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Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner sechs Bescheide vom 12. Dezember 2013 sowie seiner Bescheide vom 25. März 2014, vom 29. Februar 2016 und vom 24. März 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2020 verpflichtet, der Klägerin Steuerentlastungen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG von insgesamt … € zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin stellt an ihrem Standort in C-Stadt Kunststoffadditive und Plastisole her. Hierzu wird eine Dispersion aus Emulsionspolymerisaten hergestellt, die in einem Sprühturm getrocknet wird. Zur Vermeidung einer Explosion bei dem Trocknungsprozess stellt die Klägerin heißes Inertgas her. Hierzu verbrennt sie versteuertes Erdgas in einer Brennkammer. In der Brennkammer werden das Erdgas und Frischluft im Verhältnis von 153 Nm³ zu 306 Nm³ pro Stunde verbrannt. Dadurch wird der Sauerstoffanteil der Luft reduziert, so dass ein Inertgas mit einem Sauerstoffanteil von etwa 4 % entsteht. Der Sauerstoffanteil des Inertgases muss unter 8,5 % liegen, damit es im Sprühturm nicht zu einer Explosion kommt. Das etwa 230° bis 260° heiße Inertgas wird alsdann über einen Zentrifugalzerstäuber in den Sprühturm geleitet. Die Dispersion aus den Emulsionspolymerisaten wird gleichfalls in den Sprühturm geleitet. Durch den Einsatz des Inertgases findet in dem Sprühturm eine Dehydratisierung statt, bei der etwa 50 % des Wassers aus der Dispersion von dem Inertgas aufgenommen wird. Ferner trägt die Wärme des Inertgases zu der Trocknung der Dispersion bei. Das durch die Trocknung entstehende staubförmig anfallende Produkt wird am Boden des Sprühturms entnommen und in Silos verbracht.
3Die Klägerin beantragte im Oktober, Februar, Juli, Oktober 2013, im März 2014, im November 2015 und im November 2016 beim beklagten Hauptzollamt, ihr für die Verwendung von insgesamt … MWh Erdgas für die Trocknung der Dispersionen aus Emulsionspolymerisaten in dem 2., 3. und 4. Kalendervierteljahr 2012, in dem 1., 2., 3. und 4. Kalendervierteljahr 2013 … € nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) zu gewähren. Das beklagte Hauptzollamt lehnte diese Anträge mit sechs Bescheiden vom 12. Dezember 2013 bezüglich des 2., 3. und 4. Kalendervierteljahres 2012 sowie des 1., 2. und 3. Kalendervierteljahres 2013, mit einem Bescheid vom 25. März 2014 bezüglich des 4. Kalendervierteljahres 2013, mit einem Bescheid vom 29. Februar 2016 bezüglich des Kalenderjahres 2014 und mit einem Bescheid vom 24. März 2017 bezüglich des Kalendervierteljahres 2015 ab.
4Mit ihren hiergegen eingelegten Einsprüchen trug die Klägerin vor: Bei der Herstellung des sauerstoffarmen Inertgases handele es sich um einen anderen Verwendungszweck im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG. Die Erzeugung der Wärme und die Erzeugung des Inertgases seien unverzichtbar für den Trocknungsprozess. Für die Herstellung des Inertgases sei es erforderlich, dass das Erdgas mit Sauerstoff reagiere und dadurch das erforderliche Kohlendioxid erzeugt werde. Der Kohlenstoff als Bestandteil des Erdgases gehe in das hergestellte Inertgas ein.
5Das beklagte Hauptzollamt wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 12. August Mai 2020 zurück und führte aus: Eine Steuerentlastung setze voraus, dass zumindest die Verbrennungsprodukte des Energieerzeugnisses stofflich in das Endprodukt eingingen, um dadurch die Eigenschaften des Endprodukts entscheidend zu prägen. Im Streitfall gehe das Inertgas keine stoffliche Verbindung mit der durch Wärmeeinwirkung zu trocknenden Dispersion ein. Mit dem Erdgas werde kein für die Produktion erforderlicher Stoff zur Verfügung gestellt. Es werde nicht gestaltverändernd auf das Endprodukt eingewirkt. Es liege auch keine gleichzeitige Verwendung vor, weil zunächst das Erdgas zur Erzeugung von Wärme verbrannt und erst im Anschluss hieran die heiße Abluft verwendet werde, um der Lösung im Sprühturm Wasser zu entziehen.
6Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Das Trocknungsverfahren und damit das gesamte Produktionsverfahren könne nicht ohne das Inertgas durchgeführt werden, weil der Sauerstoffgehalt im Sprühturm ohne den Einsatz des Inertgases die Explosionsgrenze überschreiten würde. Erst wenn die Atmosphäre im Sprühturm inertisiert sei, könne der Produktionsprozess der Klägerin zu Ende geführt werden. Das Inertgas falle nicht unweigerlich an, sondern werde gezielt für das Produktionsverfahren hergestellt. Auf eine Substituierbarkeit des verwendeten Energieerzeugnisses komme es nicht an. Es sei für einen Antragsteller auch unmöglich nachweisen, dass eine Substitution des verwendeten Energieerzeugnisses nicht möglich sei. Nähme man ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal an, würde § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG leerlaufen.
7Die Klägerin beantragt,
8das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seiner sechs Bescheide vom 12. Dezember 2013 sowie seiner Bescheide vom 25. März 2014, vom 29. Februar 2016 und vom 24. März 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2020 zu verpflichten, ihr Steuerentlastungen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG von insgesamt …€ zu gewähren.
9Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung trägt es vor: Die Klägerin erzeuge durch das Verbrennen des Erdgases zur Nutzung der Wärme ein unweigerlich anfallendes gewöhnliches Rauchgas. Das Rauchgas bewirke durch seine Wärme die Trocknung der Dispersionen und damit die Verdampfung des in den Dispersionen enthaltenen Wassers. Das stelle einen Verbrauch des Erdgases als Heizstoff und keinen zweierlei Verwendungszweck dar. Das bloße Ausnutzen der inerten Eigenschaften eines unweigerlich anfallenden Verbrennungsgases in einem Produktionsprozess reiche nicht aus, um einen zweierlei Verwendungszweck anzunehmen. Im Übrigen liege deshalb kein zweierlei Verwendungszweck vor, weil das Inertgas auch durch das Verbrennen eines anderen Energieerzeugnisses hergestellt oder der Effekt des Inertgases auch unter Einsatz anderer Stoffe erreicht werden könne.
12Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 153 GA; Bl. 155 GA 4 K 2278/20 VE).
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die Klage ist begründet. Die sechs Bescheide vom 12. Dezember 2013 sowie die Bescheide vom 25. März 2014, vom 29. Februar 2016 und vom 24. März 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2020 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Gewährung der von ihr begehrten Steuerentlastungen von insgesamt …€.
15Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG wird auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als alsHeiz- oder Kraftstoff verheizt worden sind. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG beruht auf Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. EU Nr. L 283/1). Danach gilt die Richtlinie 2003/96 nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie 2003/96. Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Mitgliedstaaten befugt, Energieerzeugnisse nicht zu besteuern (Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH –, Beschluss vom 17. Dezember 2015 Rs. C-529/14, ECLI:EU:C:2015:836 Randnr. 30). Daher ist § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie 2003/96 und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH auszulegen.
16Die Verwendung eines Energieerzeugnisses fällt nur dann nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/96, wenn dieses Erzeugnis in seiner Funktion als Energiequelle selbst anders als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet wird. Ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt wird, kann zweierlei Verwendungszweck haben, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz einer Substanz durchgeführt werden kann, von der feststeht, dass sie nur durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden kann (EuGH, Urteil vom 2. Oktober 2014 Rs. C-426/12, ECLI:EU:C:2014:2247 Randnr. 23 f.; Beschluss vom 17. Dezember 2015 Rs. C-529/14, ECLI:EU:C:2015:836 Randnr. 24). Kennzeichnend für das Vorliegen eines Energieerzeugnisses mit zweierlei Verwendungszweck ist mithin, dass das Energieerzeugnis nicht nur als Heiz- oder Kraftstoff, sondern auch zur Herstellung einer Substanz verwendet wird, die für die Herstellung eines Produktes innerhalb desselben Produktionsprozesses benötigt wird (EuGH, Urteil vom 2. Oktober 2014 Rs. C-426/12, ECLI:EU:C:2014:2247 Randnr. 25 ff.; Beschluss vom 17. Dezember 2015 Rs. C-529/14, ECLI:EU:C:2015:836 Randnr. 24 f.).
17Die Klägerin hat das versteuerte Erdgas nicht nur zu Heizzwecken, sondern auch zu anderen Zwecken im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG, nämlich zur Herstellung des Inertgases verwendet. Das Inertgas als Verbrennungsprodukt war unstreitig für den Abschluss des Produktionsprozesses zur Vermeidung einer Explosion in dem Sprühturm erforderlich. Das durch das Verbrennen des Erdgases erzeugte Inertgas wurde auch für denselben Produktionsprozess der Trocknung der Dispersionen aus Emulsionspolymerisaten verwendet (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Oktober 2014 Rs. C-426/12, ECLI:EU:C:2014:2247 Randnr. 28).
18Anders als das beklagte Hauptzollamt meint, hat die Klägerin durch das Verbrennen des Erdgases nicht lediglich ein unweigerlich anfallendes gewöhnliches Rauchgas erzeugt. Die Klägerin hat auch nicht nur die inerten Eigenschaften eines unweigerlich anfallenden Verbrennungsgases in einem Produktionsprozess ausgenutzt. Vielmehr war die Herstellung des Inertgases in einem einheitlichen Produktionsprozess mit einem Sauerstoffanteil von etwa 4 % zur Vermeidung einer Explosion bei dem Trocknungsprozess erforderlich. Der Sauerstoffanteil des Inertgases musste hierzu unter 8,5 % liegen.
19Der Tatbestand des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG setzt nicht voraus, dass die Erzeugung thermischer Energie gegenüber dem mit der Verbrennung des Energieerzeugnisses verfolgten nichtenergetischen Zweck in den Hintergrund tritt. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob das Energieerzeugnis selbst oder dessen Verbrennungsprodukte für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich sind (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 10. November 2015 VII R 40/14, BFH/NV 2016, 410). Dabei ist eine stoffliche Verbindung zwischen dem Energieerzeugnis und dem hergestellten Endprodukt nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 10. November 2015 VII R 40/14, BFH/NV 2016, 410). Daher kommt es in den Fällen, in denen es um die Nutzung der Verbrennungsgase für andere Zwecke als zum Heizen geht, nicht darauf an, ob der Einsatz des Energieerzeugnisses als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts erforderlich ist (BFH, Urteil vom 13. Januar 2015 VII R 35/12, BFHE 248, 287).
20Für den Tatbestand des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG ist gleichfalls nicht erforderlich, dass die Verbrennungsprodukte des Energieerzeugnisses stofflich in das Endprodukt eingegangen sind, um dadurch die Eigenschaften des Endprodukts entscheidend zu prägen oder gestaltverändernd auf das Endprodukt einzuwirken. Eine stoffliche Verbindung zwischen dem Energieerzeugnis und dem hergestellten Endprodukt ist gerade nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 10. November 2015 VII R 40/14, BFH/NV 2016, 410). Es kann auch nicht darauf abgestellt werden, ob der Einsatz des Energieerzeugnisses als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts erforderlich ist (BFH, Urteil vom 13. Januar 2015 VII R 35/12, BFHE 248, 287).
21Entgegen der vom beklagten Hauptzollamt in seiner Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung kann es nicht entscheidend sein, dass das Erdgas zunächst für die Erzeugung von Wärme verbrannt und die heiße Abluft erst im Anschluss hieran verwendet worden sein soll, um der Lösung im Sprühturm Wasser zu entziehen. Der einheitliche Produktionsprozess in der Anlage der Klägerin lässt sich nicht künstlich aufspalten, weil das durch das Verbrennen des Erdgases erzeugte Inertgas zur Vermeidung einer Explosion bei dem Trocknungsprozess in dem Sprühturm unerlässlich war. Die Verwendung des Erdgases erschöpfte sich daher nicht in der Nutzung der erzeugten Wärme. Zudem müssen die Verwendungszwecke als Heizstoff und zu einem anderen Zweck als Heiz- oder Kraftstoff nicht zeitgleich erreicht werden (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 2015 VII R 40/14, BFH/NV 2016, 410).
22Nach Auffassung des Senats steht der Annahme eines zweierlei Verwendungszwecks im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG und damit der Annahme einer gleichzeitigen Verwendung des Erdgases durch die Klägerin zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als Heiz- oder Kraftstoff (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG) auch nicht entgegen, dass die Klägerin das für den Produktionsprozess erforderliche Inertgas theoretisch auch durch das Verbrennen eines anderen Energieerzeugnisses hätte herstellen können oder den Effekt des Inertgases auch unter Einsatz anderer Stoffe hätte erreichen können. Ein solches Erfordernis fehlender Substituierbarkeit des verwendeten Energieerzeugnisses ergibt sich weder aus dem Tatbestand des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG noch aus dem Tatbestand des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG. Ein Erfordernis fehlender Substituierbarkeit des verwendeten Energieerzeugnisses lässt sich nach Ansicht des Senats auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH ableiten (a.A. offenbar BFH, Beschluss vom 31. Januar 2019 VII B 115/18, BFH/NV 2019, 560).
23Der EuGH hat in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2015 Rs. C-529/14 (ECLI:EU:C:2015:836) unter Randnr. 24 zwar ausgeführt, dass ein Energieerzeugnis, das im Rahmen eines Herstellungsprozesses verbrannt werde, zweierlei Verwendungszweck haben könne, wenn dieser Prozess nicht ohne Einsatz eines Stoffes durchgeführt werden kann, von dem feststehe, dass er nur („uniquement“ in der französischen Originalfassung) durch die Verbrennung des betreffenden Energieerzeugnisses erzeugt werden könne. Die weiteren Ausführungen des EuGH in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2015 unter Randnr. 25 f. verdeutlichen jedoch, dass das unter Randnr. 24 verwendete Wort „nur“ („uniquement“) sich auf den Herstellungsprozess und nicht auf eine Austauschbarkeit des verwendeten Energieerzeugnisses beziehen. Im Übrigen weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass bei der Annahme eines zusätzlichen Erfordernisses fehlender Substituierbarkeit des verwendeten Energieerzeugnisses die Vorschrift des Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG leerlaufen würde, weil theoretisch immer denkbar ist, dass ein Antragsteller das für die Durchführung des Produktionsprozesses erforderliche Erzeugnis auch durch die Verwendung eines anderen Energieerzeugnisses hätte herstellen können oder den Effekt des Erzeugnisses auch unter Einsatz anderer Stoffe hätte erreichen können. So hätte die Klägerin theoretisch statt Erdgas Heizöl als Energieerzeugnis verwenden können. Sie hätte möglicherweise auch theoretisch Inertgas anderweit beziehen können, was freilich keinen Bezug mehr zu dem konkreten Produktionsprozess gehabt hätte. Die rein theoretische Verwendung eines anderen Energieerzeugnisses oder die rein theoretische Herstellung des für einen Produktionsprozess erforderlichen Erzeugnisses auf einem anderen Wege kann indes nach der Rechtsprechung des EuGH der Annahme eines zweierlei Verwendungszwecks nicht entgegenstehen (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Oktober 2014 Rs. C-426/12, ECLI:EU:C:2014:2247 Randnr. 25).
24Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision ist im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VII R 37/20, VII R 38/20, VII R 39/20 und VII R 40/20 nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen. Die Klägerin hat sich dem Antrag des beklagten Hauptzollamts, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (Bl. 96 GA), nicht angeschlossen. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO scheidet mangels Bindungswirkung einer Entscheidung des BFH in den anhängigen Revisionsverfahren aus (vgl. Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 74 FGO Randnr. 90).