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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie und produziert an ihrem Standort in T. ... Sie nutzt hierzu ein sogenanntes Lichtbogenverfahren. Dabei handelt es sich um einen Plasmaprozess, in dem zwischen zwei Elektroden eine elektrische Gleichspannung angelegt wird. Der Bereich zwischen den Elektroden ist von einem Gasgemisch durchströmt. Durch das Anlegen hinreichender Spannung wird eine Plasmaentladung gezündet. Im Laufe des Prozesses entsteht eine Grenzschicht vor der Kathode, in der die Elektronen die zur Ionisation notwendige Energie aufnehmen. ...
3Die Klägerin beantragte für das Jahr 2017 sowie für Januar bis Mai 2018 und für Juli 2018 jeweils Steuerentlastungen nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG) für Strom, der im Lichtbogen der ...Anlage verbraucht worden sei.
4Zeitraum |
Entlastungsbetrag in € |
2017 |
... |
Januar 2018 |
... |
Februar 2018 |
... |
März 2018 |
... |
April 2018 |
... |
Mai 2018 |
... |
Juli 2018 |
... |
Summe |
... |
Die Entlastungsbeträge für das Jahr 2017 sowie für Januar und Februar 2018 wurden zunächst an die Klägerin ausgezahlt. Mit zwei Bescheiden vom 17.7.2018 setzte der Beklagte die Steuerentlastungen für das Jahr 2017 sowie für Januar und Februar 2018 neu auf 0 € fest. Mit Bescheid vom selben Tag lehnte er die Entlastungsanträge für März, April und Mai 2018 ab. Mit Bescheid vom 18.2.2020 lehnte er den Entlastungsantrag für Juli 2018 ab.
6Zur Begründung führte er jeweils an: Entlastungsfähig nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG sei nur der Strom, der unmittelbar für die Elektrolyse entnommen werde. Bei der Elektrolyse müsse mit dem Stromfluss in einem Elektrolyten ein Materialtransport in Form positiv oder negativ geladener Ionen stattfinden. Es müssten gleichzeitige chemische Reaktionen an den Elektroden erfolgen. Bei der ...Herstellung im Lichtbogenprozess finde keine Elektrodenreaktion statt. Diese erfolge lediglich bei der Gasentladung des Lichtbogens.
7Im Juli 2018 beantragte die Klägerin u.a. für die streitgegenständlichen Zeiträume Entlastungen nach §§ 9b, 10 StromStG, die in der Folge i.H.v. ... € für 2017, ... € für Januar 2018, ... € für Februar 2018, ... € für März 2018, ... € für April 2018, ... € für Mai 2018 und ... € für Juli 2018 gewährt wurden.
8Gegen die Bescheide vom 17.7.2018 legte die Klägerin jeweils am 20.8.2018 Einspruch ein. Gegen den Bescheid vom 18.2.2020 legte sie am 23.3.2020 Einspruch ein. Sie machte in den Einspruchsverfahren u.a. geltend: Der Sachverhalt sei für die Zeiträume Januar 2008 bis Februar 2011 bereits vom Bundesministerium der Finanzen intensiv geprüft und zu ihren Gunsten entschieden worden. Der nationale Gesetzgeber habe den Begriff der Elektrolyse jedenfalls nicht enger fassen wollen als die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Energiesteuerrichtlinie – EnergieStRL –), was sich auch an § 17a Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung – StromStV –) zeige. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Verfahren VII R 52/13 sei Elektrolyse eine durch elektrische Energie herbeigeführte Zersetzung bzw. Auflösung. Im fraglichen Prozess lägen zunächst C4H8-Moleküle vor, aus denen sich negative Ionen bildeten, die nachträglich zerfielen, mit Wasserstoff reagierten ... Diese Umwandlung bzw. Zersetzung werde durch elektrische Energie herbeigeführt. Sie basiere gerade nicht auf bloßer Temperaturveränderung, wie dies etwa beim sogenannten thermischen Cracken der Fall sei. Der von ihr genutzte Prozess sei energiesparsamer und daher gerade gewünscht. Soweit es gleichwohl – wie bei jeder Elektrolyse – zu einer Erhitzung und vorliegend auch zum thermischen Cracken komme, sei dies nicht zu verhindern und von untergeordneter Bedeutung. Selbst wenn man den Teilprozess des thermischen Crackens als nicht entlastungsfähig einstufte, beträfe dies nur einen geringen prozentualen Anteil des Stromverbrauchs. Das von ihr verwandte Plasma stelle auch einen tauglichen Elektrolyten dar, da es leitfähig sei. Elektrolyte müssten nicht zwingend flüssig sein.
9Die Klägerin legte im Einspruchsverfahren Gutachten der N. GmbH & Co. KG (N.) vom 1.12.2010 und vom 27.2.2019 vor, auf deren Inhalt verwiesen wird.
10Mit Entscheidung vom 6.2.2023 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück und führte u.a. an: Es fehle nach den Ausführungen der Klägerin an der erforderlichen Ionen-Wanderung zu den Elektroden und damit an Elektroden-Reaktionen. Die Ionisation geschehe nicht an den Elektroden, sondern im Gasraum. Eine Umwandlung der Ionen in neutrale Moleküle durch den elektrischen Strom an den Elektroden finde nicht statt. Es handele sich um einen unkontrollierten Zerfall angeregter Kohlenwasserstoffmoleküle ... Bei einer Elektrolyse fänden demgegenüber gezielte Elektronenübertragungen statt, in deren Folge kontrollierte Reaktionen abliefen. Der Zerfall finde zudem bei Temperaturen von mindestens 2.000 K statt und stelle somit ein thermisches Cracken dar. Eine Gleichstellung des streitgegenständlichen Verfahrens mit einer Elektrolyse ginge weiter, als es die EnergieStRL vorsehe, und würde daher eine unzulässige Beihilfe darstellen. Im Allgemeinen seien Ausnahmen vom Grundsatz der Besteuerung nach der EnergieStRL eng auszulegen.
11Hiergegen hat die Klägerin am 9.3.2023 Klage erhoben, mit der sie die Gewährung der beantragten Entlastungen – jeweils reduziert um die bereits nach §§ 9b, 10 StromStG gewährten Entlastungen – begehrt. Sie macht ergänzend u.a. geltend: Der Richtliniengeber verstehe die Elektrolyse als einen Prozess, in dem Strom bzw. Energieerzeugnisse zu zweierlei Zwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff eingesetzt würden. Würde im streitgegenständlichen Verfahren ein Energieerzeugnis statt Strom eingesetzt, käme es zweifelsfrei zu einer Verwendung mit zweierlei Verwendungszweck. Eine einschränkende Auslegung, nach der die Elektronen-Reaktionen zielgerichtet sein und unmittelbar dazu führen müssten, dass ein Zielprodukt an den Elektroden erzeugt werde, sei von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Dual-Use-Verwendungen nicht gedeckt (Hinweis auf EuGH, Urteil v. 7.9.2017 – C-465/15, Rn. 28). Vorliegend werde der Strom eingesetzt, um das Plasma entstehen zu lassen, in dem die Elektronenreaktionen stattfänden. Sollte sich das Gericht dem Verständnis des unionsrechtlichen Begriffs der Elektrolyse nicht anschließen können, sei eine Vorlage an den EuGH angezeigt. Auch aus nationalrechtlicher Perspektive entspreche der Prozess der vom BFH entwickelten Definition einer Elektrolyse, da elektrischer Strom in einem leitfähigen Medium zu chemischer Energie umgewandelt werde und sich die gebildeten Ionen durch das Reaktionsvolumen entlang der von außen angelegten elektrischen Felder bewegten. Die Reaktion müsse nicht zwingend an den Elektroden stattfinden; dies sei zwar bei Elektrolysen zur Gewinnung von Metallen üblich, bei anderen, unstreitig entlastungsfähigen Elektrolysen aber nicht. Irreführend sei es, wenn der Beklagte von einem „unkontrollierten“ Zerfall spreche. Es sei unerheblich, ob die Reaktionen im chemischen Sinne unkontrolliert seien, sie seien aber von ihr initiiert und kein unkontrolliertes Zufallsprodukt.
12Die Klägerin beantragt,
131. die beiden Bescheide vom 17.7.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.2.2023 aufzuheben, soweit hiermit die Festsetzung der Entlastungen nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG i.H.v. ... € für das Jahr 2017, ... € für Januar 2018 und ... € für Februar 2018 aufgehoben worden ist;
142. den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 17.7.2018 und 18.2.2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.2.2023 zu verpflichten, ihr eine Entlastung nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG i.H.v. ... € für März 2018, ... € für April 2018, ... € für Mai 2018 und ... € für Juli 2018 zu gewähren;
153. hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den EuGH um eine Vorabentscheidung zu ersuchen;
164. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und macht ergänzend u.a. geltend: Ein Vergleich mit dem Energiesteuerrecht sei nicht hilfreich, da der Prozess der Elektrolyse dort nicht ausdrücklich geregelt sei. Die EnergieStRL führe an, dass eine Elektrolyse einen zweierlei Verwendungszweck darstelle, aber nicht, dass eine Verwendung zu zweierlei Verwendungszweck eine Elektrolyse sei. Der BFH habe im Verfahren VII R 52/13 ausgeführt, dass es sich um Reduktions-Oxidations-Vorgänge handele, die sich an den Elektroden, die mit einer Gleichspannungsquelle verbunden seien und in eine Schmelze oder Flüssigkeit eintauchten, abspielten. Dies sei nicht gegeben. Grundbestandteil einer Elektrolyse sei ein Ladungsaustausch an der Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolyten. Vorliegend fänden die Reaktionen verteilt über den Reaktionsraum statt. Auch sei es für einen Elektrolyten gerade typisch, dass dieser nicht leitfähig sei.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide vom 17.7.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.2.2023 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Ablehnung der Gewährung der Entlastung durch die Bescheide vom 17.7.2018 und vom 18.2.2020 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.2.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 101 Satz 1 FGO.
22Der Klägerin steht die Stromsteuerentlastung nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG im begehrten Umfang nicht zu.
23Nach § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG wird auf Antrag die Steuer für nachweislich versteuerten Strom erlassen, erstattet oder vergütet, den ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für die Elektrolyse entnommen hat.
24Zwischen den Beteiligten ist – mit Ausnahme des Tatbestandsmerkmals „Elektrolyse“ – unstreitig, dass die Voraussetzungen des § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG vorliegen (S. 8 der Einspruchsentscheidung). Insbesondere ist die Klägerin unstreitig ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes gemäß § 2 Nr. 2a, Nr. 3 StromStG i.V.m. Klasse 24.14 der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2003 (S. 3 der Einspruchsentscheidung).
25Die Klägerin hat die fraglichen Strommengen jedoch nicht für die Elektrolyse entnommen.
26Nach der Rechtsprechung des BFH erschließt sich die Bedeutung des Begriffs Elektrolyse aus dem Wortbestandteil "lyse", der auf das griechische Wort lýsis (Auflösung, Zersetzung) zurückzuführen ist. Der Wortbestandteil "Elektro-" deutet darauf hin, dass der Vorgang durch Verwendung elektrischen Stroms bewirkt wird. Demnach bedeutet Elektrolyse nach allgemeinem Sprachverständnis eine durch elektrische Energie herbeigeführte Zersetzung bzw. Auflösung. In der Physik ist unter Elektrolyse die Zersetzung von Elektrolyten mit Hilfe des elektrischen Stroms zu verstehen, wobei es sich um Reduktions-Oxidations-Vorgänge handelt, die sich an den Elektroden, die mit einer Gleichspannungsquelle verbunden sind und in eine Schmelze oder Flüssigkeit eintauchen, abspielen (BFH, Urteil v. 30.6.2015 – VII R 52/13, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2015, 1523, Rn. 16; vgl. Khazzoum, StromStG – eKommentar, § 9a Rn. 13 (9/2017)). Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der N. aus 2019 (dort S. 9) erläutert das Prinzip der Elektrolyse dahingehend, dass an den Elektroden (Hervorhebung nur hier) Reaktionsprodukte entstehen. Daher ist die begehrte Entlastung bereits deshalb zu verwehren, weil bei dem von der Klägerin verwandten Prozess unstreitig keine Reduktions-Oxidations-Vorgänge an den Elektroden stattfinden. Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der N. kam noch 2010 zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem fraglichen Verfahren „um einen Prozess (handelt), der einer Elektrolyse gleichgestellt werden muss“; das von der Klägerin verwandte ISP Verfahren und eine Elektrolyse seien „äquivalent“ und müssten „in gleicher Weise bewertet“ werden (jeweils S. 1 des Gutachtens). Dies ist so zu verstehen, dass das Verfahren gerade keine Elektrolyse im technischen Sinne darstellt. Erst im Gutachten des Jahres 2019 heißt es – obwohl der Prozess nach Auskunft der Klägerin (Bl. 49 der Gerichtsakte) unverändert ist –, der Prozess sei „in seiner physikalisch-chemischen Funktionsweise eine Elektrolyse“ (S. 1 des Gutachtens).
27Offenbleiben kann, ob eine Subsumtion unter den Begriff der Elektrolyse auch deshalb scheitert, weil die Elektroden im von der Klägerin genutzten Verfahren entgegen der vom BFH verwandten Definition nicht in eine Schmelze oder Flüssigkeit eintauchen.
28Auch der Sinn und Zweck der Entlastungsregelung gebietet keine andere Auslegung. Zwar sind nach Ansicht des BFH die in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b EnergieStRL genannten Verwendungen deshalb aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgewiesen, weil der Unionsgesetzgeber die Energie- und Stromsteuer als verwendungsorientierte Steuer auf Energieleistungen ausgestalten wollte und weil die Gewinnung von Wärme oder das Generieren motorischer Leistung besteuert werden sollte (BFH, Urteil v. 2.9.2021 – VII R 19/19, BFH/NV 2022, 40, Rn. 20; ähnlich, aber noch mit der Einschränkung „insbesondere“ bereits BFH, Urteil v. 30.6.2015 – VII R 52/13, BFH/NV 2015, 1523, Rn. 19). Hieraus ist aber nicht zu folgern, dass sämtliche Verwendungen, die nicht der Gewinnung von Wärme oder dem Generieren motorischer Leistungen dienen, nicht der Stromsteuer zu unterwerfen sind. Selbst wenn man Art. 2 Abs. 4 Buchst. b EnergieStRL derart weit auslegen würde, wäre damit lediglich gesagt, dass derartige Verwendungen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Die Belastungsentscheidung verbliebe dann beim nationalen Gesetzgeber, der im hier interessierenden Zusammenhang in § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG nur die Entnahme für die Elektrolyse begünstigt hat. Eine Auslegung, bei der alle Verwendungen, die nicht der Gewinnung von Wärme oder dem Generieren motorischer Leistungen dienen, unter einen der Tatbestände des § 9a Abs. 1 StromStG subsumiert würden, wäre vom Wortlaut der Regelungen nicht mehr gedeckt. Hinzu kommt, dass das Regelungsziel des § 9a StromStG mit dem des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b EnergieStRL nicht identisch ist. § 9a StromStG dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Produzierenden Gewerbes (Bundestagsdrucksache 16/1172, S. 47 f.). Dies mag für eine weite Auslegung des Begriffs der Elektrolyse sprechen, vermag aber nichts daran zu ändern, dass eine Reaktion an den Elektroden begrifflich vorausgesetzt wird.
29Auch kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob die Entnahme des Stroms zweierlei Verwendungszweck dient. Eine Begünstigung für derart eingesetzten Strom sieht § 9a StromStG nicht vor. § 9a Abs. 1 Nr. 1 StromStG ist auch nicht so auszulegen, dass er derart verwandten Strom stets befreit. Soweit die Klägerin auf die ihrer Ansicht nach vergleichbare Regelung des § 51 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) verweist, lässt sich aus dieser nichts Anderes ableiten: Für die Verwendung von Energieerzeugnissen bei der Elektrolyse fingiert Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich Satz 2 EnergieStRL – neben anderen Prozessen – eine Nutzung mit zweierlei Verwendungszweck (Bongartz, in Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, EnergieStG/StromStG, § 51 EnergieStG Rn. 59 (1/2019)). Der nationale Gesetzgeber hat diese Prozesse nicht ausdrücklich übernommen, sondern insoweit – allerdings mit Ausnahme der Elektrolyse – in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und c EnergieStG Entlastungstatbestände sowie in Buchst. d einen allgemeinen Tatbestand für zweierlei Verwendungszwecke geschaffen. Hinsichtlich der Verwendung von Strom sieht Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 3. Anstrich EnergieStRL für die jeweiligen Prozesse einschließlich der Elektrolyse unmittelbar einen Ausschluss des Anwendungsbereichs vor, ohne diese als Nutzungen mit zweierlei Verwendungszweck zu qualifizieren. Dementsprechend hat auch der nationale Gesetzgeber für diese Prozesse – hier einschließlich der Elektrolyse – in § 9a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 StromStG Befreiungen vorgesehen. Im Ergebnis gilt damit bei einer Entnahme von Strom für die Elektrolyse eine Befreiung, während eine Nutzung von Energieerzeugnissen für die Elektrolyse – soweit dies technisch ohne vorherige Nutzung als Heiz- oder Kraftstoff überhaupt möglich sein sollte – nur unter dem Merkmal „zweierlei Verwendungszweck“ in Betracht kommt. Die Verfolgung eines zweierlei Verwendungszwecks kann daher auch nicht stets zu einer Befreiung nach § 9a Abs. 1 StromStG führen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Regelungsregime ist es entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht ausschlaggebend, ob bei einer dem vorliegenden Prozess vergleichbaren Nutzung von Energieerzeugnissen statt Strom eine Begünstigung eingreifen würde.
30Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und den EuGH um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Insbesondere stellt die Subsumtion der technischen Vorgänge unter den Begriff der Elektrolyse keine abstrakte, vom EuGH zu klärende Rechtsfrage dar.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat lässt die Revision nach § 115 Abs. 2 FGO zu.