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Der Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 07. Februar 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 und der Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 18.03.2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2017 werden aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 19. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 verpflichtet, der Klägerin für die Monate August und September 2013 die Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d des Energiesteuergesetzes in Höhe von ... € abzüglich der Entlastungen nach § 54 des Energiesteuergesetzes in Höhe von ... € sowie nach § 55 des Energiesteuergesetzes in Höhe von ... € zu gewähren.
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Bescheide vom 25. und 26. September 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2017 verpflichtet, der Klägerin die Energiesteuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d des Energiesteuergesetzes für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und für das Jahr 2016 in Höhe von ... € unter Abzug der Energiesteuerentlastungen nach den §§ 54, 55 EnergieStG für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € sowie für das Jahr 2016 in Höhe von ... € zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Revisionsverfahren.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin betrieb an ihrem Standort in X-Stadt ... Kohlemahlanlagen zur Herstellung von Kohlestaub durch Mahlen und Trocknen von stückiger Rohkohle. Die Anlagen bestanden jeweils aus der Kohlemühle, in die die Steinkohle eingegeben, gemahlen und mittels eines Ventilators durch einen Filter abgesogen wurde. Durch den Filter wurde der Kohlestaub abgetrennt und gesondert gelagert.
3Um die Brand- und Explosionsgefahr, die von der in den Mahlanlagen hergestellten Staubkohle ausging, sicher zu vermeiden, musste die in den Anlagen vorhandene Luft einen soweit herabgesetzten Sauerstoffgehalt haben, dass die explosionskritische Sauerstoffgrenzkonzentration (14 Vol-% O2) mit angemessenem Sicherheitsabstand unterschritten wurde. Dazu waren die Anlagen mit einer Sauerstoffkonzentration von< 8 Vol-% O2 zu betreiben.
4Zur Herabsetzung des Sauerstoffgehalts in der normalen Luft von ca. 21 Vol-% auf < 8 Vol-% O2 wurde in die Mahlanlage während des Mahlprozesses ein inertes Prozessgas durchgeleitet. Dieses bestand aus Stickstoff, Kohlendioxid, Wasserdampf und einem geringen Anteil Sauerstoff (< 2 Vol-% O2). Das Prozessgas wurde in der Anlage eigens zu diesem Zweck durch Verbrennung von Erdgas und Beimischung von zuvor durchgeleitetem Prozessgas erzeugt. Beim Anfahren der Anlagen wurde es neben der Verbrennung des Erdgases durch gleichzeitiges Eindüsen von Stickstoff und Wasser erzeugt. Das Prozessgas, auch Brüden genannt, gewährleistete zuverlässig den notwendigen Explosionsschutz beim Normalbetrieb der Kohlemahlanlagen.
5Die Mahlanlagen sind technisch so konzipiert, dass der Brüden während der gesamten Normalbetriebsdauer die Mahlanlage durchströmt und dort für einen Sauerstoffgehalt von < 8 Vol-% O2 sorgt. Dabei wird das Prozessgas in einem Kreislauf geführt, d. h. mehrfach wiederholt verwendet und nimmt beim Durchströmen der Kohlemühle auch die in der Rohkohle gebundene und in der Mühle freigesetzte Feuchtigkeit auf. Hierdurch beschränkt sich die Notwendigkeit zur externen Zugabe von Wasser zum Prozessgas allein auf die Anfahrphase.
6Die Kohlemahlanlagen arbeiteten entsprechend ihrer Betriebsgenehmigung wie folgt: Zum fünf bis zehn Minuten dauernden Anfahren der Anlage wurde der mit Erdgas betriebene Prozessgaserzeuger gestartet und auf Temperatur gebracht, während die eigentliche Kohlemühle und die Filteranlage noch abgekoppelt waren. Die Rauchgase entwichen über den Anfahrkamin, da sie für den Einsatz in der Kohlemühle noch zu heiß waren. In die Mühle und Filteranlage wurden gleichzeitig Stickstoff und – nicht regelmäßig – auch Wasser eingedüst, so dass der Sauerstoffgehalt in den Anlagen unter 2 Vol-% lag.
7In den folgenden zehn bis 30 Minuten wurden zunächst der Anfahrkamin geschlossen, die Klappen zur Mühle geöffnet und der Hauptventilator und die Filterreinigung eingeschaltet. Mit dem Rauchgas wurde die Anlage auf eine Temperatur von mehr als 80°C gebracht. Zugleich wurden weiter Stickstoff und – nicht regelmäßig – Wasser eingedüst, um den Anstieg des Sauerstoffgehalts, der in der Mühle und in den Filteranlagen bis zu 10 Vol-% erreichen konnte, zu minimieren. Dadurch bildete sich eine aus Rauchgas und Stickstoff bestehende inerte Mischung, bei zusätzlicher Zugabe von Wasser ein aus Rauchgas, eingedüstem Wasser und Stickstoff bestehender Brüden.
8Hatte die Anlage eine Temperatur von mehr als 80°C erreicht, wurden die Mühle und kurz danach die Rohkohlezuteilung zugeschaltet. Dadurch gelangte die Rohkohle, die einen Wasseranteil von 8-12% (durchschnittlich 10%) hatte, in die Kohlemühle. Die heißen Rauchgase verdampften Wasser aus der bis zu Staub zerkleinerten Rohkohle. Dadurch bildete sich ein inerter Brüden aus Rauchgas und Wasserdampf. Dieser und der durch den Hauptventilator erzeugte Sog beförderten zugleich die Staubkohle zum Filter. Im Filter wurde das Prozessgas bestehend aus Rauchgas und Wasserdampf von der Kohle getrennt. Die dort abgeschiedene Staubkohle wurde über Förderschnecken und Zellradschleusen aus dem Filter ausgetragen und pneumatisch zu den Staubbunkern gefördert.
9Ein Teilstrom des Prozessgases wurde sodann dem Prozessgaserzeuger wieder zugeführt und vermischte sich mit dem Rauchgas, das auf höchstens 450°C herunter gekühlt wurde. Das so erzeugte Prozessgas verhinderte eine explosionsfähige Atmosphäre und machte die weitere Zufuhr von Stickstoff unnötig. Das nicht dem Prozessgaserzeuger zugeführte Prozessgas wurde in die Atmosphäre geleitet. Durchschnittlich wurden so zwischen 73 und 80% des Brüdens mehrfach verwendet, während der übrige Brüden in die Atmosphäre geleitet wurde.
10Der Einsatz des heißen Prozessgases in den Kohlemahlanlagen bewirkte die ebenfalls beabsichtigte Trocknung des Kohlestaubs.
11Kam es zu einem übermäßigen Temperatur- und Sauerstoffanstieg, wurde in die An-lage hinter dem Prozessgaserzeuger, aber vor der Kohlemühle Wasser eingedüst.
12Die Anlage verfügte zudem über Einrichtungen, mit denen beim An- und Abfahren sowie in Notfällen Stickstoff zugeführt werden konnte. Diese Einrichtungen waren nicht für einen Dauerbetrieb der Anlagen nur mit Stickstoff zur Inertisierung ausgelegt.
13Besteuerung und Vergütung
14Wie schon in den Vorjahren gewährte der Beklagte der Klägerin für 2012 die beantragte Vergütung für das eingesetzte Erdgas nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energie-steuergesetzes (EnergieStG).
15Auf Anordnung des Beklagten begann das Hauptzollamt Y-Stadt am 13. Juni 2013 mit einer Außenprüfung bei der Klägerin, die u.a. die Energiesteuerentlastung der Klägerin nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG im Jahr 2012 zum Gegenstand hatte. Im Prüfungsbericht vom 24. Juni 2013, AB-Nr. 290020130169 – D 3108, kam der Prüfungsbeamte zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen dieser Entlastung gegeben seien.
16Der Beklagte folgte der Beurteilung im Prüfungsbericht nicht, sondern forderte mit Steueränderungsbescheid vom 07. Februar 2014 die für das Jahr 2012 gewährte Entlastung in Höhe von ... € zurück, wobei er der Klägerin zugleich für den gleichen Zeitraum Entlastungen nach den §§ 54 und 55 EnergieStG in Höhe von zusammen ... € bewilligte, so dass die von der Klägerin zu leistende Rückzahlung noch ... € betrug.
17Gleichfalls forderte er mit Steueränderungsbescheid vom 18. März 2014 die für Januar bis Juli 2013 gewährte Entlastung in Höhe von ... € zurück, wobei er der Klägerin zugleich für den gleichen Zeitraum Entlastungen nach den §§ 54 und 55 EnergieStG bewilligte, so dass die von der Klägerin zu leistende Rückzahlung noch ... € betrug.
18Dazu führte er aus, das verbrannte Erdgas sei nur zur Erzeugung von Wärme und nicht gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken verwendet worden. Das Rauchgas sei überwiegend als Trocken- und Transportmedium dem Prozess zugeführt worden und habe erst durch den bei der Trocknung der Kohle entstehenden Wasserdampf die erforderliche Inertisierung bewirken können.
19Die chemische Zusammensetzung des Rauchgases sei nicht definiert worden, zumal es auch nicht unmittelbar, sondern erst nach einer Abkühlung von über 1.000°C auf ca. 450°C in die Kohlemühle eingeführt worden sei.
20Am 22. September und am 14. Oktober 2013 beantragte die Klägerin jeweils für die Monate August und September 2013 die Entlastung von der Energiesteuer für das in ihren Kohlemahlanlagen eingesetzte Erdgas nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG, und zwar in Höhe von ... € für August 2013 und in Höhe von ... € für September 2013.
21Diese Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19.03.2014 ab, wobei er zur Begründung auf einen am selben Tag ergangenen Steueränderungsbescheid verwies.
22Am 05. Mai 2014 beantragte die Klägerin die Entlastung für das in ihren Kohlemahlanlagen eingesetzte Erdgas nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG für die Monate Oktober bis Dezember 2013, am 21. September für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, am 12. Juli 2016 für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und am 13. April 2017 für das Jahr 2016 in Höhe von ... €.
23Die Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25. September 2017 für die Monate Oktober bis Dezember 2013 und mit Bescheiden vom 26. September 2017 für die Jahre 2014 bis 2016 ab, da kein doppelter Verwendungszweck gegeben sei.
24Zur Begründung der dagegen fristgerecht eingelegten Einsprüche trug die Klägerin vor, bei der Herstellung von Rauchgas sei ein Vorrang der Wärmeerzeugung gerade nicht gegeben. Vielmehr werde das Rauchgas erst noch heruntergekühlt, um dann als Schutzgas verwendet zu werden. Die Transportwirkung sei zu vernachlässigen, weil das heiße Rauchgas nicht in die Mahlanlage transportiert, sondern von dieser angesogen werde. Maßgebend sei dann die Wirkung als Schutzgas, um Explosionen vorzubeugen. Daran ändere sich auch nichts, wenn eine definierte chemische Zusammensetzung (eine stöchiometrische Berechnung) nicht vorliege. Im Übrigen weise sie auf das EuGH-Urteil vom 02. Oktober 2014, C-426/12, das ihre Rechtsauffassung bestätige, hin.
25Nicht erforderlich sei, dass Bestandteile des Rauchgases als Verbrennungsprodukt des Energieerzeugnisses stofflich in das Endprodukt gelangten. Für die Steuerentlastung genüge es, wenn sie nicht allein dem Verheizen, sondern auch noch einem anderen Zweck diene.
26Die Einsprüche wies der Beklagte mit drei Einspruchsentscheidungen vom 13. September und einer Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2017 als unbegründet zurück.
27Mit ihren Klagen verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter und trug im ersten Rechtszug ergänzend vor: Nach dem Konstruktionsprinzip der Kohlemahlanlagen, die sich auch in ihrer gewerberechtlichen Zulassung widerspiegelten, sei der Hauptzweck der Prozessgaserzeugung die Inertisierung, ohne die die Anlagen über kurz oder lang explodieren würden. Dies schließe die vom Beklagten behauptete nachträgliche Nutzung der inerten Eigenschaften des Prozessgases aus. Die Nutzung der Wärme sei demgegenüber nur der zweite, nachrangige Zweck.
28Ihr Produktionsprozess beinhalte die Vermahlung zu Staubkohle und nicht die Trocknung der Kohle. Für die schadlose und genehmigungskonforme Vermahlung der Kohle müsse das Rauchgas und der Brüden, der durch Zugabe von Wasser oder in Verbindung mit dem in der Kohle enthaltenen Wasseranteil entstehe, hergestellt werden.
29Auch das während der Anfahrphase eingesetzte Erdgas diene der Inertisierung. Der Anfahrzustand sei kein repräsentativer Betriebszustand, der zwar zum Anlagenbetrieb gehöre, aber für die Beurteilung des Zwecks der Erdgasverbrennung nicht bestimmend sei. Insoweit sei es auch unschädlich, dass sich die Inertisierung nicht allein durch das trockene Rauchgas, sondern auch durch den Wasseranteil aus der Kohle ergebe.
30Die Zugabe von Stickstoff in der kurzen Anfahrphase – und ganz selten in anderen Fällen – diene nur dem 100%igen Explosionsschutz, der auf jeden Fall sichergestellt werden müsse.
31In ihrem Betrieb werde Erdgas gerade nicht zur Erzeugung von Wasserdampf verbrannt, sondern zur Erzeugung von Rauchgas.
32Im ersten Rechtszug wandte sich der Beklagte dagegen und führte aus: Im Rahmen des zu beurteilenden Prozesses stelle die Nutzung der mit der Verbrennung des Erdgases erzeugten Wärme zur Trocknung der Kohle einen steuerpflichtigen Verbrauch als Heizstoff dar, und zwar auch unabhängig vom Zweck des Heizens.
33Als weiterer Produktionsprozess komme nur die Herstellung der Staubkohle, nicht die Herstellung eines Inertgases in Betracht, denn die Herstellung der Staubkohle sei mit der Vermahlung und Trocknung abgeschlossen.
34Mit der Verbrennung des Erdgases sei nur ein Rauchgas erzeugt worden, dessen inerte Eigenschaften im Herstellungsprozess der Staubkohle genutzt würden. Dabei handele es sich um ein unweigerlich anfallendes Restprodukt der Erdgasverbrennung. Die Ausnutzung seiner inerten Eigenschaften begründe keinen neben dem Verheizen stehenden weiteren Verwendungszweck (BFH Beschluss vom 31. Januar 2019, VII B 147/18). Insoweit werde auch auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 11. Juli 2018, 4 K 1945/17 VE, hingewiesen. Das FG Berlin-Brandenburg sei in seinem Urteil vom 15. Juli 2015, 1 K 1322/13, davon ausgegangen, dass sich die Verwendung allein in der Nutzung der erzeugten Wärme erschöpfe und die weitere Nutzung des Prozessdampfs unerheblich sei.
35Das Rauchgas sei nicht für den Abschluss des Produktionsprozesses der Staubkohle erforderlich gewesen.
36Anders als noch im Senatsurteil vom 25. Juli 2018, 4 K 1968/17 VE, und im folgenden BFH-Beschluss vom 31. Januar 2019, VII B 147/18, angenommen, sei nach nunmehriger Darstellung der Anlage erst durch Zuführung des Brüden in den Prozessdampferzeuger ein hinreichend inertes Gas entstanden. Erst danach sei die Zufuhr von Stickstoff beendet worden.
37Reiche der natürliche Wassergehalt der Kohle nicht und komme es deshalb zu einem Sauerstoffanstieg, werde Wasser in die Brennkammer eingedüst, notfalls sogar Stickstoff. Daraus folge, dass die Verbrennungsgase für sich allein nicht hinreichend inert und damit auch keine Substanzen seien, die für die Herstellung des Kohlestaubs notwendig seien.
38Soweit im Senatsurteil vom 25. Juli 2018, 4 K 1968/17 VE, mit den klar definierten Parametern für das Rauchgas, seine Erhitzung auf über 1.000°C, sein abschließendes Abkühlen auf 450°C und die Zusammensetzung des erforderlichen Inertgases beschrieben worden seien, stelle dies keinen zweiten Verwendungszweck dar. Die Abkühlung eines Rauchgases sei seiner thermischen Verwendung immanent.
39Auch stelle die Ausnutzung der inerten Eigenschaften der Rauchgase und des entstandenen Wasserdampfes keinen zweiten Verwendungszweck dar (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2019, VII B 147/18).
40Vielmehr könne ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt werde, nur dann einen zweiten Verwendungszweck haben, wenn dieser Herstellungsprozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden könne, von dem feststehe, dass er nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden könne (EuGH Urteil vom 02. Oktober 2014 C-426/12, Beschluss vom 17. Dezember 2015 C-529/14). Dies sei dahin zu verstehen, dass das Rauchgas nur durch Verbrennen des Erdgases erzeugt werden könne, es mithin einen unerlässlichen Einsatzstoff für die Herstellung der Staubkohle darstelle. Könne aber das Rauchgas substituiert werden, wie im Streitfall durch den Einsatz von Stickstoff, sei ein zweiter Verwendungszweck nicht gegeben (BFH Beschluss vom 31. Januar 2019, VII B 147/18). Vom Einsatz des Stickstoffs habe die Klägerin nur aus Kostengründen abgesehen.
41Die den Klagen stattgebenden Senatsurteile vom 30.10.2019, 4 K 2686, 2688, 2689 und 3112/17 VE, hat der BFH mit als Urteil wirkenden Gerichtsbescheiden vom 01.06.2022, VII R 37-40/20, aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen: Auf Grund der Feststellungen des FG habe nicht abschließend entschieden werden können, ob die Klägerin das eingesetzte Erdgas tatsächlich zu zweierlei Verwendungszwecken i.S. des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG verwendet habe. Im zweiten Rechtsgang werde das FG daher festzustellen haben, wodurch genau die inerte Wirkung des Rauchgas-Luft-Wasserdampf-Gemisches erzeugt werde und welchen Beitrag das Erdgas oder seine Verbrennungsprodukte daran hätten. In diesem Zusammenhang komme es darauf an, ob gerade durch die Verwendung des Erdgases die Schutzgasatmosphäre erzeugt werde.
42Sollte allein die Abkühlung des Rauchgases zur Erzeugung der Schutzgasatmosphäre beitragen oder werde die inerte Wirkung durch den Wasserdampf oder den Stickstoffanteil erzeugt, liege kein dual-use in Bezug auf das Erdgas vor. Die Verbrennung des Erdgases diene aber dann zweierlei Verwendungszwecken, wenn die durch die Verbrennung des Erdgases entstehenden Abgase reaktionsträge seien und dadurch im Streitfall die Schutzgasatmosphäre erzeugt werde.
43In diesem Zusammenhang sei auch zu klären, ob die Rohkohle bereits in der zweiten Phase, die zehn bis 30 Minuten dauere, oder erst in der dritten Phase, der eigentlichen Erzeugung der Staubkohle, zugeführt werde.
44Im zweiten Rechtszug hat der Senat mit Beschluss vom 30. Januar 2023 die Verfahren 4 K 2686/17 VE , 4 K 2688/17 VE, 4 K 2689/17 VE und 4 K 3112/17 VE zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen 4 K 2686/17 VE fortgeführt.
45Im zweiten Rechtszug trägt die Klägerin vor: Das in ihrer Anlage verbrannte Erdgas werde nicht ausschließlich zum Verheizen, sondern vorrangig zum entlastungsfähigen Zweck der Herstellung einer Schutzgasatmosphäre in den Kohlemahlanlagen eingesetzt. Diese seien technisch so konzipiert, dass der dort notwendige Explosionsschutz nur dadurch funktioniere, dass das durch die Verbrennung des Erdgases erzeugte Rauchgas in Verbindung mit der Feuchtigkeit, die aus der zu mahlenden Kohle entweiche, eine inerte Schutzgasatmosphäre bilde und so dafür sorge, dass es im Inneren der Kohlemühle nicht zu Kohlenstaubexplosionen kommen könne. Die Wärmegewinnung sei nur ein zwangsläufig anfallender Nebeneffekt, der für die Entlastungsfähigkeit des Hauptzwecks unschädlich sei. Insoweit werde auf die Stellungnahme des Herstellers der Anlage hingewiesen.
46Ebenso sei es unschädlich, dass der Explosionsschutz der Verbrennung zeitlich nachfolge.
47Für eine künstliche Aufspaltung in ein vermeintlich vorrangiges Trocknen und der anschließenden Wärmenutzung sei kein Raum, zumal nicht die Wärme, sondern das inerte Prozessgas genutzt werde.
48Die Abkühlung des Prozessgases auf 450°C sei kein zweiter Verwendungszweck. Mit dem Prozessgaserzeuger werde zunächst Rauchgas hergestellt, das nach notwendiger Abkühlung durch Vermischen mit dem rückgeführten Brüden in den Kohlemahlraum eingespeist werde. Dort diene es nicht nur der Trocknung der Kohle nach deren Vermahlung, sondern stelle auch den unverzichtbaren Explosionsschutz sicher.
49In ihren Anlagen gebe es keinen unterschiedlichen Brüden, sondern nur ein von ihr zielgerichtet hergestelltes Gemisch aus Rauchgas durch die Verbrennung von Erdgas und Wasserdampf, der sich bei der Kreislaufführung des Brüdens durch die Kohlemahlanlage im Wesentlichen aus der Feuchte der dort zuvor vermahlenen Stückkohle hinzumische, davon unabhängig dem Rauchgas aber auch bereits vor seiner Einspeisung in den Mahlraum zielgerichtet zugeführt werde, nämlich durch die oben bereits angesprochene Kühlung durch den zurückgeführten Brüden bzw. bei Bedarf auch zusätzlich durch ergänzende Wassereindüsung.
50Das inerte Prozessgas habe mit Ausnahme der Anfahrphase sowohl vor seiner Einspeisung in den Mahlraum als auch später nach seiner Vermischung mit der aus den gemahlenen Kohlen entweichenden Feuchteanteilen grundsätzlich die gleichen für den Explosionsschutz bestimmenden Eigenschaften, nämlich einen kontrolliert geringen Sauerstoffanteil von < 8 Vol-%. Dadurch werde erreicht, dass sich der Brüden im gesamten Mahlraum ausbreite und dort dafür sorge, dass kein explosives Kohlenstaub-Luftgemisch entstehen könne.
51Die Klägerin beantragt,
52den Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 07. Februar 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 aufzuheben.
53den Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 18. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 aufzuheben.
54den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 19. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 zu verpflichten, die Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d EnergieStG in Höhe von ... € abzüglich der Entlastungen nach § 54 EnergieStG in Höhe von ... € sowie nach § 55 EnergieStG in Höhe von ... € zu gewähren.
55den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 25. und 26. September 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2017 zu verpflichten, die Energiesteuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d EnergieStG für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und für das Jahr 2016 in Höhe von ... € unter Abzug der Energiesteuerentlastungen nach den §§ 54, 55 EnergieStG für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € sowie für das Jahr 2016 in Höhe von ... € zu gewähren.
56Der Beklagte beantragt,
57die Klage abzuweisen,
58hilfsweise die Revision zuzulassen.
59Entscheidungsgründe:
60Die Klage ist begründet.
61Der Klägerin steht der Vergütungsanspruch hinsichtlich der Energiesteuer für 2012 in Höhe von ... € zu. Der Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 07. Februar 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
62Der Beklagte war mit seinem Steueränderungsbescheid vom 07. Februar 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 nicht berechtigt, nach § 164 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) die Vergütungsanmeldung der Klägerin (s. §§ 167 Abs. 1 Satz 1, 168 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 4 AO a. F.), die nach Zustimmung des Beklagten durch Auszahlung der Vergütung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (s. § 168 S. 2 AO), zu ändern.
63Unter Anrechnung der der Klägerin nach den §§ 54 und 55 EnergieStG für das Jahr 2012 gezahlten Entlastungen ist sie noch um weitere ... € Energiesteuer zu entlasten.
64Der Klägerin steht der Vergütungsanspruch hinsichtlich der Energiesteuer für Januar bis Juli 2013 in Höhe von ... € zu. Der Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 18. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
65Der Beklagte war mit seinem Steueränderungsbescheid vom 18. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 nicht berechtigt, nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO die Vergütungsanmeldung der Klägerin (s. §§ 167 Abs. 1 Satz 1, 168 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 4 AO a. F.), die nach Zustimmung des Beklagten durch Auszahlung der Vergütung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (s. § 168 S. 2 AO), zu ändern.
66Unter Anrechnung der der Klägerin nach den §§ 54 und 55 EnergieStG für den Zeitraum von Januar bis Juli 2013 gezahlten Entlastungen ist sie noch um weitere ... € Energiesteuer zu entlasten.
67Der Klägerin steht der Vergütungsanspruch hinsichtlich der Energiesteuer § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d EnergieStG in Höhe von ... € zu. Da der Beklagte diesen Anspruch abgelehnt hat, ist sein Bescheid vom 19. März 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2017 rechtswidrig und aufzuheben. Der Beklagte war nach § 101 Satz 1 FGO zur Gewährung der Entlastung zu verpflichten, auf die die bereits für den gleichen Zeitraum gewährten Entlastungen nach den §§ 54 und 55 EnergieStG anzurechnen sind.
68Der Klägerin steht der Vergütungsanspruch hinsichtlich der Energiesteuer § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d EnergieStG für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € und für das Jahr 2016 in Höhe von ... € zu. Diese Entlastung ist ihr unter Abzug der Energiesteuerentlastungen nach den §§ 54, 55 EnergieStG für das 4. Quartal 2013 in Höhe von ... €, für das Jahr 2014 in Höhe von ... €, für das Jahr 2015 in Höhe von ... € sowie für das Jahr 2016 in Höhe von ... € zu gewähren. Da der Beklagte diesen Anspruch abgelehnt hat, sind seine Bescheide vom 25. und 26. September 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2017 rechtswidrig und aufzuheben. Der Beklagte war nach § 101 Satz 1 FGO zur Gewährung der Entlastungen zu verpflichten, auf die die bereits für den gleichen Zeitraum gewährten Entlastungen nach den §§ 54 und 55 EnergieStG anzurechnen sind.
69Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 und 10, Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4a EnergieStG versteuert worden sind und gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG beruht auf Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b Anstrich 1 und 2 der Richtlinie 2003/96/EG (RL 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. EU Nr. L 283/1). Danach gilt die RL 2003/96 nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b Anstrich 1 oder 2 RL 2003/96. Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Mitgliedstaaten befugt, Energieerzeugnisse nicht zu besteuern (EuGH Beschluss vom 17. Dezember 2015 C-529/14, ECLI:EU:C:2015:836 Rz. 30). Daher ist § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b Anstrich 1 und 2 RL 2003/96 und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH auszulegen.
70Die Verwendung eines Energieerzeugnisses fällt danach nur dann nicht in den Anwendungsbereich der RL 2003/96, wenn dieses Erzeugnis in seiner Funktion als Energiequelle selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, kann zweierlei Verwendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz einer Substanz durchgeführt werden kann, von der feststeht, dass sie nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann (EuGH Urteil vom 2. Oktober 2014 C-426/12, ECLI:EU:C:2014:2247 Rzn. 23 f.; Beschluss vom 17. Dezember 2015 C-529/14, Rz. 24). Kennzeichnend für das Vorliegen eines Energieerzeugnisses mit zweierlei Verwendungszweck ist mithin, dass das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern auch zur Herstellung eines Stoffes verwendet wird, der für die Herstellung eines Produktes innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird (EuGH Urteil vom 2. Oktober 2014 C-426/12, Rz. 25 ff.; Beschluss vom 17. Dezember 2015 C-529/14, Rzn. 24 f.).
71Insoweit kommt es auch nicht auf die Rang- oder Reihenfolge der Verwendungszwecke an (BFH Urteil vom 13. Januar 2015 VII R 35/12, Rz. 21, BFHE 248, 287 im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 02. Oktober 2014, C-426/12).
72Ist hingegen das bei der Verbrennung entstehende Gas nicht das zur Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis, sondern ein Rückstand dieses Prozesses, der nur verwertet wird, liegt ein doppelter Verwendungszweck nicht vor (EuGH Urteil vom 02. Oktober 2014 C-426/12, Rz. 26.; Beschluss vom 17. Dezember 2015 C-529/14, Rz. 25).
73Nach diesen der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b Anstrich 1 und 2 RL 2003/96 folgenden Maßstäben ist mit dem nach dem Anfahren der Anlagen aufgenommenen Dauerbetrieb ein doppelter Verwendungszweck des verbrannten Erdgases gegeben.
74Das Erdgas wird im Streitfall im Sinne des § 1a Satz 1 Nr. 12 EnergieStG verheizt, indem es zur Erzeugung von Wärme verbrannt wird. Damit verfolgt die Klägerin zwei Zwecke, nämlich in erster Linie die Herstellung einer inerten Atmosphäre und in zweiter Linie die Trocknung der gemahlenen Kohle. Mit der Verbrennung des Erdgases entsteht ein Rauchgas, das durch Vermischung mit dem rückgeführten Brüden zu einem inerten Prozessgas wird, das seinerseits die nichtexplosionsfähige Atmosphäre in den Kohlemahlanlagen sicherstellt. Es wird also gerade durch die Verwendung des Erdgases die Schutzgasatmosphäre erzeugt. Das Rauchgas ist als Folge der Verbrennung inert geworden, aber für sich allein zu heiß, so dass es mit dem zurückgeführten Brüden, der seinerseits inert ist, vermischt werden muss.
75Zudem führt die trotz der Rückführung des Brüdens verbliebene Hitze des Prozessgases zur Verdampfung des in der gemahlenen Kohle enthaltenen Wassers, so dass einerseits der Kohlenstaub getrocknet wird, andererseits aber der entstehende Wasserdampf sich mit dem Prozessgas vermischt und die inerte Atmosphäre verstärkt, jedenfalls aber aufrechterhält.
76Die Zugabe des im Vergleich zum Prozessgas kühlen Brüdens in den Prozessgaserzeuger stellt keine Verwertung eines Rückstands dar, sondern ist für die Herstellung des inerten Prozessgases zwingend erforderlich. Ohne diese Zugabe würde das noch zu heiße Rauchgas den geforderten Explosionsschutz nicht leisten können.
77Schließlich ist auch der durch das Prozessgas bewirkte Gasdruck in den Kohlemahlanlagen neben dem Sog, den der Ventilator hinter dem Filter erzeugt, dazu geeignet, den Kohlestaub dem Filter zuzuführen.
78Dem anzunehmenden doppelten Verwendungszweck steht nicht entgegen, dass die Kohlemahlanlagen über Notfallsysteme verfügen, die bei einem ungeplanten Anstieg des Sauerstoffs durch Eindüsen von Stickstoff und/oder Wasser wieder eine sichere inerte Atmosphäre sicherstellen können. Diese Systeme dienen nicht dem Regelbetrieb, sondern dem unter allen Umständen zu sichernden Explosionsschutz. Sie rechtfertigen aber nicht die Ablehnung des doppelten Verwendungszwecks.
79Die beiden Anfahrphasen sind technisch zwingend notwendig, um die Kohlemühlen betreiben zu können, und dienen keinem selbständigen, davon zu unterscheidenden Zweck. Sie bilden zusammen mit dem Mahlen der Kohle einen einheitlichen Prozess.
80Mit der ersten, fünf bis zehn Minuten dauernden Phase, bei der der mit Erdgas betriebene Prozessgaserzeuger gestartet und auf Temperatur gebracht wurde, während die eigentliche Kohlemühle und die Filteranlage noch abgekoppelt waren, wurde nur der Prozessgaserzeuger in Betrieb genommen.
81In der folgenden zehn bis 30 Minuten dauernden Phase, in der zunächst der Anfahrkamin geschlossen, die Klappen zur Mühle geöffnet und der Hauptventilator und die Filterreinigung eingeschaltet wurden, wurde die Anlage mit dem Rauchgas auf die erforderliche Betriebstemperatur von mehr als 80°C gebracht.
82Auch zeigt der Erdgasverbrauch während der beiden Anfahrphasen, der durchschnittlich zwischen 0,09 und 0,13 % des insgesamt eingesetzten Erdgases betrug, dass diese Phasen nur Teil eines einheitlichen Prozesses waren, denen kein weiterer Zweck zukam.
83Anders als der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, setzt das Merkmal der Gleichzeitigkeit i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG nicht notwendig eine gleichzeitige parallele Verwendung in dem Sinne voraus, dass das Energieerzeugnis im selben Augenblick sowohl für Heizzwecke als auch zu anderen Zwecken verwendet werden muss. Es genügt vielmehr, wenn das Energieerzeugnis wie hier im Rahmen eines einheitlichen industriellen Prozesses oder Verfahrens sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke verwendet wird. Darüber hinaus stehen die beiden Verwendungszwecke nicht in einer bestimmten Rangfolge (s. BFH Gerichtsbescheid vom 1. Juni 2022, VII R 37/20 Seite 13 m.w.N.).
84Der Streitfall unterscheidet sich von dem des Senatsurteils vom 11. Juli 2018 4 K 1945/17 VE, weil dort mit den eingesetzten Brennstoffen nur eine Trocknung der her-zustellenden Waren betrieben, nicht aber zusätzlich ein aus weiteren Gründen erforderliches Prozessgas hergestellt wurde.
85Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2015, 1 K 1322/13, DStR 2016, 12, denn in dem diesem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalt erfolgte der Einsatz versteuerten Brennstoffs gemeinsam mit dem zu verbrennenden Abfallprodukt, wobei die so erzeugte Wärme zur Erzeugung von Wasserdampf für den weiteren Betrieb der dortigen Klägerin verwendet wurde. Diese Verwendung sah das FG nicht als doppelten Verwendungszweck, sondern als bloßes Verheizen an.
86Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 143 Abs. 2 FGO. Die Revision war nicht nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.
87Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.