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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen, die in Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften stehen, an denen die Kläger mittelbar beteiligt waren.
3Die Kläger sind Ehegatten und werden in den Streitjahren 2015 bis 2019 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger (auch Ehemann -EM- genannt) ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG. Bis Herbst 2015 erzielte er zudem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellter der V. GmbH, deren Geschäftsführer er auch weiterhin ist und von der er nunmehr Versorgungsbezüge bezieht. Die Klägerin (auch Ehefrau -EF- genannt) ist Buchhalterin, erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb und war in den Streitjahren ebenfalls als Angestellte für die V. GmbH nichtselbständig tätig. Zudem erzielten die Kläger in den Streitjahren Einkünfte aus Leibrenten sowie Vermietungseinkünfte.
4Sowohl der Kläger als auch die Klägerin sind zu jeweils 25 % an der im Jahr 2001 gegründeten H. AG (Amtsgericht R. HRB N01) beteiligt. Die weiteren Gesellschaftsanteile werden zu gleichen Teilen von den beiden Kindern der Kläger gehalten. Der Vorstand besteht seit der Gründung der AG bis heute aus der Klägerin als alleinigem Vorstandsmitglied. Der Kläger ist im Aufsichtsrat tätig.
5Im Jahr 2012 begannen Planungen, in R. eine Systemgastronomie unter dem Namen „W.“ zu eröffnen. Zu diesem Zweck wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.2012 die I. R. GmbH (Amtsgericht R. HRB N02; im Folgenden kurz „I. GmbH“ genannt) gegründet, welche später die Gastronomie betrieb. Zu Geschäftsführern der I. GmbH wurden die Klägerin (seit Gründung bis 00.00.2014) sowie F. L. (ab 00.00.2013) bestellt. Alleinige Gründungsgesellschafterin der I. GmbH war die H. AG, welche zum 22.10.2013 sämtliche Gesellschaftsanteile auf die I. A. AG übertrug.
6Die I. A. AG (Amtsgericht R. HRB N03; im Folgenden kurz I. AG genannt) wurde mit Satzung vom 00.00.2012 gegründet. Sämtliche Aktien wurden von der H. AG gehalten. Vorstandsvorsitzende der I. AG waren bis zum 02.01.2015 die Klägerin und ab dem 02.01.2015 L.. Der Aufsichtsrat bestand zuletzt aus dem Kläger als Vorsitzendem, der Klägerin und B. C..
7Die Firmenstruktur gestaltete sich ab dem 22.10.2013 damit wie folgt:
8I. R. GmbH |
|||
100% |
|||
I. A. AG |
|||
100% |
|||
H. AG |
|||
Kläger 1/4 |
Klägerin 1/4 |
Die I. GmbH eröffnete im November 2013 ein „W.“ Restaurant in R.. Am 01.10.2014 wurden Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. GmbH und der I. AG gestellt.
10Über das Vermögen der I. GmbH wurde am 00.00.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter zeigte am 13.01.2015 an, dass Masseunzulänglichkeit vorliege. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts R. vom 00.00.2018 eingestellt (N05 IN N06). Am 13.11.2018 wurde die Gesellschaft gemäß § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.
11Über das Vermögen der I. AG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts R. vom 29.07.2015 – N05 IN N07 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem ging ein Schreiben des Insolvenzgerichts vom 02.07.2015 voraus, in dem den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt worden war, dass die Masse nicht zur Deckung der voraussichtlichen Verfahrenskosten ausreichen werde und das Verfahren deshalb nur bei Leistung eines Vorschusses eröffnet werde. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 28.08.2019 mangels kostendeckender Masse eingestellt und durch Beschluss vom 04.02.2020 aufgehoben. Die Gesellschaft wurde am 00.00.2023 gemäß § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.
12In den Einkommensteuererklärungen der Jahre 2015 bis 2018 erklärten die Kläger diverse Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der I. GmbH und der I. AG geleistet wurden bzw. geleistet worden sein sollen, als negative „Einkünfte aus einer unternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft“ und beantragten die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer. Mit Einkommensteuerbescheiden vom 20.12.2018 (2015), 05.11.2019 (2016), 30.12.2019 (2017) und 10.02.2020 (2018), die sämtlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, erkannte der Beklagte die erklärten Verluste teilweise (2015) bzw. gar nicht (2016 bis 2018) an. Hiergegen legten die Kläger Einsprüche ein. Mit Schriftsatz vom 10.09.2020 kündigte der Beklagte Verböserungen an.
13Am 05.11.2020 erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung für die Jahre 2015 bis 2018, mit der er die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurückwies und zugleich die Einkommensteuer 2015 bis 2018 höher als zuvor festsetzte. Betreffend das Jahr 2015 wurden die bislang anerkannten Verluste aus Kapitalvermögen nunmehr ebenfalls aberkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
14Die Kläger haben sodann Klage erhoben, die ursprünglich auch die Einkommensteuer 2014 betraf; das diesbezügliche Verfahren wurde mit Beschluss vom 19.04.2022 abgetrennt. Bei Gericht gestellte Anträge auf Aussetzung der Vollziehung blieben erfolglos, soweit diese die Streitjahre 2015 bis 2018 betrafen. Bezüglich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Beschlüsse des Senats vom 30.09.2021 zum Aktenzeichen 3 V 1056/21 A(E) und vom 17.01.2022 zum Aktenzeichen 3 V 2508/21 A(E) Bezug genommen.
15Parallel zum Klageverfahren haben die Kläger bezüglich diverser – inzwischen z.T. nicht mehr streitiger – Punkte einen die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit betreffenden Antrag auf Änderung der ESt-Bescheide 2016 bis 2018 nach § 164 Abs. 2 AO beim Beklagten gestellt. Den Änderungsanträgen wurde mit Bescheiden zur Einkommensteuer 2016, 2017 und 2018 vom 17.02.2022 teilweise stattgegeben. Wegen der Änderung von Beteiligungseinkünften ergingen am 14.08.2024 weitere Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2015 und 2018. Streitig blieben als Betriebsausgaben geltend gemachte Aufwendungen für den Komplex „Q.“ (s.u. unter F.). Streitig geblieben ist zudem, ob Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der I. GmbH bzw. der I. AG stehen, zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen führen.
16Am 11.04.2022 haben die Kläger zudem gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom 07.07.2021 – geändert am 04.11.2021 – in Gestalt der mit Einspruchsentscheidung vom 16.03.2022 erfolgten Steuerfestsetzung Klage erhoben. Dieses ursprünglich unter dem Aktenzeichen 3 K 738/22 E geführte Klageverfahren wurde mit dem Klageverfahren 3 K 3054/20 E verbunden. Am 14.08.2024 ist ein Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2019 ergangen, mit dem – neben der Änderung von Beteiligungseinkünften – eine Umsatzsteuervorauszahlung i.H.v. 2.338,91 € gewinnmindernd bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit berücksichtigt wurde. Auch bezüglich des Streitjahrs 2019 ist streitig geblieben, ob Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der I. GmbH bzw. der I. AG stehen, zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen führen.
17Die verbliebenen Streitgegenstände lassen sich in folgende Sachverhaltskomplexe aufgliedern:
18A. Darlehen an die I. GmbH sowie an die I. AG
19Die Kläger machen geltend, der I. GmbH sowie der I. AG folgende Darlehen gewährt zu haben:
20.
15.11.2012 |
20.000,00 € |
|
00.00.2012 |
5.000,00 € |
|
18.12.2012 |
15.000,00 € |
40.000,00 € |
01.03.2013 |
5.000,00 € |
|
15.03.2013 |
1.000,00 € |
|
18.03.2013 |
3.000,00 € |
|
13.05.2013 |
20.000,00 € |
|
29.07.2013 |
10.000,00 € |
39.000,00 € |
21.03.2014 |
3.000,00 € |
|
27.05.2014 |
5.000,00 € |
|
26.08.2014 |
6.000,00 € |
|
28.08.2014 |
6.001,00 € |
20.001,00 € |
99.001,00 € |
||
Diverses |
8.802,29 € |
|
107.803,29 € |
Ausweislich der eingereichten Unterlagen erfolgte die Überweisung der 20.000 € am 13.05.2013 mit dem Verwendungszweck „Einlage“ und die übrigen Überweisungen erfolgten mit dem Verwendungszweck „Darlehen“. Bei dem Posten „Diverses“ i.H.v. 8.802,29 € handelt es sich um den Saldo des bei der I. R. GmbH geführten Datev-Kontos 3630 „Verrechnung V.“ mit Stand aus 2013. Der Kläger trägt vor, dass auf diesem Konto diverse Kosten erfasst worden seien, die er für die GmbH getätigt habe. Vorgelegt wurde zudem der Jahresabschluss der I. GmbH auf den 30.09.2013, der von der V. GmbH erstellt wurde. Darin wird ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 98.143,82 € ausgewiesen (Jahresfehlbetrag insgesamt 422.072,80 €). Ausgewiesen werden zudem eine Kapitalrücklage i.H.v. 300.500 € sowie sonstige Verbindlichkeiten i.H.v. 107.700 € (Konto 3567 „Darlehen g. 5 Jahre V.“) und 23.241,40 € (Konto 3630 „Verrechnung V.“). Jahresabschlüsse für spätere Wirtschaftsjahre wurden nicht vorgelegt.
2420.09.2012 |
38.754,00 € |
03.12.2012 |
50.000,00 € |
00.00.2013 |
32.000,00 € |
29.05.2013 |
175.000,00 € |
23.07.2013 |
3.000,00 € |
23.05.2014 |
15.000,00 € |
30.12.2014 |
1.000,00 € |
12.02.2015 |
4.500,00 € |
30.03.2015 |
1.000,00 € |
320.254,00 € |
Die Überweisung vom 20.09.2012 über 38.754 € wurde nicht an die I. AG geleistet, sondern an die W. .... mit dem Buchungstext „Merchandising Agreement H. AG ...“. Nach Angaben des Klägers (Schreiben vom 29.03.2020) soll es sich um Lizenzgebühren handeln.
27Die Überweisung vom 03.12.2012 über 50.000 € enthält den Buchungstext „Treuhandauftrag“. Nachweise dazu, wie der Geldeingang bei der I. AG verbucht wurde, wurden nicht vorgelegt.
28Alle übrigen o.g. Überweisungen wurden mit dem Buchungstext „Darlehen“ auf ein Konto der I. AG geleistet.
29In den vom Beklagten übersandten Akten befindet sich eine „Vereinbarung über Forderungsrücktritt“ [Bl. 147 der Gerichtsakte -GA-], die der Kläger am 24.10.2013 mit der I. AG abgeschlossen hat. Unter Bezugnahme darauf, dass die J.-Bank der I. AG einen ...Kredit gewährt habe und er selbst der I. AG „in der Vergangenheit einen Betrag von 300.000 € an Kapitalmitteln zur Verfügung gestellt“ habe, erklärt der Kläger in dieser Vereinbarung, dass seine diesbezüglichen Rückzahlungsforderungen hinter den Forderungen der J.-Bank zurücktreten würden.
30Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge hat die Klägerin am 17.01.2013 und 18.01.2013 jeweils 25.000 € und am 06.02.2013 10.000 € mit dem Buchungstext „Darlehen“ an die I. AG überwiesen.
32Im Einspruchsverfahren betreffend Einkommensteuer 2014 und 2015 wies der Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 30.09.2019 und erneut mit Schreiben vom 30.03.2020 darauf hin, dass die Darlehenshingaben an die I. AG und die I. GmbH lediglich durch Kontoauszüge, nicht aber durch entsprechende Darlehensverträge belegt worden seien; außerdem sei unklar, ob und in welcher Höhe Zinszahlungen erfolgt seien. Die Kläger wurden in beiden Schreiben aufgefordert, die Darlehensverträge einzureichen und sich zu den Zinszahlungen zu äußern. Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 29.03.2020 Folgendes:
33„In 09/2013 konnte die Bank R. in Verbindung der J-Bank als Kreditgeber gewonnen werden. Es war dann geplant, nachdem feststand, wie hoch das Gesamtkapital war, die hingegebenen Darlehen zu ordnen und auch mit den entsprechenden Verträgen zu versehen. Kurz nach der Eröffnung in 11/2013 wurde aber festgestellt, dass das wirtschaftliche Konzept nicht aufging und auch entsprechende Werbeaufwendungen keinen Erfolg zeigten. Deshalb wurde in 9/2014 die Reißleine gezogen und das Projekt mit der Insolvenz beendet, ehe die finanziellen Verluste für die Beteiligten noch größer wurden. Entsprechende Verträge noch zu diesem Zeitpunkt zu erstellen war danach obsolet. Allen Beteiligten war aber der Umfang der Gesellschafterfinanzierung bekannt. Der Steuerpflichtige und die Firma C. mussten sich gegenüber der J.-Bank verpflichten, über diese Darlehen gegenüber der Hausbank nur nachrangig zu verfügen. … Es erfolgten weder Darlehensrückzahlungen noch Zinszahlungen.“
34Mit Schreiben vom 10.09.2020, das die Einsprüche zur Einkommensteuer 2015 bis 2018 betraf, rügte der Beklagte erneut, dass die Darlehensverträge, die die Kläger mit der I. AG bzw. der I. GmbH abgeschlossen hätten, trotz wiederholter Aufforderung nicht vorgelegt worden seien.
35In dem Beschluss vom 30.09.2021 – 3 V 1056/51 A(E), der den Antrag der Kläger auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer 2014 bis 2017 betraf, führte der Senat zur Verzinsung der Darlehen Folgendes aus [Unterstreichung nicht im Original]:
36„Schriftliche Verträge zwischen den vermeintlichen Darlehensparteien existieren unstreitig nicht. Die Antragsteller haben mit der Antragsschrift aber auch keine anderen Nachweise vorgelegt, wonach von der Vereinbarung von Darlehen zwischen den Antragstellern und den Gesellschaften ausgegangen werden könnte. Die Antragsteller haben nicht einmal weitere Angaben zu den Modalitäten (Rückzahlungszeitpunkt, Verzinsung) der angeblich mündlich vereinbarten Darlehensverträge gemacht.
37… Zum anderen könnte der Ausfall einer Darlehensforderung auch nur dann als Verlust berücksichtigt werden, wenn das Darlehen in der Absicht gewährt worden wäre, dadurch positive Einkünfte zu erzielen (…). Eine Einkunftserzielungsabsicht im Zusammenhang mit der vermeintlichen Darlehenshingabe ist aber von den Klägern weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist von den Klägern insbesondere nicht vorgetragen worden, dass ein Darlehenszins vereinbart worden wäre. Auf die Nachfrage des Beklagten vom 30.09.2019, ob Darlehensrückzahlungen oder Zinszahlungen durch die Gesellschaften erfolgt seien, haben die Kläger mit Schreiben vom 27.03.2020 lediglich mitgeteilt, dass solche nicht erfolgt seien.“
38Auf die Ausführungen des Senats in dem Aussetzungsbeschluss haben die Kläger im Wesentlichen vorgetragen, dass sie mit der Begründung des Konstruktes „I." selbstverständlich Einnahmeabsichten verfolgt hätten, und zwar sowohl direkt in Form von Vergütungen als Geschäftsführer, Vorstand und Aufsichtsrat als auch mittelbar über Gewinnausschüttungen. Zudem hätten hingegebene Darlehen später auch verzinst werden sollen. Zu beachten sei, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Einkünfteerzielungsabsicht aufgrund der mit der Abgeltungsteuer eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen (widerleglich) vermutet werde (Verweis auf Urteil vom 01.07.2021 – VIII R 28/18, BStBl II 2021, 911). Der Ausfall der hingegebenen Darlehen führe infolgedessen zu Forderungsverlusten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG. Zu berücksichtigen seien die Verluste aus dem Ausfall der Darlehensforderungen im Veranlagungszeitraum 2015.
39Der gerichtlichen Aufforderung vom 10.08.2023 (Bl. 224 GA), Kopien der Datev-Konten der I. AG und I. GmbH einzureichen, „auf denen die hier streitigen Darlehen (nebst etwaiger Zinsen) in den Jahren 2012 bis 2014 verbucht wurden“, kamen die Kläger nicht nach.
40B. Refinanzierungsaufwendungen
41Mit Vertrag vom 22.05.2013 nahm der Kläger bei der Bank T. ein Darlehen über 300.000 € (Nr. N08) auf, welches über das Girokonto N09 abgewickelt wird. Im Darlehensvertrag befinden sich keine Angaben zum Finanzierungszweck. In einem Schreiben der Bank T. vom 22.05.2013 heißt es, dass eine Finanzierungszusage über 300.000 € für die „gewünschte Finanzierung der Gesellschaftereinlage an der I. R. GmbH“ erteilt werde.
42Der Kläger trägt vor, dass er das Darlehen zur Finanzierung der „Gesellschafterdarlehen“ aufgenommen habe. Das Abwicklungskonto N09, über das bereits vor der finalen Zusage des Darlehens Aufwendungen „für I.“ vorfinanziert worden seien, sei ausschließlich zur Abwicklung und Zwischenfinanzierung der Tilgungsraten benutzt worden.
43Begehrt wird die steuerliche Berücksichtigung folgender Aufwendungen:
44Darlehens- |
Kontokorrent- |
||
zinsen |
zinsen |
Summe |
|
2015 |
3.955,00 € |
6.548,00 € |
10.503,00 € |
2016 |
2.832,53 € |
2.097,12 € |
4.929,65 € |
2017 |
4.700,00 € |
4.700,00 € |
|
2018 |
1.622,60 € |
2.204,10 € |
3.826,70 € |
Zudem hatten die Kläger ursprünglich die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen i.H.v. 37.500 € pro Veranlagungszeitraum beantragt. Hieran halten sie nicht länger fest (Schriftsatz vom 18.03.2024, Bl. 428 GA).
46C. Bürgschaften gegenüber der Bank R.
47Die Bank R. erklärte sich bereit, die Restaurantgründung zu finanzieren. Mit Vertrag vom 06.11.2013 gewährte sie der I. AG ein Darlehen (Nr. N10) über 930.000 € und ein Miet-Aval (Nr. N11) bis 70.000 €. Gesichert wurden die Darlehen u.a. durch eine Ausfallbürgschaft der J.-Bank über 800.000 €. Die Kläger übernahmen Bürgschaften i.H.v. 750.000 € (EM) und 250.000 € (EF). Mit Schreiben vom 26.03.2015 kündigte die Bank das Darlehen, das zu diesem Zeitpunkt noch mit 786.525,N05 € valutierte. Später wurde auch das Miet-Aval gekündigt. Die Bank nahm die Kläger aus den Bürgschaften in Anspruch und machte ihre Ansprüche gerichtlich geltend. Mit Urteilen des Landgerichts R. vom 18.10.2019 – N12 (betreffend den EM) und vom 16.12.2019 – N13 (betreffend die EF) wurden die Kläger aus den Bürgschaften zu einer gesamtschuldnerischen Zahlung i.H.v. 212.964,97 € nebst Zinsen verurteilt und der Kläger darüber hinaus zur Zahlung weiterer 150.641,19 € nebst Zinsen. Die eingelegten Berufungen blieben ohne Erfolg (Urteile des OLG Z. vom 27.11.2020 N14 (betr. EM) und N15 (betr. EF)).
48Zudem hatte die Bank R. der I. GmbH einen Kredit gewährt, für den sich der Kläger verbürgte. Die Bank kündigte den Kredit am 06.11.2014 und nahm den Kläger mit Schreiben vom 06.02.2015 i.H.v. 50.528,75 € aus der Bürgschaft in Anspruch.
49Rückzahlungen auf die Bürgschaftsregressforderungen gab es nach Aktenlage nicht.
50Die Kläger begehren im Zusammenhang mit ihrer Inanspruchnahme aus den Bürgschaften und den damit zusammenhängenden Gerichtsverfahren die Berücksichtigung von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in folgender Höhe:
51EM |
EF |
|
2015 |
5.000,00 € |
|
2016 |
15.000,00 € |
50.000,00 € |
2017 |
35.000,00 € |
10.000,00 € |
2018 |
4.251,75 € |
5.000,00 € |
2019 |
3.902,72 € |
11.885,50 € |
Bei den für die Jahre 2018/2019 erklärten Aufwendungen des Klägers handelt es sich um Rechtsanwaltskosten in Zusammenhang mit dem Verfahren Landgericht R. N12 (Rechnungen vom 31.10.2018 über 4.2151,75 € und vom 13.03.2019 über 3.902,72 €). Bei den für das Jahr 2019 erklärten Aufwendungen der Klägerin i.H.v. 11.885,50 € handelt es sich um die Rechtsanwaltskosten für die 1. Instanz (7.800,47 € lt. Rechnung vom 09.04.2019) und die 2. Instanz (4.085,03 € lt. Rechnung vom 06.11.2019). Bei den übrigen o.g. Aufwendungen handelt es sich um Zahlungen der Kläger auf die Bürgschaftsverpflichtungen. Dabei wurden für die Ehefrau für das Jahr 2016 ursprünglich Aufwendungen i.H.v. 60.000 € geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 18.03.2024 (Bl. 428 GA) haben die Kläger eingeräumt, dass der Betrag auf 50.000 € zu reduzieren sei.
53D. Bürgschaften gegenüber der K.
54Mit Vertrag vom 28.10.2013 gewährte die K. U. KG (nachfolgend K. genannt) der I. GmbH ein Darlehen über 250.000 €, für das die Kläger Bürgschaften i.H.v. 75 % (EM) bzw. 25 % (EF) der jeweiligen Restforderung übernahmen. Ein Entgelt (Bürgschaftsprovision o.ä.) erhielten sie hierfür von der I. GmbH nicht. Zudem übernahm – neben noch weiteren Bürgen – die Bank R. eine Ausfallbürgschaft über N05.500 €, zu deren Absicherung sie sich von der Klägerin eine Lebensversicherung abtreten ließ. Nach erfolgter Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigte die K. U. den Darlehensvertrag, der noch auf 231.824,39 € valutierte, und machte diese Forderung gegen alle Bürgen geltend. Die Bank R. zahlte daraufhin N05.500 € an die K. U. und verlangte ihrerseits mit Schreiben vom 26.03.2015 von der Klägerin Ersatz. Daraufhin zahlte die Klägerin in 2015 N05.500 € an die Bank.
55Die K. machte ihre Bürgschaftsforderung gerichtlich gegen die Kläger geltend. Mit Urteil des Landgerichts R. vom 00.00.2016 – N16 wurde die Klägerin zur Zahlung von 46.364,88 € nebst Zinsen verurteilt; die Berufung (Urteil des OLG Z. vom 22.03.2018 N17) sowie die Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos (BGH, N18). Die Klägerin bezahlte die 46.364,88 € nebst Zinsen i.H.v. 5.554,97 € im Kalenderjahr 2018. Im Jahr 2019 zahlte sie für das Verfahren BGH N18 Gerichtskosten i.H.v. 1.092 €.
56Der Kläger wurde mit Urteil des Landgerichts R. vom 17.08.2016 – N19 zu einer Zahlung von 139.094,64 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung hatte dahingehend Erfolg, dass die Verbindlichkeit auf 122.959,52 € reduziert wurde (Urteil des OLG Z. vom 09.03.2018 – N20). Hiervon zahlte der Kläger im Jahr 2018 40.000 € und im Jahr 2019 5.000 €.
57Zusammengefasst machen die Kläger bei den Einkünften aus § 20 EStG folgende Zahlungen auf gegenüber der K. übernommene Bürgschaften geltend:
58EM |
EF |
|
2015 |
0,00 € |
N05.500,00 € |
2016 |
0,00 € |
0,00 € |
2017 |
0,00 € |
0,00 € |
2018 |
40.000,00 € |
51.919,85 € |
2019 |
5.000,00 € |
1.092,00 € |
Zusätzlich machen die Kläger folgende Rechtsverfolgungskosten geltend, die zum Teil ursprünglich dem Komplex G zugeordnet worden waren (Datum = Rechnungsdatum):
60Kläger |
||
02.10.2015 |
3.006,42 € |
Rechtsanwalt N. |
11.04.2016 |
2.389,04 € |
Rechtsanwalt N. |
18.10.2016 |
3.185,39 € |
Rechtsanwalt N. |
07.08.2018 |
1.190,00 € |
Rechtsanwalt N. |
03.05.2018 |
4.370,16 € |
Rechtsanwalt S. |
19.01.2017 |
5.064,00 € |
Gerichtskosten |
2019 |
2.292,00 € |
Gerichtskosten BFH N21 |
21.497,01 € |
Klägerin |
||
02.10.2015 |
1.954,46 € |
Rechtsanwalt N. |
12.02.2016 |
1.660,76 € |
Rechtsanwalt N. |
29.08.2016 |
2.214,35 € |
Rechtsanwalt N. |
26.04.2018 |
3.206,93 € |
Rechtsanwalt S. |
02.12.2016 |
2.184,00 € |
Gerichtskosten |
11.220,50 € |
E. Vorgang „X. G."
63Im Jahr 2014 gewährte X. G. der I. AG ein Darlehen über 75.000 €. In dem diesbezüglichen Darlehensvertrag vom 10.06.2014, der außer von G. auch von dem Kläger sowohl in eigenem Namen als auch im Namen der I. AG unterschrieben wurde, heißt es in § 6, dass der „Garant“ die ordnungsgemäße Abwicklung des Vertrags garantiere und bei nicht vollständiger Zahlung eine separate Rückzahlungsvereinbarung zwischen dem Darlehensgeber und dem Garanten geschlossen werde.
64Ab Juni 2016 erbrachte der Kläger monatliche Zahlungen i.H.v. 1.250 € an G.. Zudem erfolgten im Jahr 2016 zwei Zahlungen à 966,32 €. Der Kläger macht diese Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gelten (10.682,65 € im Jahr 2016 und jeweils 15.000 € in 2017 bis 2019).
65F. Vorgang „E. Q. " (§ 18 EStG)
66Mit Urteil vom 15.01.2016 - N22 verurteilte das Landgericht R. den Kläger, 80.000 € nebst Zinsen an E. Q. zu zahlen. Ausweislich der Angaben im Urteil des OLG Z. vom 12.01.2018 – N23, mit dem die Berufung zurückgewiesen wurde, hat sich der Sachverhalt – verkürzt – wie folgt dargestellt:
67Der Kläger und Q. hätten eine langjährige intime Beziehung gehabt (*Tatbestandsberichtigung, s. Ende des Entscheidungstextes); der Kläger erstelle zudem die private Einkommensteuererklärung der Q.. Mit E-Mail vom 15.11.2012 habe der Kläger ihr das „Investitionsprojekt W.“ vorgestellt und um Anleger geworben. Am 03.12.2012 habe Q. 50.000 € auf das Konto N09 des Klägers überwiesen, von dem der Kläger den Betrag noch am gleichen Tag mit dem Buchungstext „Treuhandvertrag“ auf ein Konto der I. AG überwiesen habe. Schriftliche Verträge gebe es nicht. Zu einem späteren Zeitpunkt habe man sich geeinigt, dass Q. Darlehensvaluta zur Verfügung stelle, woraufhin diese am 15.08.2013 weitere 30.000 € auf das o.g. Konto des Klägers überwiesen habe mit dem Verwendungszweck „I. R.“. Auch zu diesem Vorgang gebe es keine schriftlichen Verträge. Von den 30.000 € habe der Kläger u.a. eine den Umbau des Restaurants betreffende Architektenrechnung beglichen. Im November 2013 habe Q. die 30.000 € zurückverlangt und Auskunft zum Verbleib der 50.000 € begehrt. Letztlich habe sie den Kläger auf Zahlung verklagt. Das Landgericht habe zu Recht entschieden, dass sie einen Anspruch auf Rückzahlung der 30.000 € aus einem mit dem Kläger geschlossenen Darlehensvertrag habe, da der Kläger den Nachweis, im Namen der I. GmbH gehandelt zu haben, nicht habe erbringen können. Darüber hinaus habe sie gegen den Kläger einen Anspruch i.H.v. 50.000 € aus einem mit diesem geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag, welcher darauf beruhe, dass der überlassene Geldbetrag vom Kläger nicht ordnungs- und bestimmungsgemäß angelegt worden sei. Zwar sei der Geldbetrag an die I. AG weitergeleitet worden. Geschuldet worden sei jedoch nicht die bloße Weiterleitung des Geldbetrags, sondern dessen Anlage in der Weise, dass der Empfänger zur Zahlung von Zinsen und/oder sonstigen Renditen gegenüber Q. rechtlich verpflichtet sei. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass der im Rahmen des Treuhandauftrags zur Verfügung gestellte und anonym an die I. AG überwiesene Betrag von dieser überhaupt zu Gunsten von Q. als gewinnbringende Anlageform verbucht worden sei.
68Der Kontoauszug betreffend die Überweisung der 50.000 € an die I. AG mit dem Buchungstext „Treuhandauftrag“ liegt dem Gericht vor. Es handelt sich hierbei um denselben Buchungsvorgang, den der Kläger im Komplex A als eigene Darlehensgewährung an die I. AG dargestellt hat.
69Auf die gegenüber Q. bestehende Hauptschuld i.H.v. 80.000 € zahlte der Kläger im Jahr 2017 9.939,45 € zzgl. 60,55 € Gerichtsvollzieherkosten und 70.060,65 € im Jahr 2018. Außerdem zahlte er im Jahr 2018 11.601,48 € Zinsen und 12.889,66 € Rechtsverfolgungskosten. Hinzukommen 1.800 € Gerichtskosten im Jahr 2017, deren Berücksichtigung ursprünglich im Komplex G geltend gemacht wurde, sowie Rechtsanwaltskosten im Jahr 2016 i.H.v. 1.680,67 €.
70Zusammengefasst ergeben sich für den Komplex Q. folgende Aufwendungen:
712016: |
1.680,67 € |
2017: |
11.800,00 € |
2018: |
94.551,79 € |
Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei sämtlichen o.g. Aufwendungen um Betriebsausgaben bei seinen selbständigen Einkünften als Steuerberater handele. Q. habe ihn auf Rückzahlung der Gelder verklagt mit der Begründung, dass er die Gelder in seiner beruflichen Eigenschaft zu verwalten gehabt habe und eine Risikoanlage nicht vorgesehen gewesen sei. Zudem habe sie ihn bei der Steuerberaterkammer angezeigt. Zwecks Vermeidung berufsrechtlicher Konsequenzen habe er die Gelder zurückgezahlt.
73G. Rechtsberatungskosten (§ 18 EStG)
74Der Kläger erklärte bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit Rechtsberatungskosten i.H.v. 14.110,69 € (2016), 7.197,57 € (2017) und 14.251,53 € (2018), welche der Beklagte in den mit der Einspruchsentscheidung verbundenen Steuerfestsetzungen außer Ansatz ließ und in den Änderungsbescheiden vom 17.02.2022 in geringem Umfang (2.523,N05 € in 2016, 830,37 € in 2017 und 189,76 € in 2018) anerkannte. Streitig blieb die Abzugsfähigkeit von Rechtsberatungskosten i.H.v. 11.587,07 € (2016), 6.367,20 € (2017) und 14.061,77 € (2018). Es besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, dass diese Aufwendungen den anderen streitigen Komplexen wie folgt zuzuordnen sind:
752016: Die Zusammensetzung der für das Jahr 2016 erklärten Aufwendungen ergibt sich aus dem als Bl. 246 zur Gerichtsakte gereichten Datev-Kontenblatt N24 „Rechts- und Beratungskosten“. Bei den dort gebuchten Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 11.587,07 € handelt es sich um weiteren „Aufwand in Sachen I.“ (Gerichts- und/oder Rechtsanwaltskosten in Zusammenhang mit den Komplexen K. und Bank).
2017: Von den im Jahr 2017 auf dem Konto N24 [Bl. 262 GA] gebuchten Aufwendungen entfallen 1.800 € (6 x 300 €) auf den Vorgang „Q.“ und bei den übrigen 4.567,10 € handelt es sich um „Aufwand in Sachen I.“.
Die Zusammensetzung der für das Jahr 2018 erklärten Rechtsberatungskosten i.H.v. 14.251,53 € ergibt sich aus dem als Bl. 288 zur Gerichtsakte gereichten Auszug des Datev-Kontos N24. Aufwendungen i.H.v. 1.578,90 € stehen in Zusammenhang mit dem Bürgschaftsprozess „K.“ und 12.462,87 € in Zusammenhang mit dem Komplex „Q.“.
Die o.g. streitig gebliebenen Rechtsberatungskosten sind in den unter C, D und F dargestellten Beträgen enthalten.
82Zu den Komplexen B bis E tragen die Kläger zusammengefasst wie folgt vor: Es handele sich bei den geltend gemachten Aufwendungen um laufende Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die im Jahr des Abflusses anzusetzen seien. Zu beachten sei, dass in den jeweiligen Steuererklärungen Anträge gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt worden seien. Sie – die Kläger – würden alle Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen, da die Ehefrau neben der indirekten Beteiligung an der I. AG auch Vorstand der H. AG und der I. AG gewesen sei und der Ehemann neben seiner indirekten Beteiligung an der I. AG auch deren Aufsichtsrat sowie Aufsichtsrat der H. AG gewesen sei. Wie sich aus bei der J.-Bank eingereichten [Anm.: im Klageverfahren jedoch nicht vorgelegten] Planrechnungen ergebe, seien Vergütungen aus diesen Tätigkeiten beabsichtigt gewesen. Alternativ komme deshalb auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten der Klägerin bei den Einkünften aus § 19 EStG (als Geschäftsführerin bzw. Vorstandsvorsitzende) bzw. als Betriebsausgaben des Klägers bei den Einkünften aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (als Aufsichtsrat) in Betracht. Selbst ein Ansatz bei den Einkünften des Klägers als Steuerberater sei nicht von der Hand zu weisen. Denn schließlich seien die Buchführungen und Jahresabschlüsse der I. GmbH und der I. AG von der V. GmbH erstellt worden.
83In der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger nochmals, dass er und die Klägerin mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hätten. Insbesondere seien für die Darlehen Zinsen vereinbart worden. Dies ergebe sich aus den Planrechnungen, die bei der J.-Bank eingereicht worden seien. Dass er vom Gericht aufgefordert worden sei, die Kontenblätter für die bei der I. GmbH und I. AG geführten Darlehenskonten einzureichen, habe er übersehen. Er bitte um Schriftsatzfrist zur Nachreichung dieser und weiterer Unterlagen betreffend die Verzinsung der Darlehen. Zudem beantrage er für sämtliche Streitjahre die getrennte Veranlagung.
84Die Kläger beantragen,
851) die Einkommensteuerbescheide 2015, 2018 und 2019 vom 14.08.2024 und die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom 17.02.2022 dahingehend zu ändern,
86a) dass folgende der tariflichen Einkommensteuer unterliegende Verluste aus Kapitalvermögen zusätzlich berücksichtigt werden:
872015: |
Kläger |
-441.566,71 €, |
Klägerin |
-129.454,46 € |
2016: |
Kläger |
-36.186,72 €, |
Klägerin |
-56.059,11 € |
2017: |
Kläger |
-59.764,00 €, |
Klägerin |
-10.000,00 € |
2018: |
Kläger |
-64.386,86 €, |
Klägerin |
-60.126,78 € |
2019: |
Kläger |
-29.101,23 €, |
Klägerin |
-12.977,50 € |
b) und dass die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit um 1.680,67 € im Jahr 2016, um 11.800,00 € im Jahr 2017 und um 94.551,79 € im Jahr 2018 reduziert werden.
892) hilfsweise, die Revision zuzulassen.
90Der Beklagte beantragt,
91die Klage abzuweisen.
92Er ist der Auffassung, dass Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG schon deshalb nicht vorliegen würden, weil sich hinsichtlich der Darlehen und Bürgschaften keine Einkünfteerzielungsabsicht feststellen lasse. Auch seien keine weiteren Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen, da der Vorgang Q. keinen betrieblichen Zusammenhang aufweise und die nicht anerkannten Rechtsberatungskosten ebenfalls den Vorgang Q. oder die zugunsten der I.-Gesellschaften abgegebenen Bürgschaften betreffen würden. Bezüglich der Einzelheiten zu diesen und weiteren Einwänden des Beklagten wird auf dessen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung sowie im Schriftsatz vom 15.03.2021 verwiesen.
93Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
94Entscheidungsgründe:
95A) Der Senat wurde durch den in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellten Antrag auf Durchführung getrennter Veranlagungen nicht an einer Entscheidung gehindert. Soweit der Kläger aus dem Urteil des BFH vom 25.10.2023 – I R 38/20 (BStBl II 2024, 474) ableiten will, dass in dem hiesigen Klageverfahren keine Sachentscheidung mehr ergehen dürfe, übersieht er, dass im Streitfall – anders als in dem vom BFH entschiedenen Verfahren – die Zusammenveranlagungsbescheide weiter existent sind. Erst in dem Zeitpunkt, in dem die Zusammenveranlagungsbescheide anlässlich des Erlasses von Einzelveranlagungsbescheiden aufgehoben werden, kommt es im Klageverfahren zu einer Erledigung der Hauptsache.
96B) Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Einkommensteuerbescheide 2015, 2018 und 2019 vom 14.08.2024 und die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 vom 17.02.2022 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
97I. Bei den Aufwendungen, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Komplex F (Vorgang „E. Q.“) entstanden sind, handelt es sich nicht um Betriebsausgaben bei dessen Einkünften aus selbständiger Arbeit als Steuerberater.
98Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit dem Betrieb objektiv zusammenhängen und ihm subjektiv zu dienen bestimmt sind. Ob und inwieweit Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst sind, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Maßgeblich ist, ob die Umstände, die zu den Aufwendungen geführt haben, ihre Ursache im betrieblichen oder privaten Bereich haben. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die betriebliche Veranlassung von Ausgaben trägt der Steuerpflichtige (z.B. BFH, Urteil vom 12.07.2017 – VI R 59/15, BStBl II 2018, 461).
99Für die Beurteilung, ob Aufwendungen durch die betriebliche Tätigkeit veranlasst sind, ist entscheidend, durch welchen Sachverhalt die Aufwendungen ausgelöst worden sind. Ist - wie hier - die Rückzahlung eines Geldbetrags zu beurteilen, kommt es maßgeblich darauf an, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige den Geldbetrag ursprünglich erhalten hat, d.h. ob die ursprüngliche Zahlung der betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist.
100Im Streitfall ist für eine betriebliche Veranlassung nichts ersichtlich. Die 50.000 €, die der Kläger am 03.12.2012 erhaltenen hat, sollte er nach Aktenlage für Q. bei der I. AG anlegen. Die Vermittlung von Anlagegeschäften gehört allerdings nicht zum Tätigkeitsfeld eines Steuerberaters und es ist auch kein sonstiger Zusammenhang zu den steuerlichen Belangen der Q. erkennbar (insbesondere nicht zu dem Umstand, dass der Kläger oder die V. GmbH die Einkommensteuererklärungen für Q. erstellen). Da der Kläger die Vermittlung des Anlagegeschäfts nach Aktenlage unentgeltlich durchgeführt hat, besteht auch kein Zusammenhang zu anderen - z.B. gewerblichen - Einkünften. Ähnlich verhält es sich bezüglich der 30.000 €, die der Kläger am 15.08.2013 von Q. erhalten hat. Zwar ist unklar, welche Absprachen der Kläger und Q. bezogen auf diesen Geldbetrag konkret getroffen haben: entweder sollte der Kläger – wofür der bei der Überweisung benannte Verwendungszweck „I. R.“ spricht – ein weiteres Anlagegeschäft für Q. tätigen oder das Geld wurde ihm – wovon das Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 12.01.2018 ausgeht – als Darlehen zur Verfügung gestellt. In beiden Fällen ist kein Zusammenhang zu der Tätigkeit des Klägers als Steuerberater erkennbar. Insbesondere hat der Kläger die von Q. erlangten Gelder nicht verwendet, um damit seine Tätigkeit als Steuerberater zu fördern, wie z.B. um eigene Betriebsausgaben zu bezahlen. Vielmehr wurden nach Aktenlage Verbindlichkeiten bezahlt, die in Zusammenhang mit dem Projekt „I.“ standen.
101Der bloße Umstand, dass der Kläger sich zur Rückzahlung der 80.000 € an Q. entschlossen haben mag, weil er berufsrechtliche Konsequenzen fürchtete, reicht nicht aus, um aus einer privat begründeten Schuld eine betriebliche Schuld zu machen. Entscheidend ist nicht die Motivationslage bei der Bezahlung einer Verbindlichkeit, sondern bei der Begründung der Verbindlichkeit. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation zudem, dass auch die Nichtzahlung privater Schulden berufsrechtliche Konsequenzen haben kann und dass er sich im Übrigen nicht freiwillig zur Rückzahlung entschlossen hat, sondern rechtskräftig zur Zahlung verurteilt wurde.
102Die Rechtsverfolgungskosten teilen als Nebenkosten das Schicksal der Hauptschuld. Da die 80.000 € nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, sind es die mit dieser Verbindlichkeit in Zusammenhang stehenden Rechtsanwaltskosten ebenfalls nicht.
103II. Die im Komplex A geltend gemachten Darlehensverluste sind steuerlich nicht abzugsfähig. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den von den Klägern geltend gemachten Zahlungen tatsächlich zur Gänze um Darlehen handelte. Denn selbst wenn die Kläger der I. GmbH bzw. I. AG Darlehen i.H.v. 107.803,29 €, 320.254 € bzw. 60.000 € gewährt haben sollten und die diesbezüglichen Rückzahlungsansprüche – was nicht nachgewiesen wurde – in vollem Umfang ausgefallen sein sollten, kommt eine steuerliche Berücksichtigung der Darlehensverluste nicht in Betracht.
1041) Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 17 EStG nicht vor, da diese Vorschrift nur auf unmittelbare Beteiligungen Anwendung findet. Der Kläger und die Klägerin waren nicht Gesellschafter der I. GmbH oder der I. AG. Aufgrund der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft(en) und dem insofern geltenden Trennungsprinzip können sich die Insolvenzen der I. GmbH und der I. AG nur auf der Ebene der jeweiligen Anteilseignerin, d.h. der I. AG bzw. der H. AG, steuerlich auswirken. Für die Kläger selbst kann aus dem Ausfall hingegebener Darlehen weder ein Veräußerungsverlust noch eine nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten auf die Beteiligung – dies wäre ohnehin nur im Hinblick auf die Beteiligung an der H. AG denkbar – resultieren. Denn auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auf mittelbare Beteiligungen Bezug nimmt, erlangt eine mittelbare Beteiligung in diesem Kontext nur dann rechtliche Relevanz, soweit auch eine unmittelbare Beteiligung bestand, diese veräußert wird und zu prüfen ist, ob der Veräußerer insgesamt zu mindestens 1 v.H. beteiligt war (vgl. Oellerich in Bordewin/Brandt, EStG, § 17 Rn. 151).
1052) Eine Berücksichtigung der Darlehensverluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen scheidet ebenfalls aus. Zwar kann der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre grundsätzlich zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG führen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 27.10.2020 – IX R 5/20, BFH/NV 2021, 961). Die für die Anerkennung solcher Einkünfte erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht ließ sich im Streitfall jedoch nicht feststellen.
106a) Nach der Rechtsprechung des BFH bedingen die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008 vom 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912) mit der Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen eine tatsächliche (widerlegbare) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht (maßgebend BFH-Urteil vom 00.00.2017 – VIII R 38/15, BStBl II 2017, 1040, zuletzt: BFH, Urteil vom 20.06.2023 – IX R 2/22, BFH/NV 2023, 1257). Um die Vermutung zu entkräften, muss eine Erzielung eines Gewinns aus der Kapitalanlage von vornherein ausgeschlossen erscheinen. Dabei ist grundsätzlich jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen.
107Eine Ausnahme von der vorgenannten Einzelbetrachtung macht die Rechtsprechung des BFH lediglich in Bezug auf Darlehen und Bürgschaften, die ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter „seiner“ Gesellschaft gewährt hat. In einem solchen Fall bedürfe es – so der BFH (z.B. Urteil vom 20.06.2023 – IX R 2/22, BFH/NV 2023, 1257 m.w.N.) – einer Gesamtbetrachtung von Beteiligung und Darlehens- bzw. Regressforderung. Maßgebend seien die gesamten "aus der Beteiligung" erzielten Einkünfte, das heißt sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4; § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG). Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht sei nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheide.
108Von einem derartigen Gesamtbetrachtungsansatz scheinen auch die Kläger auszugehen, wenn sie darauf verweisen, dass sie „mit der Begründung des Konstruktes I. selbstverständlich Einnahmeabsichten verfolgt“ hätten, und zwar sowohl direkt in Form von Vergütungen als Geschäftsführer, Vorstand und Aufsichtsrat als auch mittelbar über Gewinnausschüttungen. Jedoch übersehen sie, dass der vom BFH entwickelte Gesamtbetrachtungsansatz nur für unmittelbare Gesellschafter gilt und auf mittelbare Gesellschafter schon deshalb nicht übertragen werden kann, weil diese aus der mittelbaren Beteiligung keine eigenen Einkünfte erzielen. Finanzierungsmaßnahmen des mittelbar beteiligten Gesellschafters berühren nicht dessen Einkunftssphäre, sondern in der Beteiligungskette nur die Einkunftssphäre der zwischengeschalteten, unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft. Eine Kapitalgesellschaft ist ein selbständiges Steuersubjekt (vgl. § 1 des Körperschaftsteuergesetzes), das die von ihr aus der Beteiligung erzielten Einkünfte unabhängig vom Gesellschafter zu versteuern hat (sog. Trennungsprinzip). Der Anteilseigner hat unmittelbar keinen Gewinn aus der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft zu versteuern. Diese Abschirmung der Vermögenssphäre einer Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern bewirkt, dass in der abgeschirmten Vermögenssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit entsteht, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden darf. Eine mittelbare Beteiligung dient mithin nicht dem mittelbar beteiligten Steuerpflichtigen, sondern nur der unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft zur Einkünfteerzielung (vgl. BFH vom 04.03.2008 – IX R 78/06, BStBl II 2008, 575). Infolgedessen führen Finanzierungsmaßnahmen des mittelbar beteiligten Gesellschafters allenfalls zur Erhöhung der Einkünfte der zwischengeschalteten, unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft. Aus dem Umstand, dass das eigene Handeln bei einem anderen Steuerpflichtigen zu (höheren) Einkünften führen kann, lässt sich jedoch keine Einkünfteerzielungsabsicht in Bezug auf die eigenen Einkünfte ableiten. Ebenso wenig kann eine Einkünfteerzielung des mittelbar beteiligten Gesellschafters aus der mittelbaren Beteiligung dadurch begründet werden, dass sich über die Beteiligungskette rein mittelbare Folgewirkungen für die aus der unmittelbaren Beteiligung erzielten Einkünfte ergeben können.
109Mangels Anwendbarkeit des Gesamtbetrachtungsansatzes bleibt es im Streitfall mithin bei dem Grundsatz, dass die Einkünfteerzielungsabsicht für jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen ist. Wird die Anerkennung eines Forderungsverlustes i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG begehrt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige mit der Kapitalforderung – wenn sie nicht ausgefallen wäre – positive Einkünfte aus Kapitalvermögen hätte erzielen können. Dies ist nur bei verzinslichen Kapitalforderungen der Fall. Denn wer einem anderen Kapital überlasst, ohne dass für die Überlassung Zinsen oder ein anderes Entgelt vereinbart wurde, kann das Kapital bestenfalls vollständig zurückerlangen, jedoch schlechterdings keinen Überschuss erwirtschaften und folglich auch keine positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen. Die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht ist in einem solchen Fall widerlegt.
110b) Unter Beachtung der vorgenannten Rechtsgrundsätze lässt sich bezogen auf den Komplex A keine Einkünfteerzielungsabsicht feststellen. Denn für keine der dort genannten Darlehensforderungen ist ersichtlich, dass Zinsen oder vergleichbare Entgelte vereinbart waren.
111aa) Dass ein Darlehenszins in dem Zeitpunkt, in dem die Darlehen ausgefallen sind, bereits vertraglich vereinbart war (und falls ja, wann und mit wem die Vereinbarungen betroffen wurden und welchen konkreten Inhalt sie hatten), haben die Kläger im Rahmen des Klageverfahrens schriftsätzlich weder behauptet noch näher dargelegt. Vielmehr haben sie eingeräumt, dass es keine schriftlichen Darlehensverträge gibt. Der Abschluss (zumindest) mündlicher Darlehensverträge erscheint zwar theoretisch möglich, wurde von den Klägern jedoch nicht ausdrücklich behauptet und erst recht nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere fehlen – obwohl die Frage nach etwaigen Zinsvereinbarungen im Laufe des Klageverfahrens mehrfach thematisiert wurde – jegliche Angaben der Kläger dazu, in welcher Höhe Zinsen für die einzelnen Darlehen vereinbart worden sein sollen. Im Schreiben vom 29.03.2020 haben die Kläger lediglich vorgetragen, dass geplant gewesen sei, die Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt zu ordnen und auch mit den entsprechenden Verträgen zu versehen, wozu es aufgrund der Insolvenzen jedoch nicht mehr gekommen sei; Zinszahlungen seien – so die Kläger – nicht erfolgt. Wären Zinsen, wenngleich nicht gezahlt, so doch aber zumindest bereits rechtsverbindlich vereinbart gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Kläger dies ausdrücklich vorgetragen hätten. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der Senat in dem Aussetzungsbeschluss vom 30.09.2021 – 3 V 1056/51 A(E) explizit darauf hingewiesen hat, dass bislang jeglicher Vortrag zu der Vereinbarung eines Darlehenszinses fehle und (auch) deshalb eine Einkünfteerzielungsabsicht nicht ersichtlich sei. Angaben der Kläger dazu, ob und falls ja wann genau der Kläger bzw. die Klägerin mit wem bezüglich welchen Betrags einen mündlichen Darlehensvertrag geschlossen hat und welchen konkreten Inhalt dieser Vertrag hatte, sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
112Vielmehr beschränkte sich der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen auf eine Bezugnahme auf die bei der J.-Bank eingereichten Wirtschaftlichkeitsberechnungen, in denen für die „Gesellschafterdarlehen“ ausdrücklich Zinsen ausgewiesen seien. Er sah in dem vorgenannten Ausweis von Zinsen einen Beweis dafür, dass Zinsen vereinbart gewesen seien. Bei dieser Argumentation übersieht der Kläger jedoch, dass eine rechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen nur durch einen zwischen den Vertragspartnern geschlossenen Darlehensvertrag begründet wird, nicht aber durch Planungsunterlagen, die bei einer Bank eingereicht werden. Sofern in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen – was der Senat mangels Vorlage dieser Unterlagen nicht nachprüfen kann, mangels Entscheidungserheblichkeit aber als wahr unterstellen kann – tatsächlich eine Verzinsung der von den Klägern der I. GmbH bzw. I. AG gewährten Darlehen vorgesehen war, ist dies allenfalls ein Indiz dafür, dass eine Verzinsung beabsichtigt war, nicht aber dafür, dass eine Verzinsung auch bereits tatsächlich vereinbart wurde. Insoweit ist zu beachten, dass der Kläger selbst vorgetragen hat, dass die Darlehen erst nachträglich mit den entsprechenden Verträgen versehen werden sollten (nämlich erst dann, wenn feststand, wie hoch das benötigte Gesamtkapital war) und dass diese Verträge infolge der Insolvenzen der Gesellschaften nicht mehr aufgesetzt worden seien. Für die Prüfung, ob eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht, ist allein auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt und nicht auf rein gedankliche Sachverhalte abzustellen. Die bloße Absicht, für ein Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt eine (ggfs. auch rückwirkende) Verzinsung vereinbaren zu wollen, macht eine unentgeltlich erfolgte Kapitalüberlassung nicht zu einer entgeltlichen Kapitalüberlassung. Der Wechsel zwischen Unentgeltlichkeit und Entgeltlichkeit tritt vielmehr erst zu dem Zeitpunkt ein, in dem die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen rechtlich begründet wird, d.h. ein entsprechender Vertrag tatsächlich geschlossen wird.
113bb) Eine Veranlassung, den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nachzugehen, bestand nicht. Soweit die Zeugen zum Beweis der Tatsache benannt wurden, dass „Zinsen vereinbart gewesen seien“, war dem Antrag schon deshalb nicht zu folgen, weil es sich hierbei mangels jeglicher Angaben zu den Modalitäten des Vertragsabschlusses (wie Ort, Zeit, Vertragspartner und Inhalt) um einen unzulässigen Ausforschungsantrag handelt. Der Sachvortrag der Kläger ist so dürftig, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann. Soweit Zeugen dazu benannt wurden, dass „Einkünfteerzielungsabsicht vorgelegen habe“, war dem Beweisantrag nicht zu folgen, weil eine Absicht als innere Tatsache nur anhand von Hilfstatsachen (Indizien) festgestellt werden kann, d.h. die innere Tatsache unmittelbar selbst keinem Zeugenbeweis zugänglich ist.
114Auch bestand keine Veranlassung, die Sache zu vertagen, um dem Kläger – wie von ihm in der mündlichen Verhandlung beantragt – Gelegenheit zu geben, zur Verzinsung der Darlehen weiter vorzutragen bzw. ergänzende Unterlagen (wie insbesondere die mit gerichtlicher Verfügung vom 10.08.2023 angeforderten Kopien der Datev-Konten der I. AG und I. GmbH, „auf denen die hier streitigen Darlehen (nebst etwaiger Zinsen) in den Jahren 2012 bis 2014 verbucht wurden“) einzureichen. Bis zur mündlichen Verhandlung bestand ausreichend Gelegenheit zur Vervollständigung des Sachvortrags. Soweit der Kläger einen Anspruch, weitere Unterlagen nachzureichen zu dürfen, daraus ableitet, dass er im Schriftsatz vom 04.07.2024 für den Fall, dass „das Gericht noch Unterlagen zum Sachverhalt vermissen oder die Vorlage weiterer Dokumente für nötig erachten“ sollte, um entsprechende Mitteilung gebeten hat, übersieht er, dass durch eine derartige Floskel die Verantwortlichkeit der Parteien für die Vollständigkeit des eigenen Sachvortrags nicht auf das Gericht verlagert werden kann. Bezogen auf die Sachverhaltsermittlung genügt das Gericht der sich aus § 76 Abs. 2 FGO ergebenden Hinweis- und Fürsorgepflicht bereits dann, wenn es – wie hier mit gerichtlicher Verfügung vom 10.08.2023 geschehen – die Sachverhaltselemente, die aus seiner Sicht weiterer Aufklärung bedürfen und im Klageverfahren noch nicht anderweitig (wie z.B. durch den Prozessgegner) thematisiert worden sind, benennt und den betroffenen Beteiligten zur Ergänzung des Sachvortrags auffordert. Darüber hinaus gehende Hinweispflichten bestehen bezogen auf die Sachverhaltsermittlung nicht. Insbesondere ist das Gericht nicht verpflichtet, die Beteiligten zu einer Substantiierung ihres Sachvortrages zu veranlassen, wenn die rechtliche Bedeutung der vorzutragenden Tatsachen für den Ausgang des Klageverfahrens auf der Hand liegt (z.B. BFH, Beschluss vom 11.08.2006 – VIII B 322/04, BFH/NV 2006, 2280); dies gilt insbesondere dann, wenn die Kläger im Prozess steuerlich beraten sind oder wenn diese – wie hier der Kläger – selbst Steuerberater sind. Vor dem Hintergrund, dass die Einkünfteerzielungsabsicht eine der Kernfragen des hiesigen Rechtstreits bildet, die Verzinsung der Darlehen mehrfach thematisiert wurde und Unterlagen ausdrücklich angefordert worden waren, lag es allein im Verantwortungsbereich der Kläger, die Vollständigkeit ihres Vortrags zu prüfen und etwaige Ergänzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorzunehmen.
115cc) Der vom Kläger am 29.09.2024 nachgereichte Schriftsatz nebst Anlagen konnte bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt werden, da der Tenor bereits am 27.09.2024 bei der Geschäftsstelle hinterlegt worden war. Letztlich wurden aber auch mit diesem Schriftsatz keine Nachweise dafür vorgelegt, dass für die im Komplex A genannten Darlehen bereits Zinsen vereinbart waren. Soweit die Kläger unter Beifügung eines Screenshots darauf verweisen, dass von der Steuerberatungsgesellschaft für den Mandanten „I. AG“ ein „Planungskonzept „Gesellschafterkonten verzinsen““ erstellt worden sei, übersehen sie, dass alleinige Gesellschafterin der I. AG die H. AG war und eine „Verzinsung der Gesellschafterkonten“ (unterstellt, dass diese nicht nur geplant war, sondern auch durchgeführt wurde) infolgedessen allein Konten der H. AG betreffen konnte.
1163) Die Darlehensverluste sind auch nicht bei anderen Einkunftsarten abzugsfähig, insbesondere nicht bei den Einkünften aus § 19 EStG.
117Gegen eine berufliche Veranlassung der Darlehenshingaben spricht bereits, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger oder die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Arbeitnehmer der I. GmbH oder I. AG waren; jedenfalls wurden in Zusammenhang mit den vorgenannten Gesellschaften keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärt. Der bloße Umstand, dass die Klägerin Vorstand der I. AG sowie bis zum 00.00.2014 Geschäftsführerin der I. GmbH war, reicht dafür schon deshalb nicht aus, weil sie diese Tätigkeiten – wie sich aus der Nichterklärung entsprechender Einkünfte ergibt – nach Aktenlage nicht als Arbeitnehmerin ausgeübt hat, sondern lediglich als Organ der jeweiligen Gesellschaft tätig war. Nachprüfbare Angaben dazu, dass und in welcher Höhe die Vereinbarung von Arbeitslohn erfolgt ist, fehlen.
118Denkbar wäre damit allenfalls ein Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus § 19 EStG (vorweggenommene Werbungskosten). Dazu müsste jedoch zwischen der künftigen Erwerbstätigkeit und den geltend gemachten Aufwendungen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang bestehen und objektiv feststellbar sein, der den Werbungskostenabzug bei diesen künftigen Einkünften rechtfertigt (vgl. BFH, Urteil vom 08.07.2015 – VI R 77/14, BStBl II 2016, 60). Ein solcher Zusammenhang wurde von den Klägern nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere reichte der bloße Verweis auf die bei der J.-Bank eingereichten Planrechnungen nicht aus. Zwar mögen dort – was das Gericht mangels Vorlage der Unterlagen nicht nachprüfen kann – Vergütungen für die Tätigkeit als Geschäftsführerin oder Vorstand aufgeführt sein. Bloße Planrechnungen ersetzen jedoch nicht den Abschluss entsprechender Arbeitsverträge. Welche Hinderungsgründe dem Abschluss von Vergütungsvereinbarungen entgegenstanden bzw. – falls Arbeitsverträge geschlossen wurden – welchen konkreten Inhalt diese hatten, wurde weder vorgetragen noch nachgewiesen. Ebenso fehlt es an einem schlüssigen Vortrag zur Kausalität, d.h. dazu, dass und wieso der Grund für die Darlehensgewährungen maßgeblich in dem Bestreben lag, künftig Einkünfte aus § 19 EStG erzielen zu wollen.
119Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise, soweit der Kläger einen Zusammenhang der Darlehensgewährungen mit Einkünften als Aufsichtsrat aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG behauptet. Derartige Einkünfte wurden nicht erklärt und ein hinreichend konkreter Zusammenhang zu künftigen Einkünften wurde nicht substantiiert dargelegt. Zudem ist zu beachten, dass eine GmbH keinen Aufsichtsrat hat und die der I. GmbH gewährten Darlehen schon aus diesem Grund nicht in Zusammenhang mit Einkünften aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG in Zusammenhang stehen können.
120Bei dem Verweis der Kläger darauf, dass die I. GmbH und die I. AG Mandanten der V. GmbH gewesen seien und auch insoweit Einnahmen generiert worden seien (wie für steuerliche Beratung, Erstellung von Jahresabschlüssen etc.), übersehen sie, dass dieser Vorgang ausschließlich die Einkunftssphäre der Steuerberatungsgesellschaft betrifft. Ein Veranlassungszusammenhang zu eigenen Einkünften der Kläger wird mit diesem Vortrag nicht dargetan.
121III. Die o.g. Ausführungen zu den ausgefallenen Darlehensforderungen gelten für die in den Komplexen C bis E geltend gemachten ausgefallenen Bürgschaftsregressforderungen entsprechend. Die Berücksichtigung von Verlusten aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 EStG scheitert daran, dass sich in Bezug auf die eingegangenen Bürgschaften ebenfalls keine Einkünfteerzielungsabsicht feststellen lässt. Dafür, dass die Kläger die Bürgschaften entgeltlich übernommen haben – d.h. dass ihnen hierfür von der I. GmbH bzw. der I. AG eine Bürgschaftsprovision o.ä. zugesagt wurde –, ist nach Aktenlage nichts ersichtlich. Dies wurde von den Klägern auch nicht behauptet. Wird eine Bürgschaft aber – wie hier – ohne Vereinbarung einer Bürgschaftsprovision o.ä. übernommen, ist es mangels jeglichen Entgelts nicht möglich, aus diesem Vorgang positive Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Infolgedessen ist auch der Verlust einer späteren Bürgschaftsregressforderung nicht steuerlich abzugsfähig. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung – auch betreffend die Abzugsfähigkeit nach anderen Einkunftsarten – wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu II. Bezug genommen.
122IV. Die in Komplex B geltend gemachten Refinanzierungskosten und die in den Komplexen C und D geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten teilen als Nebenkosten das Schicksal der jeweiligen Hauptschuld. Da weder die Hingabe der Darlehen / Bürgschaften noch der Verlust der Darlehens- / Bürgschaftsregressforderungen steuermindernd zu berücksichtigen sind, sind auch die mit diesen Lebenssachverhalten zusammenhängenden sonstigen Aufwendungen nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig.
123C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
124Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ob bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG der für unmittelbare Gesellschafter geltende Gesamtbetrachtungsansatz auch auf mittelbare Gesellschafter Anwendung findet, wurde höchstrichterlich noch nicht entschieden.
125(*) Am 06.11.2024 erging ein Berichtigungsbeschluss folgenden Inhalts:
126Der Tatbestand des Urteils vom 27.09.2024 wird gemäß § 108 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wie folgt geändert:
127Auf Seite 14 (Gliederungspunkt F) wird der Satz „Der Kläger und Q. hätten eine langjährige intime Beziehung gehabt“ in „Der Kläger und Q. hätten eine langjährige Freundschaft gehabt“ geändert.
128G r ü n d e :
129I.
130Das im vorliegenden Verfahren ergangene Urteil des Senates vom 27.09.2024 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 16.10.2024 mit Zustellungsurkunde zugestellt. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2024, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragten die Kläger hinsichtlich des Urteils die Änderung des Tatbestands dahingehend, dass die Worte „langjährige intime Beziehung“ durch „langjährige Freundschaft“ ersetzt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2024 (Bl. 709 der Gerichtsakte) verwiesen.
131II.
132Dem nach § 108 Abs. 1 FGO rechtzeitig gestellten Antrag wird entsprochen. Den Klägern ist dahingehend zuzustimmen, dass der Begriff „intime Beziehung“ (den der Senat dem Tatbestand des Urteils des Oberlandesgerichts Z. vom 12.01.2018 – N23 entnommen hat) sowohl im Sinne von „innige Beziehung“ als auch im Sinne von „sexueller Beziehung“ verstanden werden kann. Das Vorliegen einer sexuellen Beziehung wurde von dem Senat - weil für den Ausgang des Verfahrens irrelevant - jedoch nicht festgestellt. Zur Beseitigung möglicher Unklarheiten wurde der Tatbestand des Urteils wie beantragt geändert.