Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 23.06.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019 wird dergestalt geändert, dass die Ein-künfte aus Kapitalvermögen des Klägers um ... EUR und die der Klägerin um ... EUR gemindert werden. Die Berechnung der Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 FGO dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die Versteuerung von Scheinrenditen aus einer Kapitalanlage im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems in den Jahren 2008, 2010 und 2011.
3Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihren beim Beklagten, dem Finanzamt Z., eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärten sie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form von Zinsen, Dividenden und anderen Erträgen sowie ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen (2008), Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen sowie solche, die diesem nicht unterlegen hatten (2010, 2011).
4Die Einkommensteuerveranlagungen erfolgten mit Bescheiden vom 15.12.2009, zuletzt aus anderen Gründen geändert durch Bescheid vom 21.06.2012 (2008); mit Bescheid für 2010 zuletzt geändert mit Bescheid vom 04.01.2013 (2010) und mit Bescheid vom 16.11.2012 (2011) im Wesentlichen erklärungsgemäß. Die Einkommensteuerfestsetzungen waren nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig.
5Die Kläger hatten in den Jahren ab 2007 insgesamt ... EUR bei einer G. und nachfolgend bei einer X. angelegt. Angaben zu dem Investment enthielten die Einkommensteuererklärungen der Kläger nicht.
6Im Rahmen eines gegen die Verantwortlichen eines Kapitalanlagebetruges geführten Strafverfahrens, aufgrunddessen die Verantwortlichen zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, trafen Strafverfolgungs- und Finanzbehörden sowie das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 31.07.2014 – 014 KLs – 130 Js 44/09 – 10/12, vorliegend in Abschrift vom Original in der elektronischen Beiakte (zitiert unter Angabe der Seitenzahl), in einer neutralisierten Fassung der NRW-Rechtsrechtsprechungsdatenbank justiz-online (zitiert unter Angabe der Rn) sowie in einer weiteren neutralisierten Fasunng der online-Datenbank juris (zitiert unter Angabe der Rn sowie der Nennung juris); nachfolgend BGH-Urteil vom 10.12.2015 – 3 StR 163/15, juris) folgende Feststellungen zu den Gesellschaften G. und X.:
7Die -G.- wurde im Jahre 2002 nach dem Recht des US-Bundesstaates W. in A. als Aktiengesellschaft (corporation) von Y. gegründet. Y. sollte nach außen als Präsident der Gesellschaft auftreten, dies sollte jedoch als Strohmann für U. geschehen. Y. war zugleich Direktor, Sekretär und Schatzmeister. Hauptaufgabe des Unternehmens sollte die Verwaltung des Vermögens der Gesellschaft sein (LG Düsseldorf S. 29, 30). Das Stammkapital betrug 2004 laut Handelsregister ... US-$, aufgeteilt in 100.000 Aktien zu ... US-$ und 200.000 Aktien zu ... US-$. Das in W. vorgeschriebene Aktienregister (stock-ledger) wurde nicht geführt, Aktien wurden tatsächlich nicht an Anleger ausgegeben, vielmehr war der „Director“ bzw. „President“ Y. nach eigenen Angaben einziger Aktionär. Auch erfolgten nach 2004 keine Kapitalerhöhungen, obgleich einem Stammkapital von ... US $ eine weitaus höhere Vermögensbeteiligung der Anleger gegenüberstand, welche sich auf mehr als ... EUR belief. Die G. ist im Handelsregister des US-Staates W. registriert, wobei seit dem 01.10.2012 der Vermerk „Default“ eingetragen ist, was „in Verzug“ bedeutet und beinhaltet, dass geschäftliche Unterlagen nicht eingereicht wurden, und dass die Erlaubnis, geschäftlich tätig zu sein, entzogen wurde. Im Handelsregister des US-Staates O. ist für die G. seit dem 27.10.2010 der Status „inactive“ eingetragen, was bedeutet, dass die G. im Handelsregister gelöscht ist.
8Die G. erstellte keine Bilanzen und gab weder in den USA noch in einem anderen Staat Steuererklärungen ab.
9Im Geschäftsverkehr mit den Klägern und den weiteren Anlegern (einschließlich der Formulare der Beitrittserklärungen) trat die G. unter der Anschrift E.-straße, O., unter Angabe einer US-amerikanischen Telefon- und Telefaxnummer auf. Tatsächlich gab es weder unter dieser Postadresse noch unter einer weiteren - allerdings nicht ersichtlich gegenüber den Klägern verwendeten - Postadresse in den USA eine Betriebsstätte. Vielmehr handelte es sich um eine über eine Büroservicegesellschaft zur Verfügung gestellte Büroadresse ohne tatsächlich genutzte Büroräumlichkeiten. Der Zahlungsverkehr mit deutschen Anlegern erfolgte über Schweizer Konten, ab Ende 2008 auch über verschiedene von den Verantwortlichen für die G. gegründete Limiteds über Konten in China.
10Die Kapitalanlagen durch Investitionen in die G. wurden in der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz durch eine Vielzahl selbständiger Finanzberater vertrieben. Den Anlegern wurde vermittelt, dass das Kapital gewinnbringend investiert und eine jährliche Rendite von mindestens ... % erzielt werden würde, wobei das eingesetzte Kapital vor einem Verlust geschützt sein sollte. Das investierte Kapital würde auf einem Treuhandkonto verbleiben und als Sicherheit für spezielle, gewinnträchtige Bankgeschäfte (Tradinggeschäfte mit Anleihen) dienen (LG Düsseldorf S. 343, S. 344 (Aussage des Klägers), S. 351, Rn 198). Um diesem Anlagemodell Plausibilität zu verschaffen, wurde den Finanzberatern der Aufsatz des H. „Zitat wurde entfernt“ empfohlen, der auch den Anlegern zur Verfügung gestellt wurde (LG Düsseldorf Rn 198, S. 37).
11Der Mindestanlagebetrag belief sich auf ... EUR. Nach einem Beratungsgespräch wurde der interessierte Investor angehalten, Kontakt mit der G. per Fax aufzunehmen. In der Folge erhielt er sodann eine von Y. unterzeichnete Beitrittserklärung, die vom Investor ausgefüllt und gegengezeichnet an die G. zurückgeschickt wurde. Auf der Rückseite dieser Beitrittserklärung war ein Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag abgedruckt, der unter der Überschrift „Risikohinweis“ ausführte, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele und dass der Erfolg der Beteilgung vom Erfolg der Gesellschaft abhängig sei. Diesen Risikohinweis bezogen die Anleger vor dem Hintergrund der Ausführungen der Berater zum Geschäftsmodell der G. allein auf die erzielbare Rendite, nicht aber auf die Rückzahlung ihres Kapitals (LG Düsseldorf Rn 212).
12Nach Rücksendung der Beitrittserklärung wurde der Anleger angewiesen, den Beteiligungsbetrag auf ein Treuhandkonto zu überweisen. Nach Eingang der Zahlung auf dem jeweils angegebenen Treuhandkonto erhielten die Anleger eine schriftliche Bestätigung über den Eingang der Zahlung in der jeweiligen Höhe. Ein Hinweis darauf, wie viele Anteile oder Aktien der Anleger erworben haben sollte, enthielt die Bestätigung nicht. Die Anlage bei der G. hatte jeweils eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten und konnte danach jährlich mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten gekündigt werden. Falls keine Kündigung ausgesprochen wurde, verlängerte sich die Beteiligung um ein weiteres Jahr. In den Prospekten und den von den Anlegern unterschriebenen Beitrittserklärungen wurden die Anleger als „Gesellschafter“ bzw. „stille Gesellschafter“ bezeichnet. In neueren Prospekten seit 2009 wurden die Anlagen als Aktienbeteiligungen beworben. Ausweislich eines vom FA übermittelten Prospekts (Bl 71, 72 der elektronischen Beiakte –eB–) wurde das Investment als „„Zitat wurde entfernt““ bezeichnet. Aus der Beispielrechnung ist zu entnehmen, dass sich das so angelegte Kapital bereits nach 5 Jahren mehr als verdoppelt haben sollte.
13Ab dem Jahr 2008 bestand die Möglichkeit, unter den identischen Bedingungen Gelder in eine gleichnamige Kapitalgesellschaft mit Sitz in L. ‑X.‑ zu investieren. Für dieses Produkt war eine Kündigung erstmals zum ersten Quartal 2010 für ein Viertel des jeweiligen Beteiligungsbetrages möglich (LG Düsseldorf S. 30, Rn 178).
14Die X. ist eine im Jahr 2007 gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in L. und nach dem Recht von L. Das Aktienkapital der X. belief sich auf ... EUR. Im Geschäftsverkehr mit den Klägern trat die X. unter der Büroanschrift N.-straße ... L., unter Angabe einer ... Telefon- und Faxnummer auf. Tatsächlich ist unter der Anschrift „T.-straße, L. City, L., ein Bürokomplex unter der Bezeichnung ... ansässig, bei dem ua temporäre Büros angemietet werden können (Satzung der X. in spanischer, englischer und deutscher Sprache Bl 1 – 47 eB sowie gesondert in elektronischer Beiakte Band 02 —eB 02—).
15Im Zeitraum zwischen dem 17.07.2006 und dem 28.11.2011 zahlten ... Anleger für ein Investment bei der G. und der X. insgesamt ... EUR auf die ihnen mitgeteilten Konten unterschiedlicher Gesellschaften im europäischen und außereuropäischen Ausland ein, hiervon entfielen ... EUR auf das Jahr 2009, ... EUR auf das Jahr 2010 und ... EUR auf das Jahr 2011 (LG Düsseldorf S. 85; Kurzinfo OFD Düsseldorf vom 06.07.2020 zur steuerlichen Behandlung von Renditen i.Z.m. der Beteiligung von Anlegern an der Q., Anlage 2 (eB 02)). Insgesamt 182 dieser Anleger investierten mindestens ... EUR (LG Düsseldorf S. 85), insgesamt 68 hiervon investierten ... EUR oder mehr (LG Düsseldorf S. 85 bis 118; Rn 336, 337).
16Die Anlagegelder sowohl bei der G. als auch bei der X. sollten in einen Vermögenspool fließen, aus dem u.a. Großbanken Sicherheitskapital für Finanzgeschäfte zur Verfügung gestellt werden sollte. Tatsächlich wurden mit den eingezahlten Anlagegeldern der Lebensunterhalt des U., die Provisionen für die Finanzberater und die Zins- und Rückzahlungsansprüche von anderen Anlegern befriedigt. Erfolgte keine Kündigung, wurden im Regelfall durch jährlich (G.) bzw. quartalsweise (X.) erteilte Mitteilungen über den Wert der Anlagen, die jeweils um eine Rendite von ... % erhöhte Anlagebeträge auswiesen und den Anlegern der Erfolg des Produktes vorgetäuscht. Im Falle der Kündigung der Anlage wurde die Einlage samt vermeintlich erzielter Rendite zunächst tatsächlich an den Anleger ausgezahlt. Derartige Auszahlungen erfolgten bis Ende 2009, und auch noch in dem Zeitraum 2010 und bis November 2011, stets aus den Neuanlagen weiterer Anleger. Bis Ende 2010 wurde dem Auszahlungsbegehren von Anlegern noch vollständig, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung nachgekommen. Ab dem Kalenderjahr 2011 wurde dem Auszahlungsbegehren der Anleger nur noch schleppend nachgekommen (Anlage 2 zur KurzInfo OFD vom 01.02.2013 eB). Der Hauptverantwortliche U. ging bereits Ende 2008 davon aus, dass das zu der Zeit noch vorhandene Kapital nicht ausreichen werde, alle aktuellen Anleger der G. auszuzahlen (LG Düsseldorf Rn 190).
17Ende des Jahres 2009 kam es bei den fälligen Rückzahlungen zunehmend zu Verzögerungen, weil nicht mehr genug neue Anleger angeworben werden konnten, um mit deren Einzahlungen die Rückzahlungen an andere Anleger zu finanzieren. Schließlich blieben Rückzahlungen an Anleger, die ihre Beteiligung ganz oder teilweise gekündigt hatten, völlig aus (LG Düsseldorf S. 119, Rn 371).
18Im Jahr 2011 kam es wegen ausbleibender Rückzahlungen an Q. Anleger, die ihre Beteiligungen gekündigt hatten, zunehmend zu Beschwerden von Kunden und Beratern. Auch wegen der immer spärlich werdenden Einzahlungen von Neukunden und des laufenden Ermittlungsverfahrens kam U. mit den übrigen Verantwortlichen Anfang 2011 überein, die Q. abzuwickeln. Die Kunden sollten zunächst durch ein Schreiben beruhigt und hingehalten werden. Daraufhin entwarf U. ua unter Mithilfe des Rechtsanwalts V. ein Schreiben an die Q. Anleger. Durch diese Schreiben aus Juli und August 2011 unter dem Briefkopf der Q. und mit der eingescannten Unterschrift des Y. sollten die Q.-Anleger – wie alle daran Beteiligten wussten – beruhigt, von einer Kündigung und der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen abgehalten werden, bis eine Auszahlung der Q.-Anleger mit den Erträgen aus anderen Geschäften möglich war. Im Oktober 2011 erhielten die Q.-Anleger auf Anweisung des U. ein weiteres Schreiben unter dem Briefkopf der Q. und mit der eingescannten Unterschrift des Y.. Mit diesem Schreiben wollte U. die Q.-Anleger weiterhin vertrösten und von der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen abhalten, obwohl er mittlerweile wusste, dass sich die Hoffnung, die Q.-Anleger mittels der Erträge aus einem anderen Geschäft auszahlen zu können, zerschlagen hatte (LG Düsseldorf S. 124 sowie Rn 384, S. 146, S. 151 sowie Rn 428).
19Weder die G. noch die X. waren jemals im Bereich der Finanzgeschäfte wirtschaftlich tätig. Es handelte sich um ein sog. Schneeballsystem, das mit der Festnahme der Hauptverantwortlichen U. und J. im November 2011 zusammenbrach.
20Die Kläger investierten in den Jahren 2007 und 2008 wie folgt jeweils ... EUR in die G., wobei die insgesamt 6 Beitrittserklärungen folgenden Wortlaut hatten (Bl 34 – 39 der elektronischen Gerichtsakte —eA—):
21„Zitat wurde entfernt“
22Beitrittserklärung G. des Klägers vom 16.10.2007 über ... EUR
23Beitrittserklärung G. des Klägers vom 26.11.2007 über ... EUR
24Beitrittserklärung G. des Klägers vom 22.04.2008 über ... EUR
25Beitrittserklärung G. der Klägerin vom 26.11.2007 über ... EUR
26Beitrittserklärung G. der Klägerin vom 17.12.2007 über ... EUR
27Beitrittserklärung G. der Klägerin vom 22.04.2008 über ... EUR
28Der den Beitrittserklärungen in deutscher Übersetzung beigefügte „Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag“ der G. und „Allgemeine Informationen“ (Bl 40 eA), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, enthielt ua folgende Ausführungen:
29„Zitat wurde entfernt“
30Die Kläger überwiesen die vereinbarten Beträge von ihrem jeweiligen Konto bei der Bank Z. auf ein Konto einer P. Ltd. bei der B.Bank Singapore. Bei der P. Ltd. handelte es sich um eine Vorratsgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb. Tatsächlich verfügungsberechtigt für das für die P. Ltd. eröffnete Konto bei der B. Singapore war U. (LG Düsseldorf S. 72). Den Klägern war insoweit erläutert worden, dass es sich um eine Treuhandgesellschaft handele, die für die Q. tätig sei. Die Kläger erhielten 6 Bestätigungsschreiben der G. für den jeweiligen Zahlungseingang (Bl 41 – 46 eA). Angegeben wurde das Datum des Geldeingangs auf „unserem“ Konto; dieses war gleichzeitig das Datum, an dem das Beteiligungsverhältnis beginnen sollte. Angegeben wurde zudem das Datum, zu dem eine Kündigung der Beteiligung spätestens zu erfolgen hätte und das Datum, zu dem die Beteiligung bei Kündigung enden würde, genannt. Die Schreiben waren von Y. als President der G. unterschrieben.
31So wurde zB für die 1. Beteiligung des Klägers mit ... EUR laut Beitrittserklärung vom 16.10.2007 angeben, dass der Betrag am 31.10.2007 auf dem Konto gutschrieben wurde und das Beteiligungsverhältnis an diesem Tag beginne. Die Kündigung habe gemäß der vom Kläger gewünschten Zusatzvereinbarung für den Betrag von ... EUR bis zum 30.09.2008 und für den weiteren Betrag von ... EUR bis zum 31.12.2008 zu erfolgen, die Beteiligung des Klägers würde entsprechend am 31.12.2008 bzw. 31.03.2009 enden (Schreiben der G. vom 10.12.2007, Bl 41 eA).
32Das Investment des Klägers stellte sich hiernach wie folgt dar:
331. Investment des Klägers über ... EUR (Bl 41 eA)
34Beginn 31.10.2007
35Kündigung über ... EUR bis 30.09.2008
36Beendigung möglich 31.12.2008
37Kündigung über ... EUR bis 31.12.2008
38Beendigung möglich 31.03.2009
392. Investment des Klägers über ... EUR (Bl 42 eA)
40Beginn 07.12.2007
41Kündigung über ... EUR bis 31.03.2009
42Beendigung möglich 30.06.2009
43Kündigung über ... EUR bis 30.06.2009
44Beendigung möglich 30.09.2009
453. Investment des Klägers über ... EUR (Bl 43 eA)
46Beginn 12.05.2008
47Kündigung bis 31.03.2009
48Beendigung möglich 30.06.2009
49Das Investment der Klägerin stellte sich danach wie folgt dar:
501. Investment der Klägerin über ... EUR (Bl 44 eA)
51Beginn 10.12.2007
52Kündigung über ... EUR bis 30.09.2008
53Beendigung möglich 31.12.2008
54Kündigung über ... EUR bis 31.12.2008
55Beendigung möglich 31.03.2009
56Kündigung über ... EUR bis 31.03.2009
57Beendigung möglich 30.06.2009
58Kündigung über ... EUR bis 30.06.2009
59Beendigung möglich 30.09.2009
602. Investment der Klägerin über ... EUR (Bl 45 eA)
61Beginn 04.02.2008
62Kündigung bis 30.06.2009
63Beendigung möglich 30.09.2009
643. Investment der Klägerin über ... EUR (Bl 46 eA)
65Beginn 12.05.2008
66Kündigung bis 31.03.2009
67Beendigung möglich 30.06.2009
68Reguläre Kündigungen durch die Kläger, die in allen Fällen hinsichtlich von Teilbeträgen des Investments erstmalig im Streitjahr 2008 möglich gewesen wären, erfolgten nicht. Mitteilungen über den Wert ihrer Anlagen in den Jahren 2007 und 2008 haben die Kläger nach eigenen Angaben nicht erhalten.
69Mit Schreiben jeweils vom 12.12.2008 (Bl 47, 50 eA) boten der Kläger und die Klägerin sodann der G. ihre „Anteile“ aus steuerlichen Gründen zum Rückkauf an und baten darum, den Auszahlungsbetrag zur Bezahlung ihrer Neuanlage bei der X. zu verwenden.
70Ebenfalls am 12.12.2008 unterzeichneten der Kläger und die Klägerin jeweils eine Beitrittserklärung P 1 für die X. über einen Betrag iHv ... EUR (Bl 53, 54 eA). Die Beitrittserklärung entsprach dem Wortlaut und dem Aufbau der Beitrittserklärung der G..
71Mit Schreiben jeweils vom 19.12.2008 (Bl 48, 51 eA) nahm die G. das Angebot „ausnahmsweise“ an. Zudem wurde ausgeführt:
72„Der Ihnen zustehende Auszahlungsbetrag beläuft sich auf EUR .... Den Betrag werden wir gemäß Ihrer Anweisung verwenden, sobald uns das anliegende Schreiben, datiert und von Ihnen unterzeichnet, vorliegt.“
73Mit Schreiben jeweils vom 23.12.2008 (Bl 49, 52 eA) bestätigten der Kläger und die Klägerin der G. den Erhalt des Schreibens vom 19.12.2008 und erklärten sich mit dem angebotenen Rückkaufbetrag iHv ... EUR zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche gegen die Gesellschaft einverstanden. Zudem baten sie darum, den „Abfindungsbetrag“ entsprechend der Weisung der X. zu überweisen. Weitere Angaben zu etwaigen Vereinbarungen hinsichtlich der bereits für die Zeiträume Oktober 2007 bis Dezember 2008 erzielten Renditen des Investments bei der G. werden von den Klägern nicht gemacht.
74Mit jeweils gesondertem Schreiben vom 02.01.2009 hieß die X. die Kläger bei der Q. herzlich willkommen, teilte mit, dass der jeweilige Beteiligungsbeitrag iHv ... EUR „unserem“ Konto am 31.12.2008 gutgeschrieben worden sei, und dass an diesem Tag das Beteiligungsverhältnis beginne. Die Kündigungstermine für eine Beendigung der Beteiligung richte sich nach den Bedingungen des beigefügten Auszuges aus dem Gesellschaftsvertrag. In der Anlage wurde die jeweils am 31.12.2008 vom „Presidenten“ der X. Y. unterschriebene Beitrittserklärung der Klägerin vom 12.12.2008 sowie der „P 1 Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag und allgemeine Informationen“ in deutscher Übersetzung (Bl 55 eA) übersandt. Der Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der X. unterschied sich insbesondere dadurch von dem der G., dass das Kapital für die Vorzugsaktien bei der X. ... EUR statt ... US-$ bei der G. betragen sollte, unterschiedliche Kündigungszeiten für jeweils ein Viertel der Beteiligungssumme bestanden und eine Kündigung des ersten Viertels frühestens zum 31.03.2010 möglich war.
75Ab März 2010 erhielten die Kläger jeweils vierteljährlich Mitteilungen über die Werterhöhung der jeweiligen Investments wie folgt:
76Mit Schreiben vom 18.03.2010 (Bl 64 eA) informierte die X. den Kläger, dass sich das 1. Viertel seiner Beteiligung mit der Ref.-No. N01 (dh ... EUR) zum 31.03.2010 um 12 Monate verlängere. Der nominelle Wert dieses Viertels werde sich auf voraussichtlich ... EUR erhöhen. Für den Fall, dass der zum 31.03.2010 ermittelte Wert von dem o. g. Betrag abweichen sollte, wurde eine weitere Mitteilung angekündigt. Zudem wurde mitgeteilt, dass die Wertermittlungen für das 2., 3. und 4. Viertel seiner Beteiligung entsprechend zum jeweiligen Folgequartal übersandt würden.
77Mit Schreiben vom 15.06.2010 (Bl 65 eA) informierte die X. den Kläger, dass sich seine Beteiligung mit der Ref.-No. N02 (dh über weitere ... EUR) zum 30.06.2010 um 12 Monate verlängere. Der nominelle Wert dieses Viertels werde sich auf voraussichtlich ... EUR erhöhen. Für den Fall, dass der zum 30.06.2010 ermittelte Wert von dem o. g. Betrag abweichen sollte, wurde eine weitere Mitteilung angekündigt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er nach dieser Verlängerung eine Kündigung wünsche, diese spätestens bis zum 31.03.2011 erfolgen müsse und die Laufzeit dann am 30.06.2011 enden würde. Erfolge keine Kündigung, verlängere sich die Beteiligung erneut um 12 Monate.
78Mit Schreiben vom 06.09.2010 (Bl 66 eA) informierte die X. den Kläger, dass sich seine Beteiligung mit der Ref.-No. N03 (dh über weitere ... EUR) zum 30.09.2010 um 12 Monate verlängere. Der nominelle Wert dieses Viertels werde sich auf voraussichtlich ... EUR erhöhen (wobei die erste 1 handschriftlich vom Kläger eingefügt wurde). Für den Fall, dass der zum 30.09.2010 ermittelte Wert von dem o. g. Betrag abweichen sollte, wurde eine weitere Mitteilung angekündigt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass, für den Fall, dass er nach dieser Verlängerung eine Kündigung wünsche, diese spätestens bis zum 30.06.2011 erfolgen müsse und die Laufzeit dann am 30.09.2011 enden würde. Erfolge keine Kündigung, verlängere sich die Beteiligung erneut um 12 Monate.
79Die X. hatte den Kläger zunächst darüber informiert, dass der nominelle Wert der Beteiligung ... EUR betrage. Nach Beanstandungen des Klägers per Fax vom 27.09.2010 und 20.10.2010 wurde ihm dann per Email mitgeteilt, dass der Wert zum 30.09.2010 tatsächlich ... EUR betrage (Bl 141 eA, Fax des Klägers vom 01.10.2011). Die Schreiben des Klägers vom 27.09.2010 und 20.10.2010 an die X. liegen den Klägern nach ihren Angaben nicht mehr vor.
80Mit Schreiben vom 06.12.2010 (Bl 67 eA) informierte die X. den Kläger, dass sich seine Beteiligung mit der Ref.-No. N04 (dh über weitere ... EUR) zum 31.12.2010 um 12 Monate verlängere. Der nominelle Wert dieses Viertels werde sich auf voraussichtlich ... EUR erhöhen. Für den Fall, dass der zum 31.12.2010 ermittelte Wert von dem o. g. Betrag abweichen sollte, wurde eine weitere Mitteilung angekündigt. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er nach dieser Verlängerung eine Kündigung wünsche, diese spätestens bis zum 30.09.2011 erfolgen müsse und die Laufzeit dann am 31.12.2011 enden würde. Erfolge keine Kündigung, verlängere sich die Beteiligung erneut um 12 Monate.
81Ausweislich der entsprechenden Schreiben vom 10.03.2011, 20.06.2011 und 05.10.2011 (Bl 69 – 70 eA) an den Kläger belief sich der nominelle Wert der Beteiligung N01 zum 31.03.2011 auf ... EUR, der Beteiligung N02 zum 30.06.2011 auf ... EUR und der Beteiligung N03 zum 30.09.2011 auf ... EUR. Auch hier wurde dem Kläger zunächst für letztere ein Wert iHv ... EUR mitgeteilt. Dies beanstandete der Kläger mit Fax vom 01.10.2011 unter Verweis auf die falsche Wertangabe in 2010 (... EUR statt ... EUR) und erläuterte, dass sich der Wert nach seiner Ansicht auf ... EUR belaufe. Zugleich führte er aus, dass die für seine Frau und seine Tochter mitgeteilten Werte zum 30.09.2011 richtig seien (Bl 141 eA). Die den Schreiben zugrundeliegenden Berechnungen des Klägers liegen den Klägern nach eigenen Angaben nicht mehr vor.
82Auch die Klägerin erhielt insgesamt 7 entsprechende Schreiben der X., erstmalig am 10.03.2010 (Bl 71 ff eA), wonach sich der nominelle Wert der Beteiligungen (über jeweils ... EUR) mit Ref.-No. N05 zum 31.03.2010 auf ... EUR, der Beteiligung N06 zum 30.06.2010 auf ... EUR, der Beteiligung N07 zum 30.09.2010 auf ... EUR, der Beteiligung N08 zum 31.12.2010 auf ... EUR und sodann wieder der Beteiligung N05 zum 31.03.2011 auf ... EUR, der Beteiligung N06 auf ... EUR und der Beteiligung N07 zum 30.09.2011 auf ... EUR erhöht hatte.
83Die Zahlen der Mitteilungen der X. aus den Jahren 2010 und 2011 über den Wert der jeweiligen Beteiligung von nominal ... EUR zum 31.12.2008 im Überblick:
84Kläger |
2010 (EUR) |
2011 (EUR) |
Differenz (EUR) |
|
31.03.2010 |
... |
31.03.2011 |
... |
... |
30.06.2010 |
... |
30.06.2011 |
... |
... |
30.09.2010 |
... |
30.09.2011 |
... |
... |
31.12.2010 |
... |
|||
... |
||||
lt FA |
... |
Klägerin |
2010 (EUR) |
2011 (EUR) |
Differenz (EUR) |
|
31.03.2010 |
... |
31.03.2011 |
... |
... |
30.06.2010 |
... |
30.06.2011 |
... |
... |
30.09.2010 |
... |
30.09.2011 |
... |
... |
31.12.2011 |
... |
|||
... |
||||
lt FA |
... |
Mit Schreiben vom 28.03.2011 an die X. kündigte der Kläger das 2. Viertel seiner „Beteiligung vom 12.12.2008“ mit der Ref.-No. N02 zum 30.06.2011, widerrief die Kündigung jedoch mit Schreiben vom 27.05.2011 (Bl 140 eA).
87Mit Schreiben jeweils vom 22.09.2011, per Fax an die X. (Bl 58, 59 eA), kündigten die Kläger den Gesamtbetrag des „4. Viertels ihrer jeweiligen Beteiligung“ zum 31.12.2011. Mit Schreiben jeweils vom 12.10.2011 bestätigte die X., vertreten durch den „Presidenten“, diese Schreiben der Kläger, mit denen angeboten worden sei, die „gehaltenen Aktien unserer Gesellschaft“ zurückzukaufen, erhalten zu haben, und nahm das Angebot auf „Rückkauf dieser Aktien“ zum 31.12.2011 an (Bl 60, 61 eA).
88Mit zwei weiteren Schreiben jeweils vom 13.12.2011, per Fax an die X. (Bl 62, 63 eA), kündigten die Kläger den Gesamtbetrag des „1. Viertels ihrer jeweiligen Beteiligung“ zum 31.03.2012. Hierauf erhielten die Kläger keine Antwort.
89Tatsächlich haben die Kläger weder die in den Schreiben genannten Wertsteigerungen noch ihre Anlagebeträge von der X. erhalten.
90Der Kläger investierte zudem gemeinsam mit S. in der Rechtsform einer GbR insgesamt ... EUR im Mai 2009 in die ebenfalls von U. angebotenen Anlageform „Private Placement“ (LG Düsseldorf Rn 357). Im Oktober 2009 beabsichtigte die GbR, diese Anlage zu beenden und das Geld zurückzuerhalten. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs des U. mit beiden Gesellschaftern der GbR am 30.10.2009 konnten letztere überzeugt werden, an dem Investment festzuhalten, ua auch deswegen, weil eine „Übergangsverzinsung“ des Betrags von 3 Prozent pro Monat in Aussicht gestellt und zunächst iHv ... EUR im Zeitraum Juni 2009 bis Januar 2010 auch gezahlt wurde (LG Düsseldorf S. 170, Rn 393). Mit Schreiben vom 13.11.2009 nahm die GbR die Kündigung sodann schriftlich zurück (Bl 7, 135 der Akten —dA— 1 V 1165/13 A (E), siehe auch Aussage des Klägers vom 09.12.2011, Anlage 2 Bl 52 ff (54) eB). Auf die mit Email vom 18.03.2011 erfolgte Kündigung der Investition (Bl 136 dA 1 V 1165/13 A (E)) wurden bis November 2011 einige Emails mit den Verantwortlichen der Q. ausgetauscht (Bl 137 - 141 dA 1 V 1165/13 A (E)). Hierauf erfolgten im Zeitraum April bis Juni 2011 nach Angaben der Kläger Teilrückzahlungen iHv insgesamt ... EUR (Bl 153 eA). Ergänzend wird auf die vom LG Düsseldorf getroffenen Einzelfeststellungen zu diesem Inverstment des Klägers (LG Düsseldorf S. 126 ff, 170; Rn 393 ff) Bezug genommen.
91Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass die den Klägern gutgeschriebenen (Schein)Renditen der G. und der X. in den Jahren 2008, 2010 und 2011 unter Berücksichtigung der Grundsätze des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190) als steuerpflichtige Kapitalerträge iSd § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu beurteilen seien. Die Einlagen seien mit ... % jährlich verzinst worden. Auch sei nach den Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T. beim Wechsel von der G. zu der X. von letzterer nicht der in der Beitrittserklärung aufgeführte Anlagebetrag, sondern tatsächlich der Auszahlungsanspruch des Anlegers gegen die G. zum 31.12.2008 entsprechend verzinst worden. Da die Kläger zu diesen Anlagen keine Angaben in den Steuererklärungen gemacht hätten, seien die grundsätzlich bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide dieser Jahre gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO änderbar.
92Mit Schriftsatz vom 10.10.2012 teilte da FA den Klägern mit, dass es ausweislich des vorliegenden Kontrollmaterials Kenntnis von der Beteiligung der Kläger an der Q. erlangt habe, und bat um Übersendung von Unterlagen.
93Nachdem die Kläger ihre Unterlagen über die Beteiligung übersandt hatten, berücksichtigte der Beklagte mit geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 25.02.2013 weitere Kapitalerträge der Kläger aus dem Investment bei der Q. wie folgt:
94Kläger |
Klägerin |
gesamt |
|
2008 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
2010 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
2011 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
gesamt |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
Hiergegen richteten sich die Einsprüche der Kläger vom 11.03.2013.
96Die vermeintlich mit dem Investment bei der Q. erzielten Renditen seien zu Unrecht der Besteuerung unterworfen worden.
97I. Es existiere bereits keine Vereinbarung mit der Q. über eine Verzinsung/ Rendite auf die geleisteten Beträge von jährlich ... %.
98Der Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der G. regle, dass der Vorzugsaktionär (Anleger) nur Geld erhalte, wenn er seine Vorzugsaktien (Beteiligungen) der Q. zum Rückkauf anbiete, d.h. seine Beteiligung mit einer Frist von je 12 Monaten kündige. Es gebe keine andere Möglichkeit für den Aktionär (Anleger) überhaupt Geld von der Q. zurück zu erhalten. Das gehe nur durch Verkauf seiner Beteiligungen oder von Teilen seiner Beteiligung an der Q.. Wörtlich werde dort ausgeführt:
99„In allen Fällen des Ausscheidens aus der Gesellschaft erhält der ausscheidende Gesellschafter eine Abfindung, die der Höhe des Verkehrswertes seiner Beteiligung an der Gesellschaft entspricht."
100Von einer Verzinsung von ... %, welche die Finanzverwaltung unterstelle, sei im Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag nicht die Rede, sondern der Aktionär erhalte eine „Abfindung" in Höhe des „Verkehrswertes" seiner Beteiligung, nachdem er seine Beteiligung oder Teile seiner Beteiligung fristgemäß gekündigt habe.
101Entsprechendes gelte für den Gesellschaftsvertrag der X.. Auch hier sei die Auszahlung einer Wertsteigerung auf den Anlagebetrag nur nach fristgerechter Kündigung durch den Anleger möglich gewesen.
102Ausweislich Ziffer 25 der Satzung der X. (Bl 1 – 47 (29) eB; Bl 55 eA 02) werde eine Entschädigung/Vergütung für die Höhe des Wertes der Aktien des ausscheidenden Aktionärs verbindlich allein durch den Vorstand der Q. festgelegt. Dieser Entschädigungswert habe auch niedriger als der Nominalwert der Aktien/Beteiligungen ausfallen können. Zudem sei die Höhe der Entschädigung für den Fall, dass der Wert der Aktien ihren Nennwert übersteige, auf einen Betrag von ... % des Nennwertes der Aktien für jedes Jahr der Zugehörigkeit des Aktionärs zu der Gesellschaft abzüglich einer jeden an den Aktionär gezahlten Dividende beschränkt.
103Auch das Urteil des LG Düsseldorf vom 31.07.2014 (Rn 371) zeige, dass die Anlagebetrüge der Q. den Anlegern Werte mitgeteilt hätten, die nicht realistisch gewesen seien und auf die die Anleger keinen Anspruch gehabt hätten.
104II. Es habe keine Gutschriften der Q. an die Anleger gegeben, die den Anforderungen an eine Novation entsprochen hätten. Den Anlegern habe erst dann ein Anspruch auf Auszahlung der vermeintlichen Wertsteigerung zugestanden, wenn eine fristgerechte Kündigung vorgelegen habe, diese von der Q. angenommen worden und der Wert der Abfindung vom Vorstand der Q. festgesetzt worden sei.
105III. Die Q. sei seit März 2008 insolvent und seit Ende 2009 nicht mehr leistungsbereit und leistungsfähig gewesen. Die Behauptung der Finanzverwaltung, dass die Q. bis Ende 2011 zahlungsfähig gewesen sei, sei unzutreffend.
106Auch das Landgericht Düsseldorf (Rn 371) habe festgestellt, dass es ab Ende des Jahres 2009 bei den fälligen Rückzahlungen zunehmend zu Verzögerungen gekommen sei, weil nicht mehr genug neue Anleger hätten angeworben werden können, mit deren Einzahlungen die Rückzahlungen an andere Anleger hätten finanziert werden können. Schließlich seien Rückzahlungen an Anleger, die ihre Beteiligung ganz oder teilweise gekündigt hätten, völlig ausgeblieben.
107Mit einheitlicher Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide der Jahre 2008, 2010 und 2011 vom 25.02.3013 als unbegründet zurück.
108Die Kapitalanlage der Kläger bei der G. und der X. sei jeweils als stille Beteiligung iSd § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu beurteilen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger die Rechtsstellung eines Vorzugsaktionärs erhalten hätten, lägen demgegenüber nicht vor.
109Ob einer der in § 20 EStG aufgeführten Tatbestände auch bei Beteiligung an einem betrügerischen Schneeballsystem erfüllt sei, sei danach zu beurteilen, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtungsweise darstelle, weil auf den nach außen erkennbaren Willen des Betreibers des Schneeballsystems abzustellen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.12. 2004 - VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739). Dies gelte auch bei der Einordnung eines ausländischen Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung. Auch hierbei sei entscheidend, was die Vertragsparteien auf Grundlage der getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich gewollt hätten und ob der unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde Vertragswille objektiv auf den Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses gerichtet sei, das den Merkmalen einer inländischen stillen Gesellschaft entspreche (Hinweis auf BFH-Urteile vom 28.10.2008 - VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190; vom 22.07.1997 - VIII R 57/95, BStBI II 1997, 755).
110Eine stille Gesellschaft sei dadurch gekennzeichnet, dass zwischen einem Unternehmensträger (dem Inhaber eines Handelsgeschäfts) und einem anderen eine Vereinbarung getroffen werde, kraft dessen sich der andere mit einer Einlage ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens an dem Unternehmen beteilige und eine Gewinnbeteiligung erhalte. Die Einlage müsse, dem Leitgedanken des § 230 HGB entsprechend, so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergehe. Ferner sei ein gemeinsamer Zweck in der Form erforderlich, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehe. Unerheblich sei, ob im Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen der Begriff „stille Gesellschaft" ausdrücklich erwähnt werde und ob die Vereinbarungen zwischen Anleger und Betreiber des Schneeballsystems ausdrückliche Regelungen über Kontrollrechte der Anleger enthielten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 27.08.2014 - VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187 mwN).
111Der Kläger sei von seinem Berater Herrn C., der ihm das Investment auch vermittelt habe, informiert worden, dass die Q. im internationalen Handel mit Bankschuldverschreibungen tätig sei. Weil die Teilnahme hieran normalerweise nur in ...höhe möglich sei, habe die Q. eine Möglichkeit entwickelt, dass auch Inverstoren mit deutlich kleineren Beträgen hieran teilnehmen könnten. Der Investor erwerbe eine Beteiligung an der Q., die er mindestens ein Jahr halten müsse. Danach könne er die Beteiligung der Q. zum Rückkauf anbieten, was mit „Kündigung" im Text der aus dem englischen übersetzten Satzung bezeichnet werde. Beim Rückkauf durch die Q. erhalte der Anleger (Vorzugsaktionär) einen Verkaufsbetrag einschließlich Wertsteigerung, welche in der Vergangenheit rund ... % jährlich betragen habe. Herr C. habe die Funktionsweise dieses Handelsgeschäftes erklärt, wovon der Kläger nach eigenen Angaben jedoch nur wenig verstanden habe. Auf seine Bitte nach Informationsmaterial seien drei Abhandlungen zu diesem Thema genannt worden (Schreiben des Klägers vom 23.11.2011 an die Staatsanwaltschaft R. im Verfahren gegen die beschuldigten inländischen Vermittler). Zudem habe der Kläger einen Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der Q. in deutscher Übersetzung erhalten. Der Kläger sei davon ausgegangen, seit 2007 Gesellschaftsanteile an der Q. zu halten. Zwar sei nie etwas versprochen worden, mit den wirtschaftlichen Ergebnissen sei man aber zufrieden gewesen (Schreiben des Klägers an das Polizeipräsidium R. vom 30.04.2010).
112Die Klägerin habe bei der Staatsanwaltschaft angegeben, sich selbst um die Kapitalanlage nicht gekümmert zu haben, sondern insoweit vollständig auf den Kläger vertraut zu haben.
113Die vermeintlichen wirtschaftlichen Erfolge seien den Klägern in jährlichen Schreiben mitgeteilt worden, so auch in einem solchen vom 15.09.2011, worauf sich der Kläger wegen eines Schreibfehlers bei seiner Reklamation vom 01.10.2011 berufe. Die mitgeteilten Werte entsprächen einer jährlichen Rendite von ...% der jeweiligen Anlagesumme.
114Die den Klägern mitgeteilten Renditen seien diesen auch iSd § 11 EStG zugeflossen, weil die G. bzw. die X. im Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift noch leistungsbereit und leistungsfähig gewesen seien.
115Bei beiden „Zuflusstatbeständen" müsse jeweils die weitere Voraussetzung erfüllt sein, dass der Gläubiger (der Anleger) im Zeitpunkt der Novation oder der Gutschrift in den Büchern des Betreibers des Schneeballsystems tatsachlich in der Lage gewesen sei, die Auszahlung ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Maßgeblich für die Prüfung der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des Schneeballsystembetreibers sei der Zeitpunkt der Gutschriftserteilung oder der Vereinbarung, Renditen wiederanzulegen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 02.04.2014 - VIII R 38/13, BStBI II 2014, 698).
116Anhaltspunkte für eine fehlende Leistungsbereitschaft und –fähigkeit der G. bzw der X. in den Streitjahren lägen nicht vor.
117Von einem nicht mehr leistungsbereiten und -fähigen Betreiber des Schneeballsystems könne vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen erst ausgegangen werden, wenn dieser auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehne und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandele. Eine Deckungslücke zwischen den dem Betreiber des Schneeballsystems tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsachlich bestehenden Forderungen aller Anleger, wenn diese hypothetisch auf einen Schlag zu befriedigen wären, im Zeitpunkt der Novation oder Gutschrifterteilung sei kein Hindernis für die Annahme eines Zuflusses gutgeschriebener oder wiederangelegter Kapitalerträge, solange das Schneeballsystem als solches funktioniere, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient würden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11.02.2014 - VIII R 25/12, BStBI ll 2014, 461).
118Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019 Bezug genommen.
119Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.
120Die vermeintlichen Wertsteigerungen des Investments der Kläger bei der G. bzw. der X. für die eingezahlten Beträge iHv insgesamt ... EUR seien mit den geänderten Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2008, 2010 und 2011 zu Unrecht als Einkünfte iSd § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG berücksichtigt worden.
121Es sei bereits fraglich, ob es sich bei den vermeintlichen Wertsteigerungen dem Grunde nach um Einkünfte aus Kapitalvermögen oder nicht vielmehr um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handele. Wäre letzteres der Fäll, wäre eine gesonderte Gewinnfeststellung erforderlich.
122Im Rahmen der Prüfung der Einkunftsart des § 20 EStG sei zu berücksichtigen, dass eine Vereinbarung mit der Q. über eine Verzinsung/Rendite der Beteiligungsbeträge von jährlich ... % nicht bestanden habe. Zahlungen seien nicht erfolgt. Sowohl die G. als auch die X. seien bereits als solche nicht auf eine Einnahmeerzielung ausgerichtet gewesen. Gegenstand der Firmen sei nur das Einsammeln von Kapital gewesen. Wenn es zu einer Rückzahlung an die Anleger gekommen sei, habe es sich nur um eine Kapitalrückzahlung gehandelt. Gegenstand der Firmen sei nur Vermögensumschichtung gewesen. Die den Klägern übersandten Mitteilungen über den Wert der jeweiligen Beteiligung begründeten keinen Zufluss der Wertsteigerung iSd § 11 EStG.
1231. Weder der Gesellschaftsvertrag der G. noch die Satzung der X. enthalte eine Verpflichtung, die Einlage der Anleger mit ... % jährlich zu verzinsen. In Aussicht gestellt worden seien „Veräußerungsrenditen“ iSd § 20 Abs. 2 EStG für den Fall, dass der Anleger kündige und Q. die Kündigung annehme. Ohne Kündigung habe es weder eine Auszahlung noch eine Gutschrift gegeben.
124Die Entscheidung über die Kündigung habe dem einzelnen Anleger oblegen. Ohne Kündigung habe sich lediglich die Laufzeit des Investments um ein Jahr verlängert, die Ansprüche auf Abfindungsbeträge seien dem Grunde nach bestehen geblieben. Erst nach einer Kündigung sei ein Abfindungsbetrag von der Q. errechnet und dem Anleger mit einem gesonderten Schreiben mitgeteilt worden (Hinweis auf die Kopie eines Schreibens der X. an einen Anleger über einen Abfindungsbetrag für einen gekündigten Gesellschaftsanteil, teilweise geschwärzt, Bl 52 eA 02).
125Ausweislich des Auszugs aus dem Gesellschaftsvertrag der G. (Bl 40 eA) erhalte der Anleger nur dann Geld, wenn er seine Beteiligungen der Q. zum Rückkauf anbiete, d.h. seine Beteiligung mit einer Frist von je 12 Monaten kündige, und die G. die Kündigung annehme. In diesem Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft erhalte der ausscheidende Gesellschafter eine Abfindung, die der Höhe des Verkehrswertes seiner Beteiligung an der Gesellschaft entspreche. Von einer festen Verzinsung sei nicht die Rede.
126Auch die Satzung der X. (Bl 1 – 47 eB; eB 02) enthalte in Ziffer 25 die ausdrückliche Regelung, dass eine Auszahlung von Geldern erst nach erfolgter und angenommener Kündigung erfolge. Hinzu komme, dass die Entschädigung/Vergütung für die Höhe des Wertes der Aktien des ausscheidenden Aktionärs allein durch den Vorstand der Q. festgelegt werde und für den Anleger verbindlich sei. Die Höhe der Entschädigung sei zudem begrenzt. Übersteige der Wert der Aktien ihren Nennwert, sei die Entschädigung insoweit auf einen Betrag von ... % des Nennwertes der Aktien für jedes Jahr der Zugehörigkeit des Aktionärs zu der Gesellschaft abzüglich einer jeden an den Aktionär gezahlten Dividende beschränkt. Damit habe Zeitpunkt und Höhe der Auszahlung allein im Ermessen der X. gelegen.
127Mit den betrügerischen Schreiben über die Wertentwicklung der Anlagen habe Q. den Anlegern hohe Zugewinne von ... % vorgetäuscht, um damit die Anleger zu veranlassen, keine Kündigungen vorzunehmen, sodass das Schneeballsystem im Interesse von Q. habe fortgeführt werden können. Es seien Werte mitgeteilt worden, von denen die Verantwortlichen der Q. gewusst hätten, dass diese Werte für Q. nicht verbindlich seien, die Anleger aufgrund der Satzungsbestimmungen überhaupt keine Ansprüche auf Auszahlungen dieser mitgeteilten Werte gehabt hätten und diese mitgeteilten Werte auch nicht realistisch gewesen seien (Hinweis auf LG Düsseldorf Rn 371).
1282. Die den Klägern übersandten Schreiben der G. anlässlich der Übertragung der Gelder auf die X. sowie die Schreiben der X. über die Wertentwicklung ihrer Anlage genügten nicht den Anforderungen an eine Gutschrift bzw Novation, die als Zufluss der Wertsteigerung iSd § 11 EStG zu beurteilen sei.
129Eine derartige Gutschrift liege vor, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen sei, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht werde, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung stehe. Zudem müsse der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun herbeizuführen und der Schuldner müsse leistungsbereit und leistungsfähig sein (Hinweis auf BFH-Urteile vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190; vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
130Auf der Grundlage der Q.-Mitteilungen seien die Anleger nicht in die Lage versetzt worden, von nun an über die mitgeteilten Beträge verfügen zu können. Es seien auch keine buchmäßigen Schuldverhältnisse der Q. gegenüber den Anlegern entstanden.
131a. Im Streitjahr 2008 hätten die Kläger bereits keine Mitteilungen über eine Wertsteigerung ihres Investments bei der G. erhalten. Tatsächlich habe ihnen die G. anlässlich der Übertragung des Investments auf die X. mit Schreiben jeweils vom 19.12.2008 (Bl 48, 51 eA) mitgeteilt, dass sich der Auszahlungsbetrag auf den jeweiligen Nennwert von ... EUR belaufe. Mit Schreiben jeweils vom 23.12.2008 (Bl 49, 52 eA) hätten die Kläger bestätigt, dass sie mit dem Rückkaufbetrag iHv ... EUR einverstanden seien.
132Nachdem die Kläger zunächst haben vortragen lassen, dass der Anlass der Übertragung der Gelder von der G. auf die X. im Dezember 2008 gewesen sei, dass der Kläger die Kapitalausstattung der G. iHv ... US-Dollar für Vorzugsaktien als niedrig beurteilt und wegen Sicherheitsbedenken seinen Q.-Berater C. im Sommer 2008 darauf angesprochen habe (Bl 47 eA), lassen die Kläger nunmehr vortragen, dass sie von der Q. kontaktiert worden seien (Bl 109 eA 02). Herr C. habe ihnen im Sommer 2008 mitgeteilt, dass eine neue Q. Gesellschaft namens X. mit einem mehr als 5-fach höheren Gesellschaftskapital für Vorzugsaktien in Höhe von ... EUR gegründet worden sei. Herr C. habe erläutert, dass Q. diese Gesellschaft mit dem hohen Vorzugsaktienkapital im Hinblick auf Kunden mit höheren Beteiligungsbeträgen gegründet habe und ein Umtausch der Beteiligungen von G. nach X. zu Einstandspreisen möglich sei. Wegen dem damit verbundenen größeren Gesellschaftskapital für die Vorzugsaktionäre hätten sich die Kläger für den Umtausch entschieden, weil dies ihren Sicherheitsinteressen entsprochen habe. Auch Herr C. habe den Tausch empfohlen. Auf Nachfrage der Kläger habe er erklärt, dass er einen Anlagen-Prospekt speziell für X. nicht kenne und es einen solchen nach seiner Kenntnis auch nicht gebe. Die X. sei jedoch nach den gleichen Prinzipien wie G. tätig. Dies habe auch das LG Düsseldorf mit Urteil vom 31.07.2014 (Rn 178) bestätigt.
133Herr C. habe zudem erklärt, dass er die Einwilligung der Geschäftsleitung von Q. für den Umtausch einholen müsse. Wenige Zeit später habe Herr C. die Kläger telefonisch darüber informiert, dass die Geschäftsleitung der Q. den Transaktionen zugestimmt habe und er die Vorbereitungen hierfür treffen werde. Zum Umtausch sei es jedoch erst im Dezember 2008 gekommen, weil der Kläger seine für Ende November, Anfang Dezember 2008 anberaumte Zeugenvernehmung habe abwarten wollen. Nachdem diese ohne Angabe von Gründen abgesagt worden sei, seien im Dezember 2008 die geplanten und von der Q. genehmigten Transaktionen durchgeführt worden. Die Übertragung der Gelder zum 31.12.2008 sei von der X. auch schriftlich bestätigt worden. Die Kläger hätten Herrn C. auch deshalb vertraut, weil dieser ein Pastor sei und sie davon ausgegangen seien, dass dieser nur gute und betrugsfreie Empfehlungen ausspreche (Hinweis auf LG Düsseldorf S. 344; Rn 397).
134Der Kläger habe auch Rechtsanwalt V. telefonisch auf die geplante Transaktion angesprochen. Dieser habe ebenfalls den Umtausch empfohlen mit der Begründung, dass die X. eine deutlich bessere Kapitalausstattung besitze und vor allem die Währung in Euro ein weiterer Vorteil vor der Währung des damals schwachen US-Dollars der G. sei.
135b. Mit den Mitteilungen der X. aus den Jahren 2010 und 2011 über die Wertentwicklung des Investments seien den Klägern weder Gelder gutgeschrieben noch sei dadurch ein Schuldverhältnis begründet worden.
136Es habe sich nicht um Gutschriften gehandelt, weil die mitgeteilten Wertzuwächse nicht ohne weiteres Zutun des Schuldners zur Verfügung gestanden hätten. Um eine Auszahlung zu erhalten, wären vielmehr folgende weiterer Aktivitäten des Anlegers und der Q. erforderlich gewesen:
137- Einhaltung der Wartefrist für den Anleger von einem Jahr nach Zugang der Q.-Mitteilung,
138- wirksame Kündigung des Anlegers bei Q.,
139- Annahme der Kündigung durch Q.,
140- Festlegung des Wertes der Abfindung durch den Vorstand der Q. nach seinem Ermessen.
141Zum Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Mitteilung von Q. beim Anleger sei für diesen unbestimmt gewesen, ob überhaupt, wann und in welcher Höhe er über einen Betrag werde verfügen können. Ergänzend werde auf die Ausführungen des FG Düsseldorf., Beschluss vom 13.02.2013 – 7 V 235/13 A (E) zu einem vergleichbaren Fall eines Q.-Anlegers Bezug genommen. Die X. habe Gutschriften erst nach Kündigung des Gesellschaftsvertrages und Ermittlung des Abfindungsbetrages für den gekündigten Gesellschaftsanteil erteilt, wie durch ein anonymisiertes Beispielschreiben der X. (Bl 156 eA) bestätigt werde.
142Mit dem Zugang der Mitteilung sei auch keine Novation des Schuldverhältnisses verbunden gewesen. Die Kläger hätten allein aufgrund der Mitteilung keinen Anspruch auf Auszahlung des Betrages in der mitgeteilten Höhe gehabt. Diese Auffassung beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass eine Verzinsung von ... % des Anlagebetrages vereinbart worden sei. Ohne Ausübung des Kündigungsrechtes habe es jedoch an einer fälligen Schuld der X. gefehlt.
143Soweit der Kläger den mit Schreiben der X. vom 06.09.2010 und 15.09.2010 mitgeteilten Wert seiner Beteiligung beanstandet habe, habe er anhand der vorher für 2010 und 2011 mitgeteilten Werte rechnerisch ermittelt, dass die X. mit einer jährlichen Steigerungsrate von ... % gerechnet habe, so dass er die korrekten Beträge habe ansetzen können. Dieser Betrag iHv ... EUR sei auch mit Schreiben der X. vom 05.01.2011 bestätigt worden. Die entsprechenden Berechnungen lägen den Klägern jedoch nicht mehr vor.
1443. Die Q. sei seit März 2008 insolvent und seit Ende 2009 nicht mehr leistungsbereit und leistungsfähig gewesen. Die Darlegung der Finanzverwaltung, dass die Q. bis Ende 2011 zahlungsfähig gewesen sei, sei unzutreffend.
145Der Beklagte sei hinsichtlich der Umstände, dass die Q. in den Streitjahren leistungsbereit und leistungsfähig gewesen sei, beweisbelastet, weil es sich insoweit um eine steuerbegründende bzw. steuererhöhende Tatsache handele. Dieser Beweislast würden die bisherigen Ausführungen und Prüfungsfeststellungen nicht gerecht.
146Der Schuldner des Schneeballsystems sei dann leistungsbereit und leistungsfähig, wenn und solange die Forderungen der Anleger nach Rückzahlungen umgehend und ohne Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen bedient würden. Demgegenüber spreche es gegen einen Zufluss, wenn Auszahlungsbegehren nur schleppend, zögerlich oder überhaupt nicht bedient würden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 02.04.2014 - VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698).
147Nach den Feststellungen der Bundesanwaltschaft der Schweiz sei die Q. seit dem 31.03.2008 überschuldet gewesen, weil den Verbindlichkeiten der Q. gegenüber den Anlegern iHv ... EUR zu diesem Zeitpunkt lediglich Guthaben der Q. iHv ... EUR gegenübergestanden hätten.
148Auch das LG Düsseldorf. habe mit Urteil vom 31.07.2014 (Hinweis auf Rn 539, 1156, 1313, 862, 863, 865 und insbesondere 371) festgestellt, dass es Ende des Jahres 2009 bei den fälligen Rückzahlungen zunehmend zu Verzögerungen gekommen sei, weil nicht mehr genug neue Anleger hätten geworben werden können, mit deren Einzahlungen die Rückzahlungen an andere Anleger hätten finanziert werden können, so dass schließlich Rückzahlungen an Anleger, die ihre Beteiligungen ganz oder teilweise gekündigt hatten, völlig ausgeblieben seien.
149Hinzu komme, dass die Q. dem Kläger im Herbst 2009 die Rückzahlung der gemeinsam mit einem Bekannten angelegten Beträge iHv insgesamt ... EUR verweigert habe. Tatsächlich habe die Q. ab dem Jahr 2009 aufgrund der prekären Lage Zahlungen von Bestandsprovisionen an die Berater eingestellt, Rückzahlungen an die Anleger seien nur noch vereinzelt, in kleinen Raten und zeitversetzt über Monate ausgezahlt worden. Das LG Düsseldorf habe hierzu festgestellt, dass die wahrheitswidrigen Ausführungen des Herrn U. gegenüber dem Kläger im Gespräch am 30.10.2009 erfolgt seien, um eine Rückzahlung des Kapitals zu verhindern und das von ihm betriebene Schneeballsystem länger aufrechterhalten zu können. Für diese Absicht spreche die schwierige Situation, in der sich die Q. bereits im Herbst 2009 befunden habe. Zu dieser Zeit habe es bereits erhebliche Zahlungsverzögerungen sowohl bei den Beraterprovisionen als auch bei fälligen Auszahlungen an Anleger gegeben (Hinweis auf LG Düsseldorf S. 459, Rn 1156).
150Aus dem Beschluss des FG Köln vom 12.02.2013 – 13 V 3763/12 (EFG 2013, 856) ergebe sich, dass im Jahr 2009 insgesamt ... EUR an ... Anleger, im Jahr 2010 insgesamt ... EUR an ... Anleger und im Jahr 2011 insgesamt ... EUR an ... Anleger ausgezahlt worden seien. Somit seien in den Jahren 2009 bis 2011 durchschnittlich zwischen ... EUR und ... EUR an den einzelnen Anleger ausgezahlt worden. Die Kläger hätten demgegenüber allein ... EUR eingezahltes Kapital zurückzufordern gehabt, was die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit der Q. offensichtlich überstiegen habe.
151Da die Kläger erstmals im März 2010 Mitteilungen der X. über den angeblich gestiegenen Wert ihrer Beteiligung erhalten hätten, seien diese zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die X. nach den Feststellungen des LG Düsseldorf nicht mehr leistungsfähig gewesen sei.
152Zu berücksichtigen sei auch, dass sich das Verfahren 2 K 1567/21 E wegen Einkommensteuer 2004 und 2007 im Wege der Abhilfe durch das dortige Finanzamt erledigt habe. Auf die vom dortigen Kläger I. zur Verfügung gestellten Unterlagen (Bl 167 ff eA 02) werde verwiesen.
153Die Kläger beantragen,
154den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer, evangelische Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 25.02.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019, hier eingegangen am 23.04.2019 (Steuernummer / Aktenzeichen N10), aufzuheben,
155den Bescheid für 2010 über Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer, evangelische Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 06.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019, hier eingegangen am 23.04.2019 (Steuernummer / Aktenzeichen N10) dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Nichtberücksichtigung von Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... EUR für den Ehemann und ... EUR für die Ehefrau niedriger festgesetzt wird,
156den Bescheid für 2011 über Einkommensteuer, Zinsen zur Einkommensteuer, evangelische Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 23.06.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.04.2019, hier eingegangen am 23.04.2019 (Steuernummer / Aktenzeichen N10) dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Nichtberücksichtigung von Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... EUR für den Ehemann und ... EUR für die Ehefrau niedriger festgesetzt wird,
157hilfsweise die Revision zuzulassen.
158Der Beklagte beantragt,
159die Klage abzuweisen,
160hilfsweise die Revision zuzulassen.
161Die von den Klägern erzielten Scheinrenditen aus der Anlage bei der G. bzw. der X. seien zu Recht der Besteuerung in den Jahren 2008, 2010 und 2011 unterworfen worden.
1621. Die wiederangelegten Beträge seien den Klägern in den Streitjahren zwar nicht überwiesen worden, sie seien aber in den Büchern des Schuldners gutgeschrieben worden. Die Kläger hätten fällige Beträge jeweils stehengelassen und neu angelegt. Entsprechend würden die Abrechnungen die wiederangelegten Beträge ausweisen. Kündigungen durch die Kläger seien erst zum 22.09.2011 bzw. 31.12.2011 erfolgt.
163Für die Annahme einer Rendite von ... % komme es nicht darauf, ob Q. diese Rendite in Verkaufsprospekten garantiert habe, sondern ausreichend sei, dass sich nach den mitgeteilten Kontensalden nach einem Jahr dieser Ertrag rechnerisch ergeben habe.
164Dies gelte auch für das Jahr 2008. Es lasse sich rechnerisch belegen, dass bei dem Transfer des Kapitals von der G. zur X. nicht lediglich der ursprüngliche Anlagebetrag iHv 2 mal ... EUR, sondern tatsächlich der Anlagebetrag zuzüglich der bislang erwirtschafteten Erträge iHv 2 x ... EUR plus ... EUR auf dem Konto bei der X. gutgeschrieben worden sei. Die Erträge seien damit den Klägern bis 2008 zum regulären Zeitpunkt wie mit der G. vereinbart, und sodann zeitanteilig am 31.12.2018 mit der Umbuchung zugeflossen. Auf die Berechnungen (Bl 74, 75 eB) werde insoweit Bezug genommen.
165Dies ergebe sich auch aus einem (neutralisierten) Schreiben der Q. hinsichtlich eines anderen Anlegers (Bl 51 eB). Hier werde zum Stand der Beteiligung nach der Übertragung auf die X. sinngemäß ausgeführt:
166„1. Betrag von ... EUR mit Antrag vom 15.12.2008 über ... EUR nach X. übertragen.
1672. Gewinnanteile nachgebucht, so dass zum 31.12.2008 Stand dieser Beteiligung ... EUR.
1683. Da X. ist die Aufteilung in Viertel erfolgt.
1694. Gesamtbetrag 31.03.2010 EUR ..., d.h. 1 Viertel per 31.03.2010 EUR ....
1705. Die Kündigung eines Viertels iHv ... EUR ist frühestens zum 31.03.2010 möglich. …
1717. Zur InformationDie ursprüngliche Beteiligung bei der G. wäre frühestens zum 30.06.2010 kündbar gewesen.“
172Wann genau die Betreiber des Betrugsmodells jeweils vermeintlich mit der Verzinsung des eingezahlten Kapitals begonnen hätten, stehe nicht fest. Ausweislich des Anlageprospektes beginne die Verzinsung von ... % grundsätzlich mit der Einzahlung der Beteiligungssumme. Die Finanzverwaltung gehe grundsätzlich davon aus, dass die Verzinsung mit Ablauf des Quartals, in dem die jeweilige Zahlung an die Q. erfolgt sei, beginne. Für die Kläger bedeute dies im Veranlagungszeitraum 2008, dass die Verzinsung der im Jahr 2007 von beiden Klägern eingezahlten Gelder mit dem 31.12.2007 beginne, weil die Einzahlungen jeweils im 4. Quartal erfolgt seien. Die Verzinsung des jeweils am 22.04.2008 eingezahlten Kapitals habe entsprechend am 30.06.2008 begonnen, so dass davon auszugehen sei, dass die Kläger jeweils ... EUR Zinsen in 2008 erwirtschaftet hätten. Bislang sei von einem Zinsbeginn zum nächsten Ersten des Folgemonats ausgegangen worden (für den Kläger mithin von ... EUR). Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf das Schreiben des Beklagten vom 11.11.2022 (Bl 68 ff eA 02) Bezug genommen.
1732. Ein Zufluss der wiederangelegten Beträge lasse sich alternativ auch auf Grundlage der abgeschlossenen Novationsvereinbarungen begründen.
174Diese Vereinbarungen hätten im Interesse der Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge gelegen. Die Interessenlage bestimme sich maßgeblich danach, ob der Gläubiger (hier: die Kläger) die ihnen zustehende Wahlmöglichkeit zwischen der Auszahlung der Renditen und deren Wiederanlage ausübt, um fortan höhere Renditen erzielen zu können (Hinweis auf BFH-Urteil vom 10.07.2001 – VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646).
175Letzteres sei in den Streitjahren der Fall gewesen. Die Kläger hätten sich auf Vorschlag des Beraters zu einer Wiederanlage entschlossen. Das Interesse der Kläger an der Wiederanlage sei nicht deshalb zu verneinen, weil sie sich bei objektiver Betrachtungsweise in Kenntnis des Schneeballsystems anders entschieden hätten und ihnen eine funktionierende Geldanlage nur vorgespiegelt worden sei. Die Annahme, die nach der Wiederanlage erhöhten Kapitalrückzahlungsansprüche könnten vom Betreiber des Schneeballsystems befriedigt werden, stelle einen für die steuerrechtliche Wertung unbeachtlichen Motivirrtum dar (Hinweis auf BFH-Urteile vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190; vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147). Da es für den Zufluss maßgeblich auf den Zeitpunkt der Verfügung der Kläger über die zu ihren Gunsten abgerechneten und wiederangelegten Erträge ankomme, seien den Klägern die in den Streitjahren der Anlagesumme zugeschlagenen vermeintlichen Erträge in Höhe von insgesamt ... EUR zugeflossen.
176Die von der X. für die Jahre 2010 und 2011 übersandten Bescheinigungen über den „voraussichtlichen“ Wert der jeweiligen Anlage bestätigten, dass das Kapital zum 01.01.2009 nicht nur die nominellen ... EUR gewesen seien. Wäre lediglich der nominelle Betrag von der X. verzinst worden, hätte sich zB der zum 31.03.2010 bescheinigte Wert des 1. Viertels des Klägers von nominell ... EUR nicht auf ... EUR belaufen, vielmehr wäre dann ein Wert von deutlich unter ... EUR zu erwarten gewesen.
177Warum sich die Wertsteigerungen des 2., 3. und 4. Viertels der Beteiligung des Klägers von jeweils ... EUR (nominell ... EUR) für jeweils weitere 3 Monate nicht auf ... EUR (... % pro Quartal für ... EUR) beliefen, lasse sich nicht sagen. Es sei allerdings auch zu bedenken, dass es um die Berechnungen der Initiatoren eines Betrugsmodelles gehe.
178Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungen des Beklagten wird auf das Schreiben vom 11.11.2022 (Bl 68 ff eA Bd 02) Bezug genommen.
179Schließlich stehe der Annahme eines Zuflusses im Wege der Gutschrift in den Büchern des Betreibers und anschließender Novation durch Verwendung jetzt als Kapitaleinzahlung bei den X. auch nicht eine zu diesem Zeitpunkt angenommene Wertlosigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Anlagesumme entgegen. Tatsächlich seien die Forderungen als werthaltig zu beurteilen.
180Zwar sei ein Zufluss auf Grundlage einer Novation i.S. des § 11 Abs. 1 EStG zu verneinen, wenn über eine wertlose Forderung verfügt werde (Hinweis auf BFH-Urteil vom 21.07.1987 – VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224). Von der Wertlosigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Anlagesumme sei indes im Regelfall nicht auszugehen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder lnsolvenzverfahrens über das Vermögen des Betreibers des Schneeballsystems noch nicht gestellt worden sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190). Hierzu sei es während der Streitjahre nicht gekommen.
181Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 22.09.2010 – II R 62/08 (BFH/NV 2011, 7). Zwar könne für Vermögensteuerzwecke gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des BewG im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu einer Bewertung derartiger Kapitalrückzahlungsforderungen unterhalb des Nennwerts vorgenommen werden. Diese Prognoseentscheidung sei für die Beurteilung der Frage, ob einkommensteuerrechtlich Einnahmen aus Kapitalvermögen zufließen, jedoch nicht maßgeblich.
1823. Die Q. sei in allen Streitjahren auch leistungsbereit und leistungswillig gewesen, so dass eine hinreichende Verfügungsmacht der Kläger aufgrund der erteilten Abrechnungen für die bescheinigten Erträge angenommen werden könne.
183Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T. seien zur Verschleierung des jeweiligen Geldflusses im Q. System weltweit Firmen gegründet worden, die lediglich der Abwicklung von Zahlungsein‑ und -ausgängen gedient hätten. Der Nachweis, dass die Rückzahlung von gekündigten Anlagen ausschließlich aus Geldern neuer Investoren erfolgte, sollte dadurch erschwert werden. Jede dieser Firmen habe mehrere Treuhandkonten bei mehreren Banken eröffnet. Dies habe die Auswertung der Kontoauszüge von den Verantwortlichen des Q. Systems sowie der erstellten Listen mit Angaben zu Auszahlungen in Deutschland und der Schweiz durch die Betriebsprüfung bzw. Steuerfahndung ergeben und sei auch durch die Einlassungen von Beschuldigten und Zeugen im Strafverfahren bestätigt worden. Auszahlungen von diesen Konten seien vom LKA ausgewertet und u. a. mit den Kennungen a (für Anleger) und b (für Berater) versehen worden. Auszahlungen an Anleger seien sowohl in Form von Kapitalrückzahlungen als auch in Form von Zinszahlen erfolgt. Auszahlungen an Berater seien als Beraterhonorare, soweit Berater selbst Anleger gewesen seien, auch als Kapitalrückzahlungen und/oder Zinszahlungen erfolgt. Zudem habe es weitere Bankkonten gegeben, die der Betriebsprüfung jedoch nicht im Einzelnen vorgelegten hätten.
184Die letzte dokumentierte Auszahlung der Q. sei am 08.11.2011 erfolgt; der Hauptverantwortliche der Q. U. sei am 28.11.2011 inhaftiert worden.
185Auch der Kläger habe im Jahr 2011 noch Gutschriften der Q. aufgrund eines weiteren Investments in Form eines sogenannten „Private Placement“ erhalten. Der Kläger bestätige in seiner Zeugenaussage vom 09.12.2011 (Bl 52 ff (55) eB), dass das Private Placement bis zum 30.06.2011 verlängert worden sei. Aufgrund dieser Verlängerung habe der Kläger für April bis Juni 2011 eine Vorauszahlung iHv 1,25 % des eingesetzten Kapitals pro Monat, insgesamt iHv ... EUR, erhalten (Bl 70 eB, Bl 199 eA). Eine andere Anlegerin habe aus ihrem Investment iHv ... EUR vom 10.08.2007 Zahlungen iHv ... EUR (10.11.2010), ... EUR (14.12.2010) und ... EUR (07.01.2011), insgesamt ... EUR, erhalten. Erst danach seien die Zahlungen eingestellt worden (Anlage 3 Bl 64 eB). Die Q. habe die Kündigung zunächst zum 30.09.2010 angenommen (Bl 68 eB) und sodann mit Schreiben vom 12.10.2010 (Bl 66 eB) ihre Zahlungsschwierigkeiten erläutert.
186Nach den vorstehenden Zahlen sei davon auszugehen. dass bis Ende 2010 den Auszahlungsbegehren der Anleger noch vollständig, wenn auch erstmals mit zeitlichen Verzögerungen, nachgekommen worden sei. Ab dem Kalenderjahr 2011 sei den Auszahlungsbegehren der Anleger nur noch schleppend nachgekommen worden, und im Dezember 2011 seien die Auszahlungen eingestellt worden.
187Zudem sei vor dem „Zusammenbruch" des Schuldners Zahlungsunfähigkeit im Regelfall so lange zu verneinen, wie ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt worden sei (Hinweis auf BFH-Urteile vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190; vom 08.05.2007 – VIII R 13/06; BFH/NV 2007, 2249). Anträge auf Eröffnung eines lnsolvenzverfahrens über das Vermögen der Q. seien jedoch nicht gestellt worden.
188Zwar habe die G. seit dem 27.10.2010 im Handeisregister des Staates O. den Status "INACTIVE" mit dem Vermerk "Dissolution by proclamation / Annulment of Authority". Mit der Löschung aus dem Handelsregister des Staates O. seien aber nicht dieselben Konsequenzen verbunden wie im deutschen Recht, insbesondere kein Verlust der Rechtsfähigkeit. Im Übrigen richte sich die Rechtsfähigkeit grundsätzlich nach dem Recht des Gründungsstaates (hier: W.), und habe somit keine Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit im Kalenderjahr 2011. Im Handelsregister des Staates W. (Gründungsstaat) laute der aktuelle Status "DEFAULT" (in Verzug). Dies bedeute den Entzug der Erlaubnis, geschäftlich tätig zu sein. Hintergrund sei offensichtlich das Versäumnis, jährlich vorzulegende Dokumente einzureichen (Annual List). Relevant werde dies jedoch erst ab dem 01.12.2012.
189Für die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Schuldners sei entscheidend, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall auf Wunsch eine Auszahlung der Scheinerträge erreichen könne.
190Von einem nicht mehr leistungsbereiten und leistungsfähigen Betreiber des Schneeballsystems könne erst ausgegangen werden, wenn dieser auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehne und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandele. Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung stehe es nicht gleich, wenn — wie im Streitfall – der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelege, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahle (Hinweis auf BFH-Urteile vom 30.10.2001 – VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138; vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
191Die Kläger hätten nie auf einer Auszahlung der „Rendite" beharrt, sondern bereitwillig zur Steigerung des Ertrages die Wiederanlage angenommen. Zwar sei zB das 2. Viertel der Beteiligung vom 12.12.2008, Reference-Nr. N02, am 28.03.2011 zum 30.06.2011 vom Kläger gekündigt, selbige Kündigung aber mit Schreiben vom 27.05.2011 an die X. widerrufen worden (Bl 140 eAkte). Mit Schreiben vom 01.10.2011 (Bl 141 eAkte) habe der Kläger noch beanstandet, dass die mitgeteilten Werte vom 15.09.2011 einen Schreibfehler enthielten. Selbst als der Kläger schon als Zeuge im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Betreiber des Schneeballsystems gehört worden sei, sei er noch der Meinung gewesen, das Strafverfahren sei geschäftsschädigend und man tue seinem Vermittler Unrecht (Schreiben des Klägers vom 30.04.2010 an das Polizeipräsidium R., Bl 142 eA).
192Die Zahlungsfähigkeit der Q. sei dem Kläger auch bekannt gewesen bzw. er habe keinen Verdacht geschöpft, denn parallel zu den Anlagen für ihn und seine Frau habe er noch ein „Private Placement“ bei der G. in Gemeinschaft mit einem Herrn S. über eine Anlagesumme von ... EUR abgeschlossen, welches bis zu diesem Zeitpunkt mit Gutschriften aus scheinbar erzielten Erträgen bedient worden sei.
193Ob die in den Abrechnungen ausgewiesenen Zinsansprüche angesichts einer objektiv bestehenden Deckungslücke zwischen den Forderungen aller Anleger und dem bei der Q. vorhandenen Kapital hätten befriedigt werden können, wenn alle oder viele Anleger die Auszahlung der gutgeschriebenen Erträge gleichzeitig verlangt hätten, sei unbeachtlich.
194Im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 01.09.2023 weisen die Kläger ergänzend auf das BFH-Urteil vom 12.07.2022 – VIII R 18/19 hin.
195Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schrift-sätze der Beteiligten in den Verfahren 1 K 1183/19 E (elektronische Gerichtsakten und elektronische Beiakten) und 1 V 1165/13 A (E) (Papierakte), das Urteil des LG Düsseldorf vom 31.07.2014 014 KLs – 130 Js 44/09-10/12 (eB) sowie die übersandten Steuerakten Bezug genommen. Das Urteil des LG Düsseldorf wurde in nicht neutralisiserter Abschrift zu der elektronischen Gerichtsakte genommen. Dies wurde dem Bevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz des Gerichts vom 31.03.2022 (Bl 183 eA) mitgeteilt.
196Entscheidungsgründe:
197Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Kläger werden durch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 in ihren Rechten verletzt, weil dieser rechtswidrig ist, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2008 und 2010 sind rechtmäßig, weil die von den Klägern in diesen Jahren erzielten Einkünfte aus ihrem Investment bei der G. und der X. der Besteuerung unterfallen.
198I. Die Kläger haben in den Streitjahren 2008 und 2010 Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt (unter 1.). Diese sind ihnen auch iSd § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen (unter 2.) und unterliegen der inländischen Besteuerung (unter 3.). Nicht iSd § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen sind den Klägern indes die vermeintlichen Renditen ihres Investments aus dem Streitjahr 2011.
1991. Art der Einkünfte
200Die den Klägern zuzurechnenden Renditen aus der Investition iHv insgesamt ... EUR bei der G. und der X. sind dem Grunde nach als Einkünfte aus Kapitalvermögen, und zwar als Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen iSd § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen.
201a. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ua Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien, des weiteren gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG u.a. Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter, es sei denn, dass der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, und gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Maßgeblich für die Einordnung einer Rechtsbeziehung unter einen der Tatbestände des § 20 EStG ist, wie sich diese aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtung darstellt. Bei Schneeballsystemen ist auch auf den nach außen erkennbaren Willen des Betreibers des Schneeballsystems abzustellen (BFH-Urteile vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201; vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190; vom 14.12.2004 –VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739 mwN). Maßgeblich ist, was die Vertragsparteien auf Grundlage der getroffenen Vereinbarungen wirtschaftlich gewollt haben und worauf der unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde Vertragswille objektiv gerichtet ist (BFH-Beschluss vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27; BFH-Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 13/16, juris).
202Zu den Gewinnanteilen und sonstigen Bezügen aus Aktien und Genussrechten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, gehören auch Bezüge aus der Beteiligung an ausländischen Rechtsgebilden, die ihrer Struktur nach einer nach deutschem Recht errichteten AG oder GmbH im Wesentlichen entsprechen. Voraussetzung ist ein sog. Typenvergleich: Sowohl das ausländische Rechtsgebilde als auch die konkrete Beteiligungsform des Steuerpflichtigen müssen vom Typ her den Gesellschafts- und Beteiligungsformen gleichen, die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannt werden. Entscheidend ist eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung der maßgebenden ausländischen Be-stimmungen über die Organisation und Struktur der Gesellschaft sowie deren konkrete Ausformung in ihrer Satzung. Eine US-amerikanische Gesellschaft, die als Incorporated firmiert, ist vom Typ her grundsätzlich mit einer inländischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer AG vergleichbar (BFH-Urteile vom 20.08.2008 - I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263; vom 18.05.2021 – I R 12/18, BStBl II 2021, 875).
203Eine stille Gesellschaft i.S.v. § 230 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen einem Unternehmensträger (dem „Inhaber eines Handelsgeschäfts") und einem anderen eine Vereinbarung getroffen wird, kraft derer sich der andere mit einer Einlage ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens an dem Unternehmen beteiligt und einen Anteil am Gewinn erhält, ohne dass der andere als Mitunternehmer anzusehen ist. Die Einlage muss dem Leitgedanken des § 230 HGB entsprechend so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Ferner ist – wie bei jeder anderen Gesellschaft auch – ein gemeinsamer Zweck erforderlich, was bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss. Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrags zum Vertragsinhalt erhoben; letztlich unterscheidet die „Gemeinsamkeit des Zwecks“ die Gesellschaft von den schuldrechtlichen Austauschverhältnissen. Zur Prüfung dieser Frage hat grundsätzlich eine umfassende Würdigung aller Umstände – die auch außerhalb eines schriftlichen Vertrages liegen können – zu erfolgen, wobei die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 08.03.1984 – I R 31/80, BStBl II 1984, 623). Die Bildung einer Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung einer Gewinn- oder Verlustbeteiligung, bildet ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses. Unerheblich ist hingegen, ob im Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen der Begriff „stille Gesellschaft“ ausdrücklich erwähnt wird und ob die Vereinbarungen zwischen Anleger und Betreiber des Schneeballsystems ausdrückliche Regelungen über Kontrollrechte der Anleger enthalten (BFH-Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 13/16, BFH/NV 2018, 189 mwN).
204Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für dessen Überlassung zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt nach Satz 2 der Bestimmung unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage. Wird Kapital gegen Entgelt überlassen, so ist der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind. Es handelt sich entweder originär um Zinsen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder zumindest um Entgelt i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, d.h. eine Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellt (BFH-Urteile vom 06.04.1993 – VIII R 68/90, BStBl II 1993, 825, vom 14.12.2004 – VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739, vom 14.12.2004 – VIII R 81/03, BStBl II 2005, 746, und vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BFH/NV 2010, 1527). Für eine Zuordnung der zugeflossenen Beträge zu den Einkünften i.S.v. §§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist ohne Belang, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet worden sind und ob die Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besaßen. Auch wenn Kapital zum Aufbau oder Erhalt eines sogenannten „Schneeballsystems“ verwendet wird und dem Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger oder gar aus seinem eigenen Kapital eine „Scheinrendite“ gezahlt wird, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (BFH-Urteile vom 14.12.2004 – VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739; vom 14.12.2004 – VIII R 81/03, BStBl II 2005, 746; vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147; vom 22.07.1997 – VIII R 13/96, BStBl II 1997, 767).
205b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die von den Klägern durch ihr Investment bei der G. und der X. erzielten Renditen als Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen iSd § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen, weil es sich weder um eine Aktienbeteiligung noch um eine stille Beteiligung oder eine gewerbliche Mitunternehmerschaft handelt.
206aa. Die konkrete Beteiligungsform der Kläger an der G. und der X. entspricht bereits vom Typ her nicht inländischen Aktien. Die Kläger waren nicht dergestalt mitgliedschaftlich an der jeweiligen Gesellschaft beteiligt, dass ihnen Vermögens- und Mitverwaltungsrechte eingeräumt worden wären (im Ergebnis für vergleichbare Investments bei der G. und der X. FG Köln, Urteil vom 19.03.2014 – 14 K 2824/13, EFG 2014, 1096, nachgehend BFH-Beschluss vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27; FG Köln, Urteil vom 13.01.2016 – 14 K 2673/13, EFG 2016, 633; nachgehend BFH-Urteil vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201).
207Gegen die von den Klägern ursprünglich angenommene Aktienbeteiligung spricht bereits, dass tatsächlich keine Aktien ausgegeben wurden. Auch die Kläger haben weder für ihr Investment bei der G. noch bei der X. Aktienurkunden erhalten. Darüber hinaus ist eine Depotsammelverwahrung nicht ersichtlich, auch die ordnungsgemäße Führung eines in den USA (W. und O.) erforderlichen Aktienregisters (stockledger) war nicht gegeben. Der Präsident der G. Y. gab an, der einzige Aktionär der G. zu sein. Darüber hinaus war das Stammkapital der G. offenkundig von der Anzahl der Anleger und der von ihnen investierten Gelder unabhängig, weil es sich nicht laufend erhöht hat, sondern vielmehr einem gleichbleibenden Stammkapital von ... US-$ eine weitaus höhere Vermögensbeteiligung der Anleger gegenüber stand, welche nach den Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf allein im Zeitraum zwischen dem 17.07.2006 und dem 28.11.2011 insgesamt ... EUR auf die ihnen mitgeteilten Konten diverser Gesellschaften im europäischen und außereuropäischen Ausland eingezahlt hatten (LG Düsseldorf Rn 336 und S. 85). Die X. durfte nach ihrer Satzung nur Namensaktien ausgeben und die Aktionäre waren in das Aktionärsregister einzutragen (Satzung X. in der deutschen Übersetzung unter 10., eB 02). Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger in ein derartiges Aktionärsregister eingetragen worden wären oder dass ein derartiges Aktionärsregister in L. überhaupt geführt wurde, liegen nicht vor und werden auch von den Klägern nicht dargelegt.
208Die Vereinbarung einer Mindestlaufzeit, einer nur nach Ablauf von grundsätzlich 12 Monaten und bei den Klägern aufgrund von Sondervereinbarungen von 14 Monaten (so zB 1. Investment des Klägers bei der G.) bzw. einer Mindestlaufzeit von 15 Monaten (X.) erstmalig und nur quartalsweise bestehenden Kündigungsmöglichkeit sowie jährlich prozentual gleichbleibender Renditen, die in Abhängigkeit zur weiteren Verlängerung der Anlage um jeweils 1 Jahr (automatisch) gutgeschrieben werden sollten, sind ebenfalls für eine Aktienanlage wesensuntypisch. So erhielten auch die Kläger für ihre Investments bei der X. seit März 2010 quartalsweise Mitteilungen über die Wertentwicklungen ihres Investments, welches bei entsprechender rechtzeitiger Kündigung hätte ausgezahlt werden sollen. Überdies wurde keine Beteiligung mit einem bzw. einer bestimmten Anzahl von Geschäftsanteilen vereinbart, deren jeweiliger (Kurs)Wert variierte. Die „Beitritte“ erfolgten ohne Berücksichtigung eines aktuellen Kurs- oder Verkehrswerts durchgängig in Höhe des genannten Kapitalbetrags. Schließlich ist es bei einem Aktienkauf der G. aus Sicht des Käufers sehr ungewöhnlich, mit glatten Beträgen in Fremdwährung (hier: EUR) zu zahlen bzw. nicht einmal die Angabe eines Umrechnungsbetrags in der Währung des Sitzstaats (hier: US-$) zu erhalten. Gleiches gilt für die Übertragung des Investments von der G. auf die X.. Hier wurde lediglich ausgeführt, dass der Wert des Investments bei der G. zwei Mal ... EUR betrage und dieser Betrag auf die X. übertragen werde, ohne dass eine Umrechnung von US-$ in EUR erfolgt wäre.
209Die Kläger erhielten weder Urkunden über ausgegebene Aktien noch eine Mitteilung darüber, wie viele Aktien zu welchen Wert pro Aktie sie erworben hatten, oder über eine entsprechende Eintragung in ein Aktionärsregister, obwohl es nach der Satzung der X. sowohl Stammaktien als auch Vorzugsaktien geben sollte. Es liegen bereits keine Anhaltspunkte dafür vor, dass überhaupt ein derartiges Aktionärsregister in L. geführt wurde. Gleiches gilt für Anhaltspunkte dafür, dass eine nach der Satzung der X. vorgesehene Hauptversammlung stattgefunden hätte, oder dass nach der Satzung vorgesehene Dividenden gezahlt worden wären. Die Deckelung der Entschädigung bei Ausscheiden aus der X. auf ... % auf den Nennbetrag pro Jahr steht zudem im Widerspruch zu den den Klägern mitgeteilten Wertsteigerungen, die einen Zinseszinseffekt ausweisen und die in der vorherigen Mitteilung ausgewiesene Wertsteigerung ebenfalls verzinsen.
210Gegen eine Aktienbeteiligung spricht zudem, dass die investierten Gelder sowohl nach den Angaben der Vermittler als auch nach dem Verständis der Kläger auf einem Treuhandkonto verbleiben und nur als Sicherheit für von der G. bzw der X. getätigten gewinnträchtigen Bankgeschäfte dienen sollten.
211bb. Auch die Voraussetzungen für eine stille Beteiligung iSd § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind nicht erfüllt. Die Kläger haben mit den Verantworlichen der G. oder der X. keine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die Kläger auf der Grundlage einer unternehmerischen Beteilgung am Erfolg und Verlust der Gesellschaften beteiligt waren.
212Zwar spricht für die Annahme einer stillen Beteiligung an der G. die formularmäßig verwendete Beitrittserklärung: Der Vordruck sieht von den Klägern einzufügende Angaben zur Höhe ihrer „Beteiligungssumme“ vor und enthält das Angebot an die G. zum Abschluss des „auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszuges aus dem Gesellschaftsvertrag“, dessen Kenntnisnahme und Akzeptanz die Kläger mit ihren nachfolgenden Unterschriften als „Gesellschafter“ bestätigt haben. Gleiches gilt für die Beitrittserklärungen der X..
213Auch in dem der jeweiligen Beitrittserklärung in deutscher Übersetzung beigefügtem „Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag – Allgemeine Informationen“ der G. sowie dem vom Kläger übermittelten Gesellschaftsvertrag der X. in englischer und deutscher Übersetzung wird ausgeführt, dass die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungshöhe prozentual am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt seien.
214Demgegenüber wird in der Satzung der X. ausgeführt, dass den Inhabern von Stammaktien ein Stimmrecht in der Hauptversammlung und ein Anspruch auf eine von den Direktoren festzulegende Dividende, den Inhabern von Vorzugsaktien lediglich ein vergleichbarer Anspruch auf Dividende zustehen soll. Angaben zu einer darüber hinaus bestehenden Beteiligung am Gewinn oder Verlust der X. werden nicht gemacht. Zudem sollten die Gesellschafter erst im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung erhalten, die der Höhe des Verkehrswertes der Beteiligung an der Gesellschaft entsprechen und vom Vorstand der Gesellschaft festgelegt werden sollte.
215Bereits die Regelungen der Gesellschaftsverträge, auch soweit sie auszugsweise mit den Beitrittserklärungen wiedergegeben werden, sind in sich widersprüchlich und ergeben keine Beteiligung der Kläger am laufenden Gewinn oder Verlust der Gesellschaften. So wird zum einen ausgeführt, dass die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungshöhe prozentual am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt seien. Im Gegensatz dazu steht die Regelung, dass eine Zahlung erst im Falle des Ausscheidens (nach Kündigung) erfolgen sollte, wobeil sich die Höhe der Zahlung am Verkehrswert der Beteiligung orientieren sollte.
216Gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft spricht weiterhin die Vereinbarung eines festen Zinssatzes in Bezug auf das hingegebene Kapital und die nicht vom Wirtschaftsjahr abhängigen Fälligkeitszeitpunkte etwaiger Auszahlungen nach Kündigung. Dies entspricht nicht einer im Rahmen einer stillen Gesellschaft erfolgten Kapitalüberlassung gegen Gewinnbeteiligung.
217Den Klägern wurde wie allen übrigen Anlegern nach den Feststellungen des LG Düsseldorf und ausweislich des vom FA vorgelegten Prospekts der G. eine Rendite von ... % auf den hingegebenen Kapitalbetrag versprochen und den Anlegern in den Anfangsjahren des Schneeballsystems, also 2007 und 2008, auf Verlangen problemlos ausgezahlt, ohne dass Angaben zu einem etwaigen Gewinn der G. gemacht worden wären. Auch die unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte – im Falle der Kläger aufgrund der Sondervereinbarung bei der G. jeweils zum Ende eines Quartals –sprechen gegen eine Kapitalüberlassung gegen Gewinnbeteiligung, weil sie nicht vom Wirtschaftsjahr der G., sondern allein von der Kündigung der Kläger als Anleger abhängig waren.
218Dies gilt auch für das Investment der Kläger bei der X.. Zwar geben die Kläger hier an, dass keine Vereinbarungen über etwaige Wertsteigerungen oder Renditen getroffen worden seien und ihnen auch keine Unterlagen hierzu vorliegen würden. Gleichwohl wurde den Klägern ausweislich der ab März 2010 quartalsweise übermittelten Mitteilungen über die Werterhöhungen des Investments stets eine gleichbleibende Wertsteigerung von ... % auf den in der jeweiligen vorherigen Mitteilung ausgewiesenen Wert des Investments mitgeteilt.
219Auch die Kläger gingen selbstverständlich davon aus, dass eine feste Rendite von ... % zugesagt worden ist. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte der Kläger den Wert seines 3. Investments zum 30.09.2011 nicht rechnerisch von ... EUR auf ... EUR korrigieren können (Schreiben des Klägers vom 01.10.2011 an die X.). Hierzu ließen die Kläger im Klageverfahren ausführen, dass der Kläger diesen Wert dergestalt errechnet habe, dass der Kläger den mit Mitteilung vom 06.09.2010 mitgeteilten und sodann vom Kläger korrigierten Wert hierzu lediglich mit ... % multipliziert habe. Mit Schreiben des Klägers vom 01.10.2011 teilte der Kläger zudem mit, dass die für seine Frau und seine Tochter mitgeteilten Werte richtig seien, also einem Wertzuwachs von ... % auf den vorher mitgeteilten Wert (ursprünglicher Anlagebetrag zuzüglich bereits angefallener Wertsteigerungen) entsprachen.
220Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass ausweislich der von den Klägern übermittelten Gesellschaftsverträge der G. und X. keine regemäßige Auszahlung von Geldern erfolgen sollte, sondern hierfür der Verkauf der Beteiligung bzw. ein Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen Abfindung erfolgen sollte. Diese Abfindung sollte dem Verkehrswert der Beteiligung entsprechen und bei der X. zudem noch einer Festlegung durch den Vorstand bedürfen. Diese Verträge entsprechen jedoch nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf. Den Investoren wurde in den ersten Jahren des Bestehens des Schneeballsystems regelmäßig und in den letzten Jahren zumindest noch vereinzelt nach entsprechender Kündigung der Anlagebetrag zuzüglich des zugesagten jährlichen Ertrages ausgezahlt, ohne dass Ausführungen oder Feststellungen zu den in den Gesellschaftsverträgen genannten weiteren Voraussetzungen erfolgt wären.
221Zwar wird in dem auf der Rückseite der Beitrittserklärung abgedruckten „Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag“, in einem mit „Risikohinweis“ überschriebenen Absatz (G. Bl 40 eA, X. Bl 55 eA) ausgeführt, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele und der Erfolg der Beteiligung vom Erfolg der Gesellschaft abhänge, der sowohl negativ als auch positiv ausfallen könne. Dies legt indes die Annahme nahe, dass die Kläger als Anleger lediglich das Risiko der Bonität des Schuldners tragen, nicht aber in Gefahr laufen sollten, dass das überlassene Kapital im Falle eines geschäftlichen Misserfolgs der G. oder X. geschmälert oder aufgezehrt werden sollte.
222Auch nach den Feststellungen des LG Düsseldorf haben die Anleger diesen „Risikohinweis“ vor dem Hintergrund der Ausführungen ihrer jeweiligen Berater lediglich auf die erzielbare Rendite, nicht aber auf die Rückzahlung ihres investierten Kapitals bezogen (LG Düsseldorf S. 48). Dies gilt auch für die Kläger, nach deren Verständnis die investierten Gelder auf einem Treuhandkonto verbleiben und als Sicherheit für die Bankgeschäfte der G. bzw. der X. dienen sollten. So ging der Kläger bei der Übermittlung der Bescheinigung vom 06.09.2010, welche zunächst einen Wert von ... EUR für das dritte Viertel des Investments von zunächst ... EUR auswies, davon aus, dass dieser Wert auf einem Schreib- bzw. Rechenfehler beruhe und sich der Wert tatsächlich auf ... EUR zu belaufen habe. Mit Schreiben vom 21.10.2010 per Mail bestätigte die X. dem Kläger diese Annahme. Wäre hingegen die Möglichkeit des Verlustes des Investments bei geschäftlichem Mißerfolg der X. vereinbart gewesen, hätte es nahegelegen, nachzufragen, welche Umstände zu einem derartigen Mißerfolg der X. geführt haben, die eine solche Minderung des Investments nach sich gezogen hätten.
223Auch die von den Klägern vorgelegten Mitteilungen der X. über den „Wert“ ihrer jeweiligen Beteiligung zum Fälligkeitstermin enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass und in welchem Umfang die mitgeteilten Wertsteigerungen von einem von der X. erwirtschafteten Gewinn abhängig gewesen sein könnten. Es wird weder ein Gewinn der X. mitgeteilt noch wie sich eine mögliche Rendite der Kläger hieraus berechnen würde.
224Aus den vorliegenden Unterlagen lässt sich nicht entnehmen, dass die Kläger mit der G. oder der X. Vereinbarungen geschlossen hätten, aus denen sich die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes in Gestalt eines Handelsgewerbes in stiller Beteiligung entnehmen ließe. Auch Kontroll- oder Stimmrechte standen den Klägern nach den vorgelegten Unterlagen nicht zu.
225Die gemeinsame Zweckverfolgung kann jedenfalls nicht schon in der bloßen Hingabe des Kapitals oder dessen Verwendung für (betriebliche) Zwecke der Q. gesehen werden, weil sonst regelmäßig alle Darlehensverhältnisse im betrieblichen Bereich zu einer stillen Gesellschaft führen würden. Es muss demnach ein „Mehr“ als die bloße Kapitalhingabe und deren betriebliche Verwendung zwischen den Beteiligten vereinbart sein; der stille Gesellschafter bezweckt den gemeinsamen Betrieb des Handelsgewerbes und hat Kontroll- und Stimmrechte (BFH-Urteile vom 27.05.1993 – IV R 1/92, BStBl II 1994, 700; vom 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl II 2006, 334).
226Der vorgelegte Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der G. (Bl 40 eA) enthält keine Angaben zu etwaigen Kontroll- oder Stimmrechten des Anlegers, der dort als Gesellschafter bezeichnet wird. Unter dem Punkt Geschäftsführung, Vertretung wird ausgeführt, dass die Gesellschaft durch den Präsidenten vertreten wird, Angaben zur Geschäftsführung werde nicht gemacht. Unter dem Punkt Kontrollorgan wird ausgeführt, dass die Funktion der Kontrolle durch eine dafür fachlich vorgesehene Firma/Person ausgeübt werde.
227Der vorgelegte Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der X. (Bl 55 eA) entspricht insoweit dem Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der G.. Ohne nähere Differenzierung ist von einer Beteiligung an der X. die Rede. Demgegenüber differenziert die Satzung der X. (unter 5. in der deutschen Übersetzung in eB 02) zwischen Stammaktien und Vorzugsaktien, wobei nur Inhaber von Stammaktien ein Stimmrecht auf einer Aktionärsversammlung zustehen sollte. Die Geschäfte sollten durch Direktoren und leitende Angestelle (Officers) (Satzung X. unter Punkt 15 bis 18) geführt werden. Kontroll- oder Stimmrechte derjenigen, die an der X. beteiligt sein sollten, sieht die Satzung demgegenüber nicht vor.
228cc. Da das Investment der Kläger mangels Beteilgungsrechten bereits nicht die Anforderungen an eine stille Beteilgung erfüllt, liegen erst Recht die Voraussetzungen einer atypischen stillen Beteiligung in Form einer Mitunternehmerschaft iSd § 15 EStG nicht vor.
229dd. Vielmehr erfüllt das Investment von ... EUR zunächst bei der G. und sodann bei der X. die Merkmale eines verzinslichen Darlehensvertrags i.S.d. § 488 BGB als typischer Fall der Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB wird der Darlehensgeber, im Streitfall die Kläger, verpflichtet, dem Darlehensnehmer, im Streitfall der G. bzw. der X., einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
230Nach den Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf (S. 29) hatten die Verantwortlichen der Q. über ein Netz von teils im Inland und teils im Ausland ansässigen „Finanzberatern“ seit 2002 überwiegend in Deutschland Anleger akquiriert, die sich mit einer Mindesteinlage von ... EUR bei einer regelmäßigen Mindestlaufzeit von einem Jahr – im Fall der Kläger aufgrund der mit diesen getroffenen Sondervereinbarungen teilweise auch von 14 Monaten - an der Q. beteiligen konnten. Dabei wurde ihnen eine jährliche Rendite von ... % in Aussicht gestellt, ohne diese zu garantieren. Dass den Anlegern regelmäßig ein Renditeversprechen in dieser Höhe erteilt worden ist, bestätigt auch der vorgelegte Anlageprospekt der G..
231Da den Klägern eine Rendite i.H.v. ... % für die Überlassung der jeweils als „Beteiligungssumme“ bezeichneten Einlage zugesagt wurde, war zwischen den Klägern und der G. damit die Überlassung von Kapital in bestimmter Höhe gegen eine Verzinsung in Höhe von ... % p.a. vereinbart, auch wenn die Kläger keine gesonderte Vereinbarung über einen Zinssatz getroffen haben. Die Vereinbarung einer bestimmten Laufzeit, im Streitfall mindestens 14 Monate, mit einer Kündigungsmöglichkeit zum Quartalsende sowie jährliche Verzinsung sind, wie sich etwa aus § 488 Abs. 2 BGB ergibt, für ein Darlehen typisch. Entsprechendes gilt, wie aus § 489 BGB herzuleiten ist, für die Verknüpfung der Laufzeit mit einer Kündigung.
232Denn die in den – nach den Feststellungen des LG Düsseldorfs von den Verantwortlichen der Q. automatisiert erstellten – Mitteilungen über die Verlängerung genannten Werte wiesen sowohl bei den Investments bei der G. als auch bei der X. stets den aufgezinsten Investmentbetrag aus (vgl. hierzu FG Köln, Urteil vom 06.04.2022 – 4 K 3053/18, juris). Auch aus den jeweiligen Folgemitteilungen ergab sich, dass nicht ausgezahlte Zinsen wiederum dem Darlehensbetrag hinzugerechnet und als solche mit verzinst wurden. Auch dies ist für Darlehensverhältnisse typisch.
233Die Annahme eines automatisierten und damit gleichen Ablaufs hinsichtlich der Erstellung der Wertmitteilungen bei Verlängerung des jeweiligen Investments bei allen Anlagen sowohl bei der Q. ... als auch bei der X. wird zudem durch die entsprechenden Feststellungen in einer Vielzahl finanzgerichtlicher Verfahren (zB FG Köln, Urteile vom 06.04.2022 – 4 K 3053/18, juris; vom 13.01.2016 – 14 K 2673/13, EFG 2016, 638, nachgehend BFH-Urteil vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201; vom 19.03.2014 – 14 K 2824/13, EFG 2014, 1096, nachgehend BFH-Beschluss vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27; FG Düsseldorf., Urteil vom 05.03.2015 – 11 K 21/13, juris; nachgehend BFH-Urteil vom 29.08.2007 – VIII R 13716, BFH/NV 2018, 189) bestätigt.
234Die Kläger haben für ihr Investment bei der G. keine Mitteilungen über die Wertentwicklung im Streitjahr 2008 vorgelegt, obwohl sie ihre vertraglich vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen hatten und keine Kündigung für die ersten ... EUR von ... EUR des Klägers bzw. für die ersten ... EUR von ... EUR der Klägerin erklärt haben. Entsprechend des automatisierten Ablaufs der Versendung der Mitteilungen über die Wertentwicklung hätte eigentlich eine Mitteilung über den voraussichtlichen Wert dieser Teilbeträge des Investments zum 31.12.2008 erfolgen müssen. Da die Kläger jedoch ihr gesamtes Investment mit Wirkung zum 31.12.2008 von der G. auf die X. übertragen haben, erscheint es nachvollziehbar, dass die Kläger – insoweit abweichend vom Verfahren bei den übrigen Anlegern, die keine Übertragung vorgenommen haben – tatsächlich keine Mitteilung über die Verlägerung der Anlage bei der G. sowie deren voraussichtliche Wertentwicklung zum 31.12.2008 erhalten haben. Schlussfolgerungen aus dem Fehlen entsprechender Mitteilungen sind daher nicht zu ziehen.
235Für die Zusage einer Rendite von ... % auf den Investmentbetrag auch für die Anlage bei der G. spricht weiterhin, dass den Klägern auch für ihr Investment bei der X. eine feste Rendite zugesagt wurde und es sich bei den Investments um ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Produkt gehandelt hat.
236Bei der G. und der X. handelt sich um ein einheitliches Firmenkonstrukt, bei dem die Vorstellungen der Beteiligten über die Anlageform gleichbleibend waren. Der Unterschied bestand lediglich darin, dass es sich nach der Vorstellung des Klägers bei der X. mit einer Kapitalausstattung von ... EUR um eine krisenfestere Gesellschaft als die G. mit einer Kapitalausstattung von ... US-$ handeln sollte. Zudem wurden die Kündigungsvereinbarungen modifiziert und ausweislich der von den Klägern vorgelegten Mitteilungen die versprochene Rendite auf rund ... % jährlich reduziert. Auch das Landgericht Düsseldorf hat festgestellt, dass es sich bei den ab dem Jahr 2008 parallel vertriebenen Beteiligungen an der X. um ein identisches Produkt handele mit dem einzigen Unterschied, dass hier eine Kündigung erstmals im ersten Quartal 2010 für ein Viertel des Beteiligungsbetrages möglich sein sollte (Landgericht Düsseldorf Rn 166, juris; und S. 30).
237Es steht zur Überzeugung des Senates fest, dss den Klägern bei der Übertragung des Investments von der G. auf die X. ebenfalls eine feste Rendite für die Überlassung des Investments an die X. zugesagt wurde.
238Zwar liegen für das Investment bei der X. keine Werbeprospekte vor, auch die Kläger geben an, dass keine Renditeversprechen in bestimmter Höhe gemacht worden seien, sondern verweisen darauf, dass sich eine solche nach dem Gesellschaftsvertrag nach Kündigung des Investments bei Festlegung des Entschädigungswertes ergeben werde. Dieser Entschädigungswert sei lediglich auf den Anlagebetrag zuzüglich ... % gedeckelt gewesen. Dies entspricht jedoch nicht dem tatsächlichen Geschehensablauf. Dies zeigen die den Klägerin im Zeitraum März 2010 bis Oktober 2011 nach unterbliebenener Kündigung übermittelten Mitteilungen über einen Wertzuwachs ihres Investments bei der X., bei dem der nicht ausgezahlte feste Zinsbetrag dem Darlehensbetrag jeweils hinzugerechnet und als solcher mitverzinst wurde. Dies entsprach auch den Vorstellungen der Kläger.
239So informierte die X. den Kläger mit Schreiben vom 18.03.2010, dass sich das erste Viertel seiner Beteiligung (von nominell ... EUR) zum 31.03.2010 um 12 Monate verlängere und sich der Wert zum 31.03.2010 voraussichtlich auf ... EUR erhöhen werde. Mit Schreiben vom 10.03.2011 sollte sich dieser Wert auf voraussichtlich ... EUR erhöhen. Dies entspricht einem Wertzuwachs von rund ... % (... EUR + ... % = ... EUR). Entsprechendes gilt für die mitgeteilten Wertsteigerungen des zweiten und dritten Viertels sowie für die mitgeteilten Wertsteigerungen des Investments der Klägerin:
240Kläger |
Erste Mitteilung |
+ ... % |
Zweite Mitteilung |
1/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
2/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
3/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
4/4 |
... EUR |
Klägerin |
Erste Mitteilung |
+ ... % |
Zweite Mitteilung |
1/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
2/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
3/4 |
... EUR |
... EUR |
... EUR |
4/4 |
... EUR |
Dass auch der Kläger von einem festen Zinssatz auf sein hingegebenes Kapital ausging, zeigt seine Beanstandung des mitgeteilten Werts seiner 3. Beteiligung bei der X.. Ohne Berücksichtigung eines festen Zinssatzes von ... % wäre es dem Kläger nicht möglich gewesen, den zutreffenden Wert von ... EUR zum 30.09.2011 nach einem Wert von ... EUR zum 30.09.2010 auszurechnen oder die für die Klägerin mitgeteilten Werte nachzurechnen und als richtig anzusehen.
243Der Beurteilung des Investments der Kläger als sonstige Kapitalforderung iSd § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steht nicht entgegen, dass die Q. tatsächlich keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen ist und die behaupteten Bankgeschäfte nicht getätig bzw. die von den Anlegern eingezahlten Gelder nicht als Sicherheit für ertragreiche Interbankengeschäfte genutzt hat. Für die Einordnung einer Rechtsbeziehung unter einen der Tatbestände des § 20 EStG ist maßgeblich, wie sie sich aus der Sicht des Anlegers als Lei-stungsempfänger bei objektiver Betrachtungsweise darstellt, da auf den nach außen erkennbaren Willen des Betreibers des Schneeballsystems abzustellen ist (BFH-Urteil vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201 mwN).
244Die Betreiber des Schneeballsystems Q. haben die Anleger glauben lassen, dass sie mit einem festen Zinssatz an den ausgesprochen ertragreichen Geschäften der Q., für die die Gelder der Anleger als Sicherheit dienen sollten, teilhaben würden. Dass diese Geschäfte gar nicht erfolgten und die jeweils neu eingeworbenen Gelder – zum Teil – zur Auszahlung vorheriger Anleger verwandt wurden, ist daher unbeachtlich. Aus diesem Grunde ist es für die steuerliche Beurteilung des von den Verantwortlichen der Q. betriebenen Schneeballsystems auch nicht entscheidungserheblich, dass das Ziel der zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilten Beteiber das Einsammeln von Kapital war, und es sich bei den aus neuem Geld finanzierten Auszahlungen von gekündigten Anlagen lediglich um Vermögensumschichtungen gehandelt hat.
245Für die Zuordnung von Beträgen zu den Einkünften iSd § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist ohne Belang, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet wurden und ob ein Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besitzt. Auch wenn Kapital zum Aufbau oder Erhalt eines Schneeballsystems verwendt wird und dem Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger eine Scheinrendite zufließt, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (BFH, Urteil vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
246ee. Da die Kläger keine Beteiligung – sei es in Form von Aktien oder einer stillen Beteiligung – an der Q. O. oder der X. erworben haben, kann es sich bei den in Aussicht gestellten ...% auch nicht um einer Wertsteigerung der Beteiligung selbst handeln, die erst und nur im Fall der Kündigung der Beteiligung zu steuerpflichtigen Einkünften führen würden.
247Gegen die Einordnung als möglichen Veräußerungserlös spricht zusätzlich, dass dies tatsächlich auch nicht so gelebt worden ist. In den den Klägern übersandten Mitteilungen über die Entwicklung ihrer Anlage waren die im Zeitraum zuvor erwirtschafteten Erträge der Anlage gutgeschrieben und wiederum verzinst worden, obwohl die Kläger ihre Anlage gerade nicht gekündigt hatten.
2482. Zufluss
249Die von der G. (2008) und X. (2010, 2011) vermeintlich erzielten Wertsteigerungen sind den Klägern zwar in den Streitjahren 2008 und 2010, nicht aber in dem Streitjahr 2011 iSd § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen. Im Streitjahr 2008 wurden anlässlich der Übertragung des Investments von der G. auf die X. die seit 2007 erzielten Wertsteigerungen dem Nennkapital zugeschlagen und sodann von der X. verzinst, so dass insoweit eine Novation erfolgte. Im Streitjahr 2010 wurden die vermeintlich erzielten und den Klägern mitgeteilten Wertsteigerungen des Investments bei der X. wieder angelegt. Die Q. Gruppe war auch in den Jahren 2008 bis 2010 Jahr noch leistungsbereit und leistungsfähig. Für das Streitjahr 2011 vermochte das FA dies jedoch nicht zur Überzeugung des Senates nachzuweisen.
250Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, können auch Gutschriften und wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen, wenn sie dem Anleger iSd § 11 Abs. 1 EStG zufließen und der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist (vgl. BFH-Urteile vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201 (zu G.); vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27 (zu G.); vom 29.08.2017 – VIII R 13/16, BFH/NV 2018, 189 (zu G.); vom 19.02.2014 – VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 14.12.2004 – VIII R 5/02, BStBl II 2005, 739; vom 14.12.2004 – VIII R 81/03, BStBl II 2005, 746; vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190 - Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.07.2009 – 2 BvR 2525/08, BStBl II 2014, 147).
251a. Einnahmen iSd § 8 Abs. 1 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH i.S. von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Ein Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG kann entweder durch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten oder durch eine Novation bewirkt werden. Beide Formen stellen getrennt voneinander zu prüfende Tatbestände dar, von denen jeder für sich genommen ausreicht.
252aa. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH-Urteile vom 14.02.1984 – VIII R 221/80, BStBl II 1984, 480; vom 30.10.2001 – VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138; vom 18.12.2001 – IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643).
253Ist in der Gutschrift von fälligen Zinsen in den Büchern des Verpflichteten nur das buchmäßige Festhalten der Schuldverpflichtung zu sehen und wurde nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Gläubiger den entsprechenden Betrag von nun an jederzeit abrufen kann, liegt kein Zufluss i.S. des § 11 EStG vor (BFH-Urteil vom 12.07.2022 – VIII R 18/19, BFH/NV 2023, 116). Wie der Bevollmächtigte der Kläger in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 01.09.2023 zutreffend vermutet, war dem Senat dieses Urteil des BFH bereits vor der mündlichen Verhandlung am 18.08.2023 bekannt.
254Der Gläubiger ist im Falle einer Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten dann in der Lage, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im übrigen leistungsbereiten und -fähigen Schuldners herbeizuführen, wenn der Schuldner den für die Zahlung vorgesehenen Betrag von seinem Vermögen so separiert, dass der Gläubiger den Betrag ohne weiteres abholen, abrufen oder verrechnen kann. Eine derartige Separation wird regelmäßig dadurch vollzogen, dass der Schuldner den Betrag auf einem für den Gläubiger gesondert geführten Konto gutschreibt (Geschäftsfreundekonto, Verrechnungskonto, Kontokorrentkonto usw.). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Gesellschaften für ihre Gesellschafter private Verrechnungskonten unterhalten, die satzungsgemäß oder kraft gesonderter Vereinbarung so ausgestaltet sind, dass der Gesellschafter über gutgeschriebene Beträge verfügen und sich die fälligen Beträge auszahlen lassen kann. Entscheidend ist, ob der Leistungsempfänger (Kapitalanleger) aus seiner Sicht in dem Zeitpunkt, in dem die Gutschrift erfolgt, die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erstmals erlangt (BFH-Urteil vom 11.02.2014 – VIII R 25/12, BFH/NV 2014, 461).
255bb. Ein Zufluss kann auch durch die Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass ein Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In dieser Vereinbarung kann eine Verfügung des Gläubigers über die bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (= Wiederabfluss des Geldbetrages beim Gläubiger) (BFH-Urteil vom 10.7.2001 – VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646 „Ambros“).
256Voraussetzung für den Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags iSd § 11 Abs. 1 EStG ist in derartigen Fällen der Schuldumschaffung (Novation) zudem, dass sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Anlegers) über den Gegenstand der Altforderung darstellt und auf dessen freiem Entschluss beruht. Entscheidend hierfür ist, ob der dem Gläubiger geschuldete Betrag gerade in dessen Interesse nicht ausgezahlt und aufgrund der Novation fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet wird. Liegt ein solches alleinige oder überwiegende Interesse des Gläubigers an der Vereinbarung der Novation vor, indiziert dieses dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung. Nur dann hat der Gläubiger der Kapitalforderung die ihm zustehende freie Wahl der Kündigung mit Auszahlung der Renditen einerseits, und der Nichtkündigung verbunden mit der Wiederanlage andererseits, im Sinne der letztgenannten Wahlmöglichkeit ausgeübt. Bleibt die Schuld hingegen im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen trotz der Novation lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor. Dem Gläubiger, dem eher an einer Auszahlung gelegen ist, ist dann nichts zugeflossen (BFH-Urteile vom 12.07.2022 – VIII R 18/19, BFH/NV 2023, 116; vom 11.02.2014 – VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190, mwN).
257cc. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind den Klägern die von den Verantwortlichen der Q. vorgespiegelten Wertsteigerungen ihres Investments im Streitjahr 2008 und im Streitjahr 2010 in Form einer Novation zugeflossen.
258(1) Die den Klägern im Streitjahr 2008 vorgespiegelten Wertsteigerungen ihrer Kapitalanlage sind diesen nicht in der Form einer Gutschrift in den Büchern der G. oder der X. zugeflossen, weil die Kläger in keinem Fall dazu in der Lage gewesen wären, über die gutgeschriebenen Beträge dergestalt zu verfügen, dass eine Auszahlung der Beträge erfolgt wäre.
259Nach den Angaben der Kläger haben diese für das Jahr 2008 bereits keine standardisierten Mitteilungen über erzielte Wertsteigerungen von der G. erhalten.
260Dies erscheint unter Berücksichtigung der mit den Klägern – abweichend vom Normalfall der Anlagen bei der G. – vereinbarten Kündigungsfristen für den überwiegenden Teil des Anlagebetrages von 2 mal ... EUR bereits deswegen nachvollziehbar, weil es den Klägern nur hinsichtlich eines Teilbetrages von ... EUR aus dem ersten Investment des Klägers iHv ... EUR und eines Teilbetrages von ... EUR aus dem ersten Investment der Klägerin überhaupt möglich gewesen wäre, diese bis zum 30.09.2008 zum 31.12.2008 zu kündigen und so eine Auszahlung der Renditen zu erreichen. Nur bei einem Verzicht auf die vertraglich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit wurde den Anlegern nach dem System der Q. aber tatsächlich eine Mitteilung über erzielte Wertsteigerungen übersandt.
261Die zunächst vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten und daran anknüpfend die Fälligkeiten von Investments bei der G. wurden jedoch aufgrund der Übertragung des Investments auf die X. gegenstandlos. Nach den von den Klägern vorgelegten Unterlagen erhielten diese aufgrund des ihnen „ausnahmsweise“ zugebilligten Kündigungsrechtes lediglich einen Anspruch auf Übertragung eines Betrages von ... EUR, der aus der Sicht der Kläger von der G. auf die X. übertragen wurde. Eine Verfügungsbefugnis dergestalt, dass die Kläger eine Auszahlung der Renditen ohne weiteres Zutun der G. hätten bewirken können, war damit nicht verbunden.
262Dies gilt auch dann, wenn die Verantwortlichen der Q. bei der Übertragung der Anlagesumme von der G. auf die X. die zwischenzeitlich angefallene Wertsteigerung in Aufstellungen der X. festgehalten (gutgeschrieben) und sodann entsprechend der Vereinbarungen geviertelt hätten. Die Gutschrift der Wertsteigerung auf einem Konto der Kläger bei der X. hätte ebenfalls nicht dazu geführt, dass die Kläger ohne weiteres Zutun – diesmal der X. – eine Auszahlung der Wertsteigerung hätten erlangen können. Vielmehr wurde aufgrund der neu vereinbarten Kündigungsfristen eine Auszahlung der vermeintlichen Renditen noch weiter hinausgeschoben.
263(2) Die bis zum 31.12.2008 vermeintlich angefallenen Wertsteigerungen sind den Klägern zu diesem Zeitpunkt aber insoweit zugeflossen, als die Übertragung des Investments von der G. auf die X. als Novation auch hinsichtlich der Wertsteigerungen anzusehen ist. Aus den Mitteilungen der X. an die Kläger über den nominellen Wert des jeweiligen Viertels ab März 2010 ergibt sich, dass die bis zum 31.12.2008 angefallenen Renditen des Investments zu dem übertragenen Nennbetrag iHv ... EUR hinzuaddiert und zusätzlich zu diesem von der X. verzinst wurden (Zinseszinseffekt). Entscheidend ist, dass die um die Wertsteigerung erhöhten Anlagebeträge der vereinbarten Wiederanlage zugrunde gelegt wurden.
264Für die Angabe der Kläger, dass der X. allein das Nennkapital iHv ... EUR zu weiteren Verzinsung übertragen worden sei, spricht zwar der im Zusammenhang mit der Übertragung geführte Schriftverkehr der Kläger mit der G. und der X., wonach sich der Rückkaufbetrag auf jeweils ... EUR belaufe, die Kläger hiermit zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche gegen die Gesellschaft einverstanden seien, und die Angabe, dass die jeweiligen Beteiligungsbeträge iHv ... EUR dem Konto der X. am 31.12.2008 gutgeschrieben worden seien. Aus dem Schriftverkehr lässt sich keine Vereinbarung hinsichtlich des Verbleibs und der weiteren Verwendung der bereits seit 2007 aufgelaufenen Wertsteigerungen entnehmen. Auch den Klägern ist nach eigenen Angaben keine Vereinbarung hierzu erinnerlich, obwohl sich diese Wertsteigerungen bei einer Verzinsung von ... % jährlich rechnerisch auf insgesamt über ... EUR belaufen mussten. Der Kläger hat zudem nach eigenen Angaben bereits im Sommer 2008 mit seinem Berater C. über eine Übertragung des Investments von der G. auf die X. gesprochen und zudem den Rechtsanwalt M. telefonisch auf die Einzelheiten hierzu angesprochen. Die entsprechende detaillierte Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 08.11.2022 zu den Vereinbarungen hinsichtlich der bereits erzielten Erträge der G. ließen die Kläger unbeantwortet und verwiesen mit Schreiben vom 22.02.2023 insoweit lediglich auf die bereits vorliegenden Unterlagen.
265Dass tatsächlich keine derartige Vereinbarung getroffen worden sein soll und sich die Kläger mit ihrem Schreiben vom 23.12.2008 gar mit dem Verlust ihrer bis dahin angefallenen Renditen einverstanden erklärt haben sollen, erscheint angesichts der Höhe der zugesagten Wertsteigerung von ... % jährlich auf ... EUR, beginnend ab Oktober 2007, kaum nachvollziehbar und wird zudem durch die im Jahr 2010 übersandten Mitteilungen der X. an die Kläger über den voraussichtlichen Wert des Investments zum jeweiligen Stichtag widerlegt.
266Aus diesen den Klägern übersandten Mitteilungen über die Wertsteigerungen ihrer Beteiligung an der X. im Zeitraum März bis Dezember 2010 lässt sich rechnerisch ermitteln, dass tatsächlich die vor der Übertragung erzielten Wertsteigerungen zum 31.12.2008 dem Nennkapital hinzuaddiert und sodann ebenfalls mit ... % jährlich verzinst wurden (Zinseszinseffekt). Insoweit ist den Klägern diese Wertsteigerung der Anlage bei der G. auch iSd § 11 Abs. 1 EStG im Jahr 2008 zugeflossen.
267Diese Sichtweise entspricht der internen Berechnung eines Q.-Veranwortlichen, wie sie sich aus einem vom Beklagten übersandten Schreiben hinsichtlich der Behandlung eines Investments eines anderen Anlegers nach Übertragung von der G. auf die X. (Bl 51 eB) ergibt. Auch hier wurde die rechnerische Wertsteigerung von ... EUR seit Beginn der Anlage bis zum 31.12.2008 zu dem Betrag von ... EUR addiert, so dass sich der Wert dieser Anlage zum 31.12.2008 auf ... EUR belaufen sollte. Der Wert dieser Anlage zum 31.03.2010 sollte sich auf ... EUR (... EUR + ... EUR) belaufen, was einer Verzinsung des Betrags von ... EUR von rund ... % jährlich für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.03.2010 entspricht. Dieser Betrag vom 31.03.2010 sollte in vier Viertel a ... EUR aufgeteilt werden.
268Dass die bis zum 31.12.2008 bei der G. erzielte Wertsteigerung erneut angelegt und der um diese Wertsteigerung erhöhte Betrag zum 31.12.2008 von der G. auf die X. übertragen und sodann von der X. verzinst wurde (Zinseszinseffekt), bestätigen folgende Kontrollberechnungen:
269Der Kläger legte folgende Beträge iHv insgesamt ... EUR zu einer Wertsteigerung von zugesagten ... % bei der G. an:
270Anlgebetrag EUR |
... |
... |
... |
... |
... |
Beginn |
31.10.07 |
31.10.07 |
07.12.07 |
07.12.07 |
12.05.08 |
Kündigung bis |
30.09.08 |
31.12.08 |
31.03.09 |
30.06.09 |
31.03.09 |
mit Wirkung zum |
31.12.08 |
31.03.09 |
30.06.09 |
30.09.09 |
|
Anlagedauer bis 31.12.2008, gerundet |
14 Monate |
14 Monate |
13 Monate |
13 Monate |
8 Monate |
Wertsteigerung bis 31.12.08 |
... |
||||
nicht kündbar/fällig |
... |
... |
... |
... |
|
Wert 31.12.08 rechnerisch |
... |
... |
... |
... |
... |
Wertsteigerung insgesamt |
... |
||||
Wert gesamt |
... |
Das Investment wurde zum 31.12.2008 auf die X. übertragen und in vier Viertel mit unterschiedlichen Kündigungsfristen, erstmalig das erste Viertel bis zum 31.12.2009 mit Wirkung zum 31.03.2010, aufgeteilt. Wie die Berechnungen zeigen, wurde hierbei entgegen der vorgelegten Unterlagen nicht lediglich der Nennbetrag von jeweils ... EUR, sondern der rechnerische Wert von 1 Viertel von ... EUR, jeweils ... EUR, auf die X. übertragen und der Wertsteigerung von rund ... % im Jahr 2010 zugrunde gelegt.
272Das erste Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 18.03.2010 am 31.03.2010 einen Wert von ... EUR., was bei einem Ausgangswert von ... EUR einen Zinsanteil von ... EUR und einen Zinssatz von ... % p.a. ergeben würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 03/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
273... EUR x ... % für 15 Monate (01/09 bis 3/10): ... EUR
274Wert des 1. Viertels rechnerisch: ... EUR
275Wert des 1. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
276Das zweite Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 15.06.2010 am 30.06.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR und einem Zinssatz von ... % p.a. entsprechen würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 06/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
277... EUR x ... % für 18 Monate (01/09 bis 6/10): ... EUR
278Wert des 2. Viertels rechnerisch: ... EUR
279Wert des 2. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
280Das dritte Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 06.09.2010 am 30.09.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR und einem Zinssatz von ... % p.a. entsprechen würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 09/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
281... EUR x ... % für 21 Monate (01/09 bis 9/10): ... EUR
282Wert des 3. Viertels rechnerisch: ... EUR
283Wert des 3. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
284Das vierte Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 06.12.2010 am 31.12.2010 einen Wert von ... EUR, was bei nominal ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR und einem Zinssatz von ... % p.a. entsprechen würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 12/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
285... EUR x ... % für 24 Monate (01/09 bis 12/10): ... EUR
286Wert des 4. Viertels rechnerisch: ... EUR
287Wert des 4. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
288Auf diese Berechnungen anhand der von den Klägern vorgelegten Unterlagen ist abzustellen, weil die Kläger keine Angaben dazu machen, welche Vereinbarungen hinsichtlich der bis zum 31.12.2008 bereits erzielten Wertsteigerungen getroffen wurden.
289Auch die der Klägerin übermittelten Unterlagen bestätigen, dass als Kapitalbetrag der Nennbetrag zuzüglich der seit Anlage bei der G. erzielten Wertsteigerung bis zum 31.12.2008 auf die X. übertragen und der Verzinsung zugrunde gelegt wurde.
290Die Klägerin legte folgende Beträge iHv insgesamt ... EUR zu einer Wertsteigerung von zugesagten ... % bei der G. an:
291... |
... |
... |
... |
... |
... |
|
Beginn |
10.12.07 |
10.12.07 |
10.12.07 |
10.12.07 |
04.02.08 |
12.05.08 |
Kündigung bis |
30.09.08 |
31.12.08 |
31.03.09 |
30.06.09 |
30.06.09 |
31.03.09 |
mit Wirkung zum |
31.12.08 |
31.03.08 |
30.06.09 |
30.09.09 |
30.09.09 |
30.06.09 |
Anlagedauer bis 31.12.2008 |
13 Monate |
13 Monate |
13 Monate |
13 Monate |
11 Monate |
8 Monate |
Wertsteigerung bis 31.12.08 |
... |
|||||
nicht kündbar/fällig |
... |
... |
... |
... |
... |
|
Wert 31.12.08 rechnerisch |
... |
... |
... |
... |
... |
... |
Wertsteigerung insgesamt |
... |
|||||
Wert gesamt |
... |
Das Investment wurde zum 31.12.2008 auf die X. übertragen und in vier Viertel mit unterschiedlichen Kündigungsfristen, erstmalig das erste Viertel bis zum 31.12.2009 mit Wirkung zum 31.03.2010, aufgeteilt. Wie die Berechnungen zeigen, wurde hierbei entgegen der vorgelegten Unterlagen nicht lediglich der Nennbetrag von jeweils ... EUR, sondern der rechnerische Wert von 1 Viertel von ... EUR, jeweils ... EUR, auf die X. übertragen und der Wertsteigerung von ... % im Jahr 2010 zugrunde gelegt.
293Das erste Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 18.03.2010 am 31.03.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von ... EUR einen Zinsanteil von ... EUR ergeben würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 03/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
294... EUR x ... % für 15 Monate (01/09 bis 3/10): ... EUR
295Wert des 1. Viertels rechnerisch: ... EUR
296Wert des 1. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
297Das zweite Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 15.06.2010 am 30.06.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR entsprechen würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 06/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
298... EUR x ... % für 18 Monate (01/09 bis 6/10): ... EUR
299Wert des 2. Viertels rechnerisch: ... EUR
300Wert des 2. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
301Das dritte Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 06.09.2010 am 30.09.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR entsprechen würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 09/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
302... EUR x ... % für 21 Monate (01/09 bis 9/10): ... EUR
303Wert des 3. Viertels rechnerisch: ... EUR
304Wert des 3. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
305Das vierte Viertel hatte ausweislich der Mitteilung vom 06.12.2010 am 31.12.2010 einen Wert von ... EUR, was bei einem Ausgangswert von nominal ... EUR einem Zinsanteil von ... EUR entsprechn würde. Legt man jedoch einen Betrag von ... EUR für den Zeitraum 01/09 bis 12/10 zugrunde, ergibt sich folgende Berechnung:
306... EUR x ... % für 21 Monate (01/09 bis 12/10): ... EUR
307Wert des 4. Viertels rechnerisch: ... EUR
308Wert des 4. Viertels laut Bescheinigung: ... EUR
309Auf diese Berechnungen anhand der von den Klägern vorgelegten Unterlagen ist abzustellen, weil die Kläger keine Angaben dazu machen, welche Vereinbarungen hinsichtlich der bis zum 31.12.2008 bereits erzielten Wertsteigerungen der Anlage bei der G. getroffen wurden.
310Auch die vorliegenden tatsächlichen Feststellungen sprechen dafür, dass die zugesagte Wertsteigerung des Investments bei der G. bei dem Wechsel der Anlage zur X. entgegen der den Klägern übermittelten Bescheinigungen über die Neuanlage zu dem ursprünglichen Anlagebetrag addiert, der Gesamtbetrag zum 31.12.2008 auf die X. übertragen und von dieser ab Januar 2009 verzinst wurde.
311Die bei einer angenommenen Übertragung lediglich des Nennbetrages auf die X. ausweislich der Berechnungen bescheinigten Wertzuwächse belaufen sich, wie dargelegt, auf ... % bis ... % der Anlagesumme ab dem 01.01.2009 bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit. Feststellungen darüber, dass anderen Anlegern für die Anlage bei der X. Renditen in dieser Höhe zugesagt worden seien, liegen jedoch nicht vor. Vielmehr hat auch das LG Düsseldorf festgestellt, dass die Anlage bei der X. im Wesentlichen der bei der G. entsprach und sich nur die Kündigungsmöglichkeiten unterschieden. Auch die bescheinigte Verzinsung für die Anlage zwischen 2010 und 2011 belief sich ausweislich der vorgelegten Bestätigungen über die Wiederanlage aus dem Jahr 2011 konstant auf ... %. Hiervon gingen, wie bereits dargelegt, auch die Kläger aus.
312Die durchgeführten Kontrollberechnungen des Senates ergeben für das Streitjahr 2008 zugeflossenen Kapitalerträge iHv mindestens ... EUR (Kläger) und ... EUR (Klägerin) (insgesamt ... EUR), während der Beklagte Kapitalerträge iHv insgesamt ... EUR der Besteuerung zugrunde gelegt hat. In Hinblick auf die jeder Schätzung innewohnende Unsicherheiten und der Geringfügigkeit der Differenz iHv ... EUR sieht der Senat auch mangels genauerer Angaben durch die Kläger zu den für die bereits angefallenen Wertsteigerungen bei der G. getroffenen Vereinbarungen keine Veranlassung zu einer Minderung der vom Beklagten berücksichtigen Kapitalerträge. Die Kläger beschränken sich insoweit trotz der detaillierten Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 08.11.2022 auf den Hinweis auf die vorgelegten Unterlagen zur Übertragung des Investments von der G. auf die X.. Hinzu kommt, dass die rechnerischen Werte der Kontrollberechnungen stets unter denen der bescheinigten Werte des Investments bleiben, obwohl für die Kontrollberechnungen sogar eine Verzinsung von ... % durch die X., und nicht wie in den Folgejahren iHv ... % zugrunde gelegt wurde.
313(3) Die den Klägern im Streitjahr 2010 mitgeteilten Wertsteigerungen ihres Investments sind diesen ebenfalls in Form einer Novation iSd § 11 EStG zugeflossen.
314Unter Berücksichtigung der mit der X. getroffenen Vereinbarungen liegt in dem Unterlassen einer jeweils erstmals für Teilbeträge möglichen Kündigung bis zum 31.12.2009, 31.03.2010, 30.06.2010 und 30.09.2010 die Vereinbarung zwischen den Klägern als jeweiligem Gläubiger und der X. als Schuldner, dass die bis zum 31.03.2010 etc. erzielte Wertsteigerung des Investments nicht ausgezahlt wird, sondern der X. zur weiteren Kapitalanlage verbleibt und ab dem 31.03.2010 entsprechend weiter verzinst wird. Die Kläger als Gläubiger haben hierdurch aus ihrer Sicht eine Verfügung über die mitgeteilte Wertsteigerung getroffen.
315Diese Novation stellte sich aus der Sicht der Kläger auch als Folge der Ausübung ihrer wirtschaftlichen Verfügungsmacht als Gläubiger (Anleger) über den Gegenstand der Altforderung dar, und beruhte auf ihrem freien Entschluss. Die Kläger haben ihr Investment nicht gekündigt, weil sie weiterhin die hohen Wertsteigerungen iHv ... % erzielten wollten. Daher lag aus ihrer Sicht der Verzicht auf eine Auszahlung des Investments zuzüglich der bereits vermeintlich erzielten Wertsteigerung auch in ihrem Interesse.
316Durch die weitere Verwendung des Investment duch die X. erhofften sich die Kläger eine Verstetigung der hohen zugesagten Wertsteigerungen. Dem bewußten Verstreichenlassen der vereinbarten Kündigungszeitpunkte liegt die jeweilige Entscheidung zur Neuanlage zugrunde. Mit der (erneuten) Addition der nicht ausgezahlten Wertsteigerung zum Anlagekapital ist jeweils ein neues Schuldverhältnis an die Stelle des alten Schuldverhältnisses getreten. Der vermeintlich um die Wertsteigerung erhöhte Anlagebetrag wurde der X. fortan nicht mehr aufgrund der ersten Vereinbarung aus Dezember 2007, sondern aufgrund der Verlängerung nach Nichtkündigung überlassen.
317Der Umstand, dass in den jeweiligen Mitteilungen der zum Ablauf der Wiederanlagezeit angegebene Betrag als „voraussichtlich“ bezeichnet wurde, steht der Annahme einer Novation nicht entgegen. Dies ist lediglich dahingehend zu verstehen, dass die Wiederanlagebeträge für einen künftigen Zeitpunkt angegeben wurden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Betragsermittlung nicht verbindlich sein sollte. Insbesondere war sie – von der unterbliebenen Kündigung abgesehen – nicht vom Eintritt bestimmter, weiterer Bedingungen abhängig. Entscheidend ist auch, dass die im Jahr 2010 bezifferten Beträge der vereinbarten Wiederanlage bis 2011 zugrunde gelegt worden sind.
318Dies haben auch die Kläger so verstanden. Wie die Beanstandung des Klägers mit Fax vom 01.10.2011 (Bl 141 eA) an die X. zeigt, wurde der – nach Beanstandungen durch den Kläger vom 27.09. und 20.10.2009 – mitgeteilte Wert seiner 3. Beteiligung zum 30.09.2010 der Berechnung der Wertsteigerung zum 30.10.2011 zugrunde gelegt.
319Die Höhe der im Jahr 2010 zugeflossenen Kapitalerträge ergibt sich anhand der von den Klägern übermittelten Bescheinigungen über den Wertzuwachs der Beteiligungen im Streitjahr 2010 abzüglich der jeweils für 2008 berücksichtigten Erträge wie folgt:
320Kläger:
3211. Viertel |
2. Viertel |
3. Viertel |
4. Viertel |
Summe |
|
31.03.2010 |
... |
||||
30.06.2010 |
... |
||||
30.09.2010 |
... |
||||
31.12.2010 |
... |
||||
./. |
... |
... |
... |
... |
|
Zuwachs 2010 |
... |
... |
... |
... |
... |
Klägerin:
3231. Viertel |
2. Viertel |
3. Viertel |
4. Viertel |
Summe |
|
31.03.2010 |
... |
||||
30.06.2010 |
... |
||||
30.09.2010 |
... |
||||
31.12.2010 |
... |
||||
./. |
... |
... |
... |
... |
|
Zuwachs 2010 |
... |
... |
... |
... |
... |
Die bescheinigten Wertsteigerungen übersteigen die vom Beklagten der Besteuerung unterworfenen Beträge iHv ... EUR (Kläger) und ... EUR (Klägerin) des Streitjahres 2010.
325(4) Die entsprechenden Erwägungen gelten grundsätzlich auch für die den Klägern im Streitjahr 2011 mitgeteilten Wertzuwächse. Eine Berechnung insoweit ist jedoch entbehrlich, weil nicht zur Überzeugung des Senates feststeht, dass die X. im Streitjahr 2011 noch leistungsbereit und leistungsfähig war.
326b. Die G. und die X. wäre für den Fall, dass die Kläger statt der Wiederanlage der Anlagebeträge einschließlich der Zinsen deren Auszahlung gewählt hätten, in den Jahren 2008 und 2010, nicht aber im Streitjahr 2011 leistungsbereit und leistungsfähig gewesen.
327Ein Zufluss ist sowohl in dem Fall einer Gutschrift als auch im Fall der Novation nur dann anzunehmen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems in dem betreffenden Zeitpunkt zur Zahlung des Betrages in der Lage gewesen wäre, also nicht zahlungsunfähig war.
328Maßgeblich hierfür ist allein das Verhalten des Betreibers des Schneeballsystems im Außenverhältnis. Von einem nicht mehr leistungsbereiten und -fähigen Betreiber kann vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen erst ausgegangen werden, wenn dieser auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Eine Deckungslücke zwischen den dem Betreiber des Schneeballsystems tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen aller Anleger, wenn diese hypothetisch auf einen Schlag zu befriedigen wären, im Zeitpunkt der Novation oder Gutschrifterteilung ist kein Hindernis für die Annahme eines Zuflusses gutgeschriebener oder wiederangelegter Kapitalerträge, solange das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die tatsächlichen Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden. An der Leistungsbereitschaft kann es erst dann fehlen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Auszahlungsmodalitäten verhandelt. Ob nach diesen Vorgaben ein Zufluss von Kapitaleinkünften eintritt, ist anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen (BFH-Urteile vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201 (G., Streitjahre 2006 bis 2010); vom 29.08.2017 – VIII R 13/16, BFH/NV 2018, 189; 11.02.2014 – VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 13.06.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
329aa. Die Kläger haben ihr Investment bei der G. im Jahr 2008 mit dem Ziel einer Wiederanlage des gesamten Betrages bei der X. gekündigt, sie haben jedoch nicht die Auszahlung ihres Investments verlangt. Auch im Streitjahr 2010 (bzw. im Jahr 2009 mit Wirkung zur ersten Kündigungsmöglichkeit am 31.0.3.2010) haben die Kläger trotz bestehender Kündigungsmöglichkeiten für Teile des Investments keine Kündigung ausgesprochen oder eine Auszahlung verlangt. Die sodann mit Schreiben vom 28.03.2011 ausgesprochene Kündigung mit Wirkung zum 30.06.2011 hat der Kläger mit Schreiben vom 27.05.2011 widerrufen.
330Da die Kläger selbst eine Auszahlung der Renditen oder des gesamten Investments bei der G. bzw. X. nicht verlangt haben, kommt dem Zahlungsgebaren der Schneeballbetreiber gegenüber den anderen Anlegern indizielle Bedeutung zu. Ist die Anlagegesellschaft in den zu beurteilenden Zeiträumen gegenüber anderen Gläubigern, insbesondere gegenüber anderen Anlegern ihren fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht, nur teilweise oder zögerlich und sporadisch nachgekommen, so lässt dies grundsätzlich den Schluss zu, dass sich der Schuldner gegenüber den Klägern ebenso verhalten hätte (vgl. BFH-Urteil vom 30.10.2001 – VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138).
331Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Verantwortlichen der Q. im Streitjahr 2008 fällige Zahlungsverpflichtungen nicht oder nur mit Einschränkungen bedient hätten, liegen nicht vor, auch wenn der Hauptverantwortliche U. bereits Ende März 2008 davon ausging, dass das vorhandene Kapital nicht ausreichen würde, um alle aktuellen Anleger der G. auszuzahlen. Aufgrund der hohen eingeworbenen Neuanlagen lief das Schneeballsystem im Jahr 2008 unverändert weiter. Erst ab Ende des Jahres 2009 kam es bei den fälligen Rückzahlungen durch die Verantwortlichen der G. und der X. zunehmend zu Verzögerungen. Das Schneeballsystem brach im November 2011 mit Festnahme der Verantwortlichen U., J. und F. zusammen (LG Düsseldorf Rn 371). Dies reicht jedoch angesichts des Fortbestands der Leistungswilligkeit der Verantwortlichen der Q. im Streitjahr 2008 nicht aus, um ein Entfallen der Leistungsfähigkeit festzustellen, weil es auf eine eventuelle Deckungslücke nicht ankommt.
332bb. Auch im Streitjahr 2010 funktionierte das Schneeballsystem als solches noch. Tatsächlich wurden auch im Jahr 2010 aus den vereinnahmten Beträgen neu geworbener Anleger iHv ... EUR noch Zahlungen in erheblicher Höhe geleistet und den Auszahlungsbegehren von Anlegern iHv insgesamt ... EUR (nach den Angaben des Beklagten) bzw. iHv ... EUR (nach den Angaben der Kläger unter Hinweis auf FG Köln, Beschluss vom 12.03.2013 – 13 V 3763/12, EFG 2013, 856) entsprochen, zwar teilweise mit zeitlicher Verzögerung, aber im Ergebnis vollständig. Dem entspricht, dass auch die Klägerin in dem Verfahren vor dem FG Köln (Urteil vom 06.04.2022 – 4 K 3053/18, juris) alle von ihr 2010 gekündigten und angeforderten fälligen Beträge, wenn auch schleppend und in zwei Raten, erhalten hat.
333Das Verhalten der Verantwortlichen des Schneeballsystems Q. auf den Kündigungswunsch des Klägers und Herrn S. hinsichtlich des von ihnen eingegangenen Investments unter der Bezeichnung „Private Placement“ widerlegt die Leistungsbereitschaft im Streitjahr 2010 nicht.
334Einer Verweigerung oder Verschleppung einer Auszahlung steht es nicht gleich, wenn der Betreiber des Schneeballsystems dem Anleger die Wiederanlage nahelegt, um einen Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger geforderten Teilbeträge jedoch auszahlt (BFH-Urteile vom 02.04.2014 – VIII R 38/13, BStBl II 2014, 698; vom 12.02.2014 – VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 16.03.2010 – VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
335Im Herbst 2009 äußerten der Kläger und Herr S. die Absicht, das durch Zahlung vom 04.05.2009 iHv ... EUR begründete Private Placement zu kündigen. Daraufhin wurden sie zu einem persönlichen Gespräch mit U. in das Hotel K. bei D. eingeladen. Um sie zu einer Rücknahme ihrer Kündigung zu bewegen, machte U. ihnen gegenüber nochmals Ausführungen zu den beabsichtigten Geschäften und erklärte ihnen darüber hinaus, dass ein Aussteigen jetzt nicht mehr möglich sei. Daraufhin nahmen der Kläger und Herr S. ihre Kündigungen zunächst mündlich und später auch schriftlich zurück (LG Düsseldorf S.128, Rn 394). Die für die Verlängerung zugesagten Zinsen wurden bis Januar 2010 gezahlt. Auch um weiterhin einer Kündigung vorzubeugen, kam es am 28.04.2010 zu einem erneuten Treffen im Hotel K. und zu mehreren Anrufen des U. beim Kläger, um diesen unter Schilderung der angeblichen Teilnahme an einer Tradingplatform mit einem Gesamtbetrag von ... EUR weiterhin von einer Kündigung und Rückforderung des Betrages abzuhalten. Erst nach dem Ende der vereinbarten Laufzeit des Investments wandte sich Herr S. am 18.03.2011 an die Q. und bat um eine komplette Auszahlung des Betrages (LG Düsseldorf S. 130, Rn 395).
336Die Verantwortlichen haben den Kläger und Herrn S. dazu gebracht, die Kündigung ihres Investments zurückzunehmen, auf die Auszahlung zu verzichten und die Beträge der Q. weiterhin zur vermeintlich renditeträchtigen Anlage zu überlassen. Damit haben sich die Anleger in Ausübung ihrer Dispositionsbefugnis für den Fortbestand der Anlage entschieden, was nicht einer Verweigerung einer Auszahlung durch die Betreiber des Schneeballsystems entspricht. Ohne Belang ist hierbei, dass die Anleger diese Wahl nicht getroffen hätten, wenn ihnen die tatsächlichen Umstände des Schneeballsystems bekannt gewesen wären. Dem Auszahlungsverlangen hinsichtlich der für die Rücknahme der Kündigung zugesagten Zinsen iHv ... EUR ist ohne Verzögerung nachgekommen worden.
337Die Entscheidung der Kläger in den Jahren 2008 und 2010 über die (Wieder)Anlage ihres Investments bei der X. betraf auch keine wertlose Forderung.
338Zwar ist ein Zufluss auf Grundlage einer Novation i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG zu verneinen, wenn über eine wertlose Forderung verfügt wird (BFH-Urteil vom 21.7.1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224). Von der Wertlosigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Anlagesumme ist indes im Regelfall nicht auszugehen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betreibers des Schneeballsystems noch nicht gestellt wurde (BFH-Urteile vom 11.02.2014 – VIII R 25/12, BStBl II 2014, 461; vom 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190).
339Zu einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist es im Streitfall nicht gekommen. Selbst im Spätsommer 2011 versuchte U. noch, eine von dem Y. beschaffte Garantie- oder Bürgschaftserklärung einer südamerikanischen Bank über .... unbekannter Währung zu Geld zu machen, um die Q.-Anleger auszahlen zu können (LG Urteil S. 125). Erst mit der Verhaftung der Hauptverantwortlichen im November 2011 brach das Schneeballsystem zusammen und die Zahlungen wurden eingestellt. Unerheblich ist, dass die Verantwortlichen der Q. schon im Jahr 2008 zur Zahlung nicht in der Lage gewesen wären, wenn alle oder zumindest die meisten Anleger innerhalb eines kurzen Zeitraums die Rückzahlung verlangt hätten. Daraus ergibt sich lediglich die Überschuldung, nicht hingegen die Zahlungsunfähigkeit. Die Überschuldung steht dem Zufluss nicht entgegen. Die jeweiligen Forderungen auf Rückzahlung der Anlagesumme sind damit in den Streitjahren 2008 und 2010 auch als werthaltig anzusehen.
340cc. Demgegenüber vermag der Senat eine Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der X. im Streitjahr 2011 in Bezug auf ein mögliches Auszahlungsverlangen der Kläger zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten 31.03., 30.06. und 30.09.2011 nicht festzustellen. Dass es hieran zum 31.12.2011 mangelte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf keiner weiteren Darlegung.
341Im Frühjahr 2011 kamen die Verantwortlichen U., J. und F. vor dem Hintergrund zunehmender Kundenbeschwerden wegen ausbleibender Rückzahlungen, immer spärlicher werdender Einzahlungen von Neukunden und des laufenden Ermittlungsverfahrens überein, die Q. abzuwickeln (LG Urteil S. 124). Ab März 2011 kam es zu konkreten Auszahlungsverzögerungen. So wurde dem Kläger und seinem Bekannten Herrn S. nach Kündigung des Private Placement-Investments iHv ... EUR vom 18.03.2011 ohne weitere Erläuterung mitgeteilt, dass dieses Investment bis zum 30.06.2011 verlängert worden sei, weil U. wusste, dass eine Rückzahlung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erfolgen konnte (LG Urteil S. 130). Auch der Kläger bestätigt in seiner Zeugenvernehmung vom 09.12.2011, dass U. seinen Bekannten S. telefonisch mitgeteilt habe, dass das Investment verlängert worden sei und hierfür eine Vorschusszahlung von 1,25 % des eingezahlten Kapitals pro Monat erfolgen würde. Im Juli und August 2011 verfassten die Verantwortlichen der Q. sodann aufgrund der Beschwerden von Beratern und Anlegern über ausbleibende Zahlungen Schreiben, die die Anleger von der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen abhalten sollten, die die Q. nicht mehr erfüllen konnte (LG Urteil S. 142, 143, 146). Zahlungen an Anleger erfolgten nur noch selten und in unterer vierstelliger Höhe (zB iHv ... EUR am 31.03.2011, LG Urteil S. 145).
342Dafür, dass die Verantwortlichen der X. im Streitjahr 2011 ab März nicht mehr dazu in der Lage gewesen wären, die von den Klägern investierten Beträge iHv ... EUR zuzüglich vermeintlicher Wertsteigerungen auszuzahlen, spricht auch die Höhe des Investments der Kläger. Diese gehörten mit ihrem Investment von insgesamt ... EUR zu dem kleinen Teil der insgesamt N20 Anleger, die nicht nur Beträge in der Größenordnung von ... EUR oder ... EUR investiert hatten: lediglich 68 Anleger hatten ... EUR oder mehr investiert (LG Düsseldorf S. 85 – 118).
343Die Zweifel an der Leistungsbereitschaft und Fähigkeit der Betreiber der Q. im Jahr 2011 gehen zu Lasten des Beklagten, weil es sich insoweit um ein steuerbegründendes Sachverhaltselement handelt (vgl. BFH-Urteil 16.03.2010 –VIII R 4/07, BStBl II 2014, 147).
344dd. Der Beurteilung der erzielten Wersteigerungen des Investments der Kläger bei der Q. als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 2008 und 2010 steht nicht entgegen, dass sich das zunächst beim Finanzgericht Düsseldorf anhängige Verfahren 2 K 1567/21 E wegen Einkommmensteuer 2004 und 2007 im Wege der Abhilfe durch das dortige Finanzamt erledigt hat und die vom dortigen Kläger I vermeintlich erzielten Wertsteigerungen eines Investments bei der Q. nicht mehr der Besteuerung unterworfen wurden. Fraglich im dortigen Verfahren nach den von den Klägern übermittelten Unterlagen war hinsichtlich des Streitjahres 2004 der Eintritt der Festsetzungsverjährung. Hinsichtlich des Streitjahres 2007 sollen der Finanzverwaltung keine Unterlagen über den Fortbestand eines im Jahr 2002 begründeten Investments des Herrn I vorgelegen haben, so dass es auf die im Streitfall zu beurteilenden Fragen nicht angekommen sein dürfte. Detaillierte Feststellungen dazu, warum die Aufhebung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide erfolgte, liegen zudem nicht vor. Darüber hinaus wäre es selbst dann ohne Bedeutung, wenn die Finanzverwaltung in dem dortigen Verfahren bei gleichen Voraussetzungen zu dem (unzutreffenden) Ergebnis gelangt wäre, dass die vermeintlich erzielten Wertsteigerungen eines Investments bei der Q. nicht steuerpflichtig seien. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht und auf Fehlerwiederholung gibt es wegen des Vorrangs des Gesetzes nicht (BFH-Urteil vom 17.05.2017 – V R 52/15, BStBl II 2018, 218 mwN).
3453. Inländische Besteuerung
346Die Kapitalerträge der Jahre 2008 und 2010 unterliegen auch dem deutschen Besteuerungsrecht. Nach dem Welteinkommensprinzip erstreckt sich die inländische unbeschränkte Steuerpflicht grundsätzlich auf alle steuerbaren Einkünfte der Kläger, und zwar unabhängig davon, ob sie aus dem Inland oder aus dem Ausland stammen (§ 1 Abs. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 EStG). Dies betrifft auch die Erträge, die den Klägern aus der Anlage bei der G. und X. zugeflossen sind. Das inländische Besteuerungsrecht wird auch nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen einem anderen Staat zugewiesen.
347a. Die den Klägern im Streitjahr 2008 aus ihrer Anlage bei der G. zugeflossenen Einkünfte sind nicht aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 29.08.1989 (BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95 i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 01.06.2006 (BGBl II 2006, 1186, BStBl I 2008, 767), welches am 28.12.2007 in Kraft getreten ist (BGBl II 2008, 117, BStBl I 2008, 782) – im Folgenden: DBA-USA n.F.) – von der inländischen Besteuerung ausgenommen. Es handelt sich um gewinnunabhängige Darlehenszinsen, für die Deutschland das ausschließliche Besteuerungsrecht nach Art. 11 Abs. 1 DBA-USA n.F. zusteht.
348Art. 11 DBA-USA n.F. weist das ausschließliche Besteuerungsrecht für Zinsen Deutschland als Ansässigkeitsstaat zu. Nach der Definition in Art. 11 Abs. 2 DBA-USA n.F. sind Zinsen Einkünfte aus Forderungen jeder Art (Abs. 2 Satz 1). Allerdings umfasst der Ausdruck „Zinsen“ nach Art. 11 Abs. 2 Satz 3 DBA-USA n.F. nicht Einkünfte, die in Art. 10 (Dividenden) behandelt sind. Zu den in Art. 10 des Abkommens behandelten Einkünften gehören u.a. gewinnabhängige Vergütungen für Fremdkapital und andere „bedingte“ Zinsen i.S.d. US-Steuerrechts, soweit sie bei der Gewinnermittlung des Schuldners abzugsfähig sind (Art. 10 Abs. 6). Hierzu gehören nach Art. 10 Abs. 6 DBA-USA n.F. aus US-Quellen stammende „Einkünfte aus Rechtsbeziehungen, die ein Recht auf Gewinnbeteiligung verleihen (in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft, aus partiarischen Darlehen). Nach Art. 10 Abs. 5 Satz 2 DBA-USA n.F. umfasst der Ausdruck „Dividenden“ in der Bundesrepublik Deutschland auch Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft, aus partiarischen Darlehen oder Gewinnobligationen sowie Ausschüttungen auf Anteilsscheine einer Kapitalanlagegesellschaft. Art. 10 Abs. 6 des Abkommens sieht ein uneingeschränktes Quellenbesteuerungsrecht für Einkünfte aus Rechtsbeziehungen vor, die ein Recht auf Gewinnbeteiligung vermitteln und bei der Gewinnermittlung des Schuldners abzugsfähig sind. Durch die Verwendung des sehr allgemein gehaltenen Begriffs der „Rechtsbeziehung“ wird klargestellt, dass sowohl schuldrechtliche als auch gesellschaftsrechtliche Instrumente von der Regelung erfasst werden sollen.
349Die Einkünfte können, wenn sie aus US-Quellen stammen, aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen sein. In diesen Fällen ist das Anrechnungsverfahren gemäß Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa DBA-USA n.F. nicht anzuwenden. Eine Doppelbesteuerung wird vielmehr nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 DBA-USA n.F. „nur“ durch Freistellung der Zinseinkünfte von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer vermieden (BFH-Urteil vom 19.5.2010 – I R 75/09, BStBl II 2011, 208). Die Einkünfte können dann aber gemäß Art. 23 Abs. 3 Buchst. a Satz 2 DBA-USA n.F. i.V.m. § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG bei der Bemessung des Steuersatzes im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.
350Unter den im Abkommen genannten Begriff „andere Rechte mit Gewinnbeteiligung“ (Art. 10 Abs. 6) fallen alle nicht explizit genannten Rechte, die Beteiligungscharakter haben und gewinnabhängig sind. Gewinnabhängigkeit ist – unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs – bei solchen Erträgen aus Finanzprodukten anzunehmen, deren Vergütung sich zumindest teilweise in Abhängigkeit von der Höhe des Jahresgewinns des Schuldners berechnet. Eine solche Beteiligung bedeutet in der Regel einen Anspruch auf Auszahlung eines zu Beginn des Geschäftsjahrs unbekannten Betrags, der sich von einem zum anderen Geschäftsjahr ändern und im Übrigen auch gleich null sein kann. Gewinnabhängigkeit wird daher gewöhnlich mit der Veränderlichkeit und Unvorhersehbarkeit der Jahresergebnisse jeglicher risikobehafteten Geschäftstätigkeit in Verbindung gebracht. Gleiches gilt für den Begriff der „Gewinnbeteiligung“. Hat das Recht Forderungscharakter, fällt es unter Art. 11 Abs. 2 des Abkommens (ausführlich hierzu FG Köln, Urteil vom 06.04.2022 – 4 K 3053/18, juris).
351Die Erträge der Kläger sind unter Berücksichtigung der Vereinbarungen der Beteiligten und der Abrechnungspraxis nicht als „gewinnabhängig“ i.S.d. abkommensrechtlichen Bestimmungen zu qualifizieren. Grundlage der Renditeversprechen war die Zusage von Zinsen in Höhe eines festen Prozentsatzes des hingegebenen Kapitalbetrages. Die jährlichen Mitteilungen enthielten nicht einmal die Angabe, ob die G. überhaupt einen Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftet hatte, geschweige denn wurde dieser der Höhe nach beziffert. Gewinne der G. waren nach den Feststellungen des LG Düsseldorf und des Beklagten in keiner Mitteilung Grundlage für die berechnete (vorgebliche) Wertsteigerung der von den Anlegern hingegebenen Kapitalbeträge. Auch wurde kein hiervon oder von der Anteilshöhe abhängiger, prozentualer Ertrag berechnet. Die Fälligkeitszeitpunkte waren noch nicht einmal von einem Wirtschaftsjahr abhängig. Für eine auf die Anteilshöhe bezogene Beteiligung wäre auch die Kenntnis der insgesamt im Umlauf befindlichen Anteile erforderlich gewesen, welche ebenfalls von Jahr zu Jahr veränderlich gewesen wäre.
352Diesem Ergebnis stehen die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nicht entgegen. Wie bereits ausgeführt, wurden die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages tatsächlich nicht gelebt. Die Kläger gingen ebenso wie die übrigen Anleger davon aus, dass der Erfolg der Beteiligung in Form des Wertzuwachses unabhängig von Zeitpunkt und tatsächlicher Höhe eines etwaigen von der G. erzielten Gewinnes eintreten werde. Der Umstand, dass der Gesellschaftsvertrag ein einziges Mal (unter dem Stichwort „Ergebnisverteilung“) auf den Gewinn und Verlust der Gesellschaft Bezug nimmt, vermag vor dem Hintergrund, dass dieser Inhalt tatsächlich von den Beteiligten nicht „gelebt“ wurde, eine „Gewinnabhängigkeit“ bei der vorzunehmenden Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls nicht zu begründen.
353b. Die im Streitjahr 2010 aufgrund der Anlage der Gelder bei der X. zugeflossenen Erträge unterliegen bereits deshalb dem deutschen Besteuerungsrecht, weil mit dem Staat L. kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht.
354II. Die Kosten des Verfahrens waren den Beteiligten gemäß § 136 FGO entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen.
355Die Revision war nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen. Dass Einkünfte aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit einem betrügerischen Schneeballsystem auch dann der Besteuerung unterfallen können, wenn es schlussendlich zu einem Verlust des eingesetzten Kapitals und der erzielten Renditen kommt, entspricht seit 2001 (s. hierzu BFH-Urteil vom 10.07.2001 – VIII R 35/00, BStBl II 2001, 646 (Ambros)) der höchstrichterlichen Rechtsprechung und wurde auch für den Fall der Beteiligung an dem hier zu beurteilenden Schneeballsystem Q. mehrfach höchstrichterlich bestätigt (s. hierzu BFH-Urteile vom 29.08.2017 – VIII R 13/16 , BFH/NV 2018, 189 (Q. Streitjahr 2010); vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27 (Q. Streitjahre 2005 – 2009); vom 27.03.2019 – I R 33/16, BFH/NV 2020, 201 (Q. Streitjahre 2006 - 2010). Dass der Senat unter Berücksichtigung der tatsächlichen Besonderheiten des Streitfalls unter Anwendung der vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätze für das Streitjahr 2011 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Voraussetzungen des Zuflusses für die zu beurteilende Rendite nicht erfüllt waren, beruht auf den Umständen des Einzelfalls und ist daher ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam.