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Die Einkommensteuerfestsetzungen 2012 und 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.06.2020 und der im Klageverfahrens erfolgten Änderungsbescheide vom 28.01.2021 werden in der Weise abgeändert,
dass der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von ... Euro (für 2012) und in Höhe von ... Euro (in 2013) unterbleibt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Der Kläger hat am 30.6.2020 gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für 2012 und 2013 vom 30.8.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 4.6.2020 Klage erhoben. Die Änderungsfestsetzungen, gestützt auf § 164 der Abgabenordnung (AO), beruhen auf den Ergebnissen einer steuerlichen Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 3.4.2018) bei dem Kläger. Im laufenden Klageverfahren wurden die angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen am 28.1.2021 ein weiteres Mal (aus anderen Gründen) geändert.
3Streitig sind a) der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Zusammenhang mit der Einräumung eines Vorkaufsrechtes (2013) und b) die Höhe des Mietwertes des Grundstücks D.-straße in R. (Streitjahre 2012 und 2013).
4Der Kläger war u.a. Alleingesellschafter der J. GmbH (J.) und an der B. GmbH mit einem Anteil von 50,1 % beteiligt, neben der J. GmbH (24,95 %) und der N. B.V. (24,95 %), einer Gesellschaft des Vaters des Klägers. Bei beiden Gesellschaften war er als Geschäftsführer bestellt. Die J. GmbH war zudem Alleingesellschafterin der Q. GmbH. Die aus den Beteiligungen resultierenden Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden gemäß § 32 d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) (Abgeltungssteuer) der Besteuerung unterworfen.
5Der Kläger wohnte seit 2012 (auch) unter der Adresse D.-straße 01 in R.. Das Grundstück wurde ihm von der Q. GmbH überlassen.
6Zu a) Der Kläger erwarb im Rahmen einer Zwangsversteigerung mit Vertrag vom 17.9.2010 ein bebautes Grundstück in Spanien zum Preis von ... Euro zzgl. Erwerbsnebenkosten. Dieses nutzte er fortan zu eigenen Wohnzwecken. Die Finanzierung erfolgte i.H.v. ... Euro durch ein Darlehen der N. BV, weitere ... Euro stammten aus Fremd-Darlehensmitteln und der Rest i.H.v. ... Euro aus einer Überweisung der B. GmbH zu Lasten seines dort geführten Gesellschafterverrechnungskontos. Die Gebäude wurden in der Zeit nach dem Erwerb umfangreich mit einem Kostenaufwand von ca. ... Euro renoviert.
7In 2013 kündigte die Bank 1, die Hausbank der B. GmbH, die Kreditlinie der GmbH wegen einer zu geringen Eigenkapitalquote und insbesondere wegen des (ungesicherten) negativen Verrechnungskontos des Klägers. Daraufhin wandte dieser sich an die Bank 2. Zusammen mit den Vertretern der Bank 2 entstand (laut Darstellung des Klägers) der Plan, das negative Verrechnungskonto unter Einsatz des Grundstücks im Ausland auszugleichen, um auf diese Weise eine günstigere Kapitalquote der B. GmbH herbeizuführen. Eine Übertragung des Grundstücks sollte dabei aber vermieden werden.
8Daraufhin räumte der Kläger mit verschiedenen Verträgen in 2013 (u.a. notarielle Urkunde nach spanischem Recht über die Eintragung eines Vorkaufsrechts vom 21.10.2013) der Q. GmbH ein Vorkaufsrecht an dem Grundstück zu einem Preis von ... Euro (für das Vorkaufsrecht) ein. Zu diesem Vorgang existieren ein nicht unterschriebener Vertrag über die Einräumung des Vorkaufsrechts vom 6.11.2013 sowie zwei unterschriebene Verträge datierend auf den 31.12.2013. Einer der letztgenannten Verträge mit Datum 31.12.2013 enthält (ebenso wie der Vertragstext vom 6.11.2013) eine „Vorbemerkung“ und fünf Klauseln. In der Vorbemerkung wird u.a. auf die durch eine Grundschuld gesicherte Teilfinanzierung durch die Bank 3 (Darlehensvaluta 1.12.2013: ... Euro) und auf den laut Wertgutachten der Bank 3 angenommenen Verkehrswert des Grundstücks i.H.v. ... Euro hingewiesen. Die Klauseln schreiben den Wert des Vorkaufsrechts auf ... Euro fest, verpflichten den Kläger zur fortgesetzten Begleichung der mit dem Grundstück zusammenhängenden Aufwendungen, schließen eine weitere Beleihung des Grundstücks aus („aufgrund des Kapitaldienstes entstehende Eigentümerrückgewähr“) und regeln, in welcher Form die Q. GmbH den Preis für das Vorkaufsrecht erbringen werde, nämlich durch Übernahme „bestehender und zukünftiger Forderungen der B. GmbH bis zur Höhe von Euro ...“.
9Der zweite auf den 31.12.2013 datierende Vertrag enthält zusätzlich eine sechste Vertragsklausel. Diese lautet: „Der gezahlte/durch Verrechnung erbrachte Kaufpreis für das Vorkaufsrecht ist die Anzahlung für den späteren Erwerb der Immobilie durch Q. GmbH.“ Der zweite Vertrag wurde erstmals während der laufenden Betriebsprüfung am 6.2.2017 vorgelegt, nachdem der Betriebsprüfer mit Schreiben vom 18.1.2017 auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.8.1994 X R 42/91, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1995, 57, hingewiesen hatte.
10Der vereinbarte „Kaufpreis“ für das Vorkaufsrecht wurde wie folgt ausgeglichen. Per 31.12.2013 wurde eine „Forderung an Z.“ i.H.v. ... Euro bei der B. GmbH ausgebucht. Ebenso verfuhr der Kläger hinsichtlich einer Forderung „aus Darlehen M.“ über ... Euro. Zudem wurde eine Darlehensschuld des Klägers (Verrechnungskonto) gegenüber der B.-GmbH i.H.v. ... Euro bei dieser ausgebucht. Hierzu („im Gegenzug“) gab die B. GmbH der Q. GmbH ein Darlehen über ... Euro (Vertrag 31.12.2013, Laufzeit 15 Jahre, 1,5 % Zinsen). Diesbezüglich hielt der Kläger gegenüber der B. GmbH unter dem 18.12.2014 schriftlich fest, dass zur Besicherung des Darlehens alle aus dem Vorkaufsrecht zufließenden Erträge abgetreten würden.
11Die Q. GmbH aktivierte das Vorkaufsrecht als immaterielles Wirtschaftsgut mit Anschaffungskosten von ... Euro. In 2018 wurde das Grundstück unter Anrechnung dieses Betrages und der Übernahme privater Grundschulden des Klägers zu einem Preis von ... Euro auf die Q. GmbH übertragen. Der Kläger mietete von da an das Objekt für sich und seine Familie.
12Der Beklagte sah, den Prüfungsfeststellungen folgend, in den Vorgängen eine vGA der Q. GmbH an den Kläger im Veranlagungszeitraum 2013. Daher könne dahingestellt bleiben, ob nicht auch der Tatbestand der sonstigen Einkünfte erfüllt sei. Die Einräumung des Vorkaufsrechtes habe nämlich allein der Abdeckung der Überführung von Vermögenswerten der Q. GmbH in das Privatvermögen des Klägers in Form der Entschuldung gegenüber der B.-GmbH gedient. Damit habe die Q. GmbH kein der Schuldübernahme entsprechendes werthaltiges Wirtschaftsgut erhalten. Die GmbH habe keinerlei Vorteil erlangt, sondern nur Risiken übernommen. Insbesondere sei kein fester Kaufpreis für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts vereinbart worden. Vor diesem Hintergrund sei dem Vorkaufsrecht kein Wert beizumessen. Außerdem betrage nach einem Gutachten des Deutschen Notarinstituts der Wert eines dinglichen Vorkaufsrechts nach § 1094 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Regel nur 2 bis 3 % des Verkehrswertes. Der Beklagte erhöhte deshalb die Einkünfte des Kläger für 2013 um ... Euro (... Euro Vorkaufsrecht, ... Euro Notarberatung).
13Zu b) Die Q. GmbH hatte das Grundstück D.-straße im Jahre 2012 gekauft. Das aufstehende Gebäude war sanierungsbedürftig, aber bewohnbar. Eine Sanierung unterblieb jedoch, weil der Kläger, nach eigenem Vortrag, die Umwandlung in Bauland, eine anschließende Parzellierung und, damit verbunden, eine Wertsteigerung erwartete. Das Grundstück wurde inzwischen wieder verkauft. Mit Ausnahme der dem Kläger überlassenen und mit einem Aufwand von ca. ... Euro renovierten Räume, blieb das Gebäude unvermietet. Der Kläger hatte seinerzeit seinen Lebensmittelpunkt in T. . Er pendelte zwischen T. und R. (Firmensitz) und übernachtete in R. nur gelegentlich, wenn terminliche Gründe dies angebracht erscheinen ließen. Mit der GmbH vereinbarte er eine pauschale Monatsmiete von ... Euro. Der Beklagte sah darin eine verbilligte Nutzungsüberlassung, die er als vGA qualifizierte, und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen um ... Euro (2012) bzw. ... Euro (2013). Die Betriebsprüfung ging bei ihrer Berechnung von einer Nutzung des gesamten Gebäudes durch den Kläger aus.
14Der Kläger wendet ein,
15a) dass der Beklagte in seine Überlegungen die erheblichen wertsteigernden Renovierungsmaßnahmen in der Zeit vor Einräumung des Vorkaufsrechts nicht habe einfließen lassen. Bis zum Jahre 2013 sei der Verkehrswert des Grundstücks sogar auf ... Euro gestiegen. Er, der Kläger, habe die Immobilie zum Zeitpunkt der Finanzkrise äußerst günstig erworben. Seinerzeit, in 2013, habe der an den Besprechungsterminen teilhabende Vertreter der Bank 2 zur Übertragung des Grundstücks auf die Q. GmbH „massiv“ geraten. Durch das Vorkaufsrecht sei die Finanzstruktur der B. GmbH deutlich verbessert worden. Für die Bank 2 sei eine spanische Sicherungshypothek nicht akzeptabel gewesen. Das Vorkaufsrecht sei mit Urkunde vom 21.10.2013 zum spanischen Grundbuch angemeldet worden. Der Vertrag sei dann zum 31.12.2013 noch einmal modifiziert worden.
16Die Frage, ob in diesen Vorgängen eine vGA zu sehen sei, sei auch unter den Gesichtspunkten der Rechtsprechung zu konzerninternen Darlehen zu würdigen. Danach sei die Fremdüblichkeit auch im Hinblick auf den positiven Gesamteffekt für den Konzern zu beurteilen. Nach diesen Grundsätzen seien sogar kritische Darlehen ohne Sicherheiten als fremdüblich angesehen worden. Davon ausgehend sei es hier zu keiner Vermögensminderung gekommen. Die Q. GmbH habe ein werthaltiges Wirtschaftsgut erhalten. Der dem Vorkaufsrecht beigemessene Wert sei auch nicht überhöht (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 12.10.1995 I R 27/95, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2002, 367). Wirtschaftlich betrachtet habe es sich um die Anzahlung für einen späteren Erwerb gehandelt. Bei Nichtausübung des Rechtes hätte die Anzahlung zurückgezahlt werden müssen.
17Richtig sei, dass kein fester Kaufpreis für das Grundstück vereinbart worden sei. Dies entspreche üblichen Vorkaufsrechten, mit dem Inhalt, den Gegenstand später wie mit einem Dritten vereinbart zu erwerben.
18b) Die vereinbarte Miete sei angemessen gewesen, da die „Einliegerwohnung“ nur sporadisch und aus betrieblichen Gründen genutzt worden sei. Das Grundstück sei aus spekulativen Erwartungen der Umwandlung in Bauland erworben worden, nicht jedoch mit dem Ziel, die vorhandenen Wohneinheiten langfristig zu vermieten.
19Der Kläger beantragt,
20die Einkommensteuerfestsetzungen 2012 und 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.06.2020 und der im Klageverfahrens erfolgten Änderungsbescheide vom 28.01.2021 in der Weise abzuändern, dass der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von ... Euro (für 2012) und in Höhe von ... Euro zzgl. ... Euro (in 2013) unterbleibt.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass verdeckte Gewinnausschüttungen i. H. von ... Euro (in 2012) und i. H. von ... Euro (in 2013) rückgängig gemacht werden können.
23Der Beklagte hält im Übrigen an seiner Auffassung fest, dass das der Q. GmbH eingeräumte Vorkaufsrecht nicht werthaltig gewesen und deshalb eine vGA an den Kläger erfolgt sei.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
261. Die Klage ist begründet soweit der Beklagte Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von ... Euro (für 2012) und in Höhe von ... Euro (in 2013) der Besteuerung zu Grunde gelegt hat. Eine aus der Position des Klägers als Gesellschafter der Q. GmbH verursachte verbilligte Überlassung der von ihm genutzten Räume D.-straße in R. lässt sich nicht bestätigen. Zwar ist es unerheblich, dass der Kläger die Räume nur zeitweise nutzte, da sie ihm jedenfalls zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung standen. Jedoch war ihm nicht zu wiederlegen und entspricht auch dem Umstand, dass sich sein Lebensmittelpunkt in T. befunden hatte, dass er nicht das gesamte Grundstück genutzt hat. Gemessen an dieser eingeschränkten Nutzung erscheint die vereinbarte Miete als angemessen und die Annahme einer vGA als nicht gerechtfertigt.
272. Der Beklagte hat zu Recht in den Vorgängen im Zusammenhang mit der Einräumung der als Vorkaufsrecht bezeichneten Rechtsposition (nachfolgend: das Vorkaufsrecht) eine vGA der Q. GmbH an den Kläger gesehen und besteuert.
28a) Eine vGA i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft, hier die Q. GmbH, ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (oder verhinderten Vermögensmehrung) zuwendet (unten b) bb), diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat (unten b) aa), sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt (unten b) cc) und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. BFH Urteile vom 19.1.2000 I R 24/99, BStBl II 2000, 545; vom 15.3.2000 I R 40/99, BStBl II 2000, 504, und vom 9.8.2000 I R 12/99, BStBl II 2001, 140).
29Das ist in der Regel dann der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (vgl. z. B. BFH Urteile vom 24.1.1989 VIII R 74/84, BStBl II 1989, 419; vom 19.3.1991 VIII R 2/85, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH/NV -- 1992, 19; vom 13.9.2000 I R 10/00, BFH/NV 2001, 584, und vom 14.12.2004 VIII R 59/02, BFH/NV 2005, 1090).
30Der bei der Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensnachteil muss danach "eine Vermögensminderung im Sinne einer Verminderung des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG" sein (siehe auch BFH-Urteil vom 22.10.2003 I R 37/02, BStBl II 2004, 121). Demgegenüber liegt ein Vermögensvorteil beim Gesellschafter immer dann vor, wenn dieser über ein bestimmtes, messbares Gut in Geld oder Geldeswert verfügen kann (§ 8 Abs. 1 EStG; ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 1.3.1977 VIII R 106/74, BStBl II 1977, 545).
31Für die Feststellung einer vGA unerheblich ist dagegen, ob die Kapitalgesellschaft, handelnd durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, erkannt hat, dass sie durch ihre Handhabung eine vGA bewirkt hat. Denn weder die Absicht der Kapitalgesellschaft, den Gewinn verdeckt zu verteilen, noch eine Einigung darüber, dass der Vorteil aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zugewendet wird, gehören zu den Voraussetzungen der vGA (BFH Urteile vom 3.12.1969 I R 107/69, BStBl II 1970, 229, und vom 9.10.1985 I R 271/82, BFH/NV 1986, 429).
32Ist der begünstigte Gesellschafter-Geschäftsführer -- wie im Streitfall der Kläger -- ein beherrschender, kann die Vermögensminderung schon dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahestehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (ebenfalls ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BFH Urteile vom 24.1.1990 I R 157/86, BStBl II 1990, 645; vom 9.7.2003 I R 100/02, vom 5.10.2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526, und vom 9.3.2010 VIII R 32/07). Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA in diesen Fällen beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (vgl. BFH Beschluss vom 14.7.1998 VIII B 38/98, BFH/NV 1998, 1582 m.w.N.).
33Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Gesellschafter als Aufwendungen im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und ihm bestehenden Vertragsverhältnisses oder als vGA zugunsten des Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist (BFH Beschluss vom 11.5.2005 IV B 140/03, juris unter Bezugnahme auf das BFH Urteil vom 21.1.1999 IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919; BFH Beschluss vom 17.5.2001 IV B 71/00, BFH/NV 2001, 1390).
34Die zum Begriff der vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG entwickelten Rechtsgrundsätze sind auch für die Auslegung des Begriffs der vGA in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG maßgeblich (BFH Urteil vom 25.5.2004 VIII R 4/01, BFH/NV 2005, 105).
35b) Gemessen an diesen Grundsätzen sind im Falle des Klägers die Voraussetzungen für die Annahme einer vGA erfüllt.
36aa) Die mit der Einräumung des Vorkaufsrechts (vgl. § 463 BGB) verknüpften Transaktionen waren durch die Gesellschafterstellung des Klägers und allein durch sein Interesse veranlasst. Ein betriebliches Interesse der Q. GmbH ist nicht erkennbar. Insbesondere hatte die Q. GmbH kein betriebliches mithin gewinnorientiertes Interesse, sich einen Zugriff gerade auf dieses Grundstück zu sichern. Solches wurde auch vom Kläger nicht behauptet. Aus dem ggf. als Anzahlung verstandenen Vorkaufsrecht ergaben sich auch keinerlei sonstigen Vorteile für die Q. GmbH, insbesondere war eine Verzinslichkeit nicht vereinbart worden. Auch im Verbund mit der B. GmbH ist im Ergebnis kein das persönliche Interesse des Klägers überlagernder Vorteil entstanden. Die auf Seiten der B. GmbH betriebene Bilanzkosmetik war, wie das Gericht aus eigener Sachkunde zu beurteilen vermag, mit geringem Aufwand zu entschlüsseln und allenfalls geeignet, gegenüber unbedarften Partnern im Rechtsverkehr über die finanzielle Lage zu täuschen. Auf der anderen Seite hatte der Kläger erreicht, tatsächlich von seinen persönlichen zivilrechtlich existenten Verbindlichkeiten gegenüber der B. GmbH befreit zu werden. Eine Belastung, eine Haftungsgefahr oder andere Nachteile waren ihm durch die Einräumung des Vorkaufsrechts nicht entstanden. Dieses „Recht“ stand faktisch nur auf dem Papier. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einer Schuldbefreiung einem Nichtgesellschafter nicht zugewandt hätte.
37bb) Dadurch hat der Kläger einen konkreten Vermögensvorteil erlangt, nämlich die Befreiung von seinen persönlichen Verbindlichkeiten gegenüber der B. GmbH. Dieser Vorteil ist ihm im Streitjahr spätestens im Zeitpunkt der Ausbuchung bei B. GmbH am 31.12.2013 auch zugeflossen (§ 8 Abs. 1 EStG).
38cc) Für die Q. GmbH hat sich eine neue verzinsliche und auf 15 Jahre Laufzeit angelegte Darlehensverbindlichkeit i.H.v. ... Euro ergeben, die zu Recht passiviert wurde. Das Vorkaufsrecht wurde hingegen zu Unrecht aktiviert. Denn die um das Vorkaufsrecht konstruierten Vereinbarungen haben keinen durchsetzbaren Anspruch begründet. Die nur aus der Gesellschafterstellung des Klägers zu erklärende Freistellung von seinen Verbindlichkeiten hat sich deshalb auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG bei der Q. GmbH ausgewirkt.
39Zwar kommt es für die Bilanzierung einer Forderung nicht entscheidend darauf an, ob ein Anspruch bereits im zivil- oder öffentlich-rechtlichen Sinne entstanden ist (vgl. BFH Urteil vom 31.8.2011 X R 19/10, BStBl II 2012, 190). Maßgebend ist aber, ob sich ein Anspruch genügend konkretisiert hat und im Falle einer Betriebsveräußerung von den Vertragsparteien bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt würde. Das ist im Hinblick auf das Vorkaufsrecht nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob die in Wirksamkeit gesetzte Vertragsversion diejenige ist, die die (zusätzliche) sechste Klausel enthält. Die erheblichen Zweifel des Gerichts daran, dass es sich um eine „nachgeschriebene“ Version handelt, konnten jedenfalls nicht ausgeräumt werden. Denn es war völlig offen gelassen, ob es überhaupt jemals zu dem Vorkaufsfall und damit zur Verrechnung oder ggf. zur Rückzahlung der „Anzahlung“ kommen würde. Es verwundert nicht, dass in den Verträgen von einem Vorkaufsrecht die Rede ist und nicht schlicht, wie es nach dem Inhalt der dritten Vertragsversion und dem Vortrag des Klägers nahegelegen hätte, von einer Anzahlung. Wäre im Vertrag von einer Anzahlung die Rede, würden die fehlende bzw. vom Gutdünken des Klägers abhängende Fälligkeit und der damit faktisch verbundene Darlehenscharakter bei fehlender Verzinsung offenbar, eine für die Q. GmbH wertlose Position. Mit dem Vorkaufsrecht waren auch im Übrigen keine Verpflichtungen des Klägers gegenüber der Q. GmbH verbunden. Eine Verzinsung der bis auf unbestimmte Zeit gewährten „Anzahlung“ war nicht vorgesehen (vgl. zur Abzinsung § 253 des Handelsgesetzbuchs -- HGB -- und § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG). Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass ein derart ausgestalteter, vom Veräußerer, dem beherrschenden Kläger, frei manipulierbarer „Anspruch“ bei einer Betriebsveräußerung bei der Bemessung des Kaufpreises von einem fremden Dritten nicht berücksichtigt worden wäre.
403. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.