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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darum, ob der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch die Klägerin von der Grunderwerbsteuer befreit war.
3Die Klägerin ist eine durch Vertrag vom 00.01.2017 gegründete Stiftung nach niederländischem Recht in Form der sog. Stichting Administratiekantoor.
4Die Gründung einer solchen Stiftung erfolgt vor einem in den Niederlanden niedergelassenen Notar durch notarielle Urkunde (Art. 2:286 Abs. 1 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches, „Burgerlijk Wetboek“ – BW). Eine Stiftung muss für einen bestimmten Zweck gegründet werden. In Bezug auf diesen Zweck ist einschränkend vorgeschrieben, dass der Zweck der Stiftung nicht zum Ziel haben darf, dass an den oder die Gründer oder an Mitglieder von Stiftungsorganen Ausschüttungen stattfinden (Art. 2:285 Abs. 3 BW). In den Niederlanden sind Stiftungen in das Handelsregister einzutragen (Art. 2:289 Abs. 1 BW) sowie die Gründungsdokumente zu hinterlegen. Ein getrenntes Stiftungsregister oder eine präventiv tätige Stiftungsaufsicht kennt das niederländische Recht nicht. Die niederländische Stiftung hat typischerweise nur ein Organ, nämlich den Vorstand (Art. 2:291 Abs. 1 BW). Dieser Vorstand vertritt die Stiftung im Außenverhältnis (Art. 2:292 Abs. 1 BW). Es besteht jedoch die Möglichkeit, zusätzlich auch ein Organ wie einen Aufsichtsrat einzurichten. Nach niederländischem Recht kann eine Stiftung keine Mitglieder haben (Art. 2:285 Abs. 1 BW). Zudem haben niederländische Stiftungen eine Buchhaltung zu führen.
5Da das niederländische Recht bei der konkreten Ausgestaltung des Stiftungszweckes einen weiten Gestaltungsspielraum einräumt, wird die Stiftung häufig auch im unternehmerischen Bereich eingesetzt. Eine besondere Ausgestaltung stellt die „Stichting Administratiekantoor“ dar. Sie bietet die Möglichkeit, Anteile an Gesellschaften von der Stiftung für den ehemaligen Gesellschafter verwalten zu lassen. Dabei wird regelmäßig das Stimmrecht von der wirtschaftlichen Anspruchsberechtigung an dem jeweiligen Anteil getrennt. Dieses Vorgehen nennt sich „Zertifizierung“. Auf diese Weise kann die Stimmrechtsausübung hinsichtlich der verwalteten Anteile auf Ebene der Stiftung gebündelt werden, während die wirtschaftlichen Vorteile weiterhin den bisherigen Gesellschaftern zugutekommen.
6Gegenstand der Klägerin ist der Erwerb von Gesellschaftsanteilen gegen die Gewährung von sog. Zertifikaten (siehe Art 3 Nr. 1 a) der Satzung der Klägerin im beigezogenen Verwaltungsvorgang). Ferner ist das Halten der Gesellschaftsanteile und die Ausübung aller damit verbundenen Rechte, wie der Erhalt von Ausschüttungen und die Ausübung von Stimmrechten sowie das Vorgehen als Verwalterin Gegenstand der Klägerin (vgl. Art. 3 Nr. 1 b) - d) der Satzung). Die gewährten Zertifikate verkörpern das Forderungsrecht aus den von der Klägerin gehaltenen Gesellschaftsanteilen zugunsten von Zertifikatsinhabern (vgl. Art. 1 d), e) der Satzung). Die Ausgabe von Anteilen an den von der Klägerin gehaltenen Gesellschaften steht ebenso wie Gewährung von Rechten zum Erwerb dieser Anteile unter dem Vorbehalt einer vorherigen Genehmigung durch die Zertifikatsinhaber mit einer Mehrheit von 4/5 der abgegebenen Stimmen (vgl. im Einzelnen Art. 8 der Satzung). Sofern der Vorstand keine Rechte der Zertifikatsinhaber beeinträchtigt, ist er zur Änderung der Satzung befugt; anderenfalls benötigt er eine Genehmigung der Zertifikatsinhaber.
7Die Klägerin erhielt am Tag ihrer Gründung die Anteile an der A B.V. und der B B.V. von den Gesellschaften C B.V. und D B.V. gegen Gewährung solcher Zertifikate zugunsten der Gesellschafter von D B.V. und C B.V., den Brüdern E und F. Diese bilden auch den Vorstand der Klägerin. Die Klägerin war nach den Übertragungsverträgen im Gegenzug für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zur Ausgabe von Zertifikaten verpflichtet und hatte die Gesellschaftsanteile zugunsten der Zertifikatsinhaber zu verwalten.
8Die B B.V. ist Eigentümerin von inländischem Grundbesitz. Diesen hatte sie im Jahr 2016 im Wege einer Abspaltung von der A B.V. erhalten.
9Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z-Stadt erhielt aufgrund von Ermittlungen zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle Kenntnis darüber, dass B B.V. und die A B.V. mit der Klägerin eine neue Alleingesellschafterin erhalten hatten. Ein Strafverfahren wurde im Hinblick auf diese Ermittlungen nicht eingeleitet. Die Klägerin gab jedoch am 00.11.2019 auf Aufforderung der Steuerfahndung eine Anzeige über einen möglicherweise grunderwerbsteuerrelevanten Sachverhalt gemäß 19 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG – ab.
10Der Beklagte erließ daraufhin am 30.01.2020 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über Grunderwerbsteuer hinsichtlich des Grundstücks der B B.V. an der Straße 01 und 02 in Y-Stadt, durch den er die Grunderwerbsteuer auf ... € festsetzte.
11Dagegen hat die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Vorgang nach der sog. „Konzernsteuerklausel“ gemäß § 6a GrEStG, zumindest aber nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit sei.
12Die Klägerin beantragt,
13den Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 30.01.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.12.2021 aufzuheben,
14hilfsweise,
15die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung führt er aus, dass die Konzernsteuerklausel gemäß § 6a GrEStG nicht einschlägig sei. Bei der Übertragung von Anteilen auf die Klägerin handele es sich nicht um einen begünstigten Vorgang im Sinne dieser Vorschrift, da die Klägerin für die Einbringung keine Gegenleistung gewähre. Die Klägerin sei zwar nach niederländischem Recht für Besteuerungszwecke als transparent anzusehen, dennoch liege aus Sicht der Grunderwerbsteuer ein Rechtsträgerwechsel vor. Überdies müsse § 6a S. 4 GrEStG im Streitfall wortgetreu ausgelegt werden, sodass die Steuerbefreiung versagt bleibe.
19Auch § 3 Nr. 2 GrEStG sei nicht einschlägig. Diese Vorschrift diene dazu, Doppelbelastungen durch Schenkung- und Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Eine Steuerpflicht nach § 2 ErbStG sei jedoch nicht gegeben, da bei der Übertragung der Anteile keine der handelnden Personen/Rechtsträger einen Wohnsitz oder Geschäftssitz im Inland gehabt habe. Insbesondere sei auch eine beschränkte Steuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht gegeben. Hierfür sei es erforderlich, Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes zu übertragen. Da hier jeweils Anteile an einer niederländischen Gesellschaft mit Sitz im Ausland gegen die Gewährung von Zertifikaten übertragen worden seien, sei kein Inlandsvermögen gegeben. Überdies sei fraglich, ob überhaupt eine Schenkung dem Grunde nach vorliege, da die Übertragung der Anteile auf die Klägerin gegen die Gewährung von Zertifikaten erfolgt sei.
20Für weitere Einzelheiten zum Sach- und Streitstand nimmt der Senat auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2023, die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug.
21Entscheidungsgründe:
22A) Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 30.01.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.12.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
23Die Übertragung der Anteile an der B B.V. stellt einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang dar (I.). Dieser Vorgang ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit (II.).
24I. Die Übertragung der Anteile der B B.V. auf die Klägerin erfüllt den Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 GrEStG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung vom 02.11.2015.
25Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a nicht in Betracht kommt, außerdem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet.
26Gleiches gilt nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG bei Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nr. 3 vorausgegangen ist.
27Nach diesen Maßstäben liegt jedenfalls nach einer dieser beiden Vorschriften ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vor. Es kann offenbleiben, ob nach niederländischem Recht ebenso wie nach deutschem Recht der Anteilsübertragung ein Verpflichtungsgeschäft vorausgeht oder es unmittelbar zum Anteilsübergang gekommen ist.
281. Die Anteile an der B B.V. sind auf die Klägerin übergegangen.
292. Bei der B B.V. handelt es sich um eine Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 GrEStG.
30Gesellschaften im Sinne dieser Vorschrift sind Kapital- wie auch Personengesellschaften. Die B B.V. ist danach eine Kapitalgesellschaft. Eine B.V. ist eine „Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid“. Sie entspricht im Wesentlichen einer deutschen GmbH (Hagedorn/Tervoort, Niederländisches Wirtschaftsrecht Kapitel I unter A.1.a). Aus diesem Grund ist auch der vorrangig anwendbare § 1 Abs. 2a GrEStG nicht einschlägig.
313. Zum Vermögen der B B.V. gehörte mit der Straße 01 und 02 ein inländisches Grundstück.
32Ein Grundstück „gehört“ zum Vermögen einer Gesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 3 GrEStG, wenn ihr dieses im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines unter § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist. (ständige Rechtsprechung vgl. Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 1 GrEStG Rn. 1073 mit weiteren Nachweisen). Die B B.V. hatte dieses Grundstück im Rahmen einer Abspaltung von der A B.V. erhalten. Dieser Vorgang unterlag gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer.
334. Durch den Übergang der Anteile an der B B.V. kam es zu einem Wechsel der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung an dem Grundstück Straße 01 und 02 im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 GrEStG. § 1 Abs. 3 GrEStG fingiert einen zivilrechtlich nicht vorhandenen Grundstückserwerb. Die Vorschrift behandelt den Erwerber der Anteile an der Gesellschaft so, als gehörten ihm die Grundstücke, die der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 15.01.2003, II R 50/00, Bundessteuerblatt - BStBl.- II 2003, 320).
345. Erwerberin dieser Anteile ist die Klägerin als Rechtsträgerin i.S.v. § 1 GrEStG.
35§ 1 GrEStG trifft die Belastungsentscheidung, alle Rechtsträgerwechsel an Grundstücken zunächst der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen (BFH, Urteil vom 09.04.2008, II R 32/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2008, 1526). Zu den Rechtsträgern im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes gehören natürliche Personen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften genauso wie Genossenschaften und sonstige juristische Person des privaten Rechts, insbesondere eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen (Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 1 GrEStG Rn. 16). Ein steuerbarer Vorgang kann auch bei ausländischen Rechtsträgern vorliegen, wenn ihnen inländische Grundstücke zuzurechnen sind (BFH, Urteil vom 27.09.2017, II R 41/15, BStBl. II 2018, 667).
366. Der Klägerin sind die Anteile an der B B.V. und der dieser gehörende Grundbesitz grunderwerbsteuerlich zuzurechnen. Der Erwerber erwirbt den Anteil an einer Gesellschaft unmittelbar, wenn er – wie im Streitfall – zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird (BFH, Urteil vom 27.09.2017, II R 41/15, BStBl. II 2018, 667). Deshalb unterliegt auch die zivilrechtliche Übertragung von Anteilen auf einen Treuhänder oder Geschäftsbesorger der Grunderwerbsteuer (Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 1 GrEStG Rn. 1167).
37II. Für diesen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder 4 GrEStG steuerbaren Anteilsübergang ergibt sich weder eine Steuerbefreiung aus § 3 Nr. 2 GrEStG (1.) noch aus § 5 GrEStG (2.) oder 6a GrEStG (3.).
381. Gemäß § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von der Besteuerung ausgenommen.
39a) Diese Vorschrift ist auch auf „fingierte“ Grundstückserwerbe i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar.
40Der Schenkungsteuer unterliegt hier nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigiebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile. Grunderwerbsteuerrechtlich führt dies jedoch zu einem fiktiven Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber. Dieser beruht ebenso wie der Erwerb der Gesellschaftsanteile auf einer Schenkung. Der in § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG verwendete Begriff „Grundstücksschenkungen unter Lebenden“ ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst. Die Vorschrift hat den Zweck, die doppelte Besteuerung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftssteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Deshalb ist es unerheblich, ob der Grunderwerbsteuertatbestand auf einer echten Grundstücksschenkung unter Lebenden oder einem fingierten Grundstückserwerb aufgrund einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 3 GrEStG Rn. 105, 130; BFH, Urteil vom 23.05.2012, II R 21/10, BStBl. II 2012, 793).
41b) Die Übertragung der Anteile an der B B.V. auf die Klägerin stellt keinen Vorgang dar, der der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegt.
42Eine „Schenkung“ unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz liegt i.S.v. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG nur vor, wenn ein Tatbestand des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG – erfüllt ist. Entscheidend ist hierfür – entgegen der Auffassung des Beklagten – die Steuerbarkeit nach dem ErbStG dem Grunde nach und nicht die Frage, ob es tatsächlich zu einer Besteuerung kommt (Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 3 GrEStG Rn. 221).
43Eine Schenkung im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes ist nach der Grundregel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts ist dabei ein Unterfall einer solchen freigebigen Zuwendung (Meßbacher-Hönsch in Viskorf GrEStG § 3 GrEStG Rn. 227). Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist (BFH, Urteil vom 13.09.2017, II R 54/15, BStBl. II 2018, 292). Dies erfordert, dass der Empfänger über das zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. In subjektiver Hinsicht genügt für die Annahme einer freigebigen Zuwendung der einseitige Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 28.10.2009, II R 32/08, BFH/NV 2010, 893).
44Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG gilt der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden als Schenkung unter Lebenden. Dem steht nach S. 2 der Vorschrift die Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, gleich.
45Die freigebige Erstausstattung einer rechtsfähigen Stiftung mit Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden beinhaltet eine steuerpflichtige Schenkung des Stifters an die Stiftung als juristische Person (Griese in der Anlage an Praxiskommentar Erbschaftsteuergesetz und Bewertungsgesetz § 7 ErbStG Rn. 139). Bei Errichtung einer Stiftung von Todes wegen greift in Abgrenzung zu dem Stiftungsgeschäft unter Lebenden § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG ein. Spätere freigebige Zuwendungen zu Lebzeiten des Stifters an eine bereits errichtete Stiftung (sog. Zustiftungen) fallen unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, es sei denn, dass sich die Verpflichtung zur Übertragung bereits aus dem ursprünglichen Stiftungsgeschäft ergibt. Voraussetzung für die Anwendung von § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ist, dass – ebenso wie bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – eine freigebige Zuwendung in Abgrenzung zu einem Leistungsaustausch vorliegt (von Oertzen in von Oertzen/Loose Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz § 7 ErbStG Rn. 345). Eine freigebige Zuwendung kann nur dann vorliegen, wenn der Stiftung das Vermögen gegenüber dem Stifter zur tatsächlichen und rechtlichen freien Verfügung überlassen wird und nicht lediglich eine treuhänderische Vermögensübertragung stattfindet (BFH, Urteil vom 28.06.2007, II R 21/05, BStBl. II 2007, 669).
46Nach diesen Grundsätzen kommt eine Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG nicht in Betracht. Eine Schenkung unter Lebenden i.S.d. ErbStG liegt nicht vor.
47Hierfür fehlt es zunächst in objektiver Sicht an einer freigebigen Zuwendung. Es liegt – zwischen Beteiligten an sich unstreitig – eine treuhänderische Gestaltung vor. Die Klägerin kann über die erhaltenen Gesellschaftsanteile an der B B.V. weder rechtlich noch tatsächlich frei verfügen. Sie hat zwar im Ausgangspunkt (zivilrechtlich) die Rechte einer Gesellschafterin einschließlich eines Gewinnbezugsrechts, sie hat die Anteile jedoch im Interesse der Zertifikatsinhaber zu verwalten. Diese haben überdies zivilrechtliche Ansprüche auf Auszahlung entsprechender Gewinnausschüttungen gegen die Klägerin. Ohne Zustimmung der Zertifikatsinhaber ist auch eine Veräußerung nicht möglich.
48In subjektiver Hinsicht ist ebenfalls nicht erkennbar, dass die Klägerin durch den Erhalt der Anteile an der B B.V. etwas unentgeltlich erhalten sollte, da sie im Gegenzug zur Ausgabe der Zertifikate verpflichtet war.
492. Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht.
50Diese Vorschrift gilt auch bei „fiktiven“ Grundstückserwerben aufgrund der § 1 Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG. Das Gesetz spricht insoweit vom „Übergang“ von Grundstücken. Dies verdeutlicht, dass es nicht auf den Rechtsvorgang als solchen ankommt. Die Vergünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG greifen um des Rechtserfolgs willen ein, der aufgrund des zu befreienden steuerbaren Vorgangs eintritt (Viskorf in Viskorf GrEStG § 5 GrEStG Rn. 13).
51Hintergrund dieser Steuerbefreiung ist, dass beim Übergang eines Grundstücks von oder auf eine Gesamthand ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vorliegt. Die Gesamthand ist Rechtsträgerin i.S.d. Grunderwerbsteuerrechts. Der Übergang der dinglichen Mitberechtigung aus oder auf das Gesamthandseigentum löst deshalb Grunderwerbsteuer aus. Da sich im Fall einer Gesamthand jedoch die vermögensmäßige Beteiligung nicht notwendigerweise verschiebt, eröffnen die §§ 5 und 6 GrEStG die Möglichkeit einer Grunderwerbsteuerbefreiung, soweit der Wert der Beteiligung am Grundstück unberührt bleibt (BFH, Urteil vom 24.09.1985, II R 65/83, BStBl. II 1985, 714).
52§ 5 Abs. 1 GrEStG steht der Erhebung der Grunderwerbsteuer bereits deshalb nicht entgegen, weil – selbst wenn die Klägerin eine Gesamthand wäre – keine Identität zwischen den früheren Miteigentümern und den am Vermögen der Gesamthand Beteiligten besteht. Frühere Inhaber der Anteile an der B B.V. waren die D B.V. und die C B.V. Begünstigte Zertifikatsinhaber gegenüber der Klägerin sind die Brüder E und F als natürliche Personen.
53Eine Ausnahme von dem Erfordernis, dass der an der Gesamthand Beteiligte unmittelbar dinglich mitberechtigt sein muss, gilt nur in Fällen von doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften, da hier ausnahmsweise nicht die unmittelbar beteiligte Gesamthand Zurechnungssubjekt ist. Nach dem Sinn und Zweck der §§ 5 und 6 GrEStG ist ein Rückgriff auf die am Vermögen der Gesamthand Beteiligten geboten (Viskorf in Viskorf GrEStG § 5 GrEStG Rn. 22 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die D B.V. und die C B.V. stellen jedoch – unstreitig – Kapitalgesellschaften dar. Die niederländische B.V. ist mit einer deutschen GmbH vergleichbar (Hagedorn Tervoort, Niederländisches Wirtschaftsrecht Kapitel I unter A.1.a).
54Überdies lässt sich die Klägerin auch nach einem Rechtsvergleich nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft gleichstellen.
553. Dasselbe gilt für den Rechtsvergleich mit einer inländischen Kapitalgesellschaft.
56Aus diesem Grund scheidet auch die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG aus.
57a) Nach S. 1 dieser Vorschrift wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 des Umwandlungsgesetzes, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben. Dies gilt gemäß § 6a S. 2 GrEStG auch für entsprechende Umwandlungen, Einbringungen sowie andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staats, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Nach S. 3 gilt die Vergünstigung des S. 1 von § 6a GrEStG nur, wenn an dem dort genannten Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von S. 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 vom Hundert ununterbrochen beteiligt ist, § 6a S. 4 GrEStG.
58Herrschendes Unternehmen im Sinne von § 6a S. 3 GrEStG kann jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft oder Personenvereinigung sein, die wirtschaftlich tätig ist (BFH, Urteil vom 21.08.2019 II R 15/19, BStBl. II 2020, 329). Das herrschende Unternehmen kann in jeder denkbaren Rechtsform organisiert sein, insbesondere auch als Stiftung (BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 19/19, BStBl. II 2020, 337).
59Abhängige Gesellschaft im Sinne von § 6a S. 3 GrEStG kann jede Gesellschaft sein, die als Beteiligte an einem Umwandlungsvorgang aus Rechtsgründen in Betracht kommt. Hierzu zählen sowohl Kapital- als auch Personengesellschaften. Dies ergibt sich aus der Formulierung in § 6a S. 4 GrEStG in Bezug auf die Beteiligung „am Kapital- oder Gesellschaftsvermögen“ (Lieber in Behrens/Wachter GrEStG § 6a GrEStG Rn. 34). Auch vergleichbare ausländische Rechtsgebilde aus dem EU-/EWR-Raum sind erfasst (Schanko in „Die Unternehmensbesteuerung“ – Ubg – 2011, 73). Stiftungen stellen hingegen keine abhängigen Gesellschaften dar (Schanko in Ubg 2011, 73; Pahlke GrEStG § 6a GrEStG Rn. 48). Da diese keine Mitglieder oder Gesellschafter haben, kann es bei diesen auch keine Beteiligung am Gesellschafts- oder Kapitalvermögen geben.
60Für die Frage nach dem Vorliegen von Vorgängen nach dem Umwandlungsgesetz verweist § 6a S. 1 GrEStG auf das Umwandlungsgesetz. Einbringungen nach § 6a S. 1 Hs. 2 GrEStG sind Rechtsvorgänge, durch die ein Gesellschafter seine Sacheinlageverpflichtung (§ 27 AktG oder § 5 Abs. 4 GmbHG) oder seine Beitragspflicht (§ 706 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erfüllt. Mit dem Begriff „andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ werden die im Verhältnis zu Einbringungen gegenläufigen Vorgänge wie etwa die Sachkapitalherabsetzung, Verminderung der Beteiligungsquote, Liquidation oder Anwachsungen erfasst (Kugelmüller-Pugh in Viskorf GrEStG § 6a GrEStG Rn. 39, 40).
61In Anwendung dieser Grundsätze scheitert eine Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 6a S. 1 GrEStG, da kein begünstigungsfähiger Vorgang zwischen einem herrschenden Unternehmen und einer abhängigen Gesellschaft vorliegt. Ein Vorgang nach dem Umwandlungsgesetz liegt nicht vor. Auch eine Einbringung oder ein anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage sind nicht gegeben. Die Übertragung der Anteile an der B B.V. auf die Klägerin konnte nicht auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erfolgen, da die Klägerin bei dem angezeigten Rechtsformvergleich weder als Kapital- noch als Personengesellschaft zu behandeln ist, sondern einer deutschen Stiftung vergleichbar ist.
62b) Ob eine ausländische Rechtsperson als „abhängige Gesellschaft“ in den Anwendungsbereich von § 6a S. 3 GrEStG fällt, bestimmt sich nach dem sog. Rechtstypenvergleich. Die Prüfung eines Rechtstypenvergleichs erfolgt zweistufig. Zunächst wird die Gesamtstruktur der ausländischen Rechtsform mit den wesentlichen Strukturmerkmalen der inländischen Gesellschaften verglichen, sog. Rechtstypenvergleich (so für § 5 GrEStG: Pahlke, § 5 GrEStG Rn. 5; Schnitter in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 5 GrEStG Rn. 15_2). Dabei ist zunächst auf die generell-abstrakten Strukturmerkmale und das daraus abzuleitende gesetzliche Leitbild nach der ausländischen Rechtsordnung abzustellen.
63Wenn die strukturellen Regelungen der ausländischen Rechtsordnung allerdings dispositiv sind, ist die individuell-konkrete Ausgestaltung im Einzelfall entscheidend (Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.03.2022, 8 K 1945/19 GrE, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2022, 869; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2018, 9 K 11080/17, EFG 2019, 793).
64aa) Typische Merkmale einer Kapitalgesellschaft sind regelmäßig, dass sich die Gesellschafter der Gesellschaft mehr unpersönlich gegenüberstehen. Sie haften gegenüber den Gläubigern nicht persönlich, ihre Anteile sind grundsätzlich frei auf Dritte übertragbar und die Gesellschafter sind an der eigentlichen Geschäftsführung aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter in der Regel nicht beteiligt. Ihre Stellung als Gesellschafter bezieht sich tendenziell weniger auf die innere Verbundenheit mit den Mitgesellschaftern, sondern eher auf das Bestreben, Kapital nutzbringend anzulegen (Schnittker/Lemaitre FinanzRundschau – FR – 2003, 485).
65bb) Charakteristisch für Personengesellschaften ist, dass die Personen der Gesellschafter im Vordergrund stehen, die Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft in aller Regel selbst führen und grundsätzlich auch persönlich haften sowie ihre Anteile regelmäßig nicht frei auf Dritte übertragen können (Schnittker/Lemaitre FR 2003, 485).
66cc) Bei einer Stiftung handelt es sich nach deutschem Verständnis um eine mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattete Einrichtung ohne mitgliedschaftliche Organisation, die die Aufgabe hat, den vom Stifter festgelegten Zweck dauerhaft mithilfe eines dafür gewidmeten Vermögens zu verfolgen (Wenz/Linn in Haase Außensteuergesetz/Doppelbesteuerungsabkommen § 15 Außensteuergesetz Rn. 31, 32). Die eigene Rechtsfähigkeit des ausländischen Rechtsträgers ist dabei keine zwingend notwendige Voraussetzung für die Vergleichbarkeit mit einer deutschen Stiftung (BFH, Urteil vom 05.11.1992, I R 39/92, BStBl. II 1993, 388).
67dd) Für die Abgrenzung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften einerseits und Stiftungen andererseits ist maßgeblich, ob an dem ausländischen Rechtsträger mitgliedschaftliche Rechte bestehen. Die Mitgliedschaft als auf der Zugehörigkeit zu einem Verband basierende Rechtstellung ist kennzeichnendes Merkmal jedweder Gesellschaftsform (K. Schmidt Gesellschaftsrecht 4. Auflage § 19 S. 547 f.). Sie begründet eine Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft sowie unter den Gesellschaftern untereinander (K. Schmidt Gesellschaftsrecht § 19 S. 552 f.). Daraus ergeben sich insbesondere Teilhaberechte in Form von Mitbestimmungsrechten in der Gesellschaft (K. Schmidt Gesellschaftsrecht 4. Auflage § 19 S. 557 f). Im Gegensatz dazu hat der Gesetzgeber die Stiftung gerade nicht auf den wandelbaren Willen von Mitgliedern oder „Stiftungsinteressierten“ zugeschnitten (Hüttemann/Rawert in Staudinger BGB § 85 BGB Rn. 11).
68c) Nach diesen Grundsätzen entspricht die Klägerin keiner inländischen Gesellschaftsform, sondern am ehesten einer deutschen Stiftung.
69aa) Bereits die abstrakt-generelle Ausgestaltung der Regelungen im BW ähnelt dem deutschen Stiftungsrecht. Art. 285 Abs. 1 BW und § 81 Abs. 1 S. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – stellen gleichermaßen darauf ab, dass die Stiftung bzw. Stichting zur Erfüllung eines ihr vorgegebenen Zwecks dienen. Das deutsche Recht kennt – ebenso wie Art. 285 Abs. 1 BW es ausdrücklich vorschreibt – ebenfalls keine Mitglieder einer Stiftung (Wiese in Erman BGB § 81 BGB Rn. 7). Beide Rechtsformen lassen sich als rechtsfähige juristische Personen in Form eines verselbstständigten Zweckvermögens, das keine Mitglieder, Gesellschafter oder Anteilseigner kennt, umschreiben (Wischott/Graessner/Lottermoser in Ubg 2021, 331). Auch der Umstand, dass das Vermögen nicht an den Gründer der Stiftung zurückfallen darf, sondern dauerhaft von diesem verselbstständigt wird, ist für beide Rechtsformen maßgeblich (Wischott/Graessner/Lottermoser in Ubg 2021, 331).
70bb) Auch die konkrete Ausgestaltung der Klägerin als „Stichting Administratiekantoor“ und die Ausgabe von Zertifikaten führt zu keinem anderen Ergebnis.
71Eine Vergleichbarkeit mit einer deutschen Personengesellschaft ist nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Erfordernis einer Selbstorganschaft oder persönlichen Haftung sind nicht ersichtlich.
72Die fehlende Ausprägung von mitgliedschaftlichen Rechten spricht entscheidend dagegen, die Klägerin überhaupt als Gesellschaft einzustufen. Die Klägerin hat in ihrer konkreten Ausgestaltung noch immer keine Mitglieder oder Anteilseigner. Sie dient insbesondere dem Zweck, Gesellschaftsanteile gegen die Ausgabe von Zertifikaten zu erwerben und alle hiermit verbundenen Rechte auszuüben (Art. 3 der Satzung). Der Umstand, dass die Zertifikatsinhaber weitreichende Einflussmöglichkeiten auf die von der Klägerin gehaltenen Gesellschaften hat (vgl. Art. 8 der Satzung), führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies erinnert auch an die in Stiftungen ebenfalls gebräuchlichen Aufsichtsräte oder Kuratorien (Hüttemann/Rawert in Staudinger BGB Vorbemerkungen zu §§ 80-88 Rn. 12). Letztlich dienen diese Einflussmöglichkeiten der Absicherung des Stiftungszwecks.
73Die Zertifikatsinhaber können dadurch bei wirtschaftlicher Betrachtung zwar (mittelbare) Gesellschafter bei den von der Klägerin gehaltenen Beteiligungen sein, hierdurch wird die Klägerin selbst jedoch nicht zur Kapitalgesellschaft. Diese ist noch immer eine zweckgebundene Vermögensmasse zugunsten der Zertifikatsinhaber. Dafür spricht auch die Binnenverfassung der Klägerin unter Führung eines Vorstands, während die „Versammlung der Zertifikatsinhaber“ ein eigenes, von diesen Inhabern gebildetes Organ darstellt. Dem Vorstand obliegt es, die Klägerin zu leiten (Art. 5 der Satzung) und zu vertreten (Art. 8 der Satzung). Dies wäre auch bei einer inländischen Kapitalgesellschaft möglich. Auch der Umstand, dass der Vorstand der Klägerin bei bestimmten Handlungen, wie etwa der Veräußerung von Aktien, einer Zustimmung der Zertifikatsinhaber bedarf, wäre bei einer Kapitalgesellschaft, etwa aufgrund Satzung einer GmbH, denkbar. Die Befugnis des Vorstands über Satzungsänderungen zu beschließen (Art. 15 der Satzung), ist hingegen bei inländischen Kapitalgesellschaften nicht möglich. Hieran ändert auch die Einschränkung nichts, dass Satzungsänderungen, die die Rechte der Zertifikatsinhaber betreffen, deren Zustimmung erfordern. Das inländische Stiftungsrecht kennt hingegen Situationen, in denen die Anpassung der Stiftungssatzung durch den Vorstand (in gewissen Grenzen und unter dem Vorbehalt aufsichtsrechtlicher Genehmigung) möglich ist (Hüttemann/Rawert in Staudinger BGB § 85 BGB Rn. 18, 19).
74Mitgliedschaftliche Rechte sind auch in Bezug auf die Übertragung von Anteilen an der Klägerin nicht erkennbar. Das niederländische Recht enthält ohnehin eine dahingehende Gestaltungsgrenze, dass eine mitgliederähnliche Stellung von Personen gegenüber einer Stichting nicht zulässig sind (Hagedorn/Tervort Niederländisches Wirtschaftsrecht Kapitel II unter B. I. 3. Rn. 39). Der Senat geht deshalb davon aus, dass aus der konkret-individuellen Gestaltung der Klägerin als Stichting Administratiekantoor keine einer inländischen Gesellschaft vergleichbares Konstrukt ergeben kann.
75Der Senat weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass Klägerin auch kein herrschendes Unternehmen i.S.v. § 6a S. 3, 4 GrEStG sein kann, da sie nicht seit 5 Jahren an der B B.V. beteiligt war.
76B) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
77Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 1 FGO die Revision zu. Die Sache hat grundlegende Bedeutung i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die im Verfahren streitige Frage zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung einer niederländischen Stichting ist für eine Reihe weiterer Verfahren von Belang, ohne dass hierzu bislang eine Entscheidung des BFH vorläge.