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Unter Änderung des Bescheids für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27.05.2022 werden Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € festgestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, wie der Gewinn aus dem Betrieb eines Rohrfernleitungsnetzes auf Deutschland, Belgien und die Niederlande aufzuteilen ist.
3Die im Jahr 1968 gegründete Klägerin (im Folgenden auch Z genannt) ist eine Kommanditgesellschaft. Komplementärin ist die W GmbH. Zudem waren im Streitjahr 2015 fünf Kommanditisten mit einem Anteil von jeweils 19,93 % an der Klägerin beteiligt (V, U GmbH, Y GmbH, T GmbH - alle vier mit Sitz in Deutschland - und R mit Sitz in den Niederlanden). Die beigeladene Y GmbH ist mit Ablauf des 31.12.2020 aus der Gesellschaft ausgeschieden.
4Die Klägerin betreibt ein Netz aus Rohrleitungen. Transportiert werden Güter. Darüber hinaus erzielt sie ca. 1 % ihres Gesamtumsatzes durch die Betreuung der Rohrfernleitungen fremder Dritter (... km Rohrnetz der S GmbH & Co KG, ... km Rohrnetz der Q GmbH & Co KG), wobei dieser Tätigkeitsbereich größtenteils der Verwaltung des eigenen Rohrleitungsnetzes entspricht.
5Das Rohrleitungsnetz der Klägerin verläuft durch Deutschland (im Streitjahr 2015 ca. ... km), Belgien (ca. ... km) und die Niederlande (ca. ... km). Der Großteil der Rohrleitung steht im Eigentum der Klägerin und wurde bis 1978 in Betrieb genommen. Lediglich ... km, die durch Belgien verlaufen und bis 1993 in Betrieb genommen wurden, stehen im Eigentum der P (im Folgenden kurz P genannt). Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt an der P beteiligt. Grund für die Einschaltung der P war, dass die Klägerin die Rohrleitung aufgrund belgischer Vorschriften nicht selbst errichten durfte. Deshalb wurde mit der P vereinbart, dass diese das Rohrleitungsnetz baut und der Klägerin das alleinige Nutzungsrecht überlässt. Die Baukosten wurden der P von der Klägerin erstattet, ebenso die jährlich anfallenden Betriebskosten. Darüber hinaus erhält die P eine an den Verbraucherpreisindex gekoppelte Verwaltungspauschale i.H.v. ... BEF pro Jahr (mit Ausgangswert Juli 1988) sowie eine von den Baukosten und weiteren Variablen abhängige Gewinnpauschale. Die Verwaltungspauschale belief sich im Streitjahr 2015 auf rd. ... Euro und die Gewinnpauschale auf rd. ... € (entspricht ca. 1,7 % der Investitionskosten). Bezüglich der Einzelheiten der Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der P wird auf den Vertrag vom 04./13.07.1988 nebst Ergänzung vom 18.02./12.03.1991 Bezug genommen [Bl. 254 – 262 der Gerichtsakte -GA-].
6Insgesamt sind an das Rohrleitungsnetz ...-Unternehmen bzw. ...-Standorte angeschlossen (einschließlich der Firmengelände der Gesellschafter der Klägerin). Zudem bestehen Anschlüsse u.a. in ... H-Stadt (Niederlande) und I-Stadt (Belgien), um über sog. Terminals eine Ein- und Ausspeisung für ...Schiffe zu ermöglichen. Die Güter, die für die Basisfüllung der gesamten Rohrleitung erforderlich sind, befinden sich im Eigentum der Klägerin (einschließlich der Güter in der Rohrleitung der P). Bestimmte Flussrichtungen gibt es nicht; vielmehr können alle angeschlossenen Unternehmen zur gleichen Zeit Güter aus der Leitung entnehmen oder einspeisen. Einige Kunden sind nur Zulieferer oder nur Abnehmer, andere sind beides. Da sich die eingespeisten Güter mit dem in der Rohrleitung vorhandenen Gütern mischen, wird niemals das identische Gut geliefert, das von einem Abnehmer bei einem Zulieferer bestellt wurde. Nach den Angaben der Klägerin erfolgen ca. 70 % der Transporte für Fremdfirmen und ca. 30% für die Unternehmen ihrer Gesellschafter. Mit den Kunden bestehen standardisierte Transportverträge. Das Entgelt setzt sich im Wesentlichen aus einem Fixbetrag pro Tonne und einem entfernungsabhängigen Element pro Kilometer zusammen. Das Tarifsystem ist für alle Kunden - auch für die Gesellschafter der Klägerin - identisch und wird jährlich per Koppelung an einen bestimmten Index leicht angepasst; individuelle Preisverhandlungen gibt es nicht.
7Die Verwaltungszentrale der Klägerin befand sich im Streitjahr in A-Stadt (ab Juni 2019 B-Stadt). Dort beschäftigte die Klägerin im Streitjahr 2015 neben dem Geschäftsführer vier sog. „Dispatcher“ (verantwortlich für die Disposition der Transporte, wie z.B. die Mengen- und Tagesplanung) sowie Personal für die kaufmännische Verwaltung (Sekretariat/Buchhaltung/Controlling). Insgesamt hatte die Klägerin im Streitjahr 9 bis 10 eigene Mitarbeiter. Zudem verfügt sie über einen Beirat, dem im Streitjahr jeweils Vertreter der fünf in gleichem Umfang beteiligten Kommanditisten angehörten. Der Beirat trifft sich zwei Mal pro Jahr und trifft alle wesentlichen Entscheidungen (wie z.B. betreffend Veränderungen am Tarifsystem oder betreffend neue Investments).
8Die operative Steuerung der Rohrleitung erfolgt durch eine in den Niederlanden belegene „Betriebszentrale“, welche durch einen externen Dienstleister mit dessen Personal betrieben wird. Zu den Aufgaben der Betriebszentrale gehören u.a. die Auswertung aller von der Leitung eingehenden Signale, die Überwachung von Druck, Temperatur und Qualität sowie die aktive Steuerung des Netzes durch Öffnen und Schließen von Schiebern bei den angeschlossenen Unternehmen und entlang der Leitung. Zu diesem Zweck ist die Betriebszentrale rund um die Uhr mit mindestens zwei Personen besetzt. Mit der Wartung der Rohrleitungen außerhalb der Werksgelände ihrer Kunden hat die Klägerin ebenfalls Fremdfirmen (sog. Service-Provider) beauftragt. Eigenes Personal beschäftigt die Klägerin in Belgien oder in den Niederlanden nicht.
9Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist unstreitig, dass durch das Rohrleitungsnetz Betriebsstätten begründet werden und der erzielte Gewinn auf die Länder Deutschland, Belgien und die Niederlande zu verteilen ist.
10Die Gewinnverteilungen, die die Klägerin in den Jahren bis 2009 vorgenommen hat, wurden durch die damaligen Außenprüfungen – soweit ersichtlich – ohne wesentliche Änderungen übernommen. Vielmehr nahm die Finanzverwaltung nach Aktenlage erstmals in der die Jahre 2009 bis 2011 betreffenden Außenprüfung eine abweichende Gewinnverteilung vor. Die Gewinnverteilung für das Jahr 2011 ist Gegenstand des Klageverfahrens 3 K 1940/17 F.
11Für das Streitjahr 2015 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € (lt. E-Bilanz, Bl. 157 BpA), welchen sie - entgegen ihrer eigenen Überzeugung - nach Maßgabe der von der Vorbetriebsprüfung angewandten Grundsätze aufteilte. Gegen den hieraufhin durch das zunächst zuständige Finanzamt A-Stadt erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheid) für das Streitjahr 2015 vom 03.03.2017 - geändert am 15.03.2017 - legte die Klägerin Einspruch ein, woraufhin am 17.05.2017 ein weiterer Änderungsbescheid erging.
12Am 09.01.2018 hat die Klägerin unter Verweis darauf, dass über den Einspruch ohne Angabe von Gründen noch nicht entschieden worden sei, Klage erhoben, welche sich ursprünglich gegen das Finanzamt A-Stadt richtete. Am 24.01.2018 erging ein weiterer Änderungsbescheid [Bl. 34 GA]. Alle Bescheide waren mit dem Vorbehalt der Nachprüfung versehen.
13Während des Klageverfahrens führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung G-Stadt (GKBP) für die Jahre 2013 bis 2016 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Zeitgleich wurde im Rahmen einer sog. Multilateralen Prüfung („Multi-Lateral Control“ - MLC) in Zusammenarbeit mit den belgischen und niederländischen Finanzbehörden versucht, für die Jahre 2013 bis 2016 eine einvernehmliche Regelung für die Gewinnverteilung zu finden. Eine Einigung konnte allerdings nicht erzielt werden.
14Die Außenprüfung wurde mit Bericht vom 23.11.2021 abgeschlossen. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass auf die Niederlande ein Gewinnanteil i.H.v. ... € entfalle und auf Belgien ein Gewinnanteil i.H.v. ... €. Die Berechnungsmethode weicht erheblich von der Aufteilung ab, die die Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 vorgenommen hat. Konkret wurden die auf das Ausland entfallenden Gewinnanteile im Jahr 2015 wie folgt berechnet:
15Investitionsvolumen Niederlande |
... € |
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davon 5 % |
... € |
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Investitionsvolumen Belgien: |
... € |
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davon 5 % |
... € |
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Summe |
... € |
Unter Berufung darauf, dass die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit den Niederlanden und Belgien vergleichbare Regelungen wie das OECD-Musterabkommen (OECD-MA) enthalten würden, erläuterte der Prüfer die Aufteilung wie folgt: Das Rohrleitungsnetz begründe Betriebsstätten i.S.d. Art. 5 OECD-MA mit der Folge, dass das Besteuerungsrecht für die Gewinne, die durch die Betriebsstätten in den Niederlanden und Belgien erzielt würden, gem. Art. 7 OECD-MA diesen Ländern zustehe. Zugleich handele es sich bei den Rohrleitungen um unbewegliches Vermögen i.S.d. Art. 6 OECD-MA, wodurch den Niederlanden und Belgien ebenfalls ein Besteuerungsrecht für den jeweiligen Leitungsteil eingeräumt werde, welches nach Art. 6 Abs. 4 OECD-MA vor Art. 7 OECD-MA Vorrang habe. Da mit dem unbeweglichen Vermögen selbst keine unmittelbaren Einkünfte erzielt würden, sondern das Rohrleitungsnetz lediglich indirekt als Produktionsfaktor für die geschäftliche Tätigkeit „Transport von Gütern“ benutzt werde, könne der nach Art. 6 OECD-MA zu verteilende Gewinnanteil jedoch nicht höher sein als der Gewinnanteil, der nach Maßgabe des Art. 7 OECD-MA auf die Niederlande und Belgien entfalle. Zudem sei zu beachten, dass mit der Verwaltungszentrale in A-Stadt eine weitere Betriebsstätte bestehe, die nicht mit der Rohrleitung gleichgesetzt werden könne und in der die maßgeblichen Personalfunktionen ausgeübt würden. Die auf diese Betriebsstätte entfallenden Gewinne seien allein Deutschland zuzuweisen.
17Mangels eines geeigneten Aufteilungsmaßstabes werde der auf die Niederlande und Belgien entfallende Gewinnanteil danach bestimmt, welche Einkünfte - isoliert betrachtet - bei einer unmittelbaren Nutzung (Vermietung) der Rohrleitung erzielt worden wären. Hierfür könne als Vergleichsmaßstab die Vergütung herangezogen werden, die die Klägerin an die P zahle. Bei der gezahlten Vergütung handele es sich um ein mit einem Mietzins vergleichbares Nutzungsentgelt, welches – weil die Klägerin an der P niemals beteiligt gewesen sei – auch einem Fremdvergleich standhalte. Der sich aus dem Vertrag mit der P ergebende Zinssatz belaufe sich auf ca. 1,7 % des eingesetzten Kapitals (Investitionsvolumen). Um alle etwaigen Unwägbarkeiten zu berücksichtigen, werde der Zinssatz auf 5 % erhöht und es würden den Niederlanden sowie Belgien Gewinne i.H.v. 5 % des jeweiligen auf diese Länder entfallenden Investitionsvolumens zugerechnet (zusammen ... €). Der restliche Gewinn entfalle auf Deutschland. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 2.3.4 des Betriebsprüfungsberichts vom 23.11.2021 Bezug genommen [Bl. 332 ff. GA].
18Am 27.05.2022 erließ das aufgrund der Sitzverlegung der Klägerin nach B-Stadt neu zuständig gewordene Finanzamt B-Stadt (aktueller Beklagter) einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2015 [Bl. 437 GA]. Festgestellt wurden u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € (davon aus Ergänzungsbilanzen-... €) sowie dem Progressionsvorbehalt unterliegende „nach DBA steuerfreie Einkünfte (ohne Betriebsstätteneinkünfte)“ i.H.v. ... €.
19Die Klägerin geht von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € aus. Sie beantragt, hiervon lediglich ... € als inländische Einkünfte zu erfassen und den restlichen Gewinn auf Belgien bzw. die Niederlande zu verteilen. Die Einzelheiten der Berechnung ergeben sich aus der mit Schriftsatz vom 23.06.2022 eingereichten Anlage „Gewinnaufteilung 2015“ [Bl. 442 GA].
20Die Klägerin trägt vor, dass aus ihrer Gewinn- und Verlustrechnung keine Länderaufteilung ableitbar sei. Die Länderzuordnung sei von ihr deshalb im Wege einer Istkostenrechnung nach folgenden Grundsätzen vorgenommen worden:
21Soweit Kosten einem Leitungsabschnitt bzw. einer Schieberstation unmittelbar zugeordnet werden könnten (Einzelkosten), seien sie über sogenannte „direkte“ Kostenstellen erfasst und unmittelbar dem jeweiligen Land als Kostenträger zugeordnet worden.
Soweit keine unmittelbare Zuordnung zu einem Land möglich sei (Gemeinkosten), würden diese Kosten über Gemeinkostenstellen erfasst und nach dem Schlüssel „kumulierte Investitionen" dem jeweiligen Land als Kostenträger zugeordnet. Hierfür führe sie - die Klägerin - Verzeichnisse über alle bislang angefallenen Investitionen, welche jährlich aktualisiert würden.
Die Kosten für die niederländische Betriebszentrale seien nach Leitungskilometern auf das gesamte Rohrleitungsnetz verteilt worden.
Die Erlöse aus Durchleitungsgebühren seien unmittelbar den betroffenen Ländern als Leistungsträgern zugeordnet worden. Die Erlöse seien entsprechend der Strecke der transportierten Güter auf die drei Länder verteilt worden.
Die Kosten aus der Verwaltung der eigenen Rohrleitung seien in voller Höhe dem deutschen Stammhaus zugeordnet worden, wodurch sich der auf Deutschland entfallende Gewinnanteil mindere (im Streitjahr 2015 um -... €). Zugleich seien fiktive Dienstleistungserlöse für die Verwaltung des ausländischen Netzanteils berechnet worden und in den Niederlanden/Belgien als Aufwand und in Deutschland als Erlös (im Streitjahr +... €) angesetzt worden. Die fiktiven Dienstleistungserlöse habe sie nach folgender Formel berechnet (s. Seite 4 der Klageschrift): „Erlöse aus der Verwaltung fremder Leitungsnetze“ multipliziert mit „durchschnittliche Mitarbeiterzahl für die Verwaltung der eigenen Rohrleitung“ geteilt durch „durchschnittliche Mitarbeiterzahl für die Verwaltung fremder Leitungsnetze“.
Die steuerlichen Hinzurechnungen für Spenden und Bewirtungskosten / nichtabzugsfähige Geschenke seien auf das gesamte Rohrleitungsnetz auf Basis der prozentualen Gewinnanteile am Handelsbilanz-Ergebnis vor Steuern anteilig zu verteilen.
Die für steuerliche Zwecke anfallenden Mehr-Abschreibungen einzelner Gesellschafter aus Ergänzungsbilanzen für das Wirtschaftsgut „Firmenwert“ würden für jeden Gesellschafter nach einem individuellen und im zeitlichen Verlauf unveränderlichen Schlüssel auf das In- und Ausland verteilt. Maßgeblich für den individuellen Schlüssel seien die Verhältnisse bei Erwerb des Mitunternehmeranteils gewesen. Diese Vorgehensweise sei von früheren Außenprüfungen (vor 2010) nicht beanstandet worden.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die vom Beklagten vorgenommene Gewinnverteilung schon deshalb verfehlt sei, weil es sich bei der an die P gezahlten Vergütung keinesfalls um ein marktübliches Entgelt für die Überlassung von Rohrleitungsnetzen handele. Der Vertrag mit der P eigne sich schon deshalb nicht als Fremdvergleichsmaßstab, weil er gar keine typisierenden Merkmale eines Mietverhältnisses enthalte. Der Beklagte lasse außer Acht, dass die P nur aus rechtlichen Gründen Eigentümerin der Leitung sei, während sämtliche Kosten für die Errichtung der Leitung, deren Wartung und Betrieb und deren späteren Rückbau von ihr – der Klägerin – getragen worden bzw. noch zu tragen seien. Zu beachten sei auch, dass die P mangels der notwendigen Anschlüsse zu keinem Zeitpunkt technisch in der Lage gewesen sei, die Anlage selbst zu betreiben. Sämtliche Chancen und Risiken aus dem Bauwerk „Rohrleitung“ hätten bei ihr – der Klägerin – gelegen. Die gewählte Vertragsgestaltung habe Elemente eines Treuhandvertrags oder ähnele zumindest einem Full-Pay-Out-Leasingvertrag mit einer festen Laufzeit von mehr als 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Dementsprechend erhalte die P auch lediglich eine geringe feste jährliche Verwaltungspauschale und eine kleine Gewinnpauschale. Hierbei handele es sich nicht um ein Entgelt für die Überlassung der Rohrleitung, sondern es werde letztlich die Übernahme der Eigentümerposition vergütet.
30Für die Jahre 2010 bis 2012 habe der Beklagte den Gewinn nach Maßgabe des "Authorised OECD Approach" (AOA) in entsprechender Anwendung der Rz. 49 des Entwurfs der „Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) aufgeteilt. Sie – die Klägerin – halte diese Methode nicht für anwendbar, und zwar weder für die Jahre 2010 bis 2012 noch für die Jahre 2013 ff. Die im Hinblick auf den AOA eingeführten Neuregelungen des § 1 Abs. 4 und Abs. 5 Außensteuergesetz (AStG) würden sich zwar auf alle nach dem 31.12.2012 beginnenden Wirtschaftsjahre erstrecken und seien damit in zeitlicher Hinsicht im Streitjahr anwendbar. Jedoch seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 4, Abs. 5 AStG nicht erfüllt, so dass allenfalls die Vorschriften des § 1 Abs. 1 und Abs. 3 AStG anzuwenden seien. Auch nach diesen Vorschriften sei im Streitfall jedoch keine Einkünftekorrektur vorzunehmen, weil hierfür ein Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz Voraussetzung sei und ein solcher Verstoß nicht vorliege. Die von ihr – der Klägerin – gewählte Gewinnverteilung entspreche nämlich den Prinzipien des BMF vor Einführung des AOA, d.h. der Tz. 4.8 der „Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) vom 24.12.1999. Sehe der Beklagte den Fremdvergleichsgrundsatz trotzdem als verletzt an, würde er damit implizit zum Ausdruck bringen, dass die eigenen Vorgaben zur Gewinnaufteilung nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechend würden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung der Klägerin zur Nichtanwendbarkeit des § 1 AStG wird insbesondere auf Seite 13 ff. der Klageschrift und die Schriftsätze vom 26.03.2018, 03.09.2021 und 24.05.2022 Bezug genommen.
31Ihre eigene Gewinnverteilung trage dem Maßstab der allgemeinen Funktions- und Risikoanalyse am besten Rechnung. Die während der Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 durch den Prüfer erstellte Funktions- und Risikoanalyse könne schon deshalb nicht als Grundlage zur Bestimmung einer angemessenen Einkünfteabgrenzung herangezogen werden, weil diese maßgeblich auf Personalfunktionen abstelle. Werttreiber für ihr Geschäft seien jedoch die Länge, Lage und regionale Ausrichtung der Rohrleitung, die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Transport von Gütern, die hieraus resultierende faktische Monopolstellung und die starre Kundenstruktur. Das Personal habe dagegen keinen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Erlöse. Weder fänden individuelle Preisverhandlungen mit einzelnen Nutzern der Rohrleitung statt noch sei es möglich, über entsprechendes Marketing zusätzliche Aufträge heranzuziehen. Auch würden durch das Personal keine sonstigen für das Geschäft wesentlichen Entscheidungen getroffen; diese träfen der Geschäftsführer bzw. der Beirat.
32Zudem bestünden für die vom Personal in der Verwaltungszentrale ausgeübten Funktionen tatsächliche Fremdvergleichswerte in Form der Entgelte für die Betreuung der Rohrleitungen anderer Netzbetreiber, welche – wie von ihr vorgenommen – einen geeigneten Maßstab für die Ermittlung fiktiver Erlöse für die Verwaltung des eigenen ausländischen Rohrleitungsnetzes bilden würden. Dass die vom Beklagten avisierte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nicht zu einer fremdüblichen Einkünfteabgrenzung führe, zeige sich schon daran, dass mehr als 95 % des Gewinns dem deutschen Stammhaus zugeordnet würden. Dies werde der Bedeutung der ausländischen Betriebsstätten in keiner Weise gerecht und stehe zudem in Widerspruch zu Textziffer 6a der VWG BsGa. Vielmehr reflektiere die von ihr – der Klägerin – begehrte Gewinnaufteilung, welche eine Allokation des (nach Vorabvergütung der deutschen Personalfunktionen) verbleibenden Residualergebnisses auf Basis eines Mischansatzes (d.h. soweit möglich direkte Zuordnung von Erträge und Aufwendungen und im Übrigen Verteilung mittels eines angemessenen Schlüssels) vorsehe, die wirtschaftlichen Erfolgsbeiträge der jeweiligen Unternehmensteile am besten und sei daher für die Zwecke der steuerlichen Einkünfteabgrenzung anzuerkennen.
33Zudem spreche die im Jahr 2019 neu eingeführte Textziffer 6a der VWG BsGa gegen die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung (hierzu ausführlicher: Schriftsatz vom 27.12.2019 und 12.02.2020).
34Ergänzend verweist die Klägerin auf den Beschluss des BFH vom 24.11.2021 – I B 44/21, BFH/NV 2022, 454. Der BFH komme darin zu dem Ergebnis, dass auf Grund der Gewinnkorrekturvorschrift des § 1 Abs. 5 AStG keine Zuordnung der Wirtschaftsgüter auf der ausschließlichen Grundlage der wesentlichen Personalfunktion zu erfolgen habe. Zudem scheine der BFH sich der in der Literatur vertretenen Ansicht anzuschließen, dass sich die Wirkung des § 1 Abs. 5 AStG auf Innentransaktionen zwischen den verschiedenen Betriebsstätten eines Unternehmens beschränke, für Außentransaktionen dagegen bedeutungslos sei. Gleicher Ansicht sei auch das FG Nürnberg in dem Urteil vom 27.09.2022 – 1 K 1595/20 (Revision anhängig unter I R 45/22). Sie – die Klägerin – erbringe keinerlei Innentransaktionen. Sollte sich der Senat den vorgenannten Urteilen anschließen, würde sich der Rechtsstreit auf die Frage reduzieren, ob die von ihr begehrte Vorabgewinnzuordnung zum deutschen Stammhaus für die Verwaltung der eigenen Rohrleitung und der vorgelegte interne Fremdvergleich ausreichend seien.
35Die Klägerin beantragt,
36unter Änderung des Bescheids für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27.05.2022 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € festzustellen,
37hilfsweise für den Fall des Unterliegens,
38die Revision zuzulassen.
39Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.
40Der Beklagte beantragt,
41die Klage abzuweisen,
42sowie ebenfalls für den Fall des Unterliegens,
43die Revision zuzulassen.
44Bezogen auf den Bescheid vom 24.01.2018 und die darin vorgenommene Gewinnverteilung trug das zunächst beklagte Finanzamt A-Stadt wie folgt vor: Die Aufteilung der Einkünfte nach der gewählten direkten Methode (gemäß Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze, BMF-Schreiben v. 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076) führe zum zutreffenden Ergebnis. Die direkte Methode sei immer dann anzuwenden, wenn das Stammhaus und eine Betriebsstätte unterschiedliche Funktionen ausüben würden. Eine entsprechende Funktions- und Risikoanalyse sei von der Finanzverwaltung während der Vor-Betriebsprüfung (Veranlagungszeiträume 2010 bis 2012) erstellt worden. Hiernach seien bei den Betriebsstätten in Belgien und in den Niederlanden keine bzw. nahezu keine Funktionen und Risiken vorhanden.
45Dass die von der Klägerin nach einem Umsatzschlüssel (indirekte Methode) vorgenommene Gewinnaufteilung offensichtlich unzutreffend sei, ergebe sich bereits daraus, dass in Belgien nicht der von der Klägerin selbst ermittelte Gewinnanteil versteuert werde, sondern – was erheblich niedriger sei – nur pauschal 10 % des Umsatzes als Bemessungsgrundlage für die Einkommensbesteuerung herangezogen würden. Lediglich die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode komme aus seiner – des Beklagten – Sicht zu einem sachgerechten Ergebnis.
46Auch seien entgegen der Auffassung der Klägerin § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG und die diesbezüglichen Regelungen der VWG BsGa anwendbar. Daran, dass zwischen den inländischen und ausländischen Betriebsstätten Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 Abs. 5 AStG vorliegen würden, bestünden keinerlei Zweifel [hierzu ausführlich Schriftsatz vom 05.11.2021]. Der Gewinn sei folglich maßgeblich durch Zuordnung von Personalfunktionen zu verteilen. Da es sich bei den Betriebsstätten in Belgien und in den Niederlanden um personallose Betriebsstätten ohne zuzuweisende Funktionen handele, lasse sich sogar vertreten, diesen Betriebsstätten gar keinen Gewinn zuzuweisen [Seite 3 des Schriftsatzes vom 03.05.2018]. Auch spreche die im Jahr 2019 neu eingeführte Textziffer 6a der VWG BsGa nicht gegen, sondern für die von ihm– dem Beklagten - vorgenommene Aufteilung [s. hierzu Schriftsatz vom 21.01.2020].
47An diesem Vortrag hält der neu ins Verfahren eingetretene Beklagte auch nach Abschluss der Außenprüfung und dem Erlass des Änderungsbescheids vom 27.05.2022 fest. Ergänzend weist er darauf hin, dass die vorgenommene Gewinnaufteilung mit den Grundsätzen des BFH im Beschluss vom 24.11.2021 – I B 44/21, BFH/NV 2022, 454 in Einklang stehe. Der BFH habe ausgeführt, dass neben der Personalfunktion auch weitere Parameter (wie z.B. der Ort der Nutzung der Vermögenswerte) geeignete Anknüpfungspunkte für die Gewinnaufteilung seien, ohne sich jedoch dazu zu äußern, wie der Gewinn konkret aufzuteilen sei. Im Streitfall sei die Rohrleitung seit jeher den einzelnen Betriebsstätten zugeordnet worden. Hiervon sei auch im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 ausgegangen worden. Die Länder Belgien und Niederlande hätten bei der koordinierten Prüfung (MLC) die Rohrleitung als unbewegliches Vermögen i.S.d. Art. 6 OECD-MA eingestuft und der inländische Betriebsprüfer habe sich dieser Ansicht angeschlossen. Letztlich sei das ausländische Betriebsvermögen – nämlich das entsprechende Investitionsvolumen der Rohrleitung – als Ausgangspunkt für die Gewinnermittlung gewählt worden. Eine Vergütung i.H.v. 5 % des Investitionsvolumens werde weiterhin für angemessen gehalten.
48Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die übersandten Steuerakten Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50A. Der Änderungsbescheid vom 27.05.2022 ist gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Da der Bescheid von einer anderen Behörde als dem ursprünglich Beklagten erlassen wurde, ist zugleich ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel eingetreten. Passiv beteiligt ist jeweils die Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt – d.h. hier den Änderungsbescheid vom 27.05.2022 – erlassen hat (vgl. BFH, Beschluss vom 17.08.2007 – XI S 15/07 (PKH), BFH/NV 2007, 2142 m.w.N.). Da die neue Behörde – d.h. das Finanzamt B-Stadt – ihren Sitz ebenfalls im Bezirk des Finanzgerichts Düsseldorf hat, bleibt die Zuständigkeit des Gerichts unberührt. Auch bleibt der 3. Senat nach dem Geschäftserteilungsplan des Finanzgerichts Düsseldorf weiter zuständig.
51B. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Feststellungsbescheid 2015 vom 27.05.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die vom Beklagten vorgenommene Gewinnaufteilung hält der gerichtlichen Überprüfung nicht stand.
52I) Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) sind die in gesamthänderischer Verbundenheit durch die gewerbliche Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin erzielten inländischen Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Durch eine Tätigkeit im Ausland erzielte Einkünfte sind in die Einkünftefeststellung einzubeziehen, wenn sie nicht kraft ausdrücklicher Anordnung im Inland steuerfrei sind. Nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage ausgenommene Einkünfte, die bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Personen z.B. mit Blick auf die Anwendung eines Progressionsvorbehalts von Bedeutung sind, sind ebenfalls Gegenstand einer besonderen gesonderten Feststellung (§ 180 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Die gesonderten Feststellungen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einerseits und gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO andererseits sind jeweils rechtlich selbständige Feststellungen, die zusammengefasst werden können, aber nicht müssen (BFH, Beschluss vom 24.01.2018 – I B 81/17, BFH/NV 2018, 515 m.w.N.).
53II) Angefochten wurde im Streitfall – wie sich aus dem auf Seite 2 der Klageschrift angekündigten Antrag eindeutig ergibt – ausschließlich die Feststellung der inländischen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Feststellung der nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünfte wurde dagegen nicht angefochten und ist infolgedessen in Bestandskraft erwachsen.
54Dass sich bei der begehrten abweichenden Verteilung des Gesamtgewinns auf das In- und Ausland nicht nur der inländische Anteil, sondern – nämlich gegenläufig – auch der ausländische Anteil ändert, steht dem nicht entgegen. Zwar wird ein Feststellungsbescheid nach der Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH, Urteil vom 08.06.2000 – IV R 65/99, BStBl II 2001, 89) nicht (teil)bestandskräftig, soweit die Änderung einer gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlage zwangsläufig Auswirkungen auf andere Besteuerungsgrundlagen hat (wie z.B. wenn die beantragte Herabsetzung eines Veräußerungsgewinns zur Erhöhung des laufenden Gewinns führt). Eine Zwangsläufigkeit in diesem Sinne liegt im Streitfall allerdings nicht vor. Denn es wird kein „Gesamtgewinn“ festgestellt, der – sozusagen im zweiten Schritt – auf inländische und ausländische Einkünfte aufgeteilt wird. Die Einkünftefeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und die Feststellung der nach Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreien Einkünfte nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO erfolgen nicht einmal in demselben Bescheid. Erforderlich sind vielmehr zwei unterschiedliche Feststellungsbescheide, die zwar in einer einheitlichen Urkunde miteinander verbunden werden können, rechtlich jedoch voneinander zu trennen sind (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2002 – I R 92/01, BFH/NV 2003, 964; Urteil vom 28.11.2019 - IV R 43/16, BFH/NV 2020, 511).
55III) Bei dem von der Klägerin erzielten Gesamtgewinn handelt es sich nicht in vollem Umfang um inländische Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Denn die im Streitfall einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen weisen das Besteuerungsrecht für einen Teil der von der Klägerin erzielten Einkünfte den Niederlanden bzw. Belgien zu.
561) Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30.10.1996 – II R 12/92, BStBl II 1997, 1) handelt es sich bei einer unterirdisch verlaufenden Rohrleitung um eine "feste" Geschäftseinrichtung, die den Betriebsstättenbegriff des § 12 Satz 1 AO erfüllt und grundsätzlich auch Betriebsstätte im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen ist. Explizit bejaht wurde die Betriebsstätteneigenschaft einer Rohrleitung durch den BFH in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 des bis zum 31.12.2015 und damit auch im Streitfall gültigen Doppelbesteuerungsabkommens mit den Niederlanden aus dem Jahr 1959 (BGBl II 1960, 1781, im Folgenden kurz DBA-NL 1959 genannt). Art. 5 des Doppelbesteuerungsabkommens mit Belgien (BGBl II 1969, 1465, im Folgenden kurz DBA-Belgien genannt) enthält eine vergleichbare Regelung.
57Die Teilstücke des Rohrleitungsnetzes, die durch Deutschland, Belgien bzw. die Niederlande verlaufen, stellen mithin unselbständige Betriebsstätten im jeweiligen Land dar. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird deshalb nicht weiter vertieft. Hinzu kommt noch eine weitere inländische Betriebsstätte in Form der in A-Stadt angemieteten Räumlichkeiten (Stammhaus), wo sich im Streitjahr die geschäftliche Oberleitung des Unternehmens befand.
582) Unternehmensgewinne sind nach Art. 5 Abs. 1 DBA-NL 1959 bzw. Art. 7 Abs. 1 DBA-Belgien grundsätzlich in dem Staat zu besteuern, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus, können die Gewinne des Unternehmens jedoch in dem anderen Staat besteuert werden, soweit sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können. Ist die Bundesrepublik Deutschland – wie hier – der Sitzstaat, wird eine Doppelbesteuerung gem. Art. 20 Abs. 2 DBA-NL 1959 bzw. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Belgien dadurch vermieden, dass die Einkünfte, für die der andere Staat das Besteuerungsrecht hat, von der Besteuerung ausgenommen werden und in Deutschland lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden (sog. Freistellungsmethode).
59Bezogen auf den Streitfall bedeutet dies, dass es sich nur bei dem Teil der Einkünfte, der auf die inländischen Betriebsstätten entfällt, um steuerpflichtige Einkünfte handelt, während die Gewinnanteile, die auf die beiden ausländischen Betriebsstätten entfallen, allenfalls – vorbehaltlich der Regelungen des § 32b Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG – im Wege des Progressionsvorbehalts steuerlich zu erfassen sind (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
603) Art. 4 DBA-NL 1959 bzw. Art. 6 DBA-Belgien, nach denen das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dem jeweiligen Belegenheitsstaat zusteht, sind dagegen nicht einschlägig. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei einer unterirdischen Rohrleitung – wovon die niederländischen, belgischen und deutschen Finanzverwaltungen ausgehen – tatsächlich um unbewegliches Vermögen im Sinne der vorgenannten Vorschriften handelt. Denn es werden keine Einkünfte „aus“ der Rohrleitung erzielt. Weder wird die Rohrleitung vermietet noch werden Dritten hieran irgendwelche Rechte gegen Entgelt eingeräumt. Vielmehr bezahlen die Kunden die Klägerin dafür, dass diese für sie Güter – ein bewegliches Wirtschaftsgut – transportiert. Auch wenn die Rohrleitung für den Transport unerlässlich ist, ändert dies nichts daran, dass mit der Rohrleitung als solcher keine unmittelbaren Umsätze erzielt werden, sondern das Wirtschaftsgut ausschließlich als Produktionsfaktor zur Erzielung gewerblicher Einkünfte benutzt wird. Eine derartige bloß mittelbare Verwendung unbeweglichen Vermögens für eigenbetriebliche Zwecke reicht nicht aus, um ein Besteuerungsrecht „aus unbeweglichen Vermögen“ zu begründen; das Produktionsvermögen einer Betriebsstätte kann sich nur im Rahmen der Unternehmensgewinnermittlung i.S.d. Art. 7 OECD-MA auswirken (so auch Lieber in: Schönfeld/Ditz, Doppelbesteuerungsabkommen, 2. Aufl. 2019, Artikel 6 OECD-MA, Rn. 11 und 99; Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 6 OECD-MA Rn. 20 und 106; Fischer in Gosch/Kroppen/Grotherr/Kraft, Art. 6 OECD-MA, Rz. 26).
61IV) Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung des Gesamtgewinns der Klägerin auf die inländischen und ausländischen Betriebsstätten entspricht nicht den Vorgaben der Doppelbesteuerungsabkommen.
621) Für die Gewinnabgrenzung sehen die beiden im Streitfall einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen folgende Regelungen vor: Art. 5 Abs. 2 DBA-NL 1959 bestimmt, dass der Betriebstätte diejenigen Einkünfte zugewiesen werden sollen, „die sie erzielt hätte, wenn sie sich als selbständiges Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Geschäften unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen befaßte und Geschäfte wie ein unabhängiges Unternehmen tätigte“. Art. 7 DBA-Belgien enthält in Absatz 2 eine vergleichbare Regelung und ergänzt diese in Absatz 3 dahingehend, dass bei der Gewinnzurechnung die für die Betriebstätte entstandenen Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten, zum Abzug zugelassen werden, gleichgültig, ob sie in dem Staat, in dem die Betriebstätte liegt, oder anderswo entstanden sind.
632) Weitere Regelungen zur Gewinnabgrenzung – insbesondere konkrete Berechnungsmaßstäbe – enthalten die vorgenannten Doppelbesteuerungsabkommen nicht.
64Auch kann zur Gewinnabgrenzung nicht auf die Aufteilungsmaßstäbe zurückgegriffen werden, die in Art. 7 Abs. 2 letzter Halbsatz OECD-MA und dem dazu ergangenen Musterkommentar (OECD-MK) in den Fassungen ab dem Jahr 2010 dargelegt sind. Die dortigen Ausführungen setzen den sog. „Authorised OECD Approach“ (AOA) um. Bei dem AOA handelt es sich um ein vom Steuerausschuss der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) erstmals im OECD-Betriebsstättenbericht 2008 („Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“) veröffentlichtes Konzept zur Auslegung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte für Zwecke der Gewinnabgrenzung, welches ab dem Jahr 2010 in das OECD-MA und den OECD-MK übernommen wurde. Kernelement der Abgrenzung sind die wesentlichen Personalfunktionen („Significant People Functions“).
65Im Streitfall findet der AOA schon deshalb keine Anwendung, weil die im Streitfall anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen aus den Jahren 1959 (DBA-NL) bzw. 1967 (DBA-Belgien) stammen und neueren OECD-Verlautbarungen keine streitentscheidende Bedeutung für die Auslegung eines bereits zuvor verhandelten Doppelbesteuerungsabkommens beizumessen ist (vgl. BFH, Urteil vom 25.05.2011 - I R 95/10, BStBl II 2014, 760, Rn. 19 m.w.N.; Urteil vom 16.01.2014 – I R 30/12, BStBl II 2014, 721 m.w.N.). Zudem enthalten die mit den Niederlanden und Belgien abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen keine mit Art. 7 Abs. 2 letzter Halbsatz OECD-MA 2010 vergleichbare Regelung, wonach bei der Gewinnzurechnung „die vom Unternehmen durch die Betriebsstätte und durch andere Unternehmensteile ausgeübten Funktionen, eingesetzten Wirtschaftsgüter und übernommenen Risiken zu berücksichtigen“ sind.
663) Mangels konkreterer Bestimmungen in den im Streitfall maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen hängt die Aufteilung des Gesamtgewinns auf die betroffenen Länder allein davon ab, welchen Gewinn die beiden ausländischen Betriebstätten erzielt hätten, wenn sie die zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter – d.h. die durch Belgien bzw. durch die Niederlande verlaufenden Teile der Rohrleitungen – als eigenständige Unternehmen bewirtschaftet hätten. Der Geschäftsgegenstand bleibt bei dieser Betrachtung identisch und darf nicht durch andere – rein fiktive – Geschäftsmodelle ausgetauscht werden. Dies hat der Beklagte missachtet, als er für die Gewinnabgrenzung darauf abgestellt hat, welche Einkünfte bei einer Vermietung der ausländischen Teile der Rohrleitung erzielt worden wären. Weder die Klägerin (bei Gesamtbetrachtung) noch die ausländischen Betriebsstätten (bei unterstellter Eigenständigkeit) vermieten Rohrleitungen. Das Geschäftsmodell der Klägerin besteht vielmehr darin, den Transport von Gütern gegen Entgelt durchzuführen. Hierfür sind die Rohrleitungen zwar ein unverzichtbares Hilfsmittel, jedoch werden aus der Rohrleitung selbst keine unmittelbaren Einnahmen erzielt. Vielmehr hängt die Höhe der Einnahmen allein von der Menge des durch die Kunden eingespeisten bzw. entnommenen Güter und der Länge des jeweiligen Transportwegs ab. Würden z.B. die in Belgien angeschlossenen Kunden – aus welchen Gründen auch immer – kein Gut mehr einspeisen bzw. abnehmen, dann würden mit der in Belgien verlaufenden Rohrleitungen auch keine Einnahmen mehr erzielt. Dieser Umstand verbietet es, für die Gewinnabgrenzung allein auf die Investitionskosten oder die Länge der jeweiligen Rohrleitung als Aufteilungsmaßstab abzustellen. Sachgerecht ist dagegen eine Aufteilung, die sich daran orientiert, mit welchem Teil der Rohrleitung welcher Umsatz erzielt wurde (d.h. welche Menge Güter von wo nach wo für welches Entgelt transportiert wurde).
67Ungeachtet dessen, dass es ohnehin nicht darauf ankommt, welcher Gewinn bei einer hypothetischen Vermietung der Rohrleitungen erzielt worden wäre, hält die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung auch deshalb nicht der gerichtlichen Prüfung stand, weil ein untauglicher Vergleichsmaßstab herangezogen wurde. Das Entgelt, das die Klägerin der P zahlt, ist nämlich weder marktüblich noch ein „Vermietungsentgelt“. Der Vertrag zwischen der Klägerin und der P wurde allein deshalb geschlossen, weil es der Klägerin aus rechtlichen Gründen unmöglich war, die Rohrleitung selbst zu errichten. Infolgedessen wurde ein Konstrukt geschaffen, wonach die P zwar als rechtliche Eigentümerin auftritt, die Klägerin aber das ausschließliche Nutzungsrecht an der Rohrleitung hat und sämtliche Kosten einschließlich der Herstellungskosten trägt. Letzteres Element ist einem Mietvertrag völlig fremd: beim Mietvertrag trägt der Vermieter (und nicht der Mieter) die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der vermieteten Sache. Weil die P die Herstellungskosten der Rohrleitung nicht selbst getragen hat, ist in der vereinbarten Vergütung auch keine Vergütung für die Abnutzung der Rohrleitung enthalten. Die P wird vielmehr allein dafür bezahlt, dass sie sich bereit erklärt hat, nach außen als Eigentümerin aufzutreten.
684) Ob die von dem Beklagten vorgenommene Gewinnaufteilung in Einklang mit den Aufteilungsgrundsätzen des § 1 Abs. 5 AStG steht, bedarf keiner Entscheidung. Denn diese Vorschrift ist im Streitfall nicht anwendbar. Zwar ist die mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BStBl I 2013, 802) eingefügte Vorschrift des § 1 Abs. 5 AStG gemäß § 21 Abs. 20 Satz 3 AStG für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2012 beginnen, und damit auch im Streitfall in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Jedoch liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor.
69Gemäß § 1 Abs. 5 AStG sind die Absätze 1, 3 bis 4 AStG über die Berichtigung von Einkünften entsprechend anzuwenden, wenn für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG (d.h. für Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte) die Bedingungen, insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dadurch die inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen gemindert oder die ausländischen Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen erhöht werden. Zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 AStG). In § 1 Abs. 5 Satz 3 ff. AStG folgen Ausführungen dazu, wie die Aufteilung auf die einzelnen Betriebsstätten bzw. die Einkünftekorrektur konkret vorzunehmen ist. Diese Ausführungen entsprechen den Grundsätzen des AOA.
70Abgesehen davon, dass die beiden im Streitfall maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen – wie bereits dargestellt – keine Anwendung des AOA vorsehen und dies aufgrund der sog. Schrankenwirkung der Doppelbesteuerungsabkommen zu einer Sperrwirkung des AOA auch für das innerstaatliche Recht führen könnte, findet § 1 Abs. 5 AStG bereits aus anderen Gründen keine Anwendung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass es überhaupt Geschäftsvorfälle im Sinne dieser Vorschrift gibt. Das inländische Unternehmen der Klägerin überlässt den ausländischen Betriebsstätten weder Wirtschaftsgüter noch erbringt es an diese – die Selbständigkeit der Betriebsstätten unterstellt – irgendwelche Leistungen, die über die Geschäftsführung und administrative Tätigkeiten hinausgehen. Selbst wenn in der Übernahme der Verwaltungstätigkeiten ein Geschäftsvorfall i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG gesehen würde, scheitert die Anwendung des § 1 Abs. 5 AStG zumindest daran, dass kein Verstoß gegen Fremdvergleichsgrundsätze ersichtlich ist. Ohne einen solchen Verstoß ist die Vorschrift nicht – auch nicht analog – anwendbar. Denn es handelt sich bei § 1 Abs. 5 AStG nicht um eine Generalvorschrift, nach der bei Bestehen inländischer und ausländischer Betriebsstätten stets eine (Neu)Aufteilung des Gewinns nach den dort beschriebenen Grundsätzen zu erfolgen hat. Vielmehr handelt es sich um eine Einkünftekorrekturvorschrift, die im unmittelbaren Kontext zu Abs. 1 steht und damit tatbestandlich an eine Einkünfteminderung anknüpft, die durch die Vereinbarung nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entsteht. Nur wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den gegenüber fremden Dritten zu erwartenden fiktiven Bedingungen zu Lasten der inländischen Besteuerung abweichen, hat eine außerbilanzielle Korrektur zu erfolgen. Außerhalb dieses durch die systematische Stellung in § 1 AStG vorgegebenen Anwendungsbereichs ist § 1 Abs. 5 AStG nicht anwendbar (vgl. BFH, Beschluss vom 24.11.2021 – I B 44/21 (AdV), BStBl II 2022, 431).
71V) Da die vom Beklagten vorgenommene Gewinnabgrenzung der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden kann, ist der von der Klägerin erzielte Gesamtgewinn anderweitig in inländische Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nach DBA steuerfreie Einkünfte aufzuteilen. Der Senat folgt insoweit der von der Klägerin vorgenommenen Aufteilung, aus der sich inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... € ergeben.
72Bei der Aufteilung sind folgende Grundsätze zu beachten (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2002 – I R 92/01, BFH/NV 2003, 964): Den Betriebsstätten sind die erzielten Betriebseinnahmen (Vermögensmehrungen) und Betriebsausgaben (Vermögensminderungen) zuzuordnen. Dabei ist darauf abzustellen, auf welche Tätigkeiten bzw. Wirtschaftsgüter die Betriebseinnahmen (Vermögensmehrungen) zurückzuführen sind, wer die Tätigkeiten ausgeübt hat und welcher Betriebsstätte die ausgeübten Tätigkeiten oder die eingesetzten Wirtschaftsgüter tatsächlich zuzuordnen sind. In gleicher Weise sind die Betriebsausgaben (Vermögensminderungen) festzustellen und zuzuordnen.
73Die von der Klägerin vorgenommene Aufteilung, die wesentlich darauf abstellt, mit welchem Teil des Unternehmensvermögens (Rohrleitung) welcher Umsatz erzielt wurde, steht hiermit im Einklang. Nachvollziehbare Einwände, warum die Aufteilungsmethode, die die Klägerin in vergleichbarer Form auch schon in den Veranlagungszeiträumen bis einschließlich 2009 angewendet hat und die während dieser Zeit mehreren Außenprüfungen Stand gehalten hat, ab dem Jahr 2010 unsachgerecht sein soll, hat der Beklagte nicht vorgebracht. Soweit er darauf verweist, dass die Aufteilung schon deshalb unangemessen sei, weil in Belgien bislang anstelle des von der Klägerin ermittelten belgischen Gewinnanteils lediglich eine pauschale Besteuerung nach Umsätzen erfolgt sei, verkennt er, dass die Angemessenheit der Gewinnabgrenzung nichts mit der nachfolgenden Besteuerung der Einkünfte zu tun hat und die pauschale Versteuerung nach Umsätzen zudem mit Zustimmung der belgischen Finanzbehörde erfolgt ist.
74Nach Auffassung des Senats stellt sich der von der Klägerin gewählte Ansatz auch für das Streitjahr 2015 als geeignete und angemessene Methode zur Gewinnaufteilung dar. Insbesondere hat die Klägerin eine sachgerechte Methode zur Aufteilung der Einnahmen angewendet, indem sie die Entgelte aus dem Transport von Gütern danach verteilt hat, in welchem Umfang die Rohrleitungen in Deutschland, Belgien oder den Niederlanden für den jeweiligen Transport tatsächlich genutzt wurden, und die Vergütungen aus der Verwaltung der fremden Leitungsnetze allein Deutschland zugerechnet hat. Auch die Aufteilung der Kosten ist sachgerecht. Unmittelbar einer Betriebsstätte zuordenbare Kosten (wie z.B. Reparaturkosten für einen bestimmten Leitungsabschnitt) wurden dem jeweiligen Belegenheitsstaat zugeordnet, die Kosten für die für die Überwachung des gesamten Rohrleitungsnetzes zuständige niederländische Betriebszentrale wurden nach Leitungskilometern auf die drei Länder verteilt und die restlichen Aufwendungen wurden abhängig von der Art der Kosten nach verschiedenen objektiven Aufteilungsschlüsseln verteilt (u.a. prozentualer Anteil eines Landes an den Gesamtinvestitionskosten oder an den Gesamteinnahmen). Da diese Aufteilungsschlüssel bereits langjährig angewendet wurden und hiergegen weder in früheren Außenprüfungen noch im hiesigen Klageverfahren konkrete Einwände seitens der Finanzverwaltung erhoben wurden, hat der Senat keinen Anlass, die Angemessenheit der Aufteilungsschlüssel zu bezweifeln.
75Dies gilt auch für den Ansatz der Klägerin, die Verwaltungskosten (Personalkosten etc.) allein dem deutschen Stammhaus zuzuordnen und im Gegenzug beim Stammhaus – d.h. bei den inländischen Einkünften – nach Fremdvergleichsgrundsätzen ermittelte fiktive Dienstleistungserlöse für die Verwaltung des ausländischen Netzanteils zu erfassen. Zwar ist weder diese Vorgehensweise noch die von der Klägerin verwendete Berechnungsformel alternativlos. Da keine deutlich besser geeigneten Maßstäbe für die Aufteilung der Verwaltungs-/Personalkosten ersichtlich sind, kann der Berechnung jedoch gefolgt werden. Dass die Aufteilungsmethode nicht zu einem (aus Sicht des deutschen Fiskus) unangemessenen Ergebnis führt, zeigt sich schon daran, dass sie im Streitjahr im Ergebnis zum Ansatz höherer inländischer Einkünfte führt. Denn die fiktiven Dienstleistungserlöse (... €) sind höher als der Anteil der Verwaltungskosten, der nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel auf die ausländischen Betriebsstätten entfallen würde (... €) und nun als Aufwand in Deutschland berücksichtigt wird.
76Auch sind die Gewinne aus den Ergänzungsbilanzen – wie von der Klägerin vorgenommen – auf die einzelnen Länder zu verteilen. Die vom Beklagten stattdessen vorgenommene und nicht näher begründete Zuordnung der Gewinne aus den Ergänzungsbilanzen allein auf Deutschland ist nicht nachvollziehbar. Die Gewinne stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den im Zeitpunkt der Anschaffung der Gesellschaftsanteile in den einzelnen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven und sind deshalb den ausländischen Betriebsstätten zuzurechnen, soweit das jeweilige Wirtschaftsgut – insbesondere die Rohrleitung – zu deren Betriebsvermögen gehörte. Die Klägerin hat in dem Klageverfahren 3 K 1940/17 F nachgewiesen, dass a) die Ergänzungsbilanzen anlässlich von in den Jahren 2002 und 2005 erfolgten Gesellschafterwechseln gebildet worden sind, b) sowohl bei der Berechnung der Veräußerungsgewinne für die ausgeschiedenen Gesellschafter als auch bei der Berechnung der in die Ergänzungsbilanzen eingestellten Aufstockungsbeträge von einem Inlandsanteil von 39,81 % und einem Auslandsanteil von 60,19 % ausgegangen worden ist und c) die von ihr vorgenommenen Aufteilungen sowohl in der Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 als auch in der Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 geprüft und – mit Ausnahme einer geringfügigen Umverteilung zwischen den Wirtschaftsgütern Rohrleitung und Firmenwert – für zutreffend befunden worden sind. Einen Grund, für das Streitjahr 2015 eine abweichende Aufteilung vorzunehmen, sieht der Senat nicht.
77VI. Die Herabsetzung des inländischen Anteils des Gesamtgewinns entsprechend dem Antrag der Klägerin hat zur Folge, dass der Anteil der nach DBA steuerfreien Einkünfte im gleichen Umfang steigt (... € lt. Klägerin.). Mangels Anfechtung der Feststellung der nach DBA steuerfreien Einkünfte (hierzu unter B II) kann der Senat deren Höhe jedoch nicht abweichend feststellen. Inwieweit eine Änderung des auf § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO beruhenden Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO in Betracht kommt, hat der Beklagte in eigener Zuständigkeit zu prüfen.
78C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
79Die Entscheidung betreffend die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO. Nach dieser Vorschrift sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Da die Beigeladene mangels eigener Antragstellung kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 135 Abs. 3 FGO) und sie das Verfahren auch nicht persönlich gefördert hat, ist im Streitfall eine Kostenentscheidung zugunsten der Beigeladenen bzw. zu Lasten der übrigen Beteiligten/Staatskasse nicht geboten.
80D. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zwecks Fortbildung des Rechts zugelassen.