutzt. Der entsprechenden Feststellung der BP hat die Klägerin nicht widersprochen, sondern lediglich ausgeführt, dass die Immobilie auch für die Anwesenheit ihres Vorstands am ...See erforderlich gewesen sei. Daraus ergibt sich aber allenfalls eine teilweise betriebliche Nutzung. Eine überwiegend eigenbetriebliche Nutzung, die nach der Rechtsprechung zudem nicht ausreichen würde, um eine gesellschaftsrechtliche (Mit-)veranlassung auszuschließen, hat die Klägerin dagegen nicht geltend gemacht.
44bb) Die vereinbarte Miete liegt unterhalb der Kostenmiete zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlages. Die insoweit bestehende Differenz ist als fremdunüblich und damit als vGA dem Unterschiedsbetrag hinzuzurechnen.
45(1) Grundlage der Berechnung der Kostenmiete ist nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, die II. BV vom 12.10.1990 (Bundesgesetzblatt I 1990, 2178), wobei steuerliche Vorteile, die der Kapitalgesellschaft unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter zustehen (etwa AfA für Baudenkmäler), hiervon abweichend nicht zu berücksichtigen sind, soweit sie die reguläre AfA (§ 7 EStG) übersteigen (BFH-Urteile vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445; vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214). Einzubeziehen ist jedoch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals (vgl. §§ 19 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 1, und 15 Abs. 1 Nr. 1 II. BV, BFH-Urteile vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445; vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214; FG Düsseldorf, Urteil vom 7.2.1995 11 K 7034/91 E, EFG 1995, 670). Zusätzlich wird der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einen angemessenen Gewinnaufschlag verlangen (BFH-Urteile vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445; vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214).
46(2) Danach ermittelt die Kostenmiete sich wie folgt:
47(a) Die Instandhaltungs- (2.017,84 EUR) und Verwaltungskosten (285,25 EUR) sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Für den Senat besteht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
48(b) Fremdkapitalkosten sind wie von der Klägerin vorgetragen nicht anzusetzen, da das gewährte Mieterdarlehen zinslos ist; eine Umdeutung in ein verzinsliches Darlehen aufgrund der Mietminderung kommt nicht in Betracht, da Besteuerung der verwirklichte, nicht hingegen ein gedachter (fiktiver) Sachverhalt zugrunde zu legen ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 7.12.2011 15 K 4582/09 G, EFG 2012, 866 m. w. N.). Im Gegenzug ist auch nur die tatsächlich gezahlte Jahresmiete (15.000 EUR) von der Kostenmiete zur Ermittlung der vGA abzuziehen.
49(c) Bei den Eigenkapitalkosten auf das eingesetzte Eigenkapital von unstreitig 699.427,60 EUR geht der Senat im Schätzungswege von einer Verzinsung von 1% (= 6.994,28 EUR) aus.
50Für Eigenleistungen stellt § 20 Abs. 2 Satz 1 II. BV im Grundsatz auf eine Verzinsung in Höhe des marktüblichen Zinssatzes für erste Hypotheken ab; nach § 23a Abs. 1 II. BV kann dieser aus dem durchschnittlichen Zinssatz der durch erste Hypotheken gesicherten Darlehen, die zu dieser Zeit von Kreditinstituten oder privatrechtlichen Unternehmen, zu deren Geschäften üblicherweise die Hergabe derartiger Darlehen gehört, zu geschäftsüblichen Bedingungen für Bauvorhaben an demselben Ort gewährt worden sind, oder in Anlehnung an den Zinssatz der zu dieser Zeit zahlenmäßig am meisten abgesetzten Pfandbriefe unter Berücksichtigung der üblichen Zinsspanne, ermittelt werden.
51Entgegen der Ansicht der Klägerin bestand für diese dabei kein Wahlrecht, im Rahmen der Ermittlung der Kostenmiete die Verzinsung für Pfandbriefe mit einer Laufzeit von zehn Jahren (laut Klägerin 0,34%) anzusetzen. Die Formulierungen in §§ 20 Abs. 2 und 23a II. BV, welche in erster Linie für andere Zwecke als für Steuerzwecke konzipiert ist, führt nicht dazu, dass es beim Ansatz der steuerlichen Kostenmiete im Belieben der Klägerin steht, eine Eigenkapitalverzinsung anzusetzen oder nicht anzusetzen bzw. die niedrigstmögliche zu wählen. Vielmehr ist stets eine Eigenkapitalverzinsung zu berücksichtigen. Durch die Anlage seines Eigenkapitals in der selbstgenutzten Immobilie statt in anderen Anlageformen gibt der Steuerpflichtige nämlich zu erkennen, dass ihm die Kapitalbindung im eigengenutzten Wohnraum zumindest das wert ist, was er ansonsten am Markt durch längerfristige Anlage seines Kapitals an Erträgen hätte erzielen können (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 7.2.1995 11 K 7034/91 E, EFG 1995, 670).
52Danach geht der Senat im Schätzungswege von einem Zinssatz von 1% aus. Für Wohnungsbaukredite mit einer Laufzeit von über zehn Jahren lag der Zinssatz im August 2016 bei 1,69% (Quelle: https://www.bundesbank.de/resource/blob/615022/184469a8442b4f
53a053e214c8191eef08/mL/s510atgv-data.xlsx, zuletzt abgerufen am 02.05.2024; Daten für längere Laufzeiten waren nicht verfügbar). Vorliegend ist aufgrund der Laufzeit des Mietvertrags und des Ausschlusses des Kündigungsrechts für die Klägerin von einer Laufzeit von dreißig Jahren auszugehen. Angesichts dieser erheblich längeren Anlage nimmt der Senat einen Abschlag auf den Zinssatz von 1,69% auf 1% für Zwecke der Ermittlung der Kostenmiete vor. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die möglichen Erträge bei einer Anlage in Pfandbriefen, da sich für Pfandbriefe mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren zum 1.8.2016 ein Zinssatz von 1,03% (Quelle: Deutsche Bundesbank, https://www.bundesbank.de/dynamic/action/de/statistiken/zeitreihen-datenbanken/
54zeitreihen-datenbank/723452/723452?tsId=BBSIS.D.I.ZST.ZI.EUR.S122.B.A100.R20
55XX.R.A.A._Z._Z.A&dateSelect=2016, zuletzt abgerufen am 02.05.2024; Daten für längere Laufzeiten waren nicht verfügbar) ergab.
56(d) Die Gebäudeabschreibung ist für Zwecke der Kostenmiete mit der regulären steuerlichen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG (2% jährlich) zu berücksichtigen.
57Dies entspricht der ständigen BFH-Rechtsprechung (vgl. etwa Urteile vom 17.11.2004 I R 56/03, HFR 2005, 445; vom 27.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214), wonach erhöhte AfA nicht zu berücksichtigen sind, soweit sie die reguläre AfA (§ 7 EStG) übersteigen. Der BFH stellt also nicht – wie es die Klägerin vorträgt – auf die Werte laut der II. BV ab (§ 25 Abs. 2 II. BV: 1%), sondern auf die sich nach steuerlichen Vorschriften ergebenden Werte. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin aufgrund der Nutzung einer Rücklage nach § 6b EStG gar keine Abschreibungen (steuerlich) geltend gemacht hat. Denn nach der BFH-Rechtsprechung sind erhöhte AfA nicht zu berücksichtigen; dies muss dann aber auch im umgekehrten Fall gelten, wenn aufgrund der Nutzung steuerlicher Sondervorschriften (hier § 6b EStG) keine erhöhte AfA, sondern eine niedrigere oder – wie hier – gar keine AfA anfällt. Denn nach der Rechtsprechung des BFH sollen steuerliche Vorteile, die der Kapitalgesellschaft unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter zustehen, nicht zugrunde gelegt werden, sondern die reguläre AfA gelten (BFH-Urteil vom 27.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214). Solche steuerlichen Vorteile liegen hier durch die Bildung und Nutzung der Rücklage nach § 6b EStG vor; diese stehen wie bei der vom BFH beispielhaft angeführten Denkmal-AfA unabhängig von der Vorteilszuwendung an den Gesellschafter der Klägerin zu. Da diese steuerlichen Vorteile unberücksichtigt bleiben sollen, ist auf die reguläre AfA von 2% abzustellen. Dies ergibt sich auch aus der Kontrollüberlegung, dass die Klägerin die sich aus der Bildung und Nutzung der Rücklage nach § 6b EStG ergebenden steuerlichen Vorteile an einen fremden Dritten nicht weitergeben würde und die Ermittlung der Kostenmiete letztlich – im Schätzungswege – der Darstellung und Einhaltung der Fremdüblichkeit dienen soll.
58Auf die zwischen den Beteiligten unstreitigen Herstellungskosten des Gebäudes (711.413,95 EUR) ist daher ein AfA-Satz von 2% (= 14.228,28 EUR) anzuwenden.
59(e) Bezüglich der Küche und der Außenanlagen ist ebenfalls die steuerliche AfA anzusetzen. Auch hier gilt, dass der BFH zwar für die Berechnung der Kostenmiete grundsätzlich die II. BV zugrunde legt, für die AfA aber auf die steuerlichen Werte abstellt; der BFH trennt dabei nicht zwischen der Abschreibung von Gebäuden und sonstigen Wirtschaftsgütern. Anders als bei dem Wohngebäude sind hier auch Abschreibungsbeträge steuerlich berücksichtigt worden seien. Denn in den aufgrund des BP-Berichts ergangenen Änderungsbescheiden hat der Beklagte jeweils Abschreibungen für die Küche und die Außenanlagen angesetzt, da diese Wirtschaftsgüter nicht in den Anwendungsbereich des § 6b EStG fallen. Es sind daher die steuerlichen Abschreibungssätze (jeweils 10%) auf die zwischen den Beteiligten unstreitigen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzuwenden (AfA Küche: 2.564,50 EUR, AfA Außenanlagen: 2.611,87 EUR).
60(f) Das vom Beklagten angesetzte Mietausfallwagnis nach § 29 II BV i.H.v. 2% der Mieterträge (480 EUR) ist zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus der grundsätzlichen Anwendbarkeit der II. BV (mit Ausnahme der Abschreibung, s.o.) für Zwecke der steuerlichen Ermittlung der Kostenmiete, wie sie auch die Klägerin anführt. Diese hat im Übrigen auch nichts dazu vorgetragen, warum ein Mietausfallwagnis im konkreten Fall nicht anzusetzen sei.
61(g) Der Gewinnzuschlag ist mit 5% zu berücksichtigen. Es ist weder durch den Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich, warum ein höherer Zuschlag in Betracht kommen sollte (vgl. zum Ansatz von 5% etwa auch BFH-Urteil vom 27.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214; zu einem höheren Ansatz bei besonderen Umständen: FG Münster, Urteil vom 13.2.2019 13 K 1335/16 K,G,F, EFG 2019, 723). Der Gewinnzuschlag ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch auf die Eigenkapitalverzinsung anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 27.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214; FG Münster, Urteil vom 13.2.2019 13 K 1335/16 K,G,F, EFG 2019, 723; zweifelnd: Rengers in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 KStG Rn. 535).
62(h) Danach ist folgende Kostenmiete anzusetzen:
63Eigenkapitalkosten |
6.994,28 EUR |
AfA Gebäude |
14.228,28 EUR |
AfA Küche |
2.564,50 EUR |
AfA Gartenanlage |
2.611,87 EUR |
Verwaltungskosten |
285,25 EUR |
Instandhaltungskosten |
2.017,84 EUR |
Mietauswallwagnis |
480,00 EUR |
Summe |
29.182,02 EUR |
Gewinnzuschlag 5% |
1.459,10 EUR |
Summe Kostenmiete |
30.641,12 EUR |
cc) Die Klägerin kann sich nicht auf die von ihr angeführte Ausnahme laut der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214; I R 12/15, BStBl II 2017, 217; I R 71/15, BFH/NV 2017, 60) berufen. Danach würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen nur dann ausnahmsweise in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann. Dies ist hier nicht der Fall.
65Nicht zu folgen ist dabei laut der oben angeführten Rechtsprechung des BFH der Ansicht, dass es aus Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein sinnvolles und auch am Maßstab des Fremdvergleichs akzeptables Investitionsziel wäre, eine Immobilie wie ein fremder Dritter zu marktüblichen Bedingungen an den Gesellschafter zu vermieten, wenn Steuervorteile und ein in Zukunft im Betriebsvermögen anfallender Veräußerungsgewinn bei der Kapitalgesellschaft verbleiben (vgl. BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214).
66Bezogen auf die zu beurteilenden streitigen Veranlagungszeiträume war nicht erkennbar, ob und wann – ggf. unter Einbeziehung einer alsbald erfolgenden Veräußerung – sich eine angemessene Rendite würde ergeben können. Die Klägerin hat auch kein wirtschaftliches Konzept vorgelegt, aus dem sich eine derartige Erwartung ergeben würde. Vielmehr spricht die aufgrund des Kündigungsverzichts als langfristig zu erwartende Vermietung jedenfalls in den Streitjahren gegen eine kurzfristige Veräußerungsabsicht. Dies wird gestützt durch den Vortrag der Klägerin, wonach der Verkauf Ende 2022 im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit dem Beklagten erfolgt sei. Soweit die Klägerin in ihren eigenen Berechnungen darauf verweist, wegen Nutzung der Rücklage nach § 6b EStG ein besseres Ergebnis erzielt zu haben, stellt dies aufgrund des Vergleichs der Vermietung eines selbst bebauten Grundstücks und der Vermietung einer erworbenen Bestandsimmobilie schon keinen geeigneten Vergleichsmaßstab dar. Zudem sind etwaige bei der Kapitalgesellschaft verbleibende Steuervorteile bei der Renditeberechnung außen vor zu lassen.
67dd) Die verlustbedingte Minderung bzw. verhinderte Mehrung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) war auch geeignet, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 27.7.2016 I R 8/15, BStBl II 2017, 214). Die Vorteilseignung ergibt sich daraus, dass der Mehrheitsaktionär im Falle der Fremdanmietung einer vergleichbaren Immobilie am Markt mit einer höheren Miete belastet gewesen wäre bzw. er bei einem Ankauf der betreffenden Immobilie exakt die Kosten zu tragen gehabt hätte, die im Streitfall die Klägerin zu tragen hatte.
68c) Abzüglich der geleisteten Miete (15.000 EUR/Jahr) ergibt sich somit für das Jahr 2016 (anteilig für fünf Monate) eine vGA von 6.517 EUR und für das Jahr 2017 von 15.641 EUR.
69III. Die Übertragung der Berechnung der Steuern folgt aus § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
70IV. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
71V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.