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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e
2Mit der am 22.08.2019 beim Gericht eingegangenen und unter dem Aktenzeichen 12 K 2343/19 AO geführten Klage begehrten die Kläger zum einen den Erlaß von Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer 2010 bis 2017. Im Zuge des Verfahrens verfügte der Beklagte die hier in Bezug genommenen Abrechnungsbescheide zur Einkommensteuer 2015 bis 2017 (Bl. 257ff. GA 12 K 2343/19 AO) und erklärte die Hauptsache insoweit für erledigt, die Klager haben hierzu ungeachtet einer Aufforderung durch das Gericht keine Stellung genommen.
3Ebenfalls in dem Verfahren 12 K 2343/19 AO wendet sich der Kläger gegen eine Ablehung des Beklagten, Abrechnungsbescheide über Umsatzsteuer 2010 bis 2017 zu erlassen. Mit dem hier in Bezug genommenen Schreiben vom 09.10.2018 richteten die Kläger einen Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid über Einkommensteuer 2018 vom 11.09.2018 und beantragten wörtlich „ferner Abrechnungsbescheide für die Steuerjahre 2010 bis 2017“. Auch in diesen Steuerjahren seien „rechtswidrige Säumniszuschläge erhoben“ und „Umbuchungen vorgenommen“ worden. Unter dem 04.01.2019 lehnte der Beklagte die Erteilung von Abrechnungsbescheiden ab, der Betreff des Schreibens lautet wörtlich: „Ihr Antrag auf Erteilung von Abrechnungsbescheiden für die Jahre 2010-2017“. Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 12.01.2019 (Eingang beim Beklagten am 11.01.2019) Einspruch, der Betreff des Schreibens lautet wörtlich: „Steuernummer N01 - Einkommensteuer + Umsatzsteuer 2010 bis 2017 – Abrechnungsbescheide“. Der Beklagte forderte die Kläger mit seinem hier ebenfalls in Bezug genommenen Schreiben vom 16.01.2019 auf, den Einspruch näher zu begründen, der Betreff der Aufforderung lautet wörtlich: „Ablehnung lhre(s) Antrags auf Erstellung der Abrechnungsbescheide Einkommensteuer 2010 bis einschließlich 2017 Einspruch vom 12.01.2019, hier eingegangen am 11.01.2019“. Dem Schreiben fügte der Beklagte Klartextauszüge des Erhebungskontos Einkommensteuer bei. Mit weiterem Schreiben vom 16.01.2019 forderte der Beklagte den Kläger zur Einspruchsbegründung auf, der Betreff dieses Schreibens lautet wörtlich: „Ablehnung lhre(s) Antrags auf Erstellung der Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 2010 bis einschließlich 2017 Einspruch vom 12.01.2019, hier eingegangen am 11.01.2019“. Dem Schreiben fügte der Beklagte Klartextauszüge des Erhebungskontos Umsatzsteuer bei. Im Schreiben vom 18.06.2019 forderte die zwischenzeitlich zuständig gewordene Rechtsbehelfsstelle des Beklagten die Kläger nochmals auf, ihren Einspruch gegen die Ablehnung der Erteilung von Abrechnungsbescheiden näher zu begründen. Der Betreff des Schreibens lautet wörtlich: „Ihr Einspruch vom 12.01.2019 gegen die Ablehnung der Erteilung von Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer für die Jahre 2010-2017 vom 04.01.2019“. Mit Verfügungen vom 29.07.2019 verwarf der Beklagte den Einspruch der Kläger gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung von Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer als unbegründet, den Einspruch des Klägers gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung von Abrechnungen zur Umsatzsteuer 2010 bis 2017 verwarf er als unzulässig. Der Kläger habe weder einen Antrag auf Erlaß von Abrechnungsbescheiden zur Umsatzsteuer gestellt, noch sei die Ablehnung eines solchen Antrags erfolgt.
4Der Kläger trägt vor, daß sein Antrag vom 09.10.2018 auf die Erteilung von Abrechnungsbescheiden für alle Steuerarten, also Einkommen- und Umsatzsteuer, gerichtet gewesen sei. Dies habe der Beklagte auch so verstanden, da er ihm –dem Kläger- mit zwei Schreiben vom 16.01.2019 Klartextauszüge der Erhebungskonten für beide Steuerarten übersandt habe.
5Der Beklagte verweist bezüglich der Erteilung von Abrechnungsbescheiden über Umsatzsteuer auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung vom 29.07.2019.
6Mit dem unter dem Aktenzeichen 12 K 2343/19 AO ergangenen Beschluß vom 18.07.2023 trennte das Gericht das Verfahren der Kläger wegen Erteilung von Ab-rechnungsbescheiden zur Einkommensteuer 2015 bis 2017 der Kläger und das Verfahren des Klägers wegen Erteilung eines Abrechnungsbescheids zur Umsatzsteuer 2010 bis 2017 zur gesonderten Entscheidung ab, das abgetrennte Verfahren wird unter dem vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt.
7Durch Beschluß vom 12.06.2023 wurde das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 18.07.2023 wurde dem Kläger am 27.06.2023 zugestellt, im Termin erschien für den Kläger niemand. Unter dem 25.07.2023 stellte der Kläger ein Ablehnungsgesuch gegen den Einzelrichter sowohl für das vorliegende als auch für 14 weitere beim 12. Senat anhängige Verfahren. Er begründete dies mit dem Umstand, daß der Einzelrichter als Berichterstatter in den Verfahren 12 K 989/19 AO, 12 K 2494/19 AO, 12 K 1419/20 AO und 12 K 216/21 AO im ebenfalls am Termintag, dem 18.07.2023, durchgeführten Erörterungsterminen dem Beklagten Gelegenheit gegeben habe, rechtswidrige Ab-rechnungsbescheide nachzubessern und den Klagen nicht stattgegeben, sondern die Sachen vertagt habe. Die in diesen Verfahren gezeigte Parteilichkeit begründe auch die Befangenheit des Richters in allen anderen Verfahren. Der 12. Senat hat das Ab-lehnungsgesuch mit dem hier in Bezug genommenen Beschluß vom 11.08.2023 –ohne Entscheidung über eine Befangenheit des Einzelrichters im vorliegenden Verfahren- als unbegründet zurückgewiesen.
8Das Ablehnungsgesuch vom 25.07.2023 ist offensichtlich unzulässig.
9Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 42 Abs. 2 Zivilprozeß-ordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen dessen Unpartei-lichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlaß hat, die Voreingenommenheit des abgelehnten Richters zu befürchten (vgl. Bundesfinanzhof --BFH-- vom 01.04.2003, VII S 7/03, BFH/NV 2003, 1331, und vom 10.03.2015, V B 108/14, BFH/NV 2015, 849). Grundsätzlich ist über das Ablehnungsgesuch nach vorheriger dienstlicher Äußerung des abgelehnten Richters ohne dessen Mitwirkung (§ 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO) zu entscheiden. Ist in Ausnahmefällen das Ablehnungs-gesuch wegen Rechtsmißbrauchs oder aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig, so kann der Ablehnungsantrag in den Gründen der Hauptsacheentscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zurückgewiesen werden (vgl. BFH vom 04.03.2014 VII B 131/13, BFH/NV 2014, 1055). Die Selbstentscheidung des abgelehnten Richters ist vor dem Hintergrund der Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) allerdings nur dann und insoweit gerechtfertigt, wie die durch den gestellten Ablehnungsantrag erforderliche Entscheidung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters und damit keine Entschei-dung in eigener Sache voraussetzt. Denn über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (BFH vom 29.12.2015 IV B 68/14, juris, m. w. N.).
10Das vorliegende Ablehnungsgesuch vom 25.07.2023 beschränkt sich auf den Vorwurf, daß der Richter im Termin vom 18.07.2023 den Klagen in den Verfahren 12 K 989/19 AO, 12 K 2494/19 AO, 12 K 1419/20 AO und 12 K 216/21 AO nicht stattgegeben, sondern die Sachen vertagt habe. Unabhängig davon, daß im Hinblick auf die in diesen Sachen bestehende Senatszuständigkeit und den Umstand, daß es sich um Erörte-rungstermine handelte und schon deshalb keine abschließenden streitigen Entscheidungen über die Klagen ergehen konnten rügt der Kläger kein in der Person des Richters liegendes Verhalten. Vielmehr wiederholt er im Kern die bereits nach der vor dem Senat am 30.03.2023 in den vorgenannten Sachen durchgeführten mündlichen Verhandlung in seinem Schriftsatz vom 03.04.2023 –rügelos- vorgetragene Kritik, der Senat dürfe dem Beklagten keine Gelegenheit geben, die streitgegenständlichen Ab-rechnungsbescheide nachzubessern. Die offensichtliche Unzulässigkeit des damit auf unzutreffende Rechtsanwendung gestützten Ablehnungsgesuchs kann der betroffene Richter im vorliegenden Urteil selbst feststellen. Auf den Umstand, daß der Kläger durch seinen rügelosen Vortrag im Schriftsatz vom 03.04.2023 ein etwaiges Ab-lehnungsrecht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 43 ZPO verloren hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.
11Unabhängig vom Nichterscheinen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2023 konnte die Sache mündlich verhandelt und entschieden werden, § 91 Abs. 2 FGO.
12Die auf Erteilung von Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer zur 2015 bis 2017 gerichtete Klage ist unzulässig. Nachdem der Beklagte diese Bescheide im Zuge des Klageverfahrens verfügt hat, ist ein Rechtsschutzinteresse für die unverändert aufrecht erhaltene Klage nicht ersichtlich.
13Die auf Erteilung von Abrechnungsbescheiden zur Umsatzsteuer 2010 bis 2017 gerichtete Klage ist unbegründet; die Einspruchsentscheidung vom 29.07.2019, mit welcher der Beklagte den Einspruch des Klägers als unzulässig verworfen hat, ist rechmäßig.
14Entgegen der Auffassung des Klägers ist weder seinem im Rahmen des Einspruchs vom 09.10.2018 gegen den Abrechnungsbescheid über Einkommensteuer 2018 vom 11.09.2018 geäußerten Begehren, „Abrechnungsbescheide für die Steuerjahre 2010 bis 2017“ zu erlassen, noch der Ablehnungsverfügung des Beklagten vom 04.01.2019 zu entnehmen, daß neben Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer auch Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer beantragt werden sollten; denn der in diesem Zusammenhang ausgetragene Streit beschränkte sich (zunächst) auf die Abrechnung der Einkommensteuer der Kläger. Dementsprechend bezog sich die mit „Ihr Antrag auf Erteilung von Abrechnungsbescheiden für die Jahre 2010-2017“ überschriebene Ablehnungverfügung des Beklagten vom 04.01.2019 ausschließlich auf die Erteilung von Abrechnungsbescheiden zur Einkommensteuer. Der Umstand, daß das am 11.01.2019 eingegangene Einspruchsschreiben mit „Einkommensteuer + Umsatzsteuer 2010 bis 2017 – Abrechnungsbescheide“ überschrieben ist, ändert nichts daran, daß eine einspruchsfähige Ablehnung zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag. Ob der Beklagte dies allerdings hätte zum Anlaß nehmen sollen, Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer 2010 bis 2017 von Amts wegen zu erlassen, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.