Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund einer möglichen Verletzung der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit streitig.
3Die Klägerin – eine japanische Kapitalgesellschaft (...) – ist Alleingesellschafterin einer (...) GmbH (nachfolgend: GmbH) mit Sitz im Inland. Aufgrund der Gesellschafterbeschlüsse vom 8.5.2009, 9.4.2010 und vom 3.5.2011 nahm die (...) GmbH in den Jahren 2009 bis 2011 Ausschüttungen für die Wirtschaftsjahre 2008, 2009 und 2010 (Ende jeweils am 31.12.) an die Klägerin (...) vor. Wegen der ihr durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nach § 50d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Jahren 2009 bis 2011 geltenden Fassung (EStG) erteilten Teilfreistellungsbescheinigung vom 7.7.2008 behielt die (...) GmbH deutsche Kapitalertragsteuer i.H.v. 15% auf diese Dividendenzahlungen (...) ein, meldete diese beim Finanzamt A-Stadt (nachfolgend: FA) an und führte die Beträge an dieses ab.
4Mit Schreiben vom 20.12.2013 beantragte die Klägerin beim FA die Erstattung der abgeführten Kapitalertragsteuer unter Verweis auf eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit. Sie stützte diesen Antrag auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Kommission ./. Deutschland vom 20.10.2011 C-284/09 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (HFR) 2011, 1387).
5Den Antrag lehnte das FA durch Bescheid vom 7.2.2018 ab. Eine Erstattung nach § 43b EStG oder § 32 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Jahren 2009 bis 2011 geltenden Fassung (KStG) scheide aufgrund der Ansässigkeit der Klägerin in einem Drittstaat aus. Ein Verstoß gegen höherrangiges EU-Recht liege nicht vor. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 19.4.2018).
6Am 23.5.2018 hat die Klägerin Klage gegen das FA erhoben. Nach Änderung der Zuständigkeitsregelung in § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (Finanzverwaltungsgesetz –FVG–) zum 9.6.2021 haben das FA und das BZSt mitgeteilt, dass nunmehr das BZSt Beklagter des Klageverfahrens sei.
7Die Klägerin trägt vor, die einbehaltene Kapitalertragsteuer führe für sie zu einer Definitivbelastung. Eine Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer sei in Japan ab dem Jahr 2009 nicht mehr möglich. In Deutschland komme bei beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften § 8b Abs. 1 KStG nicht zur Anwendung, sondern die Körperschaftsteuer sei durch den Steuerabzug nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgegolten. Eine Minderung der Kapitalertragsteuer unter den nach Art. 10 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Japan in der Fassung vom 22.4.1966 (DBA Japan, gültig bis zum 27.10.2016) gültigen Quellensteuersatz von 15% sei daher nicht möglich; dies verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Daher sei ihr die Kapitalertragsteuer in entsprechender Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG durch Erlass von Freistellungsbescheiden nach § 155 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) zu erstatten.
8Die Kapitalverkehrsfreiheit werde vorliegend nicht durch die Niederlassungsfreiheit verdrängt. Dies sei nur bei nationalen Regelungen der Fall, die ausschließlich auf Beteiligungen anwendbar seien, die es ermöglichten, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben. Nationale Regelungen, die einen solchen Einfluss nicht zwangsläufig voraussetzten, sondern z.B. auch Portfoliobeteiligungen erfassten, seien dagegen am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu prüfen. Dabei sei auf den abstrakten Regelungsgehalt der Norm unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe der Gesellschaft abzustellen. Streitentscheidend sei hier § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, der keine Mindestbeteiligung und damit keinen sicheren Einfluss auf eine Gesellschaft voraussetze. Auf § 43b Abs. 2 EStG, der in den Streitjahren eine Mindestbeteiligungsquote von 10% vorgesehen habe, oder § 32 Abs. 5 KStG sei dagegen entgegen der Ansicht des FA nicht abzustellen. Die konkrete Beteiligungshöhe sei nur entscheidend, wenn es sich um einen Vorgang innerhalb von EU-Staaten handele, nicht aber wenn – wie hier – ein Fall mit Drittstaatenbezug vorliege, weil die Dividendenempfängerin in einem Drittstaat ansässig sei.
9Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit ergebe sich daraus, dass an Gebietsfremde ausgeschüttete Dividenden weniger günstig behandelt würden als an Gebietsansässige ausgeschüttete Dividenden, da bei Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei seien und gezahlte Kapitalertragsteuer auf die Körperschaftsteuer angerechnet und ein etwaiger Überhang erstattet werde. Bei der Klägerin trete dagegen aufgrund der Abgeltungswirkung des § 32 Abs. 1 KStG eine definitive Belastung ein. Diese Beschränkung werde auch nicht durch eine Steueranrechnung in Japan bzw. Regelungen im DBA Japan beseitigt, da eine Steueranrechnung dort auf die Steuer beschränkt sei, die in Japan auf Dividendenbeträge erhoben werde. In Japan seien Dividendenbezüge ausländischer Tochtergesellschaften aber seit 2009 ähnlich dem deutschen § 8b KStG zu 95% steuerbefreit und eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern seither komplett nicht mehr möglich. Auf die insoweit eingereichten Unterlagen zur Rechtslage in Japan (Bl. 20-23 der Beiakte) wird Bezug genommen. Die Ausschüttung des Jahres 2009 habe auf dem Beschluss der (...) GmbH vom 8.5.2009 beruht. Da die Rechtsänderung in Japan im April 2009 für Wirtschaftsjahre, die nach dem 1.4.2009 begonnen haben, eingetreten sei und das Wirtschaftsjahr der Klägerin vom 1.4. bis zum 31.3. des Folgejahres laufe, unterfalle auch die Ausschüttung im Jahr 2009 schon der geänderten Rechtslage in Japan. Deutschland als Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft müsse nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von der Besteuerung im Sitzstaat der empfangenen Gesellschaft sicherstellen, dass für Dividenden gebietsfremder Gesellschaften eine gleichwertige Behandlung wie für Dividenden inländischer Gesellschaften vorgesehen werde, was aufgrund des abgeltenden Kapitalertragssteuerabzugs nicht der Fall sei.
10Eine Rechtfertigung dieser Beschränkung sei nicht ersichtlich. Die Klägerin befinde sich hinsichtlich der betreffenden Vorschriften in einer mit einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft vergleichbaren Situation. Auch eine Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, Wahrung der Kohärenz des Steuersystems oder Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle komme nicht in Betracht.
11Die Voraussetzungen der Stand-Still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon –AEUV– (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) seien nicht erfüllt. Es liege keine Beschränkung vor, die bereits zum 31.12.1993 bestanden habe. Denn durch die generelle Freistellung von Gewinnausschüttungen durch § 8b Abs. 1 KStG im Jahr 2000 habe sich das System der Besteuerung von Dividendeneinkünften und damit der rechtliche Rahmen, in den sich die Regelung des § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG bzw. dessen Vorgängerregelung einfügte, signifikant geändert. Dies habe der EuGH so auch für Fälle der nachträglichen Einführung einer Steuerbefreiung und für § 9 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes 2002 (GewStG 2002) entschieden.
12Die Klägerin beantragt,
13den Beklagten zu verpflichten, Freistellungsbescheide nach § 155 Abs. 1 Satz 3 AO zu erlassen und die einbehaltene Kapitalertragsteuer zu erstatten,
14hilfsweise die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
15Das BZSt beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Es trägt vor, es sei allein die auf die Klägerin nicht anwendbare Niederlassungsfreiheit einschlägig. In die Prüfung sei die Regelung des § 43b Abs. 2 EStG, die in den Streitjahren eine Mindestbeteiligungsquote von 15% verlangt habe, miteinzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) genüge eine solche Quote für einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft, sodass die Niederlassungsfreiheit die Kapitalverkehrsfreiheit verdränge. Jedenfalls ergebe sich ein solch sicherer Einfluss aufgrund der konkreten Beteiligung der Klägerin an der (...) GmbH. Auf diese sei vorliegend abzustellen, da die Klägerin als eine in einem Drittstaat ansässige Muttergesellschaft Dividenden mit Ursprung aus einem EU-Mitgliedstaat erhalte. Die von der Klägerin angeführten EuGH-Entscheidungen befassten sich dagegen mit dem umgekehrten Fall der Dividendenzahlung aus einem Drittstaat in die EU. Die Klägerin habe sicheren Einfluss auf die (...) GmbH, denn sie halte 100% der Anteile und setze nach ihrem Internetauftritt auch ihren Willen bei der ausschüttenden GmbH uneingeschränkt durch.
18Zudem behandelten die deutschen Bestimmungen die in einem Drittstaat ansässige Klägerin nicht schlechter als inländische Muttergesellschaften. Die Erhebung der Kapitalertragsteuer erfolge unabhängig davon, ob der Empfänger der Dividende in Deutschland oder im Ausland ansässig sei. Deutschland übe lediglich sein Recht zur Quellenbesteuerung aus. Japanische Muttergesellschaften könnten – wie inländische Gesellschaften im Rahmen der Veranlagung – nach den Regelungen des DBA Japan die einbehaltene Steuer anrechnen. Diese Anrechnungsverpflichtung sei Teil des deutschen Rechts. Nach der Rechtsprechung des EuGH könnten Regelungen in einem DBA den Quellensteuerabzug neutralisieren. In seiner jüngeren Rechtsprechung habe der EuGH betont, dass die Grundfreiheiten einen Mitgliedstaat nicht verpflichteten, seine Steuervorschriften in allen Situationen auf diejenigen eines anderen Mitgliedstaats abzustimmen. Dies müsse erst recht im Verhältnis zu Drittstaaten gelten. Daher könne Deutschland nicht aufgrund der Änderungen im japanischen Steuerrecht zu einem Erstattungsanspruch verpflichtet werden. Dem stehe auch nicht das EuGH-Urteil vom 20.10.2011 entgegen, weil der EuGH dort eine Ungleichbehandlung in- und ausländischer Dividendenempfänger nicht geprüft habe, da Deutschland dies in dem Verfahren nicht bestritten habe. Die belastende Änderung beruhe auf der Reform des japanischen Steuerrechts nach Abschluss des DBA Japan 1966, so dass der deutsche Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen sei, die dortige Rechtsentwicklung innerstaatlich nachzuvollziehen. Vielmehr sei es Aufgabe der japanischen Finanzverwaltung gewesen, die dadurch eingetretene Diskriminierung zu beseitigen, was durch die Neufassung des DBA Japan 2016 geschehen sei.
19Schließlich sei der geltend gemachte Anspruch aufgrund der Stand-Still-Klausel (Art. 64 Abs. 1 AEUV) ausgeschlossen. Wegen der 100%-Beteiligung der Klägerin liege eine Direktinvestition i.S. der Vorschrift vor. Die Regelungen zur Abgeltungswirkung des Kapitalertragssteuerabzugs durch § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG bzw. dessen Vorgängerregelung seien - anders als die von der Klägerin angeführte Regelung des § 9 Nr. 7 GewStG 2002 - seit dem 31.12.1993 identisch. Der Rechtsrahmen der steuerlichen Behandlung von Dividenden bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften habe sich weder durch die Einführung des § 8b Abs. 1 KStG noch durch den mehrfachen Systemwechsel nach dem Anrechnungsverfahren verändert. Auch das Erstattungsverfahren nach §§ 43b i.V.m. § 50d Abs. 1 EStG sei in seiner Vorgängerversion seit dem 31.12.1993 unverändert.
20Bei der Höhe eines etwaigen Erstattungsbetrags sei zu beachten, dass bei einer reinen Inlandsbesteuerung von Dividendenerträgen diese wegen § 8b Abs. 5 KStG bis auf 5% von der Körperschaftsteuer freigestellt würden. Aufgrund einer identischen Regelung in Japan und des damals dort ebenfalls gültigen Steuersatzes von 15% stehe der Klägerin in Japan Steuersubstrat zur Verfügung, das zumindest anteilig mit dem deutschen Quellensteueranspruch aufgerechnet werden könne. Eine Diskriminierung der Klägerin scheide daher (...) schon der Höhe nach aus.
21Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24I. Das BZSt ist zutreffender Beklagter.
25Wird nach Erhebung der Klage statt der ursprünglich beklagten eine andere Finanzbehörde für die Steuerfestsetzung zuständig und beruht dieser Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Finanzverwaltung, so tritt die zuständig gewordene Behörde an Stelle des bisherigen Beklagten in den anhängigen Rechtsstreit ein (vgl. etwa BFH, Urteil vom 25.1.2005 I R 87/04, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2005, 575 m.w.N.). Im Streitfall hat aufgrund der Änderung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 FVG durch das Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer vom 2.6.2021 (Bundesgesetzblatt I 2021, 1259) zum 9.6.2021 ein solcher gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden. Denn danach ist – anders als vor der Gesetzesänderung, als mangels ausdrücklicher Regelung zugunsten des BZSt nicht dieses, sondern das örtlich zuständige Finanzamt zuständig war (vgl. dazu etwa BFH, Urteil vom 11.1.2012 I R 25/10, HFR 2012, 616) – nunmehr ausdrücklich das BZSt für die Erstattung von Kapitalertragsteuer an beschränkt Steuerpflichtige, soweit die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist, zuständig.
26Trotz des eingetretenen Wechsels auf der Beklagtenseite ist das Finanzgericht –FG– Düsseldorf weiterhin für die Entscheidung über die Klage zuständig. Das nunmehr beklagte BZSt hat seinen Sitz zwar nicht im Bezirk dieses FG. Dessen örtliche Zuständigkeit ergibt sich jedoch aufgrund des unveränderten Streitgegenstands aus § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes i.V.m. § 70 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO, vgl. dazu auch BFH, Urteil vom 25.1.2005 I R 87/04, BStBl II 2005, 575).
27II. Die Klage ist unbegründet.
28Die Ablehnung des beantragten Erlasses von Freistellungsbescheiden und der Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer durch den Bescheid vom 7.2.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 19.4.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer zu.
291. Die beantragte Erstattung kann – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – nicht auf § 43b EStG oder § 32 Abs. 5 KStG oder sonstige unmittelbar anwendbare nationale Vorschriften gestützt werden.
302. Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt ein solcher Anspruch auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 50d Abs. 1 EStG aufgrund eines Verstoßes gegen primäres Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht in Form der Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrages von Nizza (EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 C 325, 1) bzw. – mit Inkrafttreten zum 1.12.2009 – jetzt Art. 63 AEUV.
31a) Zwar hat der BFH mehrfach entschieden, dass bei einer abgeltenden Wirkung der Körperschaftsteuer für Kapitalerträge i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG dem Steuerabzug unterliegen, bei einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft als Bezieherin der Einkünfte der abgeltende Steuerabzug nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG definitiv wirken und eine solche definitive Wirkung des Steuerabzugs zu einer wirtschaftlich höheren Besteuerung führen kann, als bei Dividenden, die an Gesellschaften mit Sitz in Deutschland ausgeschüttet werden, und damit einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen kann (vgl. BFH, Urteile vom 11.1.2012 I R 25/10 HFR 2012, 616; vom 13.4.2021 I R 31/18, Deutsches Steuerrecht (DStR) 2021, 2114; so auch EuGH, Urteil Kommission ./. Deutschland vom 20.10.2011 C-284/09, HFR 2011, 1387). Liegt ein solcher Verstoß vor, kann ein Anspruch auf nachträgliche Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer auf eine analoge Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG gestützt werden (BFH, Urteile vom 11.1.2012 I R 25/10 HFR 2012, 616; vom 13.4.2021 I R 31/18, DStR 2021, 2114; FG Nürnberg, Urteil vom 12.4.2018 6 K 1390/16, Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1095).
32Eine derartige definitive Wirkung ist im Streitfall aufgrund der Änderung des japanischen Steuerrechts eingetreten, da in Japan ab April 2009 eine Anrechnung im Ausland einbehaltener Quellensteuern auf Dividendenerträge unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund der Steuerfreiheit der Dividendenerträge in Japan nicht mehr möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin unstreitig vor, insbesondere war die Rechtsänderung in Japan aufgrund des am 1.4.2009 beginnenden Wirtschaftsjahres der Klägerin auch für die Ausschüttung aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 8.5.2009 bereits anwendbar.
33b) Voraussetzung eines Anspruchs in analoger Anwendung des § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG ist die Verletzung einer Grundfreiheit. Im Streitfall kann sich die Klägerin allerdings nur auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen.
34Die Niederlassungsfreiheit ist – da sie nur für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) gilt (Art. 49 AEUV, früher Art. 43 EG, EuGH, Urteil Kronos International vom 11.9.2014 C-47/12, HFR 2014, 1027) – anders als die Kapitalverkehrsfreiheit, die auch im Verhältnis zu Drittstaaten Anwendung findet (Art. 63 Abs. 1 AEUV, EuGH, Urteil A vom 18.12.2007 C-101/05, HFR 2008, 295), im Hinblick auf die Klägerin, die ihren Sitz in Japan und damit nicht innerhalb der EU hat, nicht anwendbar. Die Niederlassungsfreiheit i.S. des Art. 49 AEUV soll wie auch der freie Dienstleistungsverkehr im Sinne des Art. 56 AEUV (früher Art. 49 EG) ausschließlich zugunsten der Angehörigen der Mitgliedstaaten gewährleistet werden (vgl. EuGH, Urteil Eqiom und Enka vom 7.9.2017 C-6/16, HFR 2018, 175). Daher kann sich ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat – wie die Klägerin – nicht hierauf berufen.
35Die Kapitalverkehrsfreiheit wird aufgrund der Höhe der Beteiligung der Klägerin an der (...) GmbH durch die im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Besteuerung von Dividenden vorrangige Niederlassungsfreiheit verdrängt.
36aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann die steuerliche Behandlung von Dividenden sowohl unter die Niederlassungsfreiheit als auch unter den freien Kapitalverkehr fallen (vgl. etwa EuGH, Urteile Kronos International Urteil vom 11.9.2014 C-47/12, HFR 2014, 1027; Deister Holding vom 20.12.2017 C-504/16 und C-613/16, HFR 2018, 245 m.w.N.).
37(1) Für die Frage, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere Grundfreiheit fällt, ist auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (EuGH, Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88; Deister Holding vom 20.12.2017 C-504/16 und C-613/16, HFR 2018, 245). Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV über die Niederlassungsfreiheit. Hingegen sind nationale Regelungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (EuGH, Urteil Deister Holding vom 20.12.2017 C-504/16 und C-613/16, HFR 2018, 245).
38Vorliegend setzen die hier betroffenen Regelungen der § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. § 43b EStG bzw. Art. 10 Abs. 2 DBA Japan keine Beteiligungsquote voraus, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen.
39Denn § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 50d Abs. 1 EStG und Art. 10 Abs. 2 DBA Japan sehen schon gar keine Mindestbeteiligung vor. § 43b Abs. 2 EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung setzte dagegen eine Mindestbeteiligungsquote von 10% voraus (§ 43b Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 55c EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9.12.2004, BStBl I 2004, 1158). Nach der Rechtsprechung des EuGH ermöglicht es eine Beteiligung von mindestens 10% zwar, diejenigen Investitionen vom Geltungsbereich der Befreiung auszuschließen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage getätigt werden, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll. Jedoch bewirkt eine solche Anteilsquote für sich allein nicht, dass die Befreiung nur auf Beteiligungen anwendbar wäre, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Eine Beteiligung in dieser Höhe lässt nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass die Gesellschaft, die sie hält, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der die Dividenden ausschüttenden Gesellschaft ausübt (vgl. etwa EuGH, Urteile Itelcar vom 3.10.2013 C-282/12, HFR 2013, 1169; Kronos vom 11.9.2014 C-47/12, HFR 2014, 1027; Deister Holding vom 20.12.2017 C-504/16 und C-613/16, HFR 2018, 245). Auch der BFH hat seine gegenteilige frühere Rechtsprechung, dass eine unmittelbare Beteiligung an den stimmberechtigten Anteilen einer Tochtergesellschaft von mindestens 10% bei der gebotenen typisierenden Betrachtung einen hinreichend "sicheren Einfluss" ermögliche und damit vorrangig die Niederlassungsfreiheit anwendbar sei (vgl. etwa BFH, Urteil vom 29.8.2012 I R 7/12, BStBl II 2013, 89) unter Verweis auf die EuGH-Rechtsprechung aufgegeben (BFH, Urteil vom 24.7.2018 I R 75/16, BStBl II 2019, 806).
40(2) Im Hinblick auf Rechtsvorschriften, deren Gegenstand es – wie hier – nicht ermöglicht, zu bestimmen, ob sie vorwiegend unter Art. 49 AEUV oder unter Art. 63 AEUV fallen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu differenzieren (grundlegend EuGH-Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88): Handelt es sich um Dividenden mit Ursprung in einem Mitgliedstaat, sind die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles zu berücksichtigen, um zu klären, ob die zugrunde liegende Situation von Art. 49 AEUV oder von Art. 63 AEUV erfasst wird. Handelt es sich demgegenüber um Dividenden mit Ursprung in einem Drittstaat, kann sich die in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft unabhängig vom Umfang der Beteiligung im konkreten Fall allein auf Art. 63 AEUV berufen (EuGH-Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88; Kronos International vom 11.9.2014 C-47/12, HFR 2014, 1027; EV vom 20.9.2018 C-685/16, BStBl II 2019, 111). Insofern bleibt die Höhe der konkreten Beteiligung unberücksichtigt (EuGH, Urteil Kronos International vom 11.9.2014 C-47/12, HFR 2014, 1027). Auch der BFH nimmt diese Unterscheidung vor (BFH, Urteil vom 24.7.2018 I R 75/16, BStBl II 2019, 806; so auch FG Köln, Urteil vom 17.3.2021 2 K 476/77, zit. nach juris, richtiges Az. lt. Datenbank NRWE 2 K 476/17).
41(a) Danach sind hier, da die streitgegenständlichen Dividenden aufgrund der Ausschüttungen durch die (...) GmbH ihren Ursprung in einem Mitgliedstaat und nicht in einem Drittstaat haben, die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles zu berücksichtigen. Da die Klägerin eine Beteiligung von 100% an der (...) GmbH hält und eine solche Beteiligung unstreitig einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Tochtergesellschaft gewährt und die Klägerin auch im Übrigen unwidersprochen ihren Einfluss bei der (...) GmbH geltend macht, wird die zugrunde liegende Situation nur von Art. 49 AEUV erfasst und die Anwendung von Art. 63 AEUV ist ausgeschlossen.
42(b) Soweit die Klägerin demgegenüber vertritt, es komme nicht auf die Herkunft der Dividende, sondern allein auf die Frage an, ob es sich um einen Vorgang innerhalb von EU-Staaten (dann Prüfung der konkreten Umstände) oder einen Vorgang mit Drittstaatenbezug (dann nur Prüfung des Gegenstands der nationalen Regelung) handele, kann dem nicht gefolgt werden.
43Zwar wird z.T. auch in der Literatur vertreten, es komme bei einer Drittstaatenbetroffenheit nicht auf die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles an (vgl. etwa Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Europäisches Steuerrecht Rn. 4.82; Watrin/Eberhardt, Betriebsberater 2014, 2967; Binnewies/Mehlhaf, Die Aktiengesellschaft 2021, 193). Der Senat versteht die Rechtsprechung des EuGH allerdings in dem Sinne, dass in Fällen wie dem vorliegenden die konkrete Beteiligungshöhe maßgeblich ist (vgl. dazu etwa Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, § 43 EStG, Rn. 31, 33, 40; Rust, DStR 2009, 2568; so auch FG Köln, Urteil vom 17.3.2021 2 K 476/77, zit. nach juris, richtiges Az. lt. Datenbank NRWE 2 K 476/17).
44Denn der Rechtsprechung des EuGH lässt sich eine solche Differenzierung schon nicht entnehmen, vielmehr wird dort eindeutig auf den Ursprung der Dividendenzahlung abgestellt. Allerdings liegen den insoweit entschiedenen Fällen – soweit ersichtlich – nur Fallgestaltungen zugrunde, in denen entweder Dividenden innerhalb von zwei Mitgliedstaaten der EU gezahlt wurden, oder in denen es um die Besteuerung von Dividenden ging, die aus Drittstaaten stammten. Über die vorliegende (umgekehrte) Konstellation der Zahlung einer Dividende aus einem Mitgliedstaat an eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft ist somit bislang (soweit ersichtlich) keine Entscheidung ergangen.
45Dennoch ist der Senat – neben der schon erwähnten Abgrenzung der Rechtsprechung nach der Herkunft der Dividende – aus den folgenden Gründen der Ansicht, dass zur Abgrenzung von Art. 49 AEUV und Art. 63 AEUV nach der Rechtsprechung des EuGH in der vorliegenden Konstellation auf die konkreten Umstände – also insbesondere auch auf die konkrete Beteiligungshöhe und die Möglichkeit der Einflussnahme der Klägerin – abzustellen ist:
46Der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ist auf Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der EU begrenzt. Da die Kapitalverkehrsfreiheit aber – wie erläutert – eine solche Einschränkung nicht enthält, muss vermieden werden, dass durch eine zu weite Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit in den Fällen, in denen sowohl die Niederlassungs- als auch die Kapitalverkehrsfreiheit betroffen sind, durch Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit Drittstaatenangehörige doch in einen der Niederlassungsfreiheit vergleichbaren Schutz gelangen. Der EuGH hat dazu wie folgt ausgeführt: „Da der Vertrag die Niederlassungsfreiheit nicht auf Drittländer erstreckt, ist zu vermeiden, dass die Auslegung von Art. 63 Abs. 1 AEUV in Bezug auf die Beziehungen zu Drittländern es Wirtschaftsteilnehmern, die sich außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit befinden, erlaubt, in den Genuss dieser Freiheit zu gelangen“ (EuGH, Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88).
47Im dort durch den EuGH zu entscheidenden Fall ging es u.a. um die Besteuerung von Dividenden aus Investitionen, die der Bezieher der Dividenden in eine in einem Drittland ansässige Gesellschaft getätigt hatte. In dieser Konstellation sah der EuGH keine Gefahr einer Umgehung des Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit: „Eine solche Gefahr besteht nicht in einer Situation wie derjenigen des Ausgangsverfahrens. Die Regelung des betreffenden Mitgliedstaats betrifft nämlich nicht die Voraussetzungen des Marktzugangs einer Gesellschaft dieses Mitgliedstaats in einem Drittland oder einer Gesellschaft eines Drittlands in diesem Mitgliedstaat. Sie betrifft nur die steuerliche Behandlung von Dividenden aus Investitionen, die der Bezieher der Dividenden in eine in einem Drittland ansässige Gesellschaft getätigt hat“ (EuGH, Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88).
48Im hier vorliegenden Fall liegt dagegen keine Investition eines Angehörigen eines Mitgliedstaats in eine in einem Drittland ansässige Gesellschaft vor, sondern umgekehrt eine Investition einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft (der Klägerin) in eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft (die (...) GmbH). In dieser Konstellation ist nach Überzeugung des Senats aber auch die Frage des Marktzugangs – und damit eine Frage der Niederlassungsfreiheit – der Drittstaatengesellschaft betroffen, wenn wie hier eine Beteiligung vorliegt, die es erlaubt, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Für dieses Verständnis spricht auch, dass der EuGH bei Dividendenzahlungen zwischen Angehörigen zweier Mitgliedstaaten ebenfalls auf die konkreten Umstände abstellt, da dann auch die Frage des Marktzugangs (zu Mitgliedstaaten der EU) betroffen ist (vgl. etwa EuGH, Urteil Deister Holding vom 20.12.2017 C-504/16 und C-613/16, HFR 2018, 245) und der Fall damit anders liegt, wenn eine Dividende aus einem Drittstaat stammt und damit nicht der Marktzugang zur EU betroffen ist.
49Die Kapitalverkehrsfreiheit tritt auch im Übrigen im Streitfall gegenüber der Niederlassungsfreiheit zurück. Dazu hat der EuGH entschieden, dass für den Fall, dass eine innerstaatliche Maßnahme mehrere der durch die Verträge garantierten Verkehrsfreiheiten betrifft, die in Rede stehende Maßnahme grundsätzlich nur im Hinblick auf eine dieser Freiheiten geprüft wird, wenn sich im Hinblick auf den Gegenstand dieser Maßnahme herausstellt, dass die anderen ihr gegenüber völlig zweitrangig sind und ihr zugeordnet werden können (vgl. EuGH, Urteile Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 C-35/11, HFR 2013, 88; Beker und Beker vom 28.2.2013 C-168/11, HFR 2013, 456; Kommission ./. Spanien vom 27.1.2022 C-788/19, juris). Danach ist die Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber der konkurrierenden Niederlassungsfreiheit im Streitfall völlig zweitrangig, denn der Kapitalverkehr erschöpft sich in der Bezahlung der Dividenden als Gegenleistung für die Überlassung des Kapitals durch die Klägerin. Es ist nahezu ausschließlich die Niederlassungsfreiheit betroffen, da das Leistungsverhältnis (Dividendenausschüttung) durch die Beteiligung der Klägerin an der inländischen Gesellschaft geprägt wird und nicht mit dem reinen Ziel der Geldanlage erfolgt. Die Dividendenansprüche hängen – anders als etwa Darlehensvergütungen oder Lizenzzahlungen, die ungeachtet einer Beteiligung gezahlt werden können – von einer Beteiligung an der emittierenden Gesellschaft ab. Es handelt sich nicht um bloße Geldanlagen, die erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen wird (vgl. dazu auch FG Köln, Urteil vom 17.3.2021 2 K 476/77, zit. nach juris m.w.N., richtiges Az. lt. Datenbank NRWE 2 K 476/17).
50bb) An der Nachrangigkeit der Kapitalverkehrsfreiheit ändert sich auch dann nichts, wenn die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit – wie im Streitfall – nur deshalb keine Anwendung finden, weil die Niederlassungsfreiheit in einem Drittstaat ausgeübt wird (vgl. BFH, Urteil vom 9.5.2012 X R 3/11, BStBl. II 2012, 585; FG Köln, Urteil vom 17.3.2021 2 K 476/77, zit. nach juris m.w.N., richtiges Az. lt. Datenbank NRWE 2 K 476/17).
51c) Da die Kapitalverkehrsfreiheit aus den oben dargestellten Gründen schon nicht anwendbar ist, brauchen die weiteren streitigen Fragen (Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit und deren etwaige Rechtfertigung, Anwendbarkeit der Stand-Still Klausel gem. Art. 64 Abs. 1 AEUV und Höhe des Erstattungsanspruchs) durch den Senat nicht entschieden zu werden. Im Hinblick auf einen etwaigen Ausschluss des Anspruchs nach § 50d Abs. 3 EStG ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Insbesondere vermag der Senat nicht zu erkennen – was auch das FA bzw. das BZSt nicht vortragen –, dass für die Einschaltung der Klägerin wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlten oder die Klägerin nicht mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnahm.
52III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da der BFH bislang über Fälle, in denen die Dividende aus einem Mitgliedstaat der EU stammt und in einen Drittstaat gezahlt hat, noch nicht ausdrücklich bzw. entscheidungserheblich entschieden hat.