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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerrechtliche und abkommensrechtliche Behandlung von Arbeitslohn, die der ausschließlich in Deutschland wohnhafte Kläger als Ingenieur von seinem niederländischen Arbeitgeber im Jahr 2019 (Streitjahr) erhalten hat.
3Mit Bescheid vom 01.04.2011 wurde dem niederländischen Arbeitgeber für den Kläger durch das niederländische Finanzamt A-Stadt die Anwendung der sog. 30 %-Regelung auf Antrag für fünf Jahre gewährt. Die Anwendbarkeit wurde mit Bescheid vom 22.12.2016 für weitere 60 Monate verlängert.
4Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass nach Art. 31a Nr. 2 Buchst. e des niederländischen Lohnsteuergesetzes (Wet op den loonbelasting 1964) i.V.m. Art. 10ea der niederländischen Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (Uitvoeringsbesluit loonbelasting 1965) i.V.m. Paragraf 17.4 des niederländischen Lohnsteuerhandbuchs 2019 (Handboek Loonheffingen 2019)) Arbeitnehmer, die eine Tätigkeit bei einem niederländischen Arbeitgeber aufnehmen und zwecks Ausübung ihrer Tätigkeit in die Niederlande umziehen oder – wie vorliegend – täglich vom Ausland in die Niederlande reisen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – wie etwa eine spezielle Sachkunde in bestimmten Branchen – eine Erstattung der ihnen durch den Aufenthalt in den Niederlanden entstehenden Mehrkosten, der sog. extraterritorialen Kosten, erhalten.
5Unter extraterritorialen Kosten waren damals wie heute gemäß Paragraf 17.4.3 des Lohnsteuerhandbuchs u.a. Mehrkosten aufgrund eines höheren Preisniveaus in den Niederlanden, Kosten für eine Erkundungsreise durch die Niederlande, z.B. zur Wohnungs- oder Schulsuche, sowie Verwaltungskosten durch Ummeldungen oder die Beantragung eines Visums oder einer Aufenthaltsgenehmigung zu verstehen. Ebenso Kosten für Sprachkurse, für eine doppelte Haushaltsführung oder für Familienheimfahrten.
6Der Arbeitgeber des Klägers entschied sich, nicht von der Möglichkeit nach Paragraf 17.4 des Lohnsteuerhandbuchs Gebrauch zu machen und eine steuerfreie Erstattung nachweislich entstandener Kosten vorzunehmen. Vielmehr wählte er die Möglichkeit, die 30 %-Regelung zu beantragen und nach entsprechender Bescheidung seitens der niederländischen Finanzverwaltung anzuwenden. Hiernach kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, ohne Nachweis tatsächlich entstandener Kosten, 30 % seines Arbeitslohns (inklusive etwaiger steuerfrei ausgezahlter Erstattungen) steuerfrei auszahlen.
7Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten (Finanzamt – FA –) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v ... € sowie ausländische Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. ... €, die nach dem Abkommen vom 12.04.2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 11.01.2016 (DBA-NL) in Deutschland steuerfrei seien. Im Streitjahr habe er an 157 Tagen in den Niederlanden und an 80 Tagen in anderen Ländern seine Arbeit verrichtet. Der Arbeitslohn laut niederländischer Lohnsteuerbescheinigung (Jaaropgaaf) i.H.v. ... € sei für deutsche Besteuerungszwecke nach deutschem Steuerrecht umgerechnet worden. U.a. seien die von den Niederlanden von der Besteuerung freigestellten 30 % dem Arbeitslohn vor seiner Aufteilung auf Deutschland und die Niederlande hinzuzurechnen.
8Mit Bescheid vom 25.08.2020 setzte das FA die Einkommensteuer auf ... € fest. Abweichend von den Angaben in der Steuererklärung legte es der Besteuerung Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. ... € zugrunde. In den Progressionsvorbehalt nach § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) bezog es ausländische Einkünfte i.H.v. ... € ein. Bei der Ermittlung der Einkünfte folgte es weitgehend den Berechnungen des Klägers, wobei es insoweit abwich, als dass es die von den Niederlanden von der Besteuerung freigestellten 30 % des Arbeitslohns ausschließlich dem auf Deutschland entfallenden Arbeitslohn hinzurechnete. Diese seien mangels niederländischer Besteuerung in Deutschland zu besteuern.
9Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2020 als unbegründet zurück.
10Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass Deutschland den Arbeitslohn, soweit er auf die in den Niederlanden ausgeübte Tätigkeiten entfalle, gemäß Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL von der steuerlichen Bemessungsgrundlage auszunehmen habe. Die Freistellung sei auch nicht zu versagen, denn die Niederlande hätten ihr Besteuerungsrecht ausgeübt. Die Anwendung der 30 %-Regelung stünde der Anerkennung des grundsätzlichen Besteuerungsrechts durch die Niederlande nicht entgegen.
11Auch § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG könne nicht zur Versagung der Freistellung führen, da es nicht aufgrund unterschiedlicher Auslegungen von Abkommensbestimmungen, unterschiedlicher Annahmen des Sachverhaltes oder unterschiedlicher Interpretationen von Abkommensbegriffen durch die Vertragsstaaten zu einer Nichtbesteuerung käme. Bei der 30 %-Regelung handele es sich um eine nationale Regelung, die die Niederlande nicht dazu veranlasse, eine Abkommensregelung anders als Deutschland auszulegen.
12Schließlich sei Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL auch nicht gemäß § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG anzuwenden. Die 30 %-Regelung, die der Akquise und Bindung qualifizierten Fachpersonals auf dem niederländischen Arbeitsmarkt diene, stelle keine Steuerfreistellung, sondern einen pauschalen, von der Höhe des Arbeitslohns abhängigen Werbungskostenabzug dar, der dem deutschen Werbungskostenabzug für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung oder den Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen vergleichbar sei. Die Regelung laufe ins Leere, wenn ein anderer Staat – vorliegend der Ansässigkeitsstaat – den von den Niederlanden von der Besteuerung freigestellten Anteil des Arbeitslohns seinerseits der Besteuerung unterwerfe. Dies widerspräche nicht nur dem Sinn und Zweck der Regelung, sondern auch dem in der Präambel des DBA-NL niedergelegten Ziel, die beiderseitigen wirtschaftlichen Beziehungen durch den Abschluss des Abkommens weiterzuentwickeln.
13Außerdem lasse sich auch der verwaltungsinternen Präsentation des Finanzamts B-Stadt „Hinweise zur 30 %-Spezialistenregelung in den Niederlanden“ nicht entnehmen, dass neben einer Einbeziehung des steuerfreien Anteils in den Progressionsvorbehalt auch eine Einbeziehung dieses Anteils in die deutsche Bemessungsgrundlage vorzunehmen sei.
14Mit Schriftsatz vom 12.10.2022 reichte der Kläger eine geänderte Berechnung ein und gab nunmehr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. ... € sowie Progressionseinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. ... € an.
15Der Kläger beantragt,
16unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2019 vom 25.08.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2020 die Einkommensteuer für 2019 in der Weise festzusetzen, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ... € berücksichtigt werden und dem Progressionsvorbehalt ein Betrag von ... € unterworfen wird;
17hilfsweise im Unterliegensfalle, die Revision zuzulassen.
18Das FA beantragt,
19die Klage abzuweisen;
20hilfsweise im Unterliegensfalle, die Revision zuzulassen.
21Zur Begründung trägt es vor, dass die Anwendung der 30 %-Regelung zu einer teilweisen Nichtbesteuerung des Arbeitslohns durch die Niederlande führe. Gemäß § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG sei die Freistellung nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL auch bei Nichtbesteuerung von Einkunftsteilen zu versagen.
22Nach der Denkschrift zum DBA-NL (BT-Drs. 17/10752 vom 24.09.2012, Seite 59), würden Einkünfte i.S.d. Art. 22 DBA-NL u.a. dann nicht tatsächlich besteuert, wenn sie – wie vorliegend – aufgrund einer sachlichen oder persönlichen Steuerbefreiung nicht besteuert würden. Hingegen liege eine tatsächliche Besteuerung nur vor, soweit die Einkünfte in die steuerliche Bemessungsgrundlage einbezogen worden seien. Anders als der Kläger meine, handele sich bei der 30 %-Regelung nicht um eine Werbungskostenpauschale, da die Höhe des steuerfreien Anteils ausschließlich von der Höhe des Arbeitslohns abhänge und in keinem Zusammenhang mit tatsächlich entstandenen beruflich veranlassten Kosten stehe. Die Regelung laufe auch nicht „ins Leere“, da sie für Steuerpflichtige, die zum Jobwechsel in die Niederlanden umzögen, anwendbar bleibe.
23Entscheidungsgründe:
24I. Die Klage ist unbegründet.
25Der Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 25.08.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Zu Recht hat das FA den in den Niederlanden nach Anwendung der sog. 30 %-Regelung von der Besteuerung freigestellten Anteil des Arbeitslohns bei der Ermittlung der deutschen Bemessungsgrundlage berücksichtigt.
261. Nach Art. 14 Abs. 1 DBA-NL können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat – vorliegend Deutschland – besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt – vorliegend Niederlande. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat – vorliegend in den Niederlanden – besteuert werden.
27Nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL wird bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person die Steuer derart festgesetzt, dass die Einkünfte aus den Niederlanden, die nach dem DBA-NL tatsächlich in den Niederlanden besteuert werden und nicht unter Art. 22 Abs. 1 Buchst. b DBA-NL fallen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden.
28a) Eine Nichtbesteuerung der Einkünfte im Sinne des Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor, wenn die Einkünfte im abkommensrechtlichen Sinne, d.h. die Einkünfte einer abkommensrechtlichen Einkunftsart insgesamt und nicht nur Einkunftsteile nicht besteuert werden (BFH-Urteil vom 27.08.1997 I R 127/95, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1998, 58, unter II.2., m.w.N. zu Art. 23 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern vom 17.07.1981; BFH-Urteil vom 20.05.2015 I R 69/14, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2015, 1395, unter II.3.b zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 17.10.1962).
29b) Nach § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG, eingefügt durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 (Bundesgesetzblatt I 2016, 3000), ist Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA–NL jedoch auch anzuwenden, wenn lediglich Einkunftsteile nicht besteuert werden. Hiernach sind Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, auch auf Teile von Einkünften anzuwenden, soweit die Voraussetzungen der jeweiligen Bestimmungen des Abkommens hinsichtlich dieser Einkunftsteile erfüllt sind.
302. Nach dieser Maßgabe hat Deutschland nur die Teile des Arbeitslohns aus der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen, die tatsächlich durch die Niederlande besteuert worden sind. Der nach Anwendung der 30 %-Regelung gemäß Art. 31a Nr. 2 Buchst. e des niederländischen Lohnsteuergesetzes (Wet op den loonbelasting 1964) i.V.m. Art. 10ea der niederländischen Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (Uitvoeringsbesluit loonbelasting 1965) i.V.m. Paragraf 17.4 des niederländischen Lohnsteuerhandbuchs 2019 (Handboek Loonheffingen 2019)) von der niederländischen Besteuerung freigestellte Teil des Arbeitslohns ist nicht von der deutschen Bemessungsgrundlage auszunehmen. Eine Besteuerung durch die Niederlande hat insoweit nicht stattgefunden, da es sich bei der 30 %-Regelung um eine Steuerbefreiung und nicht – wie der Kläger meint – um einen pauschalen Werbungskostenabzug handelt.
31a) Der Wortlaut der Regelung in Paragraf 17.4 Unterabschnitt „Vergoeden met 30 %-regeling“ des niederländischen Lohnsteuerhandbuchs spricht von „gezielt freigestellte Vergütung für die extraterritorialen Kosten“ (gericht vrijgestelde vergoeding voor de extraterritoriale kosten). Danach sollen dem Arbeitnehmer durch eine Freistellung des Arbeitslohns von der Besteuerung Mehrkosten, die ihm durch die Aufnahme der Tätigkeit in den Niederlanden entstehen, erstattet werden. Daneben ist die Erstattung auch, sofern die tatsächlich entstandenen Kosten nachgewiesen wurden, durch eine direkte steuerfreie Zahlung möglich.
32b) Auch wirtschaftlich betrachtet, handelt es sich um eine Steuerfreistellung. Zwar soll die Steuerfreistellung dem Wortlaut des Paragraf 17.4 Unterabschnitt „Vergoeden met 30 %-regeling“ „gezielt freigestellte Vergütung für die extraterritorialen Kosten“ (gericht vrijgestelde vergoeding voor de extraterritoriale kosten) sowie des Paragraf 17.4 erster Absatz „Vergütung für die extra Kosten, die durch den Verbleib im Herkunftsland entstehen….Für die Vergütung der Kosten kann….unter weiteren Voraussetzungen die 30 %-Regelung angewendet werden“ (vergoeding voor de extra kosten van dat verblijf buiten het land van herkomst….Voor het vergoeden vand die kosten kunt u...onder voorwaarden, toepassen van den 30 %-regeling) nach der Kompensation extraterritorialer Kosten dienen. Jedoch führt die Anwendung der 30 %-Regelung regelmäßig zu einer deutlichen Überkompensation. Zumal die 30 %-Regelung nicht einmalig, z.B. im Jahr der Arbeitsaufnahme, in dem regelmäßig die exemplarisch genannten exterritorialen Kosten entstehen dürften, gewährt wird, sondern über einen mehrjährigen Zeitraum – vorliegend 10 Jahre. Eine derartige Überkompensation spricht gegen den Gedanken einer reinen Kostenerstattung.
33c) Für eine Steuerfreistellung spricht auch, dass die 30 %-Regelung einen Anreiz zur Aufnahme spezieller Berufe auf dem niederländischen Arbeitsmarkt geben soll. Vor dem Hintergrund, dass in vielen Ländern beruflich veranlasste Kosten erstattet oder zum Werbungskostenabzug zugelassen werden, würde die 30 %-Regelung, sofern sie tatsächlich nur eine Kostenerstattung darstellen würde, zuvor genannte Anreizfunktion nicht erfüllen können und damit im Widerspruch zu dem Ziel der Akquise und Bindung von Fachkräften auf dem niederländischen Arbeitsmarkt stehen.
34d) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass auch das deutsche Steuerrecht nachweisunabhängige Werbungskostenpauschalen wie z.B. den Arbeitnehmerpauschbetrag nach § 9a Abs. 1 Buchst. a EStG kennt. Anders als bei der 30 %-Regelung wird hier jedoch jedem Arbeitnehmer, unabhängig von der Höhe seines Arbeitslohns derselbe Abzugsbetrag gewährt. Darüber hinaus erscheint die Höhe des Pauschbetrags von 1.000 € vor dem Hintergrund der Steuervereinfachung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung in Anbetracht der dem Arbeitnehmer üblicherweise entstehenden beruflich veranlassten Kosten angemessen. Auch die Tatsache, dass das deutsche Steuerrecht prozentual bemessene Pauschalen, wie z.B. den 5 %-igen Betriebsausgabenabzug in § 8b Abs. 5 KStG kennt, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Die prozentuale Bemessung ist nicht der Grund dafür, die 30 %-Regelung als Steuerfreistellung zu werten. Vielmehr ist es die effektive Höhe des steuerfrei gewährten Betrages, im Streitjahr rd. ... €, die der 30 %-Regelung den Charakter eines pauschalen Werbungskostenabzugs nimmt.
35Auch der Vergleich mit dem deutschen Werbungskostenabzug für eine doppelte Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG geht fehl. Der Abzug von Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer aufgrund seines Berufs getrennt von seinem Familienwohnsitz lebt, setzt voraus, dass die Kosten tatsächlich entstanden sind. Darüber hinaus sind nur Kosten in angemessener Höhe abziehbar. Der Abzug erfährt insoweit der Höhe nach eine Limitierung. Der nach der 30 %-Regelung nicht der tatsächlichen Besteuerung in den Niederlanden unterliegende Teil des Arbeitslohns wird hingegen unabhängig von tatsächlichen (Mehr-)Aufwendungen von der dortigen Besteuerung ausgenommen.
36Dem Kläger bliebe es überdies unbenommen, Kosten, die ihm durch eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung entstehen, im Rahmen seiner deutschen Steuererklärung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit als Werbungskosten geltend zu machen.
37II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
38III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob die Anwendung der niederländischen 30 %-Regelung zu einer teilweisen tatsächlichen Nichtbesteuerung i.S.d. § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-NL führt und Deutschland insoweit von einer Steuerfreistellung der Einkünfte aus den Niederlanden absehen kann, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt.