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Der Steuerbescheid vom 08. Oktober 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2018 wird aufgehoben, soweit mit ihm mehr als ... € Stromsteuer nachgefordert worden ist. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 84,5 % und der Beklagte zu 15,5 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin betrieb u.a. Aufsuchung, Gewinnung, Erwerb, Verarbeitung, Veredelung, Verwertung und Transport von Bodenschätzen und Rohstoffen sowie die Beschaffung, Erzeugung und Bereitstellung von Energie, insbesondere von Elektrizität. Sie unterhielt neben ihrer Hauptverwaltung diverse Kraftwerke als jeweils unselbständige Betriebsstätten.
3Ihr wurde nach Inkrafttreten des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) am 01.08.2006 eine Erlaubnis nach § 37 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 Satz 2 EnergieStG erteilt, damit sie Kohle auf dem Betriebsgelände ihres Kohlebetriebs zur Aufrechterhaltung des Betriebs steuerfrei verwenden konnte.
4Die Klägerin unterhielt die voneinander räumlich getrennten Tagebaue ..., in denen sie Braunkohle im überwiegenden Umfang zur Verstromung in ihren Kraftwerken und zu ca. 10% zur Produktion von Braunkohlestaub und -briketts in ihren ... Fabriken gewann. 2004 entnahm sie insgesamt ... MWh Strom in den Tagebauen, den sie im Wesentlichen wie folgt einsetzte:
51. in den Wasserpumpen zur Senkung des Grundwasserspiegels,
2. in Großgeräten wie Schaufelradbagger und Absetzer,
3. zur Beleuchtung des Tagebaus sowie
4. in Bandanlagen, die Rohbraunkohle als auch Abraum befördern. Die Bänder führen zu Kraftwerken, aber auch zu Bunkern, in denen Strom zum Antrieb kleinerer Bagger entnommen wird, die die Rohbraunkohle auf elektrisch betriebene Güterzüge verladen, die auf eigenen Strecken die Rohbraunkohle in die Kraftwerke bringen.
Diesen Strom hatte die Klägerin unter Vorbehalt in ihrer Stromsteueranmeldung angemeldet.
11Die abgegrabene Braunkohle wurde im jeweiligen Tagebau mit Bandanlagen zum Tagebaubunker gebracht. Sodann wurde die aus Stücken von 50-80 cm Durchmesser bestehende Braunkohle über Bandanlagen oder über betriebseigene Eisenbahnen, die von Elektrolokomotiven bewegt wurden, zum Kraftwerksbunker befördert und in dessen Brecherei auf eine Partikelgröße von 80 mm gebracht und von Fremdteilen (Eisen, Metall) befreit. Zum Teil gelangte die Braunkohle in die Fabriken zur Herstellung von Braunkohleprodukten (Briketts, Koks und Braunkohlestaub für Kunden in der Industrie).
12Die für Kraftwerke bestimmte Kohle wurde teils in den Fabriken, teils in den Kraftwerken weiter gebrochen und von Fremdteilen befreit.
132004 betrieb die Klägerin folgende Kraftwerke mit Braunkohle:
14Ort |
Blöcke |
Leistung |
X-Stadt |
2 x ... MW4 x ... MW2 x ... MW1 x ... MW |
... MW |
W-Stadt |
12 x ... MW2 x ... MW |
... MW |
V-Stadt |
3 x ... MW2 x ... MW |
... MW |
U-Stadt |
2 x ... MW2 x ... MW2 x ... MW |
... MW |
T-Stadt |
... MW |
Im Kraftwerk T-Stadt arbeiten zwei Kessel mit Wirbelschichtfeuerung. In diesen Kesseln wurde eine Wirbelschicht erzeugt, die aus verbrennender Kohle und Luft bestand. Durch dabei entstehende Hitze wurden Asche und erste Teile der Kohle nach oben geführt und über Zyklone abgeschieden. Als Brennstoff benötigten diese Kessel Braunkohle in Stücken bis zu 40 mm Durchmesser, die aus dem Kesselbunker zusammen mit zurückgeführtem heißem Rauchgas in den Kessel eingegeben wurden. Die Zugabe von Rauchgas bei der Eingabe bewirkte, dass aus der Braunkohle Wasser in das Rauchgas entwich, damit eine Inertisierung bewirkte, so aber zugleich in den Kessel gelangte.
16In den übrigen Kraftwerken setzte die Klägerin mühlengefeuerte Kessel ein, die mit Braunkohlestaub betrieben wurden. Zu jedem Kessel gab es einen Kesselbunker, der ein Fassungsvermögen für einen sechs- bis achtstündigen Betrieb hatte. Von diesen Bunkern wurden die Braunkohle und zurückgeführtes Rauchgas Schlagradmühlen zugeführt, die im Wesentlichen aus einem großen Gebläse mit Zerkleinerungsfunktion bestanden. Die Schlagradmühlen erzeugten derart kleine Kohlepartikel und einen Druck, dass die Kohlepartikel an bestimmten Stellen in den Kessel eingeführt werden konnten und dann zwischen den Eingabestellen in offenen Flammen verbrannten. Auch hier bewirkte die Zugabe des heißen Rauchgases bei der Zuführung der Braunkohle zur Schlagradmühle, dass die Braunkohle Wasser in das mitgeführte Rauchgas abgab, das zugleich während der Zugabe bis zum Eintritt in den Kessel eine Inertisierung sicherstellte.
17Mit der Hitze der Kessel wurde dann Dampf erzeugt, der Dampfturbinen zur Stromerzeugung zugeführt wurde.
18In einer der Fabriken setzte die Klägerin neben den wirbelschichtgefeuerten und mühlengefeuerten Kesseln auch rostgefeuerte Kessel ein. Die dafür eingesetzte Kohle wurde gebrochen und aus ihr wurden Fremdteile abgeschieden.
19Die Kessel dienten nur der Aufrechterhaltung des Betriebs der Fabriken, nicht einer Versorgung im Grundlastbereich.
20Auf Anordnung des Beklagten begann am 16.12.2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung der Stromsteuer und der Mineralölsteuer für die Jahre 2003 und 2004 durch das Hauptzollamt Z-Stadt, deren Ergebnis mit Prüfungsbericht vom 20.05.2009, AB-Nrn. 290020040461, 290020050395, 290020050396 – D 2202, zusammengefasst wurde.
21Hinsichtlich der hier streitigen Behandlung der Stromentnahmen in den Tagebauen traf das Hauptzollamt Y-Stadt durch seinen Prüfungsdienst im Teilbericht vom 09.08.2006, AB-Nrn. 290020050395 und 290020050396 die Feststellungen vor Ort. Der Teilprüfungsbericht wurde als Anlage 3.2 Teil des Prüfungsberichts vom 20.05.2009.
22Während der Prüfung vertrat die Klägerin die Auffassung, die Rohbraunkohle glimme oder brenne, wenn auch schlecht und unter erheblicher Rauchentwicklung und trotz des Umstands, dass sie während des Transports in den Tagebauen zusätzlich befeuchtet werden müsse. Sie sei daher als Brennstoff anzusehen, so dass ihre Entnahme zur Gewinnung und zum Transport im Tagebau nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes (StromStG) steuerfrei erfolgen müsse. Ihre Aufbereitung durch Zerkleinerung bis hin zum Braunkohlestaub in den Kohlemühlen der Kraftwerke sei eine unschädliche Optimierung. Die Prüfungsbeamten schlossen sich dem nicht an, sondern beurteilten die Aufbereitung der Braunkohle als Herstellung eines Brennstoffs, so dass die Steuer zu Recht vereinnahmt worden sei (Tz. 3.4.1.5.1 – ... € Stromsteuer).
23Den Ausführungen unter Tz. 3.4.1.5.1 folgend waren die Prüfungsbeamten der Auffassung, dass sämtliche der Förderung und dem Transport von Rohbraunkohle dienenden Stromentnahmen steuerpflichtig seien mit der weiteren Folge, dass auch die entsprechenden Verwendungen innerhalb der Kraftwerksgelände durch Einsatz von Bekohlungsbaggern, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen steuerpflichtig seien.
24In den Kohlemühlen werde Rohbraunkohle mechanisch und durch Zuführung heißer Rauchgase thermisch zerkleinert bzw. getrocknet. Der so gewonnene Braunkohlestaub werde dem Kessel zugeführt. Da diese Tätigkeit auch als Brennstoffversorgung im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung – StromStV) angesehen und damit steuerfrei belassen werden könne, seien nach Schätzung der Prüfungsbeamten nur 25% der Stromentnahmen in den Mühlen steuerpflichtig. Hieraus ergebe sich eine Stromsteuernachforderung von ... € für ... MWh Strom (Tz. 3.4.1.6.2).
25Der Stromverbrauch zur Gipsabscheidung (... MWh) und zum Abtransport der Kohleasche aus den Kraftwerken (... MWh – ... € Stromsteuer) sei einem der Stromerzeugung nachgeordneten Bereich zuzuordnen und damit wegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV steuerpflichtig, auch wenn nach dem Urteil des FG Hamburg vom 20.06.2002, IV 173/00 die unmittelbare Entfernung der Aschen aus dem Dampferzeuger steuerfrei sei. Dadurch seien ... € Stromsteuer nachzufordern (Tz. 3.4.1.6.3).
26Die Klägerin hatte die Stromentnahme für die von ihr betriebenen Fabriken S-Stadt, R-Stadt und Q, mit denen Braunkohlenstaub und Briketts hergestellt wurden, in einem höheren Umfang als angemeldet steuerfrei belassen. Tatsächlich sei folgender Verbrauch steuerpflichtig:
27Fabrik S-Stadt (wirbelschichtgefeuerte Kessel)
28Entnahmen Rohkohlenbunker ... MWh
29Entnahmen Aufbereitungsanlage ... MWh
30sonstiger Betriebsverbrauch ... MWh
31Summe: ... MWh
32Stromsteuer bei ... €/MWh ... €
33Fabrik R-Stadt (wirbelschichtgefeuerte und mühlengefeuerte Kessel)
34Entnahmen Bunker ... MWh
35Entnahmen Nassdienst ... MWh
36sonstiger Betriebsverbrauch ... MWh
37Summe: ... MWh
38Stromsteuer bei ... €/MWh ... €
39Fabrik Q (Kessel mit Rostfeuerung und mühlengefeuerte Kessel)
40Entnahmen Bunker ... MWh
41Entnahmen Nassdienst ... MWh
42sonstiger Betriebsverbrauch ... MWh
43Summe: ... MWh
44Stromsteuer bei ... €/MWh ... €
45Spartenverwaltung ... MWh
46Stromsteuer bei ... €/MWh ... €
47Mit Nassdienst wurde der Transport vom Bunker bis zum Kesselhaus bezeichnet. Die Stromentnahmen Rohkohlenbunker, Bunker, Aufbereitungsanlagen und Nassdienst enthalten nur den auf die Stromerzeugung entfallenden Anteil.
48Von der Klägerin sei Stromsteuer von insgesamt ... € anzufordern (Tz. 3.4.1.7)
49Am 07.04.2009 fand ein abschließendes Gespräch mit Vertretern der Klägerin statt. Dabei verzichtete die Klägerin auf eine Schlussbesprechung. In ihrer Stellungnahme zum Prüfungsbericht vom 31.07.2009 nahm die Klägerin zu den o.a. Feststellungen des Prüfungsberichts Stellung.
50Mit Steuerbescheid vom 08.10.2009 folgte der Beklagte den Feststellungen der Außenprüfung, bestimmte für einige mit Tzn. bezeichnete Sachverhalte des Berichts Erstattungen und forderte die Klägerin u.a. wegen der o.a. Feststellungen zu den Tzn. 3.4.1.2 (Stromverbrauch in einem Steinkohlekraftwerk), 3.4.1.6.2., 3.4.1.6.3 und 3.4.1.7 zur Zahlung von zusammen ... € Stromsteuer auf.
51Im Übrigen verbleibe es, u.a. hinsichtlich der Tz. 3.4.1.5.2, bei der im Prüfungsbericht dargestellten Rechtsauffassung.
52Sofern die Klägerin im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung auch Einspruch gegen bestimmte Ausführungen im Prüfungsbericht, u.a. die Tzn. 3.4.1.5.1 (Stromentnahmen zur Behandlung von Rohbraunkohle im Tagebau), 3.4.1.6.2 (Stromentnahmen zur Behandlung von Rohbraunkohle in den Braunkohlekraftwerken), 3.4.1.6.3 (Stromentnahme zur Gipsabscheidung und zum Abtransport der Kohleasche) und 3.4.1.7 (Stromentnahme in den Fabriken) einlege, werde darauf hingewiesen, dass sich das Rechtsbehelfsverfahren auch auf Vergütungen nach § 10 StromStG beziehe, so dass etwa auszuzahlende Erstattungen nach § 171 Abs. 3a der Abgabenordnung (AO) nicht der Verjährung unterlägen und zurückgefordert werden könnten.
53Soweit Bescheide für die Stromsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien, werde dieser Vorbehalt aufgehoben.
54Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, in dem sie sich gegen die rechtlichen Würdigungen zu Tzn. 3.4.1.2, 3.4.1.6.2, 3.4.1.6.3, 3.4.1.7 und 3.4.1.5.1 wandte. Die im Tagebau entnommenen Strommengen seien von der Stromsteuer befreit, weil Braunkohlekraftwerke und Tagebaue technisch und wirtschaftlich eine Einheit bildeten, wie sich aus unionsrechtlichen Vorgaben (s. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – RL 2003/96 –) ergebe.
55Mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 half der Beklagte dem Einspruch zu Tz. 3.4.1.2 ganz und zur Tz. 3.4.1.6.3 ab, soweit die Klägerin Strom für die Gipsabscheidung entnommen hatte.
56Hinsichtlich der mit dem angefochtenen Bescheid zu den Tzn. 3.4.1.6.3 (Abtransport der Asche), 3.4.1.6.2 (Anlagen zur Weiterverarbeitung der im Tagebau gewonnenen Rohbraunkohle), 3.4.1.7 (Betrieb der Anlagen zur Weiterbehandlung der Rohbraunkohle in den Fabriken) und 3.4.1.5.1 (Betrieb der Anlagen im Tagebau zur Gewinnung der Rohbraunkohle, dem Transport des Abraums und dem Transport der Kohle in die Kohlebunker der Kraftwerke und Fabriken zur anschließenden Weiterbehandlung) aufgeführten Streitpunkte wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
57Dazu führte er aus: Die in den Braunkohlekraftwerken eingesetzten Brennstoffe – Wirbelschichtkohle und Braunkohlenstaub – durchliefen von der Gewinnung der Rohbraunkohle bis zur Schaffung des für die Verbrennung eingesetzten Brennstoffs in anwendungsorientierter Qualität mit hohem Heizwert im Wesentlichen folgenden Prozess: Im ersten Schritt werde das Abbaugebiet mit Hilfe von Pumpen trockengelegt und der Grundwasserspiegel abgesenkt. Dann werde die obere Bodenschicht aus Humus und Löß abgetragen, anschließend der Abraum aus Ton, Kies und Sand, der umgehend auf der ausgekohlten Seite des Tagebaus wieder verkippt werde. Dann erst werde die Rohbraunkohle gewonnen, die zu 55% aus Wasser, zu 5% aus nicht brennbarem Material und zu 40% aus Kohle bestehe. Über Förderbandanlagen und/oder die unternehmenseigene Eisenbahn werde die Rohbraunkohle in die Kohlebunker der Kraftwerke und Fabriken befördert und von dort den entsprechenden Anlagen zugeteilt.
58Nach Durchlaufen einer Fremdkörperabscheideanlage werde sie in Kohlebrechern zerkleinert und über Förderbänder auf die Kohlemühle verteilt, wo sie gemahlen und getrocknet werde. Schließlich werde sie – nach technischem Erfordernis – in Form von Wirbelschichtkohle und (oder) Braunkohlenstaub verbrannt. Strom werde dann durch Dampfturbinen, Kondensatoren, Generatoren und Transformatoren erzeugt.
59Die entstehenden Rauchgase würden gereinigt. Die in der Rauchgasentschwefelungsanlage anfallende Gipssuspension werde nach Entwässerung und Aufbereitung als Baustoff eingesetzt. Die bei der Feuerung anfallende Asche werde aus dem jeweiligen Brennraum abgezogen und über Förderbänder aus dem Kraftwerk entfernt.
60Gestützt auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 sei Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit, wenn er zur Stromerzeugung entnommen werde. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV werde Strom im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG entnommen, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht werde. Derartige Anlagen müssten mit der Stromerzeugung unmittelbar zusammenhängen bzw. für die Stromerzeugung erforderlich sein, wie etwa die Brennstoffversorgung. Damit sei nur der unmittelbar der Stromerzeugung dienende Verbrauch begünstigt, nicht aber der in bestimmten Anlagen nur mittelbar eingesetzte Strom, mit denen Rohbraunkohle weiterverarbeitet werde. Die Prozesse der Weiterverarbeitung, insbesondere das Zerkleinern, Mahlen und Trocknen, seien für sich genommen nicht begünstigt. Diese Anlagen seien keine Hilfs- oder Nebenanlagen im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV. Die Weiterverarbeitung der Rohbraunkohle bleibe in dieser Vorschrift unerwähnt.
61Bei der Stromentnahme im Tagebau für den Abbau und den Transport der Kohle sowie für die Behandlung von Abraum werde Rohbraunkohle gewonnen und über Transportanlagen den Kraftwerken bereitgestellt, nicht jedoch Strom technisch erzeugt.
62Der für die Entfernung von Aschen aus den Brennräumen erforderliche Strom sei steuerbegünstigt, nicht aber der Strom für Anlagen, mit denen die Aschen in Silos befördert werde.
63Dagegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.
64Das Gericht hat mit Beschluss vom 06.09.2021 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Fragen zur Auslegung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 zur Vorabentscheidung vorgelegt. Hierauf hat der EuGH mit Urteil vom 09.03.2023, C-571/21 entschieden:
651. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96 ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung für „elektrischen Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird“, nicht den elektrischen Strom umfasst, der bei der Förderung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle im Tagebau verwendet wird, wenn dieser elektrische Strom nicht im Rahmen des technologischen Prozesses der Stromerzeugung, sondern zur Herstellung eines Energieerzeugnisses verwendet wird.
Demgegenüber kann sich diese Steuerbefreiung auf die anschließende Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zwecke der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen.
682. Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Steuer auf „elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird“, den elektrischen Strom umfassen kann, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt ist, mit denen dieses Erzeugnis transportiert werden kann, wenn diese Vorgänge innerhalb von Kraftwerken stattfinden, sofern sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen, weil diese Vorgänge erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, nach den Intentionen des Richtliniengebers solle der gesamte Strom, der für den Input des Stromerzeugungsvorgangs notwendig sei, von der Steuerbefreiung erfasst werden. In richtlinienkonformer Auslegung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV seien grundsätzlich alle Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünstigung einzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden könne. Dazu gehörten nach der Rechtsprechung des BFH auch die Einrichtungen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nach den gewerberechtlichen, umweltrechtlichen, wasserrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Vorschriften oder Auflagen überhaupt nicht betrieben werden könne.
71Diese Voraussetzungen erfüllten alle streitgegenständlichen Verbräuche, denn der Betrieb eines Braunkohlekraftwerks sei von der Kohlegewinnung bis zur Entsorgung von Abfallprodukten, die zwangsläufig entstünden, ein einheitlicher Prozess. Tagebau und Braunkohlekraftwerk bildeten eine dauerhafte wirtschaftliche und technische Stromerzeugungseinheit, die nicht künstlich in selbständige Einzelbetriebe zerlegt werden könne. Die Stromverbräuche im Tagebau seien vielmehr für die Sicherstellung einer ununterbrochenen Stromerzeugung zwingend erforderlich. Stromerzeugung aus Braunkohle sei nur in räumlicher Nähe zum Braunkohletagebau und dem Kraftwerk wirtschaftlich möglich.
72Sie habe mit ihren Braunkohlekraftwerken mit .. TWh knapp ...% des deutschen Strombedarfs erzeugt, wofür sie nur ca. ... TWh Strom (ca. ...%) eingesetzt habe.
73Sämtliche hier genannten Anlagen seien von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung umfasst, ohne die Kohlekraftwerke nicht betrieben werden dürften. Die Bekohlungsbagger der Kraftwerks- und Verteilerbunker und die Bekohlungsbänder seien als Teil der Brennstoffversorgung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ausdrücklich von der Stromsteuer befreite Hilfs- oder Nebenanlagen, da ihre Braunkohlekraftwerke ohne diese Anlagen nicht betrieben werden dürften. Kesselbunker und Kohlemühlen zählten zur Betriebseinheit 2 des Kraftwerks und gehörten deshalb zur Stromerzeugungseinheit im engeren Sinne.
74Auch die Rauchgasreinigung sei Teil der Betriebseinheit Feuerungsanlage Dampferzeuger, so dass für sie Gleiches wie für Kesselbunker und Kohlemühlen gelten müsse. Auch die die Betriebssicherheitsverordnung konkretisierenden Technischen Regeln zählten die Einrichtung und Lagerung, Aufbereitung und Zuleitung von Brennstoffen zur Dampfkesselanlage hinzu.
75Der Ascheabtransport sei ein betriebsnotwendiger Teil ihrer Braunkohlekraftwerke, denn ohne diese Tätigkeit könnten die Kraftwerke nicht betrieben werden. Zudem dürften die Kraftwerke ohne diese Anlage gar nicht betrieben werden.
76Nach Ergehen des EuGH-Urteils führt die Klägerin aus: Alle sich in ihren Kraftwerken abspielenden Vorgänge, die dazu dienten, die Braunkohle für die Verstromung geeigneter zu machen, seien von der Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a S. 1 Alt. 1 RL 2003/96 erfasst. Das erfasse namentlich die Vorgänge des Brechens, des Abtrennens von Fremdteilen und das Zerkleinern in den Brechern und Kohlemühlen bis zur erforderlichen Größe, denn sie seien für den technologischen Prozess der Stromerzeugung aus Braunkohle im jeweils konkreten Kraftwerk unentbehrlich und trügen zur Stromerzeugung unmittelbar bei. Dass diese Verbräuche unentbehrlich seien, ergebe sich aus dem Verweis des EuGH auf Rz. 54 der Schlussanträge des Generalanwalts.
77Bei den rostbefeuerten Kesseln spiele die Aufbereitung in der Kohlemühle keine Rolle. Hier sei die Kohle durch Brechen und Abscheiden von Fremdteilen für den Einsatz geeigneter gemacht worden.
78Die Aufbereitungsvorgänge seien keine Herstellungshandlungen, sondern würden von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alt. 1 RL 2003/96 erfasst.
79Mit der Einlagerung der Rohbraunkohle in den Tagebaubunker sei die Erzeugung der Rohbraunkohle beendet.
80Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Alt. 2 RL 2003/96 seien auch Verwendungen von elektrischem Strom, die der Erzeugung vor- oder nachgelagert seien, von der Steuer zu befreien, wenn diese Verwendungen der Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, dienten. Insoweit habe der EuGH zwischen den Verbräuchen für die Lagerung und den Transport im Kraftwerk und in das Kraftwerk unterschieden. Die Verbräuche im Kraftwerk für Kohlebagger und Förderbänder seien demnach für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, immer erforderlich.
81Gleiches gelte auch für die Lagerung im Tagebaubunker und den Transport von dort ins Kraftwerk. Möglicherweise habe sich der EuGH vom Begriff des Tagebaubunkers beeindrucken lassen. Tatsächlich erfülle auch dieser Bunker nur den Zweck, unabhängig von Ausfällen eine Reserve von 5-6 Tagen zu sichern. Dass die ausreichende Bevorratung Teil der Aufrechterhaltung der Fähigkeit zur Stromerzeugungsfähigkeit sei, zeige auch ein Blick auf die Vorratshaltungspflicht für Kraftwerksbetreiber in der Netzreserve, die einen Volllastbetrieb von 30 Tagen sicherzustellen hätten (§§ 50a, 50b des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung – EnWG –).
82Zudem sichere der Tagebaubunker nicht nur die mengenmäßige Bevorratung, sondern auch die Verfügbarkeit von Braunkohle in den für den Betrieb erforderlichen Qualitäten. Der Kraftwerksbetrieb sei nämlich davon abhängig, dass auf Schwankungen in der Zusammensetzung der Kohle flexibel reagiert werden könne, um umweltrechtliche Auflagen einhalten zu können. Die entsprechenden Vorgaben der Kraftwerke setze der Tagebau durch eine bedarfsgerechte Lagerung im Tagebaubunker um, so dass das Kraftwerk benötigte Kohle tagesaktuell anfordern könne. Daher seien der Tagebaubunker und der Transport der Kohle die erste Stufe einer unerlässlichen Versorgung mit Braunkohle und nicht die letzte Stufe der Braunkohleförderung.
83Selbst wenn nur auf den mengenmäßigen Teilzweck abgestellt werden würde, sei nicht nachvollziehbar, warum die Gewährleistung eines Weiterbetriebs von ein bis zwei Tagen unentbehrlich sein solle, während dies bei fünf bis sechs Tagen nicht der Fall sein solle. Tatsächlich seien auch mehrtägige Nachlieferungsprobleme nicht ausgeschlossen. Gerade deshalb sehe § 50b EnWG eine Bevorratung von bis zu 30 Tagen vor.
84Eine Ungleichbehandlung beispielsweise zu Steinkohlekraftwerken liege nicht vor, da deren übliche schiffsweise Belieferung zu Kohlekreislagern führe, die auch einen Betrieb von vier Wochen oder mehr ermöglichten. Insoweit habe das FG Hamburg auch Verbräuche für den Betrieb von Entladekränen, Förderbändern und dem Kohlekreislager als steuerbefreit angesehen (FG Hamburg, Urteil v. 21.09.2021, 4 K 19/20, Rzn. 8, 96).
85Zudem weiche die vom EuGH vorgenommene Differenzierung ohne Grund von den Schlussanträgen des Generalanwalts ab.
86Der Ascheabtransport aus dem Kraftwerk sei ebenfalls begünstigt. Dieser sei für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit zur Stromerzeugung sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht „unentbehrlich“. In tatsächlicher Hinsicht entstehe bei der Verbrennung von Kohle unvermeidlich Kohleasche. Ein Teil der Asche werde über das Rauchgas aus dem Heizkessel und über die E-Filter auf Aschesammelbänder abgeschieden. Der andere Teil werde über einen Nassentschlacker aus dem Heizkessel abgeführt. Sodann würden die Aschen auf die Deponie abtransportiert. Die unmittelbare Aneinanderreihung der technischen Schritte, die sich aus dem fortlaufenden Betrieb des Kraftwerks ergebe, mache die Entnahme der Asche und den Abtransport aus dem Brenner zwingend erforderlich. Nur so sei ein ordnungsgemäßer und ununterbrochener Betrieb gewährleistet.
87Damit sei nicht nur der Abzug der Asche aus dem Feuerraum erfasst, sondern auch der Abtransport der Asche aus dem Kraftwerk. Die Stromerzeugungsanlage lasse sich nur fortlaufend betreiben, wenn die zwangsläufig entstehende Asche nicht nur aus dem Brenner, sondern ebenso fortlaufend vom Kraftwerk in die Aschesilos abtransportiert werde.
88Die Klägerin beantragt,
89den Bescheid des Beklagten vom 08. Oktober 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Oktober 2018 insoweit aufzuheben,
90als Strom für die Entnahme in den Tagebauen (Rn. 3.4.1.5.1 des Prüfungsberichts) in Höhe von 90% als zu versteuern angesetzt worden ist,
91als Strom für den Betrieb der Bekohlungsbagger, Bekohlungsbänder und Kohlemühlen innerhalb der Kraftwerke (Rn. 3.4.1.6.2 des Prüfungsberichts) als zu versteuern angesetzt worden ist,
92als Strom für den Abtransport der Asche in den Kraftwerken (Rn. 3.4.1.6.3 des Prüfungsberichts) in Höhe eines Steuerbetrags von ... € angesetzt worden ist und
93als Strom für die Bunker und den Nassdienst in den Fabriken (Rn. 3.4.1.7 des Prüfungsberichts) in Höhe eines Steuerbetrags von ... € als zu versteuern angesetzt worden ist.
94Der Beklagte beantragt,
95die Klage abzuweisen.
96Hierzu führt er aus: Gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. a RL 2003/96 werde Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit, wenn er zur Stromerzeugung entnommen werde. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV sei dies Strom, der in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit zur Erzeugung von Strom im technischen Sinn verbraucht werde. Derartige Anlagen müssten mit der Stromerzeugung unmittelbar zusammenhängen bzw. für die Stromerzeugung erforderlich sein, wie etwa die Brennstoffversorgung. Das gelte nur für die Einbringung des Brennstoffs von der Kohlemühle in den Brenner des Kessels. Nicht begünstigt sei der nur mittelbar eingesetzte Strom in bestimmten Anlagen, mit denen Rohbraunkohle insbesondere durch Zerkleinern, Mahlen und Trocknen weiter verarbeitet werde.
97Bei der Stromentnahme im Tagebau für den Abbau und den Transport der Kohle sowie für die Behandlung von Abraum werde Rohbraunkohle gewonnen und über Transportanlagen den Kraftwerken bereitgestellt, nicht jedoch Strom technisch erzeugt.
98Die Braunkohle sei erst dann steuerfrei, wenn sie für die Stromerzeugung eingesetzt werde. Soweit die Kohle von der Energiesteuer befreit sei, könne es keine Befreiung von der Stromsteuer geben, Art. 21 Abs. 3 RL 2003/96.
99Die Optimierung der Braunkohle als Brennstoff werde nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG erfasst. Sie wäre steuerfrei allenfalls bei einer Umsetzung des Art. 21 Abs. 3 Satz 2 RL 2003/96 möglich.
100Auf die Betriebsgenehmigungen der Anlagen komme es nicht an.
101Aus dem Umstand, dass Abfälle wie Aschen aus den Kraftwerken zu entfernen seien, sei nicht zu schließen, dass der Abtransport der Asche in einem engen technischen Zusammenhang mit der Stromerzeugung stehe.
102Der EuGH habe mit dem Urteil vom 09.03.2023 entschieden, dass die Steuerbefreiung nicht den Strom umfasse, der bei der Förderung und der Herstellung eines Energieerzeugnisses verwendet werde. Die Steuerbefreiung könne sich auf die anschließende Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zwecke der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich seien und hierzu unmittelbar beitrügen.
103Die Steuerbefreiung könne auch elektrischen Strom umfassen, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt sei, mit denen dieses Erzeugnis transportiert werden könne, wenn diese Vorgänge innerhalb von Kraftwerken stattfänden, sofern sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich seien und hierzu unmittelbar beitrügen, weil diese Vorgänge erforderlich seien, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten.
104Diese Voraussetzungen seien im Streitfall weder für die Förderung der Rohbraunkohle noch für deren anschließende Verarbeitung zu Wirbelschichtkohle oder Kohlenstaub erfüllt, denn insoweit handele es sich um Herstellungshandlungen, so dass der verwendete Strom schon deshalb nicht unmittelbar zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beitrage. Dazu gehörten alle Handlungen, die die Rohkohle bis zum brennfertigen Betriebsstoff weiterverarbeiteten. Auf diese Unmittelbarkeit stelle der EuGH aber ab.
105Das zeige sich auch daran, dass sich erst auf der Ebene des verheizbaren, verbrauchsfertigen Produkts die Energiesteuer zutreffend nach ihrem Brennwert bemessen lasse. Brechen, Mahlen, Trocknen verringerten das Volumen und auch das Mischen verschiedener Sorten von Braunkohle habe Einfluss auf die Bemessungsgrundlage. Mischen gehöre auch zur Herstellung, Art. 21 Abs. 6 RL 2003/96.
106Bei den Herstellungshandlungen handele es sich um relativ einfache Tätigkeiten, die nicht speziell für jede Stromerzeugungsanlage erforderlich seien, sondern allenfalls einen mittelbaren Beitrag zur Stromerzeugung leisteten.
107Die Beurteilung der Unmittelbarkeit in Bezug auf die jeweils spezielle Anlage würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen, die integrierte Unternehmen wie die Klägerin begünstigten. Das gelte nicht nur für die Förderung der Rohbraunkohle, sondern auch für die Herstellung des brennfertigen Kohlestaubs, denn dafür gebe es einen Markt. Er werde zur Zementherstellung, zur Koksherstellung, zu Roheisenherstellung oder in Dampflokomotiven verwendet. Zudem würden auch Briketts und Montanwachs mit Hilfe von Kohlenstaub hergestellt. Er werde damit sowohl unmittelbar als auch mittelbar zu Heizzwecken und anderen Zwecken verwendet.
108Zudem würden Belieferungswege für Braunkohlestaub über weite Entfernungen angeboten.
109Die fehlende Unmittelbarkeit werde auch dadurch deutlich, wenn die Trocknung der Braunkohle durch Verwendung eines Energieerzeugnisses durchgeführt worden wäre. Dann müsste nämlich dieses Energieerzeugnis nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a) Satz 1 RL 2003/96 von der Steuer befreit werden, wenn es unmittelbar zum technologischen Prozess der Stromerzeugung beitrage. Die Steuerbefreiung werde dann auf verschiedenen Verarbeitungs- und Anwendungsebenen angewandt. Damit würde auch eine mittelbare Verwendung des Stroms von der Steuer befreit. Dies dürfe jedoch nur für Zwischenprodukte wie Wasserdampf gelten, die selbst nicht der Besteuerung unterlägen.
110Ein weiteres Beispiel ergebe sich, wenn die Braunkohle durch ein Energieerzeugnis ersetzt werde, dass dem Steueraussetzungsverfahren unterliege (Art. 20 Abs. 1 RL 2003/96).
111Entscheidungsgründe:
112Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.
113Die von der Klägerin angefochtene Festsetzung der Stromsteuer für 2004 ergibt sich aus ihrer Steueranmeldung für 2004, die durch den Bescheid vom 08.10.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 geändert wurde. Dessen Änderungen betrafen nicht nur bestimmte Feststellungen auf Grund der Außenprüfung, sondern auch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO, der die mit Ausnahme des Bescheids vom 08.10.2009 sonst unverändert gebliebene Stromsteueranmeldung umfasste (§ 168 Satz 1 AO) und sie so zur vorbehaltlosen Steuerfestsetzung (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO) machte. Dadurch konnten mit der Klage auch Feststellungen angefochten werden, für die, wie die Besteuerung des im Tagebau verwendeten Stroms (Tz. 3.4.1.5 des Prüfungsberichts), der Bescheid vom 08.10.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 keine ausdrücklichen Feststellungen enthielt (BFH Beschluss v. 30.06.1997, V B 131/96, BFH/NV 1998, 817 f.).
114Die Stromsteueranmeldung der Klägerin für 2004, die durch den Bescheid vom 08.10.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 geändert wurde, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte darin
115die gesamten der Förderung und dem Transport von Rohbraunkohle dienenden Stromentnahmen und die entsprechenden Verwendungen innerhalb der Kraftwerksgelände durch Einsatz von Bekohlungsbagger, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen (Tz. 3.4.1.6.2 des Prüfungsberichts – ... € für ... MWh),
116den Stromverbrauch zum Abtransport der Kohleasche aus den Kraftwerken (Tz. 3.4.1.6.3 des Prüfungsberichts – ... € für ... MWh),
117und den Stromverbrauch in den Fabriken in Höhe von ... € (Tz. 3.4.1.7 des Prüfungsberichts) nicht als von der Stromsteuer befreit behandelt hat.
118Daher ist der Bescheid vom 08.10.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2018 nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben, soweit der Betrag der zurückzufordernden Stromsteuer ... € übersteigt.
1191. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Stromsteuerbefreiung ist § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV, die im Licht des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 1. Alt. RL 2003/96 auszulegen sind, soweit es um Strom geht, der bei der Stromerzeugung verwendet wird. Geht es um Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, verwendet wird, ergibt sich die Steuerbefreiung, soweit das nationale Recht eine Umsetzung dieser Vorschrift nur lückenhaft geregelt hat, aus der unmittelbaren Geltung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 2. Alt. RL 2003/96.
120Die zur Umsetzung der RL 2003/96 erforderlichen Rechtsvorschriften waren nach Art. 28 Abs. 1 RL 2003/96 von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2003 zu erlassen und zu veröffentlichen, so dass diese Vorschriften vom 01.01.2004 an angewandt werden konnten, Art. 28 Abs. 2 RL 2003/96. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG, der ungeachtet der Regelung der RL 2003/96 aus dem zuvor geltenden StromStG übernommen wurde, hat die Steuerbefreiung für Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, verwendet wird, nicht ausdrücklich bestimmt. Da dieser Befreiungstatbestand nicht einer Erläuterung der Steuerbefreiung für Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird dient, sondern in den der Stromerzeugung vor- und nachgelagerten Bereichen anzuwenden ist (s. EuGH-Urteil v. 09.03.2023, C-571/21, Rz. 47), ergibt sich eine Regelungslücke. Diese wurde auch durch § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV nicht geschlossen, denn diese Vorschrift enthielt keine umfassende Regelung, sondern nur eine beispielhafte Aufzählung, die an die Stromerzeugung im technischen Sinn, d.h. eine Stromverwendung zur Stromerzeugung anknüpft und gerade nicht an die Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen.
121Diese insoweit unvollständige Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 2. Alt. RL 2003/96 hat zur Folge, dass sich Einzelne wie die Klägerin als juristische Person privaten Rechts gegenüber allen innerstaatlichen, nicht richtlinienkonformen Vorschriften auf Bestimmungen einer Richtlinie berufen können, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen. Die Einzelnen können sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit diese Rechte festlegen, die dem Staat gegenüber geltend gemacht werden können (EuGH Urteil v. 19.01.1982, Rs. 8/81, Rn. 25 – ständige Rechtsprechung, s. zuletzt Urteil v. 20.04.2023, C-348/22, Rz. 62, ECLI:EU:C:2023:301). Eine Unionsvorschrift ist zum einen unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten – außer des Rechtsakts, mit dem sie in nationales Recht umgesetzt wird – bedarf. Zum anderen ist die Unionsvorschrift hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt zu werden, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (s. EuGH Urteil v. 20.04.2023, C-348/22, Rz. 63, aaO.).
122Danach ist die Verpflichtung, Strom, der zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugung verwendet wird, von der Stromsteuer zu befreien, sowohl unbedingt, weil sie keines weiteren Rechtsakts bedarf, als auch hinreichend genau, weil sie die Verpflichtung zur Stromsteuerbefreiung enthält. Dieser so beschriebene Anwendungsbereich einer Richtlinie ist auch von Amts wegen zu beachten (EuGH Urteil v. 22.06.1989, Rs. 103/88 Rn. 33, ständige Rechtsprechung s. EuGH Urteil v.20.04.2023 C-348/22, Rn. 77 aaO.).
1232. Gleichwohl hat es der Beklagte zu Recht abgelehnt, 90% des im Tagebau eingesetzten Stroms (Tz. 3.4.1.5.1 des Prüfungsberichts) von der Stromsteuer zu befreien. Die Steuerbefreiung setzt nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 nämlich voraus, dass die Verwendung des elektrischen Stroms im Rahmen der Stromerzeugung erfolgt (EuGH-Urteil v. 09.03.2023 C-571/21, Rn. 27) und zur Erzeugung von elektrischem Strom, aber nicht zur Herstellung bzw. Gewinnung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle verwendet wird. Damit sind Vorgänge wie ihre Förderung und ihr Transport zum Zwecke der Lagerung von der Steuerbefreiung ausgeschlossen (EuGH-Urteil v. 09.03.2023 C-571/21, Rn. 28).
1243. Das gilt auch für den Transport der Braunkohle vom Tagebaubunker zum Kraftwerksbunker, denn der EuGH hat die Begünstigung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 203/96, soweit Strom für die Stromerzeugung verwendet wird, auf die Verwendung im Kraftwerk selbst beschränkt (EuGH-Urteil v. 09.03.2023, C-571/21, Rn. 42).
125Zwar können bei Strom, der zur Aufrechterhaltung der Stromerzeugung verwendet wird, auch vor- und nachgelagerte Prozesse begünstigt sein. Gleichwohl wird damit der Braunkohletransport vom Tagebaubunker zum Kraftwerksbunker nicht zu einer begünstigten Tätigkeit, da letztlich die gesamte im Tagebau gewonnene Braunkohle zur Verwendung in den Kraftwerken oder Fabriken vorgesehen ist und dementsprechend in die Kraftwerke und Fabriken befördert werden muss. Insoweit ist die sortenreine Lagerung nur eine der Braunkohlegewinnung zuzurechnende Lagerung. Den Betriebsleistungen der Kraftwerke und Fabriken wird durch die sortenreine Lagerung nur ermöglicht, die benötigte Kohle auch ihrer Qualität nach bedarfsgerecht abzurufen. Sie ändert aber nichts daran, dass die gesamte Braunkohle den Kraftwerken und Fabriken – wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten – zugeführt wird. Vielmehr würde die Klägerin bei einer Begünstigung dieser Stromverwendung gegenüber anderen Kraftwerksbetreibern, die ihren Brennstoff nicht aus einem Tagebau, sondern von Dritten beziehen, durch die Steuerbegünstigung der Energiekosten für den Transport Wettbewerbsvorteile erhalten (EuGH-Urteil v. 09.03.2023, C-571/21, Rn. 39).
126Im Übrigen können Vorschriften wie §§ 50a, 50b EnWG nicht zur Auslegung der RL 2003/96 und der Beantwortung der Frage herangezogen werden, wann nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 2. Alt. RL 2003/96 eine Stromverwendung der Aufrechterhaltung der Fähigkeit dient, Strom zu erzeugen. Diese Frage ist allein vom Richtliniengeber zu beantworten.
127Soweit die Klägerin auf Kohlekreislager im Urteil des Finanzgerichts Hamburg Bezug nimmt, ist zu berücksichtigen, dass diese sich im Kraftwerksgelände des vom FG Hamburg zu beurteilenden Betriebs befanden (s. FG Hamburg, Urteil v. 21.09.2021, 4 K 19/20, Rz. 8, juris), so dass es auf Stromentnahmen für den Transport vom Tagebaubunker zum Kraftwerksbunker, deren Berücksichtigung die Klägerin begehrt, nicht ankam.
1284. Die Klägerin hat allerdings Anspruch auf die Stromsteuerbefreiung in Höhe von ... € für sämtliche Stromentnahmen, die aufgrund der Förderung, des Transports von Rohbraunkohle und der entsprechenden Verwendungen innerhalb der Kraftwerksgelände durch Einsatz von Bekohlungsbaggern, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen anfallen (Tz. 3.4.1.6.2 des Prüfungsberichts).
129Die Steuerbefreiung kann sich nämlich auf die an die Herstellung anschließende Umwandlung und Aufbereitung eines Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zweck der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen (EuGH-Urteil vom 09.03.2023 C-571/21, Rn. 42).
130Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Braunkohle gegeben, die in die Kraftwerksbunker befördert wurde und dort gebrochen, von Fremdteilen (Metall, Eisen) befreit, sodann zu den Kesselbunkern gebracht und von dort den Kohlemühlen zugeführt wurde, in der die Braunkohle ihre für den jeweiligen Kessel vorgeschriebene Einsatzgröße (40 mm Durchmesser bei Wirbelschichtfeuerung, Kohlestaub bei mühlengefeuerten Kesseln) erreichte. Eine derart aufbereitete Braunkohle war für den Einsatz in den jeweiligen Kesseln unentbehrlich. Ohne diese Aufbereitung hätten die Kraftwerke nicht betrieben werden können und dürfen, was die Klägerin vorgetragen und der Beklagte auch nicht bestritten hat.
131Zudem trugen die zu beurteilenden Vorgänge wie der Transport im Kraftwerk, die Aussonderung von Fremdteilen und das Zerkleinern unmittelbar zur Stromerzeugung bei, denn bei der im Kraftwerk angekommenen Kohle war auf Grund des Betriebsablaufs im Kraftwerk, durch die dauerhaft die Stromerzeugung sichergestellt werden sollte, auch die Verwendung der Braunkohle für den technologischen Prozess der Stromerzeugung garantiert.
132Insbesondere wird die Braunkohle auch dann, wenn sie bei der Zuführung zu mühlengefeuerten Kesseln zu Braunkohlestaub zerkleinert wird, nicht zu einem anderweit handelbaren Produkt, das ausgeleitet und in anderer Weise verwendet werden könnte, denn die Anlagen der Klägerin sind so eingerichtet, dass diese Braunkohle unmittelbar im Kessel verbrannt wird und auch nur dafür verwendbar ist. Der anderweit von der Klägerin verkaufte Braunkohlestaub ist, wie von ihrem Mitarbeiter M in der mündlichen Verhandlung dargelegt, von anderer Qualität.
133Dieses Verständnis der Unmittelbarkeit durch den EuGH ergibt sich aus dem Verweis in Rn. 27 des Urteils vom 09.03.2023 auf Rn. 53 bis 55 der Schlussanträge des Generalanwalts vom 13.10.2022, C-571/22. Darin lässt der Generalanwalt die stromsteuerlich zu begünstigende Verwendung in dem Zeitpunkt beginnen, von dem an die Behandlung der Rohbraunkohle im Betrieb des Kraftwerks oder zumindest in Neben- oder Hilfsanlagen erfolgt und der Umwandlung und Aufbereitung dient. Zum anderen zeigt der Verweis in Rn. 32 des Urteils vom 09.03.2023 auf das EuGH-Urteil vom 13.07.2017, C-151/16, Rn. 29 und 30, dass eine Energiesteuerbegünstigung auch schon zur Vorbereitung der an sich begünstigten Verwendung zu gewähren ist, wenn diese, wie im Streitfall die Aufbereitung der Braunkohle in den Fabriken, einen notwendigen und unverzichtbaren Schritt dazu darstellt.
134Die Auffassung des Beklagten, der EuGH lasse durch die Formulierung der Antworten auf die Vorlagefragen, dass nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2003/96 bestimmte Vorgänge begünstigt werden können, zu, dass seine übrigen Einwände gegen die begehrte Steuerbefreiung nach wie vor zu berücksichtigen seien, teilt der Senat nicht. Soweit der EuGH im Urteil vom 09.03.2023 C-571/21 die Steuerbefreiung als Möglichkeiten („können“) ausgewiesen hat, handelt es sich nur darum, dass vom vorlegenden Gericht festzustellen ist, ob und inwieweit die zu begünstigenden Vorgänge zum technologischen Prozess der Stromerzeugung oder zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses der Stromerzeugung unentbehrlich sind und unmittelbar hierzu beitragen.
135Erwägungen zum Kohlebetrieb und zur Aufbereitung der Kohle als Energieerzeugnis sind für das Streitjahr 2004 ohnehin unerheblich, weil die Besteuerung der Kohle in Umsetzung der RL 2003/96 erst mit dem Inkrafttreten des EnergieStG am 01.08.2006 (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Besteuerung von Energieerzeugnissen und zur Änderung des Stromsteuergesetzes vom 15.07.2006, BGBl. I S. 1534) eingeführt wurde.
136Gleiches gilt auch für den Vortrag des Beklagten, dass beim Einsatz anderer Energieerzeugnisse zur Trocknung der Braunkohle eine Unmittelbarkeit entfalle, denn dieser Sachverhalt ist im Streitfall nicht gegeben. Der Wasserentzug der Braunkohle erfolgte durch die steuerlich unerhebliche Rückführung eines Teils der Rauchgase unmittelbar vor Eingabe in die Kessel, in denen die Braunkohle verbrannt wurde.
1375. Aus den unter 4. genannten Gründen hat die Klägerin auch für die Stromentnahmen in den Fabriken, soweit Rohkohlenbunker, Bunker, Aufbereitungsanlagen und Nassdienst betroffen sind (Rn. 3.4.1.7 des Prüfungsberichts), in Höhe eines Steuerbetrags von ... € für die Entnahme von zusammen ... MWh Strom Anspruch auf die Stromsteuerbefreiung.
138Die in die jeweiligen Bunker der Fabriken beförderte Braunkohle musste gebrochen, von Fremdteilen (Holz, Metall) befreit und anschließend auf die für die jeweiligen Kessel benötigte Größe für wirbelschichtgefeuerte Kessel einerseits und für mühlengefeuerte Kessel anderseits verkleinert werden. Lediglich bei den rostgefeuerten Kesseln der Fabrik Q entfiel die Zerkleinerung. Zudem musste die Kohle durch die Entnahmen aus dem Bunker im Betriebsgelände befördert werden.
139Alle diese Vorgänge waren für die Stromerzeugung unentbehrlich und trugen zu ihr unmittelbar bei.
1406. Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Befreiung von ... € Stromsteuer für den Strom, den sie zum Abtransport der Asche aus den Kraftwerken verwendet hat (Rn. 3.4.1.6.3 des Prüfungsberichts).
141Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst a Satz 1 RL 2003/96 ist Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Stromsteuer zu befreien. Damit wird die Verwendung von Strom begünstigt, die seiner Erzeugung vor- oder nachgelagert ist, wenn sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, Strom zu erzeugen, unentbehrlich ist und hierzu unmittelbar beiträgt, weil diese Vorgänge erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten (EuGH Urteil v. 09.03.2023, C-571/21, Rn. 47, 53).
142Bei der Verbrennung der Braunkohle entsteht unvermeidlich Asche, die zum Teil über das Rauchgas und über Elektro-Filter auf Aschesammelbändern abgeschieden wird. Der andere Teil der Asche wird über einen Nassentschlacker aus dem Heizkessel abgeführt und auf eine Deponie gebracht. Diese aufeinander unmittelbar folgenden technischen Schritte ergeben sich aus dem fortlaufenden Betrieb des jeweiligen Kraftwerks. Sie tragen zu dessen Betrieb unmittelbar bei und sind erforderlich, damit das jeweilige Kraftwerk die Fähigkeit, ununterbrochen Strom zu erzeugen, aufrechterhält. Dazu gehört nicht nur der Abzug der Asche aus dem Feuerraum, sondern auf Grund der anfallenden Aschemassen auch ihr Abtransport aus dem Kraftwerk.
143Deutlich wird die Bedeutung der Entaschungsanlagen für den Betrieb der Braunkohlekraftwerke aus den Genehmigungsbescheiden. Sie dürfen ohne Entaschungsanlagen nicht betrieben werden. In den Genehmigungsbescheiden ist bestimmt, dass die Rost- und Kesselaschen der Beseitigungspflicht unterliegen und auf einer bestimmten Deponie von Kraftwerksrückständen in einem bereits ausgekohlten Tagebau entsprechend den Vorgaben der Plangenehmigung ordnungsgemäß zu entsorgen sind. Auch ist der Genehmigungsbehörde innerhalb einer bestimmten Frist nach der Inbetriebnahme durch Aufnahme des Probebetriebs messtechnisch nachzuweisen, dass die Vorgaben aus der Plangenehmigung sicher unterschritten sind. Zudem sind diese Abfälle bei ihrer Entnahme und Förderung ausreichend zu befeuchten, so dass eine Staubentwicklung ausgeschlossen ist. Darüber hinaus sind die Förder- und Lagersysteme für diese Abfälle so auszulegen und zu betreiben, dass durch sie keine diffusen Emissionen ausgehen können. Beispielhaft ergibt sich dies aus dem Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 15.12.2010, der in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Verfahren 4 K 1539/20 VSt vorgelegt worden ist.
144Dem entspricht auch die bisherige Rechtsprechung (Finanzgericht Hamburg Urteil v. 20.06.2002, IV 173/00, ZfZ 2003, 63; Senatsurteil vom 24.03.2010, 4 K 2523/09 VSt, ZfZ 2010 Beilage S. 40, Rz. 19 in juris; BFH Urteil v. 13.12.2011, VII R 73/10, BFHE 237, 478, Rz. 15 in juris).
145Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Revision war nicht nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.
146Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.