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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. werden nicht erstattet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Insolvenzverwalter der ZZ. AG i.I. (künftig ZZ. AG). Im dem vorliegenden Klageverfahren ist streitig, ob im Streitjahr 2018 die infolge einer Insolvenzanfechtung erfolgte Rückzahlung von Mieten auf ein Anderkonto der Prozessvertreterin des Anfechtungsverfahrens zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) führt. Für den Fall, dass diese Frage zu bejahen ist, streiten die Beteiligten darüber, ob eine solche Vorsteuerberichtigung bei der ZZ. AG oder bei einer ihrer früheren Organgesellschaften, nämlich der Q. ...Gesellschaft mbH (künftig als Q. bezeichnet), durchzuführen ist.
3Die ZZ. AG (bis zum 30.6.2007 firmierend als F. AG) mit Sitz in X. bildete die Holdinggesellschaft des ZZ.-Konzerns, der in den Bereichen ... Handel ... tätig war. Sie verantwortete als Konzernobergesellschaft u.a. die Kreditmittelbeschaffung und Finanzierung des Konzerns, die Beschaffung und Steuerung von IT-Leistungen, die Erbringung von Stabsleistungen für die Konzerngesellschaften in den Bereichen Steuern, Recht, Personalwirtschaft für die Führungskräfte, den strategischen Einkauf und die zentrale Steuerung von Restrukturierungsmaßnahmen. Über das Vermögen der ZZ. AG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts X. vom 0.0.2009 ein Insolvenzverfahren (Az. N02) eröffnet. Dem lag ein Eigenantrag der ZZ. AG vom 0.0.2009 zugrunde. Zum Insolvenzverwalter wurde zunächst G. (G.) bestellt, der dieses Amt bis zum 00.00.0000 bekleidete. Auf seinen eigenen Antrag hin wurde G. sodann aus dem Amt entlassen und der Kläger zum Insolvenzverwalter der ZZ. AG bestellt.
4Der Warenhausbereich des ZZ.-Konzerns wurde von einer Organgesellschaft der ZZ. AG, der B. GmbH (B.), betrieben. Die B. war eine 100%ige Tochtergesellschaft der C. GmbH, deren alleinige Anteilseignerin wiederum die ZZ. AG war. Über das Vermögen der B. wurde ebenfalls am 0.0.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von der B. bewirtschafteten Warenkaufhäuser standen ganz überwiegend nicht in ihrem Eigentum. Vielmehr mietete sie diese von einer weiteren 100%igen Tochter- und Organgesellschaft der ZZ. AG an, nämlich der Q.. Auch über das Vermögen der Q. wurde am 0.0.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. N03) und ebenfalls G. zum Insolvenzverwalter bestellt. Zum 0.00.0000 kam es auch hier zu einem Wechsel in der Insolvenzverwaltung und W. (W.), der Beigeladene zu 1., wurde zum Insolvenzverwalter ernannt.
5Die Q. mietete u.a. die nachfolgend aufgeführten, mit Warenhäusern bebauten Grundstücke von Fonds an, die T. für die V. aufgelegt hatte (die Beigeladenen zu 2. bis 6., künftig als T.-Fonds oder als Grundstücksgesellschaften bezeichnet):
6Grundstücksgesellschaft H. GbR (im Folgenden: H. GbR),
Grundstücksgesellschaft S. GbR (im Folgenden: S. GbR),
Grundstücksgesellschaft J. GbR (im Folgenden: J. GbR),
Grundstücksgesellschaft K. GbR (im Folgenden: K. GbR),
Grundstücksgesellschaft E. GbR (im Folgenden: E. GbR).
Diese Mietverhältnisse hatten folgenden Hintergrund: In den Jahren 2001 und 2002 hatte die ZZ. AG den Entschluss gefasst, die Warenhäuser in H., K., J. und S. zu sanieren und in E. ein neues Warenhaus zu errichten. Ursprünglich war eine Durchführung der Maßnahmen in Eigenregie geplant. Dann entschloss sich der Vorstand der ZZ. AG jedoch, diese Projekte zusammen mit T. durchzuführen. Dieser legte zur Realisierung gemeinsam mit dem V. geschlossene Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR für die jeweiligen Standorte auf. Wegen der an den T.-Fonds beteiligten Personen sowie deren Beziehung zum ZZ.-Konzern wird auf die Darstellung des Klägers in dessen Schriftsatz vom 17.11.2020 sowie die diesem Schriftsatz beigefügten Urteile des Landgerichts ZU. vom 9.7.2015 (Anlage K1) und des OLG J. vom 23.10.2015 (Anlage K2) Bezug genommen. Die T.-Fonds erwarben vor diesem Hintergrund die Grundstücke von der ZZ. AG. Nach Abschluss der Sanierungs- und Baumaßnahmen vermieteten sie die Immobilien an die Q., und zwar jeweils unter Verzicht (§ 9 UStG) auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buch. a UStG. Die Q. fungierte dabei als bloßer Zwischenvermieter und vermietete die betreffenden Immobilen an die B. weiter. Die Summe der jährlich von der Q. an die fünf Grundstücksgesellschaften zu zahlenden Mieten belief sich in Summe für alle Objekte auf ... EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten der Mietverhältnisse wird auf die in den Steuerakten befindlichen Mietverträge Bezug genommen.
13Mit jeweils gleichlautenden Nachträgen vom 29.9. bzw. 30.9.2008 zu den Mietverträgen zwischen der Q. und den Grundstücksgesellschaften, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde zwischen der Q., der ZZ. AG und den Grundstücksgesellschaften vereinbart, dass die Erstgenannte zum 1.10.2008 aus den Mietverträgen ausscheiden und an ihre Stelle die ZZ. AG als neue Mieterin in die Mietverträge eintreten sollte. Die von der D. GmbH (D.) im Namen und für Rechnung der Grundstücksgesellschaften ausgestellten Mietdauerrechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer wurden ab diesem Zeitpunkt auf die ZZ. AG als Leistungsempfängerin ausgestellt.
14Alle anderen Mietverträge über Warenkaufhäuser, die die Q. nicht von den T.-Fonds anmietete, wurden durch Nachträge nicht auf die ZZ. AG, sondern auf die sog. N. GmbH überführt. Ihr Geschäftszweig war die An- und Vermietung von Immobilien. Über das Vermögen der N. GmbH wurde ebenfalls am 0.0.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.
15Am 25.2.2009 wurden sodann im Konzerninnenverhältnis zwischen der Q., der ZZ. AG und der B. weitere Nachträge zu den Mietverträgen vereinbart, wonach die Q. als Alt-Vermieterin zum 1.4.2009 aus dem Mietverhältnis ausscheiden und die ZZ. AG als Neu-Vermieterin die Vermieterstellung einnehmen sollte.
16Die in dem Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2009 an die T.-Fonds zu leistenden Mietzahlungen wurden unbar auf die Konten der fünf Grundstücksgesellschaften überwiesen. In den Überweisungstexten bis einschließlich März 2009 war die Q. und ab April bis Mai 2009 die ZZ. AG als Auftraggeber angegeben.
17Buchhalterisch liefen die Daten für den Vorsteuerabzug aus den Mietrechnungen der Grundstücksgesellschaften und die Abführung der Umsatzsteuer aus der Untervermietung an die B. von Oktober 2008 bis März 2009 zunächst weiterhin über den Buchungskreis der Q. in die Organschaft ein. Ende März 2009 wurde ein Korrekturlauf vorgenommen und die Mietbuchungen entsprechend der gleichlautenden Nachträge zu den Mietverträgen vom 29.9./30.9.2008 in den Buchungskreis der ZZ. AG überführt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorsteuerabzug aus den hier maßgeblichen Mietrechnungen der ZZ. AG zugerechnet. Für die Monate April und Mai 2009 erfolgten die Mietbuchungen (und damit die Zuordnung des Vorsteuerabzugs) über den Buchungskreis der ZZ. AG.
18Bereits kurze Zeit nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter der ZZ. AG, nämlich am 00.0.2009, kündigte G. die Mietverträge über die Warenkaufhäuser mit den fünf T.-Fonds zum 31.12.2009 gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO). Von diesem Zeitpunkt an bis zum 31.12.2009 wurde den T.-Fonds lediglich noch ein verminderter Mietzins gezahlt.
19Im weiteren Fortgang des Insolvenzverfahrens focht der Kläger im Rahmen mehrerer Gerichtsverfahren gegen die Grundstücksgesellschaften, in denen er sich von der Kanzlei G. mbB (künftig G. mbB) vertreten ließ, sowohl die Vertragsüberleitungen vom 29.9./30.9.2008 als auch die für die Zeit vom 1.10.2008 bis zur Insolvenzantragstellung am 0.0.2009 an die Grundstücksgesellschaften gezahlten Mieten an. Diese Insolvenzanfechtungen waren auf § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO und zum Teil auch auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 InsO gestützt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird exemplarisch auf die in den Akten des FA befindliche „Anspruchsbegründung“ laut Schriftsatz der Kanzlei G. mbB vom 28.6.2016 betreffend den Rechtsstreit gegen die Grundstücksgemeinschaft S. Bezug genommen. Darin heißt es auf Seite 12 auszugsweise:
20„Die Mietzinszahlungen haben die Aktivmasse der ZZ. AG verkürzt. Dabei ist ohne Belang, ob die Zahlungen für die Monate Oktober 2008 bis März 2009 unmittelbar durch die ZZ. AG oder aber zu deren Lasten durch die Q., einer bloßen konzerninternen Vermietungsgesellschaft ohne nennenswertes weiteres eigenes operatives Geschäft, erfolgt sind“.
21Ferner heißt es auf Seite 39 auszugsweise:
22„Wie dargelegt, sind die Zahlungen auf das auf die ZZ. AG übergeleitete Mietverhältnis in den Monaten Oktober bis März 2009 durch die Q. vorgenommen worden. (…). In dieser Höhe stehen der Q. mit den vorstehend dargelegten Ansprüchen der ZZ. AG konkurrierende (vgl. hierzu die jüngst ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4.2.2016, Anlage 22) Insolvenzanfechtungsansprüche nach §§ 133 Abs. 1 InsO, 134 Abs. 1 InsO und auch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Wie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4.2.2016 zu entnehmen ist, gehen die Ansprüche der ZZ. AG vor, da das zwischen der ZZ. AG und der Beklagten bestehende Deckungsverhältnis vorrangig ist“.
23Im 16. Zwischenbericht des Klägers im Insolvenzverfahren über das Vermögen der ZZ. AG vom 17.7.2018 wurde der insgesamt von den fünf Grundstücksgesellschaften zurückgeforderte Betrag auf ... EUR beziffert.
24Intern hatte der Kläger für die einzelnen Objekte eine sog. Verwertungsvereinbarung mit dem W. in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Q. geschlossen, da die Anfechtungsansprüche als konkurrierend angesehen wurden und die Q. keine ausreichende Masse besaß, um gerichtlich gegen die T.-Fonds vorgehen zu können. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Verwertungsvereinbarungen vom 28.11.2012 sowie die damit zusammenhängenden Abtretungsvereinbarungen Bezug genommen.
25Mitte März 2018 kam es in dieser Frage aufgrund schriftlicher Vergleichsvorschläge der Parteien vom 27.2.2018 und vom 12.3.2018, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zum Abschluss mehrerer Prozessvergleiche sowie eines außergerichtlichen Vergleichs. Insoweit wird Bezug genommen auf die in den Beschlüssen des LG P. protokollierten Vergleichsvereinbarungen betreffend die H. GbR (Beschluss des LG P. im Verfahren N04), die S. GbR (Beschluss des LG P. im Verfahren N05), die J. GbR (Beschluss des LG P. im Verfahren N06) und die K. GbR (Beschluss des LG P. vom 14.3.2018 N07) sowie auf den außergerichtlichen Vergleich betreffend die E. GbR vom 9.3. bzw. 6.3.2018.
26In dem betreffend die Grundstücksgemeinschaft H. gerichtlich protokollierten Vergleich heißt es exemplarisch (auszugsweise):
271. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger ... EUR zu zahlen. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Infolge der geltend gemachten Anfechtung sind (Rück-)Zahlungen auf Miete und Nebenkosten in Höhe von ... EUR für die Zeit vom 1.10.2008 bis zum 31.5.2009 an den Kläger zu leisten, in denen 19 % Umsatzsteuer enthalten sind; also ein Nettobetrag von ... EUR und an Umsatzsteuer ... EUR. Außerdem sind Verzugszinsen in Höhe von ... € im Vergleichsbetrag enthalten.
28Die Zahlung hat zu erfolgen auf das Anderkonto der G. mbB bei der ... Bank AG ZU. (…) mit dem Verwendungszweck „FL 5261242 Vergleichszahlung".
292. Damit sind die in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Anfechtungsansprüche des Klägers einschließlich der an ihn abgetretenen oder zur Einziehung übertragenen Ansprüche des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Q. abgegolten und erledigt.
30Als Vergleichssumme für die zurückzuzahlenden Mieten wurde zwischen den Parteien der Vergleichsvereinbarungen ein Betrag von insgesamt ... EUR zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt ... EUR und zuzüglich Zinsen vereinbart. Die Vergleichssumme (ohne Zinsen) teilte sich entsprechend der geschlossenen Vereinbarungen wie folgt auf die einzelnen T.-Fonds auf:
31BMG Netto |
USt |
|
E. GbR |
... |
... |
H. GbR |
... |
... |
K. GbR |
... |
... |
J. GbR |
... |
... |
S. GbR |
... |
... |
Summe |
... |
... |
Die entsprechenden Zahlungen wurde vereinbarungsgemäß im April 2018 auf ein Anderkonto der Kanzlei G. mbB mit der IBAN N08 geleistet. Im Mai 2018 wurden die betreffenden Beträge sodann auf zwei separate Konten der Kanzlei G. mbB verteilt (N09 und N10), die mit „THK ZZ. AG“ betitelt waren. Kontoverträge oder schriftliche Vereinbarungen betreffend diese Konten gab es nicht.
33Eine umsatzsteuerliche Konsequenz daraus, dass die T.-Fonds Mietrückzahlungen geleistet hatten, wurde bei der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für die Insolvenzmasse betreffend den Monat April 2018 nicht gezogen.
34Am 29.6.2021 wurden von den beiden Konten Beträge von ... EUR und ... EUR auf das Konto von RA BB., dem damaligen Prozessvertreter der ZZ. AG, bei der Bank (N11) überwiesen. Als Überweisungstext wird jeweils auf eine „Kontoschließung“ verwiesen.
35Im Juli 2018 erhielt der Beklagte (das Finanzamt --FA--) durch Kontrollmitteilungen Kenntnis von den Vergleichszahlungen und bat um Aufklärung.
36Mit Schreiben vom 17.8.2018 teilte die damalige Bevollmächtigte der ZZ. AG mit, dass die negativen Vorsteueranteile aus den auf den Anfechtungen beruhenden Geldeingängen nicht in 2018 angemeldet worden seien, da es sich aus ihrer Sicht um ein umsatzsteuerliches Altverfahren gehandelt habe. Bei derartigen Altverfahren sei nicht auf den Geldeingang, sondern auf die Steuerentstehung abzustellen. Die negative Vorsteuer wäre daher in den Jahren 2008 und 2009 zu korrigieren. Auf die Antwort des FA vom 10.0.2018 und die erneute Gegenäußerung vom 12.9.2018 wird Bezug genommen.
37Am 26.9.2018 richtete das FA ein Auskunftsersuchen an den W., auf dessen Inhalt ebenso Bezug genommen wird wie auf die nachfolgenden Schreiben vom 29.10.2018 (W.), 8.11.2018 (FA), 30.11.2018 (W.), 7.12.2018 (Steuerberater BC.), vom 27.3.2019 (BD. GmbH), vom 14.6.2019 (Stellungnahme OFD NRW), vom 1.7.2019 (FA), E-Mail vom 6.8.2019 (Steuerberater BC.), 6.9.2019 (FA), 28.8.2019 (Stellungnahme OFD NRW), 23.9.2019 (Steuerberater BC.), vom 6.12.2019 (FA), vom 28.2.2020 (Insolvenzverwalter der Klägerin, vertreten durch die derzeitige Prozessbevollmächtigte), vom 25.3.2020 (FA), 4.5.2020 (Insolvenzverwalter der Klägerin, vertreten durch die derzeitige Prozessbevollmächtigte) nebst etwaigen Anlagen. Ebenfalls Bezug genommen wird auf das Auskunftsersuchen des FA an die Grundstücksgemeinschaft S. vom 12.9.2019 sowie das Antwortschreiben der BE. mbB vom 30.10.2019 nebst Anlagen.
38Am 3.4.2019 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat April 2018 betreffend die ZZ. AG und gab diesen an den Kläger bekannt. Die festgesetzte Umsatzsteuer belief sich auf ... EUR und ermittelte sich wie folgt:
39ursprünglicher USt-Bescheid |
USt-Bescheid vom 3.4.2019 |
|
Umsätze 19% |
... |
... |
Umsatzsteuer darauf |
... |
... |
Abziehbare Vorsteuer |
-... |
-... |
Verbleibender Betrag |
-... |
... |
Erstattung/Nachzahlung |
... |
... |
Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein.
41Zum Einspruchsverfahren zog das FA mit Verfügung vom 16.8.2019 (ergänzt durch die weitere Verfügung vom 12.9.2019) den W. (als Insolvenzverwalter der Q.) auf der Grundlage der §§ 360 Abs. 3, 174 Abs. 4 und 5 AO hinzu.
42Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 11.8.2020 als unbegründet zurück. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung und Rückzahlung des Entgeltes nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG sei der Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Rückzahlung des Entgeltes sei im April 2018 erfolgt. Zutreffend sei daher der daraus resultierende Umsatzsteuerbetrag bei der an den Kläger gerichteten Umsatzsteuerfestsetzung für April 2018 unter der Massesteuernummer der ZZ. AG als lnsolvenzschuldnerin berücksichtigt worden. Wegen der Einzelheiten der Begründung des FA wird auf die Einspruchsentscheidung vom 11.8.2020 Bezug genommen.
43Hiergegen richtet sich die fristgemäß am 10.9.2020 erhobene Klage.
44Im Rahmen des Klageverfahrens hat das FA am 15.9.2020 den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2018 erlassen. Die festgesetzte Umsatzsteuer beläuft sich auf ... EUR. Diesem Betrag liegen Leistungen zu 19% in Höhe von ... EUR und abziehbare Vorsteuern von ... EUR zugrunde.
45Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Ein Vorsteuerberichtigungsanspruch zu Lasten der Insolvenzmasse der ZZ. AG im Streitjahr 2018 sei weder nach § 17 Abs. 1 UStG noch nach § 17 Abs. 2 UStG entstanden. Der auf der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung beruhende Nachzahlungsbetrag von ... EUR stehe dem FA daher nicht zu.
46In der Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung der ZZ. AG für 2018 seien schon deshalb keine Vorsteuerkorrekturen nach § 17 UStG vorzunehmen, da die auf die Insolvenzanfechtung hin von den Grundstücksgesellschaften geleisteten Teil-Rückzahlungen der Miete auf ein Anderkonto der Kanzlei G. mbB gezahlt worden und der ZZ. AG daher noch nicht zugeflossen seien.
47Die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO könne zwar grds. zu einer Rückgewähr von Entgelten aus den von einem anderen Unternehmer vermeintlich bezogenen Leistungen führen. Erfolge die Rückgewähr, lebten gemäß § 144 InsO die ursprünglichen Zahlungsansprüche wieder auf und seien sodann umsatzsteuerlich als uneinbringlich zu behandeln. Infolge der Rückgewähr komme es sodann zu der Vorsteuerberichtigung für die Vorsteuer, die der Unternehmer aus den bezogenen Leistungen in Anspruch genommen habe. Der sich hieraus ergebende Steueranspruch sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Teil der Masseverbindlichkeit für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung (BFH-Urteile vom 15.12.2016 V R 26/16, BStBl II 2017, 735, und vom 29.3.2017 Xl R 5/16, BStBl II 2017, 738).
48Im Streitfall liege aber keine Entgeltrückgewähr i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG vor. Diese Vorschrift stelle nicht auf die Rückzahlung durch den Leistenden, sondern auf die Vereinnahmung des Entgelts durch den Leistungsempfänger ab. Hieran fehle es im Streitfall. Die Vergleichszahlungen seien zwar bei den T.-Fonds abgeflossen, aber der ZZ. AG nicht zugeflossen. Die T.-Fonds hätten weder an die ZZ. AG noch an die Masse gezahlt, sondern an einen Dritten. Die Vergleichszahlungen seien nämlich im April 2018 auf einem Anderkonto der Kanzlei G. mbB und damit auf einem fremden Konto eingegangen. Damit seien sie noch nicht Teil der Masse i.S.v. § 35 InsO der ZZ. AG geworden.
49Der Bundesgerichtshof (BGH) habe insoweit bereits entschieden, dass Gelder, die auf ein von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichteten Anderkonto eingingen, weder in die Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO noch in das Schuldnervermögen fallen würden (BGH-Urteile vom 20.9.2007 IX ZR 91/06, NZI 2008, 39; vom 7.2.2019 IX ZR 47/18, BGHZ 221, 87). Anderkonten seien offene Vollrechtstreuhandkonten, aus denen ausschließlich der das Konto eröffnende Rechtsanwalt persönlich der Bank gegenüber berechtigt und verpflichtet sei (BGH-Urteile vom 12.5.2011 IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 und vom 18.12.2008 IX ZR 192/07, ZIP 2009, 531). Damit handele es sich bei Anderkonten um Bankkonten, deren Guthaben nur dem Insolvenzverwalter als Privatperson und nicht dem Insolvenzschuldner bzw. der Insolvenzmasse als Sondervermögen zustünden (FG München., Urteil vom 6.3.2019 6 K 3063/18, EFG 2019, 843, Rn. 19). Solle die Zahlung Bestandteil der Insolvenzmasse werden, müsse ein Insolvenz-Sonderkonto eingerichtet werden. Dieses sei, anders als ein Anderkonto, Bestandteil der Insolvenzmasse (BGH-Urteil vom 7.2.2019 IX ZR 47/18, BGHZ 221, 87). Der BFH habe sich dieser Sichtweise angeschlossen und verweise in seiner Rechtsprechung auf die ständige Rechtsprechung des BGH (BFH-Beschluss vom 12.8.2013 VII B 188/12, ZIP 2013, 2370). Vorliegend seien die Vergleichszahlungen der T.-Fonds nicht einmal auf ein Anderkonto des Klägers, sondern auf ein Anderkonto der Kanzlei G. mbB, also an eine dritte Person, gezahlt worden. Ein Zufluss sei daher weder bei der ZZ. AG selbst noch beim Kläger, der die Masse der ZZ. AG verwalte, erfolgt, da keiner von beiden über das Anderkonto verfügen könne. Sofern aber eine geleistete Zahlung schon insolvenzrechtlich gar nicht Bestandteil der Masse sei, könne der nachgelagerte Vorsteuerberichtigungsanspruch wegen eines Rückerhalts des Entgelts bei der insolventen Gesellschaft denklogisch gar nicht entstanden sein (Hinweis auf die Urteile des FG Münster vom 4.7.2019 5 K 2458/16 U, ZInsO 2019, 1957, und des FG München. vom 6.3.2019 6 K 3063/18, NZI 2019, 556 m.w.N.).
50Entgegen der Auffassung des FA komme es nicht darauf an, ob der leistende Unternehmer das Entgelt nach schuldrechtlichen Maßstäben mit schuldbefreiender Wirkung gem. § 362 Abs. 2 BGB zurückgezahlt habe, sondern ob es dem Leistungsempfänger tatsächlich zugeflossen und vermögensrechtlich zuzuordnen sei, so dass er darüber verfügen könne. Die Zahlungen müssten ausschließlich nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 12.8.2013 VII B 188/12, ZIP 2013, 2370, mit Verweis auf BGH-Urteile vom 18.12.2008 IX ZR 192/07; vom 12.5.2011 IX ZR 133/10 und vom 15.12.2011 IX ZR 118/11) bzw. des Deliktsrechts (vgl. BGH-Urteil vom 7.2.2019 IX ZR 47/18, BGHZ 221, 87) zunächst zurückgefordert werden. Erst danach könne man von einer Mehrung der Insolvenzmasse ausgehen.
51Gegen einen Zufluss bei der ZZ. AG spreche des Weiteren, dass das Ergebnis der vom Kläger geführten Anfechtungsprozesse von vornherein nicht in Gänze der ZZ. AG habe zustehen sollen. Vielmehr habe je nach Ergebnis des Rechtsstreits ein Anteil von bis zu 10% der Q. zustehen sollen. Ein Zufluss könne daher schon deshalb nicht in Betracht kommen, da noch nicht abschließend geklärt sei, in welcher Höhe der gezahlte Betrag der ZZ. AG zustehe.
52Selbst wenn der Tatbestand des § 17 UStG aber erfüllt sein sollte, komme dennoch keine Vorsteuerkorrektur bei der Masse der ZZ. AG in Betracht. Eine solche sei vielmehr bei der früheren Organgesellschaft Q. vorzunehmen, da diese die tatsächliche Leistungsempfängerin gewesen sei.
53Die Q. sei im Zeitraum 1.10.2008 bis 00.0.2009 die tatsächliche Empfängerin der Mietleistungen der T.-Fonds gewesen. Bei den Zahlungen aufgrund der gerichtlichen Vergleiche handele es sich um Rückzahlungen zu viel gezahlter Miete. Im genannten Zeitraum sei aber nicht die ZZ. AG, sondern die Q. durchgängig Mieterin der betreffenden Warenkaufhäuser gewesen und habe hierfür auch den Mietzins gezahlt.
54Umsatzsteuerlich sei Leistender regelmäßig derjenige, der zivilrechtlich zur Leistung verpflichtet sei. Das setze aber voraus, dass er die Leistung auch wirklich erbracht habe. Daher könne Leistender – unabhängig von zivilrechtlichen Vereinbarungen – auch jemand sein, der einen Umsatz im eigenen Namen tatsächlich ausführe, obwohl er eine entsprechende Leistung nicht schulde. Der BFH habe hieraus hergeleitet, dass umsatzsteuerrechtlich tatsächliche wirtschaftliche Vorgänge besteuert würden, ohne dass diese die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen darstellen müssten (BFH-Urteil vom 1.6.1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677). Die Ausrichtung des Umsatzsteuerrechts auf die Besteuerung tatsächlicher wirtschaftlicher Vorgänge gebiete es daher, auch bei der Bestimmung des Leistungsempfängers entsprechend vorzugehen. Werde unter Missachtung des zivilrechtlichen Anspruchs die Leistung tatsächlich gegenüber einem Dritten erbracht, sei Leistungsempfänger nicht der Anspruchsinhaber, sondern der Dritte (BFH-Urteil vom 1.6.1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677; BFH-Beschluss vom 30.4.2014 Xl R 33/11, BFH/NV 2014, 1239).
55Im Streitfall sei eine derartige Abweichung der tatsächlichen von der rechtlichen Sachlage gegeben. Die Q. sei in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht stets die Mieterin der betreffenden Warenkaufhäuser gewesen. Zwar hätte die ZZ. AG nach den gleichlautenden Nachträgen vom 29.9. bzw. 30.9.2008 zu den Mietverträgen in diese eintreten sollen. Dies sei aber nur zum Schein geschehen, denn die gleichlautenden Nachträge hätten nie umgesetzt werden sollen. Entscheidend sei, dass beide Parteien, also die ZZ. AG und die T.-Fonds, insoweit bewusst zusammengewirkt hätten. Tatsächlich hätten die T.-Fonds als Vermieter weiterhin nach außen erkennbar an die Q. als Mieterin leisten wollen. Dies ergebe sich aus folgenden Anhaltspunkten:
56Im Anschluss an die Vereinbarung der gleichlautenden Nachträge zu den Mietverträgen vom 29./30.9.2008 sei die zivilrechtlich zwingend notwendige Anpassung der Untermietverhältnisse gegenüber der B. unterblieben. Ab dem 1.10.2008 habe daher die Q. Warenkaufhäuser an die B. untervermietet, die sie selbst angeblich nicht mehr gemietet habe.
57Für den Eintritt eines neuen Mieters ansteIle des bisherigen Mieters kämen rechtlich verschiedene Möglichkeiten in Betracht (BGH-Urteil vom 20.4.2005 XII ZR 29/02, NZM 2005, 584 m.w.N.; Emmerich in Staudinger, § 540 BGB Rn. 42 m.w.N.). Der Vollzug eines Untervermieterwechsels auf der Grundlage einer Vereinbarung der Parteien des Hauptmietvertrages setze dabei zwingend voraus, dass alle Untermieter dieser Vereinbarung zustimmen oder sie genehmigen würden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.1.2011 1-24 U 6/10, DWW 2011, 358). Vorliegend hätten die Parteien der gleichlautenden Nachträge vom 29./30.9.2008 einen dreiseitigen Vertrag avisiert (Grundstücksgesellschaften, Q. und ZZ. AG). Es fehle aber an einer Einbeziehung der B. in ihrer Rolle als Untermieterin. Diese sei nicht in die Vertragsüberleitung einbezogen worden. Es existierten auch keine schriftlichen Zustimmungen/Genehmigungen seitens der B. hinsichtlich des Wechsels des Hauptmieters. Zwar verlange der Abschluss eines (Unter-)Mietvertrages für gewerblich genutzte Immobilien nicht zwingend die Schriftform (vgl. § 550 Satz 1 i.V.m. § 578 Abs. 1 BGB). Da die damaligen Untermietverträge mit der Q. jedoch schriftlich fixiert worden seien, wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass mit Abschluss der gleichlautenden Nachträge vom 29./30.9.2008 entsprechende schriftliche Vereinbarungen in Bezug auf die Untermietverträge getroffen worden wären.
58Eine konkludente Zustimmung/Genehmigung seitens der B. sei ebenfalls nicht erkennbar. Diese habe vielmehr weiterhin an die Q. und nicht an die ZZ. AG geleistet. Anzeichen dafür, dass die B. die Erfüllung der Verträge gegenüber der ZZ. AG als vermeintlich neuer Mieterin verlangt habe, seien nicht erkennbar (vgl. BGH-Urteil vom 20.1.2010 VIII ZR 84/09, NZM 2010, 471).
59Auch die zahlreichen formalen „Unebenheiten" sowie die Art und Weise, wie die gleichlautenden Nachträge vom 29./30.9.2008 zu den betreffenden Mietverträgen zustande gekommen seien, sprächen dafür, dass diese nicht in die Wirklichkeit hätten umgesetzt werden sollen.
60Dafür, dass die Q. die Leistungsempfängerin geblieben sei, spreche ferner, dass die ZZ. AG auch tatsächlich nicht (Unter-)Vermieterin gegenüber der B. geworden sei. Sie habe weder übliche Aufwendungen getragen noch notwendige organisatorische Maßnahmen ergriffen, die objektiv belegen würden, dass sie als (Unter-)Vermieterin gegenüber der B. aufgetreten sei. Insoweit sei hervorzuheben, dass die ZZ. AG vor der Vertragsüberleitung nie als Vermieterin von Gewerbeimmobilien in Erscheinung getreten sei. Sie sei als Holding-Gesellschaft des Konzerns eingerichtet gewesen und tätig geworden. Hinsichtlich der Vermietung hätte sie daher einen vermeintlich neuen, bisher nicht existierenden unternehmerischen Geschäftszweig begründen müssen. Ähnlich wie bei der erstmaligen Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit hätte sie daher sowohl finanzielle wie auch organisatorische Maßnahmen ergreifen müssen, um diesen neuen Geschäftszweig erstmals bei sich zu etablieren. Zu solchen sog. Vorbereitungshandlungen, die die Eigenschaft als Unternehmer begründeten, zähle insbesondere der Bezug von Eingangsleistungen, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht werde, etwa die Anmietung von Geschäftsräumen, Marktforschung und -analyse, Erkundung der Rechtslage etc. Derartige Eingangsleistungen habe die ZZ. AG aber nicht getätigt. Sie habe auch für die Verwaltung der Untermietverträge kein neues Personal eingestellt oder dem bestehenden Personal neue Aufgaben zugewiesen oder einen externen Dienstleister hiermit beauftragt. Keiner der Mitarbeiter der ZZ. AG sei mit diesem vermeintlich „neuen" Geschäftszweig betraut gewesen.
61Dass die Q. Leistungsempfängerin geblieben sei, werde zusätzlich dadurch indiziert, dass sie auch nach der vermeintlichen Vertragsüberleitung die Mieten an die Grundstücksgesellschaften gezahlt habe. Für die Bestimmung des Leistungsempfängers sei es zwar nicht alleine maßgeblich, wer die bezogene Leistung bezahlt habe. Gleichwohl sei in solchen Fällen entscheidend, aus welchen Gründen - unternehmerischen oder nichtunternehmerischen - der Dritte die Kosten anstelle des (vermeintlichen) Leistungsempfängers getragen habe. Richtigerweise sei Leistungsempfänger i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG grundsätzlich derjenige, der die Kosten der Leistung getragen habe.
62Die Grundstücksgesellschaften hätten weiterhin die Mietzinszahlungen seitens der Q. geduldet. Insofern hätten sie als Vermieter kein ernstliches Interesse gehabt, die gleichlautenden Nachträge ab dem 1.10.2008 in die Tat umzusetzen. Das OLG J. (Urteil vom 23.10.2015 N12, Rn. 50) habe aus der Kostentragung der Q. Folgendes geschlussfolgert: „Insoweit hat sich keine der am Nachtrag beteiligten Parteien um die sofortige Umsetzung des Vertrags gekümmert. Dass keine der drei beteiligten Vertragsparteien eine frühere Änderung der Zahlungsströme herbeigeführt hat bzw. im Falle der [T.-Fonds] auf eine solche gedrungen hat, ist ein starkes lndiz dafür, dass es den Beteiligten in Wirklichkeit nicht darauf ankam, von wem zunächst die Zahlungen erfolgen, sondern nur, dass sie erfolgen und dass sie bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch aus dem Vermögen der [ZZ. AG] selbst geleistet werden. Dies gilt erst recht, als die Aufnahme der Mietzahlungen an die T.-Fonds mit dem Rücktritt des [BF.] vom Vorstandsvorsitz zusammenfiel."
63Die Vertragsüberleitung stelle im Übrigen eine ungewöhnliche Sonderbehandlung der Grundstücksgesellschaften dar, die vermutlich dazu gedacht gewesen sei, den T.-Fonds eine bessere Gläubigerstellung im Falle einer Insolvenz der ZZ. AG zu verschaffen. Dies habe ebenfalls das OLG J. (Urteil vom 23.10.2015 a.a.G., juris Rn. 49) festgestellt: „[Die] streitgegenständliche Vertragsübernahme [stellt sich] als ungewöhnlich und Besserbehandlung der [lnsolvenzschuldnerin] dar. Denn abgesehen von der [ZZ. AG] und ihren Schwestergesellschaften sowie einem weiteren Fall eines Warenhauses in X. wurden die von der Umstrukturierung betroffenen Zwischenmietverträge nicht auf die [ZZ. AG], sondern auf die [N. GmbH] übertragen. Die [N. GmbH] war – ähnlich wie zuvor die [Q.] - eine bilanziell schwach ausgestattete Gesellschaft. Bereits die [Q.] hatte ein Eigenkapital von nur DM ... und lediglich Forderungen gegen verbundene Unternehmen aufzuweisen. Entsprechend war es bei der [N. GmbH], deren gesamten Aktiva aus Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen bestanden. Diese Aktiva waren im Fall einer Insolvenz des Konzerns der [ZZ. AG] wertlos. Im Übrigen wäre es ohne die Einschaltung einer Zwischenmieterin wirtschaftlich sinnvoll und naheliegend gewesen, die Verträge auf die [B.] selbst zu übertragen. Aber dies wurde nicht realisiert. Es trat die [ZZ. AG] in die Verträge ein, obwohl hierfür kein wirtschaftlicher Anlass bestand, weil die Räumlichkeiten von einer Tochtergesellschaft genutzt wurden [...]. [Es] kam letztlich dazu, dass die [ZZ. AG] die Verträge gerade auf sich selbst übertragen hat und nicht etwa auf die [N. GmbH], wie es in einer Vielzahl der anderen Fälle der Fall war. Dies stellt sich als Sonderbehandlung der [T.-Fonds] dar, da diese Übertragung an die Konzernmutter außer beim Warenhaus in X. nur bei den [T.-Fonds] gewählt wurde."
64Dementsprechend habe das OLG J. (Urteil vom 23.10.2015 N12) in diesem Zusammenhang eine anfechtbare Gläubigerbenachteiligung bejaht, weil die ZZ. AG als insolvente Konzerngesellschaft in bestehende Mietverträge eingetreten sei und dann durch die Aufwertung der Mietforderungen des Vermieters (T.-Fonds) zu voll und vorab zu begleichenden Masseforderungen (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) die Aktiva verkürzt habe.
65Von der fortbestehenden Leistungsbeziehung zwischen den T.-Fonds und der Q. sei des Weiteren auch deshalb auszugehen, weil vor allem die Vermieterin von der Absicht gewusst habe, dass die Änderung des Mietvertrags lediglich zum Schein abgeschlossen worden sei. Die Beteiligten der T.-Fonds seien die Initiatoren der Umschreibung der betreffenden Mietverträge gewesen. Diese hätten schon in 2002 und 2003 bewusst dabei zusammengewirkt, als es um die Veräußerung und spätere Rückvermietung der fünf Warenkaufhäuser der T.-Fonds gegangen sei. Hauptakteure seien T., BF., V. und deren persönlich haftende Gesellschafter B.V., BG. und BH. gewesen. Diese Veräußerung sei seinerzeit für die ZZ. AG wirtschaftlich nachteilig gewesen, weil sie deutlich unter den Marktwerten der Objekte erfolgt sei. Die von der Q. danach zu zahlenden Mieten hätten dagegen mit jährlich über ... EUR erheblich über den marktüblichen Mieten gelegen. Aufgrund der langfristig überhöhten und marktunüblichen Konditionen seien die Mietverträge als „belastende Verträge" eingeschätzt worden (BDO Prüfungsberichts „Konzernabschluss ZZ. AG" Geschäftsjahr 1.10.2007 bis 30.9.2008, ferner OLG J., Urteil vom 23.10.2015 N12).
66Dafür, dass es den Beteiligten nicht darauf angekommen sei, die Vertragsüberleitungen auch tatsächlich umzusetzen, spreche schließlich auch, dass zwischen diesen ein institutionalisierter Interessenkonflikt bestanden habe. So sei beispielsweise BF. nicht an der tatsächlichen Durchführung der Vertragsüberleitung interessiert gewesen, sondern habe lediglich sicherstellen wollen, dass die Mietzahlungen auch im FaIle einer Insolvenz der ZZ. AG weiterhin an die T.-Fonds geleistet würden. Denn er sei an vier der fünf T.-Fonds, teilweise zusammen mit seiner Ehefrau, beteiligt gewesen und habe somit von den hohen Mieteinnahmen profitiert, die die Q. bis Ende September 2008 an die T.-Fonds geleistet habe. Diese Beteiligungen des BF. seien der ZZ. AG zwar bekannt gewesen, als dieser in das Unternehmen der ZZ. AG eingetreten sei, und zwar zunächst als Aufsichtsratsmitglied und Aufsichtsratsvorsitzender sowie später als Vorstandsvorsitzender der ZZ. AG Gleichwohl müsse berücksichtigt werden, dass BF. vor allem durch das Drängen von T. und BG. die besagte Position bei der ZZ. AG zugewiesen bekommen habe. Insofern sei nachvollziehbar, weshalb etwa von Seiten des V. die Beteiligungen an den T.-Fonds nicht kritisch gesehen worden seien, obwohl das V. nicht nur der Hauptkreditgeber der ZZ. AG gewesen sei, sondern auch selbst eine größere Beteiligung an der ZZ. AG gehalten habe. Zudem sei das V. sowie insbesondere BG. selbst an den T.-Fonds im erheblichen Maße beteiligt gewesen. Daneben sei dieser auch Leiter des Bereichs Privatkunden des V. gewesen, bei dem die o.g. Immobilienaktivitäten der T.-Fonds angesiedelt gewesen seien. T., der seit 2002 das gesamte Vermögen der damaligen Großaktionärin der ZZ. AG, BI., verwaltet habe, sei zudem nachweislich aktiv in die wesentlichen strategischen und wirtschaftlichen Entscheidungen der ZZ. AG prägend einbezogen gewesen. Eine weitere Verflechtung habe darin bestanden, dass T. seit Januar 2001 persönlicher Vermögensbetreuer des BF. gewesen sei. Letzterer habe gewusst, dass die Mieteinnahmen der T.-Fonds durch die drohende Insolvenz der ZZ. AG im Herbst 2008 gefährdet gewesen seien. Aufgrund seiner Position als Vorstandvorsitzender der ZZ. AG habe er hierfür die notwendigen Eingriffsmöglichkeiten gehabt, um sicherzustellen, dass die Mieteinnahmen auch im Falle einer drohenden Insolvenz durch die massereichere ZZ. AG gesichert gewesen seien. Nur so Iasse sich auch erklären, warum gerade nur die Mietverträge mit den T.-Fonds auf die ZZ. AG, die restlichen Mietverträge aber auf die N. GmbH übertragen worden seien. Aus diesem Grund habe BK., der Leiter der Rechtsabteilung der ZZ. AG und Mitunterzeichner der gleichlautenden Nachträge vom 29./30.9.2008, die Nachträge aus Furcht vor insolvenzrechtlichen Konsequenzen auch zunächst nicht unterschreiben wollen. Das Landgericht J. habe die hier beschriebenen Beziehungen in seinem Urteil vom 1.10.2013 (N13) als einen „institutionalisierten Interessenkonflikt" zusammengefasst, der auch vom OLG J. (Urteil vom 23.10.2015 N12) so bestätigt worden sei.
67Da die Zahlungen der Vergleichssummen erst nach Beendigung der Organschaft zwischen der ZZ. AG und der Q. im April 2018 erfolgt seien, wäre eine etwaige Vorsteuerkorrektur allenfalls bei der Q. durchzuführen. Die ZZ. AG sei nicht die Empfängerin der betreffenden Mietleistungen der T.-Fonds gewesen, sondern weiterhin die Q.. Die Nachträge der Mietverträge hätten in tatsächlicher Hinsicht niemals eine Wirkung entfaltet. Sofern daher der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 UStG entstanden wäre, obwohl nach der hier vertretenen Ansicht noch keine nachträgliche Entgeltvereinnahmung vorgelegen habe, wäre dieser gegen die Q. als frühere Organgesellschaft zu richten gewesen, weil diese Leistungsempfängerin der betreffenden Mietleistungen gewesen sei.
68Die ZZ. AG habe mit der Q. eine umsatzsteuerliche Organschaft gebildet, die durch die lnsolvenzeröffnung ab dem 0.0.2009 rechtlich nicht mehr bestanden habe (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2016 V R 14/16, BStBl II 2017, 600). Werde das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich, sei der Vorsteuerabzug nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen – dem früheren Organ - zu berichtigen (BFH-Urteil vom 7.12.2006 V R 2/05, BStBl II 2007, 848; FG Köln., Urteil vom 26.8.2015 3 K 2649/14, EFG 2016, 129; FG Münster, Urteil vom 17.3.2011 5 K 1861/07 U, juris; ferner Wäger in Sölch/Ringleb, UStG, § 17 Rn. 83; Korn in Bunjes, UStG, § 17 Rn. 75). Dass umsatzsteuerrechtlich aus "Vereinfachungsgründen" während des Bestehens der Organschaft die Umsätze und Vorsteuerbeträge zusammengefasst und nur gegenüber dem Organträger festgesetzt würden, ändere nichts daran, dass der betreffende Steueranspruch tatsächlich durch die Tätigkeit der Organgesellschaft verwirklicht worden sei und mit dem Ende der Organschaft die umsatzsteuerrechtliche "Vereinfachungsregelung" nicht mehr gelte.
69Das vom FA bezeichnete Verbot des „venire contra factum proprium“ könne schon deshalb keine Anwendung finden, weil das dem Kläger vorgeworfene Verhalten beim FA keinen Vertrauenstatbestand habe auslösen können. Die Parteien der Prozessvergleiche hätten sich geeinigt, dass sowohl die geltend gemachten Anfechtungsansprüche als auch die Anfechtungsansprüche im Hinblick auf die Vertragsüberleitung durch die Zahlung der Vergleichssumme abgegolten seien. Ein Vertrauenstatbestand sei nur gegenüber der anderen Partei begründet worden. Dem Kläger könne kein widersprüchliches Verhalten angelastet werden, weil er lediglich seine ihm obliegenden Rechtsmittel ausgeschöpft habe.
70Schließlich liege auch, entgegen der Auffassung des FA, kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vor. Eine endgültige Verhinderung der Vorsteuerberichtigung sei hier nicht eingetreten. Eine Berichtigung sei lediglich nicht im Streitjahr 2018 vorzunehmen. In diesem Kontext sei des Weiteren zu berücksichtigen, dass die insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüche nicht ausschließlich der ZZ. AG, sondern auch der Q. zugestanden hätten. Das Urteil des BGH vom 7.2.2019 IX RZ 47/18 (BGHZ 221, 87), auf das sich das FA berufe, sei im Übrigen erst nach dem Abschluss der hier maßgeblichen Vergleiche ergangen. Eine Pflicht zur Befolgung der darin niedergelegten Grundsätze habe daher nicht bestanden.
71Die Tatsache, dass in den Vergleichen eine Zahlung an den „Kläger“ vereinbart worden sei, führe entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht zur einer Vorsteuerberichtigung bei der ZZ. AG. Aus dem BFH-Urteil vom 6.12.2023 XI R 5/20 (DStR 2024, 365) ergebe sich, dass der Vorsteuerabzug auch dann bei der Organgesellschaft als Leistungsempfängerin nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen sei, wenn der Leistende ein bereits vereinnahmtes Entgelt an den Organträger zurückzahle, der die Zahlung erfolgreich angefochten habe. Auch wenn sich die Konstellation von derjenigen des Streitfalls unterscheide, sei dem BFH-Urteil die Wertung zu entnehmen, dass die Vorsteuer stets bei dem zu berichtigen sei, der die Leistung empfangen habe. Dass die Q. Leistungsempfängerin gewesen sei, sei bereits ausführlich dargestellt worden.
72Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze vom 17.11.2020, vom 27.5.2021, vom 8.11.2021, vom 11.5.2022, vom 25.7.2022, vom 5.9.2023, vom 19.9.2023, vom 15.4.2024 und vom 28.6.2024 nebst den jeweils eingereichten Anlagen Bezug genommen.
73Der Kläger beantragt,
74den Umsatzsteuerbescheid für 2018 vom 15.09.2020 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2018 um ... EUR reduziert wird;
75hilfsweise, die Revision zuzulassen.
76Das FA beantragt,
77die Klage abzuweisen,
78hilfsweise, die Revision zuzulassen.
79Die Beigeladenen zu 2. bis 6 beantragen,
80die Klage abzuweisen.
81Der Beigeladene zu 1. hat keinen eigenen Antrag gestellt.
82Das FA trägt ergänzend vor: Entgegen der Auffassung des Klägers führe die Rückerstattung der Mietzahlungen auf das Anderkonto der Kanzlei G. mbB zu einer Entgeltrückgewähr i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG, die dem Unternehmensteil „Masse“ in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der ZZ. AG zuzurechnen sei. Darauf, dass die Geldeingänge auf einem Anderkonto dem kontoführenden Rechtsanwalt persönlich zuzurechnen seien, komme es nicht an. In den außergerichtlichen Vergleichsvereinbarungen zwischen den Grundstücksgemeinschaften und dem Kläger sei ausdrücklich festgelegt worden, dass die Vergleichsbeträge auf das betreffende Konto zu zahlen seien. Damit hätten alle Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten und erledigt sein sollen. Demzufolge würden die Überweisungen auf das Anderkonto nicht auf einer isolierten Entscheidung der Grundstücksgesellschaften, sondern auf einer ausdrücklichen und schriftlich dokumentierten Willenserklärung des Klägers beruhen, die darauf gerichtet gewesen sei, dass die Zahlungen nicht auf ein Sonderkonto der Insolvenzmasse, sondern in die Vermögenssphäre eines Dritten gezahlt würden.
83Der Ausgangsfall unterscheide sich insoweit von dem dem Urteil des FG Münster vom 4.7.2019 5 K 2458/16 U (ZInsO 2019, 1957) zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort sei die Zahlung – trotz der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt und eines amtsgerichtlich verhängten Zahlungsverbots - zunächst an den Insolvenzschuldner gelangt. Die Zahlungsflüsse seien also ohne Anweisung bzw. Genehmigung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgt. Im vorliegenden Fall sei es jedoch der Kläger selbst gewesen, der den Zahlungsweg durch die Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung ausdrücklich bestimmt und sich dabei bewusst gegen einen unmittelbaren Zufluss zur Insolvenzmasse der ZZ. AG entschieden habe. Die Zahlung des Vergleichsbetrags auf das Anderkonto eines Dritten mit ausdrücklicher Einwilligung bzw. auf Grund expliziter Anweisung des Klägers in seiner Eigenschaft als Verfügungsberechtigter über den Vergleichsbetrag führe zivilrechtlich zu einer Erfüllung gemäß § 362 Abs. 2 BGB. Denn eine erfüllungswirksame Leistung an einen Dritten liege immer dann vor, wenn entweder der Dritte vom Gläubiger ermächtigt werde, die Leistung in Empfang zu nehmen, oder der Gläubiger - wie hier der Kläger - den Schuldner - hier die jeweilige Grundstücksgesellschaft - ermächtige, die Leistung an den Dritten zu erbringen (Staudinger/Olzen, BGB, § 362, Rz. 43, m.w.N.).
84Aufgrund der hier getroffenen Vereinbarungen mindere sich die Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr des Entgelts tatsächlich erfolgt sei. Dies sei im April 2018 der Fall gewesen, da die dann vorgenommenen Zahlungen auf das Anderkonto auf ausdrückliche Anweisung des verfügungsberechtigten Klägers erfolgt seien. Mit der in den Vergleichen ausdrücklich vereinbarten Gutschrift auf dem Anderkonto sei umsatzsteuerrechtlich - unter Berücksichtigung der Wertungen des § 362 Abs. 2 BGB - im insolvenzrechtlichen Unternehmensteil „Masse“ von einer Entgeltvereinnahmung auszugehen. Denn für eine solche sei es ausreichend, dass der Empfänger der Leistung wirtschaftlich über diese verfügen könne (BFH-Urteil vom 20.12.1962 V 140/60 U, BStBl III 1963, 168). Dies setze im Allgemeinen voraus, dass die Leistung dem Empfänger zur beliebigen Verwendung zur Verfügung stehe (vgl. BFH-Urteil vom 17.7.1981 llI R 134/78, juris). Demzufolge liege eine Entgeltvereinnahmung auch dann vor, wenn – wie hier – der Geber (hier die Grundstücksgesellschaften) die Leistung auf Geheiß des Steuerpflichtigen und Forderungsinhabers (hier des Klägers) an einen Dritten erbringe. Demzufolge könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass das Geld auf dem Anderkonto seinem Zugriff entzogen sei. Denn diesen Umstand habe er selbst wissentlich herbeigeführt.
85Im Übrigen seien die auf dem Anderkonto verwalteten Gelder der ZZ. AG nicht endgültig entzogen worden. Vielmehr seien diese weiterhin wirtschaftlich dem Schuldnervermögen bzw. der Insolvenzmasse zuzurechnen (BFH vom 12.8.2013 VlI B 188/12, ZIP 2013, 2370). Der unmittelbare Anspruch des Insolvenzschuldners gegen die Bank werde bei einem Anderkonto lediglich durch einen Anspruch gegen den (vorläufigen) Insolvenzverwalter als Treuhänder ersetzt (vgl. BGH vom 19.3.1998 IX ZR 242/97, BGHZ 138, 179). Demzufolge gehe bereits der Hinweis des Klägers fehl, dass die auf einem Anderkonto gutgeschriebenen Beträge nicht zur Befriedigung von Masseverbindlichkeiten eingesetzt werden dürften. Denn bei Einrichtung des Anderkontos treffe der Insolvenzverwalter mit sich selbst eine Treuhandabrede zu Gunsten der Insolvenzmasse. Ein solches Insichgeschäft sei entgegen § 181 BGB zulässig, da die Masse daraus lediglich einen rechtlichen Vorteil erlange. Aus der Treuhandabrede folge dann gemäß § 667 BGB ein Anspruch für die Masse auf Auszahlung der auf dem Anderkonto verwahrten Gelder (vgl. Schulte-Kaubrügger, ZIP 2011, 1400, 1402, m.w.N.). Entsprechend seien - jedenfalls bis zur Veröffentlichung des BGH-Urteils vom 7.2.2019 IX ZR 47/18 (BGHZ 221, 87) - in der ganz überwiegenden Zahl von Insolvenzverfahren Anderkonten eingerichtet worden. Auf diese Weise sei es für den (vorläufigen) Insolvenzverwalter möglich gewesen, störungsfrei am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen, um z.B. eingegangene, notwendige Verpflichtungen (= Masseverbindlichkeiten) jederzeit rechtzeitig erfüllen zu können (vgl. Diskussionspapier des Bankenverbandes vom 30.8.2019 zum Urteil des BGH vom 7.2.2019, https://bankenverband.de/media/files/2019_09_11_BdB_Diskussionspapier_BGH_Insolvenzverwalterkonto.pdf). Daher seien Insolvenzverwalter nicht nur dazu berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, Gelder auf einem Anderkonto für die Tilgung von Masseverbindlichkeiten einzusetzen. Ausgehend von diesen Überlegungen habe die finanzgerichtliche Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass bereits der Zahlungseingang auf einem Anderkonto zu einem Zufluss beim Steuerpflichtigen i.S.v. § 11 EStG führe (BFH vom 29.11.2000 I R 102/99, BStBl II 2001, 195, und vom 30.1.1986 IV R 125/83, BStBl II 1986, 404; FG Baden-Württemberg vom 17.12.2009 3 K 154/07, DStRE 2011, 613; so auch OLG Frankfurt vom 30.10.2012 14 U 141/11, juris, Rz. 133). Dem folgend sei das LAG Köln. im Urteil vom 21.03.2018 6 Sa 947/17 zu der Auffassung gelangt, dass ein Arbeitnehmer schon mit der Überweisung des Arbeitsentgelts auf ein Anderkonto über den Betrag im steuerrechtlichen Sinne verfügen könne, mit der Folge, dass der Arbeitgeber bereits zu diesem Zeitpunkt zur Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet sei. Wenn jedoch die Gutschrift auf einem Anderkonto einen ertragsteuerlichen Zufluss zur Folge habe, müsse eine Zahlung auf das Anderkonto ebenso zu einer Entgeltrückgewähr i.S.v. § 17 UStG führen.
86Letztlich lasse der Kläger bei seinen Ausführungen unberücksichtigt, dass der BFH schon wiederholt entschieden habe, dass die im Zusammenhang mit Zuflüssen auf dem Anderkonto begründeten Steuerschulden Masseverbindlichkeiten darstellten. Exemplarisch werde auf das BFH-Urteil vom 16.4.2015 III R 21/11 (BStBl II 2016, 29) verwiesen. Darüber hinaus sei das BFH-Urteil vom 27.9.2018 V R 45/16 (BStBl II 2019, 356) anzuführen. In diesem Verfahren sei über die Frage zu entscheiden gewesen, ob die Vereinnahmung des Entgelts für eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte Leistung durch den Insolvenzschuldner im Rahmen der Eigenverwaltung eine Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstelle. Aus den Sachverhaltsfeststellungen in der dem Revisionsverfahren vorhergehenden erstinstanzlichen Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 15.6.2016 9 K 2564/14 sei ersichtlich, dass nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Anderkonto zugunsten des Sachwalters eingerichtet worden sei, auf das die Leistungsempfänger ihre Zahlungen erbracht hätten. Obwohl diese Zahlungen also - unter Berücksichtigung der vom Kläger genannten Rechtsprechung - formalrechtlich dem kontoführenden Sachwalter zuzurechnen gewesen seien, hätten sowohl das FG Baden-Württemberg als auch ihm nachfolgend der BFH die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UStG unzweifelhaft als erfüllt angesehen und die dadurch begründeten Steuernachforderungen den Masseverbindlichkeiten zugeordnet.
87Eine andere Beurteilung würde zu dem abwegigen Ergebnis führen, dass die Festsetzung von Masseverbindlichkeiten dadurch verhindert werden könne, dass der Insolvenzverwalter zunächst durch eine im Rahmen des Abschlusses der Vergleichsvereinbarungen getroffene Entscheidung die Entgeltsvereinnahmung in der Insolvenzmasse der ZZ. AG bewusst vereitele, um sich dann im Rahmen des Besteuerungsverfahrens auf diesen - von ihm selbst herbeigeführten - fehlenden Massezufluss zu berufen. Es liege auf der Hand, dass die Besteuerung von zurückgewährten Entgelten nicht davon abhängig sein könne, dass der Unternehmer durch ein aktives Handeln einen unmittelbaren Zufluss verhindere und zugleich einen Dritten begünstige.
88Soweit der Kläger vortrage, dass die Verträge, wonach die ZZ. AG ab dem 1.10.2008 Mieterin der einzelnen Immobilien geworden sei, nur zum Schein abgeschlossen worden seien, handele es sich um Spekulationen und unbewiesene Behauptungen, die nicht dazu geeignet seien, die Wirksamkeit der schriftlich fixierten Verträge ernsthaft in Zweifel zu ziehen. In diesem Zusammenhang seien insbesondere nochmals folgende Tatsachen hervorzuheben:
89Zwischen den Grundstücksgesellschaften, der Q. und der ZZ. AG sei schriftlich vereinbart worden, dass die Q. mit Wirkung zum 30.9.2008 aus dem jeweiligen Mietvertrag ausscheide und die ZZ. AG an deren Stelle als neue Mieterin in den jeweiligen Mietvertrag eintrete. Zugleich sei geregelt worden, dass Ansprüche der Grundstücksgesellschaften gegenüber der Q. nach Ablauf des 30.9.2008 nicht mehr bestehen würden. In den Schlussbestimmungen heiße es, dass der Vertrag das Vereinbarte vollständig wiedergebe.
90Der Insolvenzverwalter der Q. habe dem FA schriftlich mitgeteilt, dass die Q. infolge der Umschreibung der Mietverträge auf die ZZ. AG mit Wirkung zum 1.10.2008 weder „vertragliche noch tatsächliche Nutzerin der Immobilien" gewesen sei.
91Die Grundstücksgesellschaft S. habe in einem Schreiben vom 30.10.2019 gegenüber dem FA explizit angegeben, dass aus ihrer Sicht die ZZ. AG ab dem 1.10.2008 Mieterin gewesen sei. Die vorstehenden Ausführungen zeigten, dass - anders als der Kläger vortrage - offensichtlich nicht alle an dem Vertragsabschluss beteiligten Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass die Vertragsumschreibung auf die ZZ. AG nur zum Schein erfolgt sei.
92Der vormalige Insolvenzverwalter der ZZ. AG habe die Mietvertragsverhältnisse am 00.0.2009 mit Wirkung zum 31.12.2009 gekündigt.
93Die Mietdauerrechnungen für die ab dem 1.10.2008 erbrachten Leistungen seien an die ZZ. AG gerichtet worden.
94Die Rechnungen der Grundstücksgesellschaften für die nach der Insolvenzeröffnung erbrachten Mietleistungen seien an den Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der ZZ. AG gerichtet (vgl. exemplarisch die Rechnung der GrundstücksgeselIschaft H. vom 15.5.2018).
95Die Klagen vor dem Landgericht P. gegen die Grundstücksgesellschaften wegen der Rückzahlung von Mieten seien vom Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der ZZ. AG erhoben worden. Aus der Klagebegründung ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die Mietverträge zwischen der ZZ. AG und den Grundstücksgesellschaften nur zum Schein abgeschlossen worden seien. Exemplarisch werde auf die Seiten 5 und 6 der Klagebegründung vom 28.6.2016 in dem Rechtsstreit gegen die Grundstücksgesellschaft S. verwiesen, auf denen die zum 1.10.2008 veränderten Mietverhältnisse anhand von Schaubildern illustriert worden seien. Auf den Seiten 8 und 9 seien dann nochmals die Mietvertragsverhältnisse – ohne jeglichen Hinweis auf Scheingeschäfte – dargestellt. Darüber hinaus werde bei der Begründung der geltend gemachten insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüche nach § 133 Abs. 1 InsO maßgeblich auf die Verhältnisse bei der ZZ. AG abgestellt (vgl. z.B. Seite 12 der Klagebegründung).
96Im Übrigen seien noch folgende Darstellungen auf den Seiten 27 und 28 der Klagebegründung hervorzuheben:
97Seite 27: „Vorliegend hatte die Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch darauf, dass die Zahlungen für die Monate Oktober 2008 bis März 2009 von der C. ... GmbH gezahlt wurden. Schuldnerin der Mieten und Nebenkosten war nach der Vertragsüberleitung zum 1. Oktober 2008 ausschließlich die ZZ AG.“
98Seite 28: „Aufgrund der Vertragsüberleitung war die ZZ. AG auch schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Leistung der die Insolvenzgläubiger benachteiligenden Zahlung des Mietzinses verpflichtet."
99Demzufolge verstricke sich der Kläger in erhebliche Widersprüche zu seinem Vorbringen zu den Vertragsverhältnissen im zivilgerichtlichen Verfahren.
100Auch wenn es für die Bestimmung des zivilrechtlichen Leistungsempfängers nicht entscheidungserheblich sei, werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Q. nach dem Bekunden ihres Insolvenzverwalters wirtschaftlich mit den ab dem 1.10.2008 zu leistenden Mietzahlungen tatsächlich nicht belastet worden sei. So hätten die Bevollmächtigten von W. am 27.3.2019 folgendes mitgeteilt: „Die Q. hat die Mietzahlungen an die V.-T. über ihr Mietvertragsverwaltungssystem entsprechend angestoßen und über das Konzern-Treasury der ZZ. AG zahlen lassen - dies wurde auf dem Cash-Pool Konto entsprechend verbucht. Auf der anderen Seite hat die Q. die Mietbuchungen gegen die ZZ. AG gebucht und im Rahmen des Korrekturlaufs verarbeitet. Diese Konten wurden separat abgebildet, um eine entsprechende Abstimmung zu ermöglichen. Die Forderungen und Verbindlichkeiten aus den Buchungen / Zahlungen haben sich entsprechend aufgehoben, so dass für die Q. bilanziell und finanziell keine Belastung entstanden ist.“
101Im Übrigen seien die Mietzahlungen ab April 2009 unstreitig von der ZZ. AG geleistet worden.
102Selbst wenn in der Vertragsüberleitung zum 1.10.2008 aber ein Scheinvertrag zu sehen sein sollte, könne sich der Kläger hierauf nach dem Rechtsgrundsatz des venire contra factum proprium in diesem Klageverfahren nicht berufen. Zu berücksichtigen sei etwa, dass die ZZ. AG selbst und nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen am 0.0.2009 auch der bestellte Insolvenzverwalter nachhaltig im Außenverhältnis so aufgetreten seien, als hätten zwischen der ZZ. AG und den fünf Grundstücksgesellschaften im Zeitraum vom 1.10.2008 bis 31.12.2009 wirksame zivilrechtliche Mietverträge bestanden. Insbesondere habe der Kläger in den beim LG P. gegen die Grundstücksgesellschaften angestrengten Klageverfahren die geltend gemachten Insolvenzanfechtungsansprüche maßgeblich auf eine wirksame Überleitung des Mietvertragsverhältnisses auf die ZZ. AG zum 1.10.2008 gestützt. Demzufolge habe sich der Kläger einerseits zwecks Geltendmachung von massezugehörigen - also für ihn vorteilhaften - Ansprüchen auf einen wirksamen Mietvertrag berufen und damit inzident das Vorliegen eines Scheingeschäfts verneint, um nunmehr im Besteuerungsverfahren zwecks Abwehr von Steuernachforderungen kontradiktorisch von einem Scheinmietvertrag zu sprechen. Hierin sei offenkundig ein verbotenes und widersprüchliches Verhalten zu sehen. Denn das Vorbringen im zivilgerichtlichen Verfahren habe maßgeblich zu dem Abschluss der Vergleichsvereinbarungen und damit zu den im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Mietrückzahlungen geführt. Demzufolge müsse sich der Kläger aber auch bei der steuerlichen Beurteilung dieser Entgeltrückgewähr an seinem zivilrechtlichen Vorbringen zur Wirksamkeit der Mietverträge in der Weise festhalten lassen, dass die ZZ. AG als Empfängerin der Mietleistungen ab dem 1.10.2008 anzusehen sei.
103Hilfsweise wäre in der vorliegenden Sache, wenn die Gutschrift der Mietrückzahlungen auf dem Anderkonto tatsächlich nicht den Tatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG erfüllen würde, von einer unangemessenen Gestaltung i.S.v. § 42 AO auszugehen.
104Wegen der weiteren Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 28.1.2021, vom 12.7.2021, vom 28.2.2022, vom 11.7.2022 und vom 27.3.2024 Bezug genommen.
105Der Beigeladene zu 1. vertritt die Auffassung, dass bei der Q. keine Vorsteuerberichtigung in Betracht komme. Diese habe aus den Vergleichen bis heute keinerlei Zahlung erhalten, so dass keine Entgeltrückgewähr vorliege. Im Übrigen sei die Vorsteuer nicht in 2018, sondern in 2008 (ggf. in 2009) zu berichtigen, denn die Insolvenzanfechtung falle unter die Altfallregelung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 8.3.2024 und vom 4.4.2024 Bezug genommen.
106Die Beigeladenen zu 3. bis 5. (Grundstücksgesellschaften J., K. und H.) vertreten die Auffassung, dass es sich bei den Vergleichszahlungen der Grundstücksgesellschaften an den Kläger um Entgeltrückzahlungen gehandelt habe, die bei der Masse der ZZ. AG zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG führen müssten. Es könnten keine Zweifel daran bestehen, dass es sich bei den Zahlungen der Grundstücksgesellschaften um Leistungen an den Kläger handle. Dieser habe in den gegen sie geführten Rechtsstreiten Zahlungen an sich verlangt und die Ansprüche damit begründet, dass die ZZ. AG Mieter gewesen sei und die Miete bezahlt habe. Hilfsweise habe er sich zwar darauf gestützt, dass Ansprüche der Q. an ihn abgetreten und diese ebenfalls durch Leistung an ihn zu erfüllen seien. Darüber sei aber zu keinem Zeitpunkt verhandelt worden. Diese Ansprüche seien weder Gegenstand der gerichtlichen Erörterung noch der Vergleichsverhandlungen gewesen.
107Entgegen der Auffassung des Klägers sei von einer erfolgten Rückzahlung seitens der Grundstücksgesellschaften auszugehen. Zur Abwicklung der Zahlungen habe sich der Kläger eines Dritten, nämlich der Kanzlei G. mbB, bedient. Das bedeute aber nicht, dass ihm die Zahlung nicht zugeflossen sei. Entscheide sich der leistende Unternehmer dazu, sich für Zahlungen eines Zahlungsabwicklers zu bedienen, müsse er sich dessen Verhalten zurechnen lassen. Der Kläger habe in dem Moment, in dem die Vergleiche abgeschlossen worden seien, durch die Angabe des Empfängerkontos wirtschaftlich über die Rückforderungsbeträge verfügen können. Die Zahlungen seien, wie er selbst einräume, bei den Grundstücksgesellschaften abgeflossen. Zivilrechtlich sei mit dem Zahlungseingang auf dem vereinbarten Konto, auch wenn es sich um das Konto eines Dritten gehandelt habe, Erfüllung eingetreten. Umsatzsteuerrechtlich sei zu diesem Zeitpunkt die Entgeltminderung eingetreten. Die Verpflichtung entstehe mit dem Empfang der zu leistenden Rückzahlung. Diese Rückzahlung sei erfolgt. Dass der Zahlungseingang auf einem Anderkonto erfolgt sei, sei für die Frage der Vorsteuerberichtigung ohne Bedeutung, denn der Kläger habe über dieses verfügen können. Es gelte das Recht der Geschäftsbesorgung nach §§ 675, 667 BGB. Danach sei die Kanzlei G. mbB verpflichtet gewesen, die Vergleichsbeträge unverzüglich nach ihrem Eingang an den Kläger auszukehren. Auch berufsrechtlich habe eine entsprechende Verpflichtung bestanden (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BOR). Das Kontoguthaben bei der Kanzlei G. mbB sei daher zwar kein Bestandteil der Insolvenzmasse gewesen, wohl aber der gleichwertige Herausgabeanspruch gegen die Kanzlei G. mbB. Warum der Kläger von seinem Recht auf Herausgabe keinen Gebrauch gemacht habe, bleibe sein Geheimnis. Sollte der Grund darin liegen, dass das Geld unter Umständen dem Insolvenzverwalter der Q. zustehe, habe er mit diesem vereinbart, dessen Anteil innerhalb von vier Wochen nach Eingang an ihn auszukehren. Mit dessen Ansprüchen sei der Kläger daher seit Jahren in Verzug.
108Die BFH-Entscheidung vom 6.12.2023 XI R 5/20 sei im Streitfall – entgegen der Darstellung des Klägers – nicht einschlägig. Die Anwendung würde voraussetzen, dass derjenige, der die Zahlung im zivilrechtlichen Sinne geleistet habe, im umsatzsteuerlichen Sinne nicht Empfänger der Leistung gewesen sei. Dies sei hier nicht der Fall, da die ZZ. AG Mieterin der Immobilien der Grundstücksgesellschaften gewesen sei.
109Für die weiteren Einzelheiten der Ausführungen der Beigeladenen zu 3. bis 5. in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf deren Schriftsätze vom 13.3.2024 und vom 6.6.2024 Bezug genommen.
110Die Beigeladenen zu 2. und 6. haben sich mit Schriftsatz vom 18.3.2024 den Ausführungen der Beigeladenen zu 3. bis 5. inhaltlich angeschlossen.
111Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vom FA vorgelegten Akten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
112E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
113A. Der Senat legt die Klage dahingehend aus, dass sie vom Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der ZZ. AG erhoben wurde.
114Der Klageschrift vom 9.9.2020 ist auslegungsbedürftig. Ihr lässt sich nicht eindeutig entnehmen, in wessen Namen die Klage erhoben werde sollte. Im Rubrum der Klageschrift wird als Klägerin die ZZ. AG, vertreten durch ihren Insolvenzverwalter – den Kläger – bezeichnet. In den nachfolgenden Ausführungen wird ebenfalls mehrfach von „der Klägerin“ gesprochen. Zugleich wird in der Klageschrift aber ebenfalls explizit ausgeführt, dass „der Kläger (…) sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren fort(führt)“. Der der Klageschrift beigefügten Einspruchsentscheidung ist diesbezüglich zu entnehmen, dass ihr Inhaltsadressat u.a. der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der ZZ. AG ist.
115Da nach § 80 InsO mit der Insolvenzeröffnung die Prozessführungsbefugnis in Bezug auf die die Insolvenzmasse betreffenden Steuerbescheide auf den Insolvenzverwalter übergeht (vgl. BFH-Beschluss vom 19.6.2006 VIII B 235/04, BFH/NV 2006, 2091) und nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung im Zweifelsfall anzunehmen ist, dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.2009 IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427), legt der Senat die vorliegende Klage dahingehend aus, dass sie namens des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ZZ. AG erhoben wurde.
116B. Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
117Der Umsatzsteuerbescheid für 2018 vom 15.9.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit Recht hat das FA bei der Umsatzsteuer der ZZ. AG für das Streitjahr 2018 eine die Umsatzsteuer erhöhende Vorsteuerberichtigung in Höhe von ... EUR vorgenommen. Die Voraussetzungen einer solchen Vorsteuerberichtigung gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG liegen vor. Dadurch, dass die Grundstücksgesellschaften nach Abschluss der fünf Vergleichsvereinbarungen im März 2018 die von ihnen bereits vereinnahmten Mietentgelte im Folgemonat April 2018 teilweise zurückerstattet haben, sind die ursprünglichen Mietforderungen insoweit wieder aufgelebt und aufgrund der Insolvenz der ZZ. AG uneinbringlich geworden. Die Pflicht der Grundstücksgesellschaften, die Umsatzsteuer entsprechend zu berichtigen, zielt eine Pflicht der ZZ. AG nach sich, ihrerseits die Vorsteuer gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. Die vom Kläger hiergegen gerichteten Argumente greifen nicht durch.
118I. 1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen.
119Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG).
120Unionsrechtlich beruhen diese Vorschriften auf Art. 90, 185 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Soweit es um den Vorsteuerabzug geht, ist dieser zu berichtigen, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, geändert haben (Art. 185 Abs. 1 MwStSystRL). In Fällen, in denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wird, können die Mitgliedstaaten eine Berichtigung verlangen (Art. 185 Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSystRL). Nach Art. 186 MwStSystRL legen die Mitgliedstaaten die Einzelheiten für die Anwendung der Art. 184 und 185 MwStSystRL fest. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland durch § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 UStG Gebrauch gemacht.
1212. Uneinbringlich i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG ist ein Entgelt, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann (vgl. BFH-Urteil vom 29.3.2017 XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738 m.w.N.). Auch ein bereits vereinnahmtes Entgelt kann uneinbringlich werden, wenn es zur Rückgewähr des Entgelts kommt und der Unternehmer seinen Entgeltanspruch auch nicht anderweitig durchsetzen kann (vgl. BFH-Urteil vom 20.5.2010 V R 5/09, BFH/NV 2011, 77). Eine solche Rückgewähr kann wiederum auf einer Insolvenzanfechtung beruhen (vgl. BFH-Urteil vom 29.3.2017 XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738; BFH-Beschluss vom 13.11.2018 V B 60/18, BFH/NV 2019, 134).
1223. Zahlt daher etwa ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurück, führt dies bei ihm zu einer Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG. Die ursprünglichen Zahlungsansprüche des Gläubigers leben unter den Voraussetzungen des § 144 InsO wieder auf, sind jedoch aufgrund der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Leistungsempfängers umsatzsteuerlich als uneinbringlich zu behandeln (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24.8.2023 V R 29/21, BFHE 282, 136). Die in § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 UStG angeordnete Berichtigung des Steuerbetrags im Fall der Uneinbringlichkeit hat nach dem ebenfalls von der Rechtsfolgenverweisung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG umfassten § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG eine korrespondierende Pflicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger zur Folge (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24.8.2023 V R 29/21, BFHE 282, 136).
1234. Die gleichen Grundsätze wie bei einer Insolvenzanfechtung gelten auch dann, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger eine vollständige oder teilweise Rückzahlung des (bereits vereinnahmten) Entgelts im Vertragswege vereinbaren. Die bloße Vereinbarung über die Herabsetzung des Kaufpreises führt in diesem Fall noch nicht zur Entstehung eines Berichtigungsanspruchs. Hinzukommen muss in diesem Fall noch die tatsächliche Rückgewähr des ursprünglich gezahlten Entgelts (BFH-Urteile vom 18.9.2008 V R 56/06, BStBl II 2009, 250; vom 20.5.2010 V R 5/09, BFH/NV 2011, 77).
124II. Die eingangs dargestellten Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung im Falle einer aufgrund einer Insolvenzanfechtung nachträglich eingetretenen Uneinbringlichkeit liegen im Streitfall vor.
1251. Die ZZ. AG war– entgegen der Auffassung des Klägers – Leistungsempfängerin der von den Grundstücksgesellschaften im Zeitraum vom 1.10.2008 bis zum 31.5.2009 erbrachten Mietleistungen.
126a) Ausweislich der gleichlautenden Nachträge vom 29.9./30.9.2008 zu den fünf Mietverträgen mit den Grundstücksgesellschaften ist die Q. zum 1.10.2008 aus diesen ausgeschieden und die ZZ. AG an ihrer Stelle in die Mietverträge eingetreten. Ausschließlich die ZZ. AG war damit ab diesem Zeitpunkt zivilrechtlich als Mieterin aus den Mietverträgen mit den Grundstücksgesellschaften berechtigt und verpflichtet. Sie wurde damit zugleich in umsatzsteuerlicher Hinsicht zur Leistungsempfängerin der Mietleistungen. Denn nach umsatzsteuerlichen Grundsätzen ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 30.3.2006 V R 9/03, BFHE 213, 144, BStBl II 2006, 933).
127b) Bei dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge mit den Grundstücksgesellschaften handelte es sich auch nicht um ein steuerlich gem. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO unbeachtliches Scheingeschäft.
128Der Begriff des Scheingeschäfts entspricht der Definition in § 117 BGB. Ein Scheingeschäft liegt danach vor, wenn die Vertragspartner einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit diesem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen aber nicht eintreten lassen wollen (vgl. BFH-Urteil vom 29.9.2022 V R 29/20, BFHE 278, 363, BStBl II 2023, 986). Nach außen hin soll nur der Anschein einer Verbindlichkeit erweckt werde.
129Vorliegend hat der insoweit beweisbelastete Kläger zwar im Schriftsatz vom 17.11.2020 (Seiten 13 und 21) behauptet, dass die gleichlautenden Nachträge vom 29.9./30.9.2008 nur zum Schein geschlossen worden seien, diese Tatsache aber nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt und nachgewiesen.
130Abgesehen davon geht der Kläger im Rahmen seiner weiteren Argumentation im Schriftsatz vom 17.11.2020 selbst davon aus, dass der Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge mit den Grundstücksgesellschaften mit Rechtsbindungswillen erfolgte. Denn die vom Kläger unterstellte Zielsetzung, dass den Grundstücksgesellschaften mit dem Eintritt der ZZ. AG eine bessere Ausgangsposition in der drohenden Insolvenz verschafft werden sollte, konnte nur bei einem insoweit bestehenden Rechtsbindungswillen erreicht werden. Dafür, dass tatsächlich ein solcher Rechtsbindungswille vorhanden war, sprechen nach Auffassung des Senats des Weiteren auch die vom Kläger selbst zitierten Aussagen des BK., seinerzeit Leiter der Rechtsabteilung der ZZ. AG und Mitunterzeichner der gleichlautenden Nachträge vom 29.9./30.9.2008 (vgl. Seite 20 f. des Schriftsatzes vom 17.11.2020; das Zitat stammt aus dem Urteil des OLG J. vom 23.10.2015 N12). Sinngemäß ist diesen Aussagen zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt der Abschluss der Nachträge auf Konzernebene beabsichtigt war, die Mietverträge von der Q. „wegzubekommen“, und T., der als schwieriger Verhandlungspartner bekannt war, daher die ZZ. AG als attraktivste Gesellschaft im Konzern als neuen Vertragspartner der Mietverträge angeboten wurde.
131Soweit der Kläger in seinem zeitlich nachfolgenden Schriftsatz vom 8.11.2021 (Seite 9 f.) von einen „doppelten Anschein“ dergestalt ausgeht, dass von den Parteien der Nachträge vom 29.9./30.9.2008 nur scheinbar das Ziel der Absicherung verfolgt worden sei, die Überleitungsverträge nur für den Fall der Insolvenz als Beweismittel hätten dienen und sich in Wirklichkeit in rechtlicher Hinsicht nichts hätte ändern sollen, sieht der Senat hierin eine reine Spekulation, die nicht anhand von konkreten Tatsachen oder Indizien untermauert wurde.
132c) Der Auffassung des Klägers, dass vorliegend eine abweichende Bestimmung des Leistungsempfängers dergestalt geboten sei, dass die Q. und nicht die ZZ. AG als Leistungsempfängerin der Mietleistungen anzusehen sei, folgt der Senats nicht.
133aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH kommt im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände eine von den "vertraglichen Vereinbarungen" abweichende Bestimmung des Leistenden in Betracht. So hat etwa der EuGH mit Urteil vom 20.6.2013 C-653/11 („Newey“, MwStR 2013, 373) entschieden, dass zwar die vertragliche Situation normalerweise die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen widerspiegele, es sich jedoch herausstellen könne, dass einige Vertragsbestimmungen gelegentlich die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen nicht vollständig abbilden würden. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sich herausstellte, dass die betreffenden Vertragsbestimmungen eine rein künstliche Gestaltung darstellten, die mit der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität der Transaktionen nicht übereinstimmten. Es sei dann Sache des vorlegenden Gerichts, mit einer Analyse des gesamten Sachverhalts des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob die Vertragsbestimmungen die wirtschaftliche Realität widerspiegelten. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten die Vertragsbestimmungen in der Weise neu definiert werden, dass auf die Lage abgestellt werde, die ohne die diese missbräuchliche Praxis darstellenden Transaktionen bestanden hätte.
134bb) Dieser Rechtsprechung hat sich auch der BFH angeschlossen. Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung ist Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuerrechts zwar grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (Schuldverhältnis) als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 30.4.2014 XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239). Wird aber unter Missachtung dieses Anspruchs die Leistung tatsächlich gegenüber einem Dritten erbracht, so ist Leistungsempfänger nicht der Anspruchsinhaber, sondern der Dritte (BFH-Urteil vom 1.6.1989 V R 72/84, BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677; BFH-Beschluss vom 22.2.2008 XI B 189/07, BFH/NV 2008, 830). Nicht maßgeblich ist nach der Auffassung des BFH dagegen, wem die empfangene Leistung wirtschaftlich zuzuordnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.10.1994 V R 96/92, BFH/NV 1995, 459) oder wer sie bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 5.10.1995 V R 113/92, BFHE 178, 493, BStBl II 1996, 111).
135cc) Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass keine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Zurechnung der Mietverhältnisse auf die Q. (als Leistungsempfängerin) geboten ist. Auch nach Würdigung der vom Kläger für eine solche abweichende Zurechnung aufgeführten Argumente und der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie anhand konkreter Anhaltspunkte für den Senat feststellbar sind, vermag dieser in dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge zwischen der Q. und den Grundstücksgesellschaften keine rein künstliche Gestaltung zu sehen, die mit der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität nicht übereinstimmt. Aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalls geht der Senat vielmehr davon aus, dass der Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zutreffend widerspiegelt. Als ausschlaggebend sieht der Senat insoweit insbesondere den Umstand an, dass in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge sowohl auf Ebene der ZZ. AG als auch auf Ebene der Q. rechtliche, buchhalterische und organisatorische Maßnahmen getroffen wurden, um der geänderten Rechtslage Rechnung zu tragen. Der Senat lässt sich bei seiner Würdigung insbesondere von folgenden Erwägungen leiten:
136(1) Der Vortrag des Klägers, dass die T.-Fonds als Vermieter tatsächlich weiterhin stets und nach außen erkennbar an die Q. als Mieterin hätten leisten wollen (so die Argumentation im Schriftsatz vom 17.11.2020, Seite 13), stellt nach Auffassung des Senats eine bloße Behauptung dar, die nicht durch entsprechende Tatsachen untermauert wurde. Es finden sich weder in den Finanzamtsakten noch in den Schriftsätzen der Klägerin oder anderer Beteiligter Anhaltspunkte, die diese Behauptung des Klägers stützen würden. Auch unter logischen Gesichtspunkten erscheint diese Behauptung eher fernliegend. Wie bereits im Zusammenhang mit der Scheingeschäftsproblematik anhand der Aussagen des BK. dargestellt wurde, dürften die T.-Fonds es durchaus als vorteilhaft angesehen haben, die ZZ. AG als Mietvertragspartner zu haben und ihre Mietleistungen an diese zu erbringen. Ein Interesse daran, statt dessen weiterhin an die bloße Zwischenmietgesellschaft Q. leisten zu wollen, ist für den Senat in keiner Weise erkennbar.
137(2) Soweit der Kläger seine Auffassung, dass eine abweichende Zurechnung auf die Q. gerechtfertigt sei, darauf stützt, dass in zivilrechtlicher Hinsicht „die Untermietverträge (…) niemals an die neuen vertraglichen Bedingungen der (Haupt-)Mietverhältnisse angepasst (wurden)“, trifft diese Behauptung der Sache nach nicht zu. Eine konzerninterne Anpassung der Untermietverträge unter Einbeziehung der B. erfolgte zwar nicht unmittelbar zum Zeitpunkt des Eintritts der ZZ. AG in die Mietverträge, wohl aber durch die weiteren Nachträge zu den Mietverträgen vom 25.2.2009. Es wurden daher konzernintern durchaus rechtliche Schlussfolgerungen aus den Nachträgen zu den Mietverträgen vom 29.9./30.9.2008 gezogen.
138Der Senat verkennt in diesem Punkt nicht, dass der erst am 25.2.2009 geregelte Vermieterwechsel Fragen aufwirft, zumal die Parteien der Änderungsverträge diesen nicht rückwirkend, sondern mit Wirkung zum 1.4.2009 vereinbart haben. Gleichwohl bildet dieser zweitweise bestehende Widerspruch zwischen der Stellung der ZZ. AG als Mieterin im Außenverhältnis und der fortbestehenden Vermieterstellung der Q. im Innenverhältnis nach Auffassung des Senats kein durchgreifendes Indiz für die Annahme einer einer bloß „formalen“, rein künstlichen Gestaltung. Denn nach Ansicht des Senats spricht ein anderes Indiz dafür, dass die rechtlichen Anpassungsmaßnahmen, die aufgrund des Eintritts der ZZ. AG in die Mietverträge zu erfolgen hatten, entgegen der konzerninternen Vereinbarungen vom 25.2.2009 de facto rückwirkend zum Eintrittszeitpunkt umgesetzt wurden. Wie die BD. GmbH mit Schreiben vom 27.3.2019 im Einspruchsverfahren unwidersprochen vorgetragen hat, wurden nämlich Ende März 2009 die bis dahin über den Buchungskreis der Q. erfolgten Mietbuchungen vollständig in den Buchungskreis der ZZ. AG überführt.
139Im Rahmen einer Gesamtwürdigung der vorgenannten Umstände ist der Senat im Ergebnis zu der Überzeugung gelangt, dass keine künstliche, den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechende Gestaltung geschaffen werden sollte, sondern dafür, dass die konzerninterne Umstellung des Mieterwechsels von der Q. zur ZZ. AG organisatorische Probleme bereitete und daher zeitlich erst im März 2009 abgeschlossen werden konnte. Als entscheidend sieht der Senat den Umstand an, dass letztlich – wenn auch mit zeitlicher Verzögerung – auf Ebene der beteiligten Konzerngesellschaften die aus dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge erforderlichen rechtlichen Konsequenzen gezogen wurden.
140(3) Gleiches gilt im Zusammenhang mit der vom Kläger thematisierten Frage der Kostentragung. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob – wie vom Kläger behauptet – die den Grundstücksgesellschaften zustehenden Mietentgelte für die Zeit vom 1.8.2008 bis zum 31.3.2009 von der Q. gezahlt worden sind oder ob diese lediglich formal in den Überweisungstexten als Auftraggeberin benannt war, während die Geldmittel faktisch aus dem Konzern-Treasury der ZZ. AG stammten und damit ihr die Zahlungen zuzurechnen sind. Auch in diesem Punkt sieht es der Senat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung als entscheidend an, dass, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, im Ergebnis die erforderlichen Konsequenzen aus dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge mit den Grundstücksgesellschaften gezogen und diese mit den entsprechenden Kosten belastet wurde. Die Mietzahlungen bis März 2009 sind zunächst buchhalterisch der Q. zugerechnet wurden. Wie die BD. GmbH aber in ihrem Schreiben vom 27.3.2019 ausgeführt hat und was vom Kläger auch nicht bestritten wurde, wurden sodann im Rahmen eines im März 2009 durchgeführten Korrekturlaufs die zunächst im Buchungskreis der Q. erfassten Mietbuchungen und Zahlungen bei dieser dergestalt neutralisiert, dass für diese bilanziell und finanziell keine Belastung verblieb.
141(4) Vor diesem Hintergrund geht nach Ansicht des Senats auch das Argument des Klägers fehl, dass die ZZ. AG vor ihrem Eintritt in die Mietverträge noch nie als Vermieterin von Gewerbeimmobilien in Erscheinung getreten sei und ihre Stellung als Leistungsempfängerin daher vorausgesetzt hätte, dass finanzielle und organisatorische Maßnahmen zur Etablierung eines entsprechenden Geschäftsbereichs nachweisbar gewesen seien.
142Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass auch die Q. ihrerseits offenbar nur äußerst geringe Ressourcen benötigte, um ihrer Geschäftstätigkeit nachzugehen, denn sie bildete selbst eine bloße „Zwischenmietgesellschaft“, die über keine eigene operative Tätigkeit verfügte. Der G. hat der Q. in seinem Gutachten in der Insolvenzantragssache der Q. vom 25.8.2009 sogar lediglich die Funktion einer bloßen Clearing-Stelle, in der die eingehenden Mietzahlungen von Untermietern an die Hauptvermieter weitergeleitet werden, beigemessen. Zur Erledigung ihrer Tätigkeit als neuer „Zwischenvermieter“ konnte sich die ZZ. AG daher offenbar problemlos der Einrichtungen der Q. bedienen, was offenbar auch geschehen ist. Die BD. GmbH hat insoweit in ihrem Schreiben vom 27.3.2019 Folgendes ausgeführt: „Nach der juristischen Umstellung der Mietverträge, sprich der Umschreibung der Mietverträge, hat die Q. (Anmerkung: Es handelt sich um eine andere Abkürzung für die Q.) für die ZZ. AG als Dienstleister noch die Verwaltung der Mietverträge im SAP-System der Q. vorgenommen (wurde ebenfalls eine gewisse Zeit für die an die C. GmbH übergeleiteten Verträge durchgeführt (…)“.
143Zum anderen spricht nach Ansicht des Senats auch in diesem Punkt der Umstand maßgeblich gegen die Annahme einer bloß „formalen“ (künstlichen) Gestaltung, dass auch insoweit auf organisatorischer Ebene entsprechende Schlussfolgerungen aus dem Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge gezogen wurden. Dem Schreiben der BD. GmbH vom 27.3.2019 ist zu entnehmen, dass die ZZ. AG zum Zeitpunkt ihres Eintritts in die Mietverträge, anders als die Q., im Rahmen der von ihr eingesetzten Unternehmenssoftware von SAP nicht über das Modul „Mietvertragsverwaltung“ verfügte. Ein solches Mietvertragsverwaltungssystem wurde für sie dann aber bis zum April 2009 implementiert. Hierin kommt aus Sicht des Senats zum Ausdruck, dass im Anschluss an die Vertragsüberleitung auch aus organisatorischer Sicht Maßnahmen unternommen worden sind, um den Eintritt der ZZ. AG in die Mietverträge praktisch umsetzen zu können.
144Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 11.5.2022 (Seite 6) argumentiert, dass der bei der ZZ. AG neu geschaffene Buchführungskreis lediglich auf einem SAP-Server der B. eingerichtet worden sei, vermag der Senat hierin keinen Widerspruch zu der von ihm vorgenommenen Würdigung zu erkennen. Der Standort bzw. das Eigentum an einem Server lässt nach Auffassung des Senats keinerlei Rückschlüsse auf die Organisationsstruktur der IT, die Implementierung von Modulen bei den einzelnen Konzerngesellschaften und das Rechtemanagement in einem Unternehmen zu.
145(5) Dass, wie vom Kläger dargelegt, die Auswechslung der Mietvertragsparteien eine ungewöhnliche Sonderbehandlung darstellte und nur zu dem Zweck vorgenommen wurde, um die Mietzahlungen der Grundstücksgesellschaften abzusichern und diesen eine bessere Gläubigerstellung im Falle einer Insolvenz zu verschaffen, vermag der Senat nicht auszuschließen. Letztlich hat der Kläger selbst auf eine Klärung dieser Frage verzichtet, da er die Anfechtungsprozesse, die auch eine Anfechtung der Vertragsüberleitungen durch die gleichlautenden Nachträge vom 29.9./30.9.2008 umfassten, nicht zu Ende geführt hat. Steuerlich sieht der Senat diese Frage aber nicht als erheblich an. Sollte eine entsprechende Zielsetzung bei den für die ZZ. AG handelnden Personen vorhanden gewesen sein, hätte deren Umsetzung, wie bereits ausgeführt, gerade vorausgesetzt, dass die ZZ. AG auch tatsächlich Partei der Mietverträge und damit Leistungsempfängerin der Mietleistungen geworden wäre.
1462. Die ZZ. AG hat aus den von der D. im Namen und für Rechnung der Grundstücksgesellschaften ab dem 1.10.2008 auf sie ausgestellten Mietdauerrechnungen den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Anspruch genommen.
1473. Die mit den Grundstücksgesellschaften vereinbarten Entgelte für die Zeit vom 1.10.2008 bis zum 31.5.2009 sind durch Überweisung auf die Konten der Grundstücksgesellschaften bereits vor Insolvenzeröffnung vollständig beglichen worden. Sämtliche Mietforderungen der Grundstücksgesellschaften waren damit zivilrechtlich durch Erfüllung erloschen.
1484. Die betreffenden Mietentgelte sind sodann nachträglich in Höhe der von den Grundstücksgesellschaften geleisteten Rückzahlungen uneinbringlich geworden, mit der Folge, dass die Grundstücksgesellschaften in dieser Höhe die Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigen mussten.
149a) Die Grundstücksgesellschaften haben die von ihnen vor Insolvenzeröffnung vereinnahmten Entgelte im April 2018 in der im Tatbestand dargestellten Höhe zurückgezahlt. Rechtsgrundlage für diese Zahlungen waren die im März 2018 geschlossenen Vergleichsvereinbarungen betreffend die Grundstücksgemeinschaften H. GbR, S. GbR, J. GbR und K. GbR sowie der außergerichtliche Vergleich betreffend die E. GbR.
150b) Infolge dieser Rückzahlungen sind die ursprünglichen Zahlungsansprüche der Grundstücksgesellschaften gegen die ZZ. AG gemäß § 144 Abs. 1 InsO wiederaufgelebt.
151Die Vorschrift des § 144 Abs. 1 InsO regelt, dass dann, wenn der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurückgewährt, seine Forderung wiederauflebt. Sie setzt somit tatbestandlich zum einen voraus, dass es sich um eine anfechtbare Leistung handelt. Dabei darf nur die Leistung, die den Erlöschenstatbestand herbeigeführt hat, anfechtbar sein, während die Forderungsbegründung selbst nicht anfechtbar sein darf, da es sonst an einer durchsetzbaren Forderung fehlt, die wiederaufleben könnte (Jacoby in Prütting/Bork/Jacoby, KPB - Kommentar zur Insolvenzordnung, § 144 InsO Rn. 6). Zum anderen muss der Empfänger dieser Leistung das Erlangte zurückgewährt haben (vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2021 VII R 15/19, BFHE 274, 515). Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
152aa) Dass die Mietzahlungen, die die ZZ. AG in der Zeit vom 1.10.2008 bis zum 31.5.2009 geleistet hat, anfechtbar waren, ergibt sich implizit aus den geschlossenen Vergleichen. Hinsichtlich des Teils der Mietentgelte, zu deren Rückzahlung sich die Grundstücksgesellschaften im Ergebnis verpflichtet haben, liegt den Vergleichen eine stillschweigende Einigung über den Umfang der Anfechtbarkeit zugrunde. Welche Faktoren bei dieser Einigung zugrunde gelegt wurden, haben die Prozessvertreter der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert.
153Anders als in der vom BFH mit Urteil vom 14.12.2021 VII R 15/19 (BFHE 274, 515) entschiedenen Konstellation handelt es sich hier auch nicht um einen Vergleich in Form eines Vertrags zu Lasten Dritter.
154Dass die Forderungsbegründung selbst nicht anfechtbar war, folgt ebenfalls aus den geschlossenen Vergleichen. Der Kläger hatte ursprünglich auch die Vertragsüberleitungen der Mietverträge von der Q. auf die ZZ. AG angefochten. Im Zuge des Vergleichsschlusses ist dieser Anfechtungsgrund nicht weiter verfolgt worden.
155bb) Des Weiteren haben die Grundstücksgesellschaften als Anfechtungsgegner auch das Erlangte „zurückgewährt“.
156(1) Das Tatbestandsmerkmal des § 144 Abs. 1 InsO „zurückgewährt“ ist dahingehend auszulegen, dass der Anfechtungsgegner seiner Rückgewährverpflichtung aus §§ 818 ff. BGB i.V.m § 143 InsO genügt haben muss, gleich ob diese auf Herausgabe des erlangten Gegenstands, auf Wertersatz oder einen anderen Gegenstand gerichtet ist (Jacoby in Prütting/Bork/Jacoby, KPB - Kommentar zur Insolvenzordnung, § 144 InsO Rn. 8). Die letztgenannte Vorschrift des § 143 Abs. 1 InsO, der die Rechtsfolgen der Anfechtung regelt, verlangt, dass das, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden muss. Durch die Rückgewähr soll die Insolvenzmasse grundsätzlich in die Lage versetzt werden, in der sie sich befände, wenn die anfechtbare Handlung unterblieben wäre (vgl. BGH-Urteil vom 12.7.2007 IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087). Da es sich bei dem Anfechtungsanspruch mithin um einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch handelt, wird dieser dadurch gem. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, dass der Anfechtungsgegner die nach § 143 InsO geschuldete Leistung bewirkt (Kirchhof/Piekenbrock in Münchener Kommentar zum Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2019, § 143 Rn. 34).
157In § 143 Abs. 1 InsO ist zudem ausdrücklich bestimmt, dass die Rückgewähr in die Insolvenzmasse erfolgen muss. Eine Rückgabe z.B. eines Gegenstands an den Schuldner persönlich reicht nicht aus (Kirchhof/Piekenbrock in Münchener Kommentar zum Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2019, § 143 Rn. 43), denn Inhaber des Rechts aus § 143 Abs. 1 InsO ist das den Insolvenzgläubigern dienende „Sondervermögen des Schuldners“, die Insolvenzmasse (Kayser, ZIP 2015, 449, 452 m.w.N.). Der Insolvenzverwalter kann im Rahmen des Verfahrenszwecks allerdings auch andere Leistungsempfänger bestimmen (Kirchhof/Piekenbrock in Münchener Kommentar zum Insolvenzrecht, 4. Aufl. 2019, § 143 Rn. 43).
158(2) Im Streitfall ist die für das Wiederaufleben der Forderung erforderliche Rückgewähr zur Insolvenzmasse erfolgt. Mit der Überweisung der vereinbarten Geldbeträge durch die Grundstücksgesellschaften auf das vom Insolvenzverwalter (als Kläger in den Anfechtungsprozessen) in den Vergleichsvereinbarungen angegebene Konto war der Rückgewähranspruch i.S.v. § 143 Abs. 1 InsO erfüllt.
159Gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt ein Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Der Leistung an den Gläubiger steht die Leistung an eine Mittelsperson mit Empfangszuständigkeit, etwa an einen Empfangsvertreter, einen Empfangsboten, einen Besitzmittler, einen Besitzdiener oder an eine Zahlstelle gleich (Fetzer in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 362 Rn. 16). Hierunter kann auch ein mit Geldempfangsvollmacht handelnder Prozessvertreter des Gläubigers fallen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 11.7.2000 15 U 1001/00, juris).
160Letzteres ist hier der Fall. Der Kläger und die Grundstücksgesellschaften hatten in den im März 2018 geschlossenen Vergleichen vereinbart, dass die Zahlung unbar auf das angegebene Anderkonto der Kanzlei G. mbB, also der Prozessvertreterin des Klägers in den Anfechtungsprozessen, zu erfolgen habe. Da der mit Geldempfangsvollmacht handelnde Prozessvertreter in diesem Fall dem Gläubiger selbst gleichsteht, ist mit dem Eingang der Überweisung auf dem in den Vergleichen bezeichneten Anderkonto die von den Grundstücksgesellschaften geforderte Leistung bewirkt worden.
161(3) Dem Eintritt der Erfüllungswirkung steht auch nicht die Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung zwischen Ander- und Sonderkonten entgegen.
162(aa) Der BGH geht, worauf der Kläger zutreffend hinweist, in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Zahlungen, die auf einem von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eingerichteten Anderkonto eingehen, weder in das Schuldnervermögen noch in die Masse fallen, sondern ausschließlich dem Rechtsanwalt zustehen und von diesem nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden könnten (vgl. BGH-Urteile vom 18.12.2008 IX ZR 192/07, ZIP 2009, 531 m.w.N.; vom 12.05.2011 IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220; vom 26.03.2015, 1179).
163Ebenso zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung mit Urteil vom 7.2.2019 IX ZR 47/18 (BGHZ 221, 87 ff.) entschieden hat, dass die Führung eines Kontos als Insolvenzkonto, das nicht die Masse selbst als materiell berechtigt ausweise, unzulässig und pflichtwidrig ist. Denn damit leite der Insolvenzverwalter Gelder der Insolvenzmasse in sein eigenes Vermögen über. Das Kontoguthaben auf einem Anderkonto sei gerade kein Bestandteil der Masse. Auch ein Beschluss der Gläubigerversammlung, das Anderkonto als Hinterlegungsstelle einzurichten, ändere nichts daran, dass der Insolvenzverwalter Vollrechtsinhaber bleibe. Der Insolvenzverwalter sei jedoch nicht berechtigt, Gelder der Masse in sein Vermögen zu überführen; üblich und der Amtsstellung und der Pflichten- und Interessenlage des Verwalters angemessen sei vielmehr die Errichtung eines Sonderkontos als Konto auf seinen Namen mit der zusätzlichen Bezeichnung als Konto für eine bestimmte Insolvenzmasse.
164(bb) Nach der Auffassung des Senats hat diese Rechtsprechung allerdings für die Frage des Eintritts der Erfüllung im Streitfall keine Bedeutung. Selbst wenn der Kläger mit der Vereinbarung, dass die Grundstücksgesellschaften den zurückzuzahlenden Betrag auf ein Anderkonto der Kanzlei G. mbB zu zahlen haben, im Hinblick auf das BGH-Urteil vom 7.2.2019 pflichtwidrig gehandelt hätte, sind der BGH-Rechtsprechung jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine solche Pflichtwidrigkeit zu einer Unwirksamkeit des hier maßgeblichen Vergleichs oder jedenfalls der vereinbarten Zahlungsmodalitäten führen würde.
165cc) Soweit die Entgeltforderungen der Grundstücksgesellschaften durch die Rückzahlung wieder aufgelebt sind, sind sie zum selben Zeitpunkt uneinbringlich geworden.
166Das (anteilige) Wiederaufleben der Forderungen der Grundstücksgesellschaften hat dazu geführt, dass an die Stelle des bereits vereinnahmten Entgelts das ursprünglich für die Vermietung der betreffenden Grundstücke vereinbarte Entgelt getreten ist. Diese vereinbarten Entgelte sind wegen der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der ZZ. AG als uneinbringlich zu behandeln, denn deren Insolvenz hat zur Folge, dass die wiederaufgelebten Ansprüche als bloße Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO zu qualifizieren sind.
167dd) Da auch keine anderweitige Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bestand, hatten die Grundstücksgesellschaften die Pflicht, die Umsatzsteuer aus den vereinbarten Mietentgelten nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.
1685. Die Berichtigungspflicht bei den Grundstücksgesellschaften zieht eine Verpflichtung der ZZ. AG gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG UStG nach sich, den von ihr in Anspruch genommenen Vorsteueranspruch ebenfalls zu berichtigen.
169Der Auffassung des Klägers, dass die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung nicht vorlägen, weil es derzeit noch an einer „Vereinnahmung“ des von den Grundstücksgesellschaften zurückgezahlten Mietentgelts durch die Insolvenzmasse fehle, folgt der Senat nicht.
170a) Nach der Ansicht des Klägers soll es im Streitfall deshalb an einer Entgeltrückgewähr fehlen, weil es nicht auf den Abfluss der Rückzahlung beim Leistenden (hier die Grundstücksgesellschaften) ankomme. Maßgeblich sei vielmehr die Vereinnahmung der Rückzahlung durch den Leistungsempfänger, an der es fehle, weil die Grundstücksgesellschaften auf ein Konto der Kanzlei G. mbB und nicht an die Masse gezahlt hätten. Seine Auffassung stützt der Kläger dabei in rechtlicher Hinsicht offenbar auf die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG (vgl. Schriftsatz vom 17.11.2020, Seite 10), wonach dann, wenn das Entgelt nachträglich vereinnahmt wird, Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen sind.
171b) Dem ist entgegenzuhalten, dass § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG in der vorliegenden Konstellation nicht einschlägig ist. Die betreffende Vorschrift betrifft den Fall, dass ein uneinbringlich gewordenes Entgelt nachträglich vereinnahmt wird (sog. zweite Berichtigung). Im Streitfall ergibt sich die Pflicht zur Vorsteuerberichtigung dagegen als Kehrseite der Verpflichtung der Grundstücksgesellschaften, ihre Umsatzsteuer wegen der nachträglich eingetretenen Uneinbringlichkeit zu berichtigen. Rechtsgrundlage für die Vorsteuerberichtigung ist daher ausschließlich § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m Abs. 1 Satz 2 UStG.
172Dies hat der BFH nunmehr auch zutreffend in seinem Urteil vom 24.8.2023 V R 29/21 (BFHE 282, 136, HFR 2024, 257 m. Anm. Martini; ebenso bereits die Vorinstanz, vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.8.2021 11 K 133/20, juris; in seiner vorangegangenen Rechtsprechung hatte der BFH allerdings i.d.R. § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG als Grundlage der Vorsteuerberichtigung bezeichnet, vgl. etwa BFH-Urteile vom 15.12.2016 V R 26/16, BFHE 256, 571, BStBl II 2017, 735; vom 29.3.2017 XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738) bestätigt. Dieses Urteil betraf ein sog. Dreipersonenverhältnis, also einen Fall, in dem nicht der Leistungsempfänger, sondern ein Dritter an den Leistenden gezahlt hat. Dogmatisch kann aber in der hier maßgeblichen Konstellation, in der die Zahlung vom Insolvenzverwalter des Leistungsempfängers angefochten und an diesen zurückgezahlt wird, nichts anderes gelten.
173c) Zu keinem anderen Ergebnis käme man im Übrigen aber auch dann, wenn man mit dem Kläger eine tatsächliche Vereinnahmung des zurückgezahlten Entgelts verlangen würde.
174aa) Umsatzsteuerlich ist ein Entgelt oder ein Teilentgelt „vereinnahmt“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG, wenn der leistende Unternehmer eine Gegenleistung erhält, über die er wirtschaftlich und vorbehaltlos verfügen kann, d.h. der zahlende Leistungsempfänger oder der für diesen zahlende Dritte keinen Zugriff mehr auf den Zahlungsbetrag hat (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz § 13 UStG, Rn. 606; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 16 UStG, Rn. 182). Insoweit deckt sich der umsatzsteuerliche Begriff der „Vereinnahmung“ im Wesentliche mit dem gleichgelagerten ertragsteuerlichen Begriff des „Zuflusses“ (FG Köln., Urteil vom 15.11.2017 9 K 1016/14).
175Eine Vereinnahmung (bzw. ein Zufluss) setzt nicht zwingend voraus, dass der Geber die Leistung auf direktem Wege an den Steuerpflichtigen persönlich erbringt. Eine solche ist z.B. auch darin zu sehen, dass der Geber die Leistung auf Geheiß des Steuerpflichtigen oder aufgrund einer anderweitigen Rechtsgrundlage (z.B. § 835 Abs.1 ZPO) an dessen Gläubiger erbringt und dadurch die Verbindlichkeit des Steuerpflichtigen gegenüber seinem Gläubiger i.S. von § 362 Abs. 2 BGB getilgt wird (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.1996 VIII R 30/93, BFHE 181, 7; vgl. ferner Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 31.3.2022 1 K 2073/21, EFG 2022, 1793). Gleiches gilt, wenn der unmittelbar leistende oder empfangende Dritte als Bevollmächtigter kraft Rechtsgeschäfts oder als Verwalter kraft Gesetzes, behördlicher Anordnung oder letztwilliger Verfügung zur Ausführung oder Entgegennahme der Leistung berechtigt ist und damit die Vermögenswerte für den Steuerpflichtigen vereinnahmt (BFH-Urteil vom 20.2.1964 IV 4/61, BStBl III, 1964, 329).
176bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im Streitfall im April 2018 eine steuerliche „Vereinnahmung“ der rückgezahlten Entgelte durch die ZZ. AG respektive deren Insolvenzmasse erfolgt.
177(1) Der Kläger war zum Zeitpunkt der Rückzahlung im April 2018 als Partei kraft Amtes zur Entgegennahme der Leistung Dritter für die ZZ. AG berechtigt. Im Rahmen der im März 2018 geschlossenen Vergleiche hatte er – handelnd für die Insolvenzmasse – auf eine dahingehende Zahlungsvereinbarung gedrungen, dass diese auf das Anderkonto seiner Prozessvertreterin, der Kanzlei G. mbB, zu erfolgen hat. Dass die Grundstücksgesellschaften im April 2018 hierauf leisteten, erfolgte daher auf seine Veranlassung hin. Mit der Gutschrift der jeweiligen Rückzahlungen auf diesem Konto ist daher zeitgleich die zivilrechtliche Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB (vgl. II.4.b)bb)(2)) und auch die steuerliche „Vereinnahmung“ erfolgt.
178Dass der Kläger möglicherweise keinen unmittelbaren Zugriff auf das Anderkonto hatte, führt nicht zu einer Einschränkung seiner Verfügungsmacht. Die Kanzlei G. mbB war aufgrund des anwaltlichen Vertragsverhältnisses und auch berufsrechtlich (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte) verpflichtet, auf eine entsprechende Anforderung des Klägers hin das auf dem Konto gutgeschriebene Fremdgeld an diesen auszukehren.
179Dass der Kläger eine entsprechende Anweisung nicht erteilt hat, steht seiner steuerlichen Verfügungsmacht ebenfalls nicht entgegen. In der vorliegenden Konstellation der Zahlung an einen Dritten mit Geldempfangsvollmacht kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vermögenswerte dem Steuerpflichtigen anschließend selbst zufließen (vgl. etwa FG Hamburg, Urteil vom 2.6.2006 6 K 430/03, juris).
180Ebenso unerheblich ist der Umstand, dass der Kläger möglicherweise (der Kläger selbst berühmte sich allerdings zivilrechtlich unter Berufung auf ein BGH-Urteil vom 4.2.2016 eines gegenüber dem Anspruch der Q. vorrangigen Anfechtungsanspruchs, vgl. die Anspruchsbegründung vom 12.5.2016, Seite 50) nicht den gesamten Rückzahlungsbetrag in voller Höhe behalten darf, weil ggf. aufgrund der am 28.11.2023 geschlossenen Verwertungsvereinbarung ein Anteil an die Q. zu erstatten ist. Wirtschaftliche Verfügungsmacht ist nicht gleichzusetzen mit endgültigem Zufluss (Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 13 UStG Rn. 606).
181(2) Einschränkungen, die bei Anderkonten im Einzelfall, etwa aufgrund eines mit der Zahlung verbundenen Sicherungszwecks, bestehen und einem Zufluss entgegenstehen können (vgl. etwa BFH-Urteil vom 30.1.1986 IV R 125/83, BFHE 146, 59, BStBl II 1986, 40; FG Hamburg, Urteil vom 21.4.2009 2 K 231/08, EFG 2009, 1642; vgl. ferner Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 16 Rn. 198), sind im Streitfall für den Senat nicht erkennbar. Auf die Aufforderung des Gerichts vom 21.8.2023 hin, mitzuteilen, ob es in Bezug auf das betreffende Konto der Kanzlei G. mbB schriftliche Kontoverträge, Vereinbarungen oder ähnliche Unterlagen gebe, hat der Prozessvertreter des Klägers vielmehr mit Schriftsatz vom 5.9.2023 geantwortet, dass dies nicht der Fall sei.
182(3) Der Annahme einer „Vereinnahmung“ steht schließlich – entgegen der Auffassung des Klägers – auch nicht die unter II.4.b)bb)(3)(aa) dargestellte Rechtsprechung des BGH zum Ander- und zum Sonderkonto entgegen. Nach Auffassung des Senats betreffen die vom BGH entschiedenen Fälle, die der Kläger zitiert, die Fälle einer rechtsgrundlosen Zahlung auf das Konto des Insolvenzverwalters und deren bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (vgl. etwa BGH-Urteile vom 20.9.2007 IX ZR 91/06, NZI 2008, 38; vom 18.12.2008 IX ZR 192/07, ZIP 2009, 531; vom 12.5.2011 IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220) und damit eine gänzlich anders geartete Fallgestaltung.
183Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, dass sich der BFH mit Beschluss vom 12.8.2013 VII B 188/12 (ZIP 2013, 2370) der Rechtsprechung des BGH zum Ander- und zum Sonderkonto angeschlossen hat. Abgesehen davon hat der BFH in seinen Entscheidungsgründen explizit darauf hingewiesen hat, dass wirtschaftlich die auf einem Anderkonto verwalteten Gelder dem Schuldnervermögen bzw. der Masse zugehören würden.
184Dafür, dass es nicht auf die zivilrechtliche Unterscheidung zwischen Ander- und Sonderkonto ankommen kann, spricht schließlich auch der Umstand, dass der Begriff der „Vereinnahmung“ ein unionsrechtlicher Begriff ist, der auch in der MwStSystRL, etwa in Art. 66 Abs. 1 Buch. b MwStSystRL verwendet wird. Die Frage, ob umsatzsteuerlich eine „Vereinnahmung“ erfolgt ist, ist daher nach allgemeinen Grundsätzen einheitlich für alle Mitgliedstaaten zu beantworten und kann daher nicht maßgeblich von zivilrechtlichen Besonderheiten des deutschen Rechts im Zusammenhang mit der Einrichtung von Ander- oder Sonderkonten abhängen.
1856. Der Berichtigungsanspruch wird auch nicht durch § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG ausgeschlossen. Eine der Fallgruppen, in denen die Vorsteuerberichtigung ausgeschlossen werden soll (vgl. etwa Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 17 Rn 232 ff.), liegt hier nicht vor.
1867. Das FA hat den Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG schließlich auch mit Recht als Masseverbindlichkeit bei der ZZ. AG erfasst.
187a) Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Eine Steuerschuld entsteht als Masseverbindlichkeit kraft Gesetzes, soweit sie die Insolvenzmasse betrifft. Dies ist der Fall, wenn die Verbindlichkeit durch die Insolvenzverwaltung ausgelöst wird oder jedenfalls einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist (vgl. BFH-Urteil vom 24.8.2023 V R 29/21, BFHE 282, 136, BStBl II 2024, 313 m.w.N.).
188Masseverbindlichkeiten sind von Insolvenzforderungen abzugrenzen. Die Abgrenzung richtet sich umsatzsteuerlich danach, ob der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist; nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 13 UStG (vgl. etwa BFH-Urteil vom 29.3.2017 XI R 5/16, BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738).
189b) Nach Maßgabe dieser (ständigen) BFH-Rechtsprechung ist der nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG im Streitjahr (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 8 UStG) entstandene Vorsteuerberichtigungsanspruch eine Masseverbindlichkeit; denn er ist im Rahmen der Masseverwaltung durch Handlungen des Insolvenzverwalters der ZZ. AG entstanden. Zur Masseverwaltung gehört auch die Geltendmachung und Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO. Vorliegend wurde die Rückzahlung der Entgelte durch die Anfechtungen ausgelöst, die der Rechtsvorgänger des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ZZ. AG ausgesprochen hatte. Der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand wurde des Weiteren auch erst nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht, nämlich durch die anfechtungsbedingte Rückzahlung der Entgelte im April 2018.
190c) Eine andere Entscheidung ist auch aus Vertrauensschutzgründen nicht geboten.
191Die vom Prozessvertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung angesprochene und auch von dem Beigeladenen zu 1. thematisierte sog. Altfallregelung im BMF-Schreiben vom 9.12.2011 (BStBl I 2011, 1273) betrifft nicht die hier maßgebliche Kon-stellation der Insolvenzanfechtung, sondern die der sog. „Doppelberichtigung“ (vgl. hierzu etwa BFH-Urteile vom 9.12.2010 V R 22/10, BFHE 232, 301, BStBl II 2011, 996; vom 24.11.2011 V R 13/11, BFHE 235, 137, BStBl II 2012, 298; vom 1.3.2016 XI R 21/14, BFHE 253, 445, BStBl II 2016, 756; vom 27.9.2018 V R 45/16, BFHE 262, 214, BStBl II 2019, 356).
192Die hier maßgebliche Frage, ob der Vorsteuerberichtigungsanspruch aufgrund einer anfechtungsbedingten Rückgewähr von Entgelten als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit anzusehen ist, hat der BFH erstmals mit Urteil vom 15.12.2016 V R 26/16 (BFHE 256, 571, BStBl II 2017, 735) im letztgenannten Sinne entschieden. Maßgeblich dafür war die Überlegung, dass der steuerliche Tatbestand erst mit der Rückzahlung vollendet ist. Im nachfolgenden Urteil vom 29.3.2017 XI R 5/16 (BFHE 257, 465, BStBl II 2017, 738) hat der BFH diese Rechtsprechung bestätigt. Eine zeitliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der betreffenden Rechtsprechung lässt sich beiden BFH-Urteilen nicht entnehmen. Das BMF hat sich dieser Rechtsprechung im BMF-Schreiben vom 3.7.2017 (BStBl I 2017, 885) angeschlossen. Auch dieses sieht keine Vertrauensschutzregelung vor, sondern bestimmt unter III., dass die BFH-Rechtsprechung in allen noch offenen Fällen anwendbar ist.
1938. Der Vorsteuerberichtigung bei der ZZ. AG steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Organschaft mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der ZZ. AG am 0.0.2009 beendet wurde.
194Nach der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des BFH ist zwar, wenn das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich wird, der Vorsteuerabzug nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen, dem früheren Organ, zu berichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 7.12.2006 V R 2/05, BFHE 216, 375, BStBl II 2007, 848).
195Diese Rechtsprechung betrifft aber den Fall, dass die Organgesellschaft diejenige ist, an die die Leistung, deren Entgelt später uneinbringlich geworden ist, erbracht worden ist. Im Streitfall sind die Vermietungsleistungen der Grundstücksgesellschaften aber an die ZZ. AG als Organträgerin erbracht worden. In diesem Fall ist auch nach Beendigung der Organschaft eine Vorsteuerberichtigung beim Organträger als Vertragspartner und Leistungsempfänger vorzunehmen.
196Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 6.12.2023 XI R 5/20 (UR 2024, 221). Dieses betrifft ebenfalls die nicht vergleichbare Konstellation, dass die Organgesellschaft Leistungsempfänger war.
197Auch im Hinblick auf einen etwaigen Ausgleichsanspruch, der der Insolvenzmasse der Q. aus der Verwertungsvereinbarung vom 28.11.2012 gegen den Kläger zustehen könnte, ergeben sich aus dem letztgenannten Urteil keine Folgen. Der vom XI. Senat für möglich gehaltene zivilrechtliche Ausgleichsanspruch aufgrund des bestehenden Gesamtschuldverhältnisses basiert auf der Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt InsO. Im Streitfall ist dagegen die Rückgewähr des Entgelts auf die Anfechtungshandlung des Klägers zurückzuführen, mit der Folge, dass es sich bereits gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO um eine Masseverbindlichkeit handelt.
198III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. dem Kläger aufzuerlegen, beruht auf § 139 Abs. 4 FGO und auf der Ermessenserwägung, dass die Beigeladenen das Verfahren weiter gefördert und sich durch Stellung eines Sachantrags selbst in das Kostenrisiko (§ 135 Abs. 3 FGO) begeben haben. Aus den gleichen Erwägungen heraus sind die außergerichtliche Kosten des Beigeladenen zu 1. als nicht erstattungsfähig angesehen worden. Dieser hat keine Sachanträge gestellt oder anderweitig das Verfahren wesentlich gefördert.
199IV. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.